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Orbig, Heinrich Emil

Verwendung elektrolytischer Amalgame zur Reduktion orga- nischer Stoffe

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4.

Dr. J,T, Burt-Gerrans

ELEKTROLYT! SCHER AMALGAME

ZUR REDUKTION

ORGANISCHER STOFFE

Dissertation

zur

Erlangung der Doktorwürde

der

philosophischen Fakultät

der Grossherzüglich Hessischen Ludwigs-Universität zu Giessen

vorgelegt von

HEINRICH ORBIG

aus Giessen.

Giessen 1906

V. Münchow'Dclie Hof- u. Univei-iitätadruckerei (O. Kiudl).

\'ER WENDUNG Er.EKTltOLYTl >^C\\FAl AMAL(JA:\rE

ZUR REDUKTION ORGANISCHER STOFFE

Dissertation

E r 1 a n "■ u n Qf der D o k t o r w ü r d e

der

philosophischen Fakultät

der

Grossherzüii'lich Hessischen Ludwias-Universität zu Giesscn

voreelegt von

HEINRICH ORBIG

aus Giessen.

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Giessen 190G

V. Müuchow'sche Hol- u. Uiiiversitätsdruckerei lO. Kimit)

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Genehmigt durch das Prüfungskollegium

I. III. 1905.

Referent : Dr. E 1 b s .

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831518

Meinen lieben Eltern

in Dankbarkeit peividmet.

Inhalts -Verzeichnis.

Seite

Einleitung 5

Die verwendeten Apparate 7

Hydrierung von Chinolin 12

Reduktion von Ketonen 15

Allgemeines über die Reduktion von Ketonen 15

1. Aceton 16

2. Methyläthylketon 19

3. Acetophenon 20

4. Benzil 23

5. Phenanthrenchinon 29

a) Reduktion des Phenanthrenchinons in essigsaurer Lösung 30

b) Reduktion des Phenanthrenchinons in alkalischer Lösung 32

c) Reduktion des Phenanthrenchinons in ammoniakalischer

Lösung 34

Die Vorgänge bei der Reduktion des Phenanthrenchinons

in ammoniakalischer Lösung 39

Über das Verhalten des Phenanthroxazins beim Lim-

kristallisieren 42

d) Reduktion des Phenanthrenchinons mit Anilinacetat als Leitsalz 46

Zusammenfassung 48

Einleitung.

Rein chemische Reduktionen mit Amalgamen bieten verschiedene Unannehmüchkeiten. i\Ian ist meist gezwungen, mit grossen Gewichtsmengen von Amalgam zu arbeiten, die nur geringe Mengen von reduzierendem Metall ent- halten. Auch ist die Herstellung des Amalgams nicht ge- rade ungefährlich, sicherlich jedoch eine äusserst unange- nehme Arbeit. Ein weiterer Faktor ist der verhältnis- mässig hohe Preis des Natriums oder Kaliums. Ammonium- amalgam als Reduktionsmittel ist wegen seiner schwierigen Darstellung wohl so gut wie ausgeschlossen.

Es lag daher für Jeden Elektrochemiker nahe, in elektrochemischen Verfahren eine Verbesserung dieser Re- duktionsmethoden zu suchen. In vereinzelten Fällen sind schon längst ') Versuche in dieser Richtung ausgeführt worden. Sj'^stematische Untersuchungen sind dagegen erst in letzter Zeit von C. Marie-) angestellt worden. Elektro- lysiert man nämlich irgend ein Alkalisalz, z. B. Sodalösung, unter Verwendung einer Quecksilberkathode, so legiert sich das Na- Ion im Augenblick seiner Entladung, d. h. in dem Augenblick, wo es wirklich Metall geworden ist, mit dem Quecksilber. Eine Umsetzung des Natriums mit dem Wasser des Etektrolyten, wie sie bei festen Me- tallelektroden die Regel ist, findet nur in geringem Masse statt. Benutzt man beispielsweise als Kathode Nickeldraht- netz, so vermag sich das entladene Natriumion nicht mit

*) Elbs, Ch. Ztg. 1893, 209. Kopp, Diss. Giessen, 1896. *) Marie, C. C. 1903. II. 107.

dem Nickel zu legieren, sondern reagiert quantitativ mit dem Lösungswasser nach der Gleichung :

Na,H-2H.,0 = 2NaOH+H,

Diese Umsetzung ist also, wie gesagt, bei Verwendung von Quecksilberelektroden, namentlich wenn das Queck- silber rein ist, und wenn auf seiner Oberfläche keine Staub- teilchen schwimmen, ganz geringfügig, sodass es mit Leich- tigkeit gelingt, sogar festes Amalgam herzustellen.

Zweck der vorliegenden Arbeit war es nun, die Re- duktionswirkung dieses eben entstehenden Amalgams auf verschiedene organische Verbindungen zu studieren.

Die verwendeten Apparate.

Die Verwendung von Quecksilber als Elektrode bietet wegen seines llüssigen Aggregatszustandes verschiedene praktische Schwierigkeiten. Man ist gezwungen, das Queck- silber auf den Boden des Gefässes auszugiessen, wodurch wenigstens bei Laboratoriumsversuchen der Oberfläche der Elektrode eine gewisse Schranke gesetzt wird. Ausser- dem hat diese Anordnung die Unannehmlichkeit, dass, wenn ein Versuch eine Zeitlang im Gang ist, die erste über dem Quecksilber gelagerte Schicht des Elektrolyten durch Ausreicherung an Salzen oder Basen spezifisch schwerer wird, sich daher dort festsetzt und eine weitere Einwirkung der Elektrode auf andere Flüssigkeitsschichten unmöglich macht. Diesen Missstand suchte ich durch fol- gende Versuchsanordnungen zu heben :

Als Elektrolysiergefäss diente eine Krystallisationsschale von 12,5 cm Durchmesser und 6 cm Höhe. In dieselbe wurde eine zweite von 10 cm Durchmesser und i cm Höhe eingesetzt und mit Quecksilber gefüllt, sodass der Meniskus höher als der Rand der Schale lag. Ferner wurde vermittelst zweier durchgesteckter Glasstäbe eine Tonzelle von 8,5 cm Durch- messer und 4,5 cm Höhe eingehängt. Sämtliche Versuche wurden nämlich mit Diaphragma ausgeführt. Als Anode diente ein in diese Zelle eingesetzter uhrfederartig gebogener Bleistreifen. Die Stromzuführung zur Kathode geschah durch einen durch ein Glasrohr gesteckten Eisendraht. Nun hatte ich erwartet, dass der an der Kathode kon- zentrierter werdende Elektrolyt, infolge seines höheren

8

spezifischen Gewichtes, von dem Quecksilbermeniskus seit- lich abfliessen und so eine Bewegung der Flüssigkeit her- vorrufen würde. Da aber eine solche nicht beobachtet werden konnte, so war eine besondere Rührvorrichtung nicht zu umgehen. Die kleinere Kristallisationsschale, also zwecklos geworden, wurde entfernt, und das Quecksilber unmittelbar in die grössere Schale gegossen. Als Rührer diente ein Glasstab, der unten etwa 2 cm lang rechtwink- lig umgebogen war. Wegen der eingehängten Tonzelle musste der Rührer excentrisch zu dem Elektrol3^siergefäss eingeführt werden, wodurch aber gerade eine sehr kräf- tige Mischung der Flüssigkeit herbeigeführt wurde. Dieser Apparat bewährte sich gut, solange mit keinen flüchtigen Stoffen gearbeitet wurde. Da ich aber später niedrig siedende Flüssigkeit der Reduktion unterwarf, sah ich mich gezwungen, in einem Apparat mit Rückflusskühlung zu elektrolysieren :

Ein Filtrierstutzen mit abgeschliffenem Rand von 11,5 cm Durchmesser und 20 cm Höhe, dessen Boden, mit Quecksilber bedeckt, die Kathode bildete, war durch eine 3 cm dicke, entsprechend abgedrehte Bleiplatte durch einen zwischen gelegten Gummiring luftdicht verschlossen. Dicht am Rand war durch diese Platte eine Öffnung von 5,5 cm Durchmesser gebohrt, in die eine 17 cm hohe Tonzelle genau passte. Eine weitere Dichtungsmasse war unnötig, da die zwischen Zelle und Metall sich bald bildende Oxyd- schicht einen genügenden Abschluss herstellte. Ausserdem besass die Platte noch Durchbohrungen für Rückfluss- kühler, Stromzuführung zur Kathode und Gaseinleitungs- rohr. Die Dichtungen bildeten durchbohrte Korkstopfen. Der Rückflusskühler war ein sehr gut wirkender Kugelkühler. Die Stromzuführung geschah wieder durch einen durch ein Glasrohr gesteckten Eisendraht. Als Gaseinleitungs- rohr diente ein bis in den Elektrolyten eintauchendes Glas- rohr. Ungefähr in der Mitte der Platte war ein Messingstück

9 ~

durchgetrieben, indem sich ein mit einem Riemenscheibchen versehenes Messingrohr drehte. Eine besondere Dichtung, wie sie vielfach verwendet und empfohlen worden ist, er- wies sich als vollkommen überflüssig, da das Messingrohr genau eingeschliffen war, und das Schmieröl jeden Durch- gang von Gasen verhinderte. Durch dieses Rohr wurde der Rührer gesteckt und innerhalb des Apparates durch ein über Rohr und Glas gezogenen Kautschukschlauch abgedichtet, während an dem aus dem Apparat heraus- ragenden Ende eine Schraube zum Festklemmen des Rührers vorhanden war. Der Rührer selbst bestand aus einem A förmigen Glasrohr, an dessen oberen Schenkel ein Glasstab angeschmolzen war. Dicht an dieser Ver- bindungsstelle besass das Rohr eine seitliche Öffnung. Der Rührer wirkte nun in folgender Weise. Wurde er durch einen Elektromotor in Rotation versetzt, so wurden die Flüssigkeitssäulen, die in den schräg nach unten ge- richteten Schenkeln enthalten waren, durch die Centrifugal- kraft über die Quecksilberelektrode hin herausge- schleudert. Dadurch wurden die Flüssigkeitsschichten, die an der oberen Öffnung lagen, in den Rührer eingesaugt, um denselben Weg zu wandern. Hierdurch wurde nicht nur erreicht, dass der Elektrolyt an der Kathode fort- während erneuert wurde, sondern es konnten auch Flüssig- keiten, die nur teilweise oder auch nur spuren weise inein- ander löslich waren, der Reduktion unterworfen werden, da sie namentlich bei kräftigem Rühren so intensiv ge- mischt wurden, dass sie sich fast wie eine Lösung verhielten. Das verwendete Quecksilber war sorgfältigst mit ver- dünnter Salpetersäure gereinigt worden und wurde vor jedem Gebrauch mittels der Wasserstrahlluftpumpe durch Leder filtriert. Da eine Verunreinigung des Quecksilbers durch das Blei des Deckels nicht zu vermeiden gewesen wäre, so wurde derselbe galvanisch mit einem Eisenüber- zug versehen.

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Als Anode benutzte ich anfangs einen Bleistreifen, der aber wegen Verunreinigungen der verwendeten Soda oder dergleichen oder wegen hoher Stromdichten sich oft mit einer Salzkruste überzog, und so den Stromdurchgang bedeutend erschwerte. Deshalb wurde in der Folge aus- schliesslich ein kräftiges Platinblech als Anode verwendet.

Um den zuerst beschriebenen Apparat mit selbst- tätiger Erneuerung des Elektrolyten an der Kathode auf seine Brauchbarkeit zu untersuchen, wurde eine Reduktion von Benzophenon mit demselben ausgeführt. Ich wählte gerade diesen Körper, weil seine elektrochemische Reduktion leicht gelingt, auch schon hinreichend von Brand^) unter- sucht worden ist.

IG g Benzophenon, 150 ccm Alkohol (96*^/0), 2 g Natriumacetat, 30 ccm Wasser wurden bei Wasserbadtemperatur der Reduktion unter- worfen. Als Anodenflüssigkeit diente gesättigte Soda- lösung. Die Stromdichtung an der Kathode betrug 3 5 A pro qdcm. Nachdem statt der 178 AM, die zur Reduktion bis zum Benzhydrol nötig sind, deren 210 eingeleitet waren, wurde der Versuch unterbrochen und die Kathodenflüssig- keit im Scheidetrichter vom Quecksilber getrennt. Das Quecksilber entwickelte mit Säuren noch beträchtliche Mengen Wasserstoff. Es war also nicht alles ausgeschiedene Natrium verbraucht worden. Der Alkohol der Kathoden- flüssigkeit wurde abdestilliert, wobei sich ein Ol ausschied, das beim Waschen mit Wasser zum Teil erstarrte. Die festen Anteile wurden abgesaugt und aus Petrolaether um- kristallisiert. Sie erwiesen sich als reines Benzhydrol vom Smp. 67*^—680. Die Ausbeute betrug 7 g = 70 ^% der

^) Brand, Inaugural-Diss. Giessen 1901. Z. Elch. 8, 783—88 [1902] C. 1902. II. 1199.

II

theoretischen. Aus der abgesaugten Flüssigkeit wurden die Öltröpfchen ausgeäthert. Der Rückstand konnte nach Verdampfen des Äthers nicht zur Kristalhsation gebracht werden, selbst nachdem er lange Zeit der Winterkälte ausgesetzt war. Dem Geruch nach zu urteilen konnte es verunreinigtes Diphenylmethan sein.

Der Versuch lehrte im wesentlichen nichts neues. Die Reduktionsprodukte waren dieselben, die Brand erhalten hatte, die Ausbeuten ähnliche. Jedoch konnten bedeutend höhere Stromdichten verwendet werden. An der Kathode entwickelten sich von Anfang bis zu Ende des Versuchs nur unbedeutende Mengen von Wasserstoff, und der über- schüssig eingeleitete Strom hatte sich in Gestalt von me- tallischem Natrium in dem Quecksilber aufgespeichert.

Was die Versuchsanordnung anbetraf, so erwies sie sich, wie bereits bei Beschreibung der Apparate erwähnt wurde, als völlig unbrauchbar. Die beabsichtigte Bewegung der Flüssigkeit trat nicht ein, weshalb von Zeit zu Zeit gerührt werden musste. Die weiteren Reduktionen wurden daher mit elektrischer Rührvorrichtung ausgeführt.

Hydrierung von Chinolin.

H H

H H,

h/\/\h

H

->

H S

Elektrochemische H\-drierungen von Ringaminen sind bereits von Ähren s') mit mehr oder weniger gutem Er- folg ausgeführt worden. Seine Untersuchungen erstrecken sich auf die Körper Pyridin, Chinolin, Picolin und Chinaldin. Er arbeitete dabei in schwefelsaurer Lösung. Die H3-drie- rung von Chmolin in lo prozentiger Schwefelsäure lieferte in nur geringer Ausbeute Tetrahydrochinolin, da der grösstc Teil des gebildeten Hvdrochinolins sich zusammenlagerte und verharzte.

Ich versuchte nun Chinolin unter folgenden Be- dingungen zu hydrieren : Als Kathodenflüssigkeit wurde verwendet eine Lösung von

20 g Chinolin 200 ccm i\lkohol 3 g Natriumacetat 50 ccm Wasser.

Anodenilüssigkeit war gesättigte Sodalösung. Als Kathode diente Quecksilber von iio qcm Obertläche, als Anode ein Bleistreifen. Zur Reduktion bis zum TetrahN'dro- chinolin sind 16,6 A.-St. einzuleiten.

') Z. f. Elch. II. 577. [1895- 1896].

13 -

Zeit A. lE-A.-St.

4S0 6

630

7

8

9 10

1.5

3.8

7.8

11,8

i4»3 16,8

Bemerkung

Es entsteht ein feiner flockigerNiederschlag

Die anfangs rote Lösung wird hellgelb.

Sieden. H-Entwicklung. Gelbe Ölabscheidung.

Gleich zu Beginn der Elektrol3^se entstand ein feiner flückiger Niederschlag. Die Lösung wurde nach einiger Zeit rot. Dann kam sie zum Sieden und wurde dabei wieder hellgelb. Bald darauf setzte ganz schwache Wasser- stoffentwicklung ein, während sich gelbe Öltröpfchen ab- schieden. Der Versuch musste dann unterbrochen werden. Am nächsten Tag wurde er bei Wasserbadtemperatur wieder fortgesetzt. Die Flüssigkeit war nachts über rot geworden und hellte sich auch nicht wieder auf. Die Öl- tröpfchen waren zu einer hellgelben, spröden Masse er- starrt. Nachdem die theoretische Strommenge eingeleitet war, wurde der Alkohol abdestilliert und über den Rück- stand Wasserdampf geblasen. Wäre Tetrahydrochinolin vorhanden gewesen, so wäre es mit Wasserdämpfen über- gegangen. Hiervon war aber nichts zu bemerken. Ich musste also annehmen, dass zwar zv^'eifellos eine Reduktion eingetreten war, denn Chinolin war nicht mehr nach- zuweisen, dass aber die vorhandenen Reduktionsprodukte sich kondensiert hatten. Das erhaltene Harz war löslich in konzentrierter Salzsäure und konnte aus dieser Lösung mit Ammoniak als amorpher braungelber Niederschlag wieder ausgefällt werden. Der Smp. lag zwischen 58"— 80". Der Körper schien identisch zu sein mit dem von Ähren s alstrimolekulares Dihydrochinolin (CyHgN).. angesprochenen.

14

Da also eine Reduktion in alkalischer Lösung nicht zum Ziel führte, versuchte ich eine solche in saurer und zwar essigsaurer Lösung durchzuführen. Ich wählte Essig- säure deshalb, weil sie als sehr schlecht dissociierte Säure sich an der Stromleitung so gut wie garnicht beteiligt, sondern dieselbe hauptsächlich dem reichlich vorhandenen, gut leitenden Natriumacetat überlässt. Es kamen also an der Kathode fast nur Natriumionen zur Entladung, die sich mit dem Quecksilber amalgamierten, während die nur in äusserst geringer Menge vorhandenen Wasserstoftionen durch die Wirkung des Stromes selbst wohl kaum entioni- siert wurden. Eine grössere Anreicherung von Natrium im Quecksilber war natürlich, wegen der bedeutend er- höhten Lösungstension des Natriums der sauren Flüssig- keit gegenüber, ausgeschlossen.

Als Kathodenflüssigkeit wurde verwendet eine Lö- sung von

20 g Chinolin

50 ccm Eisessig

10 g Natriumacetat 200 ccm Wasser. Die Anodenflüssigkeit war 20 prozentige Natriumacetat- lösung, die Anode Platinblech. Gleich bei Stromschluss überzog sich das Quecksilber mit einer Haut, die sich durch kräftiges Rühren bald zu einem braunen Harz zu- sammenballte. Die Harzausscheidung wurde immer stärker, bis die theoretische Strommenge eingeleitet und dadurch alles Chinolin in Harz übergeführt worden war. Beim Erkalten erstarrte dieses Harz zu einer spröden Masse und gab bei derselben Behandlung wie beim vorigen Ver- such dasselbe Produkt.

Da also die Hydrierung von Chinolin weniger günstige Resultate lieferte, wandte ich mich zur Reduktion einer anderen Körperklasse, nämlich zu den Ketonen.

- 15 -

Reduktion von Ketonen.

Allgemeines über die Reduktion von Ketonen.

Ketone sind gekennzeichnet durch die Carbonylgruppe ^ C^O, an die zwei Kohlenstoffatome gebunden sind. Werden dieselben der Reduktion unterworfen, so kommen drei Stufen in Betracht:

1. Ein Wasserstoffatom addiert sich unter Aufhebung der doppelten Bindung an das Sauerstoffatom.

Das so entstandene Radikal lagert sich mit einem zweiten zusammen

R. /OH R. .OH HO. /R

^R/^" -R/^ ^\R

unter Bildung eines zweiwertigen tertiären Alkohols, eines sogenannten Pinakons. Die Pinakone spalten leicht Wasser ab. Es entstehen so die a-Pinakoline, die sich weiterhin in die ß-Pinakoline umlagern können.

2. Ein Wasserstoffatom addiert sich an das Sauerstoff- atom, und die am Kohlenstoff frei gewordene Bindung wird durch ein zweites Wasserstoffatom abgesättigt.

R X R \ /OH

PC=0 + 2H = PC<^

C=0 + 2H = J^>C

Man erhält einen sekundären Alkohol.

3. Die Carbonylgruppe wird noch weiter reduziert unter Abspaltung von Wasser.

^>C = 0 + 4H=^>C<JJ

Man erhält ein Methanderivat.

Unter welchen Bedingungen eines dieser drei Reaktions- produkte entsteht oder als Hauptprodukt auftritt, lässt sich

i6 -

im allgemeinen nicht vorher sagen ^). Es hängt dies nicht nur von dem Reduktionsmittel, sondern auch von der Natur der betreffenden Ketone und auch wohl der ent- stehenden Produkte ab. Sicher steht, dass rein fette Ketone sehr schwer, fett-aromatische schon etwas leichter, rein aromatische dagegen leicht reduzierbar sind.

1. Aceton.

CR, . CO . CFL,

Als Kathodenflüssigkeit diente eine Lösung von 200 g Aceton

5 g Pottasche 300 g Wasser,

Als Anodenflüssigkeit wurde konzentrierte Pottasche- lösung verwendet. Pottasche wurde aus zwei Gründen der wohlfeileren Soda vorgezogen. Da während der ganzen Versuchsdauer Kohlensäure in den Kathodenraum ein- geleitet wurde, um Kondensation des Acetons durch die entstehende starke Lauge zu verhüten, wäre ein Auskristal- lisieren von Soda oder Natriumbicarbonat nicht zu ver- meiden gewesen. Ausserdem hat die Verwendung von Soda den Nachteil, dass sie mit der Kieselsäure der Ton- zelle ein in wässerigem Aceton oder Alkohol unlösliche Silikatlösung bildet, die sich über das Quecksilber lagert und den Stromdurchgang erschwert. Es wurde durch- schnittlich mit einer Stromdichte von 10 12 A pro 100 qcm elektrolysiert. Die Flüssigkeit kam dabei durch die Joulesche Wärme in heftiges Sieden, weshalb in dem Apparat mit

*) Vergleiche hierüber folgende Arbeiten : Zagumeny, Ann. Ch. Ph. 184, 174. Zincke u. T hörn er, Ann. Ch. Ph. 189, HO. Elbs, J. f. pr. Ch. 33, 180-188 [1886]. Bogda- novska, B. 25, 1272 [1892]. Schmitz, Inaug.-Diss. Giessen 1896. Brand, Inaug.-Diss. Giessen 1901. Follenius, Inaug.-Diss. Giessen 1903. Herni annsdorf er, Inaug.-Diss. Giessen 1903.

17

Rückflusskühlung gearbeitet werden musste. Nachdem 40 A.-St. eingeleitet waren, begann eine Ölabscheidung, die immer stärker wurde. Das Ol bestand wahrscheinlich aus Isopropylalkohol, etwaigem Pinakon und noch nicht redu- ziertem Aceton, die alle drei in konzentrierter Pottasche- lösung schwer löslich sind. Um das ausgeschiedene Aceton trotzem der Reduktion zu unterwerfen, wurde so kräftig gerührt, dass das Ol emulsionsartig verteilt wurde. Nach- dem fast die theoretischen 186 A.-St. eingeleitet waren, be- gann Kaliumamalgam auszukristallisieren. Die Elektrolyse wurde daher unterbrochen, die ölige Schicht von der Pottaschelösung getrennt und letztere ausgeäthert. Um noch vorhandenes Aceton zu entfernen, wurde Ol und ätherischer Auszug längere Zeit mit Bisulfitlauge ge- schüttelt und dann mit entwässertem Natriumsulfat ge- trocknet. Der Äther wurde auf dem Wasserbad unter Verwendung eines Glasperlenaufsatzes abdestilliert. Die zwischen 75^—85" übergehenden Anteile wurden nochmals mit entwässertem Kupfersulfat getrocknet und mehrfach fraktioniert. Ich erhielt schliesslich 35 g einer bei 81*^ siedenden, wasserhellen, leichtbeweglichen Flüssigkeit, die dem Hydrat des Isopropylakohols 3 Cg H, OH -|- Hj O entspricht.

Die auf dem Wasserbad nicht mehr übergehenden Anteile wurden mit Wasserdampf übergetrieben. Aus den zuerst übergehenden Fraktionen schieden sich beim Abkühlen farblose Tafeln ab, die abgesaugt und mit Petroläther gewaschen, sich als reines Pinakonhydrat vom Smp. 46,5" erwiesen. Die Mutterlauge und die späteren Fraktionen wurden ausgesalzen und ausgeäthert. Nach dem Verdampfen des Äthers wurde der Rückstand in Petroläther gelöst und mit wenig Wasser geschüttelt, wo- bei das Pinakon als Hydrat von der Formel Hj^ O., 6 Ho O in die wässrige Lösung ging, aus der es durch Ab- kühlen leicht gewonnen werden konnte, während Verun-

reinigungen in dem Petroläther gelöst blieben. Gesamt- ausbeute 3,8 g.

Die verhältnismässig schlechte Ausbeute an Isopropyl- alkohol ist wohl trotz Rückflusskühlung auf seine, sowie des Acetons grosse Flüchtigkeit zurückzuführen. Die über- schüssig eingeleitete Kohlensäure nimmt selbstverständ- lich nicht unbedeutende Mengen beider Substanzen mit, die ausserdem noch fortwährend durch den oberen Teil der Tonzelle nach aussen diffundieren und so verloren gehen. Diese Faktoren scheinen zwar auf den ersten Blick von geringer Bedeutung zu sein, aber wenn man bedenkt, dass die Reduktion von 200 g Aceton selbst bei einer Stromstärke von 15 A. ungefähr 15 Stunden in An- spruch nimmt, so ist leicht einzusehen, dass dieselben sehr wohl in Betracht zu ziehen sind.

Es wurde daher ein zweiter Versuch unter sonst gleichen Bedingungen mit äusserer Kühlung ausgeführt. Die Reduktion verlief in der Kälte genau ebenso, und die Aufarbeitung des Reduktionsproduktes auf Isopropylalkohol geschah in derselben Weise. Die Ausbeute stellte sich in diesem Fall bedeutend günstiger. Ich erhielt 68 g = 33°'o der theoretischen an lsoprop3'lalkohol.

Die Gewinnung von Pinakon wurde bei diesem Ver- such etwas vereinfacht, indem die auf dem Wasserbad nicht mehr übergehenden Anteile in möglichst wenig Wasser gelöst und mit Petroläther geschüttelt wurden. Die wässrige Lösung schied beim Abkühlen in Eiswasser sämtliches Pinakon als reines Hydrat vom Smp. 46,5° ab. Die Ausbeute war auch hier bedeutend besser; sie betrug 9,5 g = 2,5*^' der theoretischen, wenn alles Keton zu Pinakon reduziert worden wäre.

Die Ausbeute an Isopropylalkohol ist, obgleich sie nur 33 ^^Z,, beträgt, immerhin noch eine sehr gute zu nennen, sodass diese Methode sich vorzüglich zur Darstellung dieses Körpers eignet. Die Verwendung des Quecksilbers

19

an Stelle von Blei als Kathode hat zweierlei Vorteile. Sie gestattet eine bedeutend höhere Stromdichte, wodurch viel Zeit gespart wird, und man arbeitet insofern ökonomischer, als überschüssig eingeleiteter Strom nicht ganz verloren geht, sondern sich grösstenteils in Form von metallischem Natrium im Quecksilber aufspeichert.

2. Methylaethylketon.

CH, . CO . C2H,.

Eine Lösung von

50 g Methylaethylketon, IG g Pottasche, 300 ccm Wasser wurde unter denselben Bedingungen wie beim vorigen Versuch der Reduktion unterworfen. Nach einiger Zeit schieden sich das Keton und der bereits entstandene Alkohol wegen der immer grösser werdenden Konzentration der Pottaschelösung aus, weshalb wieder kräftig gerührt wurde. Nachdem statt der theoretischen 38 A.-St. 50 ein- geleitet waren, wurde der Strom unterbrochen, der Rührer aber noch einige Zeit in Tätigkeit gelassen, damit etwa noch vorhandenes Amalgam verbraucht würde. Ölige Schicht und ätherischer Auszug der Pottaschelösung wurden darauf längere Zeit mit Bisulfitlauge behandelt, mit wasser- freiem Glaubersalz getrocknet und der Äther abdestilliert. Der zurückbleibende Alkohol wurde nochmals mit wasser- freiem Kupiersulfat getrocknet und mehrmals fraktioniert. Die Ausbeute betrug i7g = 33'Vo der theoretischen an sec.-Butylalkohol vom Sp. 99^^ und vom spezifischen Ge- wicht 0,815 bei i5'\ Die höher siedenden Anteile waren

2*

20

nur einige Tropfen, in denen Pinakon durch den Geruch nachgewiesen werden konnte. Die Reduktion verlief also in der Hauptsache nach folgender Gleichung:

GH. . CO . GH, . GH, + H..

= GH3 . GH OH . GH^ . GH..

Obgleich die Ausbeute an diesem Alkohol nur 33^/0 betrug, so ist doch dieses Verfahren allen anderen Dar- stellungsmethoden, die meist über das Butyljodid gehen, der Billigkeit und Bequemlichkeit halber vorzuziehen.

Zur näheren Identifizierung des erhaltenen Alkohols wurde mit Acetylchlorid sein Essigester hergestellt. Der- selbe zeigte den richtigen Siedepunkt von iii°— 113*^. Zum Vergleich seien hier auch die Siedenpunkte der isomeren Alkohole und Essigsäurester angeführt.

Alkohol Ester

Sek. 99*^ iiiO— 113*^

Norm. 116,880 124,4'^

Iso. 108,40 116,50

Tert. 82,940 93*^-960 Ferner wurde nach der Scho t ten - Baumannschen

Reaktion der Benzoesäureester, bis dahin noch unbekannt

erhalten. Farblose Flüssigkeit, die bei 227O 2280 unzer- setzt destilliert.

3. Acetophenon.

GH, . GO C, H,.

50 g Acetophenon in 300 ccm Alkohol und

10 g Pottasche in 2CO ccm Wasser.

21

Da sich beide Lösungen nicht vollständig in einander lösten, wurde während der Reduktion kräftig gerührt. Statt der nötigen 22,5 A.-St. wurden 30 A.-St. ein- geleitet. Nach Beendigung der Elektrolyse wurde der Alkohol abdestilliert, und das sich abscheidende Öl mit Äther aufgenommen und getrocknet. Die nach dem Ver- dampfen des Äthers zurückbleibende Flüssigkeit wurde destilliert, wobei die Hauptmenge bei 195'' 205" überging. Dieselbe wurde noch einigemale fraktioniert, und schliess- lich ein Destillat vom Sp. 197" 199*^ erhalten. Es schien also das Methylphen34carbinol vorzuliegen. Ausbeute: 30 g. Farblose Flüssigkeit, die in einer Kältemischung erstarrte und dann bei 9,5*' wieder schmolz. Man hätte annehmen können, das noch nicht reduziertes, verunreinigtes Aceto- phenon vorgelegen hätte, aber der Schmelzpunkt war so scharf, dass die Gegenwart des erst bei 20'^ schmelzenden Ketons vollständig ausgeschlossen war. Zur weiteren Charakterisierung des Alhohols wurde ein Teil desselben nach der S c h o tten-B au m an nschen Reaktion in den Benzoesäureester übergeführt. Derselbe war ein farbloses Öl, das bei der Destillation unter gewöhnlichem Druck vollständig in Styrol und Benzoesäure zerfallen musste ^). St3Tol konnte durch seinen Geruch nachgewiesen werden, und wurde ausserdem als ungesättigte Verbindung durch seine Additionsfähigkeit für Brom charakterisiert. Leider gelang es nicht, das entstandene Dibromstyrol in fester Form zu erhalten.

Die bei 205" noch nicht übergegangenen Anteile er- starrten nach einigen Wochen zu einem Kristallbrei von Aceto. phenonpinakon inMethylphenylalkohol. Die Kristalle wurden abgesaugt und mit Alkohol gewaschen. Sie erwiesen sich als reines Acetophenonpinakon vomSm.p. 120'^ Ausbeute 10 g.

Bei einer anderen Reduktion, die unter denselben Be-

') Klag es u. Alle ndor ff, B. 31. 1003. [1

22

dingungen ausgeführt wurde, erstarrte nach dem Ver- dampfen des Äthers die ganze Masse, weshalb der grösste Teil des entstandenen Alkohols mit Wasserdämpfen über- getrieben wurde. Das zurückbleibende Pinakon, das nur noch wenig Alkohol enthalten konnte, versuchte ich aus ver- dünntem Äthylalkohol ümzukristallisieren. Erst nach einigen Wochen schieden sich aus der Flüssigkeit, die dem Frost- wetter ausgesetzt war, schmierige Kristalle ab, die aber im warmen Zimmer wieder zusammenschmolzen. Dieser Weg wurde daher aufgegeben, und das Pinakon wieder aus dem entsprechenden Alkohol auskristallisieren gelassen. Die sich ausscheidenden Kristalle wurden von der syrup- artigen Mutterlauge abgesaugt und mit wenig kaltem Alkohol gewaschen. Nachdem sie von dem anhängenden Acetophenonalkohol gereinigt waren, gelang weiteres Um- kristallisieren mit Leichtigkeit aus verdünntem Alkohol. Die Mutterlauge schied nach längerem Stehen weiterhin Kristalle ab, die ebenso behandelt wurden.

Unter welchen Bedingungen bei der Reduktion des Acetophenons der entsprechende Alkohol oder das Pina- kon als Hauptprodukt auftritt, konnte nicht entschieden werden, da bei zwei Reduktionen, die in ganz gleicher Weise ausgeführt wurden, einmal der Alkohol und dann das Pinakon bevorzugt waren. Es schienen also un- bedeutende Zufälligkeiten massgebend zu sein. Es sind daher auch bei der präparativen Darstellung der beiden in Betracht kommenden Körper die von Brand ^) ausge- arbeiteten Reduktionsmethoden derjenigen an elektro- lytischem Amalgam vorzuziehen.

') Brand, Diss. Giessen 1901. Z. Elch. 8. 783—88. [1902] C. 1902. IL 1199.

23

4. Benzil.

H, . CO . CO . C„ H,.

Das Ausgangsmaterial wurde nach folgender Vor- schrift gewonnen : 200 ccm Benzaldehyd in 500 ccm Alkohol werden mit 20 g C3'ankalium in 400 ccm Wasser auf dem Wasserbad eine Stunde lang erhitzt. Beim Erkalten scheidet sich Benzoin ab, das mit Wasser und Alkohol gewaschen wird. 150 g dieses Rohrproduktes werden alsdann mit 350 g konzentrierter Salpetersäure übergössen und zwei Stunden auf einem lebhaft siedenden Wasserbad erhitzt. Das sich beim Eingiessen in kaltes Wasser ausscheidende Benzil wird mit Wasser gewaschen und durch mehrfaches Umkristallisieren aus Alkohol gereinigt. Lange gelbe Nadeln vom Smp. 95".

Kauffmann') reduzierte Benzil in alkalischer Lösung an Bleikathoden und erhielt dabei mit einer Ausbeute von lo'Vo Benzoinpinakon oder Tetraphenylerythrit a-C . H OH

H,-C .

. OH

Q H -C . H -C .

. OH . H OH

Folie nius^) suchte dasselbe Produkt zu erhalten. Es gelang ihm aber nicht trotz mehrfacher Abänderung der Versuchsbedingungen. Er erhielt in der Hauptsache Um- lagerung des Benzils zu Benzilsäure

Ce H5 . C O . C O . Ce H5 + H, O

= r^ &> C . COOH Hg/ .

OH

^) Z. f. E. 189798. 462.

Q H, . c

-C . C, H,

1

Ce H, . C . H

H

. C . Q H^

H

H

24

und als Reduktionsprodukt Desoxybenzoinpinakon neben noch weniger Desox3^benzoin.

/OH HO^

, , C, H, C = O

^ und '' ^ I

C, H, C . H H

Ich versuchte zuerst eine Reduktion unter folgenden Bedingungen.

20 g Benzil in 300 ccm Alkohol und 20 g Pottasche in 150 ccm Wasser.

Beide Lösungen wurden siedend heiss in den Kathoden- raum des Elektrol3'siergefässes gebracht. Als Anodenflüs- sigkeit diente konzentrierte Pottaschelösung. Während des ganzen Versuchs wurde Kohlensäure emgeleitet, um eine Umlagerung des Benzils durch die sonst entstehende Kalilauge zu verhüten. Nachdem statt der theoretischen 7,7 A. - St., die zur Bildung des Benzoinpinakons nötig gewesen wäre, 22 A. - St. eingeleitet waren, wurde die alkoholische Schicht, die sich schon von Anfang an nicht in den alkalischen gelöst hatte, ab- gegossen. Beim Erkalten schieden sich lange, gelbe Nadeln vom Smp. 95*^ ab, die sich als unverändertes Benzil erwiesen. Schon bei der ersten Kristallisation schieden sich 15 g aus, und aus der Mutterlauge konnten weitere 4 g durch Eindampfen gewonnen werden. Von den 20 g angewandten Benzils wurden also 19 g unverändert zu- rückgewonnen. In der alkalischen Schicht konnte keine Benzilsäure nachgewiesen werden. Die eingeleitete Kohlen- säure hatte also eine Umlagerung verhütet.

^) Inaug.-Dissert. Giessen 1903.

-D

Da keine Reduktion eingetreten war, musste ich also annehmen, dass das im Alkohol gelöste Benzil auch nicht spurenvveise sich in der Pottaschelösung gelöst hatte. Die Versuchsbedingungen wurden daher folgendermassen ab- geändert : Als Leitsalz wurde in dem Kathodenraum das alkohollösliche Natriumacetat verwendet, als Anodenflüssig- keit gesättigte Sodalösung. Da aber das aus dem Anoden- raum in den Kathodenraum wandernde Alkali aus der Tonzelle die Kieselsäure gelöst und mit ihr eine in Alkohol unlösliche wässrige Silikatlösung gebildet haben würde, wurden statt der Ton- eine Asbestzelle verwendet. Auch musste im Kathodenraum die Bildung von Soda vermieden werden, weshalb zur Neutralisation des Alkalis keine Kohlensäure, sondern Essigester verwendet wurde. Die Kathodenflüssigkeit wurde so, dadurch dass in dem Masse, als sich Alkali bildete, der Ester verseift wurde, während des ganzen Versuchs annähernd neutral gehalten, und gleichzeitig wurde die Natronlauge in das alkohollösliche Natriumacetat übergeführt. Ich löste also: 20 g Benzil, 10 g Natriumacetat in

250 ccm Alkohol,

150 ccm Wasser,

100 ccm Essigester. Schon bald nach Beginn der Elektrolyse konnte man ein Aufhellen der gelb gefärbten Flüssigkeit bemerken. Nachdem 5 A.-St. eingeleitet waren, war die gelbe Farbe vollständig verschwunden, und eine Abscheidung von feinen weissen Kristallnädelchen, die immer mehr zunahm, begann. Da ich annahm, dass der ausfallende Körper, seiner Schwerlöslichkeit und seinem Aussehen nach zu urteilen, mit dem von Kau ff mann gefundenen Benzoin- pinakon identisch sei, unterbrach sich die Reduktion, nach- dem statt der zur Bildung dieses Körpers notwendigen 7,7 A.-St. II A.-St. eingeleitet waren. Nach dem Erkalten

26

und Verdünnen mit Wasser wurden die Kristalle abgesaugt, mit Wasser gewaschen und getrocknet. Ich erhielt so i6 g Rohprodukt, das zwar sehr einheitlich aussah, aber noch keinen scharfen Schmelzpunkt zeigte. Er lag zwischen 210" und 2i5'\ Nach einmaligem Umkristallisieren aus viel siedendem Alkohol, etwa 1,5 1, zeigte der Körper den richtigen Smp. 235*^. Die Ausbeute an reiner Substanz betrug 12 g = 60*^/0. Auch konnte ich, wie Kauffman n, eine geringe Zersetzung beim Schmelzen bemerken. Setzt man beim Umkristallisieren des Benzoinpinakons dem Alkohol etwas Natriumh3-droxyd zu, so wird zwar die Löslichkeit des Pinakons bedeutend erhöht, aber die Ausbeute an reiner Substanz vermindert. Ferner ist es dann sehr schwierig, aus der Mutterlauge Nebenprodukte zu gewinnen. Ein Teil des Benzoinpinakons wurde durch mehr- stündiges Kochen mit Essigsäureanhydrid acetyliert. Das Reaktionsprodukt, in Wasser gegossen, und der ent- stehende Niederschlag dreimal aus Alkohol umkristallisiert, lieferte schöne farblose Blättchen vom Smp. 198", die auch Kau ff mann erhalten hatte, und die dieser für ein Diacetat des Benzoinpinakons hielt, das ausserdem noch ein Molekül Wasser abgespalten hatte: H

H5 C

I

Q H,-C . O O C . C H3 I

1 O

Q H,-C . O ü C . C H, I

Q H,-C 1

H Von Nebenprodukten der Reduktion konnte aus der Mutterlauge, aus der das Benzoinpinakon umkristallisiert worden war, nach starkem Eindampfen nur eine geringe Menge des normalen Hydrobenzoins vom Smp. 134" rein erhalten werden.

27

Die Reduktion des Benzils verläuft also für die beiden Carbonylgruppen verschieden. Man darf wohl annehmen, dass zuerst die eine Gruppe Reduktion zum Alkohol erleidet :

C, H, . C O . C O . H, + 2 H

= Ce H, . C O . C H 011 . Ce H,. Aus dem Benzil erhält man so das Benzoin, dessen Car- bonylgruppe jetzt weiter reduziert wird, aber nur bis zur Pinakonstufe.

2 C, H, . C O . C H OH . Ce H, + H.,

_ C„ H, . C OH . C H ÖH . H,

C, H, . C OH . C H OH . H.,.

Die geringe Löslichkeit dieses Pinakons in wässrigem Alkohol wird wohl der Grund seiner leichten Bildung sein. Eine Reduktion zum Hydrobenzoin tritt nur in ganz unter- geordneter Masse auf. Die Ausbeute an dieser Substanz betrug bei den verschiedenen Versuchen immer nur einige Centigramm.

Ist die oben gemachte Annahme der stufenweisen Reduktion des Benzils richtig, so muss die Reduktion des Benzoins dieselben Produkte mit gleicher Ausbeute liefern, wie die des Benzils. Ich reduzierte daher eine Lösung von

20 g Benzoin, IG g Natriumacetat in 250 ccm Alkohol, 250 ccm Wasser, 50 ccm Essigester. Nachdem statt 2,6 A.-St. 3,5 A.-St. eingeleitet waren, wurde der Versuch unterbrochen. Schon während des- selben deutete alles daraufhin, dass dieselben Produkte entstehen würden, wie vorher. Beim Aufarbeiten des Niederschlages erhielt ich wieder Benzoinpinakon und Hydrobenzoin mit gleicher Ausbeute, wie vorher. Selbst- verständlich ist dieser Versuch kein Beweis dafür, dass

28

die Reduktion des Benziis unbedingt in der angegebenen Weise verlaufen muss.

Wenn Follenius bei seinen Versuchen das Benzoin- pinakon nicht erhalten konnte, so lag dies wohl daran, dass er starre Bleikathoden ohne irgend welche Rührvor- richtung benutzte. Man kann wohl annehmen, dass auch bei ihm dieses Produkt entstanden war, aber wegen seiner äusserst geringen Löslichkeit musste es sofort auf der Kathode, wo es sich gebildet hatte, sich abscheiden. Hier wurde es wegen der innigen Berührung weiter reduziert zu dem nächsten Reduktionsprodukt, dem leichter löslichen Desox3^benzoiinpinakon. Dass Kauffmann das Benzoin- pinakon erhalten hatte, hat wohl seinen Grund darin, dass er mit rotierender Kathode gearbeitet hatte. Er gibt dies zwar nicht an, doch lässt seine Versuchsanordnung, dass er den Kathodenraum in die Tonzelle verlegt, diesen Schluss ziehen. Bei meinen Versuchen war ein Festhaften des gebildeten Benzoinpinakons an der glatten, bew^eglichen Quecksilberkathode ausgeschlossen. Dasselbe wurde da- gegen sofort durch die Rührvorrichtung entfernt, in der Flüssigkeit suspendiert erhalten und so w^eiteren Reduktions- wirkungen entzogen. Man ersieht daraus, dass wegen seiner Schwerlöslichkeit die Ausbeute eines Reduktions- produktes je nach Umständen verbessert oder verschlechtert werden kann.

5. Phenanthrenchinon.

^o

.0

Ich wandte mich darauf zur Reduktion eines cyklischen a-Diketons, des Phenanthrenchinons, unter verschiedenen Bedingungen. Das Ausgangsmaterial stellte ich mir aus Phenanthren her nach folgender Vorschrift aus „Ullmann, Travaux Pratiques de Chimie Organique". Man erhitzt zum Kochen in einer Porzellanschale von 1,5 2 1 Inhalt eine Mischung von 80 g Natriumbichromat, 400 ccm Wasser und 150 ccm konzentrierte Schwefelsäure, entfernt dann die Flamme und gibt unter Umrühren 25 g technisches Phenanthren in kleinen Portionen zu. Unter lebhaftem Aufkochen wird das Phenanthren zu einer geschmolzenen Masse oxydiert, während die Chromsäure reduziert wird. Man erhitzt zum Kochen, bis die Gasentwickelung auf- gehört hat, fügt weitere 80 g Natriumbichromat zu und fährt mit Erhitzen fort, bis die Oxydation beendet ist. Dann verdünnt man mit 750 ccm heissem Wasser und filtriert die gelbgefärbte Masse durch ein Leinwandtuch. Nach dem Auswaschen mit Wasser bis zur neutralen Re- aktion, wird der Rückstand mit käuflicher Bisulfitlösung (50 ccm) behandelt. Man erhitzt unter Umrühren auf 60*^ bis 70"^, bis die Masse sich grün färbt, verdünnt dann mit

30

8o - loo ccm Wasser, kocht auf und filtriert heiss. Der unlösliche Anteil wird noch zwei oder dreimal mit 15 bis 20 ccm Bisulfitlösung und 20 ccm Wasser wie vorher behandelt. Die vereinigten filtrierten Lösungen, aus denen sich die Phenanthren, chinonbisulfitverbindung schon teil- weise abgesetzt hat, versetzt man in der Kälte mit Salz- säure. Das Phenanthrenchinon scheidet sich hierbei in orangefarbigen Flocken ab, die man abfiltriert und wäscht. Getrocknet beträgt die Ausbeute 12 13 g. Smp. 200*^ bis 202^. Zur Reinigung kann man das Chinon aus Eis- essig Umkristallisieren. Smp. 205*^.

a) Reduktion des Phenanthrenchinons in essigsaurer

Lösung.

5 g Phenanthrenchinon,

IG g Natriumacetat in 600 ccm Alkohol (65*^/0) und

50 ccm Eisessig wurden in der Siedehitze reduziert. Zur Reduktion bis zum Hydrochinon waren 1,3 A.-St. nötig. Statt dessen wurden 1,5 A.-St. eingeleitet. Das Chinon, das von Anfang an nicht vollständig gelöst war, war dabei in Lösung ge- gangen und die Flüssigkeit fast farblos geworden. Beim Ausgiessen und Abtrennen von Quecksilber färbte sie sich jedoch rasch braunrot, und nach einigem Stehen an der Luft schied sich fast alles Ausgangsmaterial wieder als Chinon aus. Es war also wahrscheinlich Reduktion zum Hydrochinon eingetreten, was sich an der Luft zu Chin- hydron und weiter zu Chinon leicht oxydiert. Kristalle von Chinhydron konnte ich erhalten, wenn ich durch die heisse reduzierte Flüssigkeit einige Zeit Luft saugte und

3' -

dann abkühlte. Es schieden sich dann, wenn ich die Oxydation nicht zuweit getrieben hatte, nicht zu verkennende, grün glänzende Kr^stallnadeln ') ab, die aber bei einem Versuch, sie umzukristallisieren, sich rasch zu Chinon oxydierten.

Ich versuchte daher bei einer zweiten Reduktion, die unter sonst gleichen Bedingungen ausgeführt wurde, das Hydrochinon dadurch zu erhalten, dass ich während des Versuchs den Alkohol abdestillierte. Der Rückflusskühler war zu diesem Zweck in einen absteigenden umgewandelt worden. Nachdem die nötige Strommenge eingeleitet war, setzte ich etwas Natriumbisulfitlösung zu und konnte so erreichen, dass die Flüssigkeit nach dem Filtrieren nur schwach gelb gefärbt war. Aber selbst nach mehrtägigem Stehen in einer fest verschlossenen Flasche schied sich nichts aus. Die Hälfte des Lösungsmittels wurde daher abdestil- liert. Bei raschem Abkühlen fielen feine dunkelgefärbte Kristallnädelchen aus, die rasch, möglichst trocken, ab- gesaugt wurden. Da ich das Produkt für verunreinigtes Phenanthrenh^^drochinon hielt, wurde versucht, es in das sehr beständige Acetylderivat überzuführen. Die Substanz wurde sofort im Bombenrohr mit Essigsäureanhydrid einige Stunden auf 140"— 150'^ erhitzt. Das durch Wasser ausgefällte, feste Reaktionsprodukt, mehrfach aus siedendem Benzol umkr3^stallisiert, ergab farblose Tafeln, unlöslich in Wasser, schwer löslich in Alkohol und Äther. Der Schmelz- punkt lag bei 202*'. Diese Eigenschaften passen auf das von Graebe-) zuerst hergestellte Acetylderivat des Phe- nanthrenh3^drochinons. Die braun gefärbten Kriställchen waren also tatsächlich das gesuchte Phenanthrenhydro- chinon.

Ein Versuch, über das Phenanthrenhydrochinon hinaus

^) Vergleiche: Graebe, Ann. 167. 131. Liebermnan u. Jakobson. Ann. 211. 69 Anm. Kling er, Ber. 19. 1870. [li. ^) Ann. 167. 131.

32 -

zu reduzieren, um etwa zum Phenanthren zu gelangen, blieb erfolglos, obgleich die fünffache Strommenge ein- geleitet wurde. Nachdem die Reduktion bis zum H3^dro- chinon gegangen war, bewirkte der überschüssig eingeleitete Strom nur noch Wasserstoffentladung. Ich untersuchte alsdann die

b) Reduktion des Phenanthrenchinons in alkalischer

Lösung.

IG g Phenanthrenchinon, IQ g Natriumacetat in

400 ccm Alkohol (96*^/0) und

150 ccm Wasser wurden der Reduktion unterworfen. Bald nach Beginn der Elektrolyse färbte sich die Flüssigkeit dunkelrotbraun. Nachdem die Hälfte der zur Reduktion zum Hydrochinon notwendigen Strommenge eingeleitet war, hatte die Fär- bung ihren Höhepunkt erreicht und nahm allmäWich wieder ab. Als die zw^eite Hälfte eingeleitet war, war die Flüssig- keit farblos geworden ; der Versuch wurde daher unter- brochen. Beim Ausgiessen der Lösung trat sehr rasch wieder Ox3'dation ein, was an der Farbe zu erkennen w^ar. Beim Erkalten schieden sich die bekannten, grün- glänzenden Nadeln des Chinhydrons aus. Dieselben wurden rasch abgesaugt, konnten aber nicht rein erhalten werden, da sie bei Luftzutritt durch Sauerstoffaufnahme rasch miss- farbig und dann rein gelb wurden. Es w^ar also Reduktion zum H3'drochinon eingetreten, w^as aber in diesem Fall noch schwieriger zu gewinnen war, da es in alkalischer Lösung noch viel leichter ox3^dierbar ist, als in saurer. Ich erhielt daher mit Leichtigkeit in der Lösung Kristalle

von Chinhydron, da dessen Löslichkeit in wassrigem kalten Alkohol sehr gering und seine Krystallisationsfähigkeit eine sehr grosse ist. Aber bei jedem Versuch, es zu isolieren, oxydierte es sich rasch weiter zum Chinon. Es konnte auf diese Weise fast alles angewandte Chinon wieder zu- rückerhalten werden. Es war nur nötig, die beim Erkalten sich abscheidenden Kristalle abzusaugen und an der Luft liegen zu lassen.

Das Phenanthrenchinhydron, dem wahrscheinlich fol- gende Formel zukommt

bildet mit Alkalien Salze. Da es aber nicht gelungen war, solche zu erhalten, obgleich ich in alkalischer Lösung ar- beitete, musste ich annehmen, dass bei der vorhandenen Konzentration des Alkalis die Salze h3'drolytisch gespalten würden. Ich reduzierte daher eine Lösung von 5 g Phen- anthrenchinon, 20 g Natriumhydroxyd in 300 ccm Alkohol und 100 ccm Wasser. Aber selbst bei diesem Alkaligehalt schied sich noch freies Chinhydron aus. Erst als ich be- deutend mehr Alkali anwandte, nämlich auf 5 g Chinon in 300 Alkohol und 100 Wasser 80 g Natriumhydroxyd, er- hielt ich schon bald nach Beginn der Elektrolyse einen grünen flockigen Niederschlag, der sich als Natriumsalz des Chinhydrons erwies. Beim Verbrennen auf dem Platinblech hinterliess er Soda. Der Niederschlag war löslich in alkalihaltigem Alkohol. Aus der heissen Lösung w'urde durch Wasser freies Chinhydron abgespalten, das sich beim Erkalten in den bekannten Kristallen abschied.

34

Auch in alkalischer Lösung war jeder Versuch, die Reduktion weiter zu treiben als zum H^'drochinon, erfolglos. Ich reduzierte eine Lösung von

5 g Phenanthrenchinon,

5 g Natriumacetat in 400 ccm Alkohol (75*^ o)- Es wurde fünfmal soviel Strom eingeleitet, als zur Reduktion zum Hydrochinon nötig gewesen wäre. Wie an der Farbe des Elektrolyten zu erkennen war, trat zuerst Reduktion zum Chinhydron und w^eiterhin zum H3-drochinon ein. Hier muss sie stehen geblieben sein, denn beim Ausgiessen und Erkalten der Lösung erhielt ich fast alles angewandte Chinon als Chinh3-dron zurück. Das Quecksilber ent- wickelte mit Säuren grosse Mengen von Wasserstoff, Der überschüssig eingeleitete Strom hatte sich also in Gestalt von metallischem Natrium im Quecksilber aufgespeichert.

c) Reduktion des Phenanthrenchinons in ammoniakalischer

Lösung.

Da die Reduktionswirkung des Natriumamalgams auf das Phenanthrenchinon keine besondere kräftige war, machte ich Versuche mit Ammoniumamalgam. Der Apparat wurde zu dem Zweck gut gereinigt und die Tonzelle sorgfältig ausgelaugt, um sämtliche Natriumsalze zu entfernen. Das entladene Ammonium-Ion legiert sich, wie ein Metall, mit dem Quecksilber zu einer grauen, stark sich aufblähenden, schaumartigen Masse. Als Leitsatz wurde ausschliesslich Ammoniumacetat verwandt, das durch Einwirkung der berechneten Mengen von Ammoniumcarbonat und Eisessig aufeinander erhalten wurde. Als Kathodenflüssigkeit diente folgende Lösung:

35

lo g Chinon,

40 g Ammoniumacetat in 600 ccm Alkohol (96 ^"J 200 ccm Wasser.

Als Anodenflüssigkeit diente Ammoniumacetatlösung. Den Verlauf der Reduktion, die in der Siedehitze ausgeführt wurde, zeigt folgende Tabelle :

Zeit

A.

S-ASt.

Bemerk.

4 430

2.5

Die Flüssigkeit färbt sich dunkler. Nach

3

i'33

einer Viertelstunde beijinnt Abscheidung

5

3.2

2,98

eines braungelben Niederschlags, die immer

6

34

6,28

mehr zunimmt.

7

34

9,68

Nach dem Erkalten wurde der Niederschlag abgesaugt, erst mit Eisessig, dann mit Alkohol und Äther gewaschen und getrocknet. Die Ausbeute betrug 8,2 g = 82 "/o des angewandten Chinons.

Eine qualitative Untersuchung der Substanz ergab, dass sie stickstoffhaltig war. Der Schmelzpunkt lag über 300". Auf dem Platinblech erhitzt, schmolz sie zu einer roten Flüssigkeit, die beim Erkalten in schön grünglänzen- den Kriställchen anschoss. Der Niederschlag hatte also, obgleich er vollständig amorph war, grosses Kristallisations- vermögen. Ich suchte daher vor allem nach einem

brauchbaren Lösungsmittel.

In den gewöhnlichen Sol-

ventien war die Substanz unlöslich. Geringe Löslichkeit zeigte sie in konzentrierter Schwefelsäure, in siedendem Naphtalin, Anilin, Nitrobenzol und Chinolin. In Schwefel- säure löste sie sich mit tiefdunkelblauer Farbe, und wenn das Lösungsmittel nach einigem Stehen an der Luft Wasser angezogen hatte, schieden sich mikroskopische, blaue Nädel- chen ab. Schwefelsäure wurde jedoch nicht verwandt,

- 36 -

da die in dem Rohprodul<t enthaltenen schwer löslichen Verunreinigungen sich wahrscheinlich ,i;enau ebenso verhalten haben würden. Am besten zum Umkristallisieren eignete sich Chinolin. Die Substanz löste sich hierin mit tief braunroter Farbe und beim Erkalten schieden sich schön grünglänzende, in der Durchsicht braunrote Kristall- flitter ab. Andere Portionen kristallisierten mit schön stahl- blauem Oberflächenschimmer. Ich nahm anfangs hierauf keine besondere Rücksicht, da ich glaubte, dass diese Farbe durch geringfügige Zufälligkeiten bedingt sei, zumal da die verschiedenen Portionen sehr einheitlich aussahen und auch gleiche Kristallform hatten.

Verschiedene Verbrennungen der blauen Modifikation wurden mit Kupferoxyd ausgeführt, ergaben aber so stark differierende Resultate, dass aus ihnen absolut keine Schlüsse gezogen werden konnten. Die Substanz war so schwer verbrennbar, dass sie, obgleich sie innig mit Kupfer- oxyd gemischt war, während der Verbrennung in kältere Teile der Röhre sublimierte und sich dort in gelbbraunen Kristallflittern ansetzte. Bessere Ergebnisse lieferten die Verbrennungen mit Bleichromat. Als Mittel von vier Analysen wurde gefunden 88,2 "/o Kohlenstoft^ und 4,6^/,, Wasserstoff.

Angew. Subst. :

Gefunden :

CO2

in "/o C

H2O

in »/o H

0.1675 g

0,5431 g

88,4

0,0659 g

4,4

0,1372 g

0,4451 g

88,5

0,06131 g

5,0

0,2013 g

0,65 ri g

88,2

0,08459 g

4,7

0,1908 g

0,6135 g

87,7

0,07280 g

4.4

Im Mittel : 88,2 % 4,6 o/« H.

Die Stickstoffbestimmung ergab 4,2'7o. Angew. Subst. 0,1876. Cef. 0,078705 g N. Für Sauerstoff blieben also noch 2,7 '^/y. Diese Zahlen stimmen einigermassen auf

37

das von B am bcrger und Grob') zuerst näher unter suchte Phenanthroxazin von der Formel

welches verlangt

theoretisch : gefunden :

C = 88,o'Vo 88,2 o/„

H = 4.2*^/0 4.6%

N = 3.6 -^/o 4.2*^/0

Auf die schlecht stimmenden Zahlen, namentlich die des Stickstoffs, v^ill ich später näher eingehen.

Bamberger und Grob machen für das Phen- anthroxazin folgende Angaben: „Es bildet feine, intensiv bronzeglänzende Nädelchen von metallisch grünem Schimmer. Smp. 350*^—355". Sublimicrt, höher erhitzt, nur zum kleinen Teil unzersetzt in rotbraunen Kristallschüppchen. Die grünen Kristalle bilden zerrieben ein rotbraunes Pulver. Kaum löslich in den üblichen Lösungsmitteln, am reichlichsten, aber immer noch schwer in Anilin, Nitrobenzol und Pyridin, viel weniger in Xylol, Cumol und Benzoesäureaethylester ; alle diese Medien scheiden beim Erkalten nur geringe Mengen von Substanz aus.

Phenanthroxazin verhält sich gegen Alkalien und Säuren indifferent; konzentrierte Schwefelsäure löst es mit violetter Farbe. Kochendes Essigsäureanhydrid ist selbst nach Verlauf von einigen Stunden ohne Einwirkung; fügt man aber Chlorzink zu, so färbt sich die Suspension violett,

^) Ber. 34, 533. [1901] Vergl. ferner: Anschütz u. Schulz B. 10, 32. [1877]. Sommaruga, B. 12, 982. [1879]. Zincke, B. 12, 1643. [1879].

- 38 -

und nach wenigen Minuten scheidet sich beim Eingiessen in Wasser ein braunes Pulver ab, das durch fraktionierten Zusatz von Pethroläther zur benzolischen Lösung gereinigt wird. Smp. unscharf 330'^"

Der Schmelzpunkt des Rohphenanthroxazins, das ich erhalten hatte, war unscharf und lag zwischen 335*^ 350^- Nach einmaligem Umkristallisieren aus Chinolin war er auf 355" gestiegen. Auch die übrigen Daten stimmten gut mit denen der beiden genannten Autoren überein. Ein Acet3dierungsversuch wurde ebenfalls gemacht. Essigsäure- anhydrid blieb ohne Einwirkung, und erst bei Zusatz von Chlorzink trat die angegebene Violettfärbung ein. Auf eine Reindarstellung des Acetylderivates wurde verzichtet. Dagegen wurde nach der Vorschrift von Bamberger und Grob Phenanthroxazin in Phenanthrazin übergeführt, In eine gesättigte Lösung von Phenanthroxazin wurde bei 130" 140^ trockenes Ammoniakgas längere Zeit eingeleitet, bis die Lösung fast die hellgelbe Farbe des Nitrobenzols zeigte, und in dem Ableitungsrohr sich kein Wasser mehr verdichtete. Es trat dabei folgende Reaktion ein :

39 -

Der dabei entstehende Wasserstoff \vui\le selbstverständ- lich durch das Nitrobenzol zu Wasser oxydiert. Beim Kr- kalten schieden sich orangegelbe Nadeln ab, die nach einmaligem Umkristallisieren aus siedendem Cumol sich als analysenreines Phenanthrazin '), oder richtiger Diphen- anthrazin genannt, erwiesen. Der Schmelzpunkt stimmte und lag bei 440"— 441^. Die Cumollösung zeigte blau- violette Fluorescenz. Die aus ihr erhaltenen Kristalle waren schwach grünstichig strohgelbe, glitzernde, flache Nadeln. Beim Übergiessen mit konzentrierter Schwefel- säure färbten sie sich zuerst orangerot, dann gingen sie mit blauer Farbe in Lösung.

Die Vorgänge bei der Reditktion des Phenanthrenchino7is in avinioniakalischer Lösung

sind wahrscheinlich folgende. Das Phenanthrenchinon wird zuerst durch das entladene Ammoniumion reduziert zum Chinhydron nach folgender Gleichung: (Der Über- sichtlichkeit halber seien nur die Gruppen, die in Reaktion treten, angeführt).

.P o^.

/^O 0^\

OH O

+ 2 NH, =

+ 2NH,

O OH

Auf das Chinhydron wirken zwei weitere Moleküle Ammonium ein und zwar das eine nur reduzierend, das andere aber ausserdem noch substituierend:

') Vergl. hierüber: Graebe, B, 7. 785. [1874]. Zinckc, B. 12. 1643. [1879]. Anschütz u. Schulz, Ann. 196. 54. Sommaruga, Wiener Monatshefte I, 159. Japp, Journ. Chem. Soc. 1886. i. 843. Leuckart, J. f. p. Ch. 41, 335. [1890].

- 40

;HiNH ÖHilHj

;o':

o

ÖH + NH,

O

+ 2H,0 + NH,0H.

Die Annahme der intermediären Bildung des Chinh3'drons ist wohl berechtigt ; denn bald nach Beginn der Elektro- lyse, noch ehe sich ein Niederschlag gebildet hatte, nahm der Elektrolyt eine Färbung an, die mit grosser Wahrschein- lichkeit auf Anwesenheit dieses Körpers schliessen Hess. Eine andere Möglichkeit wäre die, dass zuerst Reduktion des Phenanthrenchinons bis zum H3^drochinon eingetreten wäre, und dass dann Ammoniak sekundär auf dieses ein- gewirkt hätte:

H \/N\/

H

iHiNiHi ÖHi IHÖI

OH HO

+ 3 HA

o/\

Nicht einzusehen bei dieser Annahme ist freilich die Wasserabspaltung aus den beiden anderen Hydroxyl- gruppen. Ist aber diese Hypothese trotzdem die richtige, so musste erstens durch Einwirkung von Ammoniak auf den bereits bis zum Hydrochinon reduzierten Elektrolyten, das Oxazin entstehen, zweitens musste die Bildung dieses Körpers ausgeschlossen sein, wenn man in essigsaurer Lösung arbeitete, da in diesem Fall kein freies Ammoniak entstehen konnte. Die Versuche haben jedoch das Gegen- teil bewiesen.

Es wurde also zuerst eine Reduktion unter folgenden Bedindungen ausgeführt :

- 41

6 g Phenanthrenchinon, lo g Natriumacetat in 250 ccm Alkohol (96" „) und 150 ccm Wasser

wurden, unter Verwendung von gesättigter Sodalösung als Anodenflüssigkeit, zum Hydrochinon reduziert. Es wurde dann Ammoniakgas eingeleitet, wobei sich die Lösung, da das Ammoniak nicht vollständig frei von Luft war, durch Oxydation wieder rot färbte. Das Ammoniak Hess ich eine Stunde lang einwirken, während nur noch ein schwacher Strom die Zelle passierte. Dann wurde unterbrochen. Die Flüssigkeit hatte sich während der letzten Stunde wieder vollständig aufgehellt, wurde aber beim Ausgiessen durch Oxydation an der Luft sofort wieder rot. Eine Bildung des braungelben Niederschlags hatte nur in ganz geringem Masse stattgefunden. Ich erhielt 0,25 g = 4,1 *'/p des angewandten Chinons. Beim Erkalten der Flüssigkeit schieden sich die leicht zu erkennenden Kristalle des Chinhydrons aus. Das Ammoniak hatte also garnicht auf das Hydrochinon eingewirkt und die geringe Menge Niederschlag war dadurch entstanden, dass das Ammonium an der Reduktion des durch den Luftsauerstott" oxydierten Hxdrochinons teilnahm.

Ein zweiter Versuch wurde mit Ammoniumacetat als Leitsalz in Gegenwart von freier Essigsäure ausgeführt :

6 g Phenanthrenchinon, 20 g Ammoniumcarbonat in

250 ccm Alkohol (96"/^), 50 ccm Eisessig und

150 ccm Wasser.

Als Anodenflüssigkeit diente Ammoniumacetat. Die Essig- säuremenge war im Kathodenraum so berechnet, dass ein Überschuss von 30 ccm vorhanden war. Es konnte also kein freies Ammoniak auftreten. Trotzdem trat bald nach

42

Beginn der Elektrolyse Abscheidung des braungelben Niederschlags ein. Die Ausbeute betrug 5,55 g = 92,5*^/0 des angewandten Chinons. Sie war also noch besser als wenn in ammoniakalischer Lösung gearbeitet worden wäre.

Diese beiden Versuche beweisen also, dass die Bildung des Oxazins nicht auf einer Sekundärreaktion des Ammo- niaks beruht, sondern dass dieselbe durch das in Reaktion tretende, entladene Ammoniumion bedingt wird. Es ist also die erste der beiden angegebenen möglichen Bildungs- weisen die wahrscheinlichere.

Über das Verhalten des Phenanthroxazms beim Umkristallisieren. Wie bereits erwähnt, kristallisiert das Phenanthroxazin mit verschiedenen Oberflächenfarben. Bei einem Versuch, kleine Quantitäten im Reagenscylinder umzukristallisieren, erhielt ich immer schöne, rein grünglänzende Kristallflitter. Als ich jedoch versuchte, dasselbe in grösserem Masse auszuführen, zeigten die erhaltenen Produkte mehr oder weniger den rein grünen Schimmer, und oft erhielt ich sogar stahlblau glänzende Kristalle. Es stellte sich nun heraus, dass die Farbe nicht etwa durch das Lösungs- mittel bedingt war, verschiedene Lösungsmittel zeigten dieselben Erscheinungen, sondern sie war allein ab- hängig von der Dauer der Erhitzung der Lösung. Kleine Portionen, die nur kurze Zeit erhitzt wurden, schieden rein grüne Kristalle ab. Grössere Quantitäten mussten natür- lich, um vollständig gelöst zu werden, längere Zeit mit derh hochsiedenden Lösungsmittel, und solche kamen nur in Betracht, gekocht werden. Es schieden sich dann meistens die .stahlblauen Kristalle ab. War aber übertrieben lang^erhitzt worden, so kristallisierte beim Erkalten über- haupt nichts mehr aus.

43 -

Tch stellte mir nun die Aufgabe, festzustellen, was aus dem Oxazin geworden war. Zu dem Zweck wurden 4 g Rohphenanthroxazin solange mit 300 com Nitrobenzol ge- kocht, bis beim Erkalten keine Kristallausscheidung mehr statt- fand. Sämtliches Nitrobenzol wurde darauf mit Wasser- dämpfen abgeblasen. Es blieb ein harziger Rückstand, der teilweise in Eisessig löslich war. Der unlösliche Rest wurde aus Cumol umkristallisiert, und erwies sich als Azin vom Schmelzpunkt 440^. Ausbeute 0,45 g.

Die Bildung von Azin aus Oxazin durch längeres Er- wärmen der Lösung in Schwefelsäure hatten bereits A n - schütz und Schulz') beobachtet. Sie erhielten einen Körper, dessen Eigenschaften genau auf die des Azins passten.

Die in Eisessig löslichen Anteile wurden mit Wasser ausgefällt und abgesaugt. Aus diesem Niederschlag konnte durch Ausziehen mit Bisulfit etwa 0,4 g Phenanthrenchinon gewonnen werden. Der Rückstand wog noch 3 g und wurde mit Alkohol behandelt. Es blieb ein graues Pulver zurück, das nicht zur Kristallisation gebracht werden konnte und deshalb auch nicht weiter untersucht wurde. Der in Alkohol lösliche Anteil schied sich bei Zusatz von Wasser anfangs ölig ab, aber nach einiger Zeit bildeten sich auf dem Harz feine Kriställchen, die mit einer Feder- fahne oder durch kräftiges Schütteln losgelöst und dann abgesaugt wurden. Die Mutterlauge wurde wieder zu dem noch vorhandenen Harz gegeben und dann erhitzt. Nach einigen Tagen hatten sich wieder Kriställchen gebildet. Derselbe Prozess wurde noch verschiedene Male wieder- holt, bis fast alles Harz kristallisiert war. Dieses kristalli- nische Pulver wurde dann noch mehrmals aus Benzol um- kristallisiert. Der Schmelzpunkt lag bei 215". Der Körper war stickstoffhaltig, konnte aber aus Mangel an Substanz

') Ben 10. 23. [1877].

44 -

nicht näher untersucht werden. Er bildete kleine schwach gelbliche Kristallkörnchen.

Die Zersetzung des Oxazins geht vielleicht teilweise in der Richtung, dass sich zwei Kerne in folgender Weise unter Wasseraufnahme spalten.

+ 2

+ H,.

OH

Zwei Reste lagern sich zusammen und bilden hydriertes Azin, das aber mit Leichtigkeit Wasserstoff abspaltet. Die beiden anderen Reste bilden mit Wasser, dessen spuren- weise Anwesenheit nur schwer auszuschliessen ist, Phen- anthrenh^'drochinon, das aber bei der Aufarbeitung als Chinon gewonnen wird.

Ferner ist sehr wahrscheinlich, dass das Oxazin mit dem Azin isomorph ist, und dass die Oberflächenfarbe des Oxazins durch den Gehalt an Azin bedingt wird. Diese Annahme wird dadurch gestützt, dass die blaue Modifikation, die aus einer Lösung auskristallisiert war, die schon viel Azin enthalten musste, keinen so scharfen Schmelzpunkt zeigte, wie die grünen Kristalle. Ausserdem lag der Stickstoffgehalt der blauen Kristalle zwischen dem des Azins und Oxazins. Das Azin mit richtigem Schmelz-

- 45 -

punkt, das durch Zersetzung von Oxazin gewonnen war, war in der Aufsicht schwach grün gefärbt, in der Durch- sicht dagegen farblos. Diese Oberflächenfarbe, die nur durch Spuren von Oxazin herrühren konnte, verschwand trotz fünfmaligem Umkristallisieren nicht. Eine weitere Stütze für die Isomorphie der beiden Körper. Erst nachdem die Substanz über ihren Schmelzpunkt erhitzt und noch- mals umkristallisiert worden war, zeigte sie die Farbe des Azins, da bei der hohen Temperatur das Oxazin zersetzt wurde.

Ein anderes Zersetzungsprodukt erhielt ich bei einem Versuch, Rohphenanthroxazin aus Cumol umzukristallisieren. Es schieden sich beim Erkalten lange braun gefärbte Nadeln ab. Dieselben wurden mehrmals aus siedendem Alkohol unter Zusatz von Tierkohle umkristallisiert. Es wurden so lange feine Nadeln erhalten, die nur noch schwach gelb- lich waren. Dieselben zeigten den Schmelzpunkt 278°. Sie lösten sich in konzentrierter Schwefelsäure mit intensiv gelber Farbe. Sie waren also identisch mit dem zuerst von S ommaruga'), dann von Bamberg er und G rob -) hergestellten Körper, dem Sommaruga den Namen Diphenanthrenox3^triimid gab, und für den er folgende Konstitutionsformeln aufstellte :

NH NH

No NH \NH O.

cm/ / , C,,H/ /

^^ X / und ^* N /

\NH/^ ^NH^

Jeder Versuch, diesen Körper nochmals zu erhalten, miss- lang leider. Als Verunreinigung konnte er nicht in dem Rohprodukt enthalten sein, da er sonst unzweifelhaft, wegen

^) Wiener Monatshefte i. 159. [1880]. '') Ber. 34, 533—539- ['9oi].

- 46 -

seiner Löslichkeit in Alkohol, auch in dem ursprünglichen Elektrolyten, aus dem das Oxazin ausgefallen war, hätte nachgewiesen werden können, was jedoch nicht gelang.

d) Reduktion des Phenanthrenchinons mit Anilinacetat

als Leitsalz.

Da die Reduktion des Phenanthrenchinons mit Am- moniumacetat als Leitsalz diese interessanten Resultate ergeben hatte, lag es nahe, auch Versuche mit substituierten Ammoniumverbindungen anzustellen. Ich wählte zu diesem Zweck das am leichtcst zugängliche, das Anilinacetat. Es wurde erhalten durch Zusammengiessen der berechneten Mengen Anilin und Eisessig. Das NH3 QH^-Ion bildet jedoch nach seiner Entladung mit dem Quecksilber kein Amalgam, sondern spaltet sich in Anilin und Wasserstoff. Aber trotzdem wurden auch hierbei substituierte Reduk- tionsprodukte erhalten.

Als Kathodenflüssigkeit diente eine Lösung von 10 g Phenanthrenchinon, 50 ccm Anilinacetat in

300 ccm Alkohol (960/^,)

200 ccm Wasser. Anodenflüssigkeit war Anilinacetadösung. Die Anode überzog sich während des Versuchs mit einer dicken Schicht Anilinschwarz, was aber für den Verlauf der Re- duktion keine nachteiligen Folgen hatte. Derselbe ist aus folgender Tabelle zu ersehen :

Zeit A. S-A.-St.|

II

0,5

0,9 j 0,7

12

4 i o»9 I 4.3

Die Lösung färbt sich dunkler. Niederschlag; scheidet sich ab.

- 47

Nachdem 4,3 A -St. eingeleitet waren, wurde der Versuch unterbrochen. l!^s hatte sich ein grauer kristallinischer Niederschlag ausgeschieden, der abgesaugt, in Alkohol gelost und mit Wasser wieder ausgefüllt wurde. Die Aus- beute betrug 4,5 = 45*^/0 (ies angewandten Chinons. Der Schmelzpunkt lag bei 174". Durch Wiederauflösen in Al- kohol und durch fraktioniertes Fällen mit Wasser konnte die Substanz rein erhalten werden. Bei einem Versuch, dieselbe auf dem Wasserbad zu trocknen, trat teilweise Zersetzung ein, wobei Anilin durch seinen Geruch, Phen- anthrenchinon in dem Bisulfitauszug dagegen in grösserer Menge nachzuweisen war.

Die gereinigte Substanz war nach dem Auswaschen mit Alkohol fast rein weiss, färbte sich aber, infolge von Oxydation an der Luft, bald dunkler, weshalb sie in einen Vakuumexsiccator gebracht wurde. Nach nochmaliger Reinigung war der Körper rein weiss und analysenrein. Er färbte sich jedoch nach einiger Zeit an der Luft wieder dunkler. Es scheint dies also eine dieser Verbindung eigen- tümliche Eigenschaft zu sein. Eine qualitative Untersuchung ergab Stickstoffgehalt. Die Elementaranalyse lieferte Re- sultate, die annähernd auf folgende Verbindung stimmen könnten:

QH5

Theor.

Gef.

c

= 84,20/0

83,8*^/0

H

= 53' io

5,^5' lo

N

= 4,9 ^

5.39 ^'o

48 -

Angew. Subst. :

Gefund

en :

CO2

in 0/0 CO2

H2O

in 0/0 H

0.1730 g

0,5210 g

83,8 »/o

0,0858 g

5Ö5 "/o

0,1768 g

0,5434 g

83,8 0/0

0,0782 g

4,95 °/o

Im Mittel

: 83,8 »/o

5,25 »/o

N

in °/o N

0,1951 g

1,01044 g

5,351 o/„

0,2097 g

0,01140 g

5,438 "lo

Im Mittel : 5,39 °yo

Die Bildung dieses Körpers wäre leicht nach folgender Gleichung einzusehen :

X/'X/'

10+ Ho

0 + H

NHQH,

NHXoH,

NHQH,

OH

+ H,0 + QH,NH,. Auch die leichte Ox3'dierbarkeit muss man diesem Körper als Amidophenolabkömmling zugestehen. Es soll jedoch nicht mit Bestimmtheit behauptet werden, dass dem vorliegenden Körper tatsächlich die angegebene Struktion zukommt.

Zusammenfassung.

Von den Apparaten, die bei der Reduktion mit Amal- gamen von mir zur Verwendung kamen, erwiesen sich als brauchbar der zweite offene (S. 8) und der dritte ge- schlossene (S. 8 9) mit Rückflusskühlung. Der zweite er- füllte seinen Zweck vollständig solange mit nicht flüchtigen Stoffen gearbeitet wurde, während der dritte den weit- gehendsten Anforderungen genügte.

49 -

Ks wurden mit denselben ausgeführt: i. Hydrierungen und 2. Reduktionen verschiedener Ketone.

I. Hydrierung

von Chinolin in alkalischer und saurer Lösung. Die erhaltenen Produkte waren nicht das gewünschte Tetra- hydrochinolin, sondern Condensationsprodukte.

II. Reduktionen von Carbonylverbindungen.

/. Felle Ketone.

Aceton. Mit verhältnismässig guter Ausbeute (33" /„) wurde gewonnen Isopropylalkohol vom Sp. 81" und als Nebenprodukt (2,5 "/J Pinakonhydrat vom Smp. 46,5".

Methyl - aethylketon. 33"/,, Ausbeute an scc- Butylalkohol vom Sp. 99".

2. Fell-aroiiialisehe Keloi/e. Acetophenon. Aus noch unbekannten Gründen trat einmal der Acetophenonalkohol vom Smp. 9,5^' und Sp. 197*^ 199*^, das andere Mal das Acetophenonpinakon vom Smp. 120'^ als Hauptprodukt auf.

,7. Aronialischc Ketone. Benzophenon wurde reduziert zu Benzhydrol vom Smp. 67«— 68«.

4. Diketone.

1. mit offener Kette.

Benzil. 6o*Vo Ausbeute an Benzoinpinakon vom Smp. 235*^. Als Nebenprodukt entstanden nur ganz geringe Mengen von normalem HydrobenzoTn.

2. cyklische. Phenanthrenchinon.

a) in saurer Lösung. Die Reduktion blieb beim Hydro- chinon stehen.

- 50 -

b) in alkalischer Lösung. Die Reduktion ging ebenfalls nicht weiter als wie bis zum Hydrochinon, das beim Aufarbeiten wegen Oxydation an der Luft als Chin- hydron gewonnen wurde und bei hohem Alkaligehalt des Elektrolyten als Alkalisalz dieser Verbindung.

c) in ammoniakalischer Lösung. Neben der Reduktion trat Substitution ein. Das erhaltene Produkt war Phenanthroxazin vom Smp. 355°.

d) mit Anilinacetat als Leitsalz. Reduktion und Sub- stitution zu einer Verbindung von der Zusammen- setzung C20HJ5NO und dem Smp. 174''. Es kommt der- selben wahrscheinlich folgende Konstitutionsformel zu

NHCeH,

^OH.

I

Vorliegende Arbeit wurde auf Veranlassung und unter Leitung des Herrn Professor Dr. Elbs im physikalisch- chemischen Laboratorium der Universität Giessen aus- geführt.

Auch an dieser Stelle sei es mir gestattet, meinem hochverehrten Lehrer für die liebenswürdige Unterstüt- zung, die er mir stets zu Teil werden Hess, meinen herz- lichsten Dank auszusprechen.

Lebenslauf.

Ich, Heinrich Emil Orbig, evangelischer Konfession, wurde am i. August 1881 zu Giessen als Sohn des Kauf- manns Wilhelm Orbig geboren. Ich besuchte das Real- gymnasium meiner Vaterstadt, aus dem ich Ostern 1896 mit dem Berechtigungszeugnis für den einjährig-freiwilligen Militärdienst austrat, um als Volontär in der mechanischen Werkstätte von W. Spoerhase, vorm. C. Staudinger & Co., in Giessen eine zweijährige Lehrzeit durchzumachen. Nach halbjähriger Vorbereitung trat ich dann wieder in die Unter- prima der obengenannten Anstalt ein, die ich zu Ostern 1900 mit dem Zeugnis der Reife verliess.

Ich widmete mich darauf auf der Universität Giessen dem Studium der Chemie. Am 22. Mai 1903 bestand ich das Verbandsexamen, und seit dieser Zeit beschäftigte ich mich mit vorliegender Arbeit.

QD Orbig, Heinrich Emil 281 Verwendung elektrolytischer

BJ^. Amalgame zur Reduktion orga-

07 nischer Stoffe

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