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Archiv
für
Kultur-Geschichte
Herausgegeben von
Professor Dr. Georg Steinhausen
Bibliotheksdirektor in Cassel.
Sechster Band.
Berlin • Verlag von Alexander Duncker • 1908
y^RCHIV
FÜR
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jESCHICHTE
U = =, =. HERAUSQEÜEBEN VON = = =,=,
PROF. 05 Georg Steinhausen
VI. BAND
1. HEFT.
BERLIN • At.EXANDf-R DUNCKER VERLAG • 1908.
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ersclieiitt jährlich in vier Hrften in der SUrke von je tiwa S Bog*'n zum
Preise von 12 Mark. Die Hefie «erden zu Anfang jedes Vierteljahres
ausgegeben.
Alle Manuskripte und lediglich auf den Inhalt der Zeilschrift
bezüglichcii Mitteilungen werden an den Herausgeber, Professor Dr*
O. Sieinhatisen in Cassel, Annastralie 16. erbeten, Herausgeber
und Vcrla^^buehhandliifig crsuch^^n drinj^end darum, die Manuskripte in
druckreifem Zustande einzuliefern, da nachtriigliclie gröHere Ändeningcn
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Hutilorscbe Verla gthandlung xu Ftotburg im Breisgau.
Soeben und crEcbicaeo und kttaaco durch alle Buchhand jungen betogea
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Baumgarten, P. M., Aus Kanzlei und Kammer.
Rrrincrun^cn ttif kuriatcii Hof- und Verwa1tiin2«s:«schicht« xn XIII.,
XIV. u. XV. Jahrhundert. ßOLLATORtJ.S- TAXATORF-S • DOMORLM
CURSORES. er. 8" (XVIII w. U;) .1/20.—
Mayer, Dr H., SS:Lr^Ä:t Die Matrikel der Uni-
VerbUai rreiuurg I. or. Akademischen Archivkommission
bcarbritet uad berautgeeebeo. T. Band: EinJelluoK und Teil. Lcx.>S*>
(XCIV u. 444) .!/■ 30.—
eifbrrt, Dr ^., Beiträge 3ur PorreformatorifAc»
Beiligen. un6 lUliquietiüerebrung. i;^^,';^';;^^
AU Pannen« «cfdiif^ie tte« beutfc^cn «olFed, VI. ^b., 1. ^eft) dr. H"
(Xfl u. 04) Af -i "
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14-*
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Inhalt:
Aufsätze: Sdie
Qudicnstudicn zur Geschichte des neueren französischen Einflusses
auf die deulsche Kultur. II. Von Curt Oebauer .... i
Aus dem Papierkorb eines Kölner Rechtsanwalts zu Anfang des
16. Jahrhunderts. Von Hermann Kmssen 22
Eine SpießrcthtsorOnung aus dem Jahre t542. Miiget. s.Wilhttm Beck 28
Die Reise des Danztger Ratsherrn Arnold von Holten durch Spanien
und Oberitalien in den Jahren lfi06-160S. Von Patä Simson 39
Vom Zutrinken. Von /(Ununs Löffler 71
Die Nadibanchaften in den Posencr Hauländerden nach ihrem
historischen Zusammenhang. Von F. O. SchitUhaß ... 137
Txhiusch Hedajets Aufenthalt in NX-len (I5b5). Von Alfred Sitte . 192
Dn fürstliches Menü von 1730. Von Hans Beschorner .... 202
Die Kosten einer Schwcizerreise im Jahre 1731. Von Siegfried Main TIS
Das fränkische Ootte^ericht. Von Leo Jordan 265
Christian Adolph v. Anacker^ Beschreibung seiner Reise von IJssabon
nach Wien (1733». Mitgeteilt von Th. Renaud 2M
Briefe von Philipp von Stosch an Mail. Egizio in Neapel. Mit-
geteilt von Rieh. Engelmann 526
Quellen zur Ambciger Hochzeit von 147^. Herausgegeben ^-on
Maximilian Bachner 38S
RriMtifiebuch eines Dresdners vom Jahre 1691. Mitgeteilt von
JZoarxul Roger 459
Miszellen:
EiQ Vertrag mit einem Präzentor für einen jungen Adligen (1557).
Mitgeteilt %-on Martin wehrmann 79
E5o Prolest gegen Hexen Verbrennung aus der Zeit des Dreißig-
jährigen Kri^es. Mitgeteilt von Eduard Otto 84
Etvas von der iiinquarliening Erfurts im letzten Jahre des Sieben-
ihrigen Kri^es. Von Gustav Sommerfeldt 90
Zur L^endc von der Jagd des Einhorns. Von F. Kuntze ... 95
Anflonlerungsschneiben zu einer auf dem Schlosse in Königsberg
gefeierten Hochzeit, 1592. tA\x^\i:\\\ \on Gustav Sommtff^t 477
Besprechungen:
Ans der Geschichte der Universität Orcifswald. Festschrift (Steinhausen) 491
Becker. Das er^le halbe Jahrhundert der hessen-darmstädtischcn
Landesuni\-ersität (Sleinhausen) 489
Beiträge zur Geschichte der Universitäten Mainz und Gießen (Slein-
hausen) 489
BefKcr, Die Kulturaufgabcn der Reformation. 2. Aufl. (Steinhausen) 480
B«mheiin. Das akademische Studium der Geschichtswissenschaft
(Steinhaiisen) 349
Bibliothek wertvoller Memoiren. Hrsg. v. E. Schultze. Bd. I-IV
(Stcinhauien) 102
Böckenhoff, Speisesatzungen mosaischer Art in mittelalterlichen
Kirchenrechtsqucllen (R. M. Meyer) . . . 24S
BreTSJg. Die Entstehung des Gottesgedankens und der Hcilbringcr
(v. DobschQtz) 241
1
I
I
I
Breysig. Die Geschichte der Menschheit. Bd. I (R M. Meyer) . . 94
Consentius, Alt-Berlin, Anno 1740 (Sleirhausen) 483
Dührcn, Neue Forschungen über den Marquis de Sadc (Heinrich) . 495
Felder, Geschichte der wissenschaftlichen Studien im Franziskaner-
orden (v. DobschOtz) SS6
Friedli, Bämdütsch. Bd. 2: Qrindelwald (Steinhausen) 367
Fustct de Coulanges, Der antike Staat. Cbcrs. von P. Weiß (Fries) 551
Galle, Konrad Bitschins Pädagogik (Kohfeldt) 360
illustrierte Geschichte des Kunstgewerbes. Hrsg. vor Lehnert (Fries) 252
van Oulik, Johannes Groppcr (1503-1559) (Bruchmüller) . . . . 4S2
Haendcke, Deutsdie Kultur im Zeltalter des Sojährigen Krieges
(Steinhausen) 106
V. Hansemann. Der Aberglaube in der Medizin (Heinrich) ... 496
Hedemann, Die Fürsorge des Gutsherrn für sein Gesinde (Brandenb.-
prcuß. Gesdiidite) (Bothc) 2St
Hottenroth, Die Nassauischen Volkstrachten (Steinhausen) .... 109
Hubrich, Deutsches Fürstentum und deutsches Verfassungswesen
(Bruchraüller) 482
Kemnierich, Die frühmittelalterliche Portrilnialerei in Deutschland
(Steinhausen) 361
Kiefer, Die körperliche Züchtigung bei der Kinder erzieh ung in Ge-
schichte und Beurteilung (Kohfeldt) no
Krollmann, Die Selbstbiographic des Burggrafen Fabian zu Dohna
(Bruchmüller) _ 366
Frhr. v. Künßberg, Über die Strafe des Steintrageiis (WerminghofO 565
Lcnnhoff, Das ländliche Oesindewesen in der Kiirnhirk Brandenburg
vom 16. bis 19. Jahrhundert (Bothe) 249
Lindnerj Weltgeschichte. Bd. S (Steinhausen} 353
Marcus, Die modern« Entwicklungstheorie in der jüdischen Wissen-
schaft (R. M. Meyer) 249
Matthias, Geschichte des deutschen Unterrichts (Levinstein) . . . 493
Meinecke, Weltbürgertum und Nationalstaat (R. M. Meyer) , . . 41S4
Mcnke-Olückert, Goethe als Oeschichtsphilosoph (R, M. Meyer) . 248
Neumann, Jesus, wer er geschichtlich war (v. Dobschütz) .... 353
Pastor, Geschichte der Päpsle. Bd. IV, Abt. l. 2 (Steinhausen) . 245
Piper, Burgenkunde. 2. Atifl. (Steinhausen) 362
Die Ri^el des hl. Bcnedictus (Wcrminghoff) 15S
Schaunikell, Geschichte der deutschen Kulturgeschichtsschreibung
(Steinhausen) 3S0
Schradcr, Die Fragen des Königs Menandros (Fries) 244
Schwann, Geschichte der Kölner Handelskammer. Bd. I (Steinhausen) 369
Stecke, Drachenkämpfe (R. M. M^er) 101
Siecke. Mythus, Sage, Märchen in ihren Beziehungen zur Gegenwart
(R. M, Meyer) 101
Troeltsch. Die Bedeutung des Protestantismus für die Entstehung der
modernen Welt (v. Dobschütz) 359
Weltgeschichte. Hrsg. von Helmolt. Bd. 9 (Stetithauscn) . . . SSO
Erwiderung (von Mcnke-Olückeri) und Antwort des Referenten
(R. M. Meyer) A97
Kleine Mitteilungen und Referate 111.253,371,502
Quellenstudien
zur Geschichte des neueren französischen
Einflusses auf die deutsche Kultur.
Von CURT GEBAUER.
IV.
Der Traktat des Thomas Erpenlus über die nützliche
Einrichtung der Reise nach frankrcich.
Dem seit dem Ausgange des 16. Jahrhunderts in Deulsch-
löid immer wachsenden und sich ausbreitenden Streben, die
tnniösischen Verhältnisse auf einer Reise nach Frankreich genauer
knmen zu temcn, suchte eine Überschwemmung des deutschen
ßfichcrmarktes mit französischen Reiseführern, Wörlerbüchern und
Sprachlehren Genüge zu leisten. Für Reisende, die es mit ihren
Studien ernst meinten, isl nun im zweiten Dezennium des
''■Jahrhunderts auch das Werkchen entstanden, das wir auf den
Agenden Blättern modernen Lesern zugänglich machen wollen,
*•« Thomas Erpenius De peregrinatione Oalüca utiliter instituenda
•iwahis. In Holland geschrieben und gedruckt wie viele der
Wanntesten Schriften jener Zeit, hat dieser Traktat sicher auch
'■> Deutschland schnelle Verbreitung gefunden und vielen Reise-
'wt^ den Aufenthalt in Frankreich nutzbringend gestallet, so
^ auch nicht wenig zur Kennmis und Nachahmung fran-
zösischer Sitten in Deutschland beigetragen. Denn zugleich mit
•löi Früchten ernsterer Studien pflegten die Reisenden eine ver-
briete Neigung für das französische Wesen in das Vaterland
''«imzubringen. M ■ ^' ^l
AkUv Kr Knltnrgodiidlte. VI. t
Curt Gebauer.
^^H Thomas van Erpe, latinisiert Erptnius, geboren atn Tl. Sep-
^^m tember I5S4 in Gorkum (Holland), seit 1613 Professor der
^^m orientalischen Sprachen an der Universität Leyden, hatte die ideine
^^P Schrift im Jahre 1624 zu Nutz und frommen eines jungen
j^^ Freundes namens Johannes Nipartius verfaßt, der einen Winter
* in Frankreich zu verleben gedachte. Die Redaktion des Traktates
läßt auch wohl hier und da erkennen, daß dem gelehrten Ver-
fasser urspriingHch die Absicht der Veröffentlichung fem gelegen
hatte. Sieben Jahre später (1631) veranlaßte Wilhelm Christiani
in Leyden^ ein Schüler des Erpenius, den Druck und widmete
diesen unter Beigabe eines kurzen Briefes des gelehrten Justus
Lipsius über italienische Reisen zwei jungen Männern, Wilhelm
und Heinrich Saiverius, welche den Traktat auf ihren Reisen
gebrauchen konnten, und zwar um sich dem Vater seiner Gilnsl-
linge für empfangene Wohltaten erkenntlich zu zeigen. Wir
können diese Tatsachen aus dem in der mir vorliegenden Ausgabe
der Breslauer Stadtbibliothek vorgedruckten Dedtkationsbriefwechsel
entnehmen. Die benutzte Ausgabe trägt die Jahreszahl 1721, ist
in Hamburg bei Benjamin Schillers Witwe und Johann Christof
Kisner erschienen, und zwar als Anfang einer Sammlung lite-
rarischer Miszeälen, deren Herausgeber, Adam Heinrich Lackmann,
diesen Abdruck des Traktates als den ersten in Deutschland
hergestellten bezeichnet. Dem Traktat ist noch eine Beschreibung
Frankreichs, eigentlich des alten Galliens, angefügt, wahrscheinlich
gleichfalls aus der Feder des Erpenius.
Der Traktat ist wie die Beschreibung Frankreichs in lateinischer
Sprache abgefaßt. Er zerfällt in vier Abschnitte (Sectiones), diese
wiederum in verschiedene durch Ziffern bezeichnete Paragraphen.
Die vier Abschnitte führen die besonderen Überschriften: 1. De
lectione et studio duranle peregrinatione; II. De ratione itineris
instituendi; 111. De observatione; IV. De libris circumferendis.
Schon die Überschriften lassen erkennen, daß es dem Verfasser
vor allem darauf ankam, den Leser zu belehren, wie er auf der
Reise am besten seine Kenntnisse bereichern könne. Während
die modernen Reiseführer fast ausschließlich das Unterhaltungs-
bedürfnis der Reisenden zu befriedigen suchen, sollte der Reisende
des 17. Jahrhunderts, dem gelehrten Bildungstriebe und der
Neigung jenes Zeitalters zur Polyhistorie entsprechend, auf allen
möglichen Gebieten lernen und wieder lernen, um seine Kennt-
nisse in der Heimat später überall nutzbringend und interessen-
Törderlich verwerten zu können. Vtel wissen galt als Kennzeichen
eines »politischen", d. h. wcUklugen Mannes, und die Reisen
sollten das Vielwissertum möglichst befördern. Demgegenüber
tritt das Interesse für die physische Natur des Landes sowie für
seine Naturschönheiten noch fast ganz in den Hintergrund. Auch
in dem Traktat des Erpenius veimißt man alle entsprechenden
Bemerkungen und Verweise. Das Aufleben des neueren Nalur-
gefflhles in seinen verschiedenartigen Abwandlungen blieb im
großen und ganzen erst dem IS. Jahrhundert vorbehalten.
Was die Wiedergabe des Inhaltes unseres Reiseführers
betrifft, so habe ich aus leicht ersichtlichen Gründen die möglichst
wörtliche, jedenfalls aber sinngemäße Übersetzung einer umständ-
lichen Übertragung in die indirekte Rede vorgezogen. Der
Obersetzung werden sich allgemeine Betrachtungen über Wesen
und Bedeutung des Traktates und schließlich die erforderlichen
biographischen Bemerkungen passend anschließen.
Abhandlung, wie man eine Reise nach Frankreich nutzbringend
einrichten könne.
Erster Abschnitt.
fber Lesen und Studieren während der Reise.
1.
Niemand möge die Reise nach Frankreich antreten, bevor
er sein theologisches, juristisches oder medizinisches SpeziaU
Studium vollendet hat; auch soll man Bücher seiner Wissenschaft
nicht bei sich führen, außer etwa einem kurzen Abrißt um das
Gelernte im Gedächtnis zu bewahren.
IL
Zweck der Reise sei es, die fremde Sprache, das Land,
seine Regierung, seine Geschichte, seine Sitten und seine be-
rühmten Männer kennen zu lernen.
ITI.
Die Bekanntschaft mit den Sitten und den berühmten
Männern wird allein durcli das Leben, durcli tägliche Beobachtung
und geselligen Umgang vermittelt.
IV.
Um Spraclie, Landesbesch äffen heit, Regierung und Geschichte
kennen zu lernen, bedarf es nicht nur einer gewissen Reisepraxis,
sondern auch einiger Privatstudien aus wenigenj aber ausgewählten
Böchem, die wir jetzt durchgehet] wollen.
V.
Zur leichten und genauen Erlernung der Sprache studiere
man die französische Grammatik des Carolus Maupasius aus
Blois, die kürzlich ins Lateinische übersetzt worden ist, obgleich
sie auch in französischer Sprache von einer des Lateinischen
kundigen Person unschwer zu verstehen ist. Aufmerksam achte
man auf alle Fälle, in denen Ausländer nach des Verfassers
Angaben besonders häufig Fehler machen. Alle unregelmäßigen
Zeitwörter präge man sich fest ein. Außer dieser Orammatik
braucht man keine andere zu studieren.
VI.
Neben den grammatischen Studien lese man fleißig die fran-
zösischen Gespräche des Philijip Qarnerius aus Orleans, betitelt
»Edelsteine der französischen Sprache- (GemmuIaeGallicae linguae),
die durchaus in französischem Geist empfunden und angenehm
zu lesen sind. Man merke sich dabei alle vom deutschen Sprach-
gebrauch abweichenden Redensarten.
VIL
Darauf lese man die schönen, elegant geschriebenen
.Abende" (Les s^r6es) von Wilhelm Bouchet, drei Bände in
Duodezformal, femer die »Asträa", welche Liebesgespräche, keusch,
anmutig und von seltener Beredsamkeit, enthält.
VIIL
Zur Abfassung von Briefen wird sich die Lektüre des
Werkchens »Le secr^taire des secretaires" (Reuen 1610, in Duodez)
als recht nützlich erweisen, worin viele Briefe vertraulichen und
ungeschminkten Charakters enthalten sind, durch welche man
Um sich Gewandtheit in der frarzösischen Konversation zu
vcTBchaffen, muß man fortdauernd mit Franzosen sprechen und
den Umgang mit Landsleuten meiden. Man verschaffe sich
Zutritt zu einer französischen Familie und jungen Männern, mit
denen man frei von der Leber weg schwatzen kann. Das nützt
auBerordcntlich vieL
X.
Wenn irgend möglich, sollte man sich in größeren Städten,
besonders in Paris, auch mit irgend einem angesehenen Buch-
händler bekannt machen, dessen Laden Staatsräte, Advokaten und
andere bedeutende Männer aufsuchen. Aus deren Unterhaltung
wird man sehr viel lernen. Und man wird so auch Gelegenheit
finden, mit solchen bedeutenden Männern bekannt und vertraut
zu werden und mit ihnen zu sprechen.
XI.
Die Kenntnis des Landes selbst ist aus der Kosmographie
des Merula zu schöpfen, ferner aus dem französischen Werke
• Les antiquites et recherches des villes, chateaux et places plus
remarquables de toute la France™ (in acht Büchern, Paris 1614,
Oktav)*) und aus dem Itincrarium Galliae des Jodokus Sinccrus
(Lyon 1616). Stets soll man die große in Frankreich verfertigte
Holzschnitt karte des Landes (vom Jahre — ?) zu Rate ziehen,
wenn man sie erhalten kann, oder eine große 7U Amsterdam
in Kupfer gestochene, obwohl diese weniger genau ist, sowie auch
eine kleinere in Kupferstich. Letztere muß man der Bequemlichkeil
wegen immer zur Hand habeit-
XII.
Um die Regierung des Landes kennen zu lernen, lese man
das dritte und \ierte Buch des Werkes >De Testat et succes des
affinres de France« von du Haillan (Ronen, Oktavformat), ferner
>) Von Aadrt Dvcbeme. Siebe die blofr. Bemcflningen.
den Abschnitt » Discours de la France" in dem großen Werke
»Les estats, empires et prtncipaut^s du monde".
XIII.
Was die geschichtlichen Studien anbetrifft, so lese man
(und lerne man fast auswendig) die beiden ersten Bücher des
Du Haillanj welche einen el^;ant geschriebenen Abriß der fran-
zösischen Geschichte bieten. Darauf kann man die Memoiren
von de Serres lesen, außerdem die Sclirift des Cajus Julius Cäsar
»De bello Oallico" in der Ausgabe von Rapheling; diese enthält
ein von Scaliger angefertigtes kurzes Ortsnamenverzeichnis, das
aber die der übrigen Ausgaben an Genauigkeit übertrifft.
XIV.
Die Lektüre dieser Bücher wird für den Reisenden genügen.
Will aber jemand längere Zeit in Frankreich bleiben und außer-
dem noch andere Bitcher lesen, so wird er solche dort im
Oberfluß finden.
Zweiter Abschnitt.
Vom Reiseplan.
I.
Ralsam ist es für den Reisenden, sich so lange in der
Hauptstadt Paris aufzuhalten, bis er hinlänglich gut französisch
sprechen kann und alle oben genannten Schriftsteller aufmerksam
gelesen hat
II.
Während seines Aufenthaltes in Paris soll er reichlich über-
legen, wie er seinen Neigungen entsprechend das übrige Frank-
reich bereisen soll. Besonders hat er natürlich auf die zur
Verfügung stehende Zeit und auf seinen Oeldbeute! Rücksicht
zu nehmen. Gewöhnlich machen die Besucher Frankreichs eine
Rundreise durch die wichtigster Städte des LandeSj was audi
ich empfehle. Nächst Paris sollte der lernbegierige junge Mann
noch die folgenden Ortschaften kennen lernen, nämlich Orleans,
Blois, Tours, Nantes, La Rochelle, Bordeaux, Montauban, Toulouse,
Narbonne, Montpellier, Nimes, Arles, Marseille, Aix. Avignon,
Saumur^ Angers, Rennes, Orange, Qrenoble, Lyon, Genf, Be-
sangon, Dijon, Troyes, Reims, Amiens, Rouen^ Dieppe und
Zur Geschichte des französischen Einflusses auf die deutsche Kultur. 7
Calais. Und v>-enn irgend eine alle, besonders eine von Cäsar
erwähnte oder sonst sehenswerte Stadt abseits vom Wege Hegt,
so lasse er sich's nicht verdrießen, auch nach dieser einen Ab-
stecher zu machen und dann zur Hauptroute zurückzukehren.
Man gebe sich Mühe, wenn möglich, einen unterrichteten fran-
zösischen Führer zu finden. In Paris und anderen großen
Städten wird demjenigen, der bei einem bedeutenden Buchhändler
wohnt, Gelegenheit dazu nicht fehlen. Sobald er dann nämlich
irgend einen hervorragenden Mann findet, von dem er nach
irgend einer Richtung etwas lernen kann, so wird dieser sich
ihm als Begleiter anbieten; das wird dem Franzosen nur ange-
nehm, dem Reisenden aber höchst nützlich sein.')
III.
Dringend ratsam ist es, sich in berühmten und großen
Städten einige Zeil aufzuhalten und sie nicht eher zu verlassen,
als bis man sich genaue Kenntnis davon durch Umherwandem,
Betrachten einer Ortskarte und Lesen einer Ortsbeschreibung,
wenn solche vorhanden (was man überall in den Buchhandlungen
lekJit erfahren kann), verschafft hat Auch soll man die Sitten
der Bewohner auf jede Weise erforschen, Bekanntschaft mit
gelehrten Männern schließen, auch die örtlichkeiten bedeutsamer
Ereignisse aufmerksam betrachten und mit den Schriftstellern
vergleichen. Zur Nachweisung vieler Stadtpläne und Stadt-
beschreibungen gibt es ein gutes Buch von Chiffiet aus Besangon
(in Quartformat).
Dritter Abschnitt.
Vom Beobachten.
Wenn man sich in den genannten Büchern über Regierung
und Amter in Frankreich wohl unterrichtet hat, soll man während
der ganzen Reise noch nach folgenden Dingen eifrig forschen
und darauf achten:
I.
Welche Personen die einzelnen Ämter verwalten, bei Hofe
und außerhalb des Hofes, und welche Prinzen von Geblüt es
gibt, welche Pairs, Herzöge, Grafen und Gouverneure der Pro-
0 Cinm twssmn Sinn habe icli aus drr stlliiliKh unkluni Stelle nicht hcnu^-
vinzen und der Städte; wer Oberslallmeister, Kanzler, Großsiegel-
bcwahrer, Marschall oder AdmJral ist und die anderen vornehmen
und hohen Ämlcr vciwallel, aucli wie es sidi mit Herbunfl,
Kindern, Macht, Reichtum und Ansehen beim Könige, mit den
Verwandten, Freunden, Feinden und politischen Nebenbuhlern
dieser Personen und ähnlichen Dingen verhält.
II.
Welches die hervorragendsten Rechtsgelehrten, Räte, Advo*
katen, Professoren usw. sind. Der Rechtsbeflissene wird sogar
gut daran tun, die meisten dieser Männer persönlich aufzusuchen,
denn er wird von ihnen entschieden etwas lernen. Es ist nütz-
licherj einen gelehrten Mann zu sehen als zehn Paläste; daher
sollte ein eifriger Reisender, besonders ein Rechtsbeflissener, auch
die acht französischen Paria mentsstädle besuchen, die ich in
meinem Verzeichnis sehenswerter Orte vorangestellt habe.
111.
Man unterrichte sich auch darüber, welches die bedeutenden
kirchlichen Personen sind, die Pairs und die Kardinälcj die reichsten
Äble, die berühmtesten Jesuiten, die besten Prediger, die aus
vornehmen Familien slaminenden Kapuziner und andere Männer
verschiedenen Ranges.
IV.
Ferner welches der Zustand der Reformierten ist, welches
die Haltung der Regierung in kirchlichen und politischen An-
gelegenheiten, welches die feierlichen Versammlungen (der Refor-
mierten) sind und ihre Maßregeln in politischen und kirchlichen
Dingen; welche S icherh ei ts platze sie in den einzelnen Provinzen
besitzen, wer die Gouverneure dieser Plätze sind und welches
ihre Slrcitkräfle; welche Fürsten und Großen sie in ihren Reihen
zählen, und wer sich von diesen auf das Kriegswesen versteht,
welche Gesandte sie bei Hofe halten, welche durch Gelehrsamkeit
und Beredsamkeit bedeutenden Prediger sie haben; welches die
Zahl der Prediger in ganz Frankreich ist und welches die Zahl
der Provinzialabteilungen, oder in wieviel Provinzen die Refor-
mierten abgeteilt sind und in welche; welches die Größe der
einzelnen Kirchengemeinden ist, welche Schuten sie besitzen,
wdche Lehrer die vorzüglichsten sind, und, um es mit einem
Worte zu sagen, wie es sich überhaupt mit allen Dingen verhält,
vetche irgendwie die Reformierten angehen.
Da man nun aber alles dieses am besten und richllgsicn
von den Predigern lernen kann, soll man während seines Auf-
enthaltes in Paris von Zeil zu Zeit einige der zuvorkommendsten
Prediger aufsuchen und auch später an den Orten, die man
sonst berührt, irgend einen hervorragerden Geistlichen begrüßen,
um Zustand und Beschaffenheit der Kirchen kennen zu lernen
und zu erfahren, weldien Geistlidien man wiederum an dem später
zu berührenden Orte aufsuchen solle. So wird man viel erfahren,
woran man seine Preude hat, und was zur besseren Ausführung
der Reise oder zur Vermehrung der Kenntnisse, welche fast der
einzige Zweck der Reise sein soll, beiträgt. Wer eine genaue
Kenntnis von jenen Kirchen zu erlangen begehrt (was für alle
notwendig ist, die bei uns in kirchlichen oder politischen Ver-
sammlungen oder bei der Unterhaltung zu zeigen wünschen,
daß sie mit den französischen Verhältnissen vertraut und mit
Nutzen gereist seien), der soll auch einen oder den anderen
Monat in einer bedeutenderen Stadt bei einem angesehenen und
zuvorkommenden f-*rediger wohnen, von welchem er ein voll-
stSndiges Wissen erlangen kann. So lebt in Rupelmonde der
Doktor Lumäus, ein Mann von hervorragender Gelehrsamkeit
und Bildung in allen französischen, die päpstliche und die refor-
mierte Kirche betreffenden Angelegenheilen, von dem ein eifriger
Jüngling unglaublich viel lernen kann. Aber auch in anderen
gro&en Städten, wo blühende Kirchen sind, finden sich wohl
einige Männer, mit deren Hilfe sich die gedachten Kenntnisse
erwerben lassen.
V,
Um das Gehörte und Beobachtete zu behalten, soll der
Reisende immer eine ausreichende Schreibtafel bei sich führen,
worauf er das Gelernte täglich genau in zeitlicher Reihenfolge
vermerkl, ferner ein daumendickes Schreibheft in Oktav oder
etwas größer mit gutem Papier (sog. Poslpapier}, worin er das
auf der Tafel Notierte, sobald er Muße hat, mit kleinen Lettern
Curt Qebauer.
genau abschreibt, und zwar nach besonderen Rubriken geordnet,
etwa unier folgenden Titeln:
Vom Könige und seinen Angelegenheiten.
Von den Großen, den Fürstlichkeiten und allen Beamten.
Von den Parlamenten oder obersten Gerichtshöfen.
Von berühmten Männern.
Von den reformierten Gemeinden,
Erwähnenswerte Ereignisse und Naturalien.
Gedanken und Sinnsprüche.
Es wird nun nicht nötig sein, unter den einzelnen Titeln
sorgfältig eine bestimmte Reihenfolge beim Schreiben einzuhalten,
vielmehr wird die Folge der Titel allein genfigen. Was darunter
fällt, möge man der Reihe nach aufzeichnen und bei Gelegenheit
besser ordnen. Man lasse einen mäßigen äußeren Rand wie
bei gedruckten Büchern und mache darauf Notizen als Inhalts-
angaben (nach Stichwörtern), so daß man das Gesuchte leicht zu
finden vermag.
Vierter Abschnitt.
Über das Mitnehmen von Büchern.
I.
Man soll sich in Paris alle oben angeführten Bücher ver-
schaffen und lesen. Verläßt man diese Stadt, so nehme man
außer Schreibtafel und Schreibheft, die ich oben schon erwähnte,
nur folgende Bücher zum Nachschlagen an den zu besuchenden
Orten mit:
Das Itinerarium Galliae des Jodofcus Sincenis.
Die Anliquiles et recherches von Franz von Duchesne in
Oktav, aber in zwei Bände gebunden, weil das Buch
in einem Bande zu dick ist, um bequem in der Reise-
tasche untergebracht zu werden.
Ferner von der Kosmographie des Merula das dritte Buch
des zweites Teiles über Frankreich.
Dann den Discours de ia France aus dem großen Werke:
rLes estats, empires et principaut^ du monde."
Das Werk Julius Cäsars Ober den gallischen Krieg mit
Nam en verze ichn is.
Endlich eine größere Karte Frankreichs, aber in sechs oder
idit Teile zerlegt zum bequemeren Gebrauch, und zwar mög-
lichst eine Holzschnittkarte. Desgleichen eine kleinere Karte in
Kupferstich und die Karte Altgalliens von Ortelius, die allerdings
wenig genau ist, wie der aufmerksame Reisende an vielen Stellen
beobachten wird. Die Fehler möge man auf dieser Karte sämtlich
sorgfältig vermerken und verbessern,
IL
Um nun jene Bücherfragmente gesondert zu besitzen, soll
man die Bücher ungebunden (broschiert) kaufen, aus ihnen zur
Verminderung des Gewichts jene Teile herausnehmen und be-
sonders binden lassen, und zwar in einfachen Lederumschlag,
damit sie leicht zusammengefaltet und in das Reisegepäck hinein-
geian werden können. Ratsam erscheint es mir, beständig das
Itinerarium des Sincerus und den zweiten Teil des Werkes
»Lcs anliquites" bei sich zu führen. Auch rate ich dazu, vier
Ränzel aus Fell herstellen zu lassen, so tief, daß außer anderem
eine Schreibkapsel aus Leder, welche das Tintenfaß, ein Feder-
messer und einen eisernen Schreibgriffel enthält, darin enthalten
sein kann. Solche Schreibzeuge sind für die Reisenden wunderbar
bequem, aber in Frankreich nicht so gut wie hier bei uns zu
haben. Auch bringe man in irgend einem Fache jenes Schreib-
zeuges ein Stück Siegellack zum Versiegeln der Briefe unter und
tue zu dem Federmesser nocli zwei Federkiele. Hat man kein Feder-
messer, so kann man den Kiel auch mit einem gewöhnlichen Messer
zuschneiden. Wichtiger ist aber noch ein eiserner Schreibgriffet.
III.
Wer auf diese Weise die Reise nach Frankreich unternimmt,
der wird mit bestem Erfolge nach Hause zurückkehren und so
viel profitiert haben, daß er, sobald auf Frankreich die Rede
komm^ im täglichen Gespräch zeigen kann, wie er die franzosische
Sprache und die französischen Vcrhällnisse kenne. Und er wird
für das tägliche Leben, für die Politik und die Kenntnis der
Geschichte einen weit größeren Erfolg zu verzeichnen haben ?.!&
die große Masse aller Reisenden.
12 Curt Gebauer.
:
Wer den Geist der Zeil tiefer erfassen will, möge nach
der Lektüre unseres Traktates sich liicrmit noch einmal die
leitenden Gedanken vergegenwärtigen, die der gelehrte Verfasser
in den sehr ins Einzelne gehenden Vorschriften über das Ver-
halten des Reiselustigen zum Ausdruck bringt
Die Vennehrung der Kenntnisse wird an einer Stelle
(3. Abschnitt, Ziffer IV] als der fast einzige Zweck der Reise
bezeichnet; das Amüsement soll daneben völlig in den Hinter-
grund treten. Dieser strenge Standpunkt erhält seine nähere
Erläuterung in der Aufzählung jener Dinge, die dem Reisenden
zu lernen nötig sind: die franz^isische Sprache, die Beschaffenheit
des Ljindcs, seine Regierung, seine Geschichte, seine Sitten und
seine berühmten Männer (1, II), Man muß gestehen, daß das
Reiseprogramni erschöpfender und gründlicher kaum gefaßt werden
könnte. Daß Erpenius diese Kenntnisse nicht nur durch Bücher,
sondern, wo es irgend angeht, auch durch die Berührung mit
dem Leben erwerben lassen will (z, U. i, III), macJit dem gesunden
Sinne des Verfassers alle Ehre und beweist, daß das «gelehrte"
1 7. Jahrhundert nicht so einseitig in dem Wüste toten Bucher-
wissens aufging, wie man es in unserer modernen Zeit gern
annimmt. Jedenfalls sollte der Reisende auf allen möglichen
Gebieten, besonders auf dem politischen und kirchlichen, selbständig
beobaditen (3. Abschnitt), um später in der Heimat im täglichen
Leben und in der Politik Erfolge zu erzielen (4. Abschn., Schluß).
Der praktische Nutzen soll also den Maßstab für die gesamte
Tätigkeit, für das ganze Handeln und Denken des Reisenden
im fremden Lande bilden (vgl. auch 3, V und 4, I u. II).
Hinsichtlich des Sprachstudiums ist die Pflege der Grammatik
in die erste Linie gestellt, denn dem humanistisch gebildeten Ver-
fasser mußte ein formal richtiger Gebrauch der Sprache wesentlich
erscheinen. Aber glatte Konversation und fließende schriftliche
Anwendung des Französischen sind ebenso wichtig; sie werden
durch passende Lektüre und durch steten Verkehr mit Franzosen
erworben. Französische Briefsteller gehörten im 17. und tS. Jahr-
hundert zu dem Hauplrüstzeug der neuen gesellschaftlichen Bildung.
Die Ausv^'ahl der zu lesenden Bücher hat aber auch eine
liefere kulturgeschichtliche Bedeutung (1, VII u. VIII). Die Serees
Geschichte des französischen Einflusses auf die deutsche Kultur. 1 3
des Wilhelm Bouchet, zuerst in Lyon (584 erschienen, dann
Doch wiederholt gedruckt, sind Erzählungen In Gesprächsform zur
Kärzung der Zelt, Unterhaltungsliteratur, wie sie durch die
Renaissance in Italien, Frankreich und Deutschland aufgekommen
mr. Häufig obscön nach dem Empfinden der heutigen Welt,
befriedigten sie durch Anlehnung an die griechischen und rö-
mischen Klassiker, an Hesiod, Penkies, Deraosthenes und Cicero,
dis gelehrte Interesse ihrer Zeil. Die »Asträa" des sGdfran-
zöäschen Edelmannes Honore d'Urfe, geschrieben ißlO — 1627,
war eine Nachahmung des spanischen Romans „Diana" von
MoDlemayor und wiederum die Urahne einer langen Reihe anderer
Fnnz6sischer und deutscher Nachbildungen. Wir haben es hier
mit den Anfängen der Schäferelen zu tun, die während des ganzen
17. Jahrhunderts in allen möglichen Variationen den beliebtesten
Gegenstand der Salonunterhaltung bildeten und noch bis weit
ins 18. Jahrhundert hinein den Charakter der feinen Oesetligkeit
bestimmt haben, schließlich aber noch bis zu unseren K!as$ikem
IB einigen Gattungen der Poesie ihr Dasein fristeten.
Machte Erpenius mit den Ser^es und der iiAsträa" dem
leichteren Modegeschmack seiner Zeit eine Konzession, so bedeutete
die Lektüre der Werke des Du Bartas,, die er dem Reisenden
znr Einführung in die französische Gedankenwelt vorschlägt, denn
doch etwas ganz anderes. Auffällig ist es, daß Erpenius den
sittenstrengen, gläubigen Du ßarlas, den hervorragendsten Dichter
der Protestanten Frankreichs, Viesscn Ruhm die kalvJn istischen
Zntgenossen bis an den Himmel erhoben, als einzigen lesens-
werten Dichter bezeichnet, während er die weltlichen Dichter,
Konsard und die übrigen Mitglieder der »Plejade", des Studiums
deutscher Reisender nicht für würdig zu halten scheint. Es spielt
hier wohl die politisch-kirchliche Stellung des Erpenius mit,
wacher als strenger Kalvlnist seinen feurig-beredten Glaubens-
genossen den lockeren katholischen Hofdichtem Frankreichs vor-
ziehen mußte und durch die Lektüre des Du Bartas seine Lands-
leute wohl auf die protestantische Kirche Frankreichs hinweisen
wollte, deren genaues Studium er Ihnen in seinem Traktat auch
dringend anempfahl. Die kalvinistische Bildung blieb damals,
wie es scheint, vornehmlich in einer extremen und ausschlleß-
Curt Oebauer.
liehen Richtung auf die Kirche befangen und darum etu'as einseitig.
Sie lehnte auch, dem asketisch-m oral Ischen Charakter Calvins
entsprechend, die von den Katholiken gepflegte künstlerisch-
sinnliche Richtung in der Kultur hartnäckig ab.
Von den Dichtungen des Du Bartas, derer Ziel allein die
sittliche Erbauung war, meinte Erpenius wohl in erster Linie die
gewaltigste, die sog. ■.Woche" (La sepmaine). Dieses in alle Kultur-
sprachen überselzte Werk war eine Darstellung der Schöpfungs-
geschichte, eine große Apologie des christlich-reformierten Glau-
bens. In ihrer Bedeutung für die kalvJnistiscbe Welt kam die
»Woche" annähernd der Bibel selbst gleich, deren Sätze auch
fftr sie die ausschließliche Grundlage der Erkenntnis bilden.
Natürlich stand das seltsame Werk auf dem Index der katholischen
Kirche. Ins Deutsche wurde es von Hübner (1577 — 1636)
übersetzt. Seine Fortsetzung^ die „zweite Woche" (15S4 — 93),
welche die Geschichte der Menschheit bis zum Jüngsten Tage
behandeln sollte, hat der Verfasser nicht vollendet. Nächst der
icWoclie" und ihrer Fortsetzung hat der »Triumph des Glaubens"
des Du Bartas die Zeitgenossen hingerissen und auch in Deutsch-
land in Johann Valentin Andrea 1627 einen Übersetzer gefunden.*)
Nähere Erörterungen über die reichhaltigen Literaturangaben
des Erpenius zum Studium der französischen Verhältnisse, der
Sprache und der Landesbeschaffenheit können wir hier unter-
lassen; die angefügten biographischen und literarischen Be-
merkungen sagen das Wissenswerte und geben damit einen
Oberblick über die Schriften, aus denen die Zeit zwischen 1620
und 1630 ihre Kenntnisse von den französischen Dingen schöpfte.
Charakteristisch für das Zeitaller ist das antiquarische Interesse,
das man an den Ereignissen des Altertums zu nehmen liebte.
Darum wird dem Reisenden auch die Lektüre des ».Gallischen
Krieges" von Cäsar und die Beschäftigung mit der Topo-
graphie des alten Galliens an Ort und Stelle anempfohlen
(I, Xin, 2, II). Der Abhandlung ist in der mir vorliegenden
Ausgabe, wie ich hier nicht unerwähnt lassen möchte, noch eine
Beschreibung «Galliens" nachgedruckt, gleichfalls in lateinischer
I) über Du Bxrtu vfrL Sudiler und Birch-Hirschtdd. Pnr. L.-O., S. »}/4, ttad
Qoedcke, Onindriß i. OcKh. d. denUcfatn Dichtung, W, S. 28 ff.
Spmchc und^ wie ich vermute, auch aus der Feder des Erpenius.
Audi diese Beschreibung hat einen ganz antiquarischen Charakter.
Dtr Begriff Gallien zeigt die weite Fassung, welche ihm das
Allcrtum gegeben; er schHeßt Oberilalien und das linke Rhe'tn-
ükr nebst Holland und Belgien in sich ein. Dementsprechend
ist in dieser doch für moderne Leser verfaßten Besdneibung
von Gallia cisalpina die Kede und von Gallia Iransalpina, von
Cüllta belgica weiter, von Gallia celtica und Aquitania wie bei
Qsar. Auch die altgallischen Völkerschaften und ihre Hauptorte
sind gewissenhaft aufgezählt, ebenso die Flüsse und Berge mit
ihren alten Bezeichnungen. Im übrigen ist das Ganze eine
ziemlich trockene Aufreihung von gelehrten Namen, nur hier und
da finden sich kurze Angaben über die natürliche Beschaffenheit
der genannten örtlichkeiten und historische Notizen. Was ihm
för den unmittelbaren Reisezweck zu wissen nötig war, fand der
Leser in den im Traktat genannten Büchern und Karten.
Höchst interessant sind die Bemerkungen, die tirpenius im
3. Abschnitt seines Traktates über das Studium der politischen
und kirchlichen Verhältnisse Frankreichs macht. Der Reisende
soll sich an Ort und Stelle auf das eingehendste mit der Ver-
fassung und Verwaltung von Staat und Kirche beschäftigen, ja
so^ über die gegenwärtig in den maßgebenden Amtern sitzenden
Personen unterrichten. Er soll sogar die berühmten Männer,
die auf seinem Wege wohnen, besuchen, denn „es ist nützlicher,
einen gelehrten Mann zu sehen als zehn Paläste!" Hier zeigt sich
ganz unmittelbar und deutlich, ein wie dringendes Interesse man
in Holland und in Deutschland an dem mächtig aufstrebenden
französischen Staatswesen nahm. Und besonders galt dies in
reformierten Kreisen für die Angelegenheilen der hugenottischer
Kirche Frankreichs, deren Fortbestand und Wohltwftnden eine
Schulzwehr gegen die reaktionären Bestrebungen der von den
Jesuiten geleiteten habsburgisch-spanischen Weltmacht bedeutete.
So finden sicli denn auch bei Erpenius die nachdrücklichsten
Hinweise auf beharrliches Studium an Ort und Stelle bei der
Erörterung der reformierten Kirche (3, IV).
Die Reformierten bildeten zur Zeit der Niederschrift des
Traktates noch immer eine starke politische Partei im fran-
]£ Curl Qebauer.
1
zösischen Staatswesen. Wer die Bemerkungen des Erpenius über
diesen Gegenstand verstehen will, muß sich die geschichtliche Ent-
wicklung dieser hugenottischen Partei, die man als einen Staat
im Staate bezeichnen kann, vergegenwärtigen.') ^H
Das den Abschluß des langwierigen französischen Religions-
krieges bildende Edikt von Nanles vom Jahre »598 gewährte
den Kalvinisteii in Frankreich nicht nur freie Ausübung ihres
Kultus an zahlreicher, fest bestimmten Örtlichkeiten, eine staat-
liche Beihilfe zur Unterhaltung ihrer Geistlichen und Schulen
und gleiche bürgerliche Rechte wie den Katholiken, auch hin-
sichtlich der Besetzung staatlicher Ämler^ sondern auch eine
slaattich garantierte Verfassung und eigenen militärischen Schutz.
Sie durften besondere Versammlungen zur Verwaltung der geist-
lichen und zur Wahrnehmung der politischen Sonderinlere&sen
abhalten, bekamen 200 sogenannte Sicherheitsplätze, deren eine
Hälfte sich in vorzüglichem Verteidigungszustand befand, und
durften eine eigene Streitmacht zu Lande und zu Wasser unter-
halten, die der König aus seiner Schatulle besoldete. In kirch-
licher Beziehung bildeten ihre Gemeinden, 806 an Zahl, 16 Pro-
vinzen, die wiederum in Disb^ikte geteilt waren; jede Provinz,
jeder Distrikt, jede Kirche halte eine besondere synodale Ver-
tretung. In politischer Beziehung wm das ganze Land in Kreise
mit eigenen Kreisversammlungen geteilt; über dem Ganzen stand
als oberstes Organ die assemblee generale.
Solange Heinrich IV. lebte, verhielten sich die Hugenotten
ruhig. Kach seinem Tode glaubten sie aber aus der schwierigen
Lage des Staates Nutzen ziehen zu können. Als Ludwig XIM.
einem Versprechen seines Vaters gemäß anordnete, daß in Bearn
die Katholiken wieder zur freien Ausübung ihres Gottesdienstes
zugelassen werden sollten, den die dort herrschenden Reformierten
bis dahin unterdrückt halten, widersetzte sich die hugenottische
Partei. Das gab dem Könige Anlaß zu bewaffnetem Einschreiten.
Es gelang ihm, eine große Anzahl der festen Plätze der Huge-
notten zu erobern; den Ausschlag gab der Abfall der bedeutendsten
hugenottischen Führer vom hohen Adel zur Partei des Königs
>) Zorn folgmdoi vgl. Rantiaud, Histctire de la clvilitation Irancusc, Paris t9(H,
I, p. MI/». 5«/l, SM-5rt.
Zor Oeschirhte des französischen EJnritisses auf ctie deutsche KuTtur. 1 7
und die Entmutigung in den Reihen der Protestanten. Der
Friede zu Montpellier von 1623 beslätigle den Hugenotten zwar
ille ihnen nach dem Edikt von Nantes zustehenden kirchlichen
und politischen Rechte, beließ ihnen aber für die Zukunft nur
nodi zwei Sicherheitsplätze, La Rochelle und Montauban. So
standen die Dinge noch 1 624, als Erpenius seinen Traktat nieder-
schrieb. Die hugenottische Partei war zwar erheblich geschwächt,
iber sie war doch noch immer ein politischer Körper innerhalb
der französischen Monarchie. Freilich haben auch die eifrig
gepflegten Beziehungen der Hugenotten zu den Protestanten des
Auslandes den politischen Verfall der Partei nicht lange mehr
aufhalten können; die deutschen Protestanten waren selbst in
jenem Stadium des 30 jährigen Krieges hart vom Kaiser bedrängt
uod nicht mehr imstande, ihre französischen Glaubensgenossen
gegen die ihrer politischen Selbständigkeit feindliche Staatsmacht
zu stützen. In zwei Kriegen besiegt seit 1625 der Kardinal
Richelieu Heer und Flotte der Hugenotten. Der Friede von
Alais und das sogenannte Onadenedikt von Nimes (1629) rauben
den Protestanten Frankreichs alle äußeren politischen Sonder-
rechte; ohne Sicherheitsplätze und ohne eigene politische Organi-
sation, jedoch im Genüsse der religiösen Freiheit und der
bürgerlichen Oleichberechtigung mit den katholischen Untertanen
des französischen Königs, haben sie damals aufgehört, in der
Geschichte Frankreichs eine Rolle als Staat im Staate zu spielen.
* *
Biographische Bemerkungen
zan Traktat des Thomas Erpenius, alphabetisch geordnet.
Benutzt sind folgende Nachschlagewerke:
Chr. G. Jöchers Allgemeines Gelehrtenlexikon, mit Er-
gän2ungsl)ändcn von H. Chr. Adelung. Leipzig. (Aus
dem 18. Jahrhundert)
Das Große vollständige Universal lexikon aller Wissen-
schaften und Kiinslc. Leipzig und Halle, Verlag von
Joh. Heinr. Zedier. (In vielen Bänden. Erschienen
im 18. Jahrhundert.)
Die Allgemeine Deutsche Biographie.
ArdHv fftr Kuitursncbichtc. VI. 2
Nouvelle biographie g^n^rale depuis les temps les plus
reculfe jusqu'ä uos jours, publice par M. M, Firmin
Didol freres, sous la direction de M. le Dr. Hoefer, Paris.
Suchier u. Birch- Hirsch fei d, Gesch. d. franz. Literatur. 1 900.
Guillaume Bouchet, geb. in Poitiers 1526, gest. 1606,
Buchhändler und Richter der Kaufleute in seiner Qeburtsstadt
Seine S^rdes (Abendgespräche) sind zuletzt 1635—38 in Rouen
in drei Bänden erschienen und gleich den «Dijoner Abend-
unlerhaltungen" (Escraignes Dijonnoises) des Etienne Tabourot
von 1606 satirisch gefärbte Sittenschilderungen, Anläufe zu einer
Art von Wirklichkeitsroman, in denen noch der derbere alt-
gallische Witz der Fabliaux sich behaglich breit macht.
Chifflet, ausgebreitete Gelehrtenfamilie des 16. und des
17. Jahrhunderts aus Besanijon. Das Buch zur Nachweisung
von Stadtplänen, welches Erpenius empfiehlt, ist in den dieser
Familie gewidmeten Artikeln meiner biographischen Hilfsmittel
nicht aufgeführt. Wahrscheinlich handelt es sich hier um Jean-
Jacques Chifflet, das bedeutendste Mitglied der Familie. Dieser
wurde am 2t. Januar I58S in Besanijon geboren, war von Beruf
Atediziner, starb I660 in Flandern als Leibarzt des Kardinals
Ferdinand, Statthalters der Niederlande, und hinterließ medizinische
und historisch-politische Schriften.
Guillaume de Salluste, Seigneur Du Bartas, geboren 1544
in Montfort bei Auch, gest. im Juli 1590 infolge Verwundung
in der Schlacht bei Ivry, die er auf protestantischer Seite mit-
schlug. Heinrich IV. benutzte den Dichter auch zu mehreren
diplomatischen Sendungen nach England, Schotttand und Däne-
mark. Neben d'Aubign^, dessen r, Tragische Poesien" (Les Tragiques,
gednickt 1616) das größte satirische Werk jener Zeit sind, war
Du Bartas der berühmteste Dichter der Hugenotten. Sein Stil
zeichnet sich durch seitsame Wortbildungen aus.
Fran^ois Duchesne (latinisiert Quercetanus). Die Duchesne
waren eine französische Gelehrtenfamilie wie die Chifflet. Das
von Erpenius erwähnte Werk »Les antiquit^ et recherches des
villes, chäteaux et places remirquables de toute la France, suivant
l'ordre des huit parlements", zuerst Paris 1610, dann 1614,
ZirOescfaichle des französischen Einflusses auf die deutsche Kultur. 19
t622 und öfter, ist aber nicht von Fran^ois D., sondern von
dessen Vater Andr^ D. verfaßt. Doch hat es sein Sohn, wie noch
andere Werke des Vaters, neu herausg^eben (zuletzt 1668 in
iwei Bänden, welche Ausgabe als die beste gilt). Andre Duchesne,
geb. i5S4 in I'ile-Bouchard in der Touraine, gest. 1640 bei
Piiis an den Folgen eines Sturzes aus dem Wagen, war könig-
licher Hofgeograpb und Historiograpb von Frankreich und
an sehr fruchtbarer Schriftsteller, dem man die Ehrenbezeichnung
.Vater der französischen Geschichte- zuerkannt hat. Sein Sohn
Franqois, Hofadvokat, dann ebenfalls Historiograpb, wurde 1616
geboren und starb 1693.
Bemard de Girard, Seigneiir Du Kaillan, französischer
Geschichtschreiber, geb. 1535 in Bordeaux, gest. 1610 in
I^s. Sein Werk »De I'estat et succes des affaires de France,
en quatre livres* (Paris 1570), widmete er dem Herzog von Anjou
die zweite vermehrte Auflage (Paris 1572) aber König Karl IX.
von Frankreich, der ihn zum Historiographen ernannt hatte.
Das Werk wurde auch später noch mehrmals überarbeitet und
neu gedruckt. Von Du Haillans sonstigen Schriften ist besonders
eine >Histoire g^n^rale des Rois de France" zu nennen. Er
Qbersetztc audi lateinische Schriftsteller.
Philipp Garnier (Oarnerius), aus Orlifans, französischer
Philologe, wanderte nach Deutschland aus^ lehrte seit 160S in
Gießen, seil (614 in Leipzig die französische Sprache. Seine
Genimulae Gallicae linguae l-at. et Germ, erschienen 1610 in
Straßburg. Er hat noch mehrere andere Bucher für den Sprach-
unterricht geschrieben, so die »Praecepta Gallici sermonis", Straß-
burg 1607, den »Thesaurus Adagiorura gallico-latinorum", Frank-
furt a. M. 1610, und die .»Dialogues en cinq langues, cspagnole,
itiljenne, latine, frani;aise et allemande", vermehrt und verbessert
von Philemon Fabri, Straßburg 1659. In eben diesem Jahre
(1659) starb Garnier.
Lumäus ist in den biographischen Werken nicht verzeichnet.
Auch über Carolus Maupasius, den Grammatiker, habe ich
mdits ausfindig machen können. In der Nouvelle biographie
g^^rale ist aber Henri Cauchon de Maupas du Tour, ein Prälat
und Kirchenschriftstelier, Bischof von Puy, später von Evreux,
1
20 Curt Gebaucr.
angeführt, der von 1600 bis 1680 lebte und einem alten Ge-
schlecht der Champagne entsprossen sein soll. Vielleicht gehörte
unser Grammatiker derselben Familie an.
Paul von Merle (Paulus Merula), holländischer Gelehrter,
geb. 155Ä in Dordrecht, weit gereist, studierte an fran-
zösischen^ italienischen, deutschen und englischen Universitäten
Rechte, Geschichte, Sprachen und Humaniora, war also ein viel-
seitig gebildeter Mann. Seit t593 war er Professor der Geschichte
in Leyden, später Bibliothekar und Historiograph der General-
staaten. Er starb 1607 in Rostock. Von seinen zahlreichen
geographischen, historischen und philologischen Schriften erschienen
die im Text genannten «Cosmographiae libri tres" zu Amster-
dam 1605 und 1636.
Abraham Ortelius (Örtel, Orteis), geb. 4. April 1527 in
Antwerpen, gest. 28. Juni l59S ebenda, Kartograph, Geograph
und Archäolog, von seinen Zeitgenossen der THolemäus des
Jahrhunderts genannt. Sein »Thesaurus Orbis Terrarum", oft
verbessert und vermehrt, war der erste für das groüe Publikum
bestimmte Atlas, darum wohlfeiler als frühere Kartenwerke.
Ortelius pflegte besonders die historische Geographie. Hier und
da leiden seine Karlen an Ungenauigkeiten, welche auf fehler-
hafte Quellen zurückgehen. Er »führte inniitlen seiner museen-
artigen Sammlungen das Leben eines Fürsten der Wissenschaft*.
(Allg. deutsch, ßiogr.)
Rapheling. NiederlÄndtsche Getehrtenfamiüe. Am wich-
tigsten Franz Rapheling, geb. 1539 zu Lanoy bei Ryssel, gest.
1597 zu Leyden als Professor der hebräischen und arabischen
Sprache, Schwiegersohn des bekannten Buchdruckers Christoph
Plantinus in Antwerpen, dessen Bücher er korrigierte und mit
Vorreden und Anmerkungen versah. Er leitete, seil 1585 in
Leyden wohnhaft, auch die dortige Druckereioffizin. Seine Söhne
Franz und Justus waren ebenfalls wohlbewandert in den alten
Sprachen und leiteten die Druckerei.
Scaliger. An der hier angeführten Cäsarausgabe ist
wahrscheinlich Joseph Justus Scaliger, der Sohn des Verfassers
der bekannten Poetik Julius Cäsar Scaliger (1484 — 1558), beteiligt.
Joseph Justus, geb. 4. August 1540 zu Agen, gest. 21. Januar I609
Zur Oeschichte des französischen Einflusses auf die deutsche Kultur. 2 1
in leydm, soll als klassischer Philologe den Vater noch übertroffen
loben. Er gab I6O6 den Cäsar, kritisch bearbeitet, heraus.
Jean de Serres (Serranus), geb. 1540 in Villeneuve, gest.
51. Mai 1598 in Genf, Historiker und Theologe, jüngerer Bruder
des berühmten landwirtschaftlichen Schriflstellers Oiivier de Serres.
Seine BMemoircs de la troisitme gucrre dvite« erschienen zuerst
I56S/69. Jean de Scrrcs war gemäßigter Kalvinist, der Katho-
liken und Protestanten zu vereinigen dachte, weshalb er von
beiden Seiten Anfeindungen erfuhr. Sein Werk »Apparatus ad
Hdem catholicam" (Paris 1597) verfocht die Ansicht, daß die
protestantische Religion dem alten Katholizismus entspreche,
Hörend die römische Kirche sich von diesem entfernt habe.
Jean de S. wurde 1597 von Heinrich IV. zum Historiographen
von Frankreich ernannt.
Jodokus Sincerus (Justus Zinzerling), Jurist, Philologe und
Geograph, über dessen Leben wenig bekannt ist. Er wurde
liSO in Thüringen geboren und fand nach mehrjährigen Reisen
durch Frankreich, England und die Niederlande 16T0 zu Lyon
als Doktor der Rechte Anstellung in einer Druckerei. Bald nach
161 7 siedelte er nach Norddeutschiard über, wo er Rat der
mecklenburgischen Landstände und der Grafen von Oldenburg
wurde und bald darauf (1620?) starb. Sein »Itinemnum Galliae
cum appendice de Burdigalia" (Lyon 1616), welches in vierzig
Jahren acht Auflagen erfuhr, gilt als bedeutendes geographisches
Werk. Auch lateinische Gedichte sowie philologische und
juristische Schriften hat Zinzcrling verfaßt
Honor^ d'Urfö, Edelmann aus Südf rankreich, geb. 1568,
gesL 1625- Von Heinrich IV. und Ludwig XIll. begünstigt,
wurde er durch die »Asträa" schnell auch der Liebling des
Publikums. In den Üebesepisoden des Romans schildert der
Verfasser vielleicht zum Teil seine eigenen Erlebnisse. Das Werk
besteht aus fünf eng gedruckten Bänden zu je 500 bis 600 Seiten.
Aus dem Papierkorb eines Kölner
Rechtsanwalts
zu Anfang des 16. Jahrhunderts.
Von HERM. KEUSSEN.
Die Stadtbibliothek in Riga') bewahrt unter Theol. 60
eine 1515 bei Aldus ir Venedig erschienene Ausgabe des
Lactantius und Tertullianus/) die anscheinend zuerst im Besitze
eines Kölner Rechlsarwalts geweser ist. Denn zur Füllung des
Einbanddeckels*) haben außer Resten alter Drucke Papier- und
Pergamentblätter und -Streifen gedient, rjmeist beschnittene
Blätter von Briefen, die, soweit eine Adresse erhalten ist, über-
einstimmend einen Lic. jiir. can. Hermann von Krefeld. Prokurator
am geistlichen Gericht in Köln, als Adressaten erkennen lassen;
diesen darf man milhin a!s den Besitzer des Buches ansprechen,
aus dessen Papierkorb, sozusagen, der Buchbinder das Material
zur Verstärkung der Einbanddecke entnommen hat. Im ganzen
sind es 3i Bruchstücke; verschiedene gehören aber zweifelsohne
als Teile desselben Stückes zusammen.
Zwei Fetzen (Nr. 30, 31) sind so beschädigt, daß mit ihnen
nichts anzufangen ist; zwei weitere Stücke (2S und 29) gehören
einer schlecht geschriebenen Handschrift offenbar philosophisdien
>) Heim SUdtbibiroMirlcar Dr Nik. Hutch in Ries, Jct mich auf itic Biuchstficbr
anfnefkssin K^micht und sIr zur näheren DrttitnmaTie nach Köln fibm>nd( hat. »chulde
Ich für diese Freund lieh kdt balen Dank.
») l.jic«iuilii (fivlttaruni IfistllutioniHn HbrI Vll und TcrtuUlaniu «dvcrsws ifcntes.
AnKliclncncl<lic von Cbert. AUg. bibHogcaph. Lexikon Sp. 951 tu;tcr Nr. 11601 venelchndc
Anigabe btida Schriluieller.
^ Oepreßtcr brauner Lederband in B".
Aus dem Papierkorb eines Kölner Rechtsanmalts. 33
I nhalts an ; Plalo und Aristoteles werden erwähnt ; aber die
lückenhafte Erhaltung läßt eine nähere Bestimmung der Bruch-
slücke als kaum möglich erscheinen, und wahrscheinhch wird sie
auch wenig lohnend sein.
Das älteste Stück unserer Sammlung bilden 2 Pergament-
blätter (1 und 2), ein Instrument des Mainzer Notars Joh.
Fabri alias Wynneck, aufgenommen zu Mainz in dem Amspurger
Huyfft, im Volksmunde Siebcanne genannt Das Stück wirft
ein sehr ungünstiges Licht auf einen höheren Frankfurter
Geistlichen, Johann Buch (Fagus), der zu Anfang des 16. Jahr-
hunderts Scholaslikus, Kustos, Kanonikus und Vikar an der
Bartholomäus- Kirche war. Ihm wird vorgeworfen, er habe sich,
den Fußtapfen eines ungenannten Oheims folgend, schwerer
Verbrechen - Ehebruch, Hurerei, Meineid u. a. m. - schuldig
genucht Der Disziplinargewalt des Mainzer Erzbischofs, Albrecht
von Brandenburg, habe er sich entzogen, indem er sich von
Papst Julius 11. eine Exemtionsurkunde vom 26. Februar 1509*)
verschaffte, zu deren Exekutor der päpstliche Prolonolar Dr. decr.
Johann von Brempt, I^opst von Zütpheti, bestellt war. Diesen
soll er zu ungerechtem Vorgehen gegen den Mainzer Oeneral-
vikar Theod. Zobbel und den Fiskalprokura tor Valentin Becker in
der Testaraentsangelegenheit des Johann Griffensteins veranlaßt
und sein Unrecht durch Anschlag falscher Abschriften an die
Frankfurter Kirchentüren verschärft haben. Außerdem warf man
ihm vor, daß er seine Gläubiger in Prozesse verwickle und
seine Schulden selten bezahle, daß er Frauen von Frankfurter
Bürgern mit Gewalt entführe^ Jungfrauen entehre, öffentliche
Dirnen bei offenen Fenstern in seinem Hause aufhalte. Oegen
die durch die Exemtion erwirkte Straflosigkeit für seine
Schandtaten richtet sich die Appellation der zuständigen Behörde,
des Generalvikars und des Fiskal pro kurators. Zeugen der
Appellation waren der Kurator der Fritzlarer Kirche üc. decr.
Herrn. Qrauwichter und Adam Valleren von Aschaffenburg.
Ein kulturgeschichtliches SeitensCück zu diesem Skandal-
prozesse bieten die Klageartikel (Nr. 24 - 27), welche ein mag.
■) tSM, 4- bü. nurcU pontif. iulll II tHtiO 6.
Johann Raeve, Vikar an S. Severin in Köln, gegen seinen ehe-
maligen Vormund, einen Scholastikus Petrus, aufgestellt hat. Wie
er behauptet, hat er diesem mehrere Jahre gedient, aber keine
Bezahlung erhalten. Ferner habe dieser ihm die Einkünfte des
ersten Jahres der Vikarie, 12 Ohm Rotwein, 6 MaUer Roggen
und Semmeln u. a. vorenthalten , auch späterhin ihm das
Seinige nicht gegeben. Die Verpflichlungen, die dem Scholastikus
durch den Besitz der Vikarie der vier Marschälle in der Pfarr-
kirche Klein S. Martin erwuchsen, habe er, der Vikar, erfüllen
mfisseUj indem er ein halbes Jahr lang jede Woche drei Messen
las. Dieser Prozeß spielte um das Jahr 1517. ^M
Zwei andere Bruchstücke (Nr. 22, 23) enthalten Klage-
artike! in dem Prozesse eines gewissen Swederus, die an-
scheinend eine Reparaturlast betreffen. In diesen Artikeln wird
es als ein Kölner Qewolmheitsrecht bezeichnet, daß der Eigen-
tümer des Grund und Bodens, auf dem ein Zaun errichtet ist,
allein die Reparaturpflicht und -Kosten zu tragen habCj nicht die
Nachbarn gemeinsam. Ein weiterer Artikel behauptet, die
Werkmeister der Stadt Köln hätten nicht das Besichtigungsrecht
(von Neubauten), sondern überließen es den Steinmetzen und
Zhnmerleuten.
Alle übrigen Stücke der Sammlung (Nr. 3-21), die, soweit
sie eine Zeitangabe tragen, in die Jahre 15IG/17 fallen, gehören
dem geschäftlichen Briefwechsel des Lic. Herm. von Krefeld an;
von I5 an ihn eingegangenen Briefen sind größere oder kleinere
Teile erhalten, ganz vollständig keiner. Über die Persönlichkeit
des Licentiaten habe ich nur feststellen können, daß er mit seinem
Familiennamen Loeper hieß, am TO. Mai 1492 bei der Artisten-
fakultät der Kölner Hochschule immatrikuliert wurde',) daß er,
ohne die artistischen Prü fungen gemacht zu haben ^ zur
juristischen Fakultät übertrat und von dieser am 4. Mai I50f
zum Baccalaureus im geistlichen Recht promoviert wurde*.) Ober
seine Beförderung zum Licentiaten habe ich nichts ermitteln
können, ebenso nicht, wann er sich bei der Kölner Kurie
0 III. Matr- iB4b: Rcct. *i*. 3i.
>j JnristüdKs KccbmuigtbKh 83 a.
Aus dem Hapierkorb eines Kölner Rechtsanwälte. 25
ab Rechtsanwait niederließ. Seine Wohnung hatte er im Quartier
Utin in der Nähe des Dominikanerklosters.*) Auch damals
schon sorgten die Rechtsanwälte für ständige Vertretung im Falle
der Abwesenheit. Ein jüngerer Prokurator mag. Heinrich
Allholt*) wird mehrfach (z. B. Nr. H) als sein Vertreter be-
^ad]net Die Kölner Klientel des Licentiaten geht 5elbst\'er-
sündlich nicht aus diesem Briefwechsel hervor, da an Ort und
Stelle durchweg die persönliche Rücksprache ausreichte. Die
auswärtigen Geschäftsverbindungen gingen mehrfach nach den
Niederlanden; Lüttich und Tongern einerseits, Delft andererseits
werden als Wohnsitze von Klienten genannt. Bis nach Osnabrück,
dessen Rat ihn zum Syndikus in einem Prozesse vor dem Rektor
der Universität bestellte (Nr. 17), reichte sein Ruf. Auch von
Essen, Neuß, St. Tonis bei Krefeld und Bonn kamen ihm Briefe
au Meist enthalten sie, soweit der Inhalt festgestellt werden
konnte, prozessual nötige Angaben, Anfragen über den Stand
von Prozessen oder die Bitte um einschlägige Abschriften.
Mehrfach ergeben sie Aufschluß über die Entstehung und den
Gang der geistlichen Prozesse. So hatte ein Licenttat Egidius von
S. Trond um eine Pfründe von S. Maria in Tongern zu
prozessieren, deren Provision er durch den Lütticher Siegler als
weltlichen Abt oder Propst von Tongern erhalten hatte. Die
Universität Löwen, welche ihrerseits die Pfründe beanspruchte,
lud ihn dieserhalb vor den Konservator ihrer Privilegien in Köln,
vor dessen Subkonservator, dem Offizial des Kölner (Dom)propsles,
die Verhandlungen stattfanden, bei denen Herrn, v. Krefeld als
Vertreter des Beklagten fungierte (Nr. tO/l I ; 19/'20). Ein anderer
Fall betrifft das Ersuchen eines Arnold von Drie! in Osnabrück,
eine durch den Notar Johann Dunhoc^t vor dem Offizial der
Kölner Kurie anhängig gemachte Klage gegen den Osnabrücker
Kleriker Jakob Kenninck an den Dechanten Arnold Folie als den
Konservator der Privilegien des Osnabrücker Klerus, bei dem
die Angelegenheit früher anhängig gemacht worden war, oder an
den Osnabrücker Offizial zurückverweisen zu lassen (Nr. H).
1) Nr. 31 ; apud Prcdicttorci.
■> I. J. 14W imnwtriWulicrl: Rrtl. «*, Hl.
iJ
Soweit die Briefe lateinisch abgefaßt sind') - 9 Briefe in
laleinischer Sprache stehen neben 6 deutschen Briefen - , erinnern
sie wohl an den Stil der Duiikelmännerbride.') In einem Punkte
stimmen fast alle Briefe überein. Sie betonen mit Nachdruck,
daß die Arbeit des Anwalts wohl gelohnt werden solle (Nr. 9);
man will Ihn zu Dank (denklichen) und wohl bezahlen^ wie billig
sei {Nr. 15). Es scheint, daß die Arbeit um Gottes Lohn bei den
Kölner Advokaten damals so wenig üblich war, wie 50 Jahre
früher, als ihre Habsucht in einem Spottgedichte gegeißelt wurde.")
Infolge der schlechten, äußent lückenhaften Erhaltung der
Stücke eignet sich wohl nur das beifolgende wenig verstümmelte
Briefchen zur Wiedergabe. Es ist geschrieben von einem Lands-
manne Theodor Greven von Krefeld, der ebenfalls beim Kölner
geistlichen Gericht sein Fortkommen suchen wollte, wenn auch
in der bescheideneren Stellung eines Notars. Greven war ISIJ
zur Universität gekommen') und hatte als Schüler des Lauren-
tianer-Oymnasiums das Baccalaurcat und das Licentiat in der
Artistenfakultät erworben, letzteres am t. März 1516.*) Am
7. Januar, wohl im folgenden Jahre, bat er von S. Tonis, einem
bei Krefeld gelegenen Dorfe, aus seinen angesehenen Landsmann,
ihm durch den Überbringer des Briefchens, einen Studenten,
Nachricht zukommen zu lassen, ob er ihm beim Erwerb des
Notariats behilflich sein wolle. Auch er will es an klingendem
Lohn nicht fehlen lassen.
[1517] Jan. 7 S. Tonis.
Obsequium meum semper paratum. Honorabilis domine
licenciate. Michi persuasum [est], ei indubitanter sum illius inten-
tioniSj quod adhuc operam darem Colonie in offic[ialatul vel mox
ante camispriviuni vel posteai in ieiunio. Quare obnixe rogo
[dominationemj vesfram (si non fueril molestum), islo studente,
qui meas obtulit literas, me certiorem [facere], quando commodius
1) Einen gutm Tdl allrr Kormpondcntra bitdricn Odsttiche iller Ontde.
>) Wrnn z. B. Corndtua rhcodorid Del(l«n^is ihm «dtfcibl, er habt wJncii Or^er
grtraffm, .et frdinus iimvl trontim vtillum' (Nr, 1>.
•) Bolle, Ein SiioH^ldil ouf die Kölner Advokaten. Jahrbudi d» Vorins Ar
niedcTdmtsche Sprachforwhung. 1S91, S. liSt-i«8.
*i Adl 39 Juni ISI3: Matr. IV. 6t b [Rfki. 49S, %%*).
■] Ad. L>efc.-Uucti IV, 91», lOTb, lOSa.
Aus dem Papierkorb eines Kölner Rechtsanwalts.
27
notarhis effici potuero. Si quidem melius polueril fleri, . . .
mum sine mora Colonie operam darem in officio notariatus. Et
de[precor], quod dominatio vestra michi in isto auxilto esse velit,
cgo iterum in pecunüs prolmerebo]. Yalete ex sancto Anthonio
altera epiphanis. Theodericus Greven.
Beiläufig sei auf ein Spottbild auf die Kölner Advokaten
hingewiesen, das in der Mitte des 16. Jahrhunderts entstanden
SQD mag. Es wurtJe im Jahre 1901 vom Historischen Museum
hiereelbst erworben. Dargestellt ist ein Bauer mit einer auf-
Ulend langen Nase. In der linken Hand trägt er einen mit
Eiern gefüllten Korb. An einem über der rechten Schulter ge-
tragenen Stocke hängt ein Hase. Als Hintergrund dient ein
schlecht ausgeführtes Spiegelbild eines Teiles der Stadt Köln, die
durch den Domkrahn kenntlich gemacht ist. Überschrift und
Unterschrift des Bildes mögen hier folgen:
Überschrift: Glück zu, Hans mit der lange nasen.
Wo wib du hin mit dem hasen?
Uaterscfarift: Ich will gehen recht in die sladt
Und fragten miner Sachen raht
Dem advokaten Rcben den hasen,
Den procuraloren glicicher(I) masscn
Die cycr im korblcn verehren thon.
Villicht wirdt mein sach vort gehen,
Die nun biss in die zwentäch iahr
Qeweret und mich verderbet zwar.
Gluck (zu. herr advokat,
Hir breing ich euch ein gebraet
Das wollt vor gilt auff nemen,
Das doch mein sadi zu recht keinen.
Ho dein sach ictzundc schloffen thot,
Ein rosse nobel! die erwecken nioet.
Die sach ist ictz an tnich gesteh,
Ich rieht gleich, wy mirs gefcU.
Ach ach, ich armer man mich klagen,
Mach voll von grossen tmgUik sagen
Binaher bisher gL-vesen ein gcck, ■
Mil meiner grosse rasen nit gemercki,
Worumb der khar nil woU vortgan
Und ich da hinden mossen stan.
Eine Spießrechtsordnung aus dem
Jahre 1542.)
Mitgeteilt von WILHELM BECK.
Wo leider der Gebrauch ist, daß der gemein Mann mil del
langen Speißen rieht.
Wo das Gemein mit langen Speißen Macht hat zu richten
und ein IJbeltäler oder arme Person vorhanden ist, so fuirt
man die Knecht zusammen und macht ein Ring; darin stellt
der Profos die arme Person, begehrt jedes Teils ein Vorsprecher,
die Klag und Antwort gegen einander [tun], wie sichs gebuh
nadi [Maß] der Verhandlung.
Alsdann steht ein Feldwebel hervor in Ring, fragt cinen^
der ihnie gefällig darzu ist:
N., frag dich by deinem Eide, so du diesem unserm lob-
lichen Regement geschworen hast, daß du wollest ein Ausweisung
geben zwischen unserm loblichen Regement und diesem Armen.
Wo du aber der Sach allein nicht weis genog bist, so nimm
andre gute Kreigsleut zu dir. Darauf steht der, so der Feld-
webel erfudert, hervor und spricht: Leiben Lanizknecht, also hat
mich der Feldwebel by meinem Eid gefragt, ich soll ihme ein
Ausweisung geben zwischen unserm Regement und der arme
Person, so bin ich der Sach allein nicht weis genoch und be-
gehr, daß andre verständige Kreigsleut inner und außer des
Rings in meinen Rat kommen, und will euch Befehlsleul er-
•n I
t) Ans dem Cod. gtnn. «903 der K. Hof> u. Sl. BibL. Münchea. - Die OrdanSB
iil im Wortlaut getreu vf«]eT|-Ff>ct>ni, nur die Schicibwcisr und Intrrpunlctiön ist ecindcrl.
Dk vnalgHi ErGän/unccn offmbjin AusU&iuaK«i stehen in «luecn Klunincni.
Eine Spießrechtsordnung aus dem Jahre 1542.
29
mahnt haben, mir helfen erfudren diejenigen , so zu dieser
Sachen nützlich und verständig sen, die wohl des Rechtens be-
kannt sein. Und so man den Rat crfudcrt hat, treten dieselbigcn
TOT dem Ring zusammen; fragt der Teldwebel einen in dem
Ral, den er zuvor gefragt hat, auf den Eid wie vor, daß er
wolle ein Ausweisung geben zwischen dem Regement und der
arme Person, darin zu urteilen, soweit Gewissen und Verstand
reicht und ausweist; herauf der Gefragt [dem] Feldwebel ant-
wcrt: Dieweil du mich fragest by meinem Eid, das tsl mein
höchstes Pfand, das ich Gott, Kynig, Fürsten und Herrn nachtrage.
Und wann nun der Rat zu End btschlossen Ist, so tritt
man wieder in Ring, dcnselbigcn offcnllicli zu erzählen. Spricht
der [uro] den Rat anfänglich gefragt worden von dem Feldwebel:
Ich bin der Sach allein nicht weis genoch gewesen, zwischen
unaerm loblichen Regement und der arme Person dorin dn
Ausweisung zu geben; hab derwcgen verständige Krelgsleut zu
mir in meinen (Rat] genommen. Das wird euch der N. er-
zählen. Auf dasselbig steht der, so darzu erbeten, hervor und
^chl also: Leiben Lantzknccht, da bin idt von den guten
Kretgsleuten erbeten worden, euch den Rat oder die Sachen zu
erzählen, wiewohl ich niclil fast töclitig und nützlich darzu bin;
doch so es euch allen leib ist und mich wollt hören, so will
ichs aufs Best von Herzen gern thun.
Und so er den Rat erzählt, und darüber drei Rät gangen
sein, so kehren die Fähndrich die Fähndlin zu der Erden, und
spricht der älter Fähndrich unter [ihnen] also: Leiben Lantzknecht,
da «-ollen wir unsere Fähndlin mit der Spitz zu der Erden
wenden und nicht Hegen lassen, bis daß das Übel gestraft
wird. So hebt ein Feldwebel an: Wems leib um die Mißhand-
löi^ si, daß dem dreitten Rat beschlossen nachkommen und
das Übel gestraft werde, Ja, Ja. Oder: Wems leib si, daß
dieser am Lieb gestraft werd, wie die drei Rät beschlossen
haben, der heb mit mir ein Hand auf.
Alsdenn lassen die Fähndrich ihre Fähndlin wieder flegen
und machen fünf in ein Glied und zehen dreimal um den Ring;
nachmals macht man ein Gassen und stellt die Schützen zu den
Fähndlin. Damach führt der Profos den Übeltäter dreimal
inwendig in dem Ring um und läßt ihm vorsprechen von di
Pfaffen, so der vorhanden ist
Darnach stellt ihn der Profos gegen Aufgang der Sonn<
und läßt ihn aus seinen Banden und spricht: Jetzund bist d^
von mir ledig und los; bitt Gott, daß du deiner Sund also ledi
werdest, so bist (!) du ein Kind des ewigen Lebens sein, ui
läßt ihn laufen.
Kann [er] bis zu den Fähndlin kommen, die alle zu obiil
in dem Ring flegen meussen, - und auch diewell die Spi
gehen - und er eins anrührt, so ist er seines Lebens gefreil
aber es kommt seilen einer so weit
Cod germ. 1903 der K. Hof- und Staatsbibliothek in MQnchei
eine gut erhaltene Papierhandschrift unbekannter Herkunft,
als Wasserzeichen einen Schild mit den gekreuzten Schlüssel!
Regensburgs, darüber ein R; das ganze Zeichen ist 4 cm hoch
Die Schrift, gewöhnliche deutsche Kursivschrift, ist trotz unver-
kennbarer Schulung etwas ungelenk und schwer. Nach einer in
der Handschrift enthaltenen Zeitangabe muß die Anfertigung in
das Jahr 1542 gesetzt werden, Die Hs. umfaßt 1 1 Blätter (2 t Seiten)
in Kleinfolio (30-. 21 cm); das vorderste Blatt ist bis auf einen
kleinen Rest abgeschnlllen und war wohl unhe seh rieben, Rote
Linien auf den vier Rändern jedes Blattes rahmen ein mittleres
Feld ein, dessen beschriebene Fläche 23 bis 24 : 13 bis 15 cm
mißt Dieser Raum ist durchweg eng beschrieben , 30 bis
34 Zeilen auf die Seite. Die jeweils ersten Zeilen der Absätze
zeigen größere Schrift Das dünne Heft, nunmehr ohne Titel
und Umschlag, diente wohl dem Handgebrauch eines Feldwebels,
der zu den 6000 guten Knechten deutscher Nation zähUe, die
Oraf Baptist zu Ladron für den Markgrafen Alfons zu Guata
(OuastOj) Rom. Kais. Maj. obersten Genera] in Italien und
Statthalter des Herzogtums Mailand, auf drei Monate anwerben
sollte. Die Oberslenbestallung für den Grafen Ladron d. d.
Genua S.August 1542 findet sich in der Handschrift. Diese selbst
beginnt mit einer Schultheissengerichlsordnung; ihr folgt die
hier abgedruckte Spießrechtsordnung, dann die gerichtliche
•Scheilfordnung" - der Schreiber ist gewöhnt .rSchicf« statt
.Schiff« m ^rechen — , weiter des Feldwebels [Amt und] Be-
sttBung, die eben erwähnte Oberstenbestallung und der Artikels-
bn'rf in 27 Artikeln. Eine Eigentümlichkeit des Schreibers ist
der Gebrauch von „ei" stall „ie" : Breif, Gleid, leib, Kreig,
SjxiS und umgekehrt: »Lieb* statt ifLeib".
Ein Schutzumschlag trägt von Schmellers Hand die Ober-
idirift: .Ordnung des Kaiserlichen Kriegsrechts des Regiments
der Landsknecht."
Ahnlichen Inhalts ist die neun jähre jüngere, aus dem
^re 1551 stammende Handschrift in einem Folianten des
Fmhnandeums in Innsbruck: Di Pauleana, ms. 890, III. —
BeUe Handschriften erwähnt Jahns, Gesch. d. Kriegswissen-
sduAen I, 767 und 768. — Die Feldwebelordnung findet sich
auch im ms. gcrm. fol. 98 der Kgl. Bibliothek in Beriin
(|ihas I, 492.)
Die hier abgedruckte Ordnung ist wohl die älteste der
höher bekannt gegebenen Spießrechtsordnungen und stammt
itts einer Zeit, als das Spießrecht in dieser Form noch wirklich
gehandhabi wurde;') trotzdem wird unsere Einsicht in die Ent-
stehung und Dauer des merkwCirdigen Rechts auch durch diese
zeitgenössische Ordnung nicht gefördert.') Wertvoll ist der
Hinweis an anderer Stelle, daß man den Ursprung des
Spießrechts da suchen müsse, wo von einundvierzig Urteils-
fiadem die Rede ist") Über das Ende bemerkt der nach-
*> Db %)irllchkd( d«r Oberlieferuns Q^ ^^ Spiefirecht Im ZuMninienhall mit
firtvidklnsg dct LiutdtknrchU«e««i» Mät vcnnutei, daß üittes Volk«grriclit von nicht
Dntcr war. Übrrlirfcrl «chdnl nach dm Spießrech tslngrn drr Jnlirr 1517
■d1M9(Klrcbhofr, inil]lansdiKiplinfiS.eDnndI17 {1601]) kein wdlrrcr solcher Tag zu
«A (Vfl. Zcnk, die ÖHentlidikeir im Miliiänr^rprotetK S. le |<S96| und v- Bonin.
ftMaififtL der Rcchtfvtrfa«siiB{ in den dmlichcn Heeren S. 148 und 153, n. [1904].) D»
■ ^pimlklii rvine Vmr*2itvertiiilinJs /«IkIicii dem Kiie^iJierm »der Obersten und dea
laidikaecllieii mit deren TnlKclieiidm PatdeTKingm intirrte %kh Khon bald im Sinne üa
Zkifdririncnng der Fcrdcninccn der Kncctiic. vobci auch dein SpieSrechtc das vohl-
»tfdiale Ende Ixiettet v«nJcn tein dürtl«.
•) Dil Ich, KricEsbuchS. 167 [1607}: Man pHege das Spiefiiechl mebrerleils zu
Ciaci Zngei zttriilla-iiim, damit auch der genieine Suldal :iehc und lerne, wie
es Kl, über McnK>mI>lHt urteilen. - So annctvrnb^ir diese KrkirtninK lautet, SO
•ic docb nur eine »illkflrliche AuifQhmns des Wortes •AtifIii[[Uch" lu sein, mit
Fto nsperecr d« Spießrecbl cinlci«e1: Füntf QüdierBl. 76 <issi).
^ r. Bonln , Orund^ugc S. ISO, wo die Oberplälz besonder« genannt wird. Zu
^0, die VorbcnhuiK <Ier niederbaicriKhen LaotlciurdimnK voin Jiiiie 14T4 bei Krenner,
'. LjBdtXflluiuItUBgca Vil, }M. Es wird vorurvhbiten, dalS htVhstenH einundvieTU£
•M den evndc AnveKoden zd Recht niedergesetzt und diese alldn zu Kecht gefragt werden
Ro»entb«I, Oetch. d. Onicbltwesen* . . . Bilems 1, 94 n. 7 {Mi^j.
Wilhelm Beck.
maüge Kaiserliche Generalaudilor Kostka um das Jahr 1730»
ganz allgemein, das Spießrecht habe nunmehr bei den Kaiser-
lichen samt dem Spießgebrauch aufgehört und sei von der-
gleichen bei Menschengedenken Icein Exempel mehr,') eine Be-
merkung, die sich nicht auf das längst aufgehobene außerordent-
liche Verfahren, sondern nur auf die Strafe des ..durch
die Spieße Jagens" beziehen kann.') Jedenfalls nmß eine rechts-
geschichtliche Untersuchung über das Spießrecht scharf trennen
zwischen dem Gerichtsverfahren, das wohl nur wenige Jahrzehnte
überdauert hat, und der Strafe des Spießejagens, die vielleicht
so alt ist als der Spieß selbst, seitdem er Knegswaffe geworden.
Bei der Betrachtung unserer Spießrechtsordnung im ein-
zelnen fällt in der Überschrift das bezeichnende Wörtchen .-leider«
auf. Also schon im Jahre 1542 waren die Unzuträglichkeiten
dieses Verfahrens richtig erkannt und gewürdigt! Wer dem
Spießejagen öfter angewohnt hatte, wie der kriegserfahrene
Feldwebel, der mußte zu der Einsicht gekommen sein, daß es
nicht geeignet sei, das Ehrgefühl und den Gemeinsinn unter den
Knechten zu heben.')
Um ein vollständiges üild zunächst des Verfahrens zu"
gewinnen, läßt es sich nicht umgehen, zur Ergänzung der
Lücken eine andere Spießrechtsordnung heranzuziehenj die von
1> Joh. Kottka.otKCRitionci mllitara S. 9V(i75l). Die l. Auflag« diLrit« ctva ll
Jahr 17 JO fallen. - v. Bon In, Zdlschr. d. S»vieiiy-Sl. f. H. Q. Oeim. A. 2S, 54 (19W> nimmt
an, daß die SpIcRe schon im Jahir 1642 au« dm Krrrcn vcisctivundm «-arm. Qprade die
von itun angnoK^nc Stellr brl Jahns, Oesch. d. Kr. Wincnsch. IT, 91), wo Oraf Johann
von NasMii -Siegen die Wiedcrdnfflhrang de« -Splefteiagcnt" empUchlt, beireiil deren Vor-
handensdn. Sie venchwanden ent zu Ende in 17. Jahrhunderts.
ff [*ai>piii von Tntzberg bemerkt zu Artikel S9 dci HolländischM Kricgvrechti
V. 13, AugUfl i:KI: ■Oie Stnfe mit den Vaflni ist, wenn nun einen archibuaiert oder durch
die Sjiieti« iagl*. Vfilcker, coip. jur mil. Ul, 2)9 (16»). ~ Oa& .durrti die SideBmten
Ijicifen' und d» «Piügrln zwisclicn (tcn Piken* sind zwei venchirdcne Strafen ; das
Prügeln varde in der Weite vollzoKen. daß mmi dem Mann zwifclien r<rci von Soldjiteii
gehaltenen Piken durch einen Korporal eine Anzahl StKksliddif venetzcn lieO.
Staudinger, OriCh. d. Bayer Me*rrt |], 1318. Vgl. I.udovici, Einlelliuic Mim
K(icg3|>!nieB S. 191 (l?'*)- Oie Bemerkung » Boninsln d. Zcitschr. ( Rechttgesch.
(rnniantst. Abt. IS, 6! fi90<) wäre hiernach m berichtigen.
■) Ob sich die .nnien, unerh'Men ungeschickten KHegibriluchc und Krirgticthlc*
(V. Bonin, Grundrüge S.tSi) auf ün SplcRrceht berichen lassen, «ec ich nicht zu cnl-
Kfadden ; jetie Stelle der KHcgstilndd bcschlftigt »ich vorher mil Krieg»Eefangeneti,
Kriegibetite und Stvrniiold. - Die .KriegihAiidet . . .-(Jahns I, 4VT>scheine[i ein Abdruck
aui Jnslin Oob 1 e r, .der Kethlcn Spiegel*, zu sein, dcuen Vurrede «ui «lern Jalire ISSC
fttAmmt. Der schule Tri! hamlrli -Von Krlegihindeln- und schlicfit mit den hier oben
angedeuteten aKricguechlen imd Krieg^gebrüuchen.'
Bne Spießrechtsordnunft aus dem Jahre 15^2.
33
Adam Junghans, Kriegsordnung zu Wasser und Land (1590),
überiKfert isl.')
Die Fähnlein werden von ilireii Lagerplätzen auf den oline-
fcin schon bestimmten AlarmplaU »geführt", da alle Befehlshaber
te zum Hauptmann mit ausrücken.-) Auf dem Alarmplatz
»ahen (der oder) die Feldwebel ihres Amtes*} und ordnen
die Fähnlein zum Ring. Der Oberet ist nicht anwesend ; er
btuif den Antrag des Profoscn die Genehmigung zu einem Spieß-
fKhl erteilt und zum Ausrücken der Fähnlein „umschlagen" lassen.
Nun erscheint, gefolgt von seinen Trabanten, der Regiments-
profos mit dem von Stecken knechten geführten \m<^ gefesselten
Missetäter im Ring.*) Er begriißt den Umstand und fordert
einen oder den Feldwebel aufj ihm in der Sache behilflich zu
leJo. Darauf richtet der Feldwebel gleichfalls einige Worte an
deo Umstand, der seine Geneigtheit zur Bestrafung des armen
Minnes durch Mandautlieben zu erkennen gibt.<^)
Der i^rofos als Kläger, ebenso der AngekEagte begehren
*) Da du Referat bei JSbns I, ss9 nidit z*^' ^'^ gchiltcn Ist, mag hier eine
mSBpiphbche BemcvlitinE Plali flmlm. Adam JunghsRs, vJd^Hchl vom ob«rni Main,
»oi *r ölMhnitz (?) »tammoid, schrieb «in Wstkchen im \.»ger vor Neuß im Wtnlcr
IMJ ml w mit der fn drr Vorrede nDigetprochcncti Absichl. den gemeinen Knechten
<tiaUeiiieiitundlidii;iirron5pereet;{u liefern. DMiicnliprccIienil lü iltr pöiite Tril des Inhalt!
■I Pro«spni:er^ Ktirg*l>tii:h rnlruiroinoi. U'uhl von JiiiiKh.iii» «Ibsl isl die prächlige
Vormfe all Ihrer detb-humori^lischcu Schililening des Landskncchtslcbeni. Wertvoll IM
ta«T (He Oberliefernnfi d« Oerichtiverf«liren» (1J!8), wo Junghwi beim Spicftrcchl dne
linnt VorUfc bcDUtzle. ils sie Fronipcrgcr iiatle. Auch der letzte Abscliiiitl von der
Hafendiniberei «ithJÜt eini^:» allgatidn Inlereuaiite, to ein Preiwerüeichnli der Lt^iens-
■fM rarNnR vom 6. IJc/pmber ISBS(2. Aufl, 1SW). MiinrbrnvIinLjnxen und Aiivahlirngs-
BMa, üt datii vlde der damals K^iiSiK™ Miirzsanen enehcinen. Die ei3(e Aufläse, die
Im Jahre 'SW erschien, kannte ich nicht cmiittcln. Dagegen besitzt die K. Hol-
iMM. MiDchen die z. <1S9I>}. 3. l%S9a) und 4. AuOkse (1611). Bald nach dem
1390 scheint Jnngtuc» £»tcirbeii xa Min, u) dall lich der Ecreienc KesimenU- und
■Kfcrriber Andm* Hrutter (aurh Rcvllcr) von Speler an eine Cberarbdinng des
U'okchdr» RiKhen konnte, die sehr .arm^lig- auffiel, wie Jihn» rkhiig Iwmerttte, indem
o dibH Rnittcr indnte. leider «her Jiini,^ian« nannte. Der Nachdruck verfiel denn audi
tainnUailen Sctahtal, obvohl er, wie« scheint, noch nichträsllch mil einem anderenTittlblatt
mditB vn:de, da J^Uuts von dner AutUee 1S94 und U91 spcichl. Iile Bibriothck det
NalionalmutenniB in Nüinbcrg übers-indtc mir in entgegen koiiiuiendstcr Weis«
det Jähret i595. — Der Drudccr Lüizenkirehen in Külti and e« besser,
alte Bearbeitung von Junghan« zugrunde lu legen, a\% im Jjlire M')Z eine neue
toflace vrranr.Liltet wurde JiUin't bat vidiejctit nur die idili^ehle Aiunalie vun Reuller In
4n Hand irhaht, und die vun Junnhani lübetbauiil nicht ; son»t vfire er wohl nicht darauf
ihn .OIRnii/- zu nennen,
fljnnghans S. sa. Ziff io(i6ii). kh dtierenaehderlm AbKhaiti ..Spießrechl-
flMO gl«icblaiitnid«n 4. Auf], von i6n, da ent di«e rine pAginicmng tufveisl.
t Dei Feldwebel pdiAftr nicht xuin rihnlein, sundem zühlte lum Staat de* Olwrslen.
Aat ttm» tauend Knechte nrde ein l'Hdwrbel gerechnet.
<) »Ca «oll auch der Profos mehr Gewalt und Aulseheni haben, als wo die Ot>er-
Wl idbal rtdUet vo ea Icrin Oeurralprofos iit". Junghani S. i6, Ziff. 3.
•> Junghan« S. t7, Ziff. 4.
Ardiiv f Kolttirgndiichle VI.
JJ
Wimelm Beck.
nunmehr von dem das Verfahren leitenden Feldwebel ihre Vor-
sprecher, die ihnen bewilligt werden müßen. Die Förmlichkeit
des »Eindingens ins Recht"*) dieser Fürsprecher fällt an Stelle
des nicht anwesenden Schultheißen gleichfalls dem leitenden
Feldwebel zu. Außer dem Fürsprecher können sich beide
Parteien auch noch je einen w Beistand oder Rat" erbitten,*) so
daß die Beratungen der Parteien außerhalb des Rings jeweils
von dreien gepflogen werden. Beide Parteien müssen dreimal
zum Wort zugelassen werden; die Partei des Angeklagten hat
das letzte Wort. Da der Oberst nur dann ein SpieOrecht
bewilligte, wenn die Tat- und Schuldfrage keinerlei Schwierig-
keiten bieten konnte, das Verlesen von Zeugenaussagen wegen
Leugnens des Angeklagten sohin wohl überflüssig war, so hatte
die letzterwähnte Förmlichkeit keinen besonderen Wert. Doch
wurde bei dem Formalismus des immer noch mittelalterlichen
Gerichtsverfahrens in allen Fällen, sohin auch bei einem so-
fortigen Geständnis des Angeklagten, an der dreimaligen Wieder-
holung von ^Klag und Antwort" festgehalten. Damit war die
Sache »vor dem gemeinen Mann zu Recht gesetzt«;') der Ge-
fangene bat um ein gnädiges Urteil.
Der weitere Verlauf ist in unserer Handschrift sehr aus-
führlich geschildert. Die drei Räte der Einundvierzig treten
dreimal zur Urteilsfindung außerhalb des Rings zusammen;*)
die Bekanntgabe des Urteils im Ring erfolgt nicht durch den
Landsknedit, der zur Bildung des Rats der Einundvierzig vom
Feldwebel angesprochen wurde, sondern »man muß zu jedem
Rat einen sondern Richter haben, darum daß jeder Richter seinen
Rat dem gemeinen Mann vorbringe".'^) Nun erst kehren die
Fähndriche die Fähnlein zur Erde, und der älteste Fähndrich
1) Bdipiele fQr dlcx Fdrinlidikeii bei J u nghiR» S. 71 und 83.
•> Junehtns S. 87. ZIH. 5.
>> ju nKhans S. 8S, Zitf 8.
*) Aus Junghiiis S- B7, Ziff. 11 ngibl skh aach hirc ein iUtm Fextlulten in der
Form dö dreifachen Raü; »clbst wenn dk Knechte schon mit dem cralcn Urteil einver-
standen iraren, .mügen tle die ersten vleniz Mann allein dreimal zu Rat gehen lasten«.
t) Junehant S. 8», Ziff ^2. v. Bonin, Zeilschiift für R, 0. 15, S3^ (IW4) gfht
nlt dictem ■FCIdilcr' übt &trrng im Orrieht, da er die am Schluß Oiineh^ni ^- ^^■
Ziff. 10) van V. Bonln vcnnutele .OencrilkUuset* stdri. VfL auch v. Bunin, Qnindzäge
der RrchUvcrf. S iJ2 und Ml - Kit:liter ist aber nach oberdcutBChcm Recht »weh dw,
der das Urtdl aunprlcht. Vgl. blerübcr ItoscnIhaL, Oeicb. d. OcrictalsT. . . .
Batenu 1, M,
^
Eine Spießrech tsordnung aus dem Jahre 1542. 3$
M seine Ansprache an die Knechte.*) Um das Urteilsfinden
MtDinchr endgültig abzuschließen, berichtet Junghans ^ über eine
F9nnlicbkeit, die nicht entbehrt werden konnte. Nach einem
Trommdzeichen gibt der leitende Feldwebel bekannt, daß .bei
Ehre und Eid keiner begehren solle, den Rat über zwei- oder
ilreimal zu wiederholen, sondern zu Recht gänzhch beschlossen
sein lasse". Damit ist etwaigen Versuchen des Umstands, die
Urteitsfindung zu verzögern oder gar unmöglich zu machen,
die Spitze abgebrochen. Unsere Handschrift erwähnt diese
Förmlichkeit nicht; hier läßt der Feldwebel nach der Ansprache
des Fihndrichs den Umstand ohne weiteres abstimmen, ent-
weder durch den Zuruf: «Ja, ja" oder durch Hardaufheben.
Es folgt ein dreimaliger Umzug auf dem Gerichtsplatze
ia der Marschordnung zu Fünfen. Dieses Umziehen hatte vor
illeoi den praktischen Zweck, den Ring aufzulösen und die
fihnlein zur Gassenbildung zu ordnen, wobei es dem freien
Ermessen des Feldwebels überlassen blieb, die Marschkolonne
an einer beliebigen Stelle zu trennen, so daß die Knechte nicht
wissen konnten, wer an die kritische Stelle am Eingang der
Oasse zu stehen komme, wo voraussichtlich die tötlichen Stöße
blien mußten, ebensowenig, wer in der Oasse einander gegen-
öberstehen werde. Waren die Spieße einmal gefällt, so konnte
niemand mehr bestimmen^ wohin die Stöße gehen würden.
Darum war es sehr angebracht, unmittelbar vor dem Fällen der
Spiefie das alte Verbot, >, keinen alten Neid oder Haß zu rächen",^)
in Erinnerung zu bringen. Die Schützen nahmen Aufstellung
bei den Fahnen,*) da sie sich mit ihren Schußwaffen an der
Vollstreckung des Todesurteils nicht beteiligen konnten.
Der letzte Akt der Handlung macht nach unserer Quelle
einen durchaus würdigen und sachgemäßen Eindruck, da sie
nichts erwähnt von dem blasphemisch wirkenden Hereinziehen
I) Nuh Junsfatns & 11, Ziff 9 gnchati dies ichon vor <lcr UrtflUfindung.
1) jHnfhans S. 89, Zdlf. 11.
t Jnngbans S. M, ZIH. 16.
•I Di« Abbildung in P' ritniperEer* Kriee)l»ich Teil i xtiip illc Schfttjen auf
der den Fahnen enlgegwigeaelxlcn Sdte (Im Oaise. Es Ist anzumchmcn, tUß die Knechte
W der OaMCaUldang in ihrer OidnunK blieben, m> daO gegtn die Qas&t je fQnf Mann
tUvitoaidcr tfudoi. Die SpleBc konnten jedoch nar äK ivei votdenlen Otieder an(
jcdn Seite der Quac 2ct>rauclien, didleOliedcr jedenfalls diditiusammeognctilonm «nren
3*
der Dreifaltigkeit, dem rohen Umzug um die Leiche des Ge-
richteten und dem AbschieBen der Büchsen, obwohl man dieses
nocli etwa als den letzten kriegerischen Gruß erklären könnte,
mit dem die Kameraden den in Sflhnung seines Fehltrittes
Gestorbenen ehren.
Vom Standpunkt der Erhahung der Ehre auch im T
mul5 wohl das Spießejagen betrachtet werden, solange es sei
ursprüngliche Gestalt beibehielt und frei bHcb von abstoßend
Förmlichkeilen. Dejn armen Mann wird der Angriff d
Henkers erspart; er fällt ehrlich von den Händen seiner
Kameraden, die damit zugleich das Recht des Blutbanns für
sich in Anspruch genommen zu haben glauben. Es ist jedoch
undenkbar, daß sich das außerordentliche Gerichtsverfahren in
den Territorien bei dem stetigen Erstarken der landesherrlichen
Gewalt durch längere Zeit halten konnte; die dem hochfahrenden
Sinne der Landsknechte entspnmgene Übung mufite bald im
ganzen Reiche verschwinden.
Nach Junghans (Ziff. 17) wird zum Schluß wieder der
Ring gebildet. Der Profos ermahnt die Knechte, daß »einer
des anderen Strafe annehmen wolle" (Ziff. t8>, das heißt, daß
er sich durch das strafende Zureden besonnener Kameraden von
Verfehlungen aller Art abhalten lasse (»das Strafen mit guten
Worten"),') und daß keiner einen Kameraden leichthin und
leichtfertig (»liederlich") ihm, dem Profosen, in die Hände
liefern solle.
Da es auch zum Amt des Profosen gehört, in kleineren
Sachen zu vennitlcln und zu entscheiden, so richtet dieser
schließlich noch die Frage an die Knechte, ob sie irgend etwas
miteinander zu schaffen hätten, das nicht Malehzsache wäre;
noch könne man Mittel und Wege suchen, solche Sachen hier im
Ring beizulegen. iWeldet sich niemand, so ist des Profosen
Tätigkeit zu Ende ; er entfernt sich mit seinem Gefolge.
Die ganze Handlung zum endgültigen Abschluß zu bringen,
obliegt nun dem leitenden Feldwebel. Daher gibt dieser oder
1) Vgl. Artiktlibiief v. J. MOS, Art A: Onblcr, ChronLka der Krirt^iAndel . . .
isas, Bl, T (1166). tmier Ott und rrpull, KrickfsordniinK (<s:s), Ttil 1 (iMCll den.
EUl der tkntzunit); AJIgnn. Knchurttirv Jiilüochcn: Muilcmnscn I. 2ii.
Eine Spießrech tsordnung^ aus dem jahir 1S42. 37
der .Richter", das ist einer der drei Urteilssprecher aus den
£imindvierzig, bekannt: Wenn einer von den Knechten glaube,
es sei bei dem ganzen Vorgang irgend etwas vergessen oder nicht
ganz richtig gemacht worden, so könne das jetzt nicht mehr zur
Sprache gebracht werden. Die Entscheidung hierüber stehe dem
(nicht anwesenden) Obersten und dem ganzen Regiment ') zu.
Es sei auch alles nachträgliche Besprechen der eben erledigten
Angdegenheiten beim Bier oder Wein zu unterlassen. Diese
ktzle Mahnung gilt vor allem den Knechten, die etwa bei der
Utteilsfindung oder bei der Abstimmung abweichender An-
schauung waren.
Zum Schluß wieder ein Trommelzeichen, und die Fähnlein
rücken, geordnet, wie sie gekommen, zu ihren Lagerplätzen oder
in die Quartiere ab.
Im Spießrech! steckt sicher ein ganz gesunder Kern:*)
Knechte -- zunächst etwa nur solche aus bestimmten Gegenden
- bedingten sich bei der Annahme zum Kriegsdienst die Be-
ft^is aus, in Fällen, wo die Ehre der ganzen Genossenschaft
in Betracht komme, selbst Recht zu sprechen und dazu mit der
Oberwehr auszurücken. Allmählich bildete sich sodann die
Übung aus, daß im Anschluß an die sehr ernsten Fälle, die
mit der Hinrichtung des Missetäters endigten, auch leichtere
Fälle zur Sprache und Entscheidung, sei es ilurch den Profosen
allein oder auch wieder durch den gemeinen Mann, gebracht
werden konnten. Ließe sich diese Annahme quellenmäßig be-
legen, so wäre eine Trennung des Rechts vor dem gemeinen
Mann und «vor den langen Spießen", wie sidi Kirchhoff aus-
drückt, nicht mehr angezeigt.^) Da der Oberst um die Ge-
nehmigung eines Spießrechts jedesmal vom Profosen gebeten
werden mußte, so hatte er es in der Hand, ungeeignete Fälle
von dieser Behandlung auszuschließen. Im Laufe der Zeit
*) RegiifHnl hier wabi Im Sinne von .Kricgsfqpmcnt- ili >obcTSte KominanilDbe-
Mirie* oder .rrsinmdr SlcItC.
1) Zu vet. den Ai»ui2 aus dem Oiskur« de« Graien Johann von Nassau-Sieben
«. J. itM bei Jihnt. Onch. d Kr-WiBtcuKhaften ir. QU.
<1 V. Bonin. Onind^ngc . . . S. *** und i^* hriiaiitkli hrtdc Vrtfahrm ge-
Maden wd bcxetcbnei <lai Redit der luifcen Spicfe als etac Abart des Rcthb vor dem
iam Mann iS, uay Beitle »ind «oh! ein und dauelbc.
Wilhelm Beck.
scheinen sich jedoch bedenkliche Mißbräuche eingesch lieh«
zu haben.
Mit dem Erstarken der Landeshoheit einerseits und dem
Überhandnehmen eines besonderen Kriegerstandes anderseits
mußte die Entwicklung einmal auf einen Punkt kommen, wo
der Kriegsherr auf Grund der bisherigen Erfahrungen allein
seine Bedingungen aufstellte, auf die sich die Knechte anwerben
lassen mochten oder nicht; an Menschen war ja kein Mangel.
Dabei wird unser außerordentliches Gerichtsverfahren sein Ende
gefunden haben,') während die Strafvollstreckung des Spieße-
jagens - nunmehr auf Grund von Urteilen der ordentlichen
Kriegsgerichte - fortbestand, bis die Spieße und Piken vor den
Feuergewehren das Feld gänzlich geräumt hatten.
■> .Allrni Ansr'heiL nacli isl k in der Idztm Hilftr des 16. J&hrliunderts,
der ml( iintrrgrUtifcncn MiJlbräuchr glnillrh sbKachsfft vonim* Laurenili, Abh
lunji von den Kricjpccrichloi ru unjcrcn Zritw S, 34 (I7?7) - Lunrnilii wird mehr^
fach, M auch von Jihnt und v. Bonin, irrig ah LiurcnUus liticri: vg^ den Nvncn itnter
der Widmung seines Werke« Bl. 4 b.
Das von v. Bonin (Zdtsch. (. R. 0. 2i, 61, o. 2) ervihntc Budi -Von aller»
hand KritgiTüstutig und Qebraiich. PrankfuH a. M. I!SS' i«l : Fron »per ^er, Fönff
Sucher (I5!E). Dem von Kowalevskl benutzten Exemplare fehlte offenbar das Titelb«tt,
«cduilb er den über jedet linkm Blalorite «trhenden Titel antQbrte. Dai laipressiim
SdilnB mx erhalten.
Die Reise des Danziger Ratsherrn
Arnold von Holten
rrch Spanien und Oberitalien in den Jahren 1606-1608.
Von PAUL SIMSON.
Als die Deutsche Hanse sich ihrem Niedergange zuneigte,
versuchte sie Welfach, durch diplomatische Tätigkeit, besonders
durch Gesandtschaften, das wieder zu erlangen, was sie in ihrer
Schwäche nicht hatte behaupten können, ja, sich auch neue Wege
für ihren Handel zu eröffnen. So beschloß der Haiiselag von
1606 auch, eine stattliche Gesandtschaft an König Philipp III. von
Spanien zu senden, um die alten hansischen Privilegien in diesem
Lande und dem damals mit ihm verbundenen Portugal wieder
öi erlangen, die Erschwerungen, denen der hansische Handel
dort angesetzt war, zu beseitigen und neue Berechtigungen zu
erwerben.*) Mit dieser Gesandtschaft wurden die Städte Lübeck,
Kimburg und Danzig betraut. Von Ihnen wurden die Rat-
mannen Heinrich ßrokes aus Lübeck, Hieronymus Vogeler aus
Hamburg und Arnold von Holten aus Danzig zur Ausführung
dieser Aufgabe ausgewählt und ihnen der hansische Syndikus
Dr. Johann Doman beigegeben. Sowohl von dem Lübecker als
von dem Danziger Vertreter sind eingehende Aufzeichnungen
aber diese Reise gemacht worden, jene bilden einen Teil der
Lebenserinnerungen von Brokes,*) diese befinden sich als Reise-
t) Vgl. über dicie GcundUchafl : Sorloriot, 0«*chlchte dn hanMilitchen Bund«,
Vi, lII^tMff. und KuUer, Die Muidckverbindunsni dtt l[anu, spcilell Ouiiigs, mil
tpMitJi and Portugal ieillStl, ZvitM-hrilt dnvestpingUlutHnQndilrbKvcfcin«, iRSt, V, HfT.
I Mltsctetll von PiuU. /.ribditill des Vtftim Ür Lübtckachie Oeadiichle and
AlMmriBUMlr. ttMff. I. :Qtl,
Paul Simson.
notizen in einem Sammelbande des Danziger Stadtarchivs,^
der einen großen Teil der auf die Gesandtschaft bezügliche
Akten enlhäh.
Während die Berichte von Brokes bereits mehrfach gedrucli
sind,") ist von Holtens Reisetagebuch zwar von Kcslncr in dei
erwähnten Aufsatze ausgiebig benutzt worden, aber doch ii
wesentlichen nur, soweit es sich auf das politische Ergebnis d<
Gesandlschaft bezieht. Dagegen ist das, was kulturgeschichtlicl»
Interesse bietet, bisher nur wenig berücksichtigt worden.*) Dah<
dürfte es sich verlohnen, von diesem Gesichtspunkte aus
Rciseaufzeichniingen von Holtens zu betrachten.
Die Reise nahm die Zeit vom 12. Oktober 1606*)
zum 6. Mai 1608 in Anspruch und führte Holten zunächst na(
Lübeck und Hamburg, wo er sich mit seinen Kollegen vcrcinij
Von dort ging es nach Brüssel, wo bei Erzherzog Atbrecht, dem
dortigen spanischen Statthalter, und nach Paris, wo bei König
Heinrich IV. Aufträge auszuführen waren. Von Paris reiste man
nach Madrid, wo man am 12. April 1607 eintraf. Die sehr
langwierigen Verhandlungen mit den dortigen Staatsmännern
dauerten bis zum November. Während Brokes schon am 18. No-
vember die Rückreise antrat, begaben sich die drei anderen am
21. November*) zunächst nach dem Eskorial, wo sie sich drei
Tage darauf trennten. Donian reiste über Lissabon, Vogeler über
Granada nach Hause, und Holten, der längere Zeit, wohl infolge
des Klimas, krank gelegen und sich auch noch nicht erholt hatte,
begab sich nach Sevilla, da die königlichen Leibärzte, von denen
er behandelt worden war, ihm Seeluft angeraten hatten, weit er
an diese von Jugend auf gewöhnt sei. Von dort reiste er durch
das südliche und östliche Spanien bis Barcelona, fuhr nach Genua
1) HandKhrlhca ) l i.
■) Zatnt von Zictra unter dem T]te1: Wjllrem, Nubrlcht von der ui den Mnif
von Spunin abgeardoclcn OcundUchatt der Hantcstätitc ncl>tt .... volUtlndigcn] Tugit-
bvchc d« LMbn-kisdim Ralshcirn und tunsi&chcn Abgcaidnriiüi Henrich Dnokci, 1774.
todina von I'suii a. a.O. S. I9Tir.
■} AuQer einigen Noli^eii bei Kcslncr hil HIncb in seinem AufsaUe .Übrr den
Handels verkohl I)aTui(n mfl den iuilieni^elieit SU;i<ni do 16. Jahrhiinderlii-, Nene PreufiiK^e
rnivJTimlbllttrr, 1II4I, S. ii2f., mdirerci üttcr den AnfoiUiall Holtai% iti Italien auf der
Itficicrcisc mitgcldlL
*t Nadi neuem Stil, den Holten anwendet, wjlhmid Brokes nach dem Qcbnach
nincr ViRntadt nach dem allen KaLendcr ditU-rt.
*) Nkhl tchon an ii. November, vle Kölner S. iO a»][lbt
herüber, ging dann quer durch Oberitalien bis Venedig und
schließlich über den Brenner, durch Süd- und Mitteldculschland
nach Hause.
Die Aufzeichnungen von Holtens zerfallen in zwei Teile:
das JoumaV) das bis zur Ankunft in Madrid in deutscher und
bis zum 24. Juli 1607, mit dem es abbricht, in lateinischer Sprache
geführt ist, und die Relatio,') in deutscher Sprache mit lateinischen
Zusätzen abgefaßt, das Konzept zu dem Bericht, den Holten nach
seiner Rückkehr dem Rat seiner Vaterstadt abstattete.') Dazu
kommen dann die von einem Begleiter Holtens*) gemachten
Aufzeichnungen über die Rückreise vom 21. Novcmlxrr 1607 bis
lam 6. Mai 1608.*) Diese sind für unseren Zweck am wichtigsten,
dl sie die Merkwürdigkeiten der durchreisten Landschafien und
Orte ausführlich behandeln, während in Holtens Berichten natur-
Ecndfi das Politische in den Vordergrund tritt. Auch hatte man
sich bis Madrid wenig Zeit gelassen, die Rückreise wurde da-
gegen in voller Behaglichkeit als Vergnögungs- und Erholungsreise
gestalteL Aber auch von der Hinreise wird noch manches, bisher
oserwähnt Gebliebene zu berichten sein.
Arnold von Holten trat die Reise in Begleitung des Sekretärs
Wenzel Mitlendorff, der zu den Verhandlungen in Lübeck und
Hamburg mit bevollmächtigt war, dann aber umkehrte, an.
AuBerdern begleiteten Ihn drei junge Palriziersöhne, welche die
Gelegenheit zu einer der damals für vornehme Jünglinge üblichen
Kn'alierreiscn wahrnahmen und zum Teil auf eigene Kosten
reisten, während der andere Teil von der Hanse getragen wurde,*)
die den Wunsch hatte, daß ihre Gesandten mit einem möglichst
gUnunden Gefolge aufiralen. Deshalb nahmen auch die Herren
von Hamburg und Lübeck solche junge Reisegefährten mit. An
Dienerschaft hatte von Holten seine Diener Jakob Ankerman und
i}J|}f. Mr-a».
*) EbendA f. Mi -981.
*t Nktit bloß ein AuuHg damis, wie tlinch a. a. O. S. (13 Anm. 3 meint.
t Nkhl viin dtin Danngvr SUdHekretär Wennl Mittendorff, wie Kestner x. ». O.
i M neutt, von Ihm blwililicb U'ltimdüif geiianDt. Datii ijii-scr ici&te ludi llolleos An-
ffht, J I ) I. WS. berdti von Himbvr^ *i«Icr nach Danxig /urilck.
^ Jl 1 I. 871-MI.
^ Dttaign AnMv IX, 313 trtstruliTin'n fi'ir Wetud MItImdaitf zum hansJKhen
DlftiHUMlt vom t$. ApHl 1609
Michel Bonneau, sowie den Stadtkoch Simson und den städtischen
Schaffet Hans Pavels bei sich.
Die oft von Danziger Ratsherren zurückgelegte Reise nach
Lübeck und Hamburg bot natürlich nicht viel Besonderes. Nach-
dem bis Zoppot dem Gesandten eine ganze Anzahl von Freunden
das Geleite gegeben hatte, ging es durch Pommern und Mecklen-
burg nach Lübeck, wo man nach 14 Tagen, am 26. Oktober,
eintraf. Hier wurde von Holten drei Wochen lang aufgehalten,
da die Instruktion für die Gesandtschaft noch nicht fertiggestellt
war. Einen Tag dieses unfreiwilligen Aufenthalls benutzte er zur
Besichtigung Travemündes und der dortigen Befestigungen. Da
auch in Hamburg noch nicht alles fertig war, konnte die voll-
zählige Gesandtschaft erst am 30. November von dort aufbrechen.
In Lübeck mietete Holten von Hans Neibur einen Wagen
mit vier Schimmeln, den dessen Bruder Thewes als Kutscher
fuhr.*) Neibur verbürgte sich für seinen Bruder, «daß er getreu,
nicht zenckisch noch versoffen sey. Holten sagte für den Wagen
ein neues schwarres Spartuch, für den Kutscher einen neuen
Rock und freie Kost, für die Pferde freies Futter und freien
Hufschlag sowie die Bezahlung der Wagenschmiere zu. Außer-
dem hatte er täglich 28 lübische Schillinge, falls er das Fuhrwerk
bis Paris benutzte, 24, falls er sich desselben bis Madrid bediente,
zu zahlen, die auch für die in angemessen kürzerer Zeit ohne
Holten zurückzulegende Rückfahrt zu entrichten waren, falls Thew-es
Neibur keine andere Gesellschaft dazu finde. Sollte es diesem aber
gelingen, andere Fahrgäste zur Heimfahrt zu bekommen, so sollte
Hollen für den Rückweg nichts zahlen. Bei einem länger als
acht Tage währenden Aufenthalte an demselben Orte hatte Holten
für die acht Tage überschreitende Zeit außer Futter und Kost
nichts zu zahlen. Einem den Wagen begleitenden Knecht hatte
er nur die Kost zu geben. Holten hatte auch das Recht, den
Wagen und die Pferde unterwegs zu verkaufen, wofür er Neibur
200 Taler zu zahlen hatte. In Brüssel hat Holten den Wagen
für diese Summe selbst übernommen, und Thewes Neibur trat als
Kutscher in seinen Dienst») Dieser erhielt außer freier Kost
*) Vtrtrac »itchen Hohen nnd Ndbtir J 1 3 f . I6i~tt7.
•) Vcnnc cviwbcn llollcn and Thewn Nrihw J l J f. in -3i!.
20 Talw, 2 Hemden, je ein Paar Stiefel und Schuhe zugesichert
für den Fall, daß er ein Jahr lang in seinem Dienste bleiben
sollte. Wenn Holten ihn früher entlassen würde, sollte der Lohn
der kürzeren Zeil entsprechend gekürzt werden. Nach */, Jahren
hat er ihn in Madrid entlassen und auf seine Kosten über
Lissabon zur See nach Lübeck zurückgeschickt. Den Wagen und
die Pferde scheint er mit Gewinn losgeschlagen zu haben.*)
In Bremen, wo der Rat die Gesandten während ihres 3*/^
Hgigen Aufenthalts freihielt, stand Holten bei dem Sohne eines
Atilgliedes der auch in Danzig ansässigen und hoch angesehenen
Familie Zierenberg Gevatter. Auf sehr schlechten Wegen, die zudem
noch durch spanisches und anderes Kriegsvolk unsicher waren, so
difiman immer starke Bedeckung mitnehmen mußte, zogen die Qe-
sodten durch Westfalen nach Köln, wo sie am 20. Dezember ein-
trafen. Hier, wo der Rat sie aufs ehrenvollste aufnahm und mit
köstlichem Weine beschenkte, versäumte der Proteslanl Hollen
nicht, die Reliquien zu besichtigen: die heiligen drei Könige, die
Oebeine der 1 1 000 Jungfrauen und der heiligen Ursula, die
Hiupter vieler Heiliger, ein Stück der Rute, mit der Christus
geschlagen lA'ar, sowie zwei Domenspitzen aus Christi Domen-
kiooe. Femer nahm er das Rathaus und den Dom in Augen-
schein, von dem aus er den Blick über die ganze Stadt genoß.
Als bemerkenswert notiert er, daß den Mitgliedem des Kölner
Rates die Anrede »gnädige Herren" zukomme. Auf der Weiter-
reise wurde, um die warmen Bäder kennen zu lernen, in Aachen
eioen Tag lang gerastet. Auf dauernd unsichern Straßen zog man
ittch den Niederlanden. Hier wurde Löwen genauer besichtigt,
namentiich die Universität, von der Holten anmerkt^ daß an ihr
der groöe, jüngst verstorbene') Philologe Lipsius gelehrt habe.
Am letzten Tage des Jahres trafen die Gesandten in Brüssel
ein. wo sie sich einschließlich eines Abstechers nach Antwer|)en
ziu" Besichtigung des stark verfallenen hansischen Osterschen
Hauses über drei Wochen aufhielten und ihre Geschäfte bei Hofe
erledigten. Von Brüsseler Sehenswürdigkeiten scheint nichts auf
Holten Eindruck gemacht zu haben.
t) D«izi«cr Archiv IX. Jtj.
^ ». Min t6M.
mM
Die Fahrt von Brüssel bis Paris erforderte acht Tage; von
ihr weiß Holten nur über gute oder schlechte Beschaffenheit der
Wege zu berichten. In Paris halte Holten am ersten Tage, dem
2. Febniar 1607, Gelegenheit, mit seinen jungen Freunden das
Lichtmeßfest des Hofes mit anzusehen. Dabei berichtet er nun
etwas, was für König Heinrich IV., dem ja bekanntlich Paris eine
Messe wert war, ungemein charakteristisch ist. Lassen wir ihn
darüber selbst sprechen: »Wir liaben gesehen, wie der König
mit den weißen wachslichten seine kurtzweile getrieben, wie er
dem einen fursten und herren die seine ausgerissen, dem anderen
dieselbe gegeben, dem einen sein liecht angezündet, dem andern
das seine aiisgeleschet, und wie er die gantze Messe durch (aus-
genommen bey der elevation) mit dehn umbstehenden herren
immer zu geredet, seinen schertz und gelechler getrieben. Hat
wenig darauf gepassel, obgleich die bischöfe und andere geist-
liche pcrsoncn biesweilen sich unibgekehret und ihn angesehen.«
Da der Jahrmarkt von St. Gemiain gerade damals abgehalten
wurde, an dessen Freuden der König eifrig bis in die Nacht
hinein teilnahm, so daß er am Morgen lange schlief, dauerte es
lange, bis die Gesandten ihre Audienz erhalten konnten. Einen
Tag dieses wenig erwünschten Aufenthalts benutzte Holten dazu,
um sich St. Denis mit seinen Königsgräbern und Heiligtümern
anzusehen. Ganz besonders hebt er den porphyrnen Taufstein
in der Kirche hervor. Auch wurde ein Ausflug nach St. Qermain
gemacht. Als scitließlich das Geschäft bei dem Könige mit Glück
abgewickelt war, brach man am r6. Februar auf und kam vier Tage
danach nach ürieans, wo die dortigen Deutschen, die deutsche
Nation, die Landsleute festlich empfingen und sie mit zwölf
Kannen Wein beschenkten.')
In Orleans schiffte sich die Gesellschaft mit ihren Wagen
und Pferden ein und fuhr in drei Tagen auf der Loire hinab
bis Tours. Unterwegs wurde ein Abstecher zu Pferde nach
Chambord gemacht, um das dortige herrliche königliche Schloß
zu besichtigen. In Blois wurde Holten ebenfalls das königliche
Schloß gezeigt, wo 158S auf Befehl Heinrichs III. die Brüder
Quise ermordet und, wie man ihm sagte, auf der Plattform des
1) VkI. Brokei a. *. O. S. int.
Turmes \'erbrannt worden waren. In einer Kirche der Stadt
stind er mit Schauder an der Stätte, wo Katharina von Medici
»gar schlecht begraben Hegt". In der Schloßkirche zu Amboise
fid dem Danziger, in dessen heimatlichem Artushof Hirschge-
«rrihe zum Schmucke prangten, ein riesiges Stück dieser Gattung
auf. In Tours versäumte man nicht, der berühmten Martinskirche
einen Besuch abzustatten.
Die zehn Tage erfordernde Fahrt von Tours bis Bordeaux
bot nichts Bemerkenswertes. In Bordeaux und in Bayonnc
gönnten sich die Reisenden je drei Tage Rast. Die spanische
Grenze wurde am 20, März überschritten,') indem maUj »weil
der alte französische geitzige fehrmann mit S Kronen, die wir
ftm für die uberfart geben wollten, nicht zufrieden sein wollte,"
oil den Wagen durch die Bidassoa fuhr^) und nach trun ge-
tangle. Die feiertidien Empfänge, die hier begannen, wurden
den Gesandten bald lästig,') umsomehr, als man sie nötigte, die
Festungen Fontaraba und San Sebastian, die aus ihrem Wege lagen,
m besichtigen. Zum Obergang über die Pyrenäen nahm man
anen Schmied als f^ührer mit, der gleichzeitig die Pferde bc-
sdilagen sollte, da dort kein Vertreter seines Handwerks zu finden
war. Die Herren rillen über die Ocbirgshöhe, während sie die
Wagen auf einem weniger steilen, aber weiteren Wege nach-
konmien ließen. In Victoria, wo man mehrere Tage auf die
Wagen wartete, machte auf die protestantischen Reisenden ein
Bild großen fundruck, das sie auch später noch öfter in spanischen
Kirchen sahen: in Flammen die von der Inquisition zum Tode
vmirteiUen Ketzer mit ihren darunter ycsch rieben en Namen. Sie
selbst aber wurden überall cluenvotl aufgenoimncn und eine
Tagereise vor ihrem Endziele von königlichen Abgesandten bc-
lillkommneL*) Nachdem nur in Burgos noch ein Rasttag gehalten
lar, traf man am 12. April endlich in Madrid ein.
Der mehr als haibjährige Aufenthalt in dieser Stadt war
wm hauptsächlich den politischen Verhandlungen gewidmet, die
«dl mit einer ermüdenden Langsamkeit hinzogen^ aber schließlich
•) Nkhl Anfing April, wie Keshiw«. a. O. 5^ iö angibt.
^ Vgl. Brok.^ ». *. O. S. 5M.
1 Vgl. ebnMla S. iM.
4 VfL ebenda S. WT.
h
I
i
diel
46 Paul Sintson.
zu einem guten Ende führten. So blieb den Gesandten noch
reichlich Zeit, alles mögliche Sehenswerte in Augenschein zu
nehmen. Wir heben nur das kulturgeschichtlich Interessante heraus.
Prächtig wurden sie auf königliche Kosten untergebradit
und bewirtet. Oft erschienen bei ihren Mahlzeiten Herren vom
Hofe, um sie dabei zu beobachten. Als die Königin, die Tochter
eines österreichischen Erzherzogs, das erfuhr, sagte sie unwillig:
»Meinet ihr, daß unsere landsleute nicht so sittig sein als ihrfl
Spanier?" Die erste Audienz beim Könige hatten die Gesandten
am 30. April in Aranjuez. Hier entzuckte Holten der herrliche
Park mit seinen alten Bäumen, Lusthäusern und Springbrunn
ungemein. Besonders bemerkt er eine Mühle, durch welche d
Springbrunnen getrieben wurden. Ihr Rad ließ schöne Töne
erschallen, die bald denen einer Orgel, bald denen einer »Sturtze",*)
bald wieder denen einer Sackpfeife glichen. Auf dem Rückwege
wurde den Gesandten zu Ehren ein Stiergefecht aufgeführt,-) ein
anderes größeres, bei dem 16 Stiere getötet wurden, sahen sic^
später noch in Madrid. fl
Bei den verschiedenen Großen, in deren Häuser er kam,
bewunderte Holten die Pracht der Einrichtung. So sah er beim
Grafen von Miranda herrliclic, in Brüssel oder Antwerpen ge-
arbeitete Tapeten, in die Landschaften hineingewebt waren. Iin^l
Palast des Grafen von Salines waren mehrere Säle mit pracht-
vollen Samttapeten mit Gold- und Silberstickerei geziert In ^
einem Saale \\'ar ein gewaltiger silberner Kamin, in einem anderedf
ein silberner Tisch mit eingelegten Piguren, in einem dritten ein
Tisch von Nußbaum mit silbernen Einlagen. In dem in einem
lieblichen, dem Prado benachbarten Garten gelegenen F^last des
Herzogs von Lerma sah Hollen amerikanische Malereien sowie
Tapeten, in denen die Geschichte Josephs zur Darslellung gebracht
war. In einer Kunstsammlung des Herzogs befanden sich viele
indische QeßBe und prächtige Gläser. Besonders angestaunt
wurde dort ein in fünf Terrassen aufsteigender, mit fließendem^
Wasser versehener hängender Garten. Der große Garten dieses
Schlosses war mit Marmorstatuen römischer Kaiser geschmückt
>) Ein BlulRStnuacni
*) Vct Brakes a. I. O. S. J1i,
und «ithielt ein Vogelhaus mit Nestern an den Wänden und
sprudelndem Wasser. Auch die reiche Schatzkammer des Herzogs
«"urde in Augenschein genommen. Gegen die Paläste dieser
Haren sdiien das königliche Schloß zurückzustehen. Von
Interesse war jcdodi die hier untergebrachte Waffensammlung.
Besudit wurde auch das königliche Lustschloß Pardo mit
seiner reichen Vegetation und seinem großen Wildpark, in dem
man viele Kaninchen und Hirsche sah. Holten berichtet, daß im
Keller dieses Schlosses 20 große irdene Gefäße aufbewahrt wurden,
in denen man Wasser bis zu 10 Jahren frisch erhalten konnte.
Eigenartig berührte den evangelischen Deutschen die
Heiligen Verehrung, die er in den Kirchen und vor den Heiligen-
bildern auf den Straßen beobachten konnte. Aber auch die
Schrecken der Inquisition traten ihm nahe, als die Nachricht kam,
daß in Sevilla ein Lübecker Kapitän ins Gefängnis geworfen sei,
weil man in seinem Schiffe zwei verdächtige deutsche Bücher
gefunden hatte. Doch gelang es Brokes, seinen Landsmann zu
befreien.')
Während der Anwesenheit der Gesandten in Madrid kam
die Nachricht, daß die Silberflotte aus Amerika glficklich in Cadiz
eingetroffen sei. Ein Teil des Silbers wurde später mit dem-
selben Schiff, das Hollen zur Überfahrt von Barcelona nach
Genua benutzte, weiter transportiert.
Interessant ist, daß Holten die lange Muße^ die später noch
durch seine im Juli einsetzende Krankheit vermehrt wurde^ dazu
benutzte, um spanischen Unterricht zu nehmen. Wie weit er es
darin gebracht hat, verrät er allerdings nicht.
Das nächste Reiseziel nach dem Aufbruch aus Madrid war
der Eskorial, den Holten mit den anderen Gesandten ohne Brokes
anwehte. Der Bericht teilt richtig die Entstehungsgeschichte
dieses großartigen Baudenkmals mit, das Philipp IL auf Qrund
eines dem heiligen Laurentius am Tage der Schlacht bei St. Quentin,
seinem Namenstage, getanen Gelübdes errichtet hatte. Wir erfahren,
daß die Spanier den Eskorial dem Tempel Salomonis verglichen
tind als das achte Wellwunder ausgaben. Eine für sechs Wagen
■J Vgl. Kcstmr t. a. O. S i9
r
4g Paul Stnwon.
ncbeneinantler Raum bieknde, von beiden Seiten mit Mau«
eingefaßte Straße führte zu dem mächtigen viereckigen Gebäud<
Durch die mit einer Bildsäule des ])eiligcn Laurentius und der
königlichen Wappen geschmückte Haupipforte tralen die Besucht
in den großen, von drei Säulengängen übereinander umgeben«
Hoff von dem die tingänge in die Kirche und das Kloster führte
In der Kirche fesselte zunächst der Chor, an dem verschwenden*
weißer und schwarzer Marmor und Jaspis verA-andt waren. Ii
Chor standen 128 aus siebenerlei kostbarem Holz verfertig
Stühle von ^unglaublicher würde und prelio". In der Mitte d(
Chors zog ein aus feinstem Jaspis gearbeitetes Pult die Aug«
auf sich, das drei Ellen im Durchmesser hatte und auf dei
riesige, mil Messing beschlagene Bücher lagenj die fünf Span n(
lang waren und in denen die Buchstaben etwa zwei fingerglied«
maßen. Davon gab es auch noch mehr: im ganzen Chor wurden
227 derartige Bücher gezählt. In der Sakristei, an deren einer
Wand die Genealogie der spanischen Könige dargestellt war,
bewunderten die Reisenden eine Fülle von prächtigen, mit Gold
und Perlen bestickten Meßgewändern, so kostbar, wie sie sie auf
der ganzen Reise nicht mehr sahen, die alle am Hauptfesttage
der Kirche, dem Laurentiustage, verwandt wurden. Ein Pracht-
stück war der Altar, der auf einem hohen Unterbau von Jaspis
ruhte. Zu beiden Seiten des Altars erhoben sich die großartigen
Grabdenkmäler Karls V. und Philipps II. Der Boden der ganzen
Kirche bestand aus Alabaster. Die Bibliothek enthielt außer vielen
gedruckten Büchern und Handschriften, darunter eine von der
Hand Philipps II. und eine angeblich von der des heiligen
Augustin, Merkwürdigkeiten wie ein mit Goldbuchslaben ge-
schriebenes Neues Testament, auf das die deutschen Kaiser ihre
Eide geleistet haben sollen,') und eine altjüdische Münze. Auch
die Apotheke mit ihrem großen Vorrat an Arzneien und einem
Destillierofen wurde den Besuchern gezeigt. Der Bericht meint,
daß man, wenn man den ganzen Eskorial besichtigen wollte, aclil
Tage brauchen und zehn deutsche Meilen gehen müßte. Er sagt,
daß in ihm wohl i 500000 Türen und Fenster seien, fügt jedoch
■) El Itt äu jedenfalls dri lur Kaiser Künnd 11. garhriebrnr und ctva 10»
votldidete Codlcc aurto. BAdcker, Spanien lunl Portugal. 1W7, S. tu.
Die Reise des Danziger Ratsherrn Arnold von Holten.
hinzu: »habe sie aber nicht gczchlet" Die Baukosten gibt er
auf 20 Millionen an, doch könnten es auch mehr gewesen sein.*)
Nach der Trennung von ihren Reisegefährten flberschrittcn
die Danziger auf ungeziumten und ungesattelten Mauleseln die
wilde Sierra Guadenama, während der leere Wagen von Ochsen
über den Berg gezogen wurde. Am Abend in einer rlenden
Herberge war kdn Brot zu bekommen. uZu unscrtn glück aber
Icam ein armer pawersman in die herberge, derselbe hatte ein
failbcs bebissenes brot, dasselbe kauften wir ihm ab." In be-
schwerlicher Reise wurde am dritten Tage Segovia erreicht, dem
dieser Abstecher nach Norden galt
Hier war der Hauptanziehungspunkt die römische Wasser-
leitung. Unser Berichterstatter erzählt, daß man sie im Orte die
Teufelsbrücke nannte') und unter die Wunder Spaniens rechnete,
weil hier das Wasser auf der Brücke statt unter ihr hindurch läuft.
Er gibt eine genaue Beschreibung des gewaltigen Aquädukts, der
damals noch der Stadt das Wasser lieferte. Er weist die von den
Bewohnern behauptete Erbauung durch den Teufel zurück, da
der Augenschein ergebe, ..daß es eine antiquitas Roniana sey*,
and fügt hinzu, daß wohl die Stadt im Anschluß an den Aquä-
dukt erbaut sei, da sie in ihrem Wappen eine solche Brücke führe,
»quod exacte et studiose observaW". Die Kathedrale Segovias,
eine der schönsten Kirchen Spaniens, verfehlte ihren Eindruck
auf die Reisenden nicht. An ihr wurde damals gebaut, »und
wins ausgebaut sein wird, halte ich darfür, das es so ein schon
«■erck sein werde, desgleichen nicht viel in Hispanien zu finden".
Die Inschrift eines Epitaphiums auf einen in der Kirche 1587
begrabenen Bischof von Segovia hat der Erzähler abgeschrieben
und seinem Berichte eingefügt. Als er von einem der oben
erwähnten*) Ketzerbilder in der Kathedrale die Namen zu notleren
begann, wurde ihm das von Leuten untersagt. So kann er nur
mitteilen, daß ein Präsident des königlichen Rates darunter war.
Bei den Namen derer, die vor dem Ende sich noch zur allein
selig machenden Kirche bekehrten, stand hier ein rotes Kreuz,
*) ln<ter Tat wtdcn sie auf !&■/, Mlllionni Ptsria benchnet. Bädeker a. a. O. S. 116.
■( V|L ebradj S. i2f.
*t Oben S. 45.
ArcUv für Kiilturgechichte. VI. 4
bei den verstockt gebliebenen Ketzern dagegen eine Feuer speiende
Teufelsfraizc. Von dem startlichen, 1862 im Innern zum größten
Teil verbrannten,^) auf einem hohen Felsen in der Nähe der
Stadt gelegenen maurischen Schlosse konnten unsere Reisendeifl|
nur einen Teil ansehen, da sie nicht in die Türme hineingelassen
wurden. Der Grund dafür war wohl, daß es gerade damals zur
Festung ausgebaut wurde. Es machte den Eindruck der Un-
cinnehmbarkeiL Die andern Räume des Schlosses wurden aber
besichtigt. Es standen in einem Saale 52 in Holz geschnittene
Statuen spanischer Herrscher, von denen einige aus dem zehnten
und elften Jahrhundert uns genannt werden.
Sehr interessant war der Besuch in der königlichen Münze
in Segovia, in der hauptsächlich Kupfermünzen geschlagen wurden.
Die Maschinen in ihr wurden durch Wasserkraft getrieben. Sehr
eingehend wurden die Einrichtungen besichtigt, wovon eine ausi^l
führliche und anschauliche Beschreibung des Verfahrens zeugf.
«Alles wird durchs wasser also gedrucket und gepresset ohne^
menschenhände, die nichts mehr thun, als das sie die gedachteifl^
kupfernen schienen in die schrauben Inhalten und wieder aus-
nehmen, welche, wenn sie nun schon gedrucket, wieder heraus
kommen." Nach der Prägung wurden durch mechanische Maschinen
die Münzen in ihre runde Form gebracht. Die Münze besaß
auch ihre eigene Schmiede, in der alle nötigen eisernen Werl
zeuge herg^tellt wurden.
Nach den inhaltsreichen P/a Tagen in Segovia ging ra;
auf demselben Wege wieder über die Sierra de Guaderrama zurQcki
bog dann aber nach Süden ab und erreichte am fünften Tage,
dem 2. Dezember, Toledo. Hier erfährt unser Berichterstatter
die sagenhafte Gründung der Stadt, wonach sie 50O Jahre vor
Christi Geburt von den römischen Hauptleuten Tolemon und
Brutus gebaut sein soll. Ferner erzählt er von den großen Kon-
zilien, die vor Zeiten dort abgehalten worden waren und unter
denen er das dritte, das unter dem Westgotenkönig Reccared tagte
(589) und auf dem die Westgoten unter dem Einflüsse des auch
von ihm erwähnten heiligen Isidor vom Arianismus zum Katholi-
1) BUdnra. lO. S. 1».
zismus übergingen, besonders hervorhebt. Die berühmte, aus
dem sechsten Jalirhundert stammende Kathedrale, in der es trotz
der über 700 gemalten Peiister sehr dunkel war, wurde besichtigt
und ihr reicher Schatz an KSeinodien und Reliquien in Augen-
schein genommen. »Die blinden und verstockten Leute*', das
iind die Katholiken, gaben vor, daß an einem dort stehenden
Altar« der Erzbischof Udefonso, unsere Handschrift nennt ihn
S. Nefonsus, als er die Messe las, von der Jungfrau Maria, die
mit den himmlischen Heerscharen zu ihm herabschwebte, mit
einem Rock beschenkt sei.') Dieses Wunder war in einer Ala-
baslerguppe dai^estellt, deren in spanischen Versen abgefaßte
Inschrift uns mitgeteilt wird. Mit Staunen hörten die Reisenden,
diß der Erzbischof von Toledo über ein Jahreseinkommen von
3000OO Dukaten verfüge und daß unter die Geistlichen und
anderen Offizianten der Katliedrale jährlich das Doppelte verteilt
*erde. Außer dem Dom wurden auch die drei Kirchen der
heiHgen Leokadia besucht. Außer den Kirchen zog die Wasser-
leitung, die aus dem Tajo oberhalb der Stadt das Wasser herauf-
ffthrte, an. Aber auch wirtschaftliche Anmerkungen macht hier
unser Erzähler, so über den Reichtum der Stadt, in der sich, wie
tr hörte, über 10 000 Menschen vom Seidengewerbe nährten, und
duöber, daß hier die besten spanischen Klingen geschmiedet werden.
Auf der Reise bis Cordova, das man ohne längeren Auf-
wthalt erst am zwölften Tag erreichte, wurde nur wenig bemerkt.
In der Sierra Morena fiel der Reichtum an auch für billigen
PftÄ zu kaufenden Rebhühnern und Kaninchen sowie die Fülle
3n Rosmarin auf. Bei Andujar fuhr man auf einer steinernen
Brücke über den Tajo, die so eng und steil war, daß die Maul-
esel kaum den Wagen hinüberziehen konnten. In Marmolejo an
•fcmsclben f^lusse wurde mit Interesse eine Ölmühle besichtigt
Cordova nennt unser Berichterstatter eine feine, wohl ge-
Ixiute und berühmte Stadt. Doch, meint er, sei hier niclits zu
besehen als der wohlbesetzle königliche Marstall, Die berühmte
iOlthedrale, einstmalige Moschee, enA'ähnt er nur ganz nebenbei.
Doch wird er mit seiner Angabe, daß in ihr 900 Marmorsäulen
()V8t. Bldeker«.«.0. S. m.
stehen, der Wahrheit wohl näher kommen als Heinrich Heine,
der von diesem Gotteshause singt:
In dem Dome zu Cordova
Stehen Säulen dreiwhnhundert,
Dreizehntmnücrt Rieseiisäuten
Tragen die gewalt'ge Kuppel.
Denn heute werden nur noch etwas über 850 gezählt.') An
einer der Säulen betrachteten die Reisenden ein Üpitaphiuni eines
Mannes, der mit seinen Tingemägeln ein noch sichtbares Kruzifix
in sie eingegraben haben sollte. Von den sonstigen Bauten der
Stadt wird nur noch die Brücke über den Quadalquivir genannt,
während der Alkazar nicht der Beachtung wert schien.
Eingehender sahen sich die Danziger in Sevilla um, das
sie in drei Tagereisen von Cordova erreichten und wo sie sich
neun Tage aufhielten. Merkwürdig sind die geschichtlichen An-
gaben über diese Stadt. Danach ist sie 599 Jahre nach der
Sintflut und 626 Jahre vor Christi Geburt von dem Könige
Hispalus gebaut worden. Lange danach soll Herkules dorthin
gekommen und zum Andenken einige Säulen errichtet haben.
Auf einem Platze, der Alameda, standen zwei Säulen, die angeblich
von Herkules bei Cadiz ins Meer gesetzt, dann aber von Philipp U.
1574 nach Sevilla überführt waren. Auf der einen sah man die
Figur des Herkules, auf der anderen die des Julius Cäsar. Doch
machte dieser Anachronismus dem eifrigen Beobachter, der die
auf die Aufstellung der Säulen und die Herstellung des Platzes
bezüglichen Inschriften in spanischer und lateinischer Sprache
abschrieb und seinem Reisetagebucli einverleibte, keine Skrupel.
In der Tat sind die Säulen römischen Ursprungs und stammen
wahrscheinlich ebenso wie einige andere, die in neuester Zeit
freigelegt sind, von einem römischen Tempel.*)
Das königliche Schloß, der Alkazar, gefiel den Reisenden
besonders gut, aber den mächtigsten Eindruck machte der herr-
liclie dazu gehörige Oarten, der trotz der winterlichen Jahreszeit
in schönster Pracht dastand. «Der Oarten, darinnen die Zäune
von Citronen- und Pommeranzenbäumen aufgeflochten als ein
1) Bidcker a. l. O. S. SM.
*i Ebenda S. «i t f., 4t4.
Die Reise des Danztger Ratsherrn Amol
Haus hoch, so Citroncn tragen als ein Kopf groli, und es Winter
und Sommer voller Frucht hänget; ja es sind auch Irregarten
dasclb«! von Cilronen- und Pommeranzenbäumen, so ebenmäßig
fnicht tragen."')
Von der Kathedrale wird der berühmte Glockenturm, die
Ciralda, erwähnt Wir hören, daß man in seinem Innern bis
nach oben hinaufreiten kann. ..Ja, man will sagen, daß die alte
Königin einstmals sei bis oben hinauf geritten auf einem kleinen
Pkrddien, als sie aber hinauf kommen, sei das Pferd stracks tot
blieben.- In der Kirche wird außer dem Hauplaltar nur ein
Marienbild erwähnt, das la antigua genannt wird, weil man nicht
weiß, wann es gemalt oder an seinen Platz gekommen ist.-) Es
ist uTgen seiner Wunder, ..wie sicli die blinden Leute solches
einbilden und wegen seiner Devotion, dadurch alles Volk zuläuft,"
wohlbekannt. In der Kapelle, in der es aufgestellt war, brannten
23 Lampen aus reinem Silber, Ferner hören wir, daß Sevilla
25 Pfarrkirchen, 32 Klöster und 100 Hospitäler besitzt. In dem
Hospital de la misericordia wurden alljährlich am Karfreitag Al-
mosen in Höhe von 10000 Dukaten ausgeteilt. Interessant ist
aocfi, daß von diesem Hospital arme junge Mädchen eine voll-
sländige Aussteuer oder eine Beihilfe an Geld zur Verheiratung
erhielten.
Eindruck machte auch das lebhafte geschäftliche Treiben,
d» in Sevilla herrschte. Hören wir darüber die Worte unseres
Berichtes:") «Alhie in dieser Stadt ist der Principalhandcl in
Ocddentalindien, das ist das Haus de la contraction, da alle
Sidien von Indien hingebracht werden, welche durch 3 Richter
tOffitialen) des Hauses expedieret werden.*) Diese Richter emp-
fangen das Gold, Sillwr, Perlen und ander Kdelgestein und
Reichtum, so all aus Indien kommet, Allhier sind kommen und
kommen noch viel Schiffe mit Gold und Silber beladen. In
summa, es ist unzählig, was Gut aus Indien von Golde und
■) Beteia niixrwilt von Kcstntr a. ». O. S- 31.
^ II der Tat ttimmt n >as dem H. JatiThiimJrrt und M Im i6. übermalt vorden.
ri.j.0. S.tVni. <I6.
■) B«r«fb milKctcilt von Kcstner i. a. O. S. !t.
^ Bnfeht lieh djrtiir, daR SeiHlU der Klz des Tribunal de I» Indiu vir. Bi-
dAtca-i O- S. 406.
Silber da ankommet, und (wie man saget) sei auch kein Ort in
der Welt, da mehr Reichtum ankommen ist und noch ankomme
als hier zu Sevilla." Auch die Öler7eugung Sevillas lenkte die
Aufmerksamkeit unseres Tagebuchschreibers auf sich: er bemerkt,
daß sie sich jährlich auf 60-70000 Quintale zu je 10 Arrobas
belaufe. Da eine Arroba gleich 25 Pfd. gesetzt wird, so ergibt
das 15-l7Vf Miilionen Pfd. oder 7500-S750 Tonnen.') Be-
sucht wurde hier ebenso wie in Segovia die königliche Münze,
in der nur Oold- und Silbergcld verfertigt wurde und in der
180 Arbeiter täglich 700 Mark an Gold und Silber verarbeiteten.
Erwähnt wird schließlich noch die gewaltige römische Wasser-
leitung, die damals noch alle Brunnen der Stadt mit einem
«schönen, lieblichen" Wasser versorgte. Im Bau sah man die
tügliche Zusammenkunftssteile der Kaufieute, die Börse, nder-
gEeichen, wenn sie ganz wird fertig werden, nicht wird zu finden sein.*
Arnold von Holten selbst nahm an den Besichtigungen der
Sehenswfirdigkeiten Sevillas nicht teil. Da er hier einen gelehrten
Arzt fand, ließ er sich vielmehr von ihm behandeln, da sein Leiden
sich noch nicht gehoben hatte und er «an einer bösen, ganz ver-
härteten Milz, entzündeter Leber und sehr bösem Magen« litt.
Von Sevilla wurde die Weiterreise nach den Weibnachts-
feiertagen auf gemieteten Mauleseln nach Xerez angetreten, das
am dritten Tage erreicht wurde. Hier war Holten sehr ermüdet
vom Reiten; daher nahm man einen Tag Aufenthalt. Das gab
Gelegenheit, die Stadt zu besichtigen, die den Danzigem recht
gefiel. Sie erfuhren auch, daß hier jährlich einige Tausend Ohm
Wein ausgeführt und die besten Pferde im Königreich gezogen
wurden, welche auch für Kriegszwecke Verwendung fanden. In
San Lucar an der Mündung des Güadalquivir wurde das Meer
erreicht. Hier mußte Holten wegen großer Erschöpfung infolge
seiner Krankheit und des häufigen Aderlassens wieder vier Tage,
bis zum 3. Januar 1608, ausruhen. Sehr freundlich nahm ihn
dort der Herzog von Medina Sidonia auf und bot ihm auch an,
daß er sich einige Zeit auf seinem Schlosse erholen solle. Doch
lehnte Holten das ab, da es ihn drängte, weiter zu kommen.
*> Heute hl eine Atroba^ (l,s kg. und auf einen QiiinUl gdicn * Armben. BS.
dehn II. ■• O. S. XXXIV,
r
Die Rerse des Danziger Ralsherm Arnold von Hollen. SS
Von Puerto S. Maria, das man in einem Tageritte von San Lucar
aus erreichte, wollte man Ober den schmalen Meeresarm nach
Cadiz hinüberfahren, doch mußte man das wegen des stürmischen
Wetters um einen Tag verschieben. Das Unwetter hielt aber
auch während der Überfahrt an und verursachte in Verbindung
mit Holtens leidendem Zustand einen viertägigen Aufenthalt in
Cadiz. Diese Stadt zeigte damals noch die Spuren ihrer Plünde-
rung durch die Engländer im Jahre 1596') in hohem Maße.
Holtens Begleiter sahen aber, wie eifrig an den Festungswerken
gebaut wurde, damit ähnlichen Vorfällen vorgebeugt werde.
In dieser südlichsten Gegend Europas wurden den Reisenden
die mythologischen Erinnerungen an Herkules besonders lebendig.
Wieder werden die beiden Säulen in Sevilla^ erwähnt, die
ursprünglich Herkules bei Cadiz hatte ins Meer setzen lassen,
•damit anzuzeigen, das sich aldar Europa ende". Auf dem
weiteren Ritte kam man über viele Brücken, deren Bau ebenfalls
dem alten griechischen Helden zugeschrieben wurde. An der
Küste fielen in Entfernung von je einer halben Meile sich folgende
bemannte Warttürme auf, die den Reisenden Schutz gegen mau-
rische Seeräuber bieten sollten. Vor dieser Gefahr waren auch
unsere Freunde in Sorge, als sie nun in den nächsten Tagen
immer hart am Strande auf sehr schlechten Wegen ihren Kitt
fortsetzten. Doch gelangten sie glücklich bis Tarifa und von
hier zur See in einem Tage nach Gibraltar^ einer »ziemlich
hübschen und wohl gebauten Stadt", die natürh'ch damals noch
nicht die Bedeutung hatte, die sie als Festung seit 1704 im eng-
Ibchcn Besitz später erlangte. So notiert unser Berichterstatter
ib merkwürdig auch nur, daß man am Strande Überreste von
Scbiffen als Zeichen einer vor wenigen Jahren dort geschlagenen
Seeschlacht finde. Femer hört er davon, daß eine halbe Meile
von der Sladl .ein Haufen wunderliche Sachen zu sehen sei im
Gebirge unter der Erden, so die Natur also gemacht, als näraüch
gleichsam wie eine große Kirche mit ein Haufen Pfeilern und
Orgeln, so leibhaftig, als wenn es alles von Menschenhänden
gemacht wäre; ist aber sehr gefähriich und sehr steil, den Berg
<) BUcker >. t. O. S. «46.
1) Vgl. oben S. ».
I
aufzusteigen, denn» wie man saget, er über zwo Meilen hoch ist*.
Es ist das wahrscheinlich die St. Michaelshöhle, eine der zahl-
reichen Tropf Steingrotten im Innern des Felsens von Gibraltar,
die eine große Halle von 70 m Länge und 20 m Höhe enthält
und deren Eingang im Gegensatz zu jener Übertreibung sich in
einer Hohe von nur 330 m über dem Meeresspiegel befindet.')
Auch wird den Danzigern von einer Einsiedlerin erzählt, die in
der Nähe der Stadl haust, der nuestra Senora de Europa, die
durch ihre Wunder berühmt ist. Daß man in drei Stunden von
Gibraltar nach Barbarien, d. h. Afrika, übersetzen kann, wird
ebenfalls notiert.
Auf der Weiterreise immer an der Küste entlang stürzte
einer der Reisegefährten beim Passieren eines reißenden Flusses
und wäre beinahe ertrunken ; er verlor dabei sein ganzes
Gepäck. Malaga erschien den Besuchern als die »allerlustigste
und wohlgebauteste Stadt" in ganz Spanien.*) Es fielen ihnen
außer dem starken Schiffsverkehr hier noch die Festungswerke
auf. Von dem Schloß, das heule ganz in Trümmern liegt,*)
war auch damals schon nichts als die kahlen Maueni zu sehen.
An der schönen Kathedrale wurde nodi gebaut, und in der
Kirche des Klosters de la nuestra Senora de Victoria, in der die fl
Jungfrau Maria viele Wunder getan haben sollte, sah man zum
Gedächtnis daran »viele solche Fratzen", wahrscheinlich Weih-
geschenke, hängen. In der Nähe der Stadt wurde mit Interesse
eine Zuckermuhle, in welcher der Zucker gesotten wurde, besichtigt.
Von Malaga aus verließ man die Küste und wandte sich
nordostwärts über die steile Sierra Nevada nach Granada, das
man bei schrecklicliem Unwetter mit starkem HagcSschlag am
dritten Tage erreichte. Die berühmte Alhambra fand unser Ge-
währsmann zwar sehr schön, doch sei sie mit dem Schloß zu Sevilla
lange nicht zu vergleichen. Dagegen bewunderte er sehr den
von Karl V. begonnenen königlichen Palast, an dem damals noch fl
gebaut wurde, der aber niemals vollendet worden ist*) Ganz
besonderen Eindruck machten das großartige Portal und der von
t) Biddccra ilQ S. M9.
*i Bereit» mil£etetll von K«4ner a. n O. S. !'.
•] Bädekcr >. a. O. S 13T.
*) PJjcnda S. J7<.
I
zahlreichem Wild belebte Park. In der Kathedrale wurden die
Grabmäler der katholisdien Könige, ihrer Tochter Johanna der
Wahnsinnigen und ihres Scliwiegersohncs Philipps des Schönen
bewundert Bei der Sakristei, der heuligen Pfarrkirche, crkünnle
unser Berichterstatter richtig die Ähnlichkeit der Anlage mit der
großen Moschee in Cordova.') Der Fischmarkt zog den Danziger
guu besonders an. Wie in seiner Vaterstadt-) wurde auch hier
das Geschäft behördlidi überwacht. Die Preise wurden von der
Justicia festgesetzt, und zwei berittene Beamte hatten darauf zu
achten, daß die Verkäufer von der Wage, die in jeder Bude hing,
den richtigen Gebrauch machten, in der Nähe der Stadt wurde
der Sacro Monte gezeigt, aus dem eine Menge von Heiligen auf-
erstanden sein sollte und auf dessen Gipfel eine Kirche lag, in
der ihre Gebeine wieder bestaltet waren.
Nach dreitägigem Aufenthalt in Granada ging es wieder
mit Wagen in siebentägiger ununterbrochener fahrt nach Murcia.
In der Umgegend dieser Stadt fiel unseren Reisenden die große
Menge von Maulbeerbäumen auf. In Murcia selbst, der letzten
Stadt Kastiliens vor der Grenze des Königreichs Valencia, machten
sie die unliebsame Bekanntschaft mit den ..schelmischsten Zöllnernj
so in ganz Spanien mögen zu finden sein", die sie einen
ganzen Tag mit ihren Scherereien aufhielten.^) Von Murcia aus
reichten sie in fünf Tagen Valencia, dessen breite Straßen und
Plätze ihnen gefielen. Hier übte die Hauptanziehung das Zeug-
luus aus, das Ausrüstung für nicht weniger als 2OOO0 Mann
enthalten sollte. Ferner wurde der bischöfliche Garten mit seiner
mchen Vegetation besucht, in dem Semperviven,*) Immergrün^
in Manneshöhe die besondere Bewundening der nordischen Oäsle
emgten. Sehr merkwürdig war ihnen auch in diesem Garien
«in Häuschen, in dem der Bischof zwei Strauße, «einen liec und
eine See," ein Männchen und ein Weibchen, stehen hatte. In
nnem schönen Lusthäuschen, das mit Malereien geschmückt war,
•J BUekera.aO. &3i0.
^ Vt\- Simion, Oescfaldtie der DBinigrr Willkür 5. )3Af.
*t Ekofccs iBKtilc Ihnlicbr &blc Erfahrungen mit ipanltctirii ZoKbamitn in Biit«-
^L Ztibdirlft d. V«. f. Lfibcdtltdic Ondi. u. Allertumskde I, ji9.
't SnBpn(]«i (!) im Text snunnl; wahrscbcinlidi ist Senpcmvuin arbomim
Vfl. Cn^ler'l'rand, Narürlirhr Hnnirmrumtlleii Ula, 29,34.
sahen sie etwa 50 Straußeneier, welche dieses Weibchen gel
haben sollte. Der Vizekönig von Valencia ließ Hollen auf seil
Schloß biUen und empfing ihn sehr ehrenvoll. Er lud ihn au
zur Mahlzeit auf den nächsten Tag ein, doch entschuldigte si
der Ratsherr mit seiner Kränklichkeit und gemessenen Zeit u
lehnte dankend ab, Von den sonstigen zahlreichen Sehenswürdi;
keilen wurde nur die Kathedrale mit ihrer riesigen Orgel
Augenschein genommen und dann zu Pferde der Weg
Barcelona fortgesetzt, das, nachdem Holten wegen seiner Krankh
noch in Tarragona einen Tag hatte liegen und sich zur Ad«
lassen müssen, am neunten Tage erreicht wurde. Hier wu
außer dem Hafen das Zeughaus, das ebenso gut besetzt war
das in Valencia, und das große Kornhaus besichtigt.
Es stellte sich jetzt heraus, daß Holtens Leiden, zu d
sich noch eine Fußkrankheit gesellt hatte, sich so verschlimm
hatte, daß er den Anstrengungen eines Rittes oder einer Fahl
über die Pyrenäen nicht gewachsen war. Daher nahm er
üelegenheit wahr, daß vier genuesische Galeeren mit dem ame
kanischcn Silber, das während seiner Anwesenheit in Madrid
der Silberflotte angekommen war,') nach Genua abgehen sollt
um sich auf einem dieser Schiffe durch einflußreiche Leute,
die er Empfehlungen hatte, Plätze sichern zu lassen. Nachd
man schon acht Meilen gesegelt war, mußte man des stark
Gegenwindes w^en wieder nach dem Hafen von Barcelo;
zurückkehren. Endgültig wurde zum zweiten Male am 24. Feb
die Seereise angetreten, die sich wegen des dauernden Stu
wenig erfreulich gestaltete. Es mußten vielfach die Ruder
braucht werden. Mehrfach mußte man Häfen aufsuchen,
lag man drei Tage in Collibre,^) von wo aus man zweimal v
geblich den Versuch zur Weiterfahrt machte. Die Schiffe hiel
sich immer dicht an der Kfiste, so daß man Marseille und andere f:
zösischeStädledeutlichsehenkonnte. Während derganzen 14tägi
Seereise lag Hollen wegen seines entzündeten Fußes im Bett und H
sich von einem zufällig mitreisenden Mönch ärztlich behandeln:
1) Vsl. oben S. 47.
>> WAhrtchcinlfch CiiNinitre un da fian/Oiitchrn KQttc, unniiltrlbar hinter
tputtschen Qtcnu
>) IJavfin, daß »ich Holteni Leiden Intolge di««r Behandlung, dk Hirach a. ■. ■
S. ilJ fchon vor die Seefahrt scUt, vertchliiumerl lubc, ilchl in dca Bcricblen nidiU.
Die Reise des Danziger Ratshemi Arnold von Holten. 59
In Genua, wo die Reisenden am 7. März eintrafen, wurden
sie im Namen des Dogen- und der Republik von einem Staats-
Sekretär aufs ehrenvollste begrüßt und erhielten einen Sicherheitspaß
für das ganze Gebiet des Staates.') Wahrend Holten sich in
den drei Tagen, die man in der berühmten Seestadt verweilte,
ausruhte, nahmen seine Begleiter die Sehenswürdigkeiten in Augen-
sdiein. Die Stadt mit ihrem lebhaften Treiben gefiel ihnen sehr,
doch erklärten sie die engen Straßen für einen Jammer. Die
Psliste und Kirchen, namenltich der große Dom mit seinem
prächtigen Portal aus weißem und rotem Marmor, verfehlten ihren
Eindruck auf sie nicht Von den Palästen wurden verschiedene
besichttgl, so der des Marchese Spinola und der des Fürsten
Doria. In diesem erregten besonders die reiche Rüstkammer mit
zahlreichen kostbaren Waffen sowie wertvolle Gold- und Silber-
geschirre, ferner ein Kunstwerk aus einem Korallenstück, Christus
and die beiden Schacher am Kreuz darstellend, lebhaftes Ent-
zücken. Am Dogenpalast wurde eifrig gebaut. Auch die Börse
vurde besucht Vor der Stadt suchte man das Lusthaus eines
Edelmannes auf, in dem viele schöne Bilder zu sehen waren.
Vor allem wird hier auch eine in vier Foliobände eingeklebte
KupfeislJchsammlung cnvähnt Diese Villa besaß einen Garten,
hl dem eine merkwürdige Einrichtung war, über die wir die
Worte des Berichtes hören wollen. Es war dort »ein schönes
Fontcin, darinnen gleichsam wie eine Zugbrücke gemacht, so
an allen vier Ecken hangete, darauf derselbe Edelmann bisweilen
des Sommers nebenst andern Oästen zu essen pfleget. Wenn nun
önselbe Edelmann seinen Oästen eine Schalkheit hm wollte, so ließ
er die Brücke, wenn sie am allerfröhlichstcn waren, mitsamt dem
Tische in das Wasser hinein sinken, daß sie bis über die Kniee
in Wasser saßen und man nicht eher wieder herausser kommen
bnnle, bis das die Brücke aufgehoben ward*. Solche derbe
Spöße vertrugen sich mit der verfeinerten italienischen Kultur
yatr Zeit ganz wohl. Als besondere Merkwürdigkeit fiel den
Danzigem in Oenua noch auf, daß niemand ohne obrigkeitliche
Erlaubats Waffen tragen durfte.
') Berdts mitgetfilt ron Hind), Neue Pmiß. I^vEnz-DI. IS4T, S. i)3. J i 3 f. 891
«• Oii^mü des P^tuca.
Am if. März verließen die Reisenden Genua, ehrenvoll
bis auf vier Meilen geleitet durch einen Landsmann, den Oberst
Sidinghausen, und seinen Bruder, einen Fähnrich in Diensten
Genuas, mit vier anderen Offizieren, einem Feldwebel und elf
Musketieren, die auf dem ganzen Wege aus ihren Musketen
schössen und dadurch in der Stadt großes Aufsehen erregten.')
Am zweiten Tage wurden die Pferde mil einem gemieteten Wagen
vertauscht. In Pavia ließ man sich nur Zeit, die Kathedrale und
die Gebeine der in der Schlacht von t525 gefallenen Franzosen
zu besichtigen. Am Abend desselben Tages kam man nach
Mailand, auf das ein Tag verwandt wnirde.
Die Danzigcr hörten mil Interesse von dem lebhaften Handel
dieser Sladt, besonders mit Seide und Seidenwaren, und vernahmen
mit Staunen, daß in manchen der großen Häuser über tOO Leute
wohnen sollten. !m Dom, der natürlich besichtigt wurde, fielen
ihnen die vier Orgeln und zwei Kanzeln auf, ferner die kunst-
voElen geschnitzten Holzsessel, die um den Altar standen. Außer-
dem wird nur noch das aus schwarzem Marmor bestehende
Grabmal des t53S gestorbenen Kardinals Caracciolo erwähnt.*)
In der Kirche S. Giovanni in conca^) wurde das Grabmal eines
mailärdischen Fürsten, höchst wahrscheinlich des Bamal)as oder
Beniabo Visconti (f 1 38S), betrachtet, das, aus Alabaster bestehend,
ihn zu Pferde in Begleitung von zwei Jungfrauen darstellte, zur
Erinnerung daran, daß er sich stets von zwei Jungfrauen hatte
begleiten lassen. Von dem noch heute bestehenden großen Spital
wird berichtet, daß es eine Jahreseinnahme von 80000 Dukaten
hat und noch sieben andere Spitäler unterhält. Als die größte
>huH^
1) Vgl. Hirsch*.« O. S. 113.
«) BBdeker, OberiUllen. i7 AuH, S. M
■) Der Bericht nennt die KlTch« S. Juan de Concha. Jn der iieueten Lileratnr
Ich tie elicnsowenig wie das in ihr ««Ähnle Orabmal fettstctlm können. DnB tcdca
die Kij^che S. Oiov&niil In cann gemant isl, die ihren Namen vnn rinetn aiiHen aner-
brachlen, den I'vanerüstm Johanne« in einer W.imie tcigen<len Relief hat. geht att» einer
freundlichen MiMciJung des Herrn Ocnerals Dal Vennc iti Rom hervor. Danach gvli5n
die Kirche heule den WaldenKni und encheini immer getchlnfiwn. Daher var Hefr
Ocneral Dil Vcrrne nie in iliieni Innern lutd kann über das Qi-abiiul nitht^ ausutgen.
Dasmen nudilc mich Herr Archivar Dr. Kaufmann in r>anii2 in liehen «würdiger Welse
auf folgende Stelle de» 163S in Augsburg erschienenen Mcrcuriils ItaUcus hospill fldut per
IUI von ]. H, von Plliumem aufmcrloam (S. 4tii), an welcher die Kirche erwähnt
wird and sich anch ein Hlnvdf auf da« Denkmal findel; .Celrfcraia maxime In hac urhis
rechne acd» Mt S. loannli EvangelisUr cngiiomcnln In Cunciui Bamab». vice
comes, (lux Mcdiolanentis, cnndem, ^n i)iii> titiieK'erel. locvm delrgit.-
Die Rcfse des Danager Ratsherrn Arnold von Holten.
61
Sehenswürdigkeit Mailands erschien aber unserem Gewährsmann
das Kastell, das, im 15. Jahrhundert erbaut, im 16. Jahrhundert
als die vollkommenste Feste der Welt galt.^) Das spiegelt sich
auch in dem Bericht, in dem es heißt: „Man sagt, daß jetzund-
er in der ganzen Christenheit dergleichen nicht zu finden." Er
erTihlt ferner davon, daß das Kastell über 300 Geschütze habe
nnd auf drei Jahre mit Proviant versehen sei. Jedes Jahr werde
dieser für ein Jahr erneuert, der älteste aber den Soldaten ver-
kauft, die verpflichtet seien, keine anderen Lebensmittel zu kaufen.
Auf der Weilerreise fiel von kleineren Städten nur Brescia
durch seine schönen Kirchen und Klöster und sein Kastell auf.
Am Abend des vierten Tages fuhr man in Verona ein, das in
aller Eile angesehen wurde. Als vornehmste Merkwürdigkeit
wurde hier die römische Arena befrachtet, die damals u. a. auch
als Reitschule benutzt wurde und den Besuchern trotz mehrfacher
Restaurationen sehr verfallen erschien. Interessant sind die etwas
unklaren und naiven Angaben über die ursprüngliche Bestimmung
des Gebäudes, die ich deshalb hier wörtlich folgen lasse: «Das
FDmehmste, so allhier zu sehen, ist das Theatrum, dar für Zeiten
die Leute, so den Tod verursachet gehabt, mit wilden Tieren
haben streiten müssen. Dieses Theatrum ist ganz rund, und
gehen von unten bis zu oben Treppen hinauf von lauterm Stein,
darauf die Leute gesessen und solches Spiel angesehen haben.
Unter diesen Treppen sein lauter Gewölbe, darinnen man die
wilden Tiere gehallen hat." Sonst wurden nur noch die Denk-
mäler der Scaliger und das angebliclie Grab des Königs Pipin,
das aber eine Enttäuschung bereitete, in Augenschein genommen,
Am nächsten Abend in Vioenza sah man nur das von
Palladio erbaute, 1584 von Scamozzi vollendete") Theater, während
die übrigen Bauten Palladios, die später Goethe so entzückten,
unberücksichtigt blieben. Sehr gründlich dagegen wurde Padua
besichtigt. Hier zog zunächst die berühmte Universität an. Aufs
eingehendste wird der große Saal in dem im 12. und 13. Jahr-
hundert erbauten Gerichtsgebäude, dem Palazzo della Ragione,")
•) BlddocTL 1.0. 5.10). Qurckhardl, Der CIceroDC. a.Anfl. S.W.
•) Vfl. Bldeker n. t. O. S. 120.
t VkI. ebenda %tti. Burdihirdt a. a. O. S. 69.
Paul Stmson.
beschrieben. Die in der ersten Hälfte des 1 5. Jahrhunderts von
Miretlo u. a. genialter Fresken, welche den Einfhiß der Gesitme
und Jahreszeiten auf die Menschen darsItUen, weiß unser Bericht-
erstatter sich nicht zu erklären. Er konnte auch nicht erfahren,
aus welcher Zelt der Saal und die Gemälde stammten, hörte
vielmehr die verbreitete Ansicht, daß der Saal vom Teufel oder
von einem Schwarzkünstler Petnis Aponus') gebaut sei. Dessen
steinerne Figur sah er über einer Tür des Saales, die dazu
gehörige, auf seine Kenntnis der Philosophie, Medizin, Astrologie
und Magie bezügliche Inschrift schrieb er ab. Der Saal war zu
einer Art Ruhmeshalle bcri3hmter Paduaner gestaltet, deren In
Stein gehauene, mit Inschriften versehene Bildnisse ihn schmückten.
So fanden sich dort die Bilder des großen römischen Juristen
Julius Paulus, der unter Kaiser .Mexander Severus lebte und der
danach aus Padua stammen könnte,') des Albertus von Padua,
der an der Pariser Universität Philosophie, Metaphysik und Theo-
logie gelehrt hatte und 1323 gestorben war,") und des der Über-
lieferung nach aus Padua stammenden römischen Geschicht-
schreibers T. Livius, dessen nihmredlge Inschrift ebenfalls wie
die anderen in das Reisetagebuch aufgenommen wurde. In de
Saale selbst stand und steht noch heute der Grabstein eines F
gelassenen der Familie Livius, T. Livius Halys. Ihn hatten die
Paduaner auf den Geschichtschreiber bezogen und dieser Meinung
in drei hinzugefügten Distichen, die ebenfalls wie die ursprüng-
liche Inschrift des Steines in unseren Bericht übergegangen sind,
Ausdruck gegeben. Daneben stand noch ein einem verdienten
Paduaner gesetzter modemer Gedenkstein vom Jahre 1594.
In der Kirche S. Antonio wurden die im 15. und 16. Jahr-
hundert von Uellani und RIccio gearbeiteten Bronzereliefs am
1) Piftn von Apono oder Abxio, geboren 13S0, Frofeuor der Medizlo in
t 1316 oder nach 1319. Jödief, AllgcnieinM OclehrtenlMikün.
*) Nach Schanr, ntrtchichtr der rftmivrhCTt LKeralur MI. 219. iit Clbrr «ine Hell
nkhb bekannt JÖchcr sagt; jni Padua oder vielmehr ru Rom. Es buidcll «kh
«llewr Bitte d« PauluK (i>en>o vie bc) Jen beiden indeien um Reliefdarstcllunscn,
iwdt dnar freundlichni MiKeilung dn Direktors des Mumo civico in Padiii, Herrn
fenor Mofchetti, heule not-h vnthunden «ind. Narli sdner lirbensvärdiKen AngAbc staiDi
(ie aus der Zeit dn Umbau« d« Paliuzo dclla Ragione Im Jahre 1430. Die Inichiilt unl
dem BiJdnii de» Paulus hat Ihre heutige I'orm sogar ent iS6S erhallen. Daher kann
BUdnll nixli luMhrift alt Beveit für die auch schon in der LileraMr de» i6. und tT.Jahr-
hooitefls nmitritlene Herkunfl des Julttu Paulus aus Padua benutzt werdra. Vgl. auch
Kiriova, RSmisdie Kechh(|[c«chiehle I, T44.
5) J6chcr a. a. O.
Chor und der heute verschwundene Hochaltar Donatellos, von
dem nur die die Talen des heiligen Antonius darstellenden Re-
liefs erhalten sind,') gebührend bewundert. Von den Grabsteinen
interessierten die Danziger besonders die der dort studierenden
Polen, namentlich ein solcher, den die ganze polnische Nation
der Universität kürzlich für SOO Dukaten hatte anfertigen lassen.
An einem ähnlich kostbaren der deutschen Nation wurde gerade
gearbeitet. Sonst wurde noch die Orabschrift des 1547 ver-
storbenen berühmten Humanisten Pietro Bembo abgeschrieben.
Dis vor der Kirche stehende wehberühmte Reiterstandbild des
Gattamelala von Donatetlo nennt unser lirzähler sehr kunstreich,
doch kennt er weder den Namen des DargestelUen noch den
des Künstlers.
Eindruck machte noch die Kirche S. Giustina, unter deren
AlUr die heilige Justina begraben liegt*) Ferner hören wir noch,
diB unter einem Seitenaltar der Evangelist Lucas liegen sollte,
«ihrend man unter einem anderen die von Herodes ermordeten
unschuldigen Kinder schlummernd dachte. Eine andere biblische
Kuriosität wurde in dem an seltenen Pflanzen reichen Garten
der Doktoren der Universität gezeigt: nämlich der Baum, an dem
skfa Judas erhängt hatte.
Reich an Eindrücken verließen unsere Reisenden nach nur
eintJIgigem Aufenthalte Padua und gelangten am Abend des
zweiten Tages, das letzte Stück Weges auf einer Gondel zurück-
Iqgendr nach Venedig, wo sie fünf Tage blieben. Da Danzig
mit Venedig vielfach in freundschaftlichen Handelsbeziehungen
slind, versorgte es die Adriakönigln doch gerade in jener Zeit
rekfalicfa mit Getreide,*) so suchte und erhielt Holten, der von
seiner Krankheit jetzt ganz genesen zu sein scheint, eine Audienz
bei dem Dogen, der ihn mit großer Freundlichkeit begrüßte und
mü Anerkennung der Dienste Danzigs gedachte, die dieses der
Republik erwiesen habe, sowie versprach, den Danzigern stets
mit seinem Schutz zur Seite zu stehen. Danach schickte er ihm
ein Faß Wein, allerlei Konfekt und weiße Wachsstapel als Ge-
I) V£l. Udcker ■. a. 0. S. UT.
n Vj[l. ebenda S. 2M.
I) Vgl. fiber dt«M Bcziehtinscn Kinch a. a. O. 5. IMff.
sdienk in seine Herberjje und beauftragte den StaatssekretäfV^
Marco Otthobono, die Danziger überall in der Stadt herumzu- '
führen.*) Otthobono war den Danzigern kein Fremder: hatte
er doch 159t längere Zeit in diplomatischen Geschäften in ihrer
Vaterstadt geweilt und war damals sehr freundlich aufgenommen
worden. So war er Mitglied der vornehmen St. Qeorgenbrftder-
schaft') und der Reinholdsbank des Artushofes geworden.*) Da
er Danzig bei seinen BemQhungen, im Gebiete der venetianischeriH
Republik Handelsfreiheit und Befreiung von den lästigen Zöllen"
auf Kreta 2u erlangen, sehr förderlich gewesen war, so hatte ihm
der Rat 1600 ein von dem Danziger Maler Anton Möller ge-
schaffenes Büd der nordischen Stadt als Geschenk zugehen lassen.*)
So war es natürlich, daß Otlhobono sich liebenswürdig der
Danziger Gäste annahm und sie gern mit dem, was sie zu sehen
wünschten, bekannt machte. ^M
Venedig wird in dem Reisetagebuch bezeichnet als »eine
schöne, lustige, prächtige und wohlgebaute Sladt^ lieget im Meer,
rund herum und fast durch alle Straßen mit der See befiossen,
ist sehr wohl munieret von allerlei Kriegcsrüslung». Am Canale
grande erregten die prächtigen Marmorpaläste das Erstaunen
unseres Berichterstatters, von denen einige, wie man ihm sagte,
60- 70000 Dukaten gekostet hatten. An der Markuskirche fielen
ihm vor allem die Mosaiken und die vier berühmten antiken
Pferde auf. Im Dogenpalast interessierte ihn besonders die
Waffensanimlung. Daraus hebt er hervor eine Menge von
türkischen Bogen, welche die Venetianer im Kriege erbeutet hatten,
den Küraß König Heinrichs IV. von Frankreich, den dieser selbst
geschenkt hatte, eine Menge polnischer Waffen. Mit großem
Interesse wurde ein kleiner, nur eine Spanne langer Bogen be-
trachtet, mit dem ein Doge eigenhändig viele Leute umgebracht
haben sollte, .rdencn er nicht gewogen gewesen und die nicht
nach seiner Pfeife haben tanzen wollen-. Die grüßte Sehens-
würdigkeit Venedigs wird das Arsenal genannt, vor dessen Eingang
>) Bcfdti mltErteilt von Hirsch a. a. O. S. «n.
•) Qdirk«, Danzig» SchützaibrüdnsrhiElcn In alter tind noicr Zdt S- 41.
«i Sim»«!. Dct Artushol in Düi^ig imd «inr «rödcndiafttn. die Banken. S. »?.
<) Hirsch i. 3. O. S. rti und Daiiziger Archiv Ml«. XLVII, tM-lO!.
damals noch nicht die vier berühmten antiken Löwen standen.^)
Die Besucher waren erstaunt über die gewaltige Zahl der dort
beim Bau von Schiffen, Ausrüslungsgcgenständen und Geschützen
beschäftigten Arbeiter') sowie über die große Anzahl von Kanonen-
rohren, die so aufeinandergelegt waren, wie man in der Heimat
des Erzählers das Holz aufhäuft Man sah auch den Bucintoro,
das prächtige, mit Malereien und Vergoldung gezierte Schiff, von
dem aus der Doge an jedem HitnmeHahrlstage den Ring in das
Adriatische Meer warf und von dem heute nur noch geringe
Überreste erhalten sind.') In einem Saal des Arsenals, hörten
die Besucher, würde die Ausrüstung für 70000 Mann aufbewahrt.
Man sah ferner noch das bunte Treiben auf der RtaUobrücke
und den dicht daneben stehenden Fondaco de' Tedeschi an.
Daran wurde dann ein Ausflug auf einer Gondel nach Murano
angeschlossen, wo man die Arbeit in einer Glasfabrik beobachtete,*)
ganz, wie es noch heule die meisten Venedig besuchenden Fremden
zu tun pflegen.
Für die Weiterreise erhielt Hollen im Namen des Dogen
einen von Marco Otlhobono unterschriebenen Paß/) der den
venetianischen Beamten ganz besonderes Entgegenkommen und
ehrenvolle Behandlung zur Pflicht macht. Interessant ist auch,
daB von dem Officio della Sanitä auf einem gedruckten
Formular eine Bescheinigung") beigefügt wurde darüber, daß
Holten und seine Begleiter aus einer gesunden und nicht seuchen-
verdächtigen Stadt kommen.
Am 29. März brachen die Danzigcr aus Venedig auf, zu-
nächst bis Meslre auf einer Gondel fahrend; hier wurden dann
wieder die Pferde bestiegen. Man wählte den Weg durch das
Val Sugana, um bei Trient die Brennerstraße zu erreichen. Eine
Merkwürdigkeit wurde auf dieser Strecke noch beobachtet. Hoch
oben im Gebirge wohnte ein Kapitän mit einer Anzahl Soldaten,
zu dem man nur gelangen konnte, wenn man sich in einem
Korbe hinaufwinden ließ. Ihm stand der Zoll zu, der in einem
I] fOdehcra « O. S Ut.
>) In der BIfitezrit Venedigs mrcn m täOM; cbcnd«.
1) Bereit) nUizHHIl vtm HIncli a. u. O. S. US, Aura. t.
•) Dm Oricitnal ] i ! f. tC09.
•) Ebenda t. lOll.
Archiv lOx Kullurgodilditc. VI. 5
i
unten am Wege stehenden Zollhause zu erl^en war. Dort war
die Grenze zwischen dem Gebiet von Venedig und dem des
Kaisers. So erreichten die Danziger nach mehr als 1 '/«jähriger
Abwesenheit wieder deutschen Boden und gelangten bald auch auf
deutsches Sprachgebiet.
Am t. April kamen sie durch Trient, in dem ihnen auffiel,
daß fast alle Häuser aus Marmor gebaut waren. Als einzige
Sehenswürdigkeit wird das Kindlein erwähnt, das von den Juden
vor 130 Jahren gemartert worden war. Nun ging es ohne Auf-
enthalt auf der großen Brennerstraße nordwärts und bergauf.
Über keinen der herrlichen Orte an dieser heute alle Naturfreunde
entzückenden Straße wird eine Bemerkung gemacht, sondern es
werden nur lakonisch die Ortsnamen, Bozen, Klausen, Gossen-
sass usw., aufgezählt. Die einzige Merkwürdigkeit auf der Südseite
der Paßhöhe schien eine Gedenktafel aus Kupfer zu sein, die
berichtetej daß sich hier Kaiser Karl V. und sein Bruder Ferdinand
einst nach einem Kriege getroffen hätten.
Der Übergang über den Brenner, der übrigens nicht als
Paß, sondern als Berg bezeichnet wird, erfolgte bei sehr schlechtem
Wetter. Es schnelle und stürmte und war so kalt, daß es die
Reisenden auf den Pferden nicht aushtcllcn, sondern zu Fuß
gingen. So ging ihnen, wie es aucli im Geist der Zeit lag, die
die Schönheiten des Hochgebirges noch nicht entdeckt liatte, von
den Reizen dieser großartigen Wanderung nichts auf, sondern
sie empfanden nur die Schrecken der unwirtlichen Natur. In
Innsbnick wurde nur die Hofkirche mit dem Grabmal Kaiser
Maximilians besichtigt. Das Material der gewaltigen Bronzestand-
bilder, welche das Grabmal umstehen, hält unser Gewährsmann
merkwürdigerweise fälschlich für Gips^ und ebenso bezeichnet
er irrtümlich die dargestellten Persönlichkeiten als Herzoge und
Fürsten von Tirol, während es die wirklichen und angeblichen
Vorfahren sowie Zeitgenossen des Kaisers Maximilian sind.*) An
diesen Herrscher erinnerte die Reisenden auch bald hinter Inns-
bruck die Martinswand, auf deren Gipfel sie das noch heute
stehende hohe Kreuz sowie die Figuren von Maria und Johannes
if BiddccT, Südbayon, Tirol, Satiburg usw. 3t. Aun. S 2».
M
Die Reise des Danziger Ralsherm Arnold von Mollen.
gut erkennen konnten. Die Sage von der Martinswand ist als
titsächliches Ereignis in den Reisebericht aufgenommen.
Gleich hinter der MartinSM'and bog man nordwärts ab und
erreichte über Partenkirchen und Oberammergau bei Schongau
das Lechtal, womit die Alpen überschritten waren. Sehenswürdig-
keiten und Erlebnisse werden nicht weiter hervorgehoben. Der
gesamte Ritt über die Alpen vom Eingang ins Val Sugana bis
znm Austritt des Lechs aus den Bergen hatte somit acht Tage
erforden, ohne daß irgendwo länger als zu Mittag oder zur
Nacht gerostet worden wäre.
Nun ging es im Lechtal abwärts, und am Abend des
8. April ritt man in Augsburg ein, wo man sich nach den letzten
Anstrengungen zwei Ruhetage gönnte.
Der Rat der Stadt sandte Holten ein Ehrengeschenk an
Wein zu. Den Danzigem gefielen die schönen Marktplätze,
besonders der Weinmarkt mit den beiden von Adrian de Vries
1599 geschaffenen Brunnen, dem Merkur- und dem Herkules-
brunnen,^) zu denen derselbe Meister später ein Scitcnstück in
Danzig, den Neptunsbrunnen, schaffen sollte. Während das
beriihmte Augsburger Rathaus von Elias Holl damals noch nicht
begonnen war,^ konnten die Besucher das Zeughaus desselben
Mdsters, das fDr 20000 Mann Ausrüstung enthielt, bewundem.
Ihre Bewunderung erregten ferner die kunstvolle Wasserleitung
und zwei wunderbare Uhren, an deren einer f*sich drei Meister
zu Tode gearbeitet", die al>er noch nicht ganz fertig war und
deren Wert auf 30 000 Taler geschätzt wurde. Erwähnt werden
audi die in dem Festungsgraben in Kästen gehaltenen Fische,
die täglich mit 1000 Ochsenlebern gefüttert wurden. Mit ganz
besonderem Interesse wurde aber eine Einrichtung betrachtet
und beschrieben, mittels deren der Torwächter von seiner Stube
aus eine eiserne Tür in den Festungswerken sowie ein großes
Tor in der Mauer öffnen und schließen und eine Zugbrücke
herablassen und wieder aufziehen konnte.
Der nächste, ebenfalls zweitägige Aufenthalt auf der jetzt
wieder mit Wagen fortgesetzten Reise wurde in Nürnberg ge-
t] Sprinecr, Hjuidimcb <ln Kumlj^achlcbtc. 6. Aufl. IV, IM.
^ CbOMla S. SIS.
s*
nommen. wo Hollen ebenfalls vom Rate ein reichhaltiger Ehren-
Intnk kredenzt wurde. Hier wird der zalilreiclien geschickten
Kunsthandwerker gedacht. Neben dem Zeughaus wurde hier ais
Hauptsehenswürdigkeit die in der Nähe des bekannten Pellerhauses
befindliche Antiquitätensammlung eines Ratsherrn besucht, die
namentlich reich an seltenen Münzen und schönen Gemälden war.
Von Nürnberg ging es ohne weiteren Aufenthalt über
Forchheim, Bamberg, Koburgj Saalfeld, Rudolstadl, Jena, Naum-
burg nach Leipzig, wo man am Abend des fünften Tages, des
21. April, eintraf und einen Tag blieb. Hier wird der starke
Besuch der Universität erwähnt, eine Kirche, das Gymnasium
und das Rathaus werden besichtigt. Auf der weiteren Reise fuhr
man durch den an weißen Hirschen und Rehen reichen Park des
Jagdschlosses Colditz, das die Kurfürstin -Mutter bewohnte. Hier
sah man in einem Graben, der ein Lusthaus umgab, rote Fische,
von der Farbe »als Pomeranzenäpfel". Wahrscheinlich sind es
Goldorfen gewesen, denn an Goldfische darf man nicht denken,
da diese damals noch nicht in Europa eingeführt waren.') In
Freiberg erregte die kurfürstliche Begräbnisstätte im Dome, an
der steh besonders das in Antwerpen gearbeitete Denkmal des
Kurfürsten Moritz') (tl5S3) auszeichnet, große Bewunderung:
vcs ist Ober die Maßen prächtig und königlich gebauet, ' heißt
es in der Beschreibung. In Dresden, dem man nur einen halben
Tag schenkte, wurde die kurfürstliche Kunstkammer besucht,
»darinnen viel herrliche Kunststücke sein, unter andern ein Ein-
horn, so an einer güldenen Kette hing," ferner ein Positiv, ein
orgelartiges Instrument, in dem die Pfeifen von klarem grünen
Glase waren. Weiter werden die zahlreichen Elfenbeinschnitzereien
erwähnt, noch heute ein Hauptschatz des Grünen Gewölbes, von
denen Kurfürst August (»553 - 1586) einen Teil selbst verfertigt
hatte, sowie eine Anzahl künstlicher Uhrwerke. Von sonstigen
Sehenswürdigkeiten wurden noch der kurfüretliche Marstall, der
Platz, an dem die Ringelstechen des Hofes stattfanden, und das
kurfürstliche Zeughaus in Augenschein genommen.
') Die trüh«te AnK»be ober OoMlischc in Eurirpa nrnnl da» Jihr 1611 wid besieht
•Jdi nur auf Sädraro]M. Brehm, Tiefleben. PJKbc. 3. Aufl. S. 3$3-
1) Vgl. Spiinser ft. «. O. 5.111.
d
Rebe da Danziger Rabih«m Arnold von Holten. 59
Dnsden bildete die letzte Station auf der langeti Reise.
Dmn nun hatten Holten und die Seinen es eilig, nach Hause
zu kommen. In redil großen Tagereisen, wobei bis zu acht
Meilen täglich zurüdcgelegl wurden, ging es nun über Lübben,
Frankfurt a. O., Küstrin, Pommersch Stargard, Kästln, Schlawe,
Ijnetiburg heimwärts, bis man am 6. Mai abends »Gottlob" in
Dntzig einfuhr.
Ober die Bewillkommnung zu Hause sagt unser Bericht
nidits, doch wird sie wohl recht herzlich nach dieser langen
Abwesenheit ausgefallen sein. Wenige Tage darauf hielt Holten
über die politischen Ergebnisse seiner Reise im Rate Vortrag.*)
Ebenso war er der Vertreter der Stadt auf dem Hansetage in
Lfibcdc im September desselben Jahres, auf dem der Bericht der
Oesuidten erstattet wurde.*)
Ober die Kosten, welche die Reise verursacht hat, erfahren
wir nur die Oesamtstimme, da sich Spezial rech nur gen leider
nicht erhalten haben. Sie bellefcn sich auf 16 007 fl., zu denen
noch 1400 fl. für Kleidung und Ausrüstung kamen.^) Doch ist
dabei in Betracht zu ziehen, daß der mehr als siebenmonatige
Aufenthalt in Madrid nur sehr wenig gekostet haben kann, da
die ganze Gesandtschaft dort als Gäste des Königs auf dessen
Kos^n lebte. Immerhin schien man in Danzig zu fürchten, daß
Hollen Vorwürfe wegen seiner langen Rückreise und der dadurch
hervorgerufenen Kosten gemacht werden würden. Denn es trug
sdnem Vertreter zu dem Hansetage im Jahre 1609, auf dem die
Rechnungen der Gesandtschaft geprüft werden sollten, auf, falls
ein solcher Vorwurf erhoben werden sollte, zu erklären, daß
Holten auf ärztlichen Rat seine Reise so eingerichtet habe.*)
Doch wurde auf dem Hansetage die Sache nicht weiter zur
Spriche gebracht.
Ein solche Reise, wie Hollen und seine Begleiter sie aus-
geführt hatten, war nicht nur eine Erinnerung für das Leben,
sondern sie galt auch in den Augen ihrer Mitbürger für etwas
AuBergewdhnliches und umgab sie mit einem gewissen Nimbus. Das
i> V|L oben S. 41.
1 Dnolitr Archiv XXVIII. 16.
n Ebenda Ji 3 f. ii(8l.
*) Eb«ndi IX. lU.
ersehen wir auch daraus, daß, als Holten, der 1617 Bürgermeister
geworden war, 1629 starb, der Pastor Dilger, der ihm die Qrab-
rede hielt, es angemessen fand, diese -beschwerliche, gefährliche
Legation*, die er -mit sonderm Lob und Ehren, aber auch mit
grolter Qeßhrlichkeit verrichtet", darin besonders zu erwähnen.*)
Uns aber, den Kindern einer so viel späteren Zeit, ist diese
Reise eines von den vielen menschlichen Dokumenten, die an
ihrem kleinen Teile dazu beitragen, das geistige Leben, die Oe-
schmacksrichtungen, die Interessengebiete ebenso wie das äußere
kleine Leben der Vergangenheit kennen zu lernen. Und so kann
auch dieser bescheidene Beitrag wohl dazu dienen, uns Einblicke
in die Entwicklungsgeschichte der Menschheit tun zu lassen.
1) Duilfer Sudlttlbliodiek XV <\ «1 c. 2.
Vom Zutrinken.
Von KLEMENS LÖFFLER.
Von unseren Trinkgebräuchen ist das Zu- oder Vor- und
Nachtrinken der älteste und verbreitetste. Eine Humanistenschrifl,
auf die wir nachher zurückkommen, will die erste Spur davon
bei den Brahmancn finden, imd es gibt sogar Leute, die es zu
den Ursitten der Menschheit rechnen. Das allerfriiheste Zeichen
der Gastfreundschaft, sagen sie, war das Darreichen eines Bechers^
und aus dieser Sitte ging unmittelbar diejenige des gesellschaft-
lichen Zulrinkens hervor.
Rudolf V. Ihering legt dem Brauch in seinem geistvollen
Buche »Der Zweck im Recht" einen sehr ernsten und höchst
praktischen Ursprung bei. Das Zutrinken war nach ihm urspriing-
tich Vortrinken aus demselben Becher und geschah, um den Gast
gegen die Besorgnis sicherzustellen, daß der Trank vergiftet sei.
Eine andere Kerleitung hat neulich von England her, aus
Chambers' Journal, ihren Weg in die deutschen Zeitungen ge-
funden. Danach wird in alten englischen Chroniken das Zutrinken
als geheimes Zeichen der Engländer erwähnt, die sich damit
nach dem Eindringen der Dänen der gegenseitigen Treue ver-
sicherten. Die Dänen überfielen nämlich die alten Bewohner
des Landes besonders häufig, wenn sie mit ihnen an der Tafel
siBen. Trank dann ein Engländer und war momentan wehrlos,
so erdolchte ihn der Däne. Die Engländer erfanden daher d.-ts
Zeichen des Zutrinkens, durch das der Trinkende einen Freund
anrief und ihm zu verstehen gab, er solle aufpassen, damit ihm
während des Trinkens kein Leid geschähe, und zur Verteidigung
mit der Waffe bereit sein.
Leider können wir den Engländern die Ehre der Erfindung
nicht unbestrlllen lassen; denn das tpiXonjoiav jiQOJiivcir übten
bekanntlich schon die Griechen bei jedem Gastmahl. Nur die
strengen Spartaner machten auch in diesem Punkte eine Aus-
nahme. Wie gut sich manche auf den Komment bereits ver-
standen, davon gibt eine von Athenäus überlieferte Anekdote
Zeugnis. Alexander der Große trank einmal einem gewissen
Proleas sechs Quart vor. Dieser leerte nicht nur umgehend
dieselbe Menge, sondern trank auch sofort dem Könige nochmals
sechs Quart vor. Als Alexander nachkommen wollte, fiel sein
Pokal auf den [k)den und er selbst mäuschenstill hinterher.
Die Römer führten den auch von ihnen gern geübten
Brauch auf die Griechen zurück und sprachen von »Graeco more
bibere" und „propinare", während sie den Ausdruck ihrer eigenen
Sprache, »praebibere" seltener anwandten. Es ist kein anderer
als der sonst so würdige Cicero, der uns fiber die Bedeutung
dieser Ausdrücke Auskunft gibt. „Bene te" oder »Bene tibi«
sagte man, wenn man sich zutrank. Doch trank man auch auf
sein eigenes oder der ganzen Gesellschaft Wohl:
Bene nos, bünc vos, bene mc, bcne te, bene noslram etia
Siephanium. (Plautus.)
Bei den germanischen Völkern erfreute sich die Sitte eben-
falls grofler Beliebtheit, ohne daß sich entscheiden läßt^ wie sie^
bei ihnen Aufnahme gefunden hat. Auch dem HunnenkönigeV
gefiel sie so wohl, daß er sie in sein Hofzeremoniell aufnahm.
Priscus, der im Jahre 446 mit einer oströmischen Gesandtschaft
bei ihm war, weiß uns davon zu erzählen. »Als wir alle nach
dem Range saßen, kam der Wcinschenk und bot dem Attila
eine Schale Wein. Er nahm sie und grüßte den ersten im Range.
Wer so geehrt wurde, stand auf und durfte sich nicht eher
setzen, bis er entweder gekostet oder auch ausgetrunken und
den Becher dem Schenken zuriickgegeben hatte. Dem sitzenden
Attila aber bezeigten auf dieselbe Weise alle Anwesenden ihre
Ehrfurcht, indem sie die Becher nahmen und nach dem Heil^^
wünsch daraus tranken". ^|
Ein Gelage am Rhein im sechsten Jahrhundert schildert Ve-
nantius Fortunatus: »Umher lagerten die Zecher bei ehernen
I
J
Vom ZutrinlMa.
73
Bechern und tranken Gcsundbdtai nm die Wette wie Rasende.
Wer nicht mittat galt als Tor. Man msfile sidi gUddich pfCiseD,
lus dem Trinken mit dem Leben davon zu koauaeB*.
Am Ende des Mtttdaiters suchten scharfe kirchticbe and
»-eltlichc Verbole das Zutrinken, vor allein das Vor- und Nach-
trinken bestimmter Quantitäten aus der Welt zu schaffen, und
wenn nian liest, daß sogar die Reichstage wiederholt dagegen
einschritten, dann wundert man sich fast, daß es sie* bis heute
tn solcher Blüte erhalten hat
Die Synode von Schwerin im Jahre 1492 bestimmte: Nee
9e mutuo in\iten1, obligenl et constringant ad commensuratos
haustiis et ad potus aequales. Der Rat von Bern wollte das
•niederländisch, lanzkneclitisch, ja suevisch zutrinken* mit einem
Pfund bestrafen, der Nürnberger verbot es bei fünf Pfund Heller
Strafe. Das Reich beschäftigte sidi zum ersten Male auf dem
Wormser Reichstage von 1495 mit der Sache und bestimmte,
.daß die Königlich Majestät allen Kurfürsten, Fürsten, Prelaten,
Grafen, Freien Herrn und Stenden sdireibe und gepite, in jren
Höfen, von yren Dienern, auch sust allen jren Underthanen das
Trinken zu gleichen, vollen und halben nil zu gestatten, sundcm
das tmstlich zu strafen, vnd ist geratschlagt, daß sein Kö. Majestät
sokhs in seiner Gnaden Hofe zu verbieten und zu handhaben
Desgleichen, daß es auch durchaus in allen Veltzcflgen
Veitlagern verboten vnd nit gestatet werde".
Wie wenig das Verbot beachtet wurde, geht daraus hervor,
daß CS drei Jahre später in Freiburg, i500 in Augsburg und
IS 12 in Köln in immer drohenderen Worten wiederholt wurde.
Man machte sich so wenig daraus, daß man sich mit dem Spruch
zutrank: »Es gilt dir des Reichs Abschied wider das Zutrinken-.
Besonders liebevolle Beachtung fand natürlich der klassische
Brauch bei den Humanisten. Sie legten die Fonneln fest, mit
denen man zutrank und nachkam. Erasmus von Rotterdam
UBt einen Rundtrank folgendermaßen vor sich gehen. Der
Hausherr Christian fängt an: Ebibetis igitur ordine suum quisque
calicem, a me exemphim capiatis! Tibi hoc primum propino,
Mida! Midas antwortet: Accipio abs te Eibenter. Er trinkt dann
dem Nächsten zu: Erasme, praebibo tibi dimidiatam pateram!
Mbhe.
Kd Ve
Klemens Löffler.
Darauf antwortet Erasmus: Precor, ut sit tibi bono. «Pi
tibi" und >Proficiat" hält Erasmus für weniger gute Ausdruck«
In anderen Trinkvorschriften wird mehr verlangt. D<
Vortrinkende soll einen Hexameter extemporieren und der Nach-
kommende mit einem solchen oder einem Pentameter antworten.
Zum Beispiel;
A.: Hoc tibi ht xif^rof poclum de, care sodalis.
Oder: Praebibo, quicquid id est pocii, studiose Jacobe.
Oder: lam bibo, deinde statim me, Petre, scquare bibendo.
B.: Sit friix, faustum, Petrt dtscrte, tibi!
Oder; Sil felix, cams potiis uüiquc tiius!
Oder: Accipio oblatum pei^rato pectore poctum.
Auf das Nachkommen wurde streng gehalten. In der
Pappa puerorum des münsterischen Humanisten Murmellius
trinkt ein Knabe seinem Kameraden einen Kalben, diinidialum
poculum (ein polken halQf vor. Dieser aber, ein schwacher
Trinker, winkt ab: Ne mihi praebiberis quidquam, quod tibi
responderc non possim (Wil my nycht brengen, want ich dy
geyn gelych gedocn Jean)! Empört droht ihm der erste: Nisi
tantundem potaris, hunc calicem tibi in os impingam (Het en sy
saich, dat du my gelych sals doen, ich sal dit cruysken dich
voer den cop werpen).
Eine ganz ährliche Szene findet sich in den Dunkel-
männerbriefen. Auch bei den Obskuren ist der löbliche
Brauch im Schwange, cum sociis ad dimidios et lotos bibere.
Bei einer solchen Kneiperei setzt es nun einen Bierskandal, über
den der Magister Bernhardus Ptumilegus in seinem drolligen
l^tein selbst berichten mag: Et semel in una zeccha, quando
bibimus cerevisiam Turgensem, et sedimus usque ad terliam
horam, et ego fui modicum ebrius, quia ilEa cerevisia ascendil
mihi in capul, tunc fuit ibi unus, qui alias non stetit bene mecum,
Let ego apportavi ei unum modicum canfarum, et ipse accepit;
sed postea non voluit mihi simile facere; et ter cavisavi (trat)
cum, et non voluit mihi respondere, et sedit cum silentio et
nihil dixit; tunc ego cogitavi: »Ecce iste alias spernit te, et est
superbus, et semper vull te confundere". Et fui commotus in
ira raea, et accepi canlarum et percussi ei ad capul. Davon ist
Vom Zutrinken.
75
natürlich der andere wenig entzückt, und es geschieht dem hitzigen
Rumilegus ganz recht, wenn er an die Luft gesetzt wird.
Es ist nicht sehr rühmenswert, daß auch das »Mauern"
von den Humanisten gelehrt wird. Wenn einer aus irgend einem
Oninde nicht nachkommen kann, soll er wenigstens den Becher
an den Mund führen und so tun, als ob er trinke. So raten
Brunfcls und Erasmus. Wenn der Betreffende noch jung ist,
kann er dem Alteren, der ihm etwas gekommen ist, auch ver-
sprechen, später, wenn er erwachsen ist, nachzukommen.
Ein sehr gewissenhafter Nachtrinker ist der von Friedridi
Dedekind (1549) so köstlich gezeichnete Qrobianus. Er trinkt,
bis ihm der Atem ausgeht oder Tränen in die Augen kommen
oder nichts mehr im Olase ist. Damit man sehen kann, daß er
ordentlich nachgekommen ist, stülpt er den Becher um.
Oe^en schlechtes Nachkommen wuBte man sich durch einen
Bnnreichen Apparat, die Bierleiter, zu sichern. Der Vortrinkende
Meckte sie in sein Oias, trank einige Sprossen weil vor, und
cbcnso\'iel mußte der andere nachkommen.
Nicht selten gab es wegen des Nachkommens Unfrieden
md böse Händel. „E& bleibt nicht dabei, daß schlicht einer
dem andern einen guten Trunk brächte und immer vor sich hin
söffe und in sich seines Gefallens trüge, sondern da dringt und
zwingt einer den andern ihm Bescheid zu tun, ohne Ablassen,
etwa auch mit bösen zornigen Worten und greulichen Flüchen,
ob man denn einen nicht für redlich achte, geraten bisweilen
auch wohl darüber in Unfrieden. Etwa misset und wiegt einer
dem andern den Wein oder das Bier zu, Irinken bei viertel
oder halben, auch wohl ganzen Ellen, aufs wenigste bei Spannen-
lang oder Handbreit einander zu oder nach dem Gewichte bei
etlichen Pfunden: und da muß es dann oft auch wohl gemessen
und abgeteilt sein, in wieviel Schlucken oder in wieviel Trünken
man's aussaufe". So erzählt Cyriakus Spangenberg etwas dick
aufU'agcnd im »Adelsspiegel".
Das 16. Jahrhundert war bekanntlich die klassische Zeit
des Trinkens nidit nur, sondern auch der Trinkliteratur.
Was man so gern treibt, davon spricht und schreibt man ja auch
gem. Daß in dieser Literatur das Zutrinken die größte Rotle
spielt, versteht sich von selbst. Gleich die erste Schrift befaßt
sich mit ihm ex professo. Es ist das der Dialogismus Hieronymi
Emser de origine propinandi vulgo compotandi et an sit lole-
randa compotatio in republica bene institula necne (1505). Die
Schrift ist auch deshalb von Interesse, weil sie uns den späteren
streitbaren Gegner Luthers einmal von einer anderen Seile zeigt
Das Exemplar der Götlinger Bibliolhek, das mir vorliegt, hat
einen sehr interessanten Titel holzschnitt, der ein Gelage darslellL
Sechs Zecher sitzen am Tisch, neben dem das Faß aufgelegt ist
Zwei trinken gerade. Der eine ist dabei, nachzukommen; denn
unter seinem Bilde steht: »Es gilt." Einer stützt schon das
Haupt in die Hand und macht ein sehr jämmerliches Gesicht
Die merkwürdige Art seines Leidens bezeichnet die Unterschrift:
Doleo ventrem inter aures. Zwei andere haben es noch weiter
gebracht Sie liegen betrunken am Boden. Während der eine
die Erde küßt, liegt der andere nach oben, und — appetitlich
sieht es nicht eben aus — ein Hund leckt ihm das aus dem
Munde hervorquellende Naß ab. Ober dem Bilde verschlingen
sich allerlei Spruchbänder: «Sobrius auroram cernere non potui*,
»Serotina potacio matutina replecione curabitur" usw.
Auf den Inhalt wollen wir uns nicht allzuweit einlassen.
Sophronius und Silenus disputieren über die im Titel angegebenen
beiden Punkte. Welche Partei ein jeder vertritt, zeigt schon der
Name an: der eine ist solide und streng, der andere ein fideler
Bruder. Silenus führt das Zutrinken auf die alten Inder zurück
und verteidigt es mit allerlei guten und schlechten Gründen.
Sophronius greift die Trunkenheit aufs heftigste an. Da sie sich
nicht einigen können, t>cschließen sie, einem gelehrten Nachbar
die Entscheidung zu überlassen. Der will es aber mit keinem
verderben und fällt folgendes Urteil. Es sind zwei ..ritus com-
potandi * zu unterscheiden. Die eine, wohl weniger auf die
Brahnianen als auf die Griechen zurückgehende Sitte, zur Be-
zeugung der Freundschaft und des Wohlwollens sich gegenseitig
zum Trinken einzuladen, hält er nicht für verwerflich, sondern
sogar für empfehlenswert. Ja, er meint, es sei nicht einmal
schlimm, wenn dabei das Maß ein bißchen überschritten würde.
Die andere, neue Art dagegen, sich Ganze und Halbe vorzutrinken
Vom Zutrinken. 77
and um die Wette zu saufen (consuetudo, qua sigillalo antes et
■esuiato vino aut plenos hauriunt auf setniplenos calices, pateras
et dnolaros interbibunt seque invicem quasi ad pugnani aliquam
invitanl et impellunt gloriamque Parthorum instar in nulla re
iBtffS queninl quam inebriando), erklärt er für höchst venA-erflich.
Ä ist nicht nur schiecht, sondern die allerschlimmslc, unmensch-
lich, gegen Gott, gegen die Natur, gegen die Ehrbarkeit und
gegen die guten Sitten und muß auf alle Weise bekämpft werden.
Was nachher noch für und wider das Zutrinken geschrieben
worden ist, z. B. »der Zutrinker und Prasser Gesetze, Ordnungen
und Instruktion * von Johann von Schwarzen berg" (15 16), das
erste ironische Gesetzbuch, Matthäus Friedrichs Schrift «Wider
den Saufteufel *■ usw., das kann ich hier nicht alles besprechen.
Nur die Bestimmungen des ersten Kommentbuchs, des
Jus potandi von Blasius Multibibus (T6I6) seien noch ange-
führt. Es werden hier zwei Arten des Zutrinkens unterschieden,
entweder nach oder außer der Ordnung. f,Nach der Ordnung,
wenn keine Person wird übergangen und ausgelassen, sondern
allen, wie sie nacheinander sitzen, wird zugetrunken. Und ein
solches Glas oder Pokal ist nun dasjenige, welches voll geschenket
und wegen Wunsches oder Bestärkung eines guten Freundes
Gesundheit und zwar stehend mit entblösseten Haupt von einem
iedcn in der ganzen Gesellschaft evacuirt und aüßgetninken
wird". (Pos, 16.) — »Außer der Ordnung zecht man, wenn man
ganz und gar keine Ordnung observieret und in Acht nimmt,
sondern bald diesem, bald jenem, bald dahin, bald dorthin, eines
nach dem andern präsentieret wird. Welches denn entweder
simplidter, schlechtweg geschieht, oder aber cum singulari sensu,
mit einem sonderlichen Verstände und Meinung. Simpliciter und
schlechtweg: wenn der Pokal nichts anders über den actum
bibendi, wie man sonst nach gemeiner Weise zu trincken pflegt,
mit sich bringet . . .*• (Pos. 19.) »Einen sonderlichen Verstandt
oder Meinung hat derjenige I3echer oder Glaß, damit einer den
andern zum Bruder erwählet und einweihet oder aber, wie man
sonst zu sagen pfleget, mit ihm auff BrOderschafft oder auff den
Datz irincket, welches auf allgemeine Weise folgender Gestalt
zu geschehen pfleget. Indem einer den andern anredet und
spricht: Wenn ich dem Herrn nicht zu jung oder zu geringe
wäre, wolle ich ihm eines auf gute Kundschafft oder Brüder-
schafft bringen. Oarauff antwortet der ander: Trinck her in Oottes
Namen, es soll mir sehr lieb seyn. DarauFf trincket er aus und,
indem er das wieder eingesehen ekle Trinckgesdiirr seinem neuen
Bruder zustellet, gebraucht er dieses Wort und spricht: Mein
Name heißt N. N., icli wil thun^ was Dir lieb ist, und lassen,
was Dir leid ist. Darauf antwortet der ander: Und eben deß-
gleichen wil ich in allem auch thun. Und nach Verrichtung
dessen schweigen sie ein wenig still und bitten darauff, daß solche
Brüderschafft durch öffters Besuchen, so von einem gegen den
andern geschehen sollj möge bestätiget und vollzogen werden.
Eine solche Brüderschafft, wie gemeldet, ist durch Oewonheit
eingeführt worden und weiß das Jus civite von derselben gar
nichts, alleweil ihm (sich) keiner durch Adoption nach solchem Recht
einen Bruder aquiriren und zu wege bringen könne". (Pos. 20.)
Miszellen.
Ein Vertrag mit einem Präzeptor
für einen jungen Adligen (1577).
Mitgeteilt von MARTIN WEHRMANN.
Ceorg Stein hausen hat in den Mitteilungen der Ge-
sellschaft für deutsche Erziehungs- und Schulgeschichte (IV, 1894,
S. 246) den Wunsch ausgesprochen, es möge durch Mitteilung
von instmlrtionen für einzelne Zöglinge die Erziehungsan-
schauung vergangener Zeiten klar gelegt und durch Beispiele
deutlicher gezeigt werden, wie namentlich auch der Adel für
Bildung und Erziehung seiner jungen Söhne Sorge trug. In
dem soeben erschienenen ersten Teile des dritten Bandes der Oe-
scbichtsquellen des bürg- und schloßgesessenen
Geschlechts von Borcke, die O. Sello herausgibt
(Berlin, A. Stargardt, 1907), ist ein sehr interessanter Vertrag
vom t6. April t577 abgedruckt, durch den Christian (Karsten)
Borckc auf Labes den Magister Christoph Schiele zum Lehrer
und Reisebegleiter seines Sohnes Messig (= Matthias) bestellt. Die
Urininde ist in den Akten des Reichskammergerichts in Wetzlar
(heute im Kgl. Staatsarchiv zu Wetzlar: B. N. 1767) abschriftlich
erhalten und wird hier nach dem Drucke bei Sello mitgeteilt.
Kund und zu wissen sei jedermenniglich, daß heut dato
zwischen den edlen und ehrnvesten Carsten Boreken, auf
Labes erbsessen, und seinem Sohne Messig Boreken an
dnem und dem erbam, ehrnvesten und wohlgelarlen magistro
Chrtstoffcr Schielen andcrsteils eine rechtmäßige Bcredunge,
rtc,
icfaa
Convention und Vorgleichunge geschehen, in Beisein unc
Kegenwart der auch edlen und ernvesten Otto und Claus,
Gevetter die Borckenj auf Labes und Claushagen erbsessen, also
und dergestalt:
Erstlich gerede, gelobe und verspreche ich, magister
Chrtstoffcr Schiele, bei meinen Hhren^ Treuen und waren
Worten, daß ich gedachten Messig Boreken ein Jar lang in
meiner disciplina wolle nehmen und mit im auf und vorl
ziehen bis gen Leipzig und dar mir zu erkundigen, wor die
beste und gelegenste Universilet sein muchle, dar wir unser Ge-
legenheit nach zum sichersten sein konten, um im in der Gottes-
furchte, guten Sitten, freien Künsten und Sprachen, und sonder-
lich noch praecepta grammaticesj dialecticcs, retorices, auch
exercitia styli und nunmehr das Studium juris aufs trewiichstc,
vleisigste, als es immer muglich sein kan und mag, {zuj lehren, auch]
alle vier Zeiten zum weinigsten zum hochwürdigen Sacramenl
zu hallen, und als ich kegen Gott, seinem Vater und mennig*
lich zu verantworten habe, nach ratsam Bedenken und Anorc
nung gedachten Messiges Vater, Carsten Borcken. Wen wir,
wils Gottj kommen, das wir unser Studirent anfangen werden,
so vorpflichte ich mich Imgleichen, daß ich mit meinem disdpulo
auf einer Stuben wohnen, in einer Cammer schlafen, aufstehe^H
und zu Bette gehen, bei einem Dische beide zu Dische gehen,
auch weiter l>eide siedes vom Dische aufstehende, t^lich des
Morgendes und Abcndes, wan er aufstehet und zu Bette gehet,
ohne Underlaß fleißig beden und aus der Bibel oder sonstcn
aus der heiligen Schrift etwas lesen laßen, auch mit im teglich
in die Lection gehen, die praecepta grammattices und dialectices
auswendig aufsagen, vorgeben und dieselbe ohne Unterlaß zu
repetiren und darinne usum in scribendo zugleich weisen und
alle Woche zwo scripta zu machen vorschrieben will^ auch alles
das, was im zu Gottesfurchte, zu Besserunge seines Lebens und
Furdenmg seines Studirens und zu Bewahrung seines Leibes
Gesundheit nutzlich und dinstlich sein muge, nicht unterlaßen
noch umbgehen will.
Darentkegen habe ich, Carsten Borckej dem emanten
magistro arderthalbhundert gute Tahler vorreichet, da er neben
Ein Vertrag mit einem Prftzeplor für dnen jungen Adeligen (1S77). 81
meinem Sohne soll einen freien Tisch und Staubenzinsen von
haben, jedoch also einen freien Tisch und Staubenzinsen, was
in zu Ehren iren studüs geboret, also ausdrucklichen genamet:
was sie alle Woche einem Dischwirte Dischgelt billicher, ehrlicher,
unvorweislicher Maßen [...], darneben pillige Staubenzinse^ ßette-
zinsen. Lichte, Holz des Winters, das sie notwendig und zu
Ehren iren studüs haben müssen. Auch habe ich dem magtsler
zwanzig Tahler getan zu den Büchern corporis iuris civilis und
sonstigen, die Messigen zum notigsten sein, auch fünf Taler dem
Furmanne bis Leipzig. So sollen die ernanten Oelde obge-
nanten magistro zugestellet sein, dergestalt, so seinem discipulo
seiner Notlurfl noch etwas behöven wurde, davon er der Ge-
legenheit nach Ausgabe und Rechnung zu tuende vorpflichtet
sein soll, auch Messige so wol also sein Register eines Lauts
übereinbalten klar, wohin und woran es gewendet wirt.
Und ich, Messig Borcke, muß bekennen, daß mein lieber
Vater mit seinen schweren Uncoslen mehr bei mir tuet und
anwendet, als sich fast sein Vormugen erstrecket. Weil ich dan
tsein vaterlichs, trews Herz nicht allein spure, sonder mit der Tat ge-
nugsam befunden und noch teglich befinde, so gerede, gelobe
und vorspreche ich bei meinen Ehren, Treuen, christlichen,
riUcrmeüigen Glauben und wahren Worten, daß ich in gedachten
allen gewogenen Puncten und sonsten allentha.]ben der Gebur
nach meinen praeceplori willig und gehorsam sein und wider
in mit Worten noch Werken im geringsten nicht sperren oder auf-
wcrfcn [will]. So will ich mich in keine Hochzeiten, convivia oder
Jndcre collalioncs ohne Voi wissen oder Bewilligung meines
praeceptoris nicht begeben, sonder von aller Gemeinschaft und
Spazirengchen, als das im Sludiren sehr hinderlich, abhalten,
«tich von der Stuben ohne sein Furwissen nicht gehen, so wol
tis den lectionibus und vom Dische, als bald der magister
aufstehen wirt, mit im oder ohne ime auf die Stuben, darinnen
vir wohnen, furfuegen, fleißig zur Kirchen, zum Sacrament und
^n die lectiones gehen, praecepta arlium und doctrinae coelestis
*uswendig lernen, auch teglich stilum exerciren und hierin oben
^ül Im Pall aber da ich im geringesten nachlessig und meine
studia nicht vortsetzen wurde, wie ich kcgen meinen Vater an-
ArcMv für KtüUttochktitc. V). 6
gelobet und wie sich doch ohne das geburet, so verpflichte ich
mich, was der Valer von Kindesbein auf an Golde und anders (.. .],
so mein Vater und Bruder mit wahren klaren Registern berechnen
können, daß dasselbe an meinem väterlichen patrimonio soll ab>
gezogen werden. Ich will von nun an vort klare Register halten
und jederzeit meinem Vater, so oft ers begerel, was auf mein
Studium gellet, von Heller zu Heller gute Rechnung tuen. Und
so ich mein Studium vieißig, wie einem Redlichen gebuere^
unvorweislich fortsetzen werde, so hat mir der Vater aus red-
lichem Herzen und Liebe zugesagt in Bei- und Anwesen oben-
benanlcn meinen lieben Vettern, alles, was ich bisher an diese
Zeit zum Teile unnutze und furgebes vorzehret und vorbrachl,
will und soll mein Vater und Bruder nicht an mein veterliche
Patrimonium anrechnen, besonder aus veterllcher Liebe schenken.
Wo ich aber über alte Zuvorsicht in Ungehorsam und Mutwillen
vortfuhre und dieser Furschreibunge alles, wie obstehet, nicht
nachkommen wurde, so soll nicht allein mich mein veterliche
Patrimonium abgezogen werden, besondern will auch meins
Vätern Strafen, wie recht, gewertig sein. Und ober dicß alles:
So ich obgenantem magistro alles, wie obstehet, nicht folgen
und hallen wurde, so sols der magister Macht haben, vor Zeit
und Stelle Tischgeld und Stubenzinsen abzuzahlen und das
übrige Geld bei gewisser Botschaft dem Vater das Geld {sie !)
zuzuschicken mit klaren Registern und guter Rechenschaft, wie
der magister auch zu volnziehende angenommen und zugesaget
Dies alles stets und fest unverbrochen zu halten, haben
wir einander mit handgegebenen Trewen fursprochen und zuge-
saget, alles getrewlich ohne Geferde. Und zu mehrer Sicher-
heit seind drei underscheidliche Recesse eineslaulende aufge-
richtet, die wir Otto und Claus neben unserm Vettern Carsten
Boreken und dem magistro Christoffer Schielen mit unserm erb-
lichen Pitschaft besiegelt Und weil ich Messig Borckc noch
kein Siege! habe, habe ich solchs zu halten mit eigner Hand ge-
schrieben und underschrieben, und ist einem jedem ein Receß
eineslautes zugestellt. Geschehen zu Labes, den Djngstag nach
Quasi modogeniti anno 1577. (1577, April 16,)
d
Ein Vettnfi mit einem PrSzeptor für einen jungen Adeligen (1577). 83
Mag. Christoph Schiele war einer von den Präzeptoren,
die den jungen Herzog Kasimir IX. (geb. 155 7), wie es in der
Lödienprcdigt von 1605 heißt, »zum Studieren, guten Künsten
und fürstlichen Tugenden in ernster Disciplin gehalten" hatten.
Der junge Fürst wurde bereits am 26. Oktober 1574 als Bischof
in das Stift Kammin eingeführt, und Schiele scheint bald darauf
seine Stellung aufgegeben zu haben. Er beabsichtigte nun,
fremde Universitäten zu besuchen, um seine Studien fortzusetzen.
Dies erfuhr Karsten Borcke und beschloß, ihm seinen Sohn
Messtg, mit dem er schon übele Erfahrungen gemacht zu haben
scheint, mitzugeben. Deshalb nahm er Schiele in sein Haus
und lieB ihn dort unterrichten. Da dieser sich durchaus be-
wikfte^ schloB Karsten mit ihm den oben mitgeteilten Vertrag.
Pitzeptor und Schüler machten sich noch in demselben Monate
luf die Reise nach Leipzig. Von dort gingen sie nach Elasel
und dann nach Freiburg I. Br. Hier starb, ein Jahr nach der
Abreise, Magister Schiele. Messig begab sich bald darauf auf
die Universität Ingolstadt, wo er ein ausschweifendes Leben be-
^n und erhebliche Schulden machte. Über die Bezahlung
dieser geriet Karsten Borcke später, als sein Sohn Ende des
Jahres i580 in die Heimat zurückkehrte, mit dem Freiburger
Qtstwirt Hieronymus Kierer in einen langwierigen Prozeß, von
dessen Ausgang wir nichts erfahren. Messig hat auch in seinem
»•eiteren Leben viel Ärgernis gegeben und ist, wie es scheint,
bald nach I60t elend aus dem Leben geschieden. G. Seilos
Mitteilungen verdanken wir die vorstehenden Angaben.
rfik
Ein Protest gegen Hexenverbrennung
aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges.
Mitgeleiit von EDUARD OTTO.
4
Der Prolest der Herrschaft Breuberg (im Odenwald) g^en
die Verbrennung von Hexen durch die Obrigkeit der Stadt
Wörth am Main scheint mir deshalb mitteilenswert, weil die
genannte Herrschaft sich ausdrücklich gegen die Unterstellung
glaubt verwahren zu müssen, als ob sie die Verfolgung von
Hexen nicht als berechtigt und notwendig anerkenne, andererseits
aber doch die Exekution anderwärts verurteilter angeblicher
Hexen sehr unangenehm empfindet und um jeden Preis ver-
hindern will, wodurch sie freilich bei den Wörthcm in den
Verdacht gerät, sie wolle ^die Hexen ledig machen«. Die Ur-
kunde würde freilich an Interesse noch gewinnen, wenn sich
feststellen ließe, ob die Herrschaft Breuberg auf ihrem Gebiete
den vermeintlichen Hexen gegenüber eine mildere Rechtspraxis
geübt hat. Übrigens gibt der umständliche Bericht des Notarius
Georg Schwarz einen so deutlichen Einblick in das kleinstaalliche
Regiment und Gerichtswesen des ZeitaUers des Dreißigjährigen
Krieges, daß das Schriftstück schon umdeswillen für die Leser
dieser Zeitschrift Interesse hat.
Der Inhalt der in meinem Besitze befindlichen Pergament-_
Urkunde ist folgender:
Instnimentum protestatio nis
Gemeiner Herrschafft Breuberg gegen
die statt Wörth wegen geschehener
execution auff der alten Strahßen Et-
licher hexenweiber.
Ein Plotest gegen Hexenverbrennung sus der Zeit des Dreißig]. Krieges. 85
In Gottes Nahmen Amen: Köndl vndt zue wießen AUer-
mennigken, die dieß gegcnwertige offen Instrument sehen Selbsten,
oder durch andere höeren Icßen, daß in dem Jahr Christi vnßers
iidmi hem vndt Seeligmachers Sechßzehcn hundert Zwantzig vndt
Aclit, gezehlt in der Eylfften Rhömer Zinßzahl, zue Latein tndictio
geiundt, bey Regierung vndt herschung des AUerdurchieuch-
ligslen, Oroßmechtigslen vndt vnvberwindllchsten Fuersten vndt
herren, Herren Ferdinandi des anderen dieß Nahmens, crwöhlten
Römischen Kayßers, zue allen Zeitten Mehrer des Reichß, in
Qennanien, zue Hungern, Böheimb, Dalmatien, Kroatien vndt
Sdivonicn Königs, Erzhertzogen zue Oesterreich, Hertzogcn zue
Biirgund, Steyer, Kämdien, Crain vnd Wuerttenbergk, Qraffens
zue Tyrol, vmßers (!I Allergnedigsten herren, Seiner Mayiesledt
Reichs, des Rhömischen im zehenden, des Hungarischen im Eylfften
vnd des Böheimischen im zwöelfften Jahr, auff Mittwochen nach
Afatthäj tagte, welcher war der vier vndt zwantzigste tagk des
Moaats Scptembris, vmb zwey vhr nach Miettage vff der Oräff-
lichen Vhestung Breubergk Ich offener vnd zue endt bemelter
Notarius vff zuuhor ordentliches in Schriefften erfordern vndt
begehren ahngelanget bin, aldar das ahn mtdi gesonnene be-
gehren zuuernehmen vndt anzuhören. Alß ich mich almgcmeldet,
hat der Ehmvhest vndt hochgelährte Herr Oodefredt Georg
Cnno, Beyder Rechte Doctor, Gräfflicher Löwensteinischer Rath
vadi Ambtmann des ohrts, mich vor sich vii seine Schreib-
stuhben kommen laßen, darinnen vor sich wegen seiner One-
digen Herrn vndt Qraffen von Löewenstein, dan auch in
Nahmen des Ehrnhafften vndt wohlvornehmen Herrens Nictauß
Mohrens, Gräfflichen Erpachischen Kelners gemelten ohrts,
»tlcher zugegen stundt wegen dieß Gnediger herschaft Er-
pach, mir die vff Pappicr verfaßte vndt wohlverauthorisirte
nachfolgende Protestation schriefft vbergeben nitt gewöhnlicher
widt gebüchrender rcquisition vndt begehren, solche zu trans-
snmircn vndt dan das Transsumpt folgenden Donncrslagk,
den Fucnff vndt zwantzigsten tagk Hujus, in Persöhnlicher
Oegenwardt deren hierzue sonderlich erbettenen glaubwuerdigen
Oezeugen (hiernach benandt) Herrn Khelner, Schultheißen vndt
Gericht zue Wörth vff dem Rathhauße oder sonsten gewöhn-
{
liehen ohrtt, wie sich von Rechts vndt gewohnheit wegen ge-
buehret, zue insinuiren vndt deren Andtwortt, oder waß sonsten
darbcy vorlauffen wurdt, vleißigk ad notam zue nehmen vndt
vff erfordern Ein oder mehr Instnimenta vmb die Oebuehr
darueber zu iierferligen. Lautlet demnach die mir vberreichte
Proteslation schriefft von wortl zue wortten wie folget! :
Obwohl man Breubergischen theileß negst verschieb nenen
*/i* Septembris dießes laufenden 1628 Jahreß in hoffnunge ge-
standen, Es wuerden Herr Heinrich Frantz, Cronbergischer Khelnrr,
HannO Lang, Schultheiß, vndt ein gantz Erbar Gericht zue Wörth
vff vnßer Beaniplten freundl Nachparliches erinnern vndt wäeder-
sprechen die Execution vber der Alten Straahßen mit den zwey
Hexenweibern eingestelll vndt anderßwo, do sie deßen befugt,
dieselbe verrichten laßen, So ist aber solches wieder Zunereicht nicht
allein nicht in Acht genommen, in ihrem vnfügk forthgefahren vndt
vff der Herrschafft Breuhergk vnzweyfflicher hoher Cenlhbahrer
ObrigkeiJt ahngeregte weiber verbrennen laßen, Sondern auch,
wie wir Beambtte berichtetj sollen dießer läge wiederumb drey
weiber ahn gcmclltem ohrtt vber der Aitten Straahßen wegen
Hexerey justificirt werden, vndt vermuhthlich ins Khuenfftig noch
mehr dergleichen actus exercirt vndtfflrgenommen werden möchten,
alß wollen wir hiermit wieder solches vnrechtmeßig beginnen
letzt alß dan vndt dan alß ietzt in solemnissima forma proicstirt
vndt, so offl sich dergleichen Fäll zutragen werden, ieder zeitt
dieße unßerc Protestation repetirt vndt wiederhole! vndt vnßerer
O. On. herrschafft an dero vhrallten wohlhergebrachten Rechten
das geringste nicht begeben, Sondern vklmehr per Expressum
alle Rechtliche Notturfft vorbehallten haben. Ist demnach ahn
euch, herm Nolari^ vnßer im Nahmen hoch wohl gedachter vnßerer
O. Gn. herrschafft begehren, daß ihr wieder solch Aigenwielliges,
wiederrechlliches procedere bester Fornib Rechtens vff das Aller-
ziehrlichst obgeniclter maßen wollet protestiren, dieöe Schriefft
transsumiren vndt das Transsumpt abgedachten Khelner, Schult-
heißen vndt Gericht! gebuehrlich insinuiren vndt deren Andtwortt
vleißigk ad nolam nehmen vndt vff erfordern Ein oder mehr
Instrumenta vmb die gebuehr verferttigcn. Hierahn verrichtet
ihr, waß euer Notariat Ambtt ausweißet Datum Breuhergk den
Ea Protest gegen Hexen Verbrennung aus der Zeit des Dreißigj. Krieees. S7
liSeptembris Ao. t628. Beambtte doßetbst. Oodefr.Qeorg Cuno,
Nioobuß Mohr.
Weil ich nuhn, nachgeschriebener Notariiis, tragenden Ambtts
bher hierin veruielligen sollen, So hab ich mich sambt eben
ladengemelten Gezeiigen vndt mit dem Schultheißen von Stein-
miuiwi, Hannß Hengel, genandl Donnerstags morgens fruehe
niher beruehrtem Wörth verfuegt, doselbstcn zwieschen Sechß
vndt Sieben vhrcn vor Miettage ahngelanget vndt vorgcdachlen
kam Khelners, Schultheißen vndt Gerichtts vnderm Rathhauße,
AUar das Gericht gehalten worden, erwarttel, bis endilichen der
Kbdner vorgedacht (Als schon ein mechtiger Umbstandl bey
douider versamblet gewesen) nach Acht vhren das Oerichl zue
besitzen kommen vndt im eingehen [mich hefftigk angesehen,
grstracks vnderm Rathhaufie vnder den Umbstand zum Gerichts-
tiesch, so mit einem gmehnen wuellen Teppich belegt gewesen,
zugegangen vndt nicht, wie zuvhor beschehen, die Trepffen
binauff zum Schultheißen vndt Schöepffen vff das kleine judicir
Stuehblein gewandert; hat den Kraihß oder Ringk, wie man es
rennt, mit langen Spiehßen oder l^iecken schließen laßen mit dem
Stadt Knecht vndt Anderen Buei^em, so in der Ruestunge ge-
standen, heimblich, daß ichs nicht gehörett, geredt, Nach dießem
durch den Stadt Knecht herm Schultheißen vndt Schöepffen von
oben hernieder fordern vndt bey den tiesch sich niedersetzen
laßen, Aldar hin sich der Khelner auch gesetzelf. Ich, Notarius,
in Beyseyn der hiernachbemelten Gezeugen durch den Stadtknecht
mich ahnmelden laßen, wollt gebeten haben, mir vor heegunge
des Gerichtts audientz zue geben, hette ein etwas vorzuebringen.
Khelner mich fragen laßen, vor weßwegen es den geschehen
solle? Ob ichs vor mich setbsten thuen oder in Nahmen Anderer
verrichten wolle? Ich hinwiedenimb; Wolle es von wegen meiner
0. Gn. herrschafft Breubergk alß ein offener Notarius verrichten.
Hierauff der Khelner auf f gestanden, zue mir zugehendt gesagtt.
das Rathhauß sey seiner herm NTid das Gericht seiner Gnedigen
herrv:hafft Man gestehe der herrschaft Breubergk Nichts; hette
ich etwas zu praetendiren, sollt ichs draußen nach gehaltenem
Gericht vff der MahtstadI thuen vndt mich nuhr zue verhuettunge
Scfaiempffe hinwegk packen, Man solle mich alhier nicht höeren.
Ich zur Anttwordt geben: Ich wehre vors Oerichtt vndt nicht vff den
ExecuHons platz beschieden, wollte mein Ambtt verrichten. Hier-
mit das Transsumpi herfuergezogen vndt dem Keiner dargereicht
cum Protestatione et contradictione wieder den Actum, daß solcher
vber der AlUen Straahßen vff der herrschafft Breubergk vnzwey(f-
licher hoher Centhbarer Obrigkeit wiederumb, wie verlauttet
werde, wieder dero B reu bergischen Beampiten hievoriges Con-
tradtdren, so wenigk in Achlt genommen worden, ahnietzo solle
vorgehen vndt mit der justjfication ietziger dreyer hexenweibcr
effectuirel werden. Es hats aber obengedachter Khelner nicht
wollen gutwielligk ahnnehmen. Undt alß Jn Gemein im gantzen
ümbstandt, wie ich Selbsten gehört, geredt worden: O der will die
Hexen gerne ledigk machen, hab ich zum Khelner gesagt: Meine
G. Gn, herrschafft Breubergk ist nicht gemeinel, das Hexenwcßen,
daß die 21äuberer oder Zauberin nicht sollen verbrannt werden, zu
hintertreiben, Sondern Sie laßen gnedigklich dagegen protestiren,
daß die Justification vff ihrer G. On. ohnstreit bahrer Obrigkeit
geschehe vndt vorgenommen werde; wan solche vff Wörthischen^
grund vndt Bodem beschehe, wehre man wohl zufrieden: Nuhn
aber deme zue wieder gelebt werde, thätte man dargegen prote-
stiren vndt es in solemnissima forma wiedersprechen. Khelner:
Ich hette meinen Bescheydt, solle mich nuhr zue verhuettunge
Schiempffs von dannen packen, die Buergere hellen schon albereits
Beuhelch vndt wueßten, waß sie thuen solten; Hettc oder wueßte
Ich aber ein eigenes Exempell, daß vor Hundertt Jahren ein
solcher Casus ahn gemeltem ohrt wehre hintertrieben oder ahn-
gefochten worden, wolle er es höeren, ietzo nicht; Ich höere
wohl, daß ich mich von dannen machen soll. Ich in praesentta
omnium astantium zur Andlwortt geben: Wir Bcyde seyen noch
wohl kauhmb Hundert jähr attl, wo er, Khelner, mit dießer StadI
herkäehme, das nehme mich wunder, daß er so ohnverschähmbdt
vffgezogen komme. Khelner den Buergem, so in der Ruestunge
gestanden, zugesprochen: Sie wueßten, waß sie thuen soltten.
Sollten zugreiffen. Ich dagegen: wolle gebetten haben, Schierapff
vor zu seyn, wolle mein Ambt verrichten; Alßo nochmals semel
pro semper contra ipsum Actum protestirt vndt die Zeugen ahn-
gemahnet, Alleß vleißigk ad noiam zue nehmen. Der Khelner:
4
Gl ftolest cegen Hexen verbminung aus der Zeit des Dreißig]'. Krieges. 59
[a wohl ad notam, ad notam! Packet euch khurtz von dannen,
oder aber es wirdt nicht gut werden! Ich; das Rathhauß stehe
mir sowohl offen Alß auch einem Andern. Hiennit nicht aüeine
der Stadtknecht, Sondern auch die Buergere mich Abziehen
fccfficn, muestcn sonsten thuen, waß mir nicht lieb vndt ihnen
leydl Mthre. Also ich abgezogen. Des Andern tags hab ich
dem Khelner, Schultheißen vndt Gericht naher Wörth geschrieben,
ifcien das Transsunipt vndt schriefftliche Protestation zuge-
schickt vndt darinnen vermeldet, weiln die Sach lis pendens,
daS vamötg aller Rechten die Sachen nicht ab Executione ahn-
griangen, Sondern bieß 2ue erörtterung daran eingehaltten vndt
köiie Neuerliche thättlichkeit vorgenommen werden solle: Ist mir
aber keine Andtwortt ertheillet worden. Geschehen Im Jahr,
Indiction, Khayßerl icher Regierung, Monatt, tagk, Stundt vndt
ohrti zuc Ahnfangk gemeldet, in Persöhnlicher Gegen wert tigkeit der
EhrBamen vndtwohlvomehroen herrn HannßPhieibertsvndtHanßen
Grawlichs, beyder Bucrger zu NewsLidt vnder Breubergk gelegen,
Alfl hierzu Insonderheit beruffcner vndt erbettener Gezeugen.
Vndt dieweit ich, Georg Schwarlz, von Hombergk ahn der
Ohm buerttigk, Fuerstlicher heßischer Jurisdiction vnderwörffigk,
luB Rhömischer Kayßerlicher Mayiestedt ein offenbahrer ge-
schwohrener Notarius, ietzo Sladtsch reiber zue Vmbstadt, bey
alten Diengen, so hie oben erzehlet seindt, neben den vor-
gedachten Gezeugen Selbsten Persöehnlich geweßen, solches Alleß
abo ergangen scyn gesehen, gehöerlt vndt theitß selbsten ver-
richlel: So hab ich hierüber dicß offen Instrument auffgerichtet,
solches mit meinem gewöehniichen Notarialzeichen signirl, auch
mit meinem Tauff vndt Zunahmen vndersclirieben, hierzue
sonderlich beruffen, erfordert vnd erbetten.
Georg Schwarz auß Rhöem. Khayß. Maytt. ein offenbah-
rer geschwohrener Notarius.
Etwas von der Einquartierung Erfurts^
im letzten Jahre des Siebenjährigen Krieges.
Von GUSTAV SOMMERFELDT.
Unter wichtigen Kriegsakten des Jahres f762 findet sich
im Stadtarchiv zu Erfurt, Signatur XI A, Nr. 20, Vol. M, Blatt 69 - 70
folgendes humoristische, für die Landessitten jener Zeit äußerst
bezeichnende Schreiben eingestreut, das ein Dr. med. der Stadt
Erfurt, der sich mit den Buchstaben D. G. M. nur unterzeichnet
hat, an einen Beamten höherer Stellung, der seiner näheren Be-
kanntschaft angehörte, über Vorgänge bei der zur Relchsarmee
gehörigen Besatzung Erfurts gerichtet hat. Als Adressat scheint
der Erfurtische Kamnierrat Johann Michael Franz Spoenla gemeint
zu sein, der sich 1762 zeitweilig außerhalb Erfurts befand. Bei
einigen Berichten ähnlicher Art in dem Aktenstück ist freilich
der Geheime Kammerrat von Lyncker genannt^ der sich um jene
Zeit in Gotha aufhielt.
»Wohfgebohrner Herr Raht^ ohnschätzbahrcr liebster Hm
Vetter! Das gütige Angedenken, welches Ewer Wohlgebohren gegen
mich zu hegen geruhet, präget meiner ergebensten Dankbahrkeit
jedesmahlen neue Merkmahle ein, dem [d. h. den] Himmel auf der
Welt bey Deroselben viel länger als Adam die Freude des Para-
diesus genossen zu haben, xind gleichwohl mit diesen merklichen
Unterschiedt, daß diesen der Brenntwein gemangelt hat Ich
denke lausendmahl meines bey Ewer Wohlgebohren genossenen
Glücks und wünsche davor meinem lieben Herren Vettern ein
langes Leben und eine niemahls zu verwüstende Gesundtheit.
Die Well hal ohnlängsl einen Nimmemüchtem verlohren, dessen
fatales Ende anbefohlener massen etwas authentisch bemerken
A
Etwas von der Einquartierung Erfurts im Siebenjährigen Kriege. 91
werde. Dem Sontag vor seinem Unglückslage hatte sich der Herr
Baron von Werther') toll und voll gesoffen, und brachte dem-
selbigen Abendt Nachtständtchen bey seinen Schönen, welche einem
[d. h. einen] Schweinspeltz verehren konten. Mierbey war er so eil-
fertig, daß er entweder berauscht oder aber vor überflüssiger
Freude in die Qehra stürtzte, ein Unfall, den besoffene Leuthe
allcmahl ausgesetzt (experientia docet). — Jedoch seinen CoIIegen
ni zeigen, daß ihme diese Kühlung nicht befrembde, so tappte
derselbe in diesen nassen, mit Nachtslühlen und Privetten ange-
füilrien Element eine geraume Zeit hentm. Solchergestalt war
diese Lust beschlossen, und der Herr ging mit seinem, sit venia,
vDiedc' nach Hause. Der folgende Montag war prädestiniret,
diejenige in Ordnung zu setzen, was Tags vorher confns hieße.
Hierzu wurde Gasthof Schleendorn, als der ordinaire Tummel-
platz ausersehen, gegessen, getrunken, gespiehlet und Judas Ischariot
verdollmetscbet. Der Major von Mejers war auch daselbst.
Werther hatte diesen sowohl, als dem Major von Eberstein
ofhermahln railUret: ,Du, Olasenapp') komt und will Dich
bohlen'! welches diesen beiden Kriegsknechlen sehr empfind-
üch gefallen.") Mithin als der von Mejers 3 Reichsthaler bey
dem Spiehle an Werther verlohren^ letzterer dem Mejers mit
dem Glasenapp zu vexiren nicht nachgelassen, ist endlich ein
lollkommener kleiner Krieg zwischen beyden entstanden, also
daß die Chartenkönige mit ihren Unterthanen abandoniret
txjrden. Werther, welcher mit seinem fixen Maulwerk das
Stillschweigen erwählet, stehet unten in der Stube am Fenster,
wekbes auf dem Hof gehet, und sein Bruder Alexander von
Werthw stehet vor ihm, in währender Zeit Mejers dem
Degfn ziehet und zwischen des Alexanders Armen durch
•) Dfe Fimilie, inf Mhlicichfn Oütmi der Gegend bd Erfurt und SÖmmerda
•iiaeBeB, hol %pAiet der ptnflischnt Ainiee viele Offiziere gntelli. Heute nennen lieh
fcAücMnem dmcr Familie voti Wrnhem.
t) Major V. Olascnipp. BrfrblKbal>cr rines uus etva 300 Husaren und Dragonern bc-
Mcadoi Korpf. wmr tm 8. September UM in Erfurt crMhienen um) halle starke
üMribMioi» erhoben. K. Beyer. Neue Chronik von Erfurt, t756-iaii. Jirfurt
W». S. lOS-tlM. - Ende Nov«iiber 1T6! lag v. Olatenipp am Johannislor bei Erftir*.
ta OfedteWihhabcr der preufllKhen SlreltkiäUe In VoiderthürinKen, Generali cutnanl Kttl
(MM^ Onf von SchmcEUD rückte mil dem Ora« im Dexeinber 1762 dann in Erfurt ein.
^ Wohl «til von Wcrthcn und von Eberjleli» in Thfirineen belegene OdUr
gqiländcn woi.
dem Werther mil einer Schilffklinge eine Handt breit neben
dem Nabel hinein und durch die Seiten im Rücken wieder
heraus sticht, wovon Werther zwar nicht gefühlet; ^) - über
ein wenig aber greift Werther nach dem Rücken, und wie der-
selbe mit der Handt wieder vorkomt, spricht sein Bruder zu
ihm, er habe ja Blut an der Handt, ob er etwa an der Handt
blessiret worden sey^ da denn allererst der Stich ecclatent wird.
Mejers bittet also dem Werther um Verzeihung, hertzet und
küsset demselben, verbürget sich und gehet zum Tempel hinaus.
Werther inzwischen wird soforth in einer Portochaisen nach Haus
geschleppt und verbunden, da denn die Wunde kein Blüht von
sich gelassen, das Geblüht alles inwendig unterloffen, und der-
selbe Dienstag darauf Abendts gegen 5 Uhr, ohne einem Prister
zu sprechen, in die Elisäische Felder abmarchiret ist, bey dessen
Eröffnung der Stich durch das Netz und kleine Gedärme be-
funden worden. Mejers ist des andern Tages früh gegen S Uhr
auf und davon nach Saalfeld geritten; wo er sidi dermahlen
aufhält, ist unbekandt - sie transit gloria mundi, sie finis coronat
opus. — Der Entleibte lAiirde in seiner Uniform in dem Sarg
geleget und nach Frohndorff int Rüstwagen geführet, woselbst
der Pachter bey dessen Ankunft flüchten wollen, weil er von
dem Tode seines Herrn nicht gewußt und geglaubt hat, er be-
komme Preußische Einquartierung. Die Frau von Werther, dessen
Mama, bejammert diesen Unglücksfall unter Millionen Thräncn-
güssen, und dieses ist es aUes, was sie demselben nachschicken
kann. Am letztabgewichenen Sontag kalimen diejenigen Effecten
wieder zurück, welche Qlasenapp dem Major von Eberstein ab-
genommen hatte. Heute Nacht um 12 Uhr ist der tapffere
Lieutenant Schill*) mit 300 Mann der Stadt vorbey entweder
auf Langensaltz oder Weißensee marchiret, wo er entweder was
aufheben will oder aufgehoben werden wird. — In Hessen findet
man allenthalben Pfähle mit der denkwürdigen Inscription ,Hüte
Dich vor Schaden'. Von dem angeschienenen Frieden verschwindet
fast die Hoffnung; Havanna macht einen großen Querstrich, die
') Die Phanluic des Meditinm beginnt hier enichtllch In slirkerer Wcüc am-
ladivcifcn.
>) Ebenfaltfi von der Reichsannce.
Etwas von der Dnqtiartierung Erfurts im Siebeniährieeii Kriege. 93
Engelländer passen auf noch mehr dergleichen fette Wachteln.
Dei auf eine lächerliche Art bekannt gewordene Schwedenkönig
»tndet seine Zeit viel besser an, indem er der Ruhe genießet.*)
Soeben kommt die Nachricht, daß der tapffere Lieutenant Schill
in Walschleben 1 0 Preußische Husahren aufgehoben habe. Gott
segne unsere Bergwerke, ist viel gescheiter. So ferne a!s der
hjcßigc Mechanicus Fischer nicht bald die Arbeit der Sonnen-
uhr« anfängt, werde ohne Anstandt das Original remiltiren. An
Dero Herrn Bruder ergehet mein ergebenst Compliment, und ich
hibe die Ehre, Dero ferneren Wohlwollen mich bestens zu
empfehlen, beharrendt Ewer Wohlgebohren, meines sehr wehrten
und ohnschätzbahren Herrn Velterj verbunderster D. O. M., Doctor.
— Den 4. November 1762".
■) InfolfEC dn am 33. Mai Mit gochtosscnen defiiilUvra Frieden zvhchen Schweden
od PmtBen; Harairaa hallen die EngUndrT iitilCT 0«ieni1 Albcmorlc am 1). ^ugnsl 176t
Zur Legende von der Jagd des Einhorns.
Von FRANZ KUNTZE "
I
Bald nach der Publikation meines im 3. Heft des fünften
Bandes dieser Zeitschrifl erschienenen Aufsatzes: »Die Jagd des
Einhorns in Wort und Bild" hatte Herr Archivrat Dr. Albert in
Freiburg die Freundlichkeit, mich darauf aufmerksam zu machen,
daß er schon im Jahre 1898 im 25. Jahrgang des Schauinsland
über das gleiche Thema gehandelt hat. Ich erkannte nach Ein-
sicht des Aufsatzes sofort, daß hier wichtiges, mir nicht bekannt
gewordenes Material veröffentlicht ist, und erlaube mir daher,
auf Grund desselben einen kurzen Nachtrag zu meinen Aus-
führungen zu geben. Vor allem, weil meine erstmalige Darstel-
lung den Eindruck hervorrufen könnte^ als ob die bildh'chen
Darstellungen der Einhornjagd vorzugsweise in Mitteldeutschland
heimisch wären und der Süden weniger daran beteiligt sei.
Aber aus Alberts Publikation ergibt sich, daß Süddeutschland
ein viel größeres Kontingent hierher gehöriger Bildwerke stelll,
als ich bisher angenommen habe.
Ein hochinteressantes Denkmal ist eine Schnitzerei am
ChorgestQhl des Doms zu Konstanz, die im letzten Viertel des
15. Jahrhunderts von Nikolaus Lerch angefertigt ist. Inmitten
eines dichten Blatt- und Rankengewebes sieht man den Ober-
körper der Jungfrau, ganz von den aufgelöst herab wallenden
Haaren verhüllt -- ob sie als Waldfrau gedacht ist, wie Albert
meint, lasse ich dahingestellt sein —, und vor ihr das Einhorn
stehend. Auf der entgegengesetzten Wange des Gestühls is^
wie Albert sagt, der Jäger dargestellt «als Waldmensch" mit drd
Hunden. Es ist aber eigentlich wohl nicht der Jäger gemeint, der
das Wild mit den Hunden hetzt - dem widerspricht schon die
ruhige Haltung des Einhorns - , sondern der Fänger. Also _
*iir LfgCTide von der Jagd des Einhorns.
95
äix Profandaretellung frei nach der späteren Physiologuslegende,
wobei allerdings eine Eigenheit darin liegt, daß der Jäger von
drei Hunden begleitet ist, was sonst auf Bildwerken dieses Typus
oichl vorkommt und wohl aus den Darstellungen der himm-
üsdien Jagd entlehnt ist Dann folgen einige Darstellungen der
himmlischen Jagd. Auf dem Stadtwappen der Stadt Meersburg') ist
eine solche auf dem obem zu diesem Zweck ausgesparten Rande.
Der Jäger stößt Ins Hörn, die Lanze fehlt. In den Ecken des Bildes
erblickt man vier Frauengestalten, die durch Inschriften als
Justitia, Caritas, Fides und Spcs bezeichnet sind, und Albert ver-
skfaertt daB dies auch die Namen der vier Hunde sind. Wenn
dts richtig ist - und es wird wohl so sein - , haben wir
mederum einen Beleg für den Typus der Dreizahl Caritas,
Rdes, Spes, die dann nur durch die aus der anderen üruppe
ftunmende Justitia verstärkt wäre. Eine ähnliche, höchst an-
mutige Szene befindet sich auf einem Hans Holbein dem
Jängcren zugeschriebenen Glasgemälde, das jetzt im Besitz des
Freihcrm Hcyl zu Hermsheim in Worms ist. In der Mitte
steht Maria mit der Krone auf dem lang herabwallenden,
lodit gekräuselten Haar, das Szepter in der Linken^ das Christ-
tindchen in der Rechten haltend. Oben im Spitzbogen ober
der durch Baumzweige, die in einen BlütenstrauB verlaufen, ge-
bildeten Umrahmung des Hauptbildes sieht man links die
fangfrau mit dem Einhorn, rechts von dem BlütenstrauB auf den
Knien den blasenden Engel, und vor ihm, zum Teil noch ver-
deckt von ihm, zwei Hunde, während er die beiden anderen an
einer Leine hinter sich herzichL
Zwei andere Bildwerke befinden sich in Kolmar: eine
Khöne Miniatur in einem Brevier des Dominikanerklosters aus
der ziNveiten Hälfte des 15. Jahrhunderts - links die be-
iciinzle Gottesmutter, dann das Einhorn, die vier Hunde mit
Spruchbändern, der geflügelte, ins Hom stoßende Engel, das
Qntze durchwirkt von einem stilisierten Ranken- und ßtütenge-
»ebe, wohl der Andeutung des hortus conctusus - und ein
fr&6eres Gemälde auf der Rückseite der sogenannten Schon-
■> Aal den Rxlhuse dct Slailt, aneHertigt von Tobiu SttmintT im Jahre I5SI.
gauerschen Passion im Museum zu Unterlinden. Hier ist
auf der Oberlahnstciner Stickerei der hortus condusus umgeben
von einer kreisförmigen, zinnengekrönten Mauer. Im übrigen ge-
hört das Bild dem Typus an, den wir auf den dekorativen Ge-
mälden dieser Gattung gewöhnlich finden: da ist der Engel mit
Hom, Spieß und Leilseil, an dem er die Meute führt, das
springende Einhorn, die Jungfrau, dazu über das Bild verteilt
eine Anzahl der üblichen Embleme und Spruchbänder.
Andere Denkmäler dieses Typus, die Skulptur auf einem
Altarschrein in Klagenfurt, ein Altarbild in der Deutschordens-
kirche zu Friesach in Kärnten, zwei Stickereien, die eine im
Privatbesitz der Familie Tobler in Stuttgart, die andere ein Vor-
hang, der, aus dem weltberühmten Kloster auf dem Odilienbei^ge
stammend, jetzt der gräflich Uexkult-Oyllenbandschen Familie in
Kannstatt gehört, endlich das bei Niederlegung einer Kirche ge-
fundene Bruchstück eines Wandgemäldes im Museum zu MühU
hausen im Elsaß, nenne ich nur, um gleich zu dem Interessan-
testen zu kommen, was die Abhandlung von Alberl bietet,
nämhcli zu der Abbildung und Besprechung einer Skulptur, die
sich am Erker des alten UniversitStsgebäudes, jetzigen Rathauses,
zu Freiburg im Breisgau, befindet. Das Haus, ehemals »-zum
Rechen" genannt, ist erbaut von dem Dr. med. Joachim Schiller, und
der Bau wurde begonnen im Jahre 1539. Diese Zahl nennt dernoch
erhaltene Baustein^ der zugleich den Namen des Bauherrn angibt
und rechts von der Inschrift das Familienwappen trägt, welches in
seiner Vierung, und zwar im ersten und vierten Felde den Oberkörper
eines Einhorns, im zweiten und dritten je zwei Pfeilspilzen zeigt
Man sieht hieraus, woher Schiltcrs Adelswappen stammt, er wird
es von seinen Vorfahren als altes Familienerbe übernommen
und erneuert haben. Die Idee und die Ausführung des Bild-
werks aber, das aus dem Jahre 1543 stammt, ist so eigenartig,
daß es nirgends seinesgleichen findet. Im modischen Zeit-
koslQm mit weiten Puffärmeln und Kopfschmuck sitzt die reich-
gekleidete Jungfrau auf bequemen Polsterkissen, während das
F-inhorn in einiger Entfernung auf sie zuspringt. Der blasende
Engel aber ist ähnlich wie auf dem Jenenser Evangelistarium
ersetzt durch einen auf der rechten Seite des Erkers angebrachten
Zur L^mde von der Jigd des Clnhoms. 97
geflügelten Genius, einen feisten, dickbäuchigen JunRcn, der
nicht drei oder vier, sondern nur einen nach Art einer Do^e
gebildeten Hund am Leitseil führt und mit aller Gewalt ins
Hom stößt. Auf der entgegengesetzten Seite des Erkers zieht
cb inderer ungeflügelter Genius zwei Ochsen, mit jeder Hand
eineii, aus zwei gegenüberliegenden Ställen. Dazu bt folgendes
Oisüchenpaar angebracht :
Alle habitat virtus gmcrosae (gnosae) conscia praedae,
NoQ capit banc sordes aut hypogaea colens,
Una Salus est monoceros composque saltttis
Virgo, a terrenis mcntc Icvata fides.
AibcTt meint, daß wir es hier mit einer rein sinnlichen Dar-
stellung der Einhomjagd mit Ausschaltung des religiösen Ele-
nentes zu tun haben. Er schließt das aus der modischen
Tracht und Haltung der Jungfrau, sowie aus dem Fehlen aller
Attribute, welche sonst die Jungfrau ats Gottesmutter charakteri-
sieren. Aber die letzteren fehlen, wie wir gesehen haben, auch auf
loderen Darstellungen der himmlischen Jagd, wie denn auch
Airchaus nicht immer die Maria, wo sie erscheint, mÜ dem
Glorienschein ausgestattet ist Und wenn sie hier als Weltdame
im modernen Prachlgewande dargestellt ist, so mag uns das
rwar geschmacklos dünken, tritt aber doch keineswegs aus dem
Rahmen der im Mittelalter bis auf die Neuzeit gelterden Kunst-
auf£issung heraus, wonach historische Personen ohne Rücksicht
auf die Zeit, in der sie lebten, durchweg im Zeitkostüm darge-
stellt wurden. Dazu kommt, daß meiner Meinung nach die bei-
gegebenen lateinischen Verse gar keine andere Auffassutig als
die übersinnliche zulassen. Denn der Sinn ist doch wohl dieser:
Hoch thront die Tugend, die sich des herriichen Lohnes bewußt
ist, den jedoch nicht der empßngt, der in Gemeinheit oder
Finsternis versunken ist {sordes möchte ich lieber als von colens
abhängigen Akkusativ plur. auffassen, während Albert es für
den Nominativ hält). Nur ein Heil gibt es, das ist das
Einhorn, also Christus, und die dessen teilhaftig gewordene
Jungfrau. Aber dazu bedarf es eines über alles Irdische er-
habenen Glaubens. Durch diese Worte soll doch wohl die Be-
ziehung des Bildes auf die Menschwerdung bestätigt werden.
Was bedeuten nun aber die Ochsen auf der linken Seite des
ArUv lär Knllurgnchfchlt. VI. 7
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Erkers und der Knabe, der sie aus dem Stalle zieht ? Das
ist eine schwierige Frage, an deren Lösung man verzweifeln
möchte. Oder sollen etwa die Ställe wie die Tiere eine An-
spielung auf den Ort bedeuten, wo das Christkind zur Welt
Itani? Ich gestehe, daß dies mein erster Gedanke war, als ich
versuchte, mir den Zusammenhang des Ganzen deutlich zu
machen. Freilich «meine ersten Gedanken sind gewiß kein
Haar besser als jedermanns erste Gedanken, und mit jedermanns
Gedanken bleibt man am klügsten zu Hause«, sagt Lessing.
Es wird aber doch erlaubt sein, einen solchen ersten Gedanken
zur Prüfung vorzulegen.
SchlieUlich möchte ich noch ein Volkslied mitteilen, das
besser als alle anderen die himmlische Jagd im Einklang mit der
bildlichen Darstellung illustriert; es ist von Drewes: Die Jagd des
Einhorns {Stimmen aus Maria-Laach, Freiburg i. B, 1S92)
veröffentlicht worden.
Hoch von dem thron ein Jeger
der Jaget das Einhorn fein,
Ein ausserwelte Jungfrawe
streckt aus ihr ärmlein tialde,
mit Iiist sprang es darein.
Gott sandt vom Hl mm eisthrone
Den Engel Gabriel
All 7.U Maria der schone,
solt geberen Gottes sone
mit Namen Enitnanuel.
Die Hündlein, die es jagten,
fcriebens frisch und wol getrost
Die Wahrheit und QcrechtigkeU,
Fried und auch Barmhertzigkeit,
der Jungfrawn in den schos.
Die Jungfraw die was edel
War Kfiniglicher arth.
Von David und dem Salomon,
getHir sie Jhesiim Gottes son
gantz rein, keusch und zart.
(bei Albert a. a. O. S. 74.)
Besprechungen.
Riri Breysii;, Die Geschichte der Menschheit. Band I. DieVölker
der («igen Urzeit. Ereter Band. Die Amerikaner des Nordwestens und
ioNordens. Mit einer Völkerkartc. Berlin, Bondi. 1907. (XXVII, 563 S.)
Der Plan, die Oeschichte der Menschheit zu schreiben, ist älter als
«V vir uns geröhnl liaben, Weltgeschichte zu nennen — ein Ausdruck
Btv^ois, Über den sich mit gelehrter Entntstune aufzuhalten uns nicht
bqpäodeler erscheint als die sittlichen Zomausbriiclie über unsere Brief-
libtT- und Unterschriften. Geschichte der Menschheit, d. h. der Entvick-
hns ihrer großen Typen gibt das Buch Genesis, auf dessen Pfaden das
MiUeUlter bis zu BcMsuet und GÖrrcs einschließlich (wenn Oörres nidit
Mitteliltcr Ist. wer ist es dünn?) die EDIIe der Geschichte zu ordnen bestrebt
tv. Und wie diese Konstruktionen besser fun da men tieften Weltge*
Mhichlen von bescheidencrem Gepräge varauszogcn, so öffnete wiederum
jeder Vosuch einer geschichtsphilosophischen Darstdlung seil H^el den
T«2 tüT Ranke und seine Nachfolger.
Auf die Neuartigkeit seines Unternehmens scheint uns deshalb der
Vrrfasser in seiner übrigens sehr wichtigen \ind anregenden Vorrede zu
{roBes Gewicht zu legen. Der chronologischen Ordnung früherer Welt-
(Bcfaiditen oder der geographischen Helmolts stellt er die nach Stufen
pgenfiber: Stufen weltgeschichtlicher Entwicklung oder, theologisch aus-
pdrückt, Klassen göttlicher Pädagogik suchten doch aber all jene höheren
Mch zu geben. Und wenn B. hofft, daß sein ElntetlungspriTizip vor den
Venrimingen schützen wird, die jene Prinzipien räumlicher oder zeit-
ficher Kontinuität mit sich bringen, so spricht aus ihm hier eben jener
frische Enthusiasmus des Pioniers, der das Werk überhaupt so licbens-
viinjig macht; aber nur fQr die ältesten Stufen, wo noch eine völlige
Isolierung möglich ist. dürfte er recht behalten. Später werden Völker von
gontscbter Kultur, Stämme, die sozusagen zwischen zwei Stufen auf
der Kante stehen, eine rdnliche Durchfühning aucli dieses Prinzips
(diwierig, wenn nicht unmöglich machen. (Vgl. allg. meinen Aufsatz
über Prinzipien wissenschaftlicher Periodenbildung, Euphorion S, 1 f.)
Auch daß B. In die ■vorgeschichtlichen'* Perioden eintaucht, be-
dentet an sich gegen jene Welthislorikcr keine Neuerung, denn auch sie
ncfaen ja den Menschen auf seinen Vorstufen auf, und Görres macht aus
jedem Schöpfungstag eine Epoche der r*rähistorie. Wohl aber ist die
Entschiedenheit, mit der er den »frühen Menschen" in all seinen Lebens-
äußcnjn^cn zu erfassen und hieraus seine .Totalität- (vie Qocthe sagen
würde) zu konstniieren sucht, ein Fortschritt. Ihn leitet dabei eine ^m-
pathischc Sympatliie mit dem Menschen der Urlcultur, die ihn sogar die
bildende Kunst der Kotiimbianer mit romanischen Bildwerken (S. 271,
275) und anderer hoher Kunst (S. 286) oder ihre Erzählungen (S. 30S)
mit Boccaccios Novellen vergleichen läßt. Gerade bei einem Bewunderer
Nietzsches wirkt ein so weitgehendes Anstnunen primitiver nMeisterwerklein"
(S. 506, vgl. 6S5] befremdend; man fühlt sich an den Maler Gauguin
erinnert, der auf Tahiti Auffrischung der alten Kunst suchte. Vielldcht
ist dieser kulturhistorische Gauguinismus betlsam als O^enbewegung auf
eine Geringschätzung der , Wilden-, die doch freilich schon recht weil
zurückliegi (vgl, Breysigs Übersicht der Prähistoriker S. 9U., 569, 519, bd
der auffallcndcrwcisc Frazer und Lang nicht genannt sind). So ist die
Anschauung, da/J der Neger den Fetisch selbst anbete (S. 4^^). doch wohl
längst nicht mehr die allgemeine Meinung; an sich aber (gegen S. 98)
scheint mir der Terminus nicht verwerflich, ]a unentbehrlich.
Breysig faßt die Geschichte der Menschheit {S. 5*)) als .fließende
Zustandsgeschichle« auf, ein glücklicher Ausdruck; aber der voHtegende
Band gibt doch eben auch nur ^beschreibende Ceschichle", so sehr der
Verfesser diese sonst als etwas ansieht, was überwunden werden muH .
Freilich ist bei .Kindervölkern" (5, 92, wieder ein hübsches Wort, vogegea
das häufige ^kindhaft" mir nicht recht gefallen will) der Entwicklungs-
gedanke (S. 52) nur tnit Vorsicht anzuwenden; denn der Versuch, hinter
den breit stagnierenden Zuständen fn'ihere aufzufinden, führt doch schließ-
lich stets zu einer unsiclieren Spekulation (wie S 260, oder noch mehr S. 163),
z. B. über den Urzustand der Sprache (S. 475). Am Ende sind .Natur-
völker" doch wohl solche, die (nach der romantischen Definition, die
freilich von den Romantikern selbst wohl gerade im entgegengesetzten Sinn
wäre gebraucht worden!) keinen .eigenen Mittelpunkt" haben und deshalb
von außen angestoßen werden müssen, wenn auch schließlich nur durch
die »Verchristlichung" (S. 194). Die .Einheit des geistigen Schaffens«
(S. 350) ist kein Gegenbeweis: sie entsteht bei jeder Stagnation und ließe
sich sogar mit der Verfallshypothese, die neuerdings Lang wieder verficht,
hl Einklang bringen.
Innerhalb dieser Einheit ist es docli naturgemäß die Mythologi
die B. am lebhaftesten interessiert, und seine Nachweisungen zu der En
Wicklung des ..Hcilbringcrs" (S. 249) scheinen uns so wertvoll wie d
Durchschlagen seiner Lieblingshypothese vom TiergÖtlertum (S. 22t)
bedenklich. Näch&tdcm wird die Kunst am eingehendsten betraclttet,
aber auch das primitive Wissen feinsinnig ertäutert (S. 330f.); sdilcchter
kommt die Sitte fort, deren Beschreibung unter dem vorschnellen Zu-
dringen der völkerpsychologischen Erklärung leidet. So wird der Nasengruß
der Eskimos (S. 391) als .sehr zutraulich" gerühmt und ihm ein Nach-
klang Forster^cher Unschuldshymncn angehä^ngt; aber sollte in einem Klinu,
M
101
woselbst >dic Kunst cinfnert- (S. 471), nicht einfacli, vieandersvo, der
m vmigsten bedeckte Körperteil grfißen? - Die DarslelhmBen des
mtllidieD oder vorstaatlichcn Lebens tHorde und Gcschlcclit S. 168 u. ö.)
inbn mich am venigsten befriedigt; ich konnte mir kein klares Bild
in B&. Ausführungen bilden, und vas er vorlrigt, schien mir geringe
DUn mit zuviel Spekulation zu belasten.
Obefblicken wir diesen Anfang der wellhistorischen Porlrätgalerie,
» Tcrden vir doch nicht Bedenken tragen, auf Bre>-sig die Lobesworte
inrowcnden, die er selbst, willig im Anerkennen, Reichs »Mimus- zu-
oltill (S. 313 Anm.). daß das Buch .zunäclist andeutungsweise, aber mit
Kkkcbthin menschheitsgeschicbtlichem Spürsinn und in wahrhaft ent-
ffeUuDgsmäßiger Auffassung' «weite Sichten über die Erde hin eröffnet!»
Richard At. Meyer.
Ernst Stecke, Mythus, Sage, Mirrhen in ihren Beziehungen zur
ö^nwart. Leipzig, Hinrichs, 1906, (29 S.)
Emt Siecite, Drachen kämpfe. Untersuchungen zur indogennan.
Svrbunde (Mythologische Bibliothek, herausgegeben v. d. Gesellschaft
für vgL Mythenfoischung, 1,1). Leipzig, Hinrichs, 1tJ07. (123 S.)
Sieckc wehrt die Geringschätzung ab, in die die vergleichende
Üytliolflgie geraten sei. Nicht mit Unrecht; aber leider werden Schriften
wie seine »Drachenkämpfe» diesen Drachen schwerlich niederzwingen.
East war bei Max Müller alles Sonne, bei Wüliclnt Schwartz alles Oe-
»ttlr; wenn bei Ernst Siecke alles Mord ist, sehen wir darin keinen
fortschritt Hochmütig spricht der Verfasser über die ab. die etwa (S. 61)
bei der lemSischen Hydra an die Auslrocknung eines Sumpfes denken:
de hallen selbst die ältesten Bewohner Griechenlands bestimmt und klar,
ofeoe Umschweife und so, daß sie jeder verstehen konnte, ausdrucken
iäanen. Um aber die Mondscheibe zu bezeichnen, muBten die Indo-
lenunen und Semilen (S. 7t>) Harfe, Sichcischwcrt, Keilliaramer, Beil,
Hdmbtnd. Knochen, Eselskinnbacken, Rochcnstachel, Schwanzfeder eines
Hahns, Hirschhorn, giftige Schlange wählen. .Unmöglich als Mond-
vcsen zu verkennen- sind (S. 81) der Löwe, der Eber^ die Hirsch-
knh. der Stier, die Amazone, Geryones, Kerberos. Das ist doch schon
mehr fixe Idee als Methode; es erinnert mich an einen gewissen Joh. Konr
Wagncr, der in seinen köstlichen „Fauslstudien- (S. IM) erklärt: ,1m
Fasst bedeutet , Knabe* immer den Knaben Karl Moor und Don Carlos,
d.fc. Schiller. Ebenso ist dieser angedeutet durch Mensch, Tor, kühn,
bunt unr." Beweisend für solche Theorien ist dann clwa, daß (S. 99)
in Bftsiles Pentamerone die Kinder einer der Brunhild-Dornröschcn cnt-
fprecbendcn Frinzefsin Sonne und Mond heißen. Und der einzige Gegen-
tflDd in der Well, dem in jeder neunten Nacht acht cbcnschwcre ent-
(riufeln, ist (S. 107) der Mondring. .Die alten Mlren wollen aber
Wahres melden". . . . Richard M. Meyer.
BiblioUiek wertvoller Memoiren. Lebensdokumente hervorragender
Menschen aller Zeiten tmd Völker. HerausKcgcbcn von Ernst Schnitze.
Bd. I [A, u. d. T.]: Die Reisen des Venezianers Marco Polo im 13. Jahr-
hundert- Bearbeitet und herausgegeben von Mans Lemke. Mit einem
Bilde Marco Polos. Hamburg, Qutenberg- Verlag Ernst Schultze, 1907
(3-43 S.). - Bd. II [A- u. d. T.j: Deutsches Bürgertum und deutscher Add
im 16. Jahrhundert. Lebens-Erinnerungen des Bürgenncistcrs Bartholo-
mäus Sastrow und des Ritters Hans von Schweinichen. Beiirbdtct
voti Max Goos T. 1. 2. Ebenda 1907(173; 151 S). - Bd. III (A. u.
d. T-l: Au& der Dekabristenzeit. Erinnerungen hoher russischer Offiziere
(Jakuschkiti, Obolenski, WoJkonski) von der Militär-Revolution des
Jahres 1825. Bearbeitet von Adda Ooldschmidt. Ebenda 1907 (382 S.).
— Bd. IV (A. u. d. T.]: Die Eroberung von Mexiko. Drei eigenhändige
Berichte von Ferdinand Cortez an Kaiser Karl V, Bearbeitet von
Ernst Schnitze. Mit Bildern und Plänen. Ebenda 1907 (M2 S.).
Der Gedanke des vorliegenden Unternehmens ist ohne Zweifel als
ein glücklicher zu bezeichnen. Der im Dienst der heute mehr und mehr
anerkannten Volksbildungsbestrebungen siehende Herausgeber ist meines
Erachtens auf dem richtigen Wege, wenn er vor allem auch die geschicht-
liche Bildung in weiteren Kreisen zu fördern bestrebt ist. Bildung ist
in letztem Sinne überhaupt gcschtchtlidic Bitdung; ihr Maß und ihre
Tiefe können verschieden sein : aber allein ihr Besitz gibt Horizont. Freilich
betont der Herausgeber eines der Beiträge, der Sastrow'schen Memoiren,
diesen Gesichtspunkt nicht so entschieden, indem er -den modernen Leser
mit Recht von dem alten Schriftwerk fordern" !SBt, «daß es ihn nicht
lediglich (!) vom historischen Standpunkt imr(!) inleressierc": es solle ihn
„allgemein menschlich ergreifen«. Aber damit soll wohl nicht mehr
gesagt sein, als wenn der Herausgeber des Oesamtwerks für die Auswahl
der Werke den Gesichtspunkt des »allgemein menschlich interessanten«
innehalten will. Dieser Gesichtspunkt ist um so berechtigter, als weniger
interessante Memoiren desto weniger Leser finden und die Erreichung des
au^esprochcncn Zweckes der Sammlung, »die Neigung für die Beschäf-
tigung mit Geschichte und Kulturgeschichte zu stärken,* verhindern wQrden.
Die Sammlung ist auch .mehr für den gebildeten laien bestimmt als für
den Historiker von Fach", weshalb weniger interessaule Partien in den
einzelnen Werken fortgelassen werden. Unzweifelhaft wird mm gerade
bei dem größeren Publikum geschichtliche Belehning und Anschauung
am tcjclitcstcn durch die gewShlte Gattung der Memoiren erzielt und
gewissermaßen unbemerkt gewonnen. Mit Recht sagt der Herausgeber:
■Was vielen Memoiren einen so besonderen Reiz verleiht — einen Reiz,
den nur vcrhältnismäßi;^ wenige Werke der reinen Geschichtswissenschaft
ausüben können, - das ist die Anschaulichkeit und der Stimmungs-
gehalt, die von ihnen ausströmen." Der Geist der Zeiten tritt unmittelbar
an den Leser heran und das kulturgeschichtliche Milieu ihm gleichsam
A
103
pfasäsdi entgegen, bei dem einen Werk mehr, bei dem anderen weniger.
Oside vom Standpunkt unseres Interesses an der Förderung kultur-
gadiichllicher Neigungen begrfißen wir daher die Sammlung und heben
iDEtach henor, d«ß gerade die ersten Bände besonders geeignet sind,
koKnrgfschichtiiche Kenntnisse allgemeiner zu vermitteln.
Der erste Band bringt dn berühmtes Werk, die Besdireibung der
(ttisen des Venezia.ner5 AUrco Polo. Die persönlichen iirlebnisse und
Stintnungen treten hier allerdings mehr vor einer geographischen und
kulturgeschichtlichen Beschreibung zurück, aber ein allgemeines Interesse
ku dieses früher mit Mißtrauen betrachtete Werk sicherlich in hohem
Mifi^ zumal In unserer Zeit, die den Blick stilrker als je auf jene öst-
UdKn Gebiete gerichtet hält, in die der Venezianer des 13. Jahrhunderts
dach das Spiel des Zufalls einen besseren Einblick erhielt als die Abend-
Ifaidcr späterer Zeiten, bis sich erst neuerdings der Schleier mehr und
RKhr lüftete. Über die Bedeutung des Werkes braucht an dieser Stelle
nicbts näheres gesagt zu werden: es sei nur emähnt, daß es von dem-
«ü»«i neben englischen, französischen und italienischen Ausgaben bereits
doc deutsdie Übersetzung gab, die von A. Bürk mit Zusätzen von K.
f Neumann aus dem Jahre 1845. Doch ist dieselbe längst vergriffen.
faiKt ist es nun aber gerade heute durch «die zahlreldien Reisen euro-
pjacher Forscher nach Ostturkesttn. Tibet, China und Irdien" bedeutend
kidKer geworden, das Werk hinreichend /u kommentieren, eine Aufgabe,
der H. Lemke, der sich auch zum Teil um einen guten Text bemüht hat,
Ädi mit Eifer gewidmet hat. Man muß auch immer wieder bei diesem
olttdalter liehen Werk feststellen, daß die darin niedergelegten Beob-
Kfatuigen .bei dem stabilen, fast unveränderten KuHurzustandc jener
Uoderauch als Informationsquellen die größte Bedeutung erlangt haben".
Ein Register wäre doch wohl erforderlich gewesen.
Der zireite Band bringt zwei dem Kenner der Deutschen Kultur-
Sescbichte sehr bekannte Werke, die Lebenscrinnerungcn Sastrows und
Sdtvejnichcm, beide bcrcils von Freytag in seinen Bildern veruertet und
dem großen Publikum durch ausgewählte Abschnitte bekannt gemacht.
Von beiden existieren auch genügende Aufgaben. SastrowB Lebensbe-
schreibung ist 1823/4 von Mohnike herausgegeben, und seine Ausgabe
kommt für den Historiker allein in Betracht. 1860 hat L Orote dann
dae gekürzte, im übrigen willkürliche Bearbeitung veröffentlicht. Schwet-
lichens Erinnerungen liegen in der älteren Ausgabe von Büsching (1820/3) und
in der neueren von Oralcrley (Breslau 187S) vor. Der jotziRC Bearbeiter
hat bei beiden Werken zunächst eine starke Kürzung eitilreteii lassen, alle
ibm uninteressant scheinenden Stellen gesIrichcEt, ganze Partien zusammen-
gezogen usw. Auf die Handschriften ist er nicht zurückgegangen, stützt
I tich vielmehr lediglich auf Mohnike, bzw. Oestericy. Er hat aber auch auf
I »örtlichen Abdruck der ausgcu-ahitcn Slcllen verzichtet, vielmehr dieselben
I modemi:»ert, weiter aber bei dem langatmigen &istrow auch Satzbau und
Wortstellung verändert und lan^e Perioden in kleine ^tze aufKdöst tm
ganzen hätlc ich aber eine treuere Bewahrung des Originals auch für dn
ICrößcres Publikum vorgezogen. Freviag hat das in den von ihm ausgewählten
Abschnitten auch so gehalten, und Qoos hätte diesem Beispiel folgen sollen.
Um ein Urteil zu emt&glichen, setze ich den Anfang der Sastrov-
ftchen Memoiren in der Fassung des Originals, derjenigen bei Frej'tag und
derjenigen bei Ooos her:
Mohnike 1, ISf.:
Circa annum 1488 ist mein Vatter zu Rantzin im Kruge am Kirchovc
nach Anclam werts, unter den Ovstine» zu Quitov gesessen, von Hans
Sastnnren gebom worden. Nun hatt disser Hans Sastrov in Vormugen,
Gestalt, Slirke unnd Vorstande die Honien, daselbst zu Rantzin wonende,
weit Öbertroffcn, dcrwcgcn er dan auch vor seinem Ehestande auf gcmciten
Havehoven nicht unwert gewesen; das dann den Homen »bell vordrossen,
imc Schimpff, Spott, Schaden, Nachtcill, auch an seiner Gcsuntheit unnd
Leben zu gefahren, sich eussertes Könnens beflissen, unnd dar sie soUtches
vor ihre Person nicht vorrichten können noch dorfflen, haben sie ihren
Vogt . . . abgerichtett, in den Krug zu gehen, zu zechen, Zanck unnd
Unwillen mit dem Wyrte anzurichten, unnd denselt>en mit Sdilägen bis
an den Toedt abzukehren. Aber was geschieht? Da der Wyrt wüste, das
die Home ime nachgingen, unnd leichllich vomierckte, was der Vogt im
Sinne hette, ist er ime vorkommen, und ine so abgefertigt, das er schwerlich
auf den vierai aus dem Kruge hatt kriechen können. J
Freytag II, 2, l7Sf, ™
Um das Jahr t487 ist mein Vater zu Ranzin im Kruge, der am
Kirchhofe auf Anklam zu liegt und unter die Junker Osten zu Quilow
gehört, dem Wirth Hans Sastrow geboren wordwi. Nun halte dieser Hans
Saslrow an Vermögen, Qcstall, Stärke und Verstand die Junker Home,
welche ebenfalls zu Ranzin wohnten, weit übertrotfen, so datJ er schon
vor seinem Ehestande sich mit ihren HoHmfeii wol vergleichen konnte.
Das hat denn die Home Qbel verdrossen, sie haben sich aufs äusserste
beflissen, ihm Schimpf, Spott, Schaden, Nachthetl zu bereiten, ihm auch
Gesundheit und Ixben zu gefährden. Und da sie für ihre Person nicht
konnten noch durften, haben sie ihren Vogt abgerichtet, in den Krug zu
gehen, zu zechen, Zank und Unwillen mit dem Wirth anzufangen und
denselben mit Schlägen bis zum Tode abzufertigen Aber was
geschieht? Da der Wirth wusste, dass die Hornc ihm nachstellten, und
leicht vermerkte, was der Vogt im Sinne hatte, ist er diesem zuvor-
gekommen und liat ihn so abgefertigt, dass er kaum auf allen Vieren,
aus dem Kruge hat kriechen können. '■
Qoos 2t f.:
Um das Jahr 1488 ist mein Vater zu Rantzin geboren, da, wo die
Straße nach Anklam vorbeiführt, nahe beim Kirdihof. Sein Vater
Besprechuiigeii.
105
der Oastwirt Hans Sastrow, ein Hintersasse der Herren von Owstin zu
QuilOT. Ebendon haben die Herren von Hörn gewohnt. Denen ist
mön Orossvater an Ansehen und Qesult. sowie an Oe!d und Veretand
himrodweil überlegen gewesen. Vor seiner Verheiratung hat man ihr
aucfa oft und gern auf ihrem Hofe gesehen. Dann aber haben Ärger
und Verdruß bei den Leuten gewallig zugenommen. Sie haben sich alle
cnlcnklicbe Mühe gegeben, rndnem Ahnherrn allerlei Schimpf und Nachteil
an Oesundheit und Leben anzutun. Und weil die feige Sippschaft der-
gteichen nicht mit eigener Person anzufangen wagte, haben sie ihren
Vogt dam angestiftet. . . . (Er] sollte in unsem Krug gehen, daselbst
«1» trinken und mit dem Wirt, meinem Grossvater, Streit anfangen. Dabei
»Ute er ihn zu Tode prügeln. Aber was geschieht? Der Wirt merkte
nur zu gut, daß die Herren von Hörn. etwas im Schilde führten. Da
nr's nicht schwer zu erraten, was es mit dem Vogt für eine Bewandtnis
bttc. Mein Grossvaler kommt ihm daher zuvor und hat ihn so gotts-
fimracrlidi verdroschen, daß der Vogt nur mit knapper Not auf allen
Vieren hat nach Hause kriechen können.
Es ist bekannt, daß Sastrow und Schweinichen zahlreiche Einzel-
htiien zur Geschichte der deutschen Sitten und deutsdicn Lebens ent-
lullcn: e sei aber bei Sastrow auch auf die Schilderung seiner italienischen
Reise {Qoos S. 89ff.) hingewiesen. Gelegentlich der Trinkszenen bei
Schweinichen hitle vom Bearbeiter auf die damals allgemein verbreitete
Uii&itte übermißlgen Saufens und Schweigens aufmerksam gemacht werden
sollen, überhaupt auf den Gmbianismus des 1b. Jahrhunderts. Auf Einzel-
beilcn sei im übrigen hier nicht näher eingegangen. S. S6, Anm. 1 muß
es statt Zwerehnertunn Zwehrenturm heißen.
Der dritte Band hat in der Hauptsache ein politisch-historisches
biteresK. Er bringt die Erinnerungen dreier {nicht hoher, wie die Heraits-
geberin sagt, - denn einer davon ist Kapitän außer Diensten, einer
Leutnant) russischer Offiziere, die an dem Dezemberaufsland von 1825
direkt und indirekt beteiligt waren und zur Strafe nach Sibirien ver-
idiickt wurden. Immerhin ist der Einblick in den Geist des modernen
Tdb des damaligen russischen Adels wie in die russischen Zustände
überhaupt - vgl. u. a. das dritte Kapitel der Jakuschkin'schen Memoiren,
die äbrigens den größten Teil des Bandes ausmachen, über die Lage der
Bauern . endlich in das Leben der sibirischen Sträflinge von nicht
geringem kulturgeschichtlichen Interesse.
Den vierten Band hat der Herausgeber selbst bearbeitet. Bei dem
zweifellos interessanten Stoff tritt aber wieder das kulturgeschichtliche
Moment zurück: es überwiegt das Spannende dramatischer fCreignisse und
der Reiz der Handlungen und Pläne einer überragenden Persönlichkeit,
wie es Ferdinand Cortcz war. Mit Recht weist der Herausgeber auf den
loraanartigen Charakter ganzer Abschnitte dieser Berichte hin, die Cortcz
selbst unmittelbar nach den Vorgängen für seinen Kaiser Karl V. tn
gfdringter Kürze niedersdirieb. Voti den fünf Berichten werden hier
der 2., 3. und 4. als die interessantesten wiedergegeben. Die Berichte
haben von jeher die Leser gefesselt, und sehr groß ist die Zahl der Aus-
gaben in den europäischen KuHurspractien. Eine deutsche Übersetzung
des 2. und 3. Berichts ist bereits iSSo zu Augsburg erschieneti. Die
letzte deutsche Übersetzung des 2., i. und 4. Berichts durch Koppe
(Berlin 1854) hat der jetzige Herausgeber seiner Ausgabe zugrunde gelegt,
seine Hauptaufgabe aber in der Beseitigung eines bei allen früheren
Ausgaben bestehenden Mangels gesehen, des Mangels an einem aus-
giebigen Kommentar. Dieser Kominenlar, der zum Teil auch Kritik an
den Angaben des Cortez übt, darf hier um&omchr hervorgehoben werden,
als er vor allem die Zustände der Azteken durch kulturgeschichtliche
Anmerkungen dem Verständnis näher zu bringen sucht. Im übrigen sind
auch einzelne Partien des Textes seihst rein kulturgeschichtlich, so die
Besclireibung der Stadt Mexiko, des zoologischen Gartens Montezumas,
der Lebensweise und des Hof Zeremoniells desselben u. a.
Georg Steinhausen.
*
Berthold Haendcke, Deutsche Kultur im Zeitalter des Sojähngen
Krieges. Ein Beitrag zur Geschichte des siebzehnten Jahrhunderts.
Leipzig, E. A. Seemann, 1906. (X, 464 S.)
Nur wenig zahlreich sind die wirklich wissenschaftSichat [Erschei-
nungen, die als im engeren Sinne kulturliistorisch zu bezeichnen sind.
gegenüber der großen Menge derjenigen Bücher, die, irgend einem ver-
u-andlcii Fachgebiet angehörig, nur nebenher für die Kulturgeschichte in
Betracht kommen, gerade dann sich freilich besonders gern als -kultur-
geschichtlich interessant" hinstellen, gegenüber ferner den vielen von
Dilettanten herrührenden unselbständigen Kompilationen, die die Bezeich-
nung Kulturgeschichte nur diskreditieren. Auch der Verfasser des vor-
liegenden Werkes ist kein Kulturhistoriker von Fach - deren gibt es
zurzeit überhaupt nur sehr wenige -, sondern ein Kunsthistoriker, wie
ja auch sonst l<unsthisloriker neben den Germanisten besonders häufig
auf kulturgeschichtlichem Ocbicl gearbeitet haben. Aber er hat ein echt
kulturgeschichtliches Werk, auf die Quellen gegrilndcl und von großen
Gesichtspunkten gelragciij vollendet. Deutlich schwebt ihm nicht nur äußer-
lich in der Anordnung des Stoffes, sondern auch in der Autfassung und
den Zielen der Arbeit Jakob Burckhardts Kultur der Renaissance in Italien
als Muster vor. Wir dürfen das Werk um so mehr willkommen heißen,
als für die gewählte Zeit eine zusammenfassende kulturgeschichtliche Arbeit
durchaus ein Bcdürinis ist. Ich selbst trage mich seit langctn mit dem
Gedanken der Daretellung einer Periode, die nur teilweise in den von
Haendcke bearbeiteten Zeitraum hineinfällt, teilweise über ihn hinau^eht,
jener Periode nämlich, die man als Zeitalter der Perücke, mit gewisser
Beschränkung auch als galante Zelt bezeichnen kann, und die die Blüte-
nt der Nnzösischen Bildung in Deutscltland bedeutet Diese Zukunfts-
arbel vird nun von dem Buch Haendckes, der die genannte Periode
genJe nocb, ohne sie übrigens besonders zu untenclieiden, streift, nicht
Bbsflfissig gemacht. Jedenfalls füllt aber Haendckes Werk eine Lücke
ans, tind zwar in wünschenswertester Weise.
Was an dem Buch auszusetzen ist, habe ich zum Teil bereits in
Ar Deutschen Lileratnr/eitung(1907, Nr. H), auf die ich für diese Punkte
Kiwöse, ausgeführt. Haendcke geht in dem Bestreben, eine oft herab-
jeetttc Zeit in ihren zum Teil nicht genügend betonten Lichtseiten dar-
sutellen, das Qroße und Achtunggebietende der Ideen und Leistungen
Hau Periode nachzuweisen, etwas zu weit. Jenen Lichtseiten gegenüber
mtea die doch vorhandenen starken Schattenseilen zum Teil ganz zurück,
nkr sk werdeti, nicht immer mit Recht, auftauend entschuidij^, so der
oft widerwärtige Servilismus der Zeit, die gescii macklose Unnatur der
•Komptimentierart'r des Schwulstes und Bombastes und der abstoßendste
Zug der Zeit, die berechnende Lebensklugheil, das allgemeine Strebertum,
itczu völlig gesinnungsloser Gnnstbuhlcrci führt. Ich habe bereits a.a.O.
duiuf hingewiesen, dafi Haendcke den von den damaligen Menschen
sdbst für diese verbreitete moralische Schwäche geprägten Ausdruck:
tFadaschwänzerei" gar nicht erwähnt, so wenig wie die ganze Erscheinung
xlbst Ich habe in meiner Geschichte des deutschen Briefes sowie in
«direren Aufsitzen (z.B. Strebertum vor zweihundert Jahren, 1893) genug
Milnial dafür gegeben. Briefliche Äulkrungen einzelner (man habe
•hrutigen Tages sich Betteins nicht zu schämen"; rralles muß man tun,
w der Leute Gewogenheit zu behalten"; «vor die Devotion etwas Er-
KCtztiohkeit haben" usw.) wie die Anweisungen der Klugheitslehren (.Hänge
denMantd nach dem Winde, soweit es christlicli ist"; .man muß riechen
BKh der Hof-Luft, woher dieseih am meisten wehet, dahin nun sich zti
«fiden hat») sprechen beredt genug. Für die auffallende Äußerlichkeit
ia Zeit, die zum Teil aus dem eben charakterisierten Zug erhellt, weiter
«her in dem verbildeten Naturgefühl sowie in einer steigenden Nüchlern-
hdt und Nützlichkeitsrichtung des geistigen Lebens (die andererseits auch
ihr Gutes hatte) sich Tcigl, hat Hamdcke keinen Blick. Wenn er, wie bereits
ingefülirt, die Fuchsschwänzerei nicht nennt, so möchte ich femer noch
luf einen anderen, bei ihm nicht zu findenden Zeitausdruck hiuwcibcn,
die .Schulfüchserei". Es ist das der gelahrte Pedantisntus, den neben der
ßieologischen Knechtung des Geisteslebens die Anhänger des Neuen mit
Feuereifer bekämpften. «Es war der ganze, aul das Formalistische und
Metaphysische gertchlele, unter der Herrschaft des humanistischen Lateins
Achende neuscholastische Betrieb." (Meine Gesch. d. d. Kultur, S. 6)4.)
OewiD ist diese Richtung damals von den fortgeschritteneren Geistern eben
ils Joch empfunden worden, ihre Ursprünge u-urzcln auch schon im
16. Jahrhundert, aber sie ist doch im 17. Jahrhundert noch so vei1>reilet,
dafi man ohne ihre Betrachtung das Wesen der damaligen Menschen
nicht versieht. Die von Haendclce S. 244, 2S2 n. a. beigebrachten, cli
hierfür in Betracht kommenden Züge des geistigen Lebens sind doch
weitem nicht erschöplend g^eniig. Auch der etwaige Einwand,, daß
seiner Absicht gemäß nur die schaffende Kraft der dainaligen Deutsche
das für die Zukunft folgenreiche in Betracht ziehe, kann die geringe
rücksichligung einer fflr die Zeit so bezeichnenden Geisleshaltung, d(
Schilderung schon die PoÜe für den Kampf der freieren Geister bilde
müßte, nicht rechtfertigen.
Im fibrigen ist Hacndckc mit Erfolg bemüht, alle Seiten des
zu berücfei cht igen, und hat dafür auch das ÜiielSenmaleria] wie die n<
rinsdiLägige Literatur ziemlich vollständig herangezogen. Einige kldn<
Arbeiten von mir hätten neben der benutzten Gesch. d. deutsch. Brie
vielleicht noch ververiet werden können, so für S. $32 (galant) der Auf
.Galant, curiös und politisch" (Zeitschrift f. d. deutschen Unterricht
22 ff.), für S. 349 ff. (Der Kavaher): »Die Idealerziehung im Zeitalter
Perücke' (Mitteilungen der Gesellschaft f. deutsche Erziehungs- und
gescliichte IV, 209 ff.), für S. 3SJfT.: .Beiträge zur Geschichte des Rcb
1. Die Reisesucht der Deutschen im 16. und 17. Jahrhundert- (Ai
1893. Nr. 13 ff.).
Auf eine unerfreuUche Seite des Werkes, die ich hier nicht weil
beleuchten will, hin ich bereits in der erwähnten Besprechung eingeganj
auf die schlechte Korrekturarbeit des Verfassers, infolge deren zahlreJt
Dnickfehler nicht allein, sondern auch sonstige Verschen st^en geblicbco
sind. Wie mangcthart viele, ja die meisten Autoren ihre Arbeiten korri-
gieren, weiß ich zwar aus der Erfahnmg als Herausgeber der Zeitschrift
und des Archivs f. Kult.-Gesch. zur Genüge. Wieviel Fehler, auch sachliche,
ich durch meine Korrektur bei fast allen Beihrägen, trotz der vorherigen
Korrektur der Autoren, noch herausbringen muß, ist gar nicht zu be-
schreiben, und nicht jeder Herausgeber würde stillschweigend soviel Zelt
zur Beseitigung Iremder Fehler verwenden. Aber der Verfasser eines
Buches muß eben selbst wiederholt Korrektur lesen: das ist er den
Lesern schuldig. Zu den in der Literatur-Zeitung von mir aufgezählten,
teilweise recht unangenehmen Fehlem wäre noch eine ganze Reihe weiterer
hinzuzufügen (»ie etw-a S- 432: »Polyb-Lcyscr"!): ich verzichte daranf
und will nur noch das unKhünc Versehen erwähnen, daß das ganze
Buch hindurch auf der linken Seite die Überschrift des ersten Kapitels:
»Die Mächle im Staate- wiederholt ist!
Auch das an sich dankenswerte Register könnte man sich innerlich
und äußerlich vollkommener vorstellen.
Aber alles das sind Dinge, die uns den inneren Wert des Buches
nicht beeintrSchligen sollen. Haendcke hat uns die von ihm gewählte
Zeit vielfacli neu erschlossen; er zeigt sich als Kenner der Quellen, und
er besitzt den Blick für das wirklich kulturgeschichtlich Interessante, die
Eigenschaft, die in erster Linie den Kultur Historiker ausmacht
Georg Steinhausen.
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Besprechungen.
nichl versteht. Die von Haendcite S. 244, 252 u. a. beigebrachten, el^
hierffir in Betracht kommenden Züge des geistigen Ixbens sind doch
vciltrm nicht erschöpfend genug. Auch der etvaige Einwand,- daß -■'
seiner Absicht gemäß nur die schaffende Kraft der damaligen Deutsdii
das für die Zukunft Folgenreiche in Betracht ziehe, kann die geringe
rücfcsichtigiing einer für die Zeit so bezeichnenden Gcistcshaltung,
Schildenmg schon die Folie für den Kampf der freieren Qetsler bilde
müßte, nicht rechtfertigen.
Im Obrigen ist Hacndcke mit Erfolg bemüht, alle Seiten des
zu beriicksicliligen, und hat dafür auch d.is Quellen material wie die ncnt
einschlägige Literatur ziemlich vollständig herangezogen. Einige kleJm
Arbeiten von mir hätten neben der benutzten Qesch, d. deutsch. Brii
vielleicht noch verwertet werden können, so für S. 332 ^lant) der Aufs
•Galant, cnriös und politisch" (Zeitschrift f. d. deutschen Unterricht
22 ff.), für S. 349 ff. (Der Kavalier): „Die Idealerziehung im Zeitalter
Perücke" (Mitteilungen der Oesellschaft f, deutsche Erziehungs- und Schi
geschichte IV, 2oyff.), für S. 353 ff,: «Beiträge zur Geschichte des Reisen^
1. Die Reisesucht der Deutschen im 16. und 17. Jahrhundert- (Ausland
1893, Nr. 13 ff.)- ^J
Auf eine unerfreuliche Seite des Werkes, die ich hier nidit wcKef*^
beleuchten will, bin ich bereits in der erwähnten Besprechung eingegangen,
auf die schlechte Korrekturarbeit des Verfassers, infolge deren zahlreiche
Druckfehler nicht allein, sondern auch sonstige Verwhen stehen gebliebrn
sind. Wie mangelhaft viele, ja die meisten Autoren ihre Arbeiten korri-
gieren, weiß ich zwar aus der Erfahrung als Herausgeber der Zdlschrift
und des Archivs f. Kult.-Gesch. zur CenQge. Wieviel Fehler, auch sachliche,
ich durch meine Koneklur tiei Fast allen Beilrägen, trotz der vorherijjia^
Korrektur der Autoren, noch herausbringen muß, ist gar nicht zu b^B
schreiben, und nicht Jeder Herausgeber wflrde stillschwcigrnd soviel Zrit '
zur Beseitigung fremder Fehler verwenden. Aber der Verfasser eines
Buches muß eben selbst wiederholt Korrektur lesen: das ist er den
Lesern schuldig. Zu den in der Literatur-Zeitung von mir aufgezählten,
teilweiAc recht unangenehmen Fehlern wäre noch eine ganze Reihe weiterer
hillzuzufügen (wie etwa S. 432: «Polyb-Lej-ser»!); ich vcirichte darauf
und will nur nocii das unschöne Versehen erwähnen, daß das
Buch hindurch auf der linken Seite die Über^hrift des ersten Kapit
«Die Mächte im Staate" wiederholt ist!
Auch das an sich dankenswerte Register könnte man sich innerii
und äußerlich vollkommener \'orslellen.
Aber alles das sind Dinge, die uns den inneren Wert des Buchi
nicht beeinträclitigen sollen. Haendcke hat uns die von ihm gewihli
Zeit vielfach neu erschlossen ; er zeigt sich als Kenner der Quellen, u
er besitzt den Blick lür das wirklich kulturgeschichtlich Interessante,
Eigenschaft, die in erster Linie den Kulturhistoriker ausmacht.
Georg Steinhausen.
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PeriicSce- (Mitteilungen der Qeseitschaft f. deutsche K:
geschichte IV. 2W ff.), für S. iSi [f.: „Beiträge zur C
1. Die Reisesudit der Deutschen im 16. und 17. J.
1893, Nr. 13 ff.).
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auf die schlechte KürrckturarbeH des Verfasser?, infi
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sind. Wie mangelhaft viele,, ja die meisten Autoren
gieren, veiO ich zwar aus der Erfahrung ab Meraii
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ich durch meine Korrektur bei fast allen Beiträgen.
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zur Beseitigung fremder Fehler verwenden. Aber
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teilweise recht unangenehmen Kehlern wäre noch eine ■
hiiuuzufügen (wie etwa S. 432: ,PoIyb-Leyser"!): ii
und will nur noch das unschöne Vergehen erwähni
Buch hindurch auf der linken Seite die Überschrift c
iiDie Mächte im Staate" wiederholt ist!
Auch das an sich dankenswerte Register könnle
und äußerlich vollkonmiener vorstellen.
Aber alles das sind Dinge, die uns den innerer
nicht beeinträchtigen sollen. Haendcke hat uns die
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er besitzt den Blick für das wirklich kullurgeschichtlit
Eigenschaft, die in erster Linie den Kulturhistorikcr ai
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zu berücksichtiRcn, und hat dafür auch das QucILciima'
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Perücke" (Mitteilungen der Ccsellschaft f. dcutsclie Erz
geschichte IV, 209 ff.), für S. 353 ff.: -Beilräge zur Q<
1. Die Reisesucht der Deutschen im 16. und 17-
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auf die schlechte Korrekturarbeit des Verfassers, infol,
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und des Archivs f.Kult.-Gcsch. zur Genüge. Wieviel Fe
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nicht versteht Die von Hacndckc S. 244, 252 u. a. bdRcbrachtcn, etwa
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seiner Absicht gemäß nur die schaffende Kraft der damaligen Deutschen,
das für die Zukunft Folgenreiche in Betracht ziehe, kann die geringe Be-
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Schilderung schon die Folie für den Kampf der freieren Ueister bilde^^
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Im übrigen ist Haendcke mit Krfolg bemfiht, alle Seiten des Lebens
zu berücksichtigen, und hat dafür auch das QuellenniateriaJ wie die neuere
einschlägige Literatur ziemlich vollständig herangezogen. Einige kleinere
Arbeiten von mir hätten neben der benutzten Gesch. d. deutsch. Briefes
vielleicht noch verwertet werden können, so für S. 332 (galant) der Aufsatz:
„Galant, curiös und politisch" (Zeitschrift f. d. deutschen Unterricht IX,
22 ff.), für S. 349 ff. (Der Kavalier): -Die Idcalerachung im Zeitalter der
Perücke- (Mitteilungen der Gesellschaft f. deutsche Erziehungs- und Schiil-
geschlchle IV, 2W ff.), für S. 3S3 ff.: „Beiträge zur Geschichte des Reisens,
1. Die Reisesucht der Deutschen im 16. und 17. Jahrhundert" (Ausland
1893, Nr. 13 ff.).
Auf eine unerfreuliche Seite des Werkes, die ich hier nicht weiter
beleuchten will, bin ich bereits in der erwähnten Besprechung eingegangen,
auf die schlechte Korrekt urarbeil des Verfassers, infolge deren zahlreiche
Druckfehler nicht allein, sondern auch sonstige Versehen stehengeblieben
sind. Wie mangelhaft viele, ja die meisten Autoren ihre Arbeiten korri-
gieren, weiß ich zwar aus der Erfahrung als Herausgeber der Zeitschrift
und des Archivs f. Kult.-Gesch. zur Genüge. Wieviel Fehler, auch sachliche,
ich durch meine Korrektur bei fast allen Beiträgen, trotz der vorherigen
Korrektur der Autoren, noch herausbringen muß, ist gar nicht zu be-
schreiben, und nicht jeder Herausgeber würde stillschweigend soviel Zeit
zur Beseitigung fremder Fehler verwenden. Aber der Verfasser eines
Buches muß eben selbst wiederhoH Korrektur lesen: das ist er den
Lesern schuldig. Zu den in der Literatur-Zettung von mir aufgezählten,
teilweise reclil unangenehmen Fehlem wäre noch eine ganze Reihe wetlerer
hinzuzufügen (wie etwa S- 432; MPolyb-Leyser*!): ich verzichte darauf
und will nur noch das unschöne Versehen erwähnen, daß das ganze
Buch hindurch auf der linken Seite die Oberschrift des ersten Kapitels:
»Die Mächte im Staate' wiederholt ist!
Auch das an sich dankenswerte Register k^Snnte man sich innerlich
und äußerlich vollkommener vorstellen.
Aber alles das sind Dinge, die uns den inneren Wert des Buches
nicht beeinträchtigen sollen, Haendcke hat uns die von ihm gewählte
Zeit vielfach neu erschlossen ; er zeigt sich als Kenner der Quellen, und_
er besitzt den Blick für das wirklich kulturgeschichtlich Interessante,
Eigenschaft, die in erster Linie den Kulturhistoriker ausmadit.
Georg Steinhausen.
Besprechungen,
109
Fricdridi HottenroÜt, Die Nassauischen Volkstrachten, auf Qnind
ds rora tAintsgerichtsrat a. D. Dftssell gesammelten Materials bearbeitet.
Hoiusgegcben vom Verein für Nass. Altertumskunde und Oeschichts-
iondning. Mit 29 farbigen Tafeln, 39 Trachtenabbild im gen und einer
Religionskanc im Text sowie einer Trachten typen- Karte. Wiesbaden, Selbst-
«rlig des Vereins, 1905. (XII, 225 S.) (Nicht im Buchhandel )
Zu dem schönen Hessischen Trachtenbuch Justis erhalten wir in
den vorliegenden Werk ein vortreffliches Seitenstück. Seinen Urspmng
mdankt es dem im Titel genannten DQssell, der auch >die Sammlung
Manischer Volkstrachten im dortigen Landesmuseum, auf welcher die
to gdwtene Darstellung zunächst beruht, erst geschaffen* hat. Die von
ihffl herrührenden Vorarbeiten, handsdiriftüchc Notizen wie bildliche
Darstellungen , hat der auf dem Gebiet der Trachtengeschichle bewährte, als
Autorität bekannte Friedrich hottenroth zur Grundlage seiner Bearbeitung
gcnucfat, die vorhandenen Lücken dabei tuch Möglichkeit zu ergänzen
gtsuchl. freilich nur für einen geringen Teil des Werkes aus lebendiger
Anschauung schöpfen können. Auch der Mithilfe und ergänzenden
ftüfung durch die Mitglieder der dafür eingesetzten Kommission und
diie Reihe landeskundiger Männer hat sich H. zu erfreuen gehabt. Die
Schwierigkeit liegt darin, daü die in Nassau einst so zahlreichen Trachten
□tm gröBten Teil verschwunden sind. Daraus ergiebt sich auch der
besondere Wert des Düssellschen Materials. Zur Vervollstündigung sind
jedenfalls alle erreichbaren Mittel benutzt, so die Erinnerungen alter
Leute, die noch hier und da vorhandenen Trachlenstücke, auch alte volks-
lümlichc Gemälde usw. In letzterer Beziehung sei hier eine Stelle (S. 14?)
benttsgehoben : «Das alte Marfels (Marienfels), der Mittelpunkt des ganzen
Einrichgaues, besitzt an der Empore der ehemaligen Klosterkirche in Ge-
mälden aus dem Jahre 1752 die Abbildung bäuerlicher imd jüdischer
Gestalten in den Kostümen aus der Zeit ihrer Anfertigung. Das Bild
(Tafel XX) erinnert an mitlclalterllche Darstellungen und zeigt, wie der
Bauer auf diesem weltabgeschiedenen Stück Erde im AUhergebrachlen
stecken geblieben ist. Rock, Hose, Mütze und Stiefel könnten ebensogut
aus dem 15. als aus dem 18. Jahrhundert stammen." Wie hier, kommt
auch sonst neben dem eigentlich volkskuiidlichen das kiilturgeschichllichc
Moment im engeren Sinne zur Geltung. Hottenroth hat auch eine wert-
volle rein geschichtliche Einleitung vorangestellt: Ȁltere Bauern trach toi
bis zur Entwicklung der Volkstracht.' Die Entstehung der kostümlichen
Absondening ist allgemein wichtig: sie bildete sich wesentlich im 16. Jahr-
hundert und zu Beginn des 17. Jahrhunderts aus und steigerte sich dann.
,Um die Zeit, da die Karte von Deutschland .im buntscheckigsten aussah,
standen die Volkstrachten in ihrer höchsten Blüte, und als die politischen
Parfoen anfingen sich zu vermindern, kamen auch sie zum Stillstand und
allmählich in Rückgang.- Mit Redit betont zhcr H den allen Kennern
bekannten Satz: .alle Volkstrachten sind aus historischen, aus Mode-
traditcn hfrvorgegangen und stehen im Banne von deren Hauptformcn,
die der jeweilige Zeitgeist geschaffen hat." H. hat Obrigcns auch Notizen
über Sitten und Brauche in sein Bucli aufgenommen, insbesondere über
Hochzeits-, Tanf- und Btegräbnisbräuche, die j& *ntjt den Trachten gleich-
sam vcrsch visiert' sind.
Die Beschreibung der Trachten Im einzelnen geht naturgemäß auch
aiir das kleinste ein und macht den Eindnick peinlicher Sorgfalt. Es
werden dabei die evangelischen und die katholisciien Gebietsteile unter-
schieden. Als Haupttypen der Volkstracht in Nassau stellt H. die alt-
nassauische mit ihren Spielarten, die kurtrierische, die kurraain zische,
die hessische, die saynsche, die wiedische und die pfälzische Tracht auf.
Georg Steinhausen.
0. Kiefer, Die körperliche Züchtigung bei der Kindererziehu
in Qcschidite und Beurteilung. Ein Buch für Eltern und Eiziehe^
Berlin, Alb. Kohler. 19ü4. {V, 196 S.)
Kiefers Mojiographie will eine »Kullurgeschichle des Kinderstraf-
mittels der körperlichen Züchtigung" von den ältesten Zeiten bis in die
Gegenwart im Zusammenhang mit den jeweils vorherrschen den Kulturzu-
ständcn, vor allem den jeweiligen religiösen und moralischen Anschau*
ungen, geben. Der Verfasser ist ein leidenschaffUcher Gegner der Prügel-
strafe; seine Schilderung hat dKhalb neben der wissenschaftlichen Auf-
klärung sicher aucli den Zweck, dem Gedanken einer humanen, milden
Er7iehung Freunde zu gewinnen. Ich bin unter diesen Umständen, so
sympathisch mir auch der Standpunkt des Verfassers ist, nicht sicher, ob ersieh
als objektiver Historiker überall auf der richtigen raittlcrcn Tatsachen-
Unic gehalten hat. Daß es einem Gegner nicht schwer werden würde,
recht viele Zeugnisse entgegengesetzter Arl zu sammeln und so die Dar-
stellung zu einem mehr oder weniger .ibwcich enden Gesamtresultat zu führen,
scheint mirallerdings sicher. Aberauch das ist gewiß, daß kulturgeschichtliche
Monographien dieser Art niemals ganz einwandfrei sind und sein können.
Nach Ks. Darstellung spielt die Prügelstrafe weder bei den heutigen
Naturvölkern nodi bei den Völkern des Altertums eine erhebliche Rolle.
Eine Ausnahme machen unter den Völkern des Altertums nur die
Griechen und Römer, bei denen aber die nbesten MiSnner" audi stets
für eine mäßige Anwendung der Strafe eingetreten seien, und dann vor
all« die Juden. Die jüdische Auffassung von der Verderbtheit der
mensclilichen Natur und von der Notwendigkeit harter Körperstrafen hat
sich dann das Mittelalter zu eigen gemacht. Ein grundsätzlicher Um-
schwung setzt erst mitRousseauein; aberauch .tus der neuesten Zeit weiß K.
noch viel Trübes aus der Theorie und Praxis der «pfäffischen" Volks- und
Kindererzieher zu berichten.
Rostock. G. Kohfeldt.
I
m
Kleine Mitteilungen und Referate.
Der amerikanische Forscher Edgar J. Bank« hat, wie die Tigl.
Rundschau mitteilt, tn den unteren Schichten von Bisniyra die bisher
«hl älteste Kulturstätte Babylonicns gefunden. Er begann seine Aus-
pabungeii bereits 1903, veröffenllidit aber erst Jetzt die Ergebnisse In PiU-
auDS Magazine. Er stieß ll'/j Meter unter der Oberfläche, deren Bau-
veriie schon der Zeit von 2700 bis 4500 v. Chr. angeh&ren sollen,
uf die Trömmer einer nodi viel alleren Stadt. Dort fand er eine kleine
Rgur ohne Kopf, letzterer ist später aber noch entdeckt worden. Banks
pht in seiner Zeitbestitnmung der Kultur ßabyloniens, der diese Figur
ugdtörte, bis auf 4500 und veiter v. Qir. zurück Nach Banks ver-
brannten die früheren Bevohncr Mesopotamiens ihre Toten. Es sind auch
Tontafeln gefunden worden, deren Deutung wohl ober die »Urzeit der
lUenschen" verläßlichere Auskunft bringt als Banks Vermutungen (Beilage
lur [Münchner] Allgemeinen Zeitung, H. 43).
Die Urzeit der ägyptisdicn Kultur sctiilüert auf Grund der Aus-
irabnngscTigebntsse der letzten 15 Jahre A. Moret in der Revue de Paris
vom 15. März 1907 (L'Iigypte avant les pyramides).
Der unermüdliche Äg>'ptoIoge Flindcrs Petrie hat bei seinen Aus-
grabungen in Rifeh, Oegcnd von Asiut, im letzten Winter eine große
Anzahl altägyplischer Secicnhäuschen zutage gefördert, die bisher nur vcr-
diuelt in den Mu-seen vertreten waren. Er kann Jetzt ihre Entwicklung
TOD der prähistorischen Zeit bis zti den späteren Dynastien nachweisen,
wn den einfachen Matten und Steinplatten an, auf die man die Speisen
%die Seelen der Abgeschiedenen legte, bis zu allerlei künstlichen kleinen
Biaten aus Ton mit Stufen, Säulen, Gemächern, Haushalt im Innern, die
loch aus dem Gründe von Wichtigkeit sind, weil sie uns die Modelle der
nicht erhaltenen, aus Lehm hergestellten bürgerlichen Wohnhäuser der
Ahigypter darstellen. Diese Tonhäuschen enthielten die Nahrung für
äleSeden und wurden auf die Grüber gestellt, damit dort die Seele sidi
«Bahre und nicht etwa ins Dorf zurückkehre. Die Seele stieg aus der
Enk empor und fand im Häuschen die nfitige Wohnung und Nahnmg.
Dabei bedurfte sie auch der Tische, Stühle, Betten, und auch diese finden
xirir in Tonmociellen in den Seelenhäitsem.
In dem kürzlich erschienenen 34. Heft der Mitteilungen der
Deutschen Ortcnt-Qesellschaft berichtet Borchardt ilber den
günstigen Erfolg einer Versuchsgrabung auf dem Gebiete von TcU-el-
Amarna, der Residenz des ■.Ketzerkflnigs" Amcnophis IV., die dieser, im
schärfsten Gegensatz zu der polytheistischen Religion seines Volkes, der
allen Menschen Leben spendenden Sonne als der einzigen von ihm an-
erkannten und verehrten Gottheit erbaut hatte (um 1 375 v. Chr.). Da die
Stadt Amenophis' nur kurze Zeit gestanden hat und ihre Stelle nach ihrer
ZerstÖntng nie wieder besiedelt worden ist, so verepricht die übrigens
sehr ausgedehnte Ruinenstätte, wie die Tastung gezeigt hat, noch immer
reiche Ergebnisse, obwohl nun schon seit fast hundert Jahren in ver-
schiedenen Teilen der Sladtniiue größere und kleinere Grabungen ausee-
fflhrt worden sind. Besonders unsere Kenntnis der Wohnungen vor-
nehmer Ägypter aus dieser Zeit der höchsten Verfeinening wird durch
systematische Ausgrabungen noeh um ein Bedeutendes vermelirt werden.
B. schildert ferner den nun völlig freigelegten Totenlempel des Königs
Nefererkerc bei Abusir (um 2700 v. Chr.) und führt auf Farbenlafein
wundervolle Scheingcfäfie aus vergoldetem Holz mit eingelegten hell- und
dunkelblauen Fayenceornamenten vor Augen. Diese Gefäße wtirden im
Altertum wohl bei Prozessionen im Totenkult des Königs gd>rauchl. Be^
sonders hervorzuheben sind die ä.stheti,<icU und kunstgeschichtilch be-
deutenden Relieffunde im Totenlempel des Königs Sahure, eines Vor-
gängere des Königs Nefererkerc. Die Grabung wird erst im Laufe des
Herbstes beendigt werden. In Verbindung mit der Rudolf-Vlrchow-Stiftung
liat die Deutsche Orient-Gesellschaft die Untersuchung des vort[Cschicht-
lichen Friedhofs bei Abusir-el-Meleq beendet. Dr. Möller berichtet über
erfreuliche archäologische Ergebnisse dieser Grabung, von deren Ausbeute
nach dem Plan der Deutsclien Orient-Gesellschaft die vorgeschichtlichen
Sammlungen Deutschlands Anteile erhalten sollen (Deutsche Uleratur-
zeitung )907, Nr. -(2).
Aus der Zeitschrift KHo (VI, 1) verzeichnen wir die Abhandlung von
E. Kornemannr Zu den Siedelungsverhältnissen der myke-
nischen Epoche.
Zur Orientierung über die so ungemein wichtig gewordene Papjxus-
titeratur sei der Bericht von P. Viereck über die griechischen Pa-
pyrusurkunden (1899-1905) in dem Jahresbericht über die Fortschritte
der klassischen Altertumswissenschaft (19U6, H. ll/)2) empfohlen.
Aus dem American Journal ol Archaeology (11, 2) erwühnen wir
die Arbeit von P. Baur, Prc-Roman antiquities of Spain.
O. W. Botsford ba^ndelt in The PoUtical Science Quarterly (21,
Nr. 3) über The social composition of the primitive Roinan_
populus.
über dit Funde in Ostia unterrichtcl in der Nuova Antologia
11907, 16. Juli) A- Calza in einem instruktiven Aufsatz: Ostia antica;
movr scoperle e ricognizioni.
Aus der Glotta {I, H. 1) nennen wir hier den Beitrag von F.
SJcntscb, Vom pompejanischcn Straßcnlcbcn.
Detlefsen behandelt in der Heimat (Jg- 17. Nr. 1) die ältesten
Nichrichten über den deutschen Norden.
In den Deutschen GeschichtsblSttem (8, H. 9) weist R. KStzschke
luf die Bedeutung der Fluß namcn für die Sied clungsgeschichte
bin, Tobei er sich des näheren auf das Qebiet der mittleren Elbe und
Stile bezieht, und fordert eine Sammlung dieser Namen.
Zu der Frage der sogenannten Gebundenheit des Mittelaltere nimmt
M. Kemmerich in einem Ideinen Beitrag zu der Zeitschrift Deutschland
(IW7, 837-S44): Ein Beitrag zur Frage vom Werte der Persön-
lichkeit Im Mittelalter in interessanter Weise auf Grund der Belrach*
Umg seines Spezialfeldes, des Porträts, Stellung. Er kommt zu folgendem
Raultat: .Von der Gebundenheit der mittelalterlichen Persönlichkeit im
Oegensatz zur Freiheit der modernen zu sprechen, ist nur mit großen
Einschrin klingen statthaft. Denn weder war der mittelalterliche Mensch
» wenig frei, wie es scheinen könnte, »cnn wir ihn nur als typischen
Votreter eines Standes gelten lassen vollen, noch auch ist der der Gegen-
«al so frei, wie man aus diesem Gegensatz herauslesen zu können glaubt.'
h bandelt sich »hier um fließende Gegensätze, die schwer in eine Formel
m fassen sind. Am ehesten geht dies vielleicht noch gegenüber dem
Abbild einer Person, sozusagen ihrem Stellvertreter, dem Porträt Während
die riumliche Distanz zwischen uns und dem Dargestellten uns nicht
mehr von der Verpflichtung historischer Treue entbindet, hat sich die
zeitliche, sofern wir ihr diese befreiende Wirkung einräumen, beträchtlich
nrüagcrt; aus materiellen Gründen aber die PietSt ni verleugnen, ist
dem Denken der Gegenwart nicht mehr erträglich". - Es sd hierbei
fiejch auf einen Aufsatz Kemmerichs in der Beilage zur Allgemeinen Zeitung
{1M7, Nr. 196): Eine deutsche Kaiserikonographie hingewiesen,
tB dem er die Notwendigkeit einer solchen Ikonographie der deutschen
Heincber zu erweisen sucht. Die Vorbedingung ffir die Einbeziehung
lucta des frühen Mittelalters ist, daß auch jene Zeil Porträtfähigkeit
ia beschränktem Umfange besaß. Hierfür glaubt K. den Beweis erbracht
a haben (vgl. auch die Notiz im vorigen Heft des Archivs S. 495).
Die von Walter Goetz in der Historischen Zeitschrift (3. Folge,
Bd. II, H. 1) veröffentlichte Antrittsrede über Mittelalter und Renais-
sance beginnt mit einer Art Vorgeschichte des Begriffs Renaissance,
mit der Darstellung der Fortschritte in der Erkenntnis dieses Begriffs, die
aber bis zu Jakob Burckhardt nur Ansiatze zu einiT neuen Erfassung der
italienischen Entwicklung vom 13. bis 7um 16. Jahrhundert xraren. Erst
Burckhardt und Georg Voigt gaben dem noch schwankenden Begriffe den
Ajctti* Wr Kn)(nn:ochichtc. VI. Ji
entscheidenden Inhalt- Eingehend erörtert O-, wie Burcicbardt zur Re-
naissance, die er vom italienischen VoIW^eisl und von der Antike abhängig
seit! länt, kam. Seine Anschauungen herrschten dann ein paar Jahrzehnte
uneinKcschränkl, bis vor nicht langer Zeit die Opposition, namentlich
diircti H. Thode und Karl Neiimann, ztim Ausdnick kam. (Vgl. dieses
Archiv I, ■19sr) Darnadi ist die Renaissance nichts anderes als die
volle Weitcreiitwickhing des miltclalleflichen Lebens. Die Frage vom
Einfluß des Altertums auf das Werden der Renaissance bleibt aber nach
Q. durchaus offen. Sie wird von O. mit einigen Sätzen erörtert. Vieles
hat man freilich jetzt am Mittelalter besser kennen gelernt, audi wird
mit Recht die Annahme einer jähen Unterbrechung verworfen.
\X'ähreiid die kuHurgeschiditlichen Beiträge aus den Zeitschriften
der historischen Vereine hier sunst einzeln an der sachlich in Betracht
kommenden Stelle Erwähnung finden, sei bei dem neuesten Bande des
Archivs für Frankfurts Qeschichte und Kunst (3. Folge, Bd. IX)
auf die Vereinsschrift als solche hingewiesen, da der vorliegende Band
zum SojShrigen JubitSum des Vereins erschienen Ist. Er wird denn aucli
mit einem Rückblick auf die Entstehung und Entwicklung des Vereins
von tüS7 bis 1907 (von A. Riese) eingeleitet, aus dem die Ixistungcn des-
selben und seine Verdienste insbesondere auch um die Erforsdiung der
Vaterstadt] sehen Kulturgeschichte ersichtlich werden. Ausdr^ickÜch sd
dabei auf das bcigeffigte Verzeichnis der vom Verein veröffentlichten
Schriften hingewiesen. Aus dem weiteren Inhalt des Bandes seien als
kulturgesdiichUich interessant noch folgende Beiträge genannt. R. jung
handelt über Frankfurter Hochschulpläne US4-iS6ö. Er geht aus von
dem frühzeitig auftretenden Vorurteil gegen Frankfurt als Sitz des Mammo-
nJsmus und Malerialismus und will die alte Reichsstadt von der schon von
Ooethe betonten Seite der Pflege geistiger Interessen zeigen. Dieser
(.Beitrag zu der noch zu schreibenden Qeschichte des geistigen Lebens"
in F. ergibt sogar, «daß es einige Male gerade der Handelsstand gewesen
ist, aus dessen Kreisen der Wunsch laut wurde, der Materialisierung durch
das geschäftliche Leben ein Gegengewicht in der Pflege des geistigen
gegenüberzustellen". Auf Einzelheiten kann hier nicht eingegangen werden.
erwähnt sei nur der älteste Versuch Frankfurts von 1384. -daz shidium
von Parys gegen Franckfurt zu legen." der wohl auf den Kreis der deutschen
Dissidenten, die 1383 in größerer Zahl die Pariser Hochschule verließen,
zurücl^ht, und mit dessen Gelingen Frankfurt Heidelberg zuvorgekommen
vire. — Als eine gründliche Arbeit stellt sich die von F. Schrod, Zur
Qeschichte der Deutschordens-Komturei Sachsenhausen bis zur Mitte de»
14. Jahihunderts, dar, die die ältere Arbeit von Niederinayer wesentlich
ergänzt und vor allem auch berichtigt. - In den nun folgenden Beiwägen
zur Reformalionsgeschichle der Stadt Frankfurt a. M., Teil I, gliedert Karl
Euler den Inhalt einer bisher unbekannten Aktcnsammlung des Wiener
Haus-, Hof- und Staatsarchivs in die bisher bekannte Reformations-
d
erscbichte von Frankfurt ein. (1. Die Bornheimer Eingabe 1S2S-1S24;
1 Zw Vorgeschichte des ZGnfte.iufslandes von 1S2S.) - Nach zwei politisch-
hidorischen Beitragen von J. Kracaucr und R. Jung folgt schließlich eine
■trtKhifts- wie allgemein kulturgeschichtlich wichtige Arbeit von Fr. Bothe,
OisTalanientdcs Frankfurter GrolSkaufniafins Jakob Heller vom jähre 1519.
B. bezeichnet diese Arbeit ebenso wie die kürzlich als zweites hrgänzungsheft
iiBseres Archivs für Kulturgeschichte erschienene Schrift über Frankfurter
Ftoiäervennögen im 16. Jahrhundert mit Recht als einen Beitrag zur
ChuakterisÜk der bürgerlichen Vermögen und der bürgerlichen Kultur
iffl Ausguß des Mittelalters. »Sic berichtet einesteils im Anschluß an
täe Steuergeschichte Frankfurts von der Ziisainmeusetzung des Besitzes
m den radieren patrizischen Kreisen und anderenteils von der Geistes-
wfissung, dem religiösen Denken, dem Qemütsleben, dem sozialen Emp-
Gfldeo sowie von den Beziehungen zur Kunst, die in den oberen Schichten
(kr Frankfurter OescIlschafI herrschten. Freilich ist Jakob Heller in
■Mchcf Hinsicltt kein Typus seiner Zeit- und seiner Standesgenossen.
NtmenÜich In religiösen Fragen nimmt er eine andere Stellung ein als
virie, die ihm gesellschaftlich nahegestanden haben: er war ein Gegner
der Freiheitsbewegung. Aber gerade darum kann er liier gut als Vertreter
der alten Richtung dienen; zu ihrer Beurteilung bringt sein Testament
nanchen Anhaltspunkt." Die Ausführungen über die Privatwirtsdiafl von
frankfurter PatrizierFamilieii werden durch die eingehendere Behandlung
in jener anderen Schrift Bothes ergänzt. Die Arbeit über das Testament
Hellere ist übrigens auch gesondert im Buchhandel (Beriin, Alex,
Duncker) erschienen. -■ Qlciclizeitig mit dem vorliegenden Bande ist ein
neues (4.) Heft der »Mitteilungen über römische Funde in H edder n-
heim" ausgegeben worden. Diese Mitteilungen, die jüitgste periodische
VeröffentUchung des Vereins, sind ein Zeugnis des gegen frilher mächtig
mtariclen Interesses für die vorchristliche Zeit. An den Ausgrabungen
in Heddernhdm beteiligte sich der Verein seit 1S96; «sie ließen" - so
ioBert sich der Riesesche Rückblick - »ISt^b das Domitianische Steiii-
batdl, in den letzten Jahren unter anderen eine Erweiterung des Stein-
kmells und ein provisorisches Lager, ferner ausgedehnte Töpfereien, bei
haunhdm Villen und ein weiteres firdlager, sowie ebenda in der von
Quillnig 1901 mit Vereins- und anderen Mitteln unternommenen Grabungen
ein römisches Totenfdd zur Erforschung kommen." Dies alles gelangt
im 4. Heft zur Veröffentlichung. Wir geben hier das Inhaltsverzeichnis
viedcr: A. Riese, Das römische Gräberfeld bei Praunheim; die Aus-
pibungen des Winters I90l-t902; O. Wolff. Römische Villa in Praitn-
hdm nebst dem an sie angrenzenden Teile des Gräberfeldes; O. Wolff,
Bericht über die Arbeiten der Ausgrabungskoniniission in den Jahren 1903
bis 1906; G. Wolff, Die Töpfereien vor dem Nordtorc der römischen
Südl; R, Weicker, Die Fundstückc ans der römischen Töpferei vor dem
Nordtore; H. Dragendorff, Neue Terra-Sigilbta-l'unde aus Hcddemhein ;
S'
1i6 Kleine Mitteilungen und Referate.
Chr. L Thomas, Das römische Villeneebäude bei der Oünthersburg. Er-
wähnung verdienen noch die Abbildungen, die der Vorstand mit Recht
als stattlichen Schmuck des Heftes bezeichnet.
W. Bruchmüller behandelt in Nord und Süd (1907. September)
die kulturellen Beziehungen zwischen Schlesien und Ober-
Sftchsen.
MIelke schildert in den Nicdcrlausitzer Mitteilungen (Bd. 9, H- 5/8)
die märkisch-lausitzische Stadt.
Von allgemeinerem Interesse ist auch der Aufsatz A. Riemers in
der Zeitschrift des Historischen Vereins für Niederearhsen (1907, Heft i)
über die Juden in niedersächsischen Städten des Mittelalters.
In dem neuesten Jahrbuch für lothringische Geschichte und Alter-
tumskunde {Jahrg. 18) finden sich zwei kulturgeschichtliche Beiträge:
N. Hoiipert handelt über das lothringische Landleben gegen Ende
des 18. Jahrhunderts und Poirier über la famillc messine au bon^
vieux temps.
In der Rivista Italiana di sociologia {Ann. 11, tasc. 3) findet sich
eine Arbeit von A. Solnii sulla coslttuzione del comune italiano
nel medio evo. ■
Für die Geschichte und Volkskunde der Zigeuner ist ein älteres
Organ, das Journal of thc Oypsy Lore Society, das von 1888-92
bestand, neu ins Leben gerufen worden. Sitz der Gesellscliaft ist 6 Hope
Place, Liverpool, Präsident David Mac Ritchie. Wir verzeichnen den
Inhalt des ersten Heftes der neuen Serie (Vol. I, t ; July 1907): J. Sampson,
Oypsy knguage and origin; J. H. Yoxall, A word on Oypsy costume
(with 1 niustr.); J. Sampson, Weish Oypsy foIk-Ules No. l; H Th.
Crofton, Supplementary annals of thc Gypsic» in England, before 1700;
F. N. Finck, Die Omndxüge des armenisch-zigeunenschen Sprachbaus;
Alice E. Oillington, The Rivier Running By; F. S. Krauss, Two Oypsy
tales froni Siavonia; W. E. A. Axon, A Qypsy tract from the sevcntecnth
Century (with 1 facsim.); Ch. G. Leland, Shelta, or the lost langii^e of
Ihe Bards, prefacc; Ch. 0. Leland, The Tinkcrs; Reviews usw.
Aus dein volkskundlichcn Gebiet können hier im übrigen nur solche
Erscheinungen erwähnt werden, die geschichtliches Material ^tnrcrten.
So weisen wir auf eine Abhandlung Frazers, die in den E B. Tylor
gewidmeten Anthropological Essays (Oxford 1907) erschienen ist, Über
Folk-Lore in the Cid Testament hin, sowie auf den Aufsatz Kente-
nichs Qbcr Fränkische Weihegaben des 9. Jahrhunderts in der
Zeitschrift des Vereins f. rheinische u. westfäl. Volkskunde (Jg. 4, H. 3).
Eine sorgfältige Arbeit über das Osterei und seine Entstehung vvr-
öffeathchle Louise Hagbcrg in Nordiska Museet Fataburen (Kulturhist,
Tidskrift, utgiven af B. Salin) 1906, H. 3 (Päskäggen och deras hed-
niska Ursprung).
M
In der Zeitschrifl des Vereins für Volkskunde (Jg. 17, H. 1) findet
9dl eine neue Studie Max Höf lers Aber die QebiMbrote: der Krapfen«
Dff K. geht als Gebäckbezeichnimg bis in die altliochdcutsclie Zeit
arfick und ist vohl das älteste schriftlich bezeugte deutsche Qebildbrot.
H. rtelh die primäre Form fest und erörtert dann die verschiedenen
Atortea, berücksichtigt dabei auch die Erwähnungen in historischen
(^tlen, Kochbüchern usw. Er behauptet nun, „daß man gewisse Oe-
hide, namentlich aber auch das Gcbildbrot des Krapfens, der mit einer
duftenden l-arce gefüllt ist, wie auch das Gebildbrot des menschlichen
Henens, das mit duftenden Blumen geziert ist, als Symbole der Liebe
BiJd als Vermittler der Gegenliebe betrachtete und daß man dem Lust-
dufte Tie dem Bhitdunste im Her/en und dem am Körper getragenen,
dnfteaden Liebesapfel eine besonders sympathische Rolle in diesem Glauben
nimutete'. Er nimmt aucli einen Zusammenhang der Krapfenforra mit
der Herzform an. Obwohl im Mittelalter die Herzform der ägyptischen
Kopien das römische rundballigc Herzschenia fast ganz verdrängte, blieb
in Volke doch ein gewisser Zusammenhang mit dem Eelztcrcn bestehen:
tk solches Oberlebsel sieht er .den rundbalHgen, hohlen, mit einer
duftenden Farce innerlicli gefüllten Krapfen an, der als placeiita bacchica,
dh. ab Kultbrot der Zeit der Bacchanalien aus dem römischen Kolonisten-
bnndie durch Vcrmittehing der Klosterküchen auf germanrschen oder
deutschen Boden sich übertragen haben kann, wo er als Faschingsgebäck,
Emtebrot und Hochzeitsküchel sich forterhielt und sich in versdiicdcnen
iBdcm Abarten weiter entwickelte*.
Hoffmann veröffentlich! in der Zeitschrifl für den deutschen Unter-
ridit (Jg. 21, H. to) aus dem Nachlaß A. KÖberlins einen auf ober^
blnlnsche Quellen des H. und 15. Jahrhunderts gestützten kurzen Beitrag
nir Namenkunde: Volkshumor in fränkischen Namen. Erzeigt,
»wie die ganze Stufenfolge vom froh lieh -härm losen Scherz bis zu urkräf-
tiger Derbheil, um nicht zu sagen Roheit, in der volkstümlichen Namen-
gebung sich verfolgen läßt".
In der Zeitschrift für deutsche Wortforschung (Bd. 8, H. 3) teilt
Q. Binz Basler Schimpfwörter aus dem IS. Jahrhundert mit.
Zur Geschichte des Aberglaubens, insbes. Zauberglaubens steuern
tw die Arbeiten von A. Morel, La Magie dans I'tgypte ancicnne
(Btbliotheque de vulgarisalJon du Mus^ Quitnet, l. 20); }. Hansen^
Heinrich Inslitoris, der Verfasser des Hexenhammers und
seine Tätigkeit an der Mosel im Jahre1488 (Westdeutsche Zeitschrift)
fir Gesell- n. Kunst, 26, H. 2); Mehring, Aus der Zeit der Hexen-
verfolgungen in Reutlingen t665-t>6 (Blätter f. württcmb. Kirchen-
gtach-, N. F. 9, 187-192): Otto Schell, Abwehrzauber am ber-
gischen Hause (Globus, Bd. 91, No. 21 u. 23); A. Becker, Ein
Pestsegen (Archiv f. Religionswissenschaft, 9, 291) und B. Spirkner,
Kollurgcschichllichcs aus dem Mirakelbuche der Wallfahrt
(1644—1772) iVerhandltinRen des Iiislorischen Vereins förNiederbayem 42,
17S/96 und 197/211). Letztere b«idpn Arbeiten verdienen besondere
Hcr\'orhcbung, 'reil Mirakelbücherj d. h. solche Bücher, in denen an Wall-
fahrtsorten irunderaanie Heilungen aufgezeichnet werden, selten riir Ver-
öffetitlicliung gelangt sind. Namentlich das ersterwähnte Buch bietet viel
fiir die Kulturgeschichte und Geschichte der Volksmedizin.
Einen sehr beherzigenswerten Beitrag zur Geistesgeschichte veröffenl-
licht Cl. Bäumker in der Internationalen Wochenschrift (1, Nr. 15/6)
in seiner trefflichen Abhandlung Aber Geist und Form der raittel-
alterlichei) Philosophie des europäischen Mittelalters, die er nach
Entstehung, Denkxreise und Hauptgegenständen charakterisiert. Durch
Anna,hme seiner Anschamngen werde man gleidiniäßig betrahrt »vor der
Überschätzung, die in der mittelalterlichen Philosophie «ne absohile
Wahrheitsregel erblicken möchte, wie vor der Unterschätzung, die ihr
jeden Kulturwert am hcbsten ganz absprechen will".
Ein anziehendes Kttiturbild entwirft K. v. Arx in Westermanns
Monatsheften (Jg. 51, H. 10] in seinem Aufsalz: Die Insel Rcichenau
Im IJntersec, die älteste Pflanzstätte süddeutscher Bildung,
Wissenschaft und Kunst.
In der Wiener klinischen Wochenschrift (1907, Nr. 36) gib! Franz
Strunz einen Überblick über die Wiener Paracclsus- Hand-
schriften, unter denen sich nur ein eigenhändig geschriebenes Stück,
ein Rezeptzcttcl, befindet. Das Katcsimile i;st beigefügt. Die sonst vor-
handenen zalilreiclien Manuskripte sind vor allem medizinischen und
iatrochcmischen, daneben praktisch-chembchen und alchimistischen Inhalts.
Die -magischen« Schriften sind meist untergeschobenes Material und daher
als unecht anzusprechen.
Über den Nürnberger MathenutikproEessor Johann Schöner, der
besonders durch die Herstellung von Erd- und Himmelsgloben von Be-
deutung geworden ist, liegen gleich zwei Abhandhmgcn vor. In der
Festschrift zum 16. Deutschen OeographenJag findet sich eine solche von
Emil Reicke, Aus dem Leben des Johann Schöner, ersten
Professors für Mathematik und Geographie in NÖrnberg. R.
betont die Mühen und Äußeren Schwierigkeiten,, mit denen in jener Zelt ein
Gelehrter oft in seinen Studien zu kämpfen hatte. Kr bringt vor allem
interessante Mitteilungen aus den noch so ^t wie unbekannten Briefen
Schöners an seinen Freund und Beschützer, den berühmten Wilibald
Pirckhcimcr, dessen handschriftlichen Nachlaß in der Hauptsache die
Nürnberger Sladlbibllothck verwahrt. Vor der Reickeschen Arbeit noch
erschien diejenige von Karl Schottenloher Über Johann Schöner
und seine Hausdruckerei im 2^ntra[blatt für Bibliothekswesen (Jg. 24,
H. 4). Sic wTndet sich der wenig bekannten Fertigkeit Schöners in
Kleine Mitteilungen und Referate.
1t9
Hnktlnng von Hobschniilen und Druckschriften zii. Schöner war ein
hgüterter Schüler des Regiomontanus. Er .mag durch das Beispiel
HcfioiDOnlans veranlaßt worden sein, eine eigene Dntckerpresse sich
limchaffen, um seine Schriften rasch und nacli Gutdünken ausgeben
a IfOfuien*. Seh. hat dn bibliographiächcü Verzeichnis der Hausdrucke
Scböiun beigefügt.
Es sei an dieser Stelle kurz auf einen kleinen Aufsatz Gustav
Wuslmanns in der Kunstchronik (N. F. 18, Nr. 2t): Die Schongaucr
in Leipzig hingewiesen. Eine Angabe Wendlands berichtigend, daß
Bmlich Martin Schongauer in Leipzig als Beamter der Univcrsiläl, vahr-
sdMtnlidi als Buchmaler, 0^^^) immatrikuliert worden sei, stelll W. fest.
difi er zweifellos iiadi Leipzig gekommen sei, um zu studieren. Wann
dkI wie er umsattelte und Maler und Kupferstecher wurde, ist nicht fest-
astdleD. W. glaubt wahrscheinlich machen zu können, daß Seh. in der
VeMitt des Nikolaus Eiscnherg, auf den er näher eingeht, zur Malerei
«geWtet worden sei, Weiter berfihrt aber W. noch die bisher unbe-
baate Tatsache, daß ein Bruder Martins, Paul Seh., der Goldschmied,
U7« in Leipzig das Bürgerrecht erworben hat.
Aus der Dansk Tidskrift (1906) erwähuen wir den Au^tz von
A. Hansen, Engelsk Indflydelse paa dansk Aandsliv i det
tS. Aarhundrede.
P. Barth setzt In der Vicrtcljahrsschrift für wissenschaftliche Philo«
lophie und Soziologie (Jg- 3^< H. 1} seine lesenswerten Studien über die
Geschichte der Erziehung in soziologischer Beleuchtung fort.
Eine Mitteilung von F. Küch, Ein unbekannter Brief von
Euriciu5Cordus{Zeitschrift fiir Hessische Geschichte, N. F. 30, l,i.>;8-6tX
iu weniger für die Scliulgcschichlc als für die Biographie des Dichters
TOB Interesse. Derselbe wendet sich in diesem, mit Ritze Simtßhusen,
awn Schulmeister zu Cassel off der aldenstait, unterschriebenen Brief
£1 den Landhofradster Ludwig von Boyneburg, um das unfreiwillig vcr-
k«nc Rektorat der siädtischen Schule zu Cassel wieder zu erlangen. Der
Bdef ist auf August bis September 1512 zu datieren.
Zur Erziehungs- und Schulgcschichte seien weiter folgende BeiTräge
ovähnt: O. Liebe, Der Streit um die Schutaufsicht in Halle
1S83 (Neue Mitteilungen a. d. Gebiet histor.-antiquar. Forschungen, 23, 1);
A. Fritz, Geschichte des Kaiser Karls-Gymnasinras In Aachen,
1. das Aachener jesuiteng>-mnasiiim (Zeitschrift des Aachener Geschichts-
wrrios. Bd. 28); A. Lechcvalier. L'ecole primaire sous l'ancien
rigime (Revue p^agogique. 15. ScpL 1907); Fr. Hummel, Ein Rück-
blick auf das Bildungswesen vor hundert Jahren (Neue Blätter
IIB Süddeutschland für Erziehung und Unterricht, August 19i>7).
Beachtung verdient die Arl>eil von E, Costa, La prima calledra
d'umaniti nellostudio bolognesc durante ü secolo XVI (Studi e
memorie per la storia dell'universitä di Bologna, Vol. 1, 1).
1
Eine in den Baltischer Studien (9, 1-54) erschienene Arbeit O.
Kohfeldts, Eine akademische herienreiie von Rostock bis
Königsberg i. J. 1694, können wir hier nur dem Titel nach erwähnen,
da sie uns nicht mgänglich war. ^h
Das Schrift- und Buchwesen der Brüder vom gemein^l
Samen Leben, deren eifrige Tätigkcil auf diesem Gebiet eine bekannte
anziehende Erscheinung ist. behandelt Kt. LÖffler in der Zeitschrift für
Bücherfreunde (Jg. H , H. 7) auf Grund der bisher veröffentlichten Quellen
und der einschlägigen Literatur und unterrichtet weitere Kreise in dankens-
werter Weise über die Einzelheiten ihres Schreibbetriebes wie über ihre
Tätigkeit auf dem Gebiet des Drucks und Verlags.
Zur Oeschiclite des Buch- und Bibliothekswesens erwähnen wir noch
dieBeiträgevonLDoreZpNotessurles libraires,relieurs,enluniineurs,
papeticrs et parcheminiers jurfc de TUniver^ite de Paris et traitfe des
mfimoriaux de la Facultd de Jccret 1504-1574 (Revue des biblioth^ues,
1906, mars/avri]), j. R. Hayes, Sixteenth Century Library Ruies
{The Library Journal, 1907, Fdjruary), und E. Fairon, La bibllo-
thique d'iin chanoine li^geois cn 1614 (Revue des bibliothdques
et arch. de Belgiquc. 1906, No. 2/3).
Eine höchst gründliche, für die Bildungsgeschidite recbl ergiebige
Arbeit ist diejenige über Bamberger Privatbibliotheken aus alter
und neuer Zeit, die Karl Schottenloher in dem Zentralblatt für
Bibliothekswesen (Jg. 24, H. S/9) veröffentlicht hat. Die Gründung und
reiche Ausstattung der Dombibliottick durch die B Gehergeschenke des
Kaisers Heinrich M. wie der Bücherschatz im Kloster Michelsberg steigerte
die Wertschätzung der Bücher mächtig und weckte auch bd dem ein-
zelnen den Wunsch, solche zu besitzen. Eine ähnliche Wirkung hatte
in neuerer Zeit die Säkularisation der Klostcrbibliothcken vom Jahre 1803,
die in Bamberg finc förmliche Bücheriibcrschwemmung zur Folge hatte.
Viele Bücher wurden nicht abgeliefert. Für Sammler war daniais dne
goldene Zeit; die Wertschätzung der Bücher und der Sammeleifer erfaßte
größere Kreise. Namentlich gewarm jetzt das Laienelemenl im Umsatz
und Sammeln der Bücher einen entscheidenden Einfluß in Bamberg.
Vorher hatten doch die Geistlichen im Vordergrund gestanden. In langer
Reihe läßt Seh. die Bibliothcksbeaitzcr von dem Domdckan Kraft aus der
ersten Hälfte des 1 3. Jahrh . und dem Domscholastcr Jakob an vor uns vorüber-
ziehen. In dem gelehrten Scliulmcistcr Hugü von Trimbcrg begegnet
aber auch früh ein Ijie als vermutlicher Besitzer einer für jene Zeit
höchst seltenen umfassenden gelehrten Bibliothek. Im 15. Jahrhundert
hören wir von der Bibliothek eines Arztes. Buchdnickerkunst wie Huma-
nismus sodann scheinen keinen besonderen Einfluß aufdasBücheru-esen in
Bambergausgeübt zu haben. Im I6.jahrhundertsind es immernoch fast aus-
schließlich die Geistlichen, bei den^ n grilllere Mengen von Büchern zu finden
sind. Von Laien begegnen als Bibliotheksbesitzcr später Veit Ulrich von Mar-
Kleine Mitteilungen und Referate.
12t
sdiiüt, ein protestantischer Edelmann (Testament von 1625), und der Jürst-
biscfifln. Rat Dr. Carl Pessler, dann der Hofrat Dr. Joh. Neydecker. Nalfirlich
ist ludi der Inhalt und Charakter der einzelnen Büchersammlungen von
Inlensse und von Seh. auch gebührend berüclsichligt worden.
0. Clcmcn berichtet in den Beiträgen zur sächsidien Kirchenge-
Kftichte (Heft 20) über ein Stammbuch aus der 2. HäLfle des
lk Jahrhunderts.
In den Deutschen Qcschichtsblättem (Bd. 8, H. 10) teilt ein Herr
A. K. (warum so unkenntlich?) unter Aem Titel: .Familienbriefe als
kulturgeschichtliche Quelle- seine Absicht mit, »den Brief als
tellnrhistorische Quelle zu benutzen." Es uerde ihm freilich vereagt
Iibben müssen, für weit zurückliegende Zeiten mit Hilfe von P'amtlienbriefen
Volbleben und Familiensinn zu erforschen, »denn wohl schwerlich werden sich
oUrdcfae Privatbriefe finden lassen aus Zeiten, die mehrere Jahrhunderte zii-
rbdüiegen. (Der Herr A. K. weiß also nichts von der Fülle der erhaltenen
ftrvalbriefe seit dem 16. Jahrhundert! !) Daher wird man sich zunächst an
dis 19. und 1 8. Jahrhundert halten müssen". Er bittet nun, ihn bei seiner ge-
planten Arbeit dadurch zu unterstützen, daß man Ühn auf das Vorhandensein
WB Familien briefen aus der Zeit von 1700 bis etwa 1 SSO in Archiven, Biblio-
Mien usw. sowie in r*riv3tbesitz aufmerksam mache. Wir wünschen Herrn
A. K. gute Erfolge bei seiner Arbeit, meinen aber, daß sein Aufruf auf eine
lelier sehr geringe Orientierung seinerseits über das auf dem bc-
ifeten Oebiet Qeleistele schließen läßt. Sehr energisch müssen wir
iiBbesondere feststellen, daß ■seine Idee von Oeor^ Steicihaitscn längst aiis-
fespracbeti und vor allem bereits zu einem Teile verwirklicht ist, und zwar
besonders auch schon für das 16. und 17. Jahrhundert. Es ist geradezu
eae DreistiRkeit, Steinhausens Geschichte des Deutschen Briefes zu
nrlhnen und dabei zu behaupten, daß dieser ,in seiner sonst so verdienst-
voRen Arbeit nicht auf Fragen komme, an die gerade die Briefliteratur
nmittribar heranführe". Der Herr A. K- möge sich erst efn wenig in das
fladi Steinhausens vertiefen, das er anscheinend überhaupt gar nicht gelesen
Itil: er wird dann nicht so absolut Unzutreffendes aussprechen, wie daß »ihm
|SL) wohl Briefmaterial im Sinne des schlichten Privatbriefes nicht zur
Voffigung gestanden habe" - man denke u. a. an die ausgiebige
Verwertung der Briefe der Nümbergisclien Familien (insbesondere der
Bdtaims) — , daß er «das Formate nicht als Mittel zum Zweck" benutze:
■ihm ist es Selbstzweck, weil er nicht darauf hinzielt, mittels der Briefe
be auf den psychischen Kern der Zeit durchzudringen-. Unerhörtere
URbenntnis desjenigen, worüber man urteilt, ist wohl kaum dagewesen.
ib wie sie hier Herr A. K. dokumentiert. Gerade das van ihm Verlangte
BiderZweckvonSL's-Qcschichte desdeutschen Briefes-. »Schonin meiner
OacUchte des deutschen Briefes-, heißt es in der Einleitung zu Stem-
hmetts Ausgabe der »Deutsdien l^vatbriefc des A^itlclalters- Bd. I (1809),
»habe ich mich besonders bemüht, den Brief als Spiegel für die Lebens-
gcschichte unseres Volkes zu benutzen." Gesperrt gedruckt heißt es in
dem Vorwort zu dem Werke selbst: -So kann uns die Betrachtung des
deutschen Briefes wichtige Betträjte zur Kulturgeschichte im weitesten Sinne,
zur Ocschichtc des Verkehre und der Qescilfgkeit. der Entwicklung der
Volksbildung und des VoSksIebens wie des Volksgristes und des Volks-
charakters gewähren." Die Briefform, deren Entwicklung nattirgemftß
«rgehend behandeil werden muDle, ist also eben nicht der Selbstzweck,
vielmehr gerade das, was Herr A. K- entdeckt zu haben glaubt, Tiämlich
(Vorwort z. G. d. d. B.): -wie das Volk sich in den Briefen gibt, was es
beschäftigt und worin es lebt". Es sei dem Herrn A. K. empfohlen, von
dem Werk I, 9t ff., Ifebff., 173ff., iVbff.; II, 180ff,. 1'i9ff., 2P9ff., 34Jff.
usid'. recht genau zu lesen. - Noch auf einen weiteren Punkt müssen wir
hinweisen. A. K- selbst nennt Steinhausens Ausgabe des rein familiSren
Briefwechsels des Durchschnittsmenschen Balthasar Paiimgartners mit seiner
Gattin, spricht aber keineswegs kSipp und klar aus, daß gerade Steinhausen
bcmCiht war, das Briefmaterial, das von Durchschnittspcrsonen stammt.
der historischen Benutzung zugänglich zu machen, verschweigt vor allem
die Sätze der Einleitung, die den „schlichten Privatbrief" {das ist St. 's
Ausdruck) gerade als kulturgeschichtliche Quelle hinstellen. SL spriclit
ausdrücklich von -BriefpubÜkalionen in rein kulturhistorischem Interesse".
Dal3 Sleinhausen dann jene «Deutschen Privatbriefe des Mittelalters- heraus-
gegeben hat, erwähnt Herr A. K. überhaupt nicht; er weiß das wahr-
scheinhch gar nicht. Sein ganzes «Programm' findet sich dort auf S. VI
bereits ausgesprochen (namentlich unten).
Für die Geschichte des Privatlebens bieten insbesondere Tagebücher
und tage- oder hausbuchähnliche Aufzeichnungen, auch solche wirtschaH-
licher Natur, willkommenes Material. Wir verzeichnen folgendes: Fried-
rich IV. von der Pfalz Tage- und Ausgabenbuch (Mannheimer
Oeschichtsbll , 7, 52-71; 91-101; 123-33); M. Th. v. Oombert
(KammcrfrauIcin der Kurfürstin Amalie), Was sich im Jahre 1734
ereignete: Tagebuch a. d. Franzöfi. öbersctzt von F. X. Zetller (Alt-
bayerische Monatsschrift, 5, 89-104; 122; P. v. Radlcs, Familien-
chroniken krainischer Adliger im 16. u. 17. Jahrh. (Mitteilungen
des Musealvereins f. Krain, 16, l -27; 137-56; 17, 3-13); Le livre de
raison de Jean de Bouffard-Madiane publ. p. Ch. Pradcl (Sod^t
d'hist.duprotestantismefrani^is, Bulletin, 1907, janv./f^vr..mars);J.Ceyssens,
Notes du curi Jean Hervianus de Hernialle-sous-Argcntcau
(lokale Aufzeichnungen über die Jahrel684 - 17H) (Leodium, 1906, Nr. lo).
Nicht wegen des spczidlcn Themas, sondern wegen mannigfacher
kulturgeschichtlicher Streiflichter sei hier eine in der Zeitsdmft des Vereins
f. Kirchengesch. d. Provinz Sachsen (IV.) erschienene Arbeit Georg Liebes.
Die Zivil Versorgung der preußischen Fcldprcdigcr im Herzog-
tum Magdeburg und im Fürstentum Halbcrstadt bis zum
Jahre tS15, erwähnt. Die hier in beschränktem Rahmen g^ebene Oe-
schichte des Standes und des Instituts der Feldprcdtgrr ffcwährt vtederholt
Einblicke in die innere Art und dieäiißeren Verhältnisse nicht nur der Soldaten
cinencits und des Feldpredigcrs andererseits, sondern auch der Menschen
)mer Zeiten überhaupt. Auch sitlcngcschi cht lieh ist die Arbeit von Interesse.
För die Oesdiidite der Frauenwelt sei auf die beachttnswerte Studie
von G. Ascolj, Les id^es fiministes en France du XV!*" siede
i U Revolution, in der Revue de Synthese historique (1906, aoüt) hin-
geviescn, in der nach Darstellung der Fortschritte in der Stellung der
Frau im Ib. Jahrh. der Einfluß des Cartesianismus auf die Entstehung
des feininisme rationd aufgezeigt, audi eine Bibliographie hinzugefügt
wird, sowie auf den Aufsatz von Alice W. Kemp-Welch, A Fif-
teenth-Cenlury Feministe (Christine de Pisan) in The Nineteenth
Century and afler (1107, April).
In tschechischer Sprache Hegt eine Mitteilung von V. J. Duiek
md F. V. Vykoukal, Ein handschriftliches Hochzeitsstatut
aus der erslen Hälfte des 1ä. Jahrhunderts, vor(Ndrt>doplsny Vcstnik
ColcOfilovansky, Jg. 2, Nr. 7/8).
Die Harvard Studies in Classical Philology (Vol, 18) enthalten eine
Arimf von A. B. Bryant, Boyhood and Youth in the Days of
ArUtophanes.
Eine sehr hübsche Nachlese zu dem «Kinderleben in der deutschen
Vorgängen hcit" von Hans Bocsch gibt Heinrich Heervagen im An-
TÖsar des Oermanischen National muscums (1906, H. 4) in seinen Bildern
aus dem Kiiiderlcben in den dreißiger Jahren des sech-
zehnten Jahrhunderts, die Auszüge aus den Aufzeichnungen des be-
kannten Nürnberger Humanisten Dr. Christof Scheurl in seinem Schuld-
ttnd Rechnungsbuch wiedergetJen. Zum Teil nur lose mit den rein
«irtsdiafttichen Aufstellungen verknüpft, treten uns -ecicdcrholt ansprechende
Niederschriften über das Manchcriei des täglichen Lebens entgegen. Das
Ansprechendste bleiben jedoch die von Zeit zti Zeit immer wieder auf-
tudKDden Ocnrebildchen aus der Kinderstube, die, wie der Herausgeber
agt, durch unwidentehlichc Einfalt und ergötzliche Unmittelbarkeit
fevinnen. Wir geben ein Beispiel: .Benedlctus deus in donis suis. Den
19. aprilts, als ich gen Perching riet, ist mein lieber sun Jörg Scheurl
drei jar alt worden, hat dises jar ganz keinen aufstoss gehabt, ist gar
nichzit gefallen, liebet di muttem herzlich, libct was rot ist, von wein
und kleidern. trinkt gern wein, sunderUcii roten, ißt gern fisch, krebs,
kirn, ist stets frolich und guter ding, kreint nimmer nit, Übet aus der
am ser pferd und was zur rcuterei dinet, padt gem, reit und vert gem.
Kan nodi nidizit reden dann data, manima, aia, das ist Albrecht, zin
«ad wein, ist ser merklich, hat vast einen guten verstand, verstet schir
>tte% Fhrcht di nitcn überaus ser, vtrniaint etwan dem valer und der niten
ai ntioufen, der gütig herr got sei gelobt und verleih im gnad, in seinen
»«gen erzogen ze werden."
Hüscr veröffentlicht in der Zeitschrift des Vereins f. rhdn. u.
westnil. Volkskunde {1907, H. 1) einen Beitrag zur Qeschichte der
weltlichen Kindtauffeier in Warburg;.
In den Jahrbüchern für Nationalökonomie und Statistik (111. Folge,
ij, 537ff.) handelt Oscar Stillich über den Stellenwechsel der
Dienstboten und jicht dabei auf das historische und tirsächliclie Mo-
ment dieser Erscheinung ein, unter Zugrundelegung der Nürnberger
Verhättnisse, wofür die historischen Quellen reichlich fließen. Im ganzen
wird im Laufe der Zeil das langlebige Verhältnis zu einem kurzlebigen.
Der Sklavenhandel Im mittelalterlichen Italien, über den
KatI Schneider auf Grund einer Jn der Revue des questions historiqiies
erschieneneu Arbeit {der nicht erwähnte Verfasser ist C Rodocanacht)
in der Zeitschrift für Sozial Wissenschaft (Jg. 10, H. 4) berichtet, hat einen
groUen Umfang besessen, wesentlich infolge der Wirkung, die die innige
Berührung mit den Völkern des Orients auf die italienische Sitte ausübte.
Er erhielt sich im södlichen Italien bis zum au^ehenden 16., wahrschdn-
lieh sogar bis zum beginnenden 17. Jahrhundert. Nur wurden in Italien
im Gegensatz zu Spanien und der Provence fast ausschließlich weibliche
Sklaven verkajift.
Eine schon früher von ihm ausgesprochene Auffassung sucht Paul
Sarasin in seinem Aufsatz über die Entwicklung des griechischen
Tempelsaus dem Pfahlhause in der Zeitschrift für Eihnologie <Jg. J9,
H. 1/2) durch weitere Argumente als richtig zu erweisen. Seine Aus-
führungen über die ursprüngliche Pfahlbaunalur des griechischen Säulen-
tempels sind gewiß lesenswert. Er geht dabei übrigens von der Über-
zeugung aus, ndaß der I^ripleros die älteste Tcmpelform darstellt, nicht
der sc^enaunte Anten- oder Mauertempel-: »nie und nimmer läßt sich
die Sijle aus einer Mauer entwickeln, wohl aber ganz leicht die Mauer
der Cella ans einer Verbindung der Säulen durch Lehm oder Stein".
Walther Altmanns Aufsatz in der Umschau (Jg- 11, Nr,43):
Palast und Wohnhaus im Altertum stellt eine ansprechende Ski£ze
der Entwicklung des griechischen und italischen Burg- und Wohnhauses
bis zu den Villen der Kaiserzeit dar.
Zur Geschichte des Hauses und der Wohnung verzeichnen vir
weiter folgende Beiträge: O. Brenner, Zur Hausforschung in
Bayern (Mitteilungen und Umfragen zur bayer. Volkskunde, 1907, N. F.
Nr. 10); Fr. Kauffmann, Zur Geschichte des niedersächsischen
Bauernhauses(Zeitschrift f. deutsche Philol..Bd.39, H.ä/*); W. Pessler,
Die geographische Verbreitung des altsächsischen Bauern-
hauses in Pommern (Globus, Bd. 90. Nr. 2üi) (interessant für die Koloni-
sation des Ostens); O. Schell, Das bergischc Haus in kultur-
geschichtlicher Beleuchtung (Ober Land und Meer, Jg. 49, Nr. 9);
L. Galle, La villa d'un marchand florenlin du XVI* si^eäQoi^e-
de-Loup, pres Lyon {Re\iie d'histoire de Lyon. t. S, Nr. i).
Kleioe Mitteilungen und Referate. i2S
Aus dem KonrspondenzbUtt des Vereins für siebcnbürgiscbe
Ludolninde (Jg. 30, Nr. 2/3) erwähnen vir zwei Beiträge von F. W.
Seriphin: Haiisinschriften aus Schirkanyen, und Kommuni-
lilsbcschiuß über Backhäuser von 1495.
Eine lehireiciie »kunst- und kulturgeschichtliche Studie* veröffent-
BditB. Haendcke in Wcstermanns Monatsheften (Jg. 51, H. 12) über
deo Turm.
Als neuen Beitrag zur Qlockenkunde nennen vir den von E.
Brückner, Die Glocken der Oberlausttz, im Neuen Lausitz.
Migazin <Bd. S2).
Eine Lücke in der Geschichte des Bernsteins füllt die Arbeit von
B Laufer, Hislorical Jottings on Amber in Asia, in den Me-
■oin of thc American AnthropoSogical Association (Vol. I, p. 3) durch
die Heranziehung von Bd^lellen fijr die Kenntnis des Bernsteins bei
isialisdien Völkern aus. Insbesondere wird die Verwendung dL-s^elbcn in
China, wo man ihn schon im ersten Jahrhundert nach Christus aus Birma
ahtelt, nach chinesischen Quellen beleuchtet, aber aus denselben Quellen
aadi das Vorkommen desselben in Indien seit dem ersten Jahrhundert vor
Dr. und durch das Mittelalter hindurch festgestellt.
In Boas Memorial Volume (1906, 208-56) handelt Friedrich
Hirlh über Chinesische Metallspiegel auf Onmd chinesischer
QiieUen. Diese gegossenen ßronzespi^el sind in China viel älter als
die Glasspiegel und werden schon 673 v. Chr. erwähnt. Sie dienten
weht nur als Toilettenspiegel, sondern auch als Brennspiegel zur Ent-
ifindung hdligen Feuers (mittels dürren Laubes) im Kultus, ferner als
Abvchrmittel bösen Geistern gegenüber, zu welchem Zweck sie auf dem
Rücken getragen wurden.
in der ßibliotheque de l'6cole des charics {1906, mai-aoüt) unter-
richlet P. Ouilhermoz eingehend über alle im mittelallerlichen Europa
pbnuchlen Gewichte (Note sur les poids du mayen ägc. I).
Im Daheim (Jg. 43, Nr. 14) veröffentlicht H. Sendung dne
kalturgeschichtliche Skizze über den Handkuß und seineO es chwister.
Von einem alten Kartenspiel (im Ödenburger Museum) handelt
Blinker in der Zeitschrift für österreichische Volkskunde (1907. H. 4/5).
Aus der Nuova Antologia (fasc 847 und später) erwähnen wir den
Anikd von Q. Monaldi, La danza nel secolo XIX.
Georg Liebe unterrichtet in der Zeitschrift des Vereins f. Ktrchen-
EOdt. d. Prov. Sachsen (1, 192-207) über Herbergspflicht der
■itteliltcriichen Klöster mit besonderer Beziehung auf die
Landschaften der Prov. Sachsen.
R. Andrees Artikel in der Zeitschrift des Vereins für Volkskimde
'Jä- 17. H. 2) über den grünen Wirtshauskranz enthält auch gc-
Kkichtticfae Belege über seine Verbreitung und geht auf den (römischen?)
t'npnmg der Sitte ein.
In da- Monatsschrift f, d. Turnwesen (Jg. 26, H. 4) liefert Kurth
einen Beilrag zur Ocschichte des Fechtens in Deutschland.
Allgemeineres Interesse hat eine Mitteilung zveier Aktenstücke
über das militärische Signalvesen im 15. Jahrh. durch A. Plüss
ira Anzeiger für Schweizer. Gesch. (jg. 37, Nr. 2). - Im Anreiger für
Schweizerische Altertumskunde (N. F, 8, Nr. 2) findet sich eine solche von
J. Egli: Inventar über Waffen und Munition der Stadt St
Gallen im Frühjahr 1532.
Wohl beachtenswert Ist der von S. Meyer in der Altpreußischen
Monatsschrift {Bd. 44. H. 1) veröffentlichte Beitrag zur Kutturgeschichte
Preußens im 1 5. Jahrhundert: DieOesetzederSpielleute (zu Mewe?].
Wegen des Details interessant ist ein Aufsatz W. Berdrows
in den Qrcnzboten ('907, Nr. 18): Fahrendes Volk im 17. Jahr-
hundert, aus den Bettelregistern einer deutschen Kleinstadt geschildert
Es handelt sich um Coswig in AnhaU, das trotz seiner Un bedeutend heit
im 1 7. Jahrhundert von einer unatwehbaren Schar fahrenden Volkes durch-
zogen wurde. Sie wird in ihren flüchtigen Bestandteilen gemustert Eine
Ergänzung dazu bietet ß.s Artikel in derselben i^eitschrifl (1907, Nr. 23);
Was das fahrende Volk erzählte.
Der Artikel von Julius R. Haarhaus in Velhagen & KUisings
Monatsheften (2t, 1, 337 -S3) über Menagerien und Tierschau-
slellungen in früherer Zeit gibt eine nicht üble, quellenmäßige
gcschiditiichc Zusaninienslellung des einschlägigen Materials und bringt
auch eine große Reihe zeitgenössischer Abbildungen, Anpreisungen usw.
R. Doebner veröffentliclit in der Zeitschrift für Kirchcngcschichte
(27^4) zwei Erlasse des Propstes Heinrich zu Buxtehude und
des Bischofs Berthold von Werden zur Besserung der Sittenzu-
stände im Kloster Buxtehude.
Aus der Dermatologischen Zeitschrift (13, H. b) teilt Joh. Lachs
einen Beitrag zur Kenntnis des Krakauer Proslilutionswesens
im 15. Jahrhundert mit
Im Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde (N. F. 8, Nr. 2)
teilt R. Wegeli einen Steckbrief vom Jahre 1433 mit
Kulturgeschichtlich und kulturpsyclio logisch sehr beachtenswert ist
eine umfangrriclie, in den Jahrbüchern für Nationalökonomie und Statistik
(III. Folge, Bd. 32, H. 5; 34, H. 2) erschienene Abhandlung Otto Ncu-
ralhs: Zur Anschauung der Antike über Handel, Gewerbe
und Landwirtschaft (Cicero de officüs I, c. 42). Von allgemeinerem
Interesse ist dabei das zweite Kapitel : Zur Geschichlc der vergleichenden Ge-
schichte und Politik, iii dem einige Typen der Ocsdiichlsbetrachtung
Prinzipien und historisch besprochen werden. Ira dritten Kapitel wird die
jeweilige Anscliauung über die verschiedenen Erwerbsarten charakterisiert.
In der Zettsclirift f. d. Gesell, d. Oberrheins (N. F. 22, H. 1/2) be-
J
Kldne Mitteilungen und Referate.
127
spricht K. Beyeric neuere Forschungen zur Wirtschaftsge-
schichte der Ostschweiz und der oberrheinischen Lande.
Aus den Annalcs de Test et du nord (t. 3, fasc. 1/2) errähnen wir
die Publikslion A. de Saint-L^gers, Memoire concernant lasitu-
alion iconomique de la Flandrc marilinie cn 1 699.
In den Pommerschen Jahrbüchern (6, 77-90) teilt H. Ulmann
Aktenstücke ab Beiträge zumWirtschaftslcben Neu Vorpommerns
1 848,9 mit.
In der Monatsschrift für Qesdi. u. Wissenschaft des Judentums
(N. F. M. H. 9-12) handelt F. Qoldmann über den Ölbau in
Palistina in der tannaitischen Zeit.
Zur Geschichte der gnindherrlich-täuerltchtn Verhältnisse sind eine
ganze Reihe von Zeitschriftenaufsätzcii zu nennen, rümüch: R. Heath,
Peasaot Insurrcclions 13S> and \S'2S (Ttie Contetnporary Review,
1907, January); Ü. Schwarz, Die Untertanen des Klosters Fbrach
in Oochsheim und ihre Bedrückung im IS. Jahrhundert [Bei-
trtge zur bayer. Kirchengeschichte, 13, 4); Schräpler, Der Bauern-
stand vom 1ö. bis 18. Jahrh. in unserer Gegend (Veröffentlichungen
des Altertumsvcrcins Torgau, I5,'I9, 40-73); H. Sie, Lcs classcs
rorales cn Bretagne du XVI* s. h la r^voiution (suite) (Annales de
Bretagne, 21, 4; 22, 1,^); J. Letaconn oux, Le regime de la corv£e
en Bretagne au KVIII"^ s. (suite) (Ebcntta, 22, 1/2); R. Prümers,
Pol nische Bauern bedrüclcung(Histor.Monatsblätterf. Posen, 6, 123 -5).
In dem Berg- und hüttcnmännisclicn Jatirbiich <Bü. 54, H. 4)
idmdcrl A. Mölln er den Bergbau in denAEpcnländern in seiner
geschichtlichen Entwicklung.
W. Belclc sucht eine wichtige kulturgeschichtliche Hrage, ein oft
erörtenes Problem in seinem in der Zeitschrift für Ethnologie (Jg. 39,
H. 3) abgedruckten Vortrag; Die Erfinder der Ctsentechnik der
Lfeung niher zu bringen. Wesentlich auf Orund der Angaben der
Bibet stdit er fest, daß als Fabrikanten von Sclimiedcciscn und Stahl
sovie daraus gefertigter Oeräle allein die Philister-Phönizier um
11«) bis looy V. Chr. erwähnt werden, während damals den Juden die
Bcarbeilung des Stahls ein Geheimnis, allen anderen Völkerschaften
Vonlerasiens, Assyrcm usw., ebenso den Völkern Anatoiiens, einschließlich
JonienSt Eisen und daraus gefertigte Geräte vollständig unbekannt waren,
bd Griechen und Ägyptern endlich Stahl noch unbekannt, Schmiedeeisen
»ber sdir kostbar war. Den Pili listeni- Phöniziern, die somit als einzige
selbständige Erfinder gelten müßten, komme insbesondere das Verdienst
der Erfindung der praktischen Stahl fabrikation und -Technik zu. In der
Dskussion wurde u. a. die Heranziehung der archäulu^i sehen Ausgrabungen
iB den ver^hiedenen Undem verraitit, vor allem die Ausscheidung
Ägyptens aus der Untersuchung beanstandet v. Luschan hält es so gut
vie für sicher, daß die Eisentechnik aus dem tropischen Afrika stamme.
Zur Zunft- und Gcwcrbcgcschichte tragen folgende Aufsätze bei:
M.Heyne, Entstehung der Gilden (Protokolle Ober die Sitzungen
des Vereins f. Gesch. Oöttingens, III, 4, 6-1t); F. Frcnsdorff, Dis
Zunflrcchtinsbes. Norddeutschlands und die Handverkerehre
(Hansische Oeschichlsblätter. 1907, H, 1); Jules Vann^rus, De kcure
der wollctrevers van D lest van 135 3 (Verslagen der VIumscheAcademie,
1906, 8, Ji77-702), H. Coninckx, Eeni^e aanteekeningen be-
treffende de handbooggilde te Mechelcn (Bulletin du cerde
archiol. etc. de Malines, t. XVI); Werbriin, Aus dem Protokollbuch
der Fuldaer Leineweberzunft, Betträge zur Qesch. der Zunft, 1610
bis1723 (Fuldaer Qeschichtsblätter, 4,12-23; 42-47); A. Mörath.Das
LebkQchnerhandwerk in Krummau im 17. Jahrh. (Mitteilungen
des Vereins f. Qesch. d. Deutschen in Böhmen, Jg. 46, Nr. 1); K- Schöppe,
Zur Geschichte des Topf- und Palmariimmarktes in Naum-
burg, ein Beitrag zur Qesch. d. Innungswesens (Nette Mitteilungen aus
dem Gebiet histor.-antiqciar. Forschungen, 23, H. 1).
In der Zeitsclirift SzJzadok veröffetitllcht S. Takäts in ungarischer
Sprache^kulturgeschichtlicheStudien« Ober den ungarischen MQUer im
Ib. U.17 Jahrli. (Januarli07) und die ungarische Mühle (Febf./März).
Aus den Annaies de Bretagne (22, 2) erwähnen wir die Arbeit von
F. Bourdais, L'industrie et le commerce de la teile en Bre-
tagne du XV« au XIX« siecle (nach einem memoire de licence).
In der Vierleljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschicbte
(Bd. V, H, 1/2 und 3) handelt Johannes Muller ober Geleitswesen
und Güterverkehr zwischen Nürnberg und Frankfurt a. M. im
15. Jahrhundert. »Für die Sicherung der Qeleitsstraßc nach Frankfurt
zur Zeit der beiden Frankfurter Messen wurde von dem Ral und der
Handclswelt Nümbei^ im 15. Jahrhundert schon in so bestimmter Fonn
Fürsorge getroffen, daß sich sowohl bezüglich der Werbung des Geleites
bei den verschiedenen Dynasten, durch deren Gebiete die Reise zur Messe
ging, als bezfiglich der Ausführung der Reise selbst bereits bestimmte
Regeln gebildet hatten. Da die Kosten för das Geleite in die Frankfurter
Messe nur zum kleineren Teil der Stadt zur Last fielen, sondern (!) zum
größeren Teil durch eine auf die MeKbesucher gelegte Umlage aufgebracht
wurden, so lassen sich aus den für das dritte Jahrzehnt des 15. Jahr-
hunderts und dan]) wieder von H7b ab erhaltenen Angaben über diese
sogenannten Frellgelder interessante Aufechlüsse über die Höhe des Güter-
verkehrs zwischen Frankfurt und Nürnberg zur Zeit der beiden Messen
gewinnen. Die für die Mitte des 15. Jahrhunderts bekannten Zoltsitze
auf die verschiedenen Warengatlungen und Geleitsgelder für die Begleiter
der Warenzüge gestatten endlich eine annälienide Berechnung der Fracht-
kosten, deren enorme Höhe im Mittelalter weniger durch die eigentlichen
Transportkosten als durch die Zölle und Geleitsgelder jener verkehrsfeind-
lichen Zeit herbetgefflhrl wurde.*
Halbersladts Handelsstraßen und älteste Handelsb«-
zichangen sind der Ge^nstand eines Aufsatzes von 0. Arndt im
Moalagsblatt der AUj^dcburger Zeitung (1907, Nr. 35).
St I.ewicici behandelt im Anzeiger der Akademie der Wissen*
sdiiAen in Krakau (Phil. Kl-, 1906, Nr. 9/10) die Handelsrouten !n
Polen im Mittelalter.
Die Beilr^ zur ntssisdien Geschichte, Theodor Schiemann dar-
gebniclit, enthalten zra handelsgeschichlliche Arbeiten, eine von P. von
derOsten-Sacken, DerHanschandel mit Pleskau bis zurMittc
des 15. Jahrhunderts, eine andere von Emil Zweig, Die Unt-
stehung und Organisation der englisch-russischen Handels-
beziehungen in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts.
Aus mehrfachen Gründen ergab sich im Mittelalter die Notwendig-
kdt der Bildung von Kaufmannsorganisationen »fust überall, wo ein
einigcnDaßen entwickelter Verkehr mit dem Ausland gepflegt «iirdc.
mEinc solche Organisation war auch die Bruderschaft der Merchant-
Advcnturcrs.* deren Entwicklung und Organisation S. van
Brakel in der Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgcschidile
(Bd. V, H. i) in de« Hauptziigcn skizziert.
Sehr beachtenswert ist die umfangreiche Abhandlung F. Keutgens
Aber Hansische Handelsgesellschaften, vornehmlich des
H. Jalirhunderts, in der Viertel jahrechrifl für Sozial- und Wirtschafts-
geschichte (Bd. IV, H. 2-4). Keutgen geht von einem Standpunkt aus,
doi vir als echt kulturgeschichtlichen bezciclmcn müssen: Recht und
Wnischaft sind ihm nicht die eigentlichen Ziele der Erkenntnis: sie sind
ihm «schlechthin Selten des allgemeinen Menschenlebens". .Dem tiefer
Sdiauenden sind selbst die Formen der Handelsgesellschaften Bausteine
der Erltennmis der Menschen selbst, ihrer Denkweise, ihrer Fähigkeiten,
ihm praktischen Könnens." In seiner Einleitung erörtert er allgemein
hsadelsgeschich fliehe Gesichtspunkte in einer Weise, der man meist durch-
las rustimmen kann, und in gegensätzlicher Haltung (wie auch in der
Abhandlung selbst) zu Sorobarts nachgerade allgemein verurteilten Theorien.
Er stdlt zunächst nicht nur »durch raschen Überblick' fest, was der
FemhAndel »nach seiner Menge bereits für das gesamte damalige Leben
bedeutet haben muß", sondern lallt vor allem keinen ZweiEel darüber,
vdaB unsere Vorfahren im Innern ein ebenso lebhaftes Gewinn sireben
cmpCanden wie die Heutigen und es ebenso mannhaft zu betätigen
«uBten.* Seine besondere Aufgabe aber, bei der es sich vielfach um
lofvule fragen handelt, betrachlet er wesentlich auch von den durch ihre
Bdnadlung zu erzielenden Ergebnissen ffir die Erkenntnis der allgemeinen
Itaidelszustände des wichtigen 14. Jh. her. Es koninitdaraiif an, das Wesen
öer im Bereich der deutschen Hanse gewöhnlich abgeschlossenen Haudels-
ecsellschaften zu erkennen; daraus können Sdilüsse gezogen werden .ein-
wl Ulf die Bedeutung des Handels selbst, dann auf die Selbständigkeit
An*W für Kul(iirg«chichtc. VI. 9
der deutschen Rechtsbildung in dieser Materie". Er will die Arten der
deutschen SeehandelsgeseUschaften nur aus den deutschen Quellen
erschließen, die italienischen aber, von denen sonst die wissenschaftlidie
Untersuchung ausgegangen ist, nnrziim Vergleich heranziehen. «Welcher
Art auch", schließt Keutgen seine liier icn einzelnen nicht zu verfolgende
Abhandlung, ^seit dem Ende des 15. Jahrhunderts der Einfluß fremder
Rechtsgedankcti auf das deutsche Oesellschaftsrecht gewesen ist, bis dahin
halte es sich selbständig entwickelt. Die Stellung der auswärts mit der
Ausführung der Oesdiäfte Betrauten war von vornherein in der hansischen
Handelswell eine von der im Süden verschiedene .... Noch wichtiger
ist, daß im Norden nicht das Traktatorttim sich zw einem selbständigen
Gewerbe ausliildcte . . . .; selbst dann, wenn zwei gleichstehende Kaufleule
sich vereinigten, von denen einer das Reisen besorgte, war Hauptmann
der, der zu Hause blieb. Damit aber war die Entwicklung zur Kom-
manditgeseMschan von Anfang an an die zweite Stelle gedrängt: im
Vordergrunde steht die offene HandclsgesellscliafL" Die führenden Kauf-
leule besaflen -ihrefesten Verbitidungen, ihrelebenslänglichen Gesellschafter,
mit denen gemeinsam sie ilirem Handelsge»'erbe oblagen*. »Nur so ist
zu verstehen, wie der hansische Handel die bedeutende Ausdehnung an-
nehmen (tonnte, die ziffernmäßig belegt ist." Im Anhang sucht K. auf
Qrund des Handlungsbuchs des Lübecker Bürgermeisters Johann Witten-
borg dessen Geschäftsführung im Zusammenhang darzustellen, sowdt
dadurch die berfihrten Fragen beleuchtet werden.
Kurz sei auf eine Abhandlung von G. Arias, Lc societä di
commcrcio medievali in rapporto con la chiesa im Archlvlo
della Societä Romana di Storia Patria (29, 3/4) hingewiesen.
In den Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in
Böhmen (Jg. 46, Nr. 1) veröffentlicht Jos. Blau als einen Beitrag zur
Geschichte des Handels in Böhmen eine Arbeit über den Neucrncr
Eedernhandei.
Interessante Kulturbildcr entrollt der Au^tz von A. Woringcr,
Zoll und Schmuggel in Hessen im 18, und 19. Jahrhundert
(Hessenland, Jg. 20, Nr. 4-7). Die Sache nahm erst mit dem
1. Januar 1S54 seit dem Anschluß Hannovers an den Zollverein ein Ende.
Zur Geschichte des Kapitalismus (ragt die Arbeit von R Ailard,
Une grande fortune romaine au V^siicle, in der Re^'uc des que»-
tfons historiques {1907, Janvier) bei. Es handelt sich um das enonne
Vermögen der hl. Melania, das A. auf Qrund der Angaben des Rarapolla-
schen Werke«: Santa Melania juniore und ihrer Vita berechnet. Die Höhe
der angegebenen Sunune grenzt aber stark an das Unwahrsdieinlidie.
Allgemeincrc Beachtung unrd eine Arbeit Ignaz Schippers über
die Anfänge des Kapitalismus bei den abendländischen Juden
im fräheren Mittelalter (bis zum Ausgang des 12. Jahrh.) in der
Zeitschrift für Volkswirtschaft, Sozialpolitik und Verwaltung (Dd. XV,
I
Kleine Miltdttmg:en und Referate.
H. 5;6) finden, gegen die sich frdlidi auch mancher Wjder^prucli erheben
wird- Seh. weist nicht mit Unrecht darauf hin. wie sehr der jüdische
hUndcl und Wandel im Mitlelaller noch immer eine terra incognita sei
— von neueren Arbeiten erkennt er die von O. Caro über die Juden des
Mittelalters in ihrer virtschafltichen Eklätigung am meisten an -, und
will die Kenntnis der mittelalterlichen jüdischen Wirtschaftsgeschichte
durch einige den Quellen entnommene Beiträge ergänzen. Indem er die
Sombartschc Theorie des jüdischen »Atlkapitalismus-, nach der die Juden
ihren Rdchtum der Herüber reitung der Vermögen aus dem Röntisclien
Reich verdanklen, bekämpft, stellt er etwa folgende Entwicklung auf. Im
Römischen Reich bildeten die Juden keine von der übrigen Bevölkerung
geschiedene wirtschaftliche Klasse; ihre wirtschaftliche Betätigung unter-
schedci sich von der der übrigen Bevöllcerung nicht: sie waren »bis zum
Ausgang des 6. Jahrhunderts in Italien, im Frankcnlandc und in Spanien
romdioilich im Ackerbau tatig oder bezogen Pachtzinsetf. Aus civcs
Roroani wurden sie zu Volksfreraden, Die Grundlage ihrer Vermögens-
bilduiig war aber .die Grundrente (im weiteren Sinn), die sich bei den
bodenbesitzenden Juden akkumulierte. Diese akkumulierte Grundrente
wie auch die nach der Veräußerung des jildischcn Bodens - eine Theorie
Schippers! - in die Hände der Juden gelangenden (größeren mobilen
Vermögen bildeten die Gnnidlage des späteren Welthandels» als dessen
Träger sich die Juden bis zum Ausgang des 10. Jahrh. behauptet haben."
Von Grund und Boden losgetrennt, ein fluktuierendes Element geworden,
konnten sie sich nur dem Handel - vom Handwerk konnte noch nicht
die Rede sein - zuwenden. Die Nachfrage nach den Waren des Orients
und ihre günstige Stellung, da sie durch die überall sitzenden Juden
bis 2um Orient die besten Verbindungen hatten, kam ihnen zugute. Sie
wurden außerordentlich reich. Als nun ihre Vomiundschaff dem auf-
blühenden einheimischen Kaufmannstaiid des westlichen Europas lästig
geworden war, warfen sie sich mit ihren mobilen Kapitalien auf den
OekShandel, wieder begünstigt durch ihre internationale Stellung. Es
war«! die Kulturzustände des früheren Mittelalters, welche die Juden
dem gewerbsmäßigen Wuchergeschäft in die Arme warfen und sie darin
förderien. - Die jüdischen Geldgeschäfte werden noch des näheren
bebandelt.
Kulturgeschichtlich interessant ist der Aufsalz von Ch. Knapp,
Travel in ancient times as seen in PEaulus and Terence
(dasaical Philology, 2, 1.)
Beachtung verdient die in den Hansischen Geschieh tsblätfem {1907, t)
erscfaiencne Abhandlung \V. Vogels: Zur nord- und wcstcuro-
piischcn Seeschiffahrt im früheren Mittelaller, d. h. bis gegen
Ausgang des 11. Jahriiunderts- Die Wikingerfahrten spielen in ihr eine
besondere Rolle, der Sdiiffsbau und die äußere Seite des Schiffswesens
werden gebührend berücksichtigt.
9'
E. Gerlands Aufsatz in den Mitteitun^n zur Gesch. d. Medizin
und der Naturwi$scnsdiafleii (VI, Nr. 1) ütwr den Kompass bei den
Arabern und im christlichen Mittelalter hebt die VX''idiliglceit der
Veröffentlichungen E. Wiedemanns und Q. Helltnanns für die genauere
Kenntnis der Entstehungsgeschichte des Kompasses hrn-or, meint aber,
daß noch Widersprüdie und Dunkelheiten geblieben seien. Er versucht
daher, >das nunmehr zur Verfügung stehende Material einer erneuten
Bearbeitung zu unterziehen.- Als Ergänzung zu dieser Arbeit madit
H. Stadler in derselben Zeitschrift (VI, Nr. 2) auf etne Stelle bd Thonus
von Cantimpre aufmerksam, die er abdruckt.
Aus den Annalen des Historischen Vereins für den Niederrliein
(81, 1-45) erwähnen wir die Abhandlung von B. Kuskc, Donner
Schiffahrt im Mi. Jahrhundert.
Zur Geschichte des Postvesens li^t eine ganze Reihe von
Arbdlen vor. P. Prclsigke handelt in der Zeitschrift KHo (7, H. 2)
über die ptoleraäischc Staatspost, J. A. J. Housden in der Engl.
Historical Review (Oct. 1906) über The Merchant Strangers' PosI
in the XV!'*» Century; Korzcndorfer vcröffentlidit im Archiv für
Post und Tel^raphie (1907, Nr. 19) die MQnchener Botenordnung
a. d. J. 1565, die nur Boten zu Fuß, keine fahrenden und reitenden Boten
kennt, In der auch von bestimmten Botengängen und -Fahrten oder davon,
daß der eine Bote in einer bestimmten Stadt zu einer bestimmten Znt
auf einen anderen warten mußte, noch keine Rede ist; Weise handdt
ebenda (Nr. 16) über das bremische Postwesen bis zur
Gründung des norddeutschen Bundes, H. Habblcht ebenda
(Nr. 19) über den ehemaligen Hof-Poststall und die Kurier-
und Extrapoststation in Weimar.
In der Natuns-issenschaf fliehen Wochenschrift (1907, Nr. 39) be-
spricht Petri Athanasius Kirchers Buch über die Pest K^s An-
sichten hält er mit Recht für sehr mitteilenswert. K. -that gevnssermaßen
den PestbacilUis vorgcahnL"
In der Zeilschrift für österr. Volkskunde (1907, H. Aß) behandelt
O. v. Hovorka Fraisen und andere Krankheiten im Lichte der
vergleichenden Volksmedizin.
in der Romania (tsoV, Janvier) findet steh dnc Miftdiung von
A. Bos: Deux recettes en catalan.
O. Giemen teilt in den Mltteihmgeti des Vereins für Gesch. d.
Deutschen in Böhmen (Jg. 45, Nr. 3) ein Klagelied des Stadtarztes
von Schlaggen wald vom J. 1583 mit.
H. Schöpplei- bringt in der Ärztlichen Rundschau aus Nürn-
berger Quellen allerlei Mitteilungen über Ärzte und Medizinalwesen
in Nürnberg zur Zdt des «goldenen Jahrhunderts" (I9o7, Nr. b), über
die Arzte der freien Reictasstadt Nürnberg und ihren Kampf
KIdne Mitteilungen und Referate.
133
itgn dts Kurpfuschertum (1906, Nr. 4S) sovie über Bader,
Birbierer und Wundärzte in der ehemals freien Reichsstadt Nürnberg
(1907, Nr. 2).
W. Hanauer bringt in der Deutschen Vicrteljahrsschrift für Öffent-
lidie Oesundhettspfl^e (Bd. 39, H. 3) eine Geschichte der Sterb-
lichkeit und der öffentlichen Oesundheilspflege in Frank*
fnrt a. M. Die Bezidiungen zwischen Sterblichkeit tnid dem jeweiligen
Stand der hygienischen Betätigung waren für die ältere Zeit bisher dunkel.
Gerade für Frankfurt fließt aber reichliches Materiat, da nicht wenig
Nachrichten über die gesundheitlichen Zustände aus früherer Zeit uns
überkommen sind, andererseits die Aufzeichnungen über die Sterblichkeit
bis in frühere Jahrhunderte zurückreichen.
Oreiner behandelt in den Württem bergisch en Vierteljahrsheften
für Landesgeschichte (N. F. 16, H. 1) die Geschichte des Ulmer
Spitals im Mittelalter, A. Ziegler in dem Zürcher Taschenbuch auf
das Jahr 1907 die Spitalordnungen von Winterthur.
In der Deutschen Vicrteljahrsschrifl für öKentliche Gesundheitspflege
(Bd. S9, H. 4, 1. Hälfte) untersucht Wawrinsky die Entwickelung
des Lazarcttvesens in Schweden. Aus seiner Darstellung .erhellt,
daH Schweden erst recht spät sein Lazarcttwesen geordnet erhalten hat,
und daß die Kranken pfle^eanstalien des Landes erst in altemeuester Zeit
einen höheren Grad von Entwickelung erreicht haben." uErst in der
Sitzung vom Jahre 1642, wie mit Armen und Kranken verfahren werden
solle, wird ein Unterschied zwischen K ranken liüusem (Hospitälern) und
Annenhäiisem angedeutet." „Irgend welche Maßnahme für die Auf-
nahme heilbarer Kranker zwecks Behandlung scheint indessen eigentlich
nicht getroffen zu sein vor Mitte des 18. Jahrhunderts."
In den Mitteilungen zur Geschichte der Medizin und der Natur-
wissenschaften (Vi, 22t ff.) war vor einiger Zeil ein Referat über einen
Vortrag von Jul. Hirechberg über »die Geschichte der Erfindung der
Brille* und die daran sich sdiheßende Diskussion gegeben. H. wider-
legte darin eine Reihe bisheriger Irrtümer und behauptete eine Erfindung
da* Brille um UOO in Europa, vielleicht durch Zufall bedingt. Oppert
vermißte dem gegenüber die Berflcksichtigimg der Inda*. Letztere hielt
wieder Hirschberg, trotzdem bekannternialJen das Wort Brille von dem
indischen Halbedelstein Beryll und seinem ursprünglich indischen Namen
herkomme, dennoch nicht für die Erfinder. Jetzt wendet sich nun in der-
Klbeo Zeitschrift (VI, 379-8S) Berthold Laufer in einer Abhandlung zur
Geschichte der Brille gegen Hirschbergs »unhistorische Ansicht von
der selbständigen Eriindung der Brille in Europa- und will »durch neues,
aus der chinesischen Literatur beigebrachtes Materi.^] beweisen, daß die
Ansicht von der ursprünglichen Erfindung der Brille in Indien die größte
Wahrscheinlichkeit für sich hat." Brillen waren übrigens -in der Zeit
des chinesischen Altertums gänzlich unbekannt und werden in der
t
Literatur nicht früher als in Schriften des 13. Jahrhunderts erwähnt und
beschrieben, treten also in China in derselben Periode aiif wie in Europa.«
H. Schöppler bringt im Janiis (IW7, Febr.) Mitteilungen über
das Kebammenwesen im alten Nürnberg und teilt nach dem
Original im Mflnchener Reichsarchiv in Krüches Ärztlich. Rundschau
(1907, Nr. tt] der Reichsstadt Re^ensburg HcbammcnordDung
vom Jahre 1617 mit. Zu der im Anhang mitgeteilten Eidesformel gibt
Erich Ebstein in den Millciliingen zur Gesch. d. Medizin und Natunr.
(VI, 491 f.) eine spätere Parallele durch Mitteilung eines Hebamme
eides von 1787.
Die Geschichte des Badewesens wird zurzeit eifrig bearbeitet. Wir
erwähnen folgende Beiträge: Alfr. Martin, Historisches aus dem
Badcvescn (Berliner Klinische Wochenschrift, 1907, Nr. H); Q. Acher
cl V. Leblond, Le baln^aire gallo-romain de Beaiivais (in:
Compte rendu du deuxieme congres ardi^l. de France, lenu en 1905 ii
Beauvais); -ng, über öffentliche Bäder heute und in früherer
Zeit (Ans dem Monatsblalt des Wormscr Alterlumsvereins »Vom Rhein»
[Beilage zur Wormser Ztg.], 5. Jahrg., Juni 1906: Veröftenilichungen der
deutschen Gesellschaft f. Volksbäder, Bd. IV, H. 1) (bezieht sich auf die
Entwicklung in Worms); B. Reber, Ein Lobgedicht des fabricius
Hildanus auf den «Wasserschatz* des Tabernämontanus, sowie
Anweisungen des Gebrauchs der Bäder von Baden im Aargau und voti
Markgrafen- Baden (Mcdizini^hc Klinik, 1907, Nr. 6); E. Roth, Pyrmont
in alten Zeiten (Medizinische Woche, 1907. Nr. 24) (u, a. Auszüge aus
der Bcschrdbtuig des Bades durdi Bollniann von 1661); G. C. Laube,
Teplitzcr Badeleben in alter Zeit (Mitteilungen des Vereins f. Qcsch.
d. Deutschen i. Böhmen, Jg. 45, Nr. 4); Siegl, Alteste KurlJstc von
franzensbad (t797) (Ebenda, Nr. 3).
■w
Das Museum Carnavalet in Paris. Wer jemals einige
Tage an der Seine verlebte oder zu verleben gedenkt, versäume nicht,
sich einen Überblick über .>Alt>Paris" zu verscliaffen, wobei ihm ein
Auszug aus den erst jetzt geordneten Schätzen des Museums Carnavalet
ein guter Führer sein mag.
Nicht nur Bücher, sondern auch massive Paläste haben ihre
oft wunderbaren Wandlungen durchzumachen. Im östlichen Teile
der Stadt erhebt sich das von der Stadt Paris eingerichtete Musee
Carnavalet Bereits tS44 erbaut, ging es, unter den verschiedenen
Besitzern manchen Änderungen unterworfen , im 1 7. Jahrhundert in
die Hände der berülmiten Madame de Sevtgne über. Dort war der
Trpffpunkt der führenden Geister. Männer wie der Kardinal Retr, La
Rochefoucauld, Conde, Bossuet u. a. kamen hier zusammen. Während
die Revolution dann ihre .Direction de la Librairie" in den Räumen des
Palastes einrichtete, blieb es bis 1829 eine Schule für Brücken- und
Wegebau, dann kam ein Erziehungsinstitul, und schließlich konnte im
Jahre ISSO trob! drr Kricgscreignisse von 1870y71 die Einweihung des
Mus«ums erfolgen. Inzwischen hat man die Scluilze nun übcrsiclitlich
gruppiert. Die umfangreiclicn Sammlungen von Büchern, wertvollen
Urkunden, Sarkophagen, Oefäßen, Lampen, Münzen, Reliefs, Statuetten
in Bronze und Ton, Inschriften bieten der romanischen Forschung ein
gewaltiges Material. Vor unseren Augen stehen die Zeugen einer Kultur-
epodie von 2000 Jahren! Die Zeit der Kelten redet zu uns, die Karo-
lingerepoche ist durch eine, vlcUeichl von einem Zeitgenossen des groOen
Karl herrührende (Nein! D. Red.) Kcilcrstatucttc vertreten, auf den Trcppcn-
gingen hängen die alten Stadtpläne des damaligen geistigen MittelpiinHes der
Wdt, von Paris. Unsere Aufmerksam keil verdient besondere ein plan de
taptsKrie, die sonstigen topographischen Sile interessieren nur den
Fachmann. Im IS. und 16. Jahrhundert war die Miniaturmalerei weit
entTickdt, als Hauptvertreler sei hier nur Jean Fouquel genannt. -Von
den freundlichen Bildern aus der Touraine führt er uns in die engen
SinBen von Alt-Paris, wo die dicht zusammen ^erilckten Häuser stehen,
Aberngt von den Türmen von Notre-Dame und der zarten Spitze von
Sainle-Chapelle, oder er geht mit uns in die Umg(^>nd und zeichnet
DRS die Umrisse des Mont Valdien oder die dtmkle Silhouette von
MoDlfaucon mit dem dortigen Galgen.- Wo heute die RiesenniarkÜiallen
dem ganzen Viertel das eigenartige Gepräge geben, war damals der -
.Kirchhof der Unschuldigen«. Zahlreiche Ölbilder, Hand Zeichnungen
uad Kupferstiche vom 16. bis IS. Jahrhundert gestatten die Rekonstruktion
de» bourbonischcn Paris; so z. B. Der Schwur im BalLspieIhau.se (20. Juni
1789) und die Proklamation der Verfassung (14. September 1791). Unter
den Kupfertafeln sei das «Schifferstechen*, ein noch heute auf den
BiMhis von Versailles beliebter Sport, und der .Triumphzug Voltaires'
Etnannt Einen großen Raum nehmen Dukumenle ein, die auf politische
Taten, Ermordungen usw. Bezug haben. Der kulturgeschichtlichen Be-
deutung halber sei hier das von Leithäuser im Original wiedergegebene
Todesurteil Ravailtacs, des Mörders Heinrichs des Vierten, übersetzt. .Der
Venirteilte hat vor der Hauptkirche von Paris, wohin er in einem
SchindeHcarren zu führen ist, im bloßen Hemd und eine zwcipfündige
brennende Fackel haltend, zu sagen und zu erklären, daß er bedauerlichcr-
vctsc und verräterischen Gemüts besagten, äuBerst bösen, abscheulichen,
vcrSchtlichcn Mord begangen, daß er besagte Königliche Hoheit mit zwei
Dddtsticben getötet habe und dal) er es bereue. Colt, den König und
die Gerechtigkeit bittet er um Verzeihung. Von dort führe man ihn
auf den Grtve-Platz zu einem dort errichteten Schafott. An beiden
Bnislsciten, Armen, Schenkeln und Waden werde er mit glühenden
Zangen gezwickt. In der Rechten soll er das Messer hallen, mit dem er
besigtcn Königsmord begangen. Man senge und brenne ihn mit
giObendem Schwefel, und auf die gezwickten Stellen gieße man ge-
schmolzencs Blei, siedendes öl, Pech, brennendes Harz und geschmolzenes
Schwefel wachs. Dann verde er gestreckt und von vier Pferden zerrissen,
seine Glieder sind üetn Feuer zu überliefern, einzuäschern und in alle
Winde zu zerstreuen. Alten kund und zu wissen getan, seine Güter
fallen dem Könige anhdm. gemäß dem Spruche des Parlamentshofes
vom 27. Mai 1610. Ausgefertigt vom Magister Daniel Voysin und an
bengtem Tage ausgeführt." - Als andere Probe dieser KulturerTeugnisse
fltebe hier aus dem reichen übersichtlichen Material der deutsche Text
jener berflchtigten Verhaftungsbefehle (lettres de cachet) unter Ludwig XV.
aus dem Jahre I7ü7: alm Namen des Königs! Teure und Vieledle, wir
verlangen von tiuch und befehlen, besagten Frangois Augustin La Orange
in Oewahrsam zu nehmen und ihn bis zum Eintreffen neuer Ordre
unsererseits festzuhalten, auf Grund einer Pension von 200 Pfund, die
Euch von seinem Bruder, falls Ihr keine Fehler macht, au^ezahlt werden-
Dies ist unser Wille! G^ebcn in Versailles am 20. Oktober 1767.
Uidwig."
Den Schluß unserer Wanderung möge die Erwähnung d
großen Münzkabinette machen, unter denen besonders in dem Pariser
Münzenfund von l syj Geldstücke und Medaillen aus den verschiedensten
Epochen die Zierde des Muscc Carnavalel bilden. — Der Bearbeiter der
Urkunden, Dr. O. Leithäuser, hat sich auf jeden Fall ein großes Verdienst
erworben, das interessante Material auch dem Publikum zugänglich
macht zu^^haben. Roering.
'M
Portofreie Liefernng sämtlicher Bficher.
Reines Deutschtum
«I
Grundzüge einer nationalen Weltanschauung
Mit einem Anhange: Nationale Arbeit und Erlebnisse
Von Friedrich Lange
Dritte bis fünfte stark vermehrte Auflage. - 44.» Seilen.
- ■ Geheflel Mk. 4. - , ßebundcn Mk. 5.-. =^=^=
-Es ist ein liuch, an dem Gustav hrcytag und Heinrich von
Tteitsclikc ihre helle Freude haben würden, ein männlich-nationales
Bi\\d aus der deutsclien Gegenwart, das auf alle Mitlelienden anfeuernd
und belebend wirken muß. Ein vortreffliches Buch deutscher Ge-
«lOttiigl fernste, nachhaltige Freude.' Deulsclie Wacht.
-Es ist erfreulich, daß von diesem trefflichen Buche eine fünfte
"Uflage notwendig geworden ist. Denn es enihält i.so etwas wie das
'^'^lolcoll der Lebensarbeit* eines der besten Deutschen unserer Zeit
*^tt «nabhängi»e nationale Mann, der das Buch noch nicht kennt,
~^lhe es schleunigst kaufen, gründlich studieren und darnach sein
^keti einrichten." Rhein. -Westf. Ztg.
ti
I
er als Vorkämpfer einer deutsch-bewußten Entwicklung unseres
Volkes bekannte Verfasser beleuchtet vom Standpunkte eines
^*llschlossenen Nationalismus die Verhältnisse und Bestrebungen der
^'^genwart und baut die neudeutschen Gedanken begrifflich zu einer
^Qtionalen Weltanschauung aus. - Der Anhang enihält die wert-
vollen Berichte über die Umsetzung der nationalen Weltanschauung
^^ praktische Kulturpolitik. tKolonialpoIitische Erinnerungen, Schul-
reform, Deutschbund. Deutsche Zeitung, nationale Reform unseres
Wrttiwesens.)
Alexander Duncker, Königi. Hofbuc»iii»ndiung. Berlin W. 35,
L
iM
ARCHIV FÜR KULTURGESCHICHTE
Vf. Band Heft 1.
Seite
Inhalt:
Quellenstudien zur Geschichte des neucrtn französischen
Etnflussesaufdiedeiitsche Kultur. 11. Von Regierungs-
nt Dr. Cart Gebaiur in Breslau
Aus dem Papierkorb eines Kölner Rechtsanwalts zu An-
fang des 16. Jahrhunderts. Von Sladtarchivar Dr. Hrr-
mann Kfussen in Köln
Eine Spicllrectitsordnung aas dem Jalire 1542. Mitgeteilt
von Oberst a. D. Wilhelm Betk in München
Dir Reise des Danziger Ratsherrn Arnold von Hollen
durch Spanien und Oberitalien in den Jahren
1606-160S. Von Professor Dr. Paul Simson in Danzig .
Vom Zutrinken. Von Hilfsbibliorhckar Dr. KJemrns Löffirr in
Berlin
Mtszellen:
Ein Vertrag mit einem PrSzeptor für einen janf^en
AdÜRen (1.577). Mitgeteilt von Professor Dr. Martin
Wehrmann in Stettin
Ein Protest gegen Hexenverhrcnining aus der Zeit
des Dreißigjährigen Krieges. Mitgeteilt von Direktor
Dr. Ed. Otto in Offenbacli a. M
Etwas von der Einquartierung Erfurts Im letzten
Jahre des Siebenjährigen Krieges. Von Dr. Gustav
Sommerfeldt in Königsberg t. Pr
Zur Legende von der Jagd des Einhorns. Von Prof.
Dr. F. Knntze in Weimar
Besprechungen.
Breysig, Die Geschichte der Menschheit.
Bd. [. Die Völker der ewigen Urzeit. I.
Siecke, Mylhus. Sage, Märchen in Ihren
Beziehungen zur Gegenwart . . .
Sieckcj Drachenkämpfe (Mythologische
Bibliothek, i, 1
Bibliothek wertvoller Memoiren. Hrsg.
von Ernst Schnitze. Bd. I— IV . .
Haendcke, Deutsche Kultur im Zeitalter
des 30 jährigen Krieges
Holtenroth, Die Nassauischen Volks-
trachten
Kiefer, Die körperliche Zöchtigung bei der Kindcrerziehung
in Geschichte und Beurteilung. Iksprochen von Biblio-
thekar Dr. O. Kohfelät in Rostock
Kleine Mitteilungen und Referate
I
Hcsprochen von
Universitätsprof.
Dr. Rieh. M.Meyer
in Berlin
Besprochen vom
Hcrau^el>er
1i
101
loi
toi
KU LTU R
GESCHICHTE
=. = =, ^= HERAUSQEOEBEN VON = c= = .=
PROF. DR Georg Steinhausen
VI. BAND
2. HEFT.
Bö?™ - ALEXANDER DUNCKER VERLAG - l»««.
J
„Archiv für Kulturgeschichte"
erscheini jührlich in vier Heften in der Stiikc von j* etwa s Hofit-n ;niiW
Preise van l'J Mark Die Heflc wcnlt-n lu Anfang jedes Vicrieljahr
ausgegeben.
A^le Manuskript? titid ledijrlicli .luf den Inhalt der Zeitsclirifl
bezüglichen Mitteilungen werden an den Herausgeber. [Vofessor Dr.
O. Sieinhaiisen in tjissel. AnnasIraOe !6, erbeten. HciaiisKcbcr
und Verlagsbiichhandlting ersuchen dringend darum, die Manuskriple in
druclireifein Zustande einzuliefern, da nachlrägtichc ciöOerc Änderungen
die Satzkosten crlieblich verleiicrn, nnd die Herren Auioren damit belastet
Herden müHten.
Alle geschäftlichen Mitteihnigen , «iir VC'ünschc belr. eine
gröflere Zahl von Sonderabziigen, Anfragen betr. Honorar usw.,
sind nur du die Verlagshandliing, Berlin W. SS. Lüizowstraße
zu richten.
BeiträEe werden rail JO Mark fflr den Bogen honoriert
Die Abrcchnimi; erfolgt lialbjahrÜch im Januar und Juli.
Die Herren Mitarbeiter erhalten von ihren BeitrÜRcn 10 SondcT'
abzügc mil den Seitenzahlen der Zcitsclirifi kostenlos. Eine gröfkre An-
zahl V01I Sondcrabzi^geii kann nur nach reditzeiü^r Mitteilung eines
solchen Wunsches an die Verlagshandlung, BcrIinW.äS, hergestellt
werden. Diese werden mil 1 S Pf. für den einzelnen Druckbo|t:en oder
dessen Teile berechnet.
eine
Alexander Duncker. Verlagsbuchhandlung. Berlin W. 35.
Di« soziale und polltlsctic
BedeutQii^ der Scholreform yod 1900.
Von Adolf Matthias.
tirti.Hu -tJiX'-K« nnil vodr, Kai Im KuliuMiilniMnium.
Geh. Mk. .7 5.
GusUv Freossen und das SocbeD der Zeit.
Zwei Vorträge von [)r. Mfisebeck.
Mk. ,7 5.
Min« Iclire, anbchaaltchc Du'
«tclluug der Ki»chiiiiilichni l^iil-
wicklndi; d« Kdunn trage liHtl
(Iff wciUragmdni Bcdeiilung der
Ketufdi (6r dfe vcnK-hiedenoi
StiKn iirtscrcs Knllutlcboi*.
.TnJluJi einmal fceia krifl-
t.l:rN Kmtrtn, keine kur/£ktil)Ke
KIciiikUubcin, auch kdn kircbcrt-
piilltivlu-i Ur^itnk. Cndliob
einmal Gedanken. Vcrtvoll
«iiiil auch dteiirkuiuinchenNKll-
.Chritil.
■ma
Innerhalb der deutschen Bevölkerung der heutigen Provinz
Posen, wie sie die preußische ßesJbtergreifung 1793 vorfand,
bildeten die sogenannten Hauländer eine deutlich von den übrigen
Bauern deutscher Abkunft und noch mehr von der f,trägen,
stumpfen, durch Trunk und Elend vertierten Masse" der polnischen
Bauernschaft sich abhebende Kiassc. Auf Onind besonderer
Privilegien von polnischen Gutsherren angesetzt, hatten die Hau-
tiader zwar Abgaben zu entrichten und Dienste zu leisten, aber
sie erfreuten sich doch eines gcsJdicrten Besitzstandes {Prümers,
Das Jahr 1793, S. 7iJ, abgesehen von den immer von neuem
ansetzenden Versuchen der Outsherrenj diese Abgaben und Lei-
»luagen eigenmächtig zu steigern; es ist dieselbe Mißachtung ver-
tagunäßiger Rechte, die schon das mittelalterliche Deutschtum
IWrs zuerst moralisch geknickt und dann der Slavisiernng zu-
pführt hatte. Ihr zäher Widerstand zog ihnen das Mißfallen der
»tuen preußischen Beamtenschaft zu; aus dieser Stimmung
bttaus Ist der Aufsatz Stengers in Unruhstadt: »Von den Hau-
Öadern in Südpreußen" (Ja'^rbücher der preußischen Monarchie
»Bter der Regierung Friedrich Wilhelm des Dritten, Jahrgang
^M, U, 247-256) niedergeschrieben. Es ist ein hartes Urteil,
der preußische Jurist über die Hauländer ausspricht, aber
kennzeichnet zugleich den Standpunkt des ausgehenden
Archiv nr KBltatKesditcfatt. VI. 9l>
18. Jahrhunderts so scharf, daß die wörtliche Wiedergabe gerecht-
fertigt erscheint:
• Der beste Teil der deutschen Nation verließ mit den Vor-
fahren unserer jetzigen Hauländer sein Vaterland gewiß nicht;
denn möchten wir auch weiter unten Gründe auffinden, warum
sie schlechter geworden, so läßt sich doch ihre jetzige Verderbt-
heit nicht gut erklären, wenn sie gute Sitten und Charaktere mit-
brachten. Fleiß und Industrie als Kinder der Not waren gewiß
ihre einzige Mitgift; möchten sich diese nun wenigstens ganz er-
halten haben. Der Haulander ist nicht einfällig, aber auch nichts
weniger als klug; er ist verschmitzt, wenn er einen Angriff be-
fürchtet und klebt so an alten Vorurteilen und Gewohnheiten,
daß er seinen offenbaren Vorteil nicht sieht, den triftigsten Vor-
stellungen kein Gehör gibt, weil angeborene Furcht gegen alles,
was neu ist, ihn taub macht, ^r ist äußerst mißtrauisch; der
Mann traut seinem Weibe nicht, der Vater nicht dem Kinde,
aber alle vereinigen sich, wenn es auf Mißtrauen gegen den
Herrn oder Vorgesetzten überhaupt ankommt. Er ist äußerst
halsstarrig, widersetzlich und - undienstfertig; tut nichts gerne
was er nicht tun muß; er hat endlich keine Religion" (S. 249/50).
Bei dem engen Gesichtskreis des Verfassers durfte ihm
entgehen, daß das von ihm entworfene Charakterbild nicht nur
auf den Hauländer zutrifft, sondern überhaupt auf den deutschen
Bauern und vielleicht nicht erst seit der Verschlechterung seiner
Lage als Folge der großen Tragödie des Bauernkrieges - durch
eben die Eigenschaften, die Stenger tadelnd zusammenstellt, hal
der Hauländer Posens seine Gemeinde Verfassung und sein Deutsch-
tum wie hinter Stacheln und Dornen bewahrt, hat der deutsche
Bauer als Kolonist in Ungarn, Rußland, Pennsylvanien sich zu
behaupten verslanden. Stenger ist sich aber doch dan'iber klar
geworden, daß das, was er Halsstarrigkeit und Widersetzlichkeit
nennt, auf einem Rechtsgefühl beruhte, dessen Wirkung er kenn-
zeichnet mit den Worten: «Möchte es Gemeinsinn sein, aber ich
muß es leider Qemeindestolz nennen, der diese Leute auszeichnet
Man sehe einmal eine solche Hauländergemeinde unter dem
Präsidio ihres Schulzen und ihrer Gerichtsleute - ich weiß
nicht gleich, womit ich diese Szene am schicklichsten vergleichen
A
Die Nachbarschaften in «^^senernaulindereien. i J9
kÄHTite" (S. 252). Die Worte kennzeichnen mehr die Vcrsländnis-
los^ildes Beobachters, aber sie lassen doch erkennen, daß ihm
dioe Gerichlslagc der Hauländer wider Willen imponieren. An
positiven Einzelheiten bringt sein Aufsatz nur noch die folgende
^merkenswerte Stelle:
rOewöhnhch war die Vollmacht der Gemeinschulzen und
iiircr Gerichtsleute viel zu weit ausgedehnt Blieb auch die
Appellation an den Grundherrn offen — wer verdirbt es gerne
mit der Willkör? Auf Willkür beruhte das ganze Verweseramt
dieser Geraeinrichter. Eine Art von Polizei- Ordnung unter dem
Namen Willkür ausgenommen fehlte es ganz an gesetzlichen
Vorachriften für das platte Land - die Rieh tersprü che der Hau-
änder sind zum Teil unerhört und dabei waren besonders Oeld-
sfrafcn sehr gang und gebe. Jeder wird von selbst die nach-
teiligen Folgen einer so traurigen Gerichtsverfassung auf den
Charakter der zu Richtenden und der Gerichteten einsehen. Start
Prozesse zu vermeiden, ward dadurch Prozeßsucht vielmehr an-
gefacht, statt das Eigentum zu sichern, ward vielmehr der Weg
rar Störung desselben gebahnt." (S. 254.)
Der Weisheit dieses Beurteilers letzter Schluß ist der Rat
zur Coupierung der Hauländer Dienst- und Prästalionsprozesse
(S. 255)j da die Verjährung all ihrer Privilegien doch schon
eingetreten sei. (S. 25 1.)
Wohl durfte unter der preußischen RecEilspflege die alte
Autonomie der Hauländergemeinden einschlafen, durften ihre
Privilegien und Willküren in die Archive wandern - aber es
blieben doch die Wirkungen bestehen, die der Erhaltung des
Deutschtums zugute gekommen waren, und heute wird man anders
Aber die Hauländer urteilen als vor ItO Jahren. So dürfen denn
auch diese Willküren heute ein wissenschaftliches Interesse be-
anspruchen und der Versuch, ihr Verständnis durch Vergleichung
mit verwandten Erscheinungen wie durch schärfere Unterscheidung
des Ahnlichen zu vertiefen, auf Nachsicht rechnen.
Am eingehendsten hat sich bisher Erich Schmidt in seiner
Geschichte des Deutschtums im Lande Posen (Bromberg, 1904)
mit der eigenartigen Verfassung der Hauländer beschäftigt (besonders
Su 346 f., dann 385 f.); er hebt auch die Bezeichnung des
Gemeindeverbandes als i.Nachbarschah" hervor. «Auf breitester
demokratischer Grundlage aufgebaut, war der Gemeindeverhand
in allen wichtigen Selbstvcrwaltungsangelegenhciten einzig und
allein maßgebend, die Qemeindebeaniten besoldete Werkzeuge
der Allgemeinheit, der Einfluß des Grundherrn fast ausgeschaltet
Und doch ist in der schroffen Abschließung gegen alles Fremde ein
gut Teil aristokratischer Selbstgenügsamkeit nicht zu verkennen.
So atmet das ganze System jenen echt holländisch-republi-
kanischen Geist, den dieses Volk in seinen Unabhängigkeits-
kämpfen alter und neuerZeit oft so glänzend bekundet hat " (S.351.)
Veröffentlicht ist bereits die ^Willkerliche und geburchliche
Gerechtigkeit in Slotkawe- (Ztolkowo-Hauland, jetzt Goldau im
Kreise Posen-West) von Q. Brandenburger in der Zeitsclirift der
Historischen Gesellschaft für die Provinz Posen XVIII (1 903),44 - 49,
als Anhang zu einer Abhandlung über »Das Hauländer Dorf
Goldau bei Posen**. Eine namhafte Anzahl unveröffentlichter
Aufzeichnungen dieser Art enthält das Staatsarchiv zu Posen,
andere das Beriiner Staatsarchiv. Bei der großen Anzahl von
alten Hauländeransiedlungen - 400 altein in den bei der ersten
Teilung Polens t772 an Preußen gekommenen Landesteilen -
ist es untunlich, Vollständigkeit des Materials anzustreben; das
Nachfolgende fußt auf der durch Vergleichung gewonnenen Ein-
sicht, daßeine ganze Rcihesolcher Dorfordnungen Posens einem Typus
angehörte, dessen vollständigste Fassung in der von Tuchorze Neu-
Hauland von 1 745 sich findet. Auch die Dorfordnung von Zk>tkoMr(^|
Hauland ist nur eine Herübernahme, sei es nun der Ordnun^^
von Neu-Tuchorze oder von deren Vorbild. So wird es der
Wirklichkeit keinen Zwang antun, wenn die Ordnung von Neu-
Tuchorze im folgenden als Grundlage der Charakterisierung
benutzt wird.
Durchaus werden die Familienväter als Nachbarn bezeichnet
Ihre Gesamtheit, für die man zunächst nach Analogie den Namen
Nachbarschaft gebrauchen darf, wählt alljährlich in der Haupt-
versammlung, der Kühr (§ 34), den Schultzen und seine beiden
Beisitzer als ihre Organe. Ihre Aufgaben umschreibt im allge-
meinen die Arenga der Bestitigungsurkunde des Grundherren
mit den Worten uwelchc zu tun haben mit Zank, Schm
Die Nachbarechaften in den Posener HaulSndereien.
Handel und Schlägereien, sie werden verübet bei Tag oder Nacht,
ihsonderlich mit Schuldsachen unter ihren Testament-Sachen,
Iiwentierung, Erbsonderung, Zeugen verhören, Besichtigung und
Schätzung der Häuser, Äcker, Wiesen, Raine und Oränzen*.
SdiÄtrere KriminalfäUc behält sich der Grundherr seihst vor.
An Strafen dürfen die Vorsieher QeldbuUen verhängen, die in
äner Lade aufbewahrt werden; sie steht beim Schnitzen, den
Sdilüssel dazu aber sollen zur Kontrolle die Beisitzer haben.
Die S'achbarschaftsordnung soll der Versammlung der Kachbam
jährlich zweimal vorgelesen werden, einmal nach der Wahl der
neuen Vorsitzer, das zweitemal auf Michaelis. Alljährlich hat
der Schultz den Nachbarn Rechnung abzulegen - vermutlich
geht dies der Neuwahl voraus; oh Wiederwahl Regel war oder
nkht, darüber fehlen die Anhaltspunkte.
Als Entschädigung für die Mühewallung der Vorsteher
bestimmt die Ordnung 30 Groschen von der Hube für den
Schultzen und 15 für die Beisitzer; sie sind alljährlich bei der
Kähr zu entrichten. Was die Bestimmung bedeutet »bei Strafe
doppelt abzugeben*, läßt sich nur vermuten; sie geht wohl auf
säumige Zahler. (§ 6.) Aufwendungen des Schultzen oder der
Ralleutc bei Reisen im Dienste des Dorfes sollen nach der
Hübenzahl auf die Nachbarn verteilt werden. {% 7.) Die Auf-
gaben der Vorsteher scheidet die Ordnung in solche der all-
gemeinen Verwaltung (§ 8), wobei es der ursprünglichen Eigenart
der holländischen Kolonisation entspricht, wenn die Aufsicht über
die Schleuse, die Wellung imd die Wassergänge besonders hervor-
griioben wird. Ais die Hauptaufgabe des Schultzen und seiner
Beisitzer tritt uns im § 28 ihre Verpflichtung entgegen^ an jedem
zweiten Dienstag, dem uraltgermanischen Gerichtstag, den Nachbarn
Recht zu sitzen auf Klage und Antwort, die Streitigkeiten zu
schlichten und zu vertragen, verwirkte Strafgelder einzutreiben.
D»e Ladung des Verklagten fällt hierbei dem Kläger zu; er hat
als Gebühr 12 Groschen zu eriegen, wovon dem Schultzen 4
zukommen. Auch für Rechtbegehrende, die nicht dem Kreise
der Nachbarn angehören, sollen sie Urteil sprechen. Die nähere
Sotimmung «jederzeit nach Gelegenheit oder nach Erledigung
der Gebühr'* ist in ihrem zweiten Teil nur so zu verstehen, daB
an den ordentlichen Gerichtstagen die Sachen der Nachbarn
voraus zu erledigen sind.
Daß die Vorsteher nur die Organe der Nachbarschaft sein
sollen, hebt der Schlußsatz des § S scharf hervor: wenn der
Schultz oder seine Beisitzer nachlässig in der Aufsicht befunden
würden, so sollen sie nach Erkenntnis der ganzen Gemeinde
bestraft werden. Charakteristisch für das Zusammengehörigkeits-
gefühl der Nachbarn ist die Einschärfung der Verschwiegenheil
über die Beratungsgegenstände bei den alljährlichen Haupt-
versammlungen oder sonstigen Zusammenkünften. (§ 34.} Es
berührt sich damit der Ausschluß der Frauen bei den Gerichts-
sitzungen mit Ausnahme weniger Fälle. (§ 5.) Die enge wirt-
schaftliche Geschlossenheit der Hauländereien bekundet auf das
schärfste das Vorkaufsrecht der Nachbarn bei Besitzveränderungen,
um das Findringen fremder Elemente, also doch wohl zunächst
polnischer, zu verhindern, (§§ 31, 32.) Die Bestimmungen
über die Ordnung im einzelnen (§§ 9, ti, 14, 1S, 18-23, 26),
über die Pflicht gegenseitigen Beistandes (§§ 10, 13), über die
Abgrenzungen der Grundstücke (§§ 16, I7)j ebenso wie die
Bestimmungen über die Strafen bedürfen nur der Ven^'eisung
auf den Wortlaut. Eine große Rolle spielt unter den Strafen
das Bier; wann und unter welchen Gebräuchen es gemeinsam
vertrunken wurde, darüber läßt uns die Überlieferung im Stich.
In § 9 tritt uns der auch sonst bezeugte Brauch entgegen, Käufe
durch einen gemeinsamen Trunk zu bekräftigen, der Leikauf.
Eine Reihe sonstiger Dorfordnungen von Hauländereien in
der Provinz Posen, wie Eulendorf, Bieganin, Gnlnwiese. Neu-
Dombrowo- Hauland, Ziolkowo zeigen keine wesentlichen Unter-
schiede von der für Neu-Tuchorze. ^H
Allgemeine Analogien dieser Dorfordnungen oder Willkürr^^
finden sich nun freilich fast allenthalben auf dem geschlossenen
deutschen Sprachgebiet als Ausfluß der Selbstverwaltung. Sie
tragen in älterer Zeit vielfach den Namen Weistiim, wie das bei
Maurer, Geschichte der Dorfverfassung (II, Anh. 412-414) ab-
gedruckte «der Gemeinde Dackenheim Herkommen und Recht*.
Von der Dorfordnung für die Gemeinden Wint5- und Berßweiler
in der heutigen Kheinpfalz sind dort drei Fassungen von 1SS6,
Die Nachbarschartm In den Posener Haul3ndera«n. 1 4.3
1^ und 1628 abgednickt (S. 429-443); sie zeigen die
Sdiwkhung der Selbstverwallung und das Anwachsen der Öffent-
Ma Gewalt. Neben der Bezeichnung des Dorfes als Gemeinde
in Baiern, als Menig oder Menge Im Schwarzwald und in der
Schweiz, als Gemeinschaft in ßaicrn und im Odenwald findet
SKh vielenorts die als Bauerschaft in mancherlei mundartlichen
Gestaltungen, dann Nachbauerschaft oder Nachbarschaft, auch
gnncine Nachbarschaft in Baiem, im Stifte Fulda, in Westfalen
und Sachsen (Maurer II, 98 f.); ebenso voisinage und ähnliches
selbst in Prankreich; femer in noch älterer Bezeugung Hunschaft,
Huntari in Alemannien sowie am Niederrhein im alten Franken-
iiDd, dann Heimschaft und endlich Kirchspiel - alles in der-
selben Bedeutung einer genossenschaftlich zusammengefaßten, sich
seihst verwaltenden Gruppe. Aus Norddeutschtand, besonders
aus den niedersächsisch-friesischen Strichen, hat Gg. Hanssen
(Agrar- historische Forschungen 11, 84 — 178, „Die Dorfwillküren
oder Nach bar bei icbungen in norddeutschen Gegenden «) eine
Anzahl solcher Ordnungen gesammelt, verwertet und zum Teil
abgedruckt, daninter das bis 1588 zurückgehende «Bannesdorfer
Belieben" (Fehmarn); ferner aus dem heutigen Königreich Sachsen
die Dorfordnung von Gröblitz aus dem Jahre 1746, die der
Obergenieinde zu Erlau I752j endlich von Gröbschütz 1793, die
in mancher Hinsicht nähere Analogien zu dm Posener Holländer-
Willküren des 18. Jahrhunderts bieten. Allenthalben zeigt sich
besonders in der Bestätigung durch Landesherren oder Behörden
die Zuröckdrängimg der Selbstverwaltung; in späterer Zeit
änd solche Dorfordnungen auch vielfach oktroyiert worden. Hin-
gen ist von vornherein anzunehmen, daß, je weiter zurück man
die Fassungen verfolgen kann, auch die Selbstverwaltung, die
Atitononiie immer geschlossener sich darstellt; wie z. B. In der
Dorfordnung von Parlschins in Tirol von 1380 (Orimm, Weis-
Ukmer III, 738).
Nach Hanssen (a. a. O. S 100) ist die schriftliche Abfassung
iiTin Dorf Willküren erst seit dem 1 6. Jahrhundert allgemeiner
üblich geworden; in einzelnen Gebieten aber hat sich dazu über-
haupt kein zwingender Grund gefunden, und so ist die Nleder-
sdirift unterblieben.
Aus diesen verschiedenen Dorfordnungen lassen sich die
Analogien zu den jn den Posener Hauländerordnun^n fest-
gesetzten« Nachbarpflichten "(Maurer.Gesch.d. Dorfverfassung 1,354)
zusanimenslellcn, so die Anlegung und Unterhaltung von Gemeinde-
wegen, die Reinigung der Dorfgräben, der Bichc und Flüsse,
der Dorfbrunnen, Sorge für Brücken, Dämme, Wuhrcn, Zäune
und Hecken - wie sie noch heute in den ba>Tischen Voralpen
allgemein üblich sind (ebd. S. 354), der Unierhalt der Gemeinde-
hirten (S. 361), Botendienste, Tag- und Nachtwachen (S. 360)
die Feuerpolizei, insbesondere die Aufsicht über die ledernen
Eimer und die Leitern (ebd. It, tl, 12), die StraBenpolizci, so die
Anordnung der Ausleitung des Mistpfuhls auf die Straße, die
Aufsicht über das Spiel (ebd. S. 13).
Im geschlossenen deutschen Sprachgebiet reicht der Ursprung
der autonomen Oemeindeverfassung wohl in die Zeit der Seßhaft-
wcrdung zurück; ihre Grundlage ist die Feld- und Mark-
gemeitischaft oder richtiger die Ausscheidung der engeren Dorf-
mark aus der großen Mark; die Dorf\'erfa5Sung bleibt auch bei
der Teilung der Dorfmark in Sondereigen aufrecht und erhilt
sich selbst gegenüber dem Aufdrängen einer Grundherrschaft mehr
oder weniger noch lange fort. Bei den älteren Ansiedlungen
deutschen Rechts des 13. und 14. Jahrhunderts auf fremdem
Sprachgebiet, wie in der Mark Brandenburg oder in Schlesien
und ebenso in Oroßpolen, liegen die Verhältnisse anders: hier er-
scheint meist der Unternehmer, locator, als Erbschulze und Ver-
treter der Orundherrschaft, dem als genossenschaftliche Beamte
gewählte Schdffcn zur Seite treten. Das den Ansiedlern zuge-
standene »deutsche Recht" umfaßt die Selbstverwaltung, die per-
sönliche Freiheit und den Erbbesitz gegen einen mäßigen Zins,
die Befreiung vom Frondienste für die Orundherrschaft, die Frei-
zügigkeit; nur für den Krieg gilt Hilfeleistung, etwa Stellung von
Reisewagen - dieses ist auch bezeugt für Pfälzer Dörfer
(Maurer 11,16) — oder Dienst bei der Anlage von Befestigungen.
Die polnischen Adeligen setzten sich freilich bald über diese Ver-
einbarungen hinweg, und mit dem Deutschen Recht ging dann
auch das Deutschtum in Großpolen zu Grunde. Erst in den Hau-
ländereien (ritt uns die autonome deutsche Bauerngemeinde entgegen.
Ä
Erich Schmidt hat nun in schlagender Ausführung fesIgeslelU,
daß die Hauländereien richtiger HoIIändereien hießen, daß diese
Tonn der Ansiedlung auf holländische Einwanderer zurückgeht, die
sicft unler dem ersten weltlichen Herzog von Preußen im dortigen
Amt Preußisch- Holland, dann seit 1 540 auf dem Danziger Werder
Diedergelassen hatten. ..Danzigs Vorgang fand irrt ganzen Weichsel-
lebiete Beachtung und Nachfolge — von Jahr zu Jahr erweilerte
sich der Wirkungskreis dieser Holländer, 1562 wurden solche in
Ti^nhof, Kreises Marienburg, angesetzt, 1565 im Ellernwald bei
Elbing, 1564 im Gebiet von Graudenz, 1594 in Przylubie, heute
Orätz an der Weichsel in Posen." (Erich Schmidt, Geschichte
des Deutschtums im Lande Posen, 31 7 ff. Vgl. Schumacher,
Niederländische Ansiedlungen 19, 33-42.) Nach den Namen
(Schumacher Anh. XIV, Schmidt 324) ist nicht daran zu zweifeln, daß
Man es anfänglich auch in Polnisch- Preußen mit reinen Holländern
zu tun hat, daß sich ihnen aber bald auch Zuzüge hochdeutscher
Herkunft angeschlossen haben. In der Willkür des Dorfes
Neu-SchlingenoderSchillno, angeblich aus dem Jahre 1 562, besitzen
wir auch einen urkundlichen Beweis dafür. Es ist das Kenn-
zeichnende für ihre Ansiedlung, daß sie nicht, wie die ältere des
13- und 14. Jahrhunderts oder die in den gleichzeitigen Schulzen-
ddrfern, unter einem Unternehmer stehen - t,eine Gruppe von
Ansiedlem, die das Schicksal wer weiß wie zusammengeführt
latte, tritt in geschlossener Schar -, aber Mann für Mann unter-
schreibend, - oder durch Vertreter, die sie aus ihrer Mitte
pwShlt hatten, mit dem Grundherrn in Verbindung."
Es ist wohl kaum daran zu zweifeln, daß wir in der
Willkür von Neu-Schlingen - datiert 1562, aber nur in un-
vollständiger und mehrfach beschädigter Abschrift des Thomer
Archivs erhalten und nach diesem Exemplar im Anhang ab-
gedruckt — ein Muster für viele spätere Holländer Dorfordnungen
io Posen vor uns haben. Wohl ist die Willkür von Marienfeld,
Amts Preußisch- Holland, noch älter, abernur in einem Kopiaibuch
in der Schrift des I7. Jahrhunderts erhalten (Staatsarchiv zu
Königsberg, Verschrcibungen 1 525 — 1 568, Foliant 9t 5,
Bl 149 V. f., angef. bei Schumacher, Niederländische Ansicdlungen
im Herzogtum Preußen zur Zeit Herzog Albrechts, Publikation des
Archiv tüT Kulturgochidiie. VJ. 10
146
F. O. Schüllhdß.
Vereins für Geschichte von Ost- und Westpreußen, S. 92, An-
merk. 394, dort datiert: 6. Mai 1539), auf deren Abdruck
zu verweisen ist (Anhang Nr. 3.) Sie gibt Iceine weiteren Auf-
schlüsse. Aus der Reihe der sonst bekannten norddeutschen
Dorfwiilkflren hebt sie sich schon deshalb nicht hervor, weil auf
die Holländer Ansicdlungen im Herzogtum Preußen das Kölmische
Recht Anwendung fand, das dem Schulzen eine höhere Stellung
zuwies, als sich mit völliger Selbstverwaltung der Gemeinden
vertrug. Wohl war den neu zuziehenden Holländern grund-
sätzlich nach den »Artikeln der Holländer" vom 16. Augiist 1528
(Einlage zu Ecks Schreiben vom 1 7. August nach Schumacher,
5. 92j A. 395) zugestanden, udaß sie ihr eigen Recht nach ires
landes gewohnheit außgenommen Straffgericht und Appellation zu
E. F. Q. oder derselben amptmann« haben sollten. Demgemäß
war anfänglich in den holländischen Gemeinden die Selbständig-
keit - »eine Folge der nationalen Isoliertheit*' — noch
kaum eingeengt. p^Die Verhältnisse änderten sich, als die Landes-
herrschafl ihr sonstiges Verfahren betreffs des Schulzenamtes aucli
auf diese Niederlassungen anwandte. Das zeigte sich zum ersten
Male in Schönberg [begründet 1539, Schumacher, S. 45] i 543.
Von jetzt ab hörte die Trennung der Gewalten auf; das Schulzenamt
wird dem Locator ohne iVlitwirkung der Gemeinde gegeben; es
ist erblich und verkäuflich, die amtlichen Funktionen sind sämtlich
mit ihm vereinigt Der Schulz erhält nun auch das Freigut von
vier Mufen, von dem er Reiterdienst zu leisten hat. Ein Über-
bleibsel des Einflusses der Gemeinde ist es nur noch, daß bei
Verkauf oder Neubesetzung des Schulzenamtes der Nachfolger
sich mit den Angesiedelten zu vertragen hat" {Schumacher,
S. 89, 90.) Es hängt vielleicht mit dieser Verschlechterung ihres
Rechtszustandes zusammen, daß die Holländer im Herzogtum
sich bald vemtindem, die im polnischen Preußen zusehends sich
ausdehnen. (Vgl. Schumacher S. 4i, 42.)
Die Willkür der Dorfschaft (gleich Nachbarschaft) Marienfeld
kennzeichnet sich durch den Eingang als Transsumpt einer älteren
Fassung. Nun war allerdings Marienfeld im Amt Preußisch-
Holland gelegen, aber als holländische Ansiedlung hat sie
Schumacher selbst nicht in Anspruch genommen, (Vgl. Karte
*™ Ende seines Buches.) Ihre Nachbarschaftsartike! bieten dafür
I^ichEalls keinen Anhaltspunkt. Die Sprache könnte wohl noch
ifcm 16. Jahrhundert zuzuweisen sein, im ganzen und großen
lind die Vermutung gerechtfertigt sein^ daß die Bestätigung der
Aniitel nicht vom ersten Herzog Albrecht von Preußen, sondern
vom letzten Albrecht Friedrich herrührt oder in seinem Namen
(seit 15 77 war Markgraf Georg Friedrich von Ansbach, seit
HS05 Kurfürst Joachim, seit 1609 Kurfürst Johann Sigismund
J^dministrator) aii^csprochen worden ist. Immerhin behält das
Schriftstück einen gewissen Wert als eine der ältesten erhaltenen
Oorfordnungen des nordöstliclien Kolonialgebietes, und ihr Ab-
dmck wird nicht überflüssig sein, wenn auch ein engerer Zusammen-
hang mit den Nachbarschaftsartikeln der Posener Hauländereien
nicht in Betracht kommen kann. Hervorhebung verdient die
Bezeichnung Vorleute für den Schulzen und seine Beisitzer Im
Sdilußabsatz; das deutet auf oberdeutsche Vorbilder (Obleute in
derselben Bedeutung im bayrischen Landrecht 16 16; Maurer
1 1 O. H, 31).
Eingehendere Würdigung erfordert die Willkür des Dorfes
Neu-Schlingen. Absatz 21 bezeugt das Zurücktreten der eigent-
lichen Holländer in der stromaufwärts fortschreitenden Kolonisation,
der Käufer eines Hofes soll in der Regel ein »Teutscher, welcher
tK^landisch weiß und gebrauch halt", sein. Mit der vorausgesetzten
Datierung 1562 ist diese Bestimmung freilich schwer zu verein-
baren, ebensowenig wie die Sprache, die eher auf das Ende des
1 7. oder den Anfang des 1 8. Jahrhunderts deutet Es schließt
das nicht aus, daß ein älteres Original vorgelegen hat, das der
Bearbeiter nur für seine Zeit modernisiert hat. Vielleicht kann
man in der Form ..Nabers" in Absatz 33 ein holländisches
Zurückbleibsel aus der ursprünglichen Fassung erblicken. Manche
Zahlangaben sind nicht ausgefüllt; jedenfalls hat das erhaltene
Exemplar nicht Rechtskraft besessen, es ist vielleicht nur eine
von mehreren Abschriften, die zur Belehrung und als Muster auf
Verlangen hergestellt worden sind. Aber wo steckt nun
das Original?
Andere Willküren, die vielfach mit der für Neu-Schlingen
übereinstimmen, wie die für Kostbar, Duliniewo, Orabowice,
KT
befinden sich gleichfalls im Thomer Stadtarchiv (vgl. Erich Schmidt
S. 348 Anm.).
Von den Bestimmungen der Nachbarschaftsordnung für
Neu-Schlingen verdienen noch einige besondere Hervortiebung,
so die im Vergleich zu den Nachbarschaftsartikeln für Tuchorze
ausführlichere Umgrenzung des Vorkaufsrechtes des Nachbarn
(§ 21), dann die über das Benehmen bei den Oclagen. (§ 38.)
Die Lade ist hier im Text genannt (§ 36.) Eine andere Be-
stimmung regelt die Ersalzpflicht der Genossen für Schaden, den
ein Nachbar durch Krieg erlitten hat (§ 34.) Ein Protokol
oder Nachbarnbuch ist bezeugt durch Absatz 7.
im übrigen ergibt eine Vergleichung der Nachbarschafts-
aitikel von Neu-Schhngen mit denen von Tuchorze und seiner
Gruppe, daß die Festsetzung der Artikel für eine jüngere Holländer-
gemeinde zwar auf Grund von Vorlagen erfolgte, aber sich doch
die Freiheit wahrte, diese nach eigenem Ermessen zu benutzen, die
Bestimmungen anders zu ordnen, hier wegzulassen, dort zuzusetzen.
Es besteht deshalb wohl auch wenig Aussicht darauf, für
die Nachbarschaftsarlikel von Neu-Schlingen ein bestimmtes Vor-
bild zu finden. Erich Sdimidt begnügt sich zu sagen (a. a. O. S. 346),
daß das Schema der Vereinbarungen zwischen dem Grundherrn
und den Ansiedlern der Posener Holländereien, d. h. der so-
genannten Privilegien nach Ursprung und ältester Form auf die
Holländer Ansiedlungen der Weichselniederungen zurückgehe; es
gilt das wohl ebenso für die Nachbarschaftsartikel. Behauptet
hat sich diesem Vorbild auch dort nicht. Wenigstens die von
Abraham Hartwich (Geographisdi -historische Landesbeschreibung
derer dreycn im Pohlnisclien Preußen liegenden Werdern, 1723,
S 323 ff.) mitgeteilte Willkür des Marienburger Werders ist eine
Überarbeitung von 1676 und weit weniger altertümlich als die
Ordnung von Schillno.
Als eine unlösbare Aufgab« erscheint es auch zunächst, ein
Vorbild für die Artikel von Neu-Schlingen in einer analogen
Dorfordnurg Hotlands nachzuweisen; bei der Schwierigkeit, die
nötigen Quellenveröffenllichungen in Deutschland zur Einsicht zu
erhalten, wird diese Arbeit nur von einem holländischen Forscher
geleistet werden können. Es fehlt dazu auch noch die un-
A
Die Nachbarschaften in den Ptsener HäulSnderelm. 149
ertliche Vorarbeit, eine Zusammenstellung der Namen und
HoBUlsorte der frühesten holländischen Ansiedler im Gebiete von
Duzig und Elbing. (Vgl. Schumacher, Niederländische An-
serflurgen, S. 25 f.)
Und femer darf nicht Obersehen werden, daß die schriftliche
Üteriiefening der Nachbarschaftsartikel, der Posener wie der
Grippe von Neu-Schlingen (mit Kostbar, Duliniewo, Qraboviceusw.
Ericfa Schmidt a. a. O. S. 348), uns über einen wichtigen Teil
lin wissenschaftlichen Interesses an dieser Einrichtung fast völlig
im Stiche läßt: über Sitte und Brauch. Da dieser Seite bisher
wdi »-enig Beachtung gewidmet worden ist, stehen uns darüber
Bur zwei wichtige ergänzende Notizen zu Gebote. Cl. Branden-
burger behauptet in seiner Monographie (Zeitschrift der Historischen
Göcllschaft für die Provinz Posen, XVIII [I903J, 17), in den
Gemeindeakten von Goldau Anhaltspunkte dafür gefunden zu
htben, daB hier der »Nachbarschulze" nicht mit dem
»Kgierenden" Schulzen zusammenfalle, also neben ihm in
einer selbständigen Bedeutung stehe. Die zweite Tatsache ist
die Bezeugung eines «Nachbarzcichens« für die Gemeinde Freital
durch die Auslieferung der sogenannten Gemeindekrücke dieses
Ortes an das Kaiser Friedridi-Muscuni zu Posen. Es ist ein
agenartig gestaltetes Stück Holz, mit der Jahrzahl 1752 versehen,
dß früher der Bote bei der mündHchen Einladung der Maus-
rtier zu einer Gemeindeversammlung im Hause des Schulzen
mit sich geführt haben soll, oder das samt der daran gehefteten
»Tagesordnung" in der Gemeinde herumgesandt worden sein soll.
In dieser Form wurde in den Zeitungen Kunde von der Er-
werbung für das Museum gegeben.
Das Nebeneinanderstehen eines Nachbarschaftsschulzen und
eines »regierenden" Schulzen würde nichts anderes bedeuten, als —
WS auch von einzelnen Dorfschaften des geschlossenen deutschen
Sprachgebietes bezeugt ist - den genossenschaftlichen gewählten
Vorsteher der Nachbarschaft neben dem Vertreter der Grund-
herrschaft, so im Bistum Würzburg, an Mosel^ Lahn, Ober- und
Mitlelrhein, in der Wetterau usw. (Maurer, Gesch. der Dorf-
verfassung It, 34 f.) oder neben dem Ortsrichter in den Nachbar-
schaften der Siebenbürger Sachsen^ die Maurer nicht in den Bereich
seiner Forschungen gezogen hat. Bei ihnen findet auch die
.Gemeindekrücke" ihre richtige Erklärung — wenn auch selt)st-
verständlich bleibt, daß andere genossenschaftliche Vereinigungen^^
die Zünfte usw. Analogien dazu bieten. ^|
Das Verständnis der Nachbarschaft in ihrer Bedeutung für
die holländisch-deutsche Kolonisation im Weichsel- und Warthe-
land kann durch die vergleichende Heranziehung der sieben-
bürgisch-sächsischen Nachbarschaften nur gewinnen, wenn auch
ein direkter Zusammenhang nicht anzunehmen ist. Konser\'ativ
wie in allen Stücken des mitgebrachten Deutschtums, am wunder-
barsten in der Mundart, die noch heute nach 700 Jahren der
Abgeschiedenheit das Gepräge der Heimat bewahrt, haben die
Siebenbürger Sachsen auch die Einrichtung der Nachbarschaft in
altertümlichen Formen bis in die jüngste Vergangenheit fest-
gehalten; von dort fällt das Licht auf die trümmerhaften Über-
bleibsel in den Hauländereien der Provinz Posen.
Ein tiefgreifender Unterschied der siebe nbürgisch-sächsischen
Nachbarschaft von der in den Posener Hauländereien ist die
völlige Freiheit von einer Grundherrschaft; durdiaus besteht sie
neben der Gemein de Verfassung, wenn aucli ihr untergeordnet
und ihrem EIngreifenj wenigstens in späterer Zeit, sich nicht
entziehend. Sitte und Brauch der älteren Zeit sind in aller
Vollständigkeit bezeugt; sie seien im Anschluß an Fr. Fr. Fronius
(Bilder aus dem sächsischen ßauernleben in Siebenbürgen; ein
Beitrag zur deutschen Kulturgeschichte, 3. Aufl., Hermannstadt
bei W. Krafft, 1885) hier vorgeführt.
Veröffentlicht sind die Nachbarschaftsartikel der oberen
Wiesengasse zu Hermannstadt von 1563 und die der dortigen
Burgergasse von 1577 sowie jüngere von G. Seivcrt (Die Stadt
Hermannstadt, 1 859) und neuerdings dieArtikelder Großen Salzgasse
von G. A. Schuller (Korrespondenzblatt des Vereins für sieben-
bürgische Landeskunde, Jg. 29, 1906, Nr. 7).
Jede größere sächsische Gemeinde hat mehrere, meist vie^
Nachbarschaften, Hermannstadt in früherer Zeit sogar zehn. Die
Rechte und Pflichten der Genossen sind in den uralten, aber oft
überarbeiteten Nachbarschaftsartikeln zusammengefaßt.
An der Spitze der Nachbarschaft steht der Nachbarvater,
Die Nachbarschaften in den Posencr Hauländereien. 1 5 1
den Sädten früher Nachbarhann genannt. Hann ist der alte
frinktsche Hunno, Vorsieher einer Hundertschaft. An Saar und
-Mosel, zumal am Niederrhein - also in der Heimat der Sieben-
büfger Sachsen - hat sich diese Bezeichnung für Dorfvorsteher
gleichfalls lange erhalten a!s Honnen, Hunnen, Kirchhonnen, sogar
umgedeutet in Hund. (Maurer, Geschichte d. Dorfverfassung II, 25.)
Die Amtsgewalt des Nachbarvaters ist durch die Artikel genau
umschrieben: er beruft und leitet die Versammlungen, ordnet die
gemeinsamen Arbeiten, hebt die Strafgelder ein, die in der Nachbar-
sdiaftslade verwahrt werden, und legt alljährlich an dem Gerichtstag
oder Slttag, dem Fasnachtsdienstag, darüber Rechnung ab. Er
eröffnet diesen Gerichtstag, zu dem die Nachbarn in festlicher
Kleidung erscheinen, indem er Stille gebietet und den nGerlchts-
fricden" bannt, dankt dann Gott für die Behütung der Nachbar-
sdiift vor schwerem Unglück und empfiehlt sie seinem ferneren
Sdiutz - alles in althergebrachten formelhaften Wendungen.
Hierauf folgt die allgemeine Aufforderung, es möge sich jeder
selbst melden, der sich straffällig wisse; dann kommen die Klagen
nir Entscheidung, die aus der Versammlung heraus erhoben
wenden; anzeigepflichtig ist jeder, der Zeuge einer Verfehlung
gewesen ist. Dann verliest ein Schreiber aus einem vom Nachbar-
valer geführten Verzeichnis die ihm bekannt gewordenen Über-
tretungen der Artikel sowie die Versäumnisse bei Nachbarschafts-
sbdten. Die gesamte Nachbarschaft entscheidet über vorgebrachte
Entschuldigungen und spricht das Schuldig oder Nichtschuldig
aus. Der Gebüßte hat die Strafen sofort zu entrichten, Wider-
streben hat die Ausschließung aus der Nachbarschaft zur Folge.
Die Strafgelder kommen in die während der Verhandlung offen
dastehende Lade: ihr Zuschlagen bedeutet den Schluß der Gerichts-
sitzung. Hierauf werden die etwa neu eintretenden Nachbarn
aufgenommen, wieder in formelhaften Wendungen, die Nachbar-
schaftsartikel verlesen und zum Schlüsse, aber nur alle zwei Jahre,
der Nachbarvater neu gewählt.
Wesentlich anders können auch in den Hauländereien die
groBen Versammlungen (Kühren) nicht verlaufen sein.
An der Wahl des Nacbbarvaters beteiligen sich alle erb«
gesessenen Nachbarn: in Frage kommen drei bis sechs der
Ältesten, die das Amt bisher roch nicht bekleidet haben,
werden in der Versammlung selbst als Kandidaten aufgestellt, und
ohne triftigen Grund darf sich niemand dieser Ehre entziehen.
Hierauf treten sie ab und die Versammlung wählt einen von
ihnen durch Zuruf oder durch Stirn menmchrhett Der Gewählte
dankt für die ihm erwiesene Ehre; dann nehmen die beiden
jüngsten Nachbarn die Lade auf und schreiten dem Zuge voran,
der den neuen Nachbarvater zu seinem Hause zurückgeleiteL
Am Tage nach dem Gerichtstag, am Aschermittwoch, ver-
sammelt sich die Nachbarschaft zum fröhlichen Gelage. Dabei
werden die Strafgelder, soweit sie nicht andere Verwendung finde^H
sollen, gemeinsam vertrunken. ^|
In der Verwahrung des Nachbarvaters befindet sich auch
das Nachbarzeichen, ein meist herzförmiges, oft mit schönen
Holzschnitzereien verziertes Holzstück im Durclimesser von
8-12 Zoll. Soll eine Versammlung der Nachbarn einberufen,
eine gemeinsame Arbeit angesagt, eine Anordnung des Nachbar-
Vaters bekannt gemacht werden, so wird das Nachbarzeichen zu-
gleich mit der mündlichen Botschaft zum Weitersagen von Haus
zu Haus in Umlauf gesetzt - nach feststehender Reihenfolge und
unvcrzögert, bis zur Rückkehr ins Haus des Naclibarvatcrs. «So
der Nachbarhann ausschickt das Nachbarzeichen und dasselbe bei
jemandem verdreht wird, und nicht also angesagt wirdt, wie der
Nachbarhann befohlen hat, der verfeit 1 0 denare", bestimmt das Statut
der oberen Wiesengasse zu Hermannstadt von 157 7.
Im übrigen gehen die Besünimungen der verschiedenen
Nach barsch aftsartikel weil genug auseinander, um die Festhaltung
des Wortlautes eines verlorenen Originals als undenkbar zu er-
weisen. Gemeinsam ist ihnen allen die Betonung der gegen-
seitigen Unterstützungspflicht, die Erhaltung der öffentlichen
Ordnung und Sicherheit, die Regelung der gemeinsamen Tragiing
der »Beschwernisse", der Gassen- und Torhut, der Hilfeleistung
bei Pcuers- und Wassei'sgefahr, der Reinhaltung des Baches, der
Instandhaltung der öffentlichen Brunnen. An Bestimmungen der
Posener Holländerwillküren erinnert der Salz einer Kronstädler
Nachbarschaftsordnung von 1606: Wäre jemand in der Nachbar-
schaft geschmälit worden, so soll er nicht flugs zum Richter
4
Iiufcn, sondern er soll solches der Nachbarschaft anzeigen, sonst
wiier Strafe geben 50 Denare. In der Hermannstädter Ordnung
der oberen Wiesengasse von 1577 lauten Absatz 5 und V; »So
entr den andern im Zom Lögen straft, verßllt ohne Gnade
10 Denare. So einer mit dem andern hadert oder zankt, der
soll »-erden gestraft nach Erkenntnis der Nachbarschaft.* Weiter
ah die Posener Nach barschaftsord nun gen gehen einzelne sieben-
burgisch-sächsischc Bestimmungen über nachbarliche Pflichten;
so in den Artikeln von Qroß-Alisch; Der Strafe verfällt, wer die
Einladung zu einer Hochzeit innerhalb seiner Nachbarschaft ab-
Wiat; ebenso wer eine halbe Stunde nach dem G locken geläute
ins Hocfazeitshaus kommt In Arkeden zahlte 6 Denare, wer dem
Nxhbam bei Hochzeiten nicht mit Tellern, Schüsseln, Bänken,
Tischen und Trinkgefäßen aushalf oder den zugeschickten Braten
nicht ordentlich wendete und briet. Besonderes Gewicht wird
in den alien Hermannstädter Ordnungen auf die korporative
Begleitting bei der Leiche, dem Trauergeleit des abgeschiedenen
Nxbbam vom Sterbehause zum Friedhof, gelegt. In den jüngeren
Redaktionen tritt immer stärker der kirchliche Einfluß hervor,
üc starke Betonung der kirchlichen Zucht und die Überaufsicht
der Kirche. Dem entspricht z. B. in den Posener Nachbarschafls-
oidnungen ein Zusatz in der Willkürlichen Gerechtigkeit der
Itschtzrimniker oder Neu-Domrower Holländer Gemeine von
1775, § 45: «Was Kirchen Ordnungen und Salzungen nach
ilkr Konfirmicrung sollen dieselben von einem jeden starkgläubig
und christlich gehalten werden; die Begräbnisse soll die ganze
Gemeine macht haben."
Die Analogie der Nach barsch aftsordnungen bei den Posener
Hauländereien und den sieben bürgisch -sächsischen Ansiedlungen -
beide inmitten andersredender Bevölkerungen - ist unleugbar:
genügt zur Erklärung das Axiom: Gleiche Verhältnisse, gleiche
Einrichtungen auf Grund der gleichen völkerpsychologischen
Voraussetzungen, nämlich der Neigung deutscher Volksari zu ge-
fMKScnschaftlichen Einungen - ? Fürdiesiebenbürgisch-sächsischen
Nachbarschaften ist die Anknüpfung zunächst in der allen Heimat,
im Moselgebiet und besonders im Lützelburgischen zu suchen.
Daß sie auch dort lange Zeit nach der Auswanderung einzelner
Volkssplitter nach Siebenbürgen - denn der Name Sachsen ist end-
gültig vor allem durch siebenbürgisch-sächsische Forschung (Gustav
Kisch in Bislritz u. a.) als irreführend nachgewiesen — noch
bestanden haben, bezeugt W. Hardt in der Einleitung zu den
von ihm als Nachtrag zu Grimms Weistümern herausgegebenen
»Luxemburger Weistümern" (1870, S. XIX) mit den Worten
.Die freien Dorfgemeinden erscheinen ebenfalls als genossen-
schaftliche Vereine unter dem Schutz und der Gerichtsbarkeit
ihrer Grund- und Oehchtsherrn; allein infolge des Rechtes der
Freizügigkeit sind die Mitglieder eines derartigen Vereins jenem
Schutzverhältnisse nicht mehr zwangsweise Untertan, sondern
können nach Belieben aus der Gemeinde und dem herrschaft-
lichen Untertaiienverbande ausscheiden und in irgendein anderes
ihrem Personenstande zugängliches Verhältnis treten". Für
Nachbarschaftsartikel bietet das Buch keine Belege.
Weiter ist nun aber daran festzuhalten, daß ebenso wie die
Holländer Gemeinden im Weichsel- und Warlhegebiet sich
bildeten aus i» Ansiedlern, die das Schicksal wer weiß wie
zusammengeführt hatte," auch die Ahnen der Siebenbürger
Sachsen nicht als Sippen, wie in der Völkerwanderungszeit, oder
als geschlossene Dorfschaften nach Siebenbürgen gekommen sind,
sondern als Einzelne, Familienväter, jüngere Söhne, Neuerungs-
lustige usw., die sich vielleicht schon als Reisegefährten - wie
Fr. Seraphin im Rahmen eines historischen Romans (Die Ein-
wanderer, Hermannstadt 1905) sich die Voi^eschichte der Nieder-
lassung zurechtrückt - oder erst in der neuen Heimat zusammen-
fanden. Mag es immerhin die Form der heimischen Fcld-
markgenosscnsdiaft gewesen sein, die sie auf ihre neuen, durch
freiwilligen Zusammenschluß begründeten Lebensgemeinschaften
übertrugen, so war es doch nicht «das Herkommen*, sondern
der Wille und der Geist, die sich ein neues Haus aus be-
kannten Formen schufen. Und insofern berühren sich die
Nachbarschaften der Siebenbürger Sachsen - und etwnso noch die
der Posener Holländereien - unverkennbar mit dem Wesen der
Gilde, wie es uns am frühesten in dem Verbot der Geldonien
durch die karoüngische Gesetzgebung entgegentritt. Ihre Aufgabe
gegenüber der Lockerung des alten Sippeverbandes, besonders in
Die Nachbarschaften in den Posener Hauländcreten. i5S
den Städten des fränkischen Reiches, war, die freiwillig sich
verbindenden Genossen auf gegenseitige Unterstüt7urg in Not
uod Tod, auf Versicherung gegen Feuerschaden, auf gemeinsame
Verfolgung von Räubern, auf gemeinsame Gelage und endlich
luf gemeinsame Kultusverrichtungen zu verpflichten (Inama-Sternegg,
Deutsche Wirtschaftsgeschichte I, 263 Anm.). Wenn v. Amira
die siebenbfirgisch-sächsischc Nachbarschaft (und ebenso die
Bniderschaft und Schv^esterschaft der Ledigen) ohne weiteres als
Fortleben der alten Qilde auffaßt {Grundriß der germanischen
Philologie MI, 166), so gehl das wohl etwas zu weit; es fehlen
(fie Zwischenglieder der historischen Entwicklung.
Vielleicht lassen sich aber — unter allem Vorbehalt kritischer
Einsprache ~ solche gerade aus dem mütterlichen Stammgebiet
der Siebenbürger Sachsen wie der Holländer als »Vortrekker" der
Posener Hauländereien, aus der rhein- und niederfränkischen
Rcchtsgeschichte namhaft machen.
Die Einwanderung der Siebenbürger Sachsen in ihre neue
Heimat ist nur ein Kapitel aus der Kolonisationsgeschichte des
östlichen Deutschlands und seiner Ausläufer. Die Träger dieser
Kolonisation sind in den östlichen Slav engebieten zunächst die
Flamen gewesen, seit Adolf von Schaumburg-Holstein, Albrecht
dem Bären von Brandenburg und Heinrich dem Löwen; als
Flandrer werden wohl auch ungenau die Siebenbürger Sachsen
bezeichnet. Ober die Formen, in denen sich die flämische Be-
sittUung Norddeutschlands vollzog, sind wenig Nachrichten er-
Ittlten. Ihre Sonderstellung hat sich hier früher, dort später in
der allgemeinen niederdeutschen Art verloren; ihren Namen aber
hit der Höhenzug des Flämings, bewährt, und ebenso hat sich
io Bitterfeld, einer alten flämischen Ansiedlung aus der Zeit
Albrechts des Bären, in der Flemings- Sozietät ein Stück der
Vergangenheit erhalten. Darüber hat Borchgrave in seiner Histoire
des colonies beiges, qui s'^tablirent en Allemagne pendant le
XII'*™ siede (M^moires couronn^s de l'Acad^mie de Belgique, 4*
Tome 32(1865], angeführt bei Schumacher, Niederländische An-
siedlungen, S. 80) reichliches Material gesammelt Die Flemings-
sozielät ist völlig zu einer Gilde geworden innerhalb der größeren
Gemeinde, auf Grund ihres gemeinsamen Grundbesitzes, Wiesen
P. O. Schultheiß.
und das Flemingsholz umfassend. Ein GrQndungsjahr ist —
selbstverständlich - unbekannt, die Nachkommen der alten
hamlEien hielten sich eben von dem späteren Zuzug gesondert und
wahrten ihm gegenüber ihre Rechte. Die älteste, mangelhaft über-
lieferte Fassung ihrer Nachbarschaftsordnung aus dem Jahre 1 587 ist
im Anhang aus der nicht allgemein zugänglichen Veröffcnllichung
Borchgraves wieder abgedruckt. Von ihren Bräuchen berichtet
er, daß aHjährlich am zweiten Pfingsttag der Vorsitzende für die
Mitglieder, deren Frauen und Kinder den Flämischen Sclimaus zu
geben hatte - besteht das noch heute? Der Brauch, dabei den
Humpen mit der Aufschrift »Becher einer löblichen Sozietät der
Flämings Hüffner alhier zu Bitterfeld" zu benützen, sei abge-
kommen. Jüngere, ausführlichere Satzungen von 1776 seien
gleichfalls erhalten.
In Betracht gezogen zu werden verdient femer die eigen-
tümliche Einrichtung der Kölner Bauerbänkc, die zuletzt Fr. Wrede
im Oymnasialprogramm von Köln -Ehrenfeld 1905 behandelt
hat. (Vgl. auch Oierke, Rechlsgeschichte der Deutschen Genosse^^
Schaft, S. 336.) ^|
Es sind ihrer fünf: genannt nach der Wcyerstraßc, der
Wiesenstraße, der Schaafenstraße, St. Severin und Eigelstein. Indem
die Teilnehmer in der ältesten Zeit Erbgenossen heißen, geht ihre
Verbindung auf die alte Markgenossenschaft zurück, andererseits
erscheint sie aber als freiwilliger Zusammenschluß.
Mit Sicherheit nachzuweisen ist das Bestehen der Weyer-
straßen- Bauerbank erst seil 1334, die anderen sind jünger (1384
und 1391). Wenn aber ihre Organisation nicht als «uralle In-
stitution", sondern als Ergebnis der städtischen Entwicklung Kölns,
insbesondere der Stadterweiterung von 1 1 80 — wobei die Um-
wallung die ländlichen Anwesen der AuBenteile teilweise einschloß
(Wrede, S. 8) -- betrachtet werden soll, so klafft auch bei den
Kölner Bauerbanken eine Lücke der schriftlichen Überlieferung,
und die älteste erhaltene Ordnung bezieht sich in der Tat auf
eine genossenschaftliche Neubildung mit einigem Anklang an
Markgenossenschaften (Wrede, S. 9): ..Man könnte sie fast eine
unbewußte Nachbildung derselben rennen. Neu daran war der
korporative Zusammenschluß, entlehnt die Feldgewohnheiten und
die einsclilägigen Rcchtsgcbräuche." Auf solche Entlehnungen
weisen Bemerkungen hin, wie Absatz 39 der Weyerstraßen-Ordnung^
•nie Bnseme alden recht als it herkommen ist".
Die Bauerbank auf dem Eigelstein, deren Ordnung auf
die Genehmigung des Rates hinweist (1391, nach später Abschrift
bdLiu, Entwicklung der kommunalen Verfassung und Verwaätung
der Stadt Köln abgedruckt, S. 3 80 ff.), nennt sich: «Wir gemine
nabem, wonofting up deme Eygelsteine".
Die Ordnung der Weyerslraße ist in späteren Redaktionen
aus dem 15. und 16. Jahrhundert erhalten, zwei bezeichnen sich
ils Kopien einer Urschrift aus dem Jahre 1240. Die Heraus-
{eber (Ennen und Eckertz, Quellen zur Geschichte der Stadt
Köln II, 210 ff.) setzen hinzu, manches sei ohne Zweifel späterer
Zusatz. Da der Absatz 56 das Recht ausspricht, die Punkte zu
nehren oder zu mindern, so ist doch recht zweifelhaft, wie grofi
bereits die Abweichungen von der frühesten Fassung sein mögen.
Ouraklerisiert wird dieWeyerstraßen-Bauerbank als freie Gemeinde
■Bit gewählten Meistern, eigenem Boten, eigener Kasse und einem
Gebühren meister. Die Gemeinde handhabt die Feldpolizei, stellt
einen FeldschDtzen an, gibt Bestimmungen über die Benützung
der Oemeindetrift u. dgl. (ebd. Einl. 6). Außer dieser allgemeinen
Ähnlichkeit der Aufgaben enthält die Ordnung der Weyerstraße
eine Festsetzung, die an sächsische Artikel erinnert:
,45. Vort hain wir gemacht, so wanne die Erffgenoissen zo
amen synt, so wie dar untzoiditige wort off Scheltwort hedde
Bit eynie andern erffgenoissen off mit dem Schützen, so wanne
dat eyme der meister gebuyt, dat hey swygen, en swyget hey
dan nyel, so gilt hey IV pennynge, zo dem andern geboede VI
pennynge, zo dem dirden VIII pennynge, zo dem vferden XII
pennynge, und wer ouch weder also unnulzig anlwort, der
göl ouch so vill."
Die Kölner Bauerbänkc bestanden noch bis ins 1 9. Jahr-
hundert herein, aber in ihrer Forlbildung walten ganz andere
wirtschaftliche Verhältnisse als bei den sächsischen Nachbarschaften.
Beachtung verdient aber eine Vermutung über den Ursprung der
Weyerstraßen- Bauerbank. Es bestand in ihr eine engere Bruder-
schaft, genannt nach St. Nikolaus zu Sulz, mit der üblichen Ver-
r
pflichtung, an dem Begräbnis verstorbener Brüder teilzunehmen,
gemeinsamem Gottesdienst u. dgl. Wirtschaftliche Zwecke sind
in ihrer Ordnung, erhalten in einer Handschrift des 13. Jahr-
hunderts, nicht angedeutet. Lau (S. T89) meint, die Bauerbank
könnte wohl erst im Anschluß an die Bruderschaft gestiftet worden
sein. In anderem Zusammenhang ist auf diese Vermutung
zurückzukommen.
Noch näher als die Kölner Bauerbänke in ihrer frühesten
bezeugten Verfassung stehen den Hermannslädter und Kronstädter
Nachbarschaften schon im Namen die ehemaligen Brunnen-
gesel Ischaften zu Rüdesheim im Rheingau, denn sie bezeichnen
sidi selbst als Nachbarschaften in der neuen Kcllergasse und in
der Steingasse in ihren Satzungen von 1607 und 160S, wie sie
Job. Peter Schunk in seinen „Beyh^gen zur Mainzer Geschichte"
III, 1 790 Heft 3, 241 ff., nach seiner Vereicherung aus alten Hand-
schriften, veröffentlicht hat Sie beziehen sich in den Eingangs-
Sätzen auf ältere Fassungen: nim Jahre 1607 haben sich die
Nachbarn in der neuen Kellergasse, so zu dem Kellerbom
gehören, vereinigt, ihren nachbarlichen Bombrief zu erneuern,
und wie sich auch ein jeder Nachbar gegen jeden Nachbarn ver-
halten und der Nachbarschaft zu Lieb und Leyd sein soll, was_
Nachbarn zuständig ist, wie folgt"
Auffällig unterscheiden sich im Ton die Elngangssätzc deT
,1 Ordnung der Nachbarschaft und Brunnenmeister in der Stein-
gasse zu Rüdesheim 1608": »Im Namen der hochheiligen Drey-
faltigkeit Gottes. Als In Betrachtung der allgemeinen Nachbarschaft
der Steingasse zu Rüdesheim zu Oemüt geführt, daß der hoch-
berühmte Spruch und Einigkeit, Concordia genannt, in politischen
Satzungen viel erhält und wohl ausrichtet, ist aus denen vor
Alters [von] unsern teils verstorbenen angestellten guten Ordnungen
diese nachfolgende Vereinigung einmütig eingewilligt zu halten
und ohne Nachlaß zu vollziehen verwilligt. "
Unverkennbar ist auch in den einzelnen Bestimmungen der
Nachbarschaft der Kellergassc die Überlieferung treuer bewahrt,
das Altertümliclie mehr erhalten; die allgemeine Bedeutung der
Nachbarschaft, ganz im Sinne der sächsischen Einrichtung, Über-
wiegt, ihr sind die ersten drei Paragraphen gewidmet. Dann
Mpo drei über die gemeinsame Verpflichtung zum Fegen des
BruDMns, und den Schluß machen wieder Bestimmungen, die die
Nadibarschaft als enge Lebensgemeinschaft kennzeichnen. Die
Artiel der Steingasse hingegen beziehen sich ausschließlich auf
dn engeren Zweck, die Riege des Brunners durch die alljährlich
gewählten zwei Bnmnenmeister und auf die Zeche oder Kollation
nir Verzehrung der Strafgelder: nach einem Anhang fand diese
an Fasnacht oder Aschermittwoch statt - hier also wieder ein
Anklang an sächsische Sitte, und ebenso in den Strafbestimmungen
g^n Zank oder Hader und Lügenstrafen bei Versammlungen
der Nachbarschaft
•Würden sie sich aber ferner mit ehrenrührigen Worten
«Her den andern verletzen, soll allezeit der Anfänger um einen
Gulden, und der unlaidige Antworter um einen halben Oulden
strafbar sein. Wollen sie alsdann noch nicht Frieden halten, und
dner den andern mit der Thal und Faust angreifen, soll man
diesen Zankischen die Kerb vorlegen, und alles, was dießnials
verzehrt worden ist, berechnen und bezahlen lassen, wie vor Alters."
Gegenüber den Unterschieden, wie sie in diesen beiden
Ordnungen derselben Stadt mit dem geringen Zeitabstand der
Aufzeichnung sich zeigen, ebenso wie in den von Gustav Seivert
(Die Stadt Hermannstadt, 1859) abgedruckten Ordnungen der
Nachbarschaften Hermannstadts, wird niemand versucht sein, die
Gnmdsätze philologischer Handschriftenvergleicliung darauf an-
»wendcn, einen gemeinsamen schriftlichen Archetypus rhein-
fi4nkischer Nachbarschaftsordnungen vorauszusetzen, den die Vor-
fahren der Sachsen aus der Heimat mitgenommen hätten.
Es ist im einzelnen schwer zu sageUj wie die Formen
der uralten NVarkgenossenschaft fortbestanden haben, und wie das
Wesen der Nachbarschaft als freiwilliger Vereinigung ins Leben
tritt — sofem man es mit mehreren Nachbarschaften nebeneinander,
wie in Rüdesheim, oder mit Kolonistenschwärmen zu tun hat,
die eben nicht als Sippe oder als Dorfscbaften ausgewandert sein
können. Wenn Hanssen über f^ehmarn berichtet: ..früherscheinen
dort die Einnahmen zu einem Fasnachtsgelage der Bauernschaften
verwandt worden zu sein; das Antrittsgeld hieß ursprünglich Ein-
sprungsbicr- (Historisch-statistische Darstellung der Insel Fehmam,
1S32, S. 130), so gibt das noch keinen Unterschied von del^|
feldmarkgenosscnschaflen des deulschen Binnenlandes, bei denen
sich an die echten Dinge gleichfalls Gelage anschlössen. (Gicrke,
Rechtsgeschichte der deutschen Genossenschaft, S. 624.) Aber
Fehmam ist eben auch Kolonialgebiet, und zwar der Ditmarsen,
und die Formen und das Zeremoniell der Nachbarschaft können
immerhin herü bergen omnien sein, wenn diese auch im Wesen
eine Neubildung darstellt. Gerade die siebenbürgisch-sächsische
Nachbarschaft in ihrer altertfimlichen Erhaltung wirft erst das
Licht der Erklärung auf die Verkümmerung und das mangelhafte
tiezeugtsein der nord ostdeutschen Nachbarschaft und rechlfertigt
den Leitsatz:
Die Form der Kolonisation des Ostens durch deutsct
Bauern und Bürger ist die Nachbarschaft — im Unterschied von
der sogenannten Völkerwanderung^ deren Form die Sipix: ist ■
Entstanden aber ist die Nachbarschaft in der Heimat und zwar
auf anderer Grundlage als die alte Markgenossenschaft der Sippe,
wenn sie auch in der Fremde deren Form und Funktion vertritt.
In allen Schriftstücken, die wir zur Vergleichung heranziehen
können, findet sich gleichermaßen die Festsetzung von Strafen
für unfriedfertiges Verhalten und Schimpfworte bei Zusammen-
künften. Das ergibt sich aus dem Grundcliarakter der Nachbar-
schaft und ihrer geselligen Bedeutung^ wie sie sich besonders bei
den Hermannstädter Nachbarschaften im 1 7. Jahrhundert bemerkbar
macht. Auffallen aber muß die engere Verwandtschaft der Rüdes-
heimer und der Hermannstädter Ordnungen. Brunnenmeister
nennen die gemeinsamen Hermannstädter Artikel von 1652 in
den Absätzen 20 und 21, wohl in derselben Bedeutung wie zu
Rüdesheim. Ein wichtiger Fingerzeig aber scheint es zu sein«
daß die älteste Hermann Städter Ordnung von T563 an erster Stelle
die Bestimmung hat: »Wehn einer nicht czwr leichen kompt,
verfeit 4 denare". Die Ordnung des Großen und Kleinen Rings
hat unter 9 den Zusatz «doch soll der Honn in dem Teil awf-
merken". in der Ordnung der Kellergasse zu Rüdesheim heißt
es »Zum Andern wo es Sache würde, daß einer Alters stürbe
oder sich eine HauptEeiche in der Nachbarschaft ergebe, soll ein
jeder Nachbahr gebührlicher Weise sich dazu machen und dieselbe
Die Nachbarschaften in den Posener HauliDderdeu. i£}
hdffert zur Erde bestatten, auch keine Entschuldigung suchen,
fti Ki> denn Leibesschwachheit oder unsers gnädigsten Herrn
DiMste halber, bei Straffe eines halben Viertel Weines"; der
idrte Satz gedenkt des Leichentrunks als sich anschließender Ver-
pftichlung. Oben ist der Vermutung gedacht, daß die Köiner
tiiüerhank zur Weiherstraße aus einer religiösen Bruderschaft
Iien-orgegargen sei, deren Ordnung (Quellen zur Geschichte der
Stidt Köln I, 403) für die Teilnehmer am Begräbnis genaue
Vorschriften gibt: hier liegt die von Fronius an falscher Stelle
^tsDchte Verknüpfung der sachsischen Nachbarschaft mit dem
OeWel des religiösen Lebens der Vorzeit. Die sächsische Bruder-
schaft der Jünglinge scheint späteren Ursprungs zu sein, sie hat
jei)«afalls keinen selbständigen Zusammenhang mit der religiösen
Bniderschafl, der confraiernitas.
Denn diese ist die kirchliche Umbildung einer noch vie!
illeren, im germanischen Heidentum wurzelnden Einrichtung, der
TOD der karolingischen Gesetzgebung mit schweren Strafen ver-
folgten Geldonien, von ihr Verschwörungen genannt, in der
äächsischen Abschwörungsfomiel aber Teufelsgilden. Die Bund-
bruderschaft begründete unter den Vertragschließenden einen
Ihnlichen Schutz- und Tmtzverband, wie er für die Sippe durch
die Blutsverwandtschaft gegeben war. Die Pflicht der Blutrache,
<fer Anspruch auf Wergeid für erschlagene Genossen, der Toten-
fcull durch Opfer und Opfergelage begründen sich ursprünglich
durch die symbolische Mischung des Blutes, das aus dem auf-
geritzten Arm in den Trank rinnt, später nur durch den Eidschwur.
Die Christianisierung stellte die Bruderschaft unter einen Schutz-
heiligen, rückte den Gottesdienst zum Seelenheil des Abgeschiedenen
an die Stelle des heidnischen Opfers; die gegenseitige Unter-
stützung, die Gerichtsbarkeit über die Genossen, die regelmäßigen
Gelage behaupten sich auch unter der geistlichen Verhüllung
ungcmindert fort. Die Genossen versichern sich gegen Feuer-
schaden und Schiffbruch, sie verpflichten sichj Räuber gemeinsam
Zu verfolgen — Akte der Selbsthilfe, die uns noch ebenso in
der Nachbarschaflsordnung von Neu-Schlingcn begegnen. Die
drakonische Sü-enge, mil der die karolingische Gesetzgebung An-
siifter und Teilnehmer bedroht, Tod für die ersteren, gegenseitiges
Aidti« für Kalttirseichtcfate. VI.
Oeißeln und Nasenabschneiden für die anderen, ist nur dadurc
zu erklären, daß gerade die Volkstümlichkeit der Einrichtung si
der Wahrung des Heidentums verdächtig machte.
Der karolingische Cäsaropapismus war aber glück) ich eru'cis
eine vergängliche Erscheinung. Das germanische Volkstum Üb«
dauerte seine Experimente. Der Name der Oilden bezeichnet i
den folgenden Jahrhunderten Verbindungen, in denen d^
religiöse Moment verschwindet; in den Verbrüderungen wied«
spielt es eine große Rolle: trotzdem sind beide desselben Ursprung
In der jüngeren Form der kolonialen Nachbarschaft sind die alle
Züge, wenn auch abgeschwächt, erhalten. Die historische B<
trachtung lehrt den Zusammenhang des Volkstums seit der Urze
würdigen. Daß es unvergleichlich tiefer wurzelt als die wechselnde
Anschauungen und Formen staatlichen Lebens, ist, will uns bt
dünken, wie für die Siebenbürger Sachsen ein Trost, so auch ii
Hinblick auf die Posener Hauländereien und unsere Neubesiedt
lung des Ostens eine Mahnung.
4
1.
Bestätigung der Willkür von Tuchorze Meu-Hauland. Ausgestel
vom Grundherrn v. Rutcowski.
15. Juni 1745. f
Posen, Staatsarchiv A 3 B I. <>■ Handschrift In 4
9 Bl Die Anfangszeile
roL Noch ungedrucli
Ich wohlgebomer großmächtige Herr von Ruthcovcky Neb
meiner Frauen Gemahlin Heiina von Ruthcovckin Erbsitzend
auf Tuchorschc und Braufuhrd Erkläre und Bekenne hiemit vc
Absonderlich wo von Nöthen, daß meine Hauländer aus dei
Dorfe Novituchorsche vor mir erschienen bittende etliche Punkt
allergnedigst zu confirmieren, damit sie wissen woran sie sich halte
sollen. Wegen guter Ordnung und Policcy dieses nicht denegirc
können, sondern ihnen das folgende gratificieren wollen, und z
besserer aufsieht sollen sie sich järlich einen scholtzen nebst zweye
Beysitzem erwählen, welch ich auch bckräfftigen will, welche z
thun [Loch] haben mit Zanck Schmoch Handel und schlägereiei
Sie werden verübet bey Tag oder Nacht, Absonderlich mit Schul
d
Die Nachbarschaften in den Posener Hauländereien. | £3
achtn unter ihren Testament Sachen, inventierung Erbsonderung
Zeigen verhören Besüchtigung und Schätzung der Heußer äcker
ließen reinen und Gräntzen, sollen aber besondere Actus von
Diebstahl, oder andere Peinlichen Sachen vorTallen, so von ihnen
an schwerer inquisition nicht geschehn kann, behalte ich mir
vorauß. Ich will auch, daß die Bedachte gelt Straffe in eine Lade
»iil gethan werden und beim Scholtzen stehen, die Beisitzer
ibfl- sollen die Schltssel dar zu haben und järlichen den Nach-
hahm rcchnung thun. Folgende Puncla sollen ihnen des Jahrs
zwe)mahl vorgeießen werden, alß zum Ersten mahl nach gehaltener
Köhr, daß andermahl auf Michaelis. Und damit sich niemand mit
imwißenheit zu entschuldigen weiß, damit nu dießen alle möge
fohl und christlich nachgelobet [!] werden,
So habe ich mich zu ende dießer Puncte selbsthändig
itnlerschriebcn.
Datum Tuckarze, d. 15. Junius Anno 1745.
1 . Zum Ersten so der Schultz die Nachbahren verboth oder
«rbothen leßt, sollen sie zu ihn kommen und gehorsam sein, so
aber jemand einheimisch währe vnd in Eugener Person nicht
itomme, sohl er auf 5 Qr. gestrafft werden. 2. Da Jemand von
den Nachbaren den Scholtzen oder rathleuthen mit unhöfflichen
Worten oder sonst wiederstrebende mit Schärften Gewehr inß
Scholtzen Gericht kämme und kein gehohr geben wolle, der soll
ohne eine einige Widerrede auf 2 Marg') gestrafft werden. Da er
aber sonsten, davor Gott behütte, Mit Schlägen anlauffcn würde,
soll er nach gclegenheil seines Verbrechens nach erkentniß des
Dorffgerichts höher gestrafft werden. 3. So einer sich frefentlich
setzte wider den verordneten schultzen und seine beysitzer und
nach begangener Mißethat nicht wolte gehorsam sein oder sich
gefangen geben, würde er darüber geschlagen oder verwundet
B wehre bcy Tag oder Nacht, soll darüber Seine Buße nach
wdit ergehen. 4. Wenn einer oder mehr von Scholtzen in des
Dorffs gerichts geschafften geschickt würde und Jemand mit
übrigen Scheltworten oder Schlägen sich vergriffe, der soll ver-
fallen sein 2 gutte Marck und nach eilcenntniß der Eltesten gestrafft
*] Die polniidK Mailc, nur R«chnu[iK«einhelt. hatte «1 OnKben.
11'
tA*
werden. 5. Wann der Scholtz mit seinen Rathleuten zu genicht
»itzt» soU kein weib, es sey den daß sie vor ihre Person zu klagen
und ihr Mahn wo die einen hat nicht einheimmisch wehre, für
gtröchle kommen, bey Straffe 5 gr. 6. Ist bewilliget worden den
Scholtzen sein Lohn von der Hube 30 gr. und beyden ratlilculen
i5 gr. soll gegeben werden, alle Jahr wann die Kühr geliallen
wird, bey Straffe doppelt abzugeben. 7. So der Scholtz oder
Ksthleute auser den Dorffe und w^en des Dorffs besten ver-
reißea würde, sollen die Unkosten nach Hüben Zahl begeben
wcfdeo. ft. Sollen Scholtz und Rathleute auf das Dorff gulte
Achtung haben, so etwas an der schleiße wellung w^ei^ängen
oder sonsten daß dem Dorffe schädl. sein «ijrde, sollen sie dahin
trachten damit daß selbe gemacht und gebeßert werde, da aber
scholtz und rathleute hierinen Nachläßig befunden wurden, sollen
sie nach erkänntniß der ganzen gemein gestrafft werden. 9. Wo
KauK oder Kaufte geschehen, es sey Qetreitig vich oder Pferde^
wie es audi Nahmen haben mag, und ist gewißes Bier darQber
getrunken worden, der soll verfallen sein l Thonne Bier wer den
Kauff nicht helt 10. Zum zchcnden, davor Gott behüttc, durch
Uottes Willen oder sonst durch bößc Leuthe einen Jrgend ein
gebcyde abbrennen mächte, sohl man ihm mit einer Christ). Bey-
Hleucr tu hilffe kommen, von der Hube 100 ^^ 15 gr. auch
Wiikl röhr und holtz führen helffen. Item wer in solchen fahl
v^thi'iiuiach wehre und nicht wolte retten oder löschen helffen,
^ Udl verfallen sein straffe zu geben 3 gutte Marg. Wer im
llfl))^ fremde gefeße ergreifft, es sey an Hacken Äxten Eymem
^^ V/(f es Nahmen haben mag, der soll es zum Scholtzen
WlittiWU M\\\ nicht mitte nach hauße nehmen, damit es wieder dem
1W^ stettt c« gehöret, bey straffe einer guttcn Marck. 1 1 . Niemand
•^^ 1^ «Hdnen für seine Thür lauffen und ihn zomigl. Weiße
UfiyiMK^ttlt ^ty straffe 3 gutten March, dafern aber einer den
«<tt\lf Wege lagern in dem dorffe oder felde und solches
v^.-,^ \*i\ i*vvr» Zeygen bewießen werden, der soll ohne alle
^v'K ^v^UIW4* »ein 4 gutte Marc. 12. Dafern ein man den
)j|J(M^ aM f*nr Frau die ander übe! aushandelte und an ihren
iMMkM MtirotW beschimpfft würde und kan solches mit 2 Per-
WMMk IAMM MHI dlT^lhan werden, sohl der oder dieselbe
Die Nschbai^aftcn in den Poscner Hatiländereien. 16S
(äe Lade Z gutte Marg straffe geben und ein gerichtliches Attestalum
dm beiddigten ausl50en. 13. EQ soll einer den andern Auf
(fcf Oebauthen hoffeStädte mit Mist so es die Noth erfordert
iniif Waßer zu reichen schuldig sein, bey straffe ein Marg.
N. Wan einer dem Nachbar eine Hecke öffnet und nicht wieder
amacfal und schaden dadurch geschieht, soll derselbe straffe ver-
alten sein 1 Marg, und so einer den andern über seinen besäten
xker ßhret, sol er schuldig sein l Marg zu geben und vor den
schaden stehen. 15. So auf Refehl des Schollzen gebothcn würde
iSc Trifften zu bösem die gräntzen zu verfertigen die Wasscr-
Önge und Graben zu rcymen oder sonslen was dem dorff zum
besten gereichet, wer solches nicht verrichtet, soll verfallen sein
2 gulte Marg und bey 8 Tagen alles fertig haben bey doppelter
Äiffe. tö. Sohl ein nachbar dem andern seine gräntze mit
gnben oder zäunen nach gelegenheit des Landes halten, wer daß
nklit ihun würde und einen hierüber schaden geschieht, soll der-
selbe für den schaden gutt kommen und so offt er darüber an-
gtUaget wird dem Scholtzen verfallen sein tO Groschen. 17. Eine
redjtfertigc Gräntze sol! heißen ein Graben einer halben rutlien
breit und 2 Ellen lieff, ein Zaun soll sein 2 Ellen hoch, alß das
ein halbjärigs Kalb nicht kann durchkommen, dafem aber einer
on Pferdt oder rindt hetfle und vor dem Zaune nicht bleiben
*olte, so soll ers zwingen oder soll es abschaffen. 30 rutten
soll ein Jeder seine HoffStädle dichte zeunen, vor Schwein
Genfte und Enten. 18. Niemand soll drti andern ohne Consens
und bewilligung sein angenomene Arbeiter Ehe er sie ablohnet
und nicht mehr gebrauchet abspendig machen und auf einige
arbeit nehmen, bey Straffe einer Marg, und daferne sich einer
Bnlerstehet seinen Nachbahr seinen Knächt oder Magd aus-
amielten, der soll verfallen sein eine gutte Marg und gleich
w>\[ den dienstbothen seinen Herren in den Dinst folgen lassen.
19. Da Jemand seinen Nachbaren vieh pfendet, der soll es trencken
hßen, damit es nicht verschmachte oder umbkomme, sonsten soll
er ihn den Schaden erstadtcn, und wann daß eingetriebene Vieh
inß recht gebracht wird und der Scholtz es demselben ansagen
ließe, Er aber sein Vieh im Gerichte stehen ließe, so soll er die
Erste Nacht vom Stücke 5 gr. die ander Nacht 10 gr. und also
F. O. ScbuItheiB.
n
lEttkii Nacht erlegen, und so daß vieh nicht
^^g« ^wtBgüößci, $0 soll es der gnädigen Obrigkeit
feBÜkcn werden. 20. Eß soll sich keiner untcr-
aiAtehren Vieh daß gepfendet ist in seine ver-
sondem dem Scholtzen oder eim rathmann
jjß fort überantworten, bey Straffe i gutten
lera derselbe, dehme das Vieh gepfendtet und
syiateen getrieben würde, sich wolte entgegensetzen
rik mH Oewall wiedemehtn wolte, der soll 2 gutte
^rten. Item dem scholtzen sohl von gepfendcten
K Ffcnnig gegeben werden, wer sein vieh loß haben
setzen, damit der Schollz zufrieden ist auf doppell
■ Wer eines andern vieh so er gepfendel schlagt oder
jn Schaden davon bekomt, der soll den Sdiaden
^ nr Straffe 3 gutte Marg erlegen. Es soll auch
^^iendete Kühe melcken oder die Pferde reithen. bey
.^^ade einer gutten Marg, item wer eines andern vieh
, yiHKicl oder auf den wießen, der soll den Schaden durch
.^j^KJcMtzen laßen, wo er aber solches nicht thun wiell, soll
1. Pfandtgelde gnigen laßen als einen groschen vom
4» Besichtigung sohl dem Gerichten 1 2 gr. gegeben
I Jer den Schaden thut, von dem soll crs wieder fodem.
et durch den Scholtzen gcbothcn würde, die Schweine
^H wA wer es nicht thut und einen Nachbar Schaden thut
..«aJrt wird, soW von Einen Schweyne 5 gr. Pfandtgelt ge-
^^f^lipo. Gänße und Enten sollen die Freyheit haben, wenn
\^-M«Ar dem andern zu Sdiaden lest gehen, soll man sie
. ^-f« und dem sie gehören zu Haußc schicken. 24. Wer
\ficfate mit unhöfflichen Worten anfähret, oder liegen
^ solches mit 5 gr. büßen. Dreuet er ihn aber zu
lobl er gehorsam halten und 1D gr. ablegen und soll
{«uBgeUßen werden, er habe sich den mit seinen
^^fin^n. 25. Sohl Viertel und Biermeß rechtfertig
r wnblicgende Stadt Maß gemessen werden, damit
'^^-.^* »nitcht geschiehet, bey straffe der erkäntniß Scholtzen
,t„clM riniccn ■» der Sdivrifwn ein«) Ei«cndnM durch di« Nite ziehifi,
Vihkn kötinen. Vcrsnch rlno braniKh-nlrdcnidititdini WÖrterfatidu,
< Seltllln <"■<) Läbben, MitKlnicdcrdeuttdiet Wörterbuch III, 4>4.
Die Nxchbarachaften in den Posener Haulindereien.
DDd rathJeuthen. 26. Niemand sohl macht haben einen Gärtner
oder Haußmann bey sich einzunehmen oder auf sein Land zu
selzien, ohne vorbcwusl und Bewilligung der ganlzen Nachbar-
sduift, bey straffe einer Thonnen Bier. 27. Wo von Nöthen sein
*ünle, einen graben zur abweßerung dem dorff zum besten zu
verfertigen oder auch das Land zu bedänimen, sohl daßselbige
bey den Nachbahm nach Hubenzahl vergeben werden. Ich ver-
spreche Ihnen mit meinen angräntzenden dörffern dabey auch
hiiffe 2ü leisten, So sich aber Jemand darwiedersetzte, soll nach
Erkcntniß der SchoUzen und rathleuthen bestraffet werden.
M. Der Scholtz und seine Beysitzer sollen schuldig sein, alle
14 Tage auf den dinstag den Nachbahren recht zu sitzen auff
Klage und Antwort, die Parteiische Händel schlichten und ver-
tragen, die verwürgkten Straffen und solches unabläßig abfodem.
Jedoch daß eine Parte die ander den Tag zuvor zeitig laden
oder bestellen laßen sollen, dem Fremden aber sollen sie jederzeit
Nach gelegenheit oder nach erledigung der gebühr recht verhelffen,
vor die Zusammen kunfft aber sohl ein jeder der daß recht be-
gehret 12 Groschen ablegen davon dem Scholtzen 4 Groschen
gebühren. 29. Weil ich mir alß die hohe obrikeit das Pein-
liche Halßgerichle vorbehalten, Als soll der Scholtz gulte Achtung
haben, damit an straffe Nichts verschwiegen, sondern mir allezeit
angemeldet werde. Was aber andere Sachen anbelangt, laße icli
alles dem dorffe zum besten zu richten und gehöret dem
Scholtzen von jeder Blutt und Blauschlag 8 gr und dem Gerichten
ihren gehörl. Gebühr. 30. Wenn einer Vermeinet daß ihme von
Scholtzen und seinen Beysitzem im rechte zu viehl geschehe
und ist Willenß an die Gnädige Obrigkeit zu Apeliren, sohl ihnen
solches vergönnet und zugelaßen werden, wer es aber freventl.
Weiße thun solt, sohl Straffe geben 45 gr. 31. Dafern ein
Nachbar dem andern oder ja einem Fremden sein Landt ver-
kauffeie, soll solches Erstlich dem Scholtzen angemeldet werden,
und es nicht heimlicher weiße verkauffen. Damit nicht schulden
hinter sich laßen niechte, und sohl der Keuffer jederzeit der
Nachbarschafft eine Tonne Bier geben. 32. Wofern aber einer
außerhalb des dorfs ein Land kauffete, sohl dem Scholtzen
gebühren umbfrage zu halten unter den Nachbaren, bey der
k
Tonne Bier, ob Jemand ein Nachbar selbiges Land an sich
kauffen wolle, und davern einer wehre, sohl ihn solches vor
dem Fremden zugelaßen werden, der Nachbar so es mit seiner
Oräntze und hoffe am Nähsten hat, vorauß, jedoch sind die
Freindc die aller Nähsten; wer diß nicht thut, sohl der gnädigen
Obrigkeit 10 Marg und der Nachbarschafft eine Tonne Bier
Straffe geben. 33. Wann einer sein I^ndt also hat daß er auf
seinen Revier nicht kann in die rechte Straße kommen oder
fahren, sohl er macht haben bey seinen Nachbahr zu fahren bey
welchen er wiell, und wo sich die Straße am besten schicket,
ohne alle wiederrede, bey straffe und erkentniß der gantzen
gemeine. 34. Letzlichen wird einen jeden bey straffe i gutten
Marg verbothen, was bey gehaltener Kühr oder sonsten zusammen-
kunfft gehandelt und beschloßen wird, solches ganz verschwiegen
zu hallen und Niemanden offenbahren viel wöniger jemanden
dadurch ärgern.
4
2.
4
Nachbarschaflsordnung des Hoiländerdorfes SchiUno im Kreise
Thorn, Weslpreußen. 1562.
Thom, Ratsarchiv (E 1).
Or. Handschrift in klein Quart,
18 Blätter, mit Ausnahme von
Bl. 1 8 auf t>cidcn Seiten beschrie-
ben; anfallen einfache Bordierung,
zwei parallele Striche mit Tinte,
zvischen ihnen rote Wellenlinien.
Willköhr das ist Oüte, Ordnung Vnd Recht so
diese Gantze Nachbarschafft dcß dörffeß New Schlingen
sembtiichen Bewilliget vnnd beschloßen Einhelligiichen Vnd Ein-
trechtig zu halten Gott dem Allmächtigen zu Lob Preyß vnnd
Ehre, den Menschen vnnd Nachbahren aber zur Beßerung, Fried
vnd der Liebe Einigkeil, da zu verhelft der liebe Gott von Nun
biß in alle Ewigkeit. Amen.
Geschehen in Schiinnen Inß Jahr Unseres Herren 1562.
Zum ersten haben die Nachbarn Sembtlich vnd einhelligen
bewilliget, alle hohe Eeyertage Nebenst den Sontagen zu heiligen
4
Dit Nadilnnchaftrn in dm PnsMcr Hiulindcrcien. i{«
vnd zu feyren, Gort dem Herren zu Ehren, vnd soll keiner auff
solche Feyrlage Arbeiten oder arbeiten laßen, weder im Lande,
Noch in der Heyde, auch nicht dreschen laßen, Wer darüber
thutt. der soll in der Nachbahrschaft verfallen sein 2 Mark Straff
vnd dem Herren ! fl. ')
. . . auch bestimmet, Ein Sdiultz Nehenst Gerichts Personen
zu haben und zu setzen, welche des Dorffs Recht und Gerechtig-
keit sollen pflegen, auch allerley Händel und Ratthsgängen an
Frerabden so wol alß Nach bah msachen richten und mit glitten Recht
beUegen, außgenommen Criminalia vnd Halßgerichte. Welche ge-
boren auf das Schloß vnd vnsser Obrigkeit 7U richten vnd Schlichten,
Zum 3. soll keine Nachbarn (!J oder kein Fremder, der mit
einem Nachbarn Was zu Thunde hat, balt ans Schloß bringen.
Eher ers auß[ff?]en Dorffe vor Gerichte mit Recht versuchet halt
und seine Sache vorgebracht, auch sein Abscheidt abgewartet vnd
ein schriftliches Decret genommen. Der darüber wird, der ist 5 M.
verfallen und dem Herren I fl. vngers pflichtig abzugeben,
Zum 4. soll auch der Schultz Neben Seyn seim') recht,
welcfae6 Ihn von Gott und Rechtswegen zukompl, ntittheilcn
vnd geben, Ists aber ein Hochwichtige Sachen, daß der Schultz
mit den GericIUen nicht bcylcgen kann, so nimbi er die gantze
Nachbabrscliafft darein zu llülffe, vnd derselbe, der die Nachbahr-
schaft auff sein Recht hat fürderen laßcnj der ist denn Nachbahm
Schuldig 3 fl. Ein Nachbar aber giebt Nur 18 Gr.
S. Wenn Jcmandt vom Schultze geladen vnd angsagl wird,
eß Thues der Schultz selber, oder sein Bohle, vnd der ver-
sitzet daß Schultzcn Qebott, so ist er zum ersten 5 gr. Straffe,
wird er aber zum andern Mahl geladen vnd er versitzet es, so
ist er 10 gr. als Straffe fellig. Versitzet erß zum 3. Mahl, so
soll er geben ohne einige Gnade 3 fl. den Nachbarß v. den
dem Herren 1 fl. vngerß. Auch sol die Sache aEßden balde an
die Obtregkeit gewiesen werden.
1) Der polniichc Oulden lutte nur SOroschen, tplter gidch 5 Sllbcrerosclim ; der
«M^rtocbe Oialdai ist der Ooldguldcn, in der U'IDkür von Kotlbar <roB 1119, einer Ab-
Khftft von obigtr mit Hnigeii AMiidcningni (Rils-Arctiiv Ttiam D i) M " *)* Da-
katti batfmnt.
^ Wohl vciilcibl buh: d«i Nachbarn jcdctD wln.
6. Zum 6. wen der Schultz die gantze Nachbarschaft
zusamen verbotet vnd ein Nachbar alßden außbleibct, so ist er
auch Straff 5 gr., gibt er sie nicht mit gutte, so muß er
doppelt geben, gibt ers mit gulle, so Ist er der Helffte frey» so
wol auch - wenn er 1. Stunde über die Zeit auBbteibet, Hs
sey dann, wann der Schultz ansagen läßet, daß er vom Hause
were, auch in der Zeit nicht in der Zeil') zu hause kommen
könnte oder sonst mit des leibes Schwachheit beladen were, Oder
einen Todten im Hause hette, Oder auch sein Ehefraw todtkran
were, so ist er entschuldiget vnd der Straffe frey.
Zum 7. Haben Auch Die Nachbarn bewihget, das der
Schultz mit seinen Gerichts Personen alle Jahr auff [leere Stelle] •)
schuldig ist von allen Nachbahrllchen Sachen richtig Rechnung
zu thunde, auch von allen verlauffenen Händel vnd wichtige
Sachen, alß da sein kauffhendel der Länder, Erbschicht vnd
Theylung so geschehen, Vnd Zirßequiten, wen ein rechtes
Händel vorfeit der da gebühret au ff geschrieben werden. So sollen
Sie es in daß Nachbahren Buch oder Protokol waß sie haben,
verzeichcnen oder verschreiben laßen, daß sciireibegeldt vnd Ge-
bühr Muß geben der daß Recht suchet Ein Nachbahr 12 gr.
Ein frembder aber 24 gr. Wirdt auch einer sich an der Nachbahr
recht, wem sie recht gerichtet haben, nicht zufrieden seinn, vnd
daß er begehret an die Obrigckeit zu appelieren, So wird \Tid
ist denn dorffesrecht, 4 Markh zu geben, alß bekommet er ein
Schriftlich Decret an die Obrigckeit
8. Zum 8 haben die Nachbarn Auch scmtlichen bewilliget,
Nebcnst Gerichts Personen dem Schultzen zum Jahr Lohn zu
geben, weil daß Dorff klein ist. Von jeder Hube 3 fl. wovon
der Schultz [Lücke] *) fl. bekombt vnd die Gerichts Person jede
[Lücke]') n. Deßen sein sie Schuldig, dem dorff in Allem Besten
vorstehen, auch vor der Nachbar Beste willen zu reisen, wo es
von Nötthen ist Mußen Sie aber auß dem Dorff ferne überfeldt
^
■*
•) D« iwcite -in der Zrit" ist vcrechmllichit Wiederholung
*} Dit Willkür von Otibowe h«l itatl auf . . . nur auch, ohne die LDcIce ni bearhten,
■> Die hin dusgdu»ne Zahl i&t ausgerailt - i It. - In dcf WlUkAr vonOrsbow.
Jrtrt Cnibowice, Krci» Thom, cinrr AbKrhrill der Otdnung von Schillino, diUcrt irJ9
(Tbom. Raliarchiv. Kitalos II- ^t ^ ^ '>i- Nach die»cr sind die mchrfacfa verbUckcna
Anfuiesieilcn In der WltllcSr roa Schlllno hier crglart.
Die Nacfabarscbaften in den Poscner Hautänderrien.
oder zum Herren Seiner Gnaden reißen Vmb der Nachbarschaft
Ihre geschcffle halben, oder Kricgslcuten nachreisen vnd ziehen,
auch sey es umb waß Ursach halben es wolte wegen der Nach-
bahrschafft, so sollen sie auf solche Reise frey vnd billiche Zehrung
haben, auch sein sie Zehrunge vnd Reisen schuldig zu Rechen-
schafft zu bringen vnd von der Nachbarschafft solche Unkosten
vnd Zehrunge vneder abzufürdem.
Zum Neundten Weil auch die Nachbarn schuldig sein,
jahr)ährlich auff [leergelassen!!') Ihren Zinß dem Herren ein
Jeder von seinem Lande, so viel er hatt, auff rechter Zeit zu
schaffen vnd zu geben, wofür sich die Nachbarn in des Dorffes
Consens vndt Gerechtigkeit verschrieben vnd gelobet Alle vor
Einen vnd Eine vor Allen, auch darfur hafften vnd stehen, alß
sol ein jeder seinen besten fleiß anwenden, daß er seinen gebühr-
lichen Zinse auff rechter Zeit schaffe vnd gebe, damit der Herr
an der Zinse nicht verhindert, vnd daß Dorf mit der Qvit ver-
kürtzt werden. Wer aber hierrin Kachläßig und verhindert an des
Herren ZinO befunden wirdt, So sollen die Nachbers den Schultzen
Schuldig Hülffe zu thun vnd dem Jenigen so viel zu Nehmen»
vnd den Zinß davon zn machen. Were es dan Sache, daß die
Nachbahrschafl so viel Geldt auff interesse in kurtzer Zeit be-
kommen köndten, so sol der daß zugeben schuldig, waß darfür
muß geben werden, auch alle vnkosten darauff ergehen.
Zum to, soll auch ein Jeder Nachbar recht dänige grentzen
in seinem Lande halten undt machen, so weil sein Landt er-
strecket; da man zeunen kan vnd ricke^) grentz halten, soll man
es Ihun, da man aber nicht, da soll man gutte graben machen
and halten, die depede^) des Grabes soll sein anderthalbe steyll
vnd 3 Ellen die breilte, Nach gelegenheit aber so man auch
den graben so tieff haben magk. Darzu soll auch 1 Rick
welches bestehen kann auff die eine Bort l Schue von dem
') I>ic Villkfir ron Onbowr schrriM mit Iguoriening der Lücke fflr den Temln
mtut Ikran Zlni*: die Will Mir von Kostbir (Koilbor) 171» hjtl .iuff MAnlen', die auf
^^tftawr fnteide ron Dnlinievo von t754 (Tlionicr Ratsuchiv D 3> auf den NniiahnUc,
^^^B ^ Rldc = Oehegc, zuniichit von I^len , dann vorzu£S««iie Idxndiger Zuui,
^^" MidN (■kdcTdeutsch Rnke). Schiller u. LGbben, Mnd. Wit). 3, 1S3, Grimin, D. Wtb. S, MT.
r t Dqxde, pieilcrdcultch, Tide. WiHlrär von Orabowe hai .die titit «oll seyn
I mOtnhätb stich', Willkür von Kostbar .die dlqite [holIÄndisclw Tonn !1 «otl iHn
■ IV« Ehlc steil-.
graben stehen. Die Zaunngräntze aber soll sdn ein dichte ge-
flochtener Zaun, V. 2 Ellen hoch, die Ricke grentz soll sein von
drey guHen Ricken vnd auch 2 Ellen hoch, aber nicht kleine
Vogelstangen, alß denn soll sie vor ein Rechtdänigc grentzc be-
stahn; also soll auch die Hoffwehre grentzc 40 Ruhten lang und
2 Ellen hoch sein, vnd von gutten Struck*) dichte geflochten,
da niil daß kein Kälber, Schwein vnd gänß durchkrupen^
mögen oder können.
1 1. Zum 1 1. wan dan nun ein jeder seine richtige
grentzen gemacht vnd dar daß pferde oder andere Viehe über
springe, oder vberspringc die Bullen, vnd daß daßclbige Viehe,
es sey waß vor Viehe es wolle, In daß Hewgraß oder ander
gettreyde kommen, vnd gehen möchten, So mag derselbe, dem
der Schade wiederfähret, daß gerichte sichtlicher weise darauff
fürdem, VTid nach derselben ErkäntnuB soll er den Schade
büßen, auch denn gerichten 4 gr. besichlegeldt.
Zum 12. so auch eines Nachbahrn Viehe wie oben
meldet vberspringen oder durchbrechen würde, so sol er,
ers auff frischer Thatt bekombt, vnd noch viel schaden nicht
gethan, daßelbe pfänden vnd, wo es sein Nachbahr nicht siehet,
Ihm solches anmelden, vnd sol das Pfandtgeldt sein, von jede
Pferd 2 gr. jede K«e 2 gr. vom kalbe 1 gr. von jede Schwein
3 gr. von jeder Qanß vnd Endte 9 /^. Solches wird verstanden
vom gutten Hewgraß vnd körn.
Zum 13. wen eines Nachbahrn Viehe in des Andern
Land kombt vnd erß darin betrifft, so soll ers nicht zorniger
Weise oder vbemiuth werffen, schlagen^ mit knüppeln oder
briglen, auch nicht mit Hunden hetzen, daß es dadurch einen
Schaden bekomme oder Hinckende würde, So soll der Solches
thutt schuldig sein, den Schaden an seines Nachbahrn Viehe z
Zahlen vnd 3 Mark straffe in der Lade ohne Gnade.
t4. Zum 14, wenn einer seines Nachbarn Viehe in seinem
Lande betrifft, eß sey im Korn oder Hewgraße, So soll ers
bequemblich darauß jagen, oder jagen laßen, auff daz es nicht
mehr schaden thue, Er mag es woU in seines Nachbahrn Land
4
rs
■] Struck, tiledenl<-ui«ch, Stnudi.
<) diirchkrupni, niederdeutsch, diirctikriechen. So Wlllkär von Onbove.
wieder jagen, ins weyde Landt vnd den Schaden so sein Schaden
so des Nechsten Schaden gethan *) anzeigen. Auch mag ers
woll mit sich zu Hause nehmen, vnd behalten biß an den Abendt,
aber soll es seinem Nachbahrn baldt anzeigen; wird erß den
nicht vor Abend außlösen vnd sich mit ihm vertragen, vmb den
Schaden, so mag er daß Vichc mit der Sonnenvntergang zum
Schultzen treiben, Löset er dcnselbigen Abend! auß, so giebt er
von jede Haupt Viehe 5 gr. Pfandlgeldt, darvon nimbt nimb!
[sie!] der Schultz die helfte vnd der es zum Schultzen treibet
die andere t lelffte, Läßet erß die Nacht über beiiTi Schultzen, So
muß er standtgeldl vnd der ander Pfand tgetdt,-) auch muQ er
den Schaden zahlen so daß Viehe gethan, auch das bcsichtgeldt
von stundt an.
15. Zum 15. sol auch ein Jeder Nachbar sein Schuldig,
seine Schweine kelber genße vndt Endten auff seinem Eigenen
Lande im Dichten Högken zu hallen^ auff daß seinem Nachbarn
keinen Schaden dadurch geschieht oder zugefüget wirdt. Der-
halben ist bestimmet Vnd bewilliget, daß die Eine abgräntz
Nachbahr*) dem andern 40 Ruhten lang einen dichten Zaun zur
Hoffewehr zu lieffern und zu halten.
16. Zum 16. soll auch ein jeder seine schweyn bey Zeiten
ringen, den sie von Schultz vnd Gerichten sollen besehen werden,
vnd welchen denn nicht wird geringet sein, davon sol stracks
5 gr, von jede Schwein gegeben werden, den es Ihnen der
Schultz 8 tage oder 14 Tage anmelden thut.
17. Zum 17. mag audi Ein jeder Nachbar so viel Hengst
vnd Bullen*) auf seinem eigen land halten, wie viel er kann vnd
magk, wenn er sie helt auff sein Landt, vnd Zelnet, da er seinen
Nachbahrn keinen Schaden damit zufüget, daß sie durch ein
rechtdänige Grcntze nicht mit gewalt brechen, oder überspringen,
damit sie in seines Naclibam Viehe, Grase, oder getreide keinen
Schaden möchten thun, oder Schaffen würde; werde aber jemand
>) Die «JthUldi vrTKhTicb«ne Stelle butct In der Wllllcflr von Onbom .iot «eyde
Land and den Schaden sdcicm Nachbibr«), dem das Vieh eehörel, anieigen.*
•) .rad der mder Pfandlgeldt- fehlt In der Tlllknr von Oribowe und itl nbl nui
Schfdbvcncbai. In denen von Kottbar und DuIinLevo ist es ebmiaUs beridiUct
^ «der Nufabihren- In der Willkür von Orabowc.
«) OewAriebcn M deutlich .Bcollcn-.
solche Bullen oder Hengsten haben die dergleichen Schaden
[t]hätten, so sol derselbe allen Schaden zu büßen schuldig sein,
der dadurch kommen möchle. Nach ärkentuüß Schultz: u. Gerichte.
18. Zum 18. soll auch kein Nachbar recht haben
schnuppige oder rotzige Pferde zu hallen, auch keine frembde
Fleischer Ochsen in die weyde zu nehmen, auff dadurch dem
gantzen dorffe keinen Schaden mag zugefüget werden, Vnd in
Unglück gebracht, weil gemeinlich durch fremde Fleisclier Ochsen
Unglück und großen Schaden kompl, Wer nu wieder diesen
Anickel Ihut, der so! in der Nachbar Straff 10 M. pol. -|- Vnd
an die Obrigkeit') v. des Nachbarn schad wofern ein Unglück
kompt soll er auch alles büßen vnd zahlen.
19. Zum 19. Hat auch die Nachbarschaft bewilligt,
den Wasserganck und Vorfluth des Jahres 2 Mahl zu kreuden*)
und zu reuiger, zum 1. Mahl auff Pfingsten, zum 2, Mal vor
Micheli, wer nun daßelbevbcrtrit vnd Nachläßig funden wirdt, wenns
der Schultz angesaget hall, der ist zum 1 . Mahl t gr. Straff verfallen,
zum 2. Mahl 1 fl., Zum 3 Mahl 3 Marck von stunden an zu geben.
Zum zwantzigsten soll auch ein jeder seinen Nachbar
schuldig sein, gute vnd richtige Waßerlösung bey Zeit zu thunde,
damit seines Nachbarn Oraß oder Getreide nicht durch Ihn er-
säufft oder sonslen durch Frewel vnd Nachleßigkeit zu nicht
vndt Schade gebracht werde, wer sich nun in solchen schuldig
befinden laßet vnd dardurch in der Nächbarschafft angcklaget
wirdf der sol vor erst in der Nachbarschafft straffe sein, 20 gr.
Vnd a]ß der auffs gerichte weiter besehen, aber auff verbrechen
kosten, alß den sol es ihm binnen 8 Tage bei 4 M vnkostraff')
aufferleget werden zu machen. Halt ers den auff die Zeit noch
nicht gemacht, So ist er die 4 Marck straffe schuldig. Zum
3. Mahl wird es ihm binnen 3 Tagen aufferleget bey lO M
Straff, aber doch solches alles mit dem bescheide, waß die gerichten
darauß besehen, vnd verstehen, ob erß auch Machen kann, vo:
Bedrengnuß Vieles od. Hohes Waßers.
I
■) .der soll in der Nadtb>rBchili StriCfc geben lO Maxck pol, 1 [?] und den Hcrm
adne Stufte cpaite , .■ Willkfir von Orabo««.
') Kmidcn = kriuim im Sinne do Kntfrrnen» von angcichveinniten Pflinxai.
■) .auf Verbrechen Unkottcn AU denn wll es Uim bey ■ Tage bey 4 Marck Uakotka
II. Strafte« . . . Willkür von Orabov«.
Die Nachbarschaften in den Posenrr HaulSnderelen. 175
21. Zum 21. Soll kein Nachbar macht haben sein land
einem Frcmbden zu verkauffen oder zu vermitten Ehe erß auff-
richtig vnd mit emstem Muth vor der Nachbahrechaft außgcboten
hatt zu vergleichen und zu verkauffen, beliebts den keinen
Nachbarn zu kauffen, auch keiner innerhalb 14 Tage mit ihm
handelt, alßdann mag crs einem fremden verkauffen, aber doch
sol ers Einem verkauffen, der kein böse gerichte oder bösen
Nahmen hatt, vnd wan er einem ehrlichen Mann verkauffet
hatt, so sol ers ihm aufrichtig Nach gebrauch vor der
Nachbarschaft übertragen. Ohn betrug oder arglist, wie der
Handel geschehen ist Behebet es den einem Nachbarn daß I-and
zu haben, so stehet es ihm frey, zu Negesten die beyde abgrentze
Nachbar aber ist dem aller Neheste,') beliebet es keinem Nach-
hahrcn zu haben, so hclt es der cB gekaufet hatt, Sofern er ein
Ehrlicher Mann, vnd gutt beweiß hatt, So wird er vor einen
Nacbbahm angenohmen vnd gibt er Einen kleinen Einkauff
stracks i5 gr. vnd über 4 wochen eine Thonne Bier oder
dafi geldt darfür, gibt ers aber bald v. stracks die Thone
Bier, so darff er nicht die tS gr. geben; der Kauffmann
aber solcher ein Teutscher, welcher hollandisch weiß vnd gebrauch
hdt, wird ers aber einem Pohlen verkauften, der sol 10 fl. in
der Nachbarschafft Straff verfallen sein.
Zum 22. Soll auch keiner Macht haben sein land binnen
■) BcMCr In dtt Villküi von Qiabove, .sn stehet » ilim tcry, tunichsl Hein ilvr
iiad Ac abgraitx lUe brrdm abgrnil»ndc Nachbahm dir aUrr Ncch^lcn .--. rmschcnder
botiauBt dk TUlkOr von Koilbari ^^. .... bcliebm den dem Enten ibgrindig Nachb&hr
oder hl dem tclben lande wohnet, lo kanncn die es vor alLcn indem Nachsien, dCKh der Im
MlbCB lande wohnet. i*l dei atlet niclut, sd^cbel es den Beyden nicht, toUt der aufl der
Mdeni tdlc <kf N«diile, bdlebd es dem auch nichl, m> maK e« nrchMen von den Nadi*
hihna, «er da «ili, begArti den kein Nac^ibahr m hat>en oder ni nechtten. to bcUltt
dcB der Erüt Klflner, to ferne er ein EhrUchcr pirter Mann Ist von pjttm gerächt vnd
er nftlobct lich lemer alft ein Ehrlidter Nachbahr, In Nachbahrlichen Sadien vnd der
DorfbcbcB (crccfatlgkeit zn halten, lo wird er vor Einen Nachbahr in genuin cnen und muß
Cf ZBMi Einkaoff alSfaald IS Or. geben und ober 4 wuchen h:ine Tonne Hier, giebel er ■!»•
bdl dte Tonne Biet, so siebt er die ii Hr. nicht Cs sol aach der Uiiffer Clr dentscher
kIh, wctcfaer den HolUadcr Kcbrauch und i;crechti£kel( tu hallen weiß und Dicht
der den HolUDder g^raach nicht «ei», |t)cr SchluDsal.; dtr Wiilkrir van Sctüta^ni
fitfcll btcr bemerkcBS'MTler Weiie] Die Willkür von Dullnieva hat nanhiii^lirh vor dem
ScMlBartikei die Bestinmiing: 39. Zum Neun und Drrysixsten haben aiich die Kachbarn
lAallkh bevllligel, vmn einer ein Und sllbler kaufen wil. oder einwohnen wil, to sol
dcriadKe einen fcbriftlichen Vrweifl von dar ils von Einen Eib-Kbultzenaflit mit tidi
«ibere bfLnsB). damit man üevläheil helle von wegea «elici hcrboaimens oder Vcrballens,
Wai aber üich uibcUnccn thul die Nrchsinng von wegen di^ verkaurtra l^andi. ufern
Hn Nackbar von dem andern ein Land Lauft, so »oll keine andere Nechitung nirhl ^n
als der lai Lande wohnrl oder der abgrintz Nachbar oder der aat der andern Seite wohnet
oder loiifl kdncr mehr.
einem Jahr Wieder zu verkauffcn, ehe ers ein Jalir bewohneil
begräntzel vnd elwaß wor es von Nöiheii gethan halt begraben.
Es sey dann daß er 2 liöffe und Landen auff dem Dorffc habe.
So mag erß binnen Jahr verkauffen, doch daß erß nach gebrauch
vor der Nachbarschafft auJJbiefte. Verkauffet aber einer, der nicht
2 Länder halt, binnen Jahres, So ist der halbe Gewinst der
Nach bahrschafft, gewinnet er nicht, So soll er gleichwoU 4 M. in
der Nachbahren Lade zu geben schuldig sein, Vrsach halben, daß
er des Nachbahrn Gerechtigkeit nicht gehalten halt, verkauffet
erß aber einem untüchtigen Maann, da die Nachbahrß nicht mit
zufrieden sein, so soll er auch ohn alle Gnade die 10 fl, so in
der 21. Artikel verfaflet sein zu geben schuldig sein.
25. Zum 23. Woferne auch Einer sein Land Anders über-
trüge, als der Kauff ist geschehen, und Hinderlist darein gebraucht,
so soll der Kauffer mit sanipt dem Verkauffer so viel als sie
falsch haben vbcrlragen Nebenst 50 M. dazu straff verfallen sein, Ohn*
einigen Gnade, oder Abbitte, vnd deß Herren Straff außbehalten,
24. Zum 24. Soferne ein Nachbahr sein hof und Land
verkauffete und es ihm und seiner Trauen der Kauff geräwele,
so mag ei 24 stunden nach dem vbertrage kommen vnd siüi
beim Schultzen anmelden, daß ihm der Handel leid were, so
hatt er Macht sein Landt zu behalten, doch muß er alle Vnkosten
erstatten vnd seinen Kauff-Mann wiedergeben, auch den Nach-
bahrn ihre vollkommene Gebühr, waß in der 21. Artikel geordnet
ist; also auch woferne es dem Kauffer auch berawen were, so
ist er den eben so woll daß zu thunde schuldig, auch den
Rawkauff einander zu geben der darauff gesetzt. Wenßschon einem
gerawel, wen er vor der Nachbahrschaft stehet vnd die Nachbahrn
vnib derselben beim Schultzen zusammen sein. So sol er ja
so wol, wie oben vermeldet, zu geben schuldig sein, Wen er;
schon nicht laßet übertragen.
25. Zum 25. So soll auch kein Nachbahr die Macht
haben sein land daß hauß oder sonstcn etwaß vom Lande einem
Frembden vermiten oder verarrendiren, auch keinen bei sich
einzunehmen, Ohne der Nachbahrschaft wißen und willen. Thutt
aber Jemandt darwiedcr, Vnd nimbt einen Frembdcn zu sich,
oder setzet ihn auff sein Land, der kein ehrlich beweiß hatt un
^
Die NacfabarsduLften En den Posener Hauländerd^. 177
die NachbaJim durdi denselben zu Schaden, Vnglück oder vn-
gelcgenheit gerahten vnd kommen möchten, so soll derselbige,
der ihn zur sich eingenommen oder auffs Dorf! gezogen vnd
bracht halt, den Nachbahni 10 fl. ohne einige Gnade zu geben
schuldig sein, Auch dem Herrn 1 0 Markt [!] polnisch, vnd sollen
da^u denselben binnen 3 Tage vom Dorffe abschaffen, den Nach-
bahm Ohne einige Schade oder Müehe, Thutt er es nichts so ist
ihm weitere Straffe vor sein Muthwillen.
26. Zum 26. Wo ferne aber auch ein Nachbar wurde
einen einwohner bey sich ein Nehmen der klein kindcr halte, vnd
die Eltern da von abstürben daß die Kinder nachbleiben, so so!
derselbe Nachbahr für die Kinder stehen, vnd dieselbigen ver-
sorgen, damit die Nachbahrschaft gentzlich nicht wolle be-
schweret sein, wenn aber ein Nachbahr der kerne Kinder hette
und begehrte Eins zu Nehmen, daß stünde ihm von dem andern
Nachbahr ohne Schade.
27. Zum 27. Wenn Ein Einwohner wird bei der Nach-
barschaffl eingenommen und die Nachbarn mit ihm zufrieden
zu wohnen sein, So giebt er 1 5 gr. in der Nachbarschaft. Er ist
auch schuldig auff demselben Dorffe zu arbeiten, wen da zu
arbeitten ist, wen er sein kost vnd gebürliche Lohn bekombt,
gehet er aber auff andere Dörffer Ohne Vrsach zu arbeiten,
vnd er auff dem Dorffe Arbeit haben kan, so sol er auch sein
Wohnung und stuel weittersetzefn], vnd abzuziehen.
28. Zum 28. sol auch kein Nachbahr Noch weiniger ein
einwohner jemandes seine kinder weder knecht noch Magdt auch
keinen Taglöhner oder keinen arbeiter verführen und von seinem
Lohn Herren abspendig machen, daß er entlauFfet vnd wcgzeuchet
auß seinem Dienste vnd arbeit, ehe seine zugesagte Zeit da ist.
Noch Viel weniger solle sie Jemandt dazu verführen, daß er ihn
heimlich an Irgendt einer sache auß dem Hause oder sonsten
zu zubringen. Wodurch sie dan solche Bald zu bösen Thatt
Reitzen und Leiten können. Welcher Nun Solches thun würde,
der sol in der Nachbahrschaft alß 10 fl. zu geben schuldig sein
Vnd dem Herrn 20 fl., werc es ein Einwohner, der cß thcltc,
der sollte Noch darzu zu der Straff binnen 3 Tage daß Dorff
reumcn, vnd des Herren gebiette, were es aber ein Nachbahr,
Archiv tai Kiil(iuE«cbidilc. VI. 12
werden. 5. Wann der Scholtz mit seinen Rathleutcn zu gerächt
siUt, soll kein weib, es sey den daß sie vor ihre Person zu klagen
und ihr Mahn wo die einen hat nicht einheimmlsch wehre, für
gerücbte kommen, bey Straffe 5 gr. 6. Ist bewilligel worden de^^
Sdioltzen sein Lohn von der Hube 30 gr. und beyden rathleute|^|
15 gr. soll gegeben werden, alle Jalir wann die Kühr gehalten
wird, bey Straffe doppelt abzugeben. 7. So der Scholtz oder
Rathleute auser den Dorffe und wegen des Dorffs besten ver-
reißen wörde, sollen die Unkosten nach Hüben Zahl begeben
werden. S. Sollen Scholtz und RathleuEe auf das Dorff gulte
Achtung haben, so etwas an der schleiße wellung waßergängen
oder sonslen daß dem Dorffe schädl. sein würde, sollen sie dahin
trachten damit daß selbe gemacht und gebcßert werde, da aber
scholtz und rathleute hierinen Nachläßig befunden wurden, sollen
sie nach erkänntniß der ganzen gemein gestrafft werden. 9. Wo
Kauff oder Kauffe geschehen, es sey Qelreitig vieh oder Pferde,
wie es auch Nahmen haben mag, und ist gewißes Bier darüber
getrunken worden, der soll verfallen sein 1 Thonne Bier wer den
Kauff nicht helt 10. Zum zehenden, davor Gott behütte, durch
Gottes Wüten oder sonst durch böße Leuthe einen Jrgend ein
gebeyde abbrennen mächte, sohl man ihm mit einer christl. liey-
stcuer zu hilffe kommen, von der Hube 100 ^ 15 gr. auch
sonst röhr und holtz führen helffen. Item wer in solchen fahl
einheimisch wehre und nicht wolte retten oder löschen helffen,
der soll verfallen sein straffe zu geben 3 glitte Marg. Wer im
Brande fremde gefeße ergreifft, es sey an Hacken Äxten Eymem
oder wie es Nahmen haben mag, der soll es zum Scholtzen
bringen und nicht mitte nach hauße nehmen, damit es wieder dem
werde, dem es gehöret, bey straffe einer gutten Marck. 1 1 . Niemand
sohl den anderen für seine Thür lauffcn und ihn zomigl. Weiße
ausfordern bey straffe 3 gutten March, dafem aber einer den
andern würde Wege lagern in dem dorffe oder felde und solches
kann mit zweyen Zeygen bewießen werden, der soll ohne alle
gnade verfallen sein 4 gutte Marc. 12. Dafern ein man den
andern oder eine Frau die ander übel aushandelte und an ihren
Ehrlichen Namen beschimpfft wörde und kan solches mit 2 Per-
sonen bezeigt und dargelhan werden, sohl der oder dieselbe in
die Lade 2 gutte Marg straffe geben und ein gerichtliches Attestatum
dem beleidigten auslößen. 15. Eß soll einer den andern Auf
der Qebauthen hoffeStädte mit Mist so es die Noth erfordert
und Waßer zu reichen schuldig sein, bey straffe ein Marg.
I*. Wan einer dem Nachbar eine Hecke öffnet und nicht wieder
lumacht und schaden dadurch geschieht, soll derselbe straffe ver-
fallen sein t Marg, und so einer den andern ober seinen besäten
icker Hihret, sol er schuldig sein 1 Marg zu geben und vor den
xhaden stehen. 15. So auf Befehl des Scholtzen gebothen würde
die Trifficn zu bösem die gräntzen zu verfertigen die Wasser-
gänge und Graben zu reymen oder sonsten was dem dorff zum
boten gereichet, wer solches nicht verrichtet, soll verfallen sein
2 gutte Marg und bey 8 Tagen alles fertig haben bey doppelter
fliaffe. 16, Sohl ein nachbar dem andern seine gräntze mit
graben oder zäunen nach gelegenheit des Landes halten, wer daß
nicht Ihun würde und einen hierüber schaden geschieht, soll der-
selbe für den schaden gutt kommen und so offt er darüber an-
geklagcl wird dem Scholtzen verfallen sein to Groschen. 17. Eine
rechtfertige Gräntze soll heißen ein Graben einer halben ruthen
breit und 2 Ellen tieff, ein Zaun soll sein 2 Ellen hoch, alß das
ein halbjärigs Kalb nicht kann durchkommen, dafem aber einer
ein Pferdt oder rindt helle und vor dem Zaune nicht bleiben
wolte, so soll ers zwingen oder soll es abschaffen. 30 rutten
soll ein Jeder seine HoffStädle dichte zeunen, vor Schwein
Cenße und Enten. 18. Niemand soll d^ andern ohne Consens
und bewilligung sein angenomcnc Arbeiter Ehe er sie ablohnet
und nicht mehr gebrauchet abspendig machen und auf einige
arbeit nchmenj bey Straffe einer Marg, und dafeme sich einer
unterstehet seinen Nachbahr seinen Knächt oder Magd aus-
zumietten, der soll verfallen sein eine gutle Marg und gleich
well den dienstbolhen seinen Herren in den Dinst folgen lassen.
1 9. Da Jemand seinen Nachbaren vieh pfendet, der soll es trenckcn
laßen, damit es nicht verschmachte oder umbkomme, sonsten soll
er ihn den Schaden erstadten, und wann daß eingetriebene Vieh
inß recht gebracht wird und der Schollz es demselben ansagen
ließe, Er aber sein Vieh im Gerichte stehen ließe, so soll er die
Erste Nacht vom Stücke 5 gr. die ander Nacht lO gr. und also
vnd wollen die Nachbahrn daßelbe bezahlen, auch mit solchem
beschcidt daß er auch selbst keine Vrsach dazu gebe Oder in
seinem Hause zuvor V^rsach geben iiabe, auch so! derselbe, dem
ctwaß Ohne seine eigene Vrsach genommen oder behalten wird.
Sein beste Vor erst dabei Ihuen mit bitten oder mit loßkauffen,
erß mag wieder bekommen, bekommet erß wieder, So soll
waß er dar\'inb gegeben halt wiedergekehrct werden, Kan erft
nicht von kriegsleuten wiederbekommen, So soll es Ihm Nach
billicher Weyse bezahlet werden.
35. Zum 35. Wenn auch ein Absterben deß vieheß dure!
schickunck Gottes des Allmächtiger kommen, vnd einfallen
möchte, so sol deiselbige der daß vnglück hette, vnd sein Viehe
stürbe, daß todte Aaß nicht also liegen laßen, seinem Nachbahm
zum Vnglück zu bringen damit, sondern er sol es von stunden
an begraben oder in Weisel*) schleppen, leßet crs liegen, so ist
er in der Nachbahr straffe.
.^6. Zum 36. Wen auch Jemand vor gericht und recht-
licher Weise vorm Schultzenampt zu thunde halt vnd er einen
Lügen straffet Oder schlaget zorniger weyse auff den Tisch,
So ist jedemahl 5 g. so offt erß thutt, vnd daßelbige sirags ab-
leget, Ehe er vom Tisch gehet, auch soll er gantz und gar mit
kcinerley gewchr vorß Schultzen Gericht v. Tisclie tretten. Er
sey Nachbahr oder frcmbder Bürger oder Bawer. Wann auch
parten Türm Schultzen Ampt klagen vnd Wiederkläger hat>en, so
sol einer dem andern gehör geben, vnd keiner dem andern auß
haaß vnd Neidt zomiglich schlagen, so sol! derselbige straff
erlegen Ohne einige begnädigung dem Herren 1 fl. vng. vnd der
gemeine ein Thone Bier l fl. in die Lade abzugeben.
Zum 3 7. Wen auch Jemand vor gerichle Sachen zu
Thunde hat vnd Ihm vom Schultz vnd Gericht sein gebührendes
recht vnd Spruch mitttheilet wird, zu [!] ihm zukonibt,*) vnd er
den gehet vnd schmähet daß gerichte hinder Ihren Rücken, vnd
saget sie haben nicht recht gerichtet, oder sie haben Nach Gunst
gerichtctt, so sol derselbe, der daß thun würde, 4 fl. ohne
ß
M
>) afn die Weixcl schleppen*. WiUkÜr von Qribovt.
>) .to ihm cukomnil«. Willlcfir von Onbow«.
einige gnade zu geben schuldig sein vnd dem Herrn 1 fl.
vngcrsch.
38. Zum 38. Wen auch die Nachbarn Ein Thonnc Priey*)
oder Nachbahr Bier haben, vnd im Schultzen Hoffe außgetruncken
wirdt vnd daß jemandt einen Hader oder Zanck da bey anfanget
daß sie sich schmehen vnd böse Scheltwort geben, so soll der
es erst vrsache 3 fl. Straffe zu geben schuldig sein vnd der
andere 45 gr., weil er des Schultzen geholt nicht geachtet vnd
schweigen nicht wollen, schlagen sie sich aber, so sollen sie den
Bande wieder fühlen, ohne einige Begnadung ein jeder, Machen
sie CS den zu gar grob, so feilet auch des Herren Straffe.
39. Zum 39. Wenn Einem Nachbahrn Sein dienstbotte
oder Taglöhner ohn Vrsach auß dem Dienste vnd Arbeit weg-
gehen würde, so sol kein Nachbahr die Macht haben denselben
anzuhalten, oder den geringsten arbeit zue geben auff dem Dorffe,
welcher Nachbar daß thun würde, sol der 4 fl. in der Nach-
bahr l^de zu geben schuldig sein vnd dem Herrn I fl. vng.
Die Willkür von Kostbar, die in der Mitte einige Um-
stellungen der inhaltlich mit dem Schema von Neu-Schlingen
übereinstimmenden Artikel aufweist, unterscheidet sich dann durch
folgenden Schluß:
35. (= 38 Schlingen] ... den Bandt wieder füllen, der
zum Ehrsten mahl schlaget, sol eine gantze Tonne Bier geben,
der ander eine Halbe Tonne Bier, ohn Einige Begnadigung oder
abbiltung, Es sey auch wer es wolle, da soll keiner verschonet
werden. Es sey bürger oder bauwer, Taglöhner oder knecht,
Auch des Gnädigen Herren Straffe.
36. Zum sechs und dreyßigsten, haben die Nachbahren
auch bewilliget, wo Etwa im Kruge, oder auff Einer hochzeit,
kindt Tauffe, bey dem schultzen, wie auch an allen ohrten im
Dorffe, Ein hader vnd Zank würde, und jemandt dabey bluttig
geschlagen, oder tödliche wie auch untödlich verwundet, so soll
solches ohne vorwißen des Hochedlen Königlichen Schloßcs, bei
1) Pikr Ist dniUlch geschrirtim.
rinfiidi »Tttj- oder Nachbihrbicf
Die VlUUr von Ondtowe llett cbcBK) wk
Ihrer Großmacht! gen Gnaden Ernstlichen Straffe heimlicher weiße
nicht vertragen werden.
37. Zum sieben vnd dreyßigslen, soll ein jeglicher krüger
oder anderer oben gemelter wirth, auch ein jeglicher an scynen
orth schuldig sein, wenn Et\va, da Gott vor behütte, solches Unglück
im dorffe geschehen möchte, so soll der selbe, bey welchem die
selbe taht geschehen, den täter anzugreiffen und zu bewahren
schuldig seyn. Hatt Er aber nicht so viel hülffe bey sich, so
soll er daß die Nachlwrschafft oder dem schultzen ansagen, und
durch ihn den Thäter bewahren laßen, biß daß dießes dem Hoch-
edlen KöTiigi. Schloß Eilig angemeldet werde, auff daß der thäter
nicht Entweichen möchle, bey Emslticher hoher Straffe, Ihrer
Großmächtigen Gnaden.
38. Zum Acht und Dreyßigsten, soll sich auch der Schultz«
nicht Vhrsache machen, Jemanden vnter den Nachbahren zu
slraffen, vnd zu tribulieren, so Etwa Einer von den Nachbahren,
inn solchen oben gemelten Sachen Selbsten (sich nicht Ein stelle)
in Persohn, dehm Es nicht gelägen währe, zu Hülffe sich nicht
einstelle und einen andern voimächligen an seine städt schicken
thäte, so soll Er damit außgerädet und entschuldiget sein
auch bleyben.
39. Zum Näun und Dreyßigsten, so sichs auch hieben
möchte, daß etwa nach dem lode der Eltern Weyse Kinder nach
bleyben möchten, und keine nahe Freunde und verwantten nicht
hätten, so sollen den Selben die Nach bahrschafft auffrichtige und
vollmächtige Vormünder zu stellen schuldig sein, auff daß
diejenigen weyse kinder biß zu ihrer mündigen Jahreßzeil traulich
versorget werden, und waß ihnen von wäligen ihren säeligen
Eltern zu kompt und gehöret künftiger Zeit zu Händen bekommen
und keinen schaden daran haben mögen. ^M
Diese willkühr haben die Ehrbahren Schullzen vnd gerichte^^
imm Nahmen der Gantzen Nachbahrschafft Eygen Händig unter
schrieben biß auff ferner Confirmation seiner Großmechtigen
Gnaden vnd Herren Herren
[folgt dessen polnische Bestätigung
und Unterschrift] Jakob Hienresdnski.
die Lade 2 gutte Marg straffe geben und ein gerichtliches Attesfatum
itm beleidigten auslößen. 13. ES soll einer den andern Auf
iler Gebauthen hoffeStädte mit Mist so es die Noth erfordert
und Waßer zu reichen schuldig sein, bey straffe ein Marg.
U. Wan einer dem Nachbar eine Hecke öffnet und nicht wieder
nimacht und schaden dadurch geschieht, soll derselbe straffe ver-
felfcn sein t Marg, und so einer den andern über seinen besäten
icker fähret, sei er schuldig sein 1 Marg zu geben und vor den
schaden stehen. 15. So auf Befehl des Scholtzen gebothen würde
die Trifflen zu bösern die gräntzen zu verfertigen die Wasser-
ginge und Graben zu reymen oder sonsten was dem dorff zum
besten gereichet, wer solches nicht verrichtet, soll verfallen sein
3 gurte Marg und bey 8 Tagen alles fertig haben bey doppelter
*iffe. 16. Sohl ein nachbar dem andern seine gränize mit
graben oder zäunen nach gelegcnheil des Landes halten, wer daß
«kht thun würde und einen hierüber schaden geschieht, soll der-
selbe für den schaden guU kommen und so offt er darüber an-
pMaget wird dem Scholtzen verfallen sein 10 Oroschen. 17. Eine
fwhtfertige Oräntze soll heißen ein Graben einer halben ruthen
Iffeil und 2 Ellen tieff, ein Zaun soll sein 2 Ellen hoch, alß das
«n halbjärigs Kalb nicht kann durchkommen, dafem aber einer
01 Pferdt oder rindt hetle und vor dem Zaune nicht bleiben
*olte, so soll ers zwingen oder soll es abschaffen. 30 nitten
soll ein Jeder seine HoffStädte dichte zeunen, vor Schwein
Oenßc und Enten. 18. Niemand soll d«i andern ohne Consens
""d bewilligung sein angenomene Arbeiter Ehe er sie ablehnet
"■d nicht mehr gebrauchet abspendig machen und auf einige
'^t nehmen, bey Straffe einer Marg, und dafeme sich einer
"^"terstehet seinen Nachbahr seinen Knächt oder Magd aus-
^nitetten, der soll verfallen sein eine gutte Marg und gleich
Ml den dienstbothen seinen Herren in den Dtnst folgen lassen.
'"■ Da Jemand seinen Nachbaren vieh pfendct, der soll es trencken
*^«i, damit es nicht verschmachte oder unibkomme, sonsten soll
^ »hn den Scliaden erstadlen, und wann daß eingetriebene Vieh
'"^ recht gebracht wird und der Scholtz es demselben ansagen
"*ß«, Er aber sein Vieh im Gerichte stehen ließe, so soll er die
frst^ Nacht vom Stücke 5 gr. die ander Nacht 1 0 gr. und also
L
Zum vierdten, wenn gebothen wird einen graben zu graben,
auff einen bestimmten tag fertig zu sein, wer aber das seine
nicht gegraben hat, vonn einer Ruthe vier pfennig vnd gleichwol^
hernachmats fertig zu inachen. fl
Zum fünfften, welcher Mist ausffiret, ehe das er ausgegeben H
wird, die pus fünffzchn Schilling.
Zum sechsten, welcher pflüget oder Mist streuet vber die
mas, vonn der ruthe vier pfennig.
Zum siebenten, wo einer würde erfunden, der einem andern j
einen Zaun durchgehauen oder gebrochen hat vnnd er darüber
bezichtiget wurde, die bus zehen Schilling vnnd sol denn Zaun
über das wider machen.
Zum achten, wenn ein feld verbothen wird vnd einer vber
das pferde hineinbringt, die bus funff schiUing.
Zum neunten, wenn ein pferd das über drey Jahr sdiU
oder beist oder schedlich ist und verbothen wird in die Joch«
zu treibenn vnnd wo es vber das in der Joche befunden wörde,
funff Schilling bus so offt das geschieht. J
Zum Zenten, wo jemands befunden wurde, der einem andern"
zu schaden fert es sey in getreide oder wiesen, die bus acht-
halbenn Schilling.
Zum elften, wenn der gemeine bulle oder Biehr auff den
abent Jemand in sein Hoff gienge und wurde widenimb aus-
geholt [?] vnd solches gesehen würde, des bus fünft Schilling.
Zum zwelfflen, ein jeder soll seine Schweine zu mittag vnd
ander Zeit einthun, das sie nicht jemand zu schaden gehen, wo
sie aber auff dem anger gefunden werden, die bus vom schwein
vier Pfenninge.
Zum dreyzehnden, es so! auch ein jeder sein Aas es sei
klein oder gros nicht auff dem anger liegen lassen, sonndemn
sol es vor das dorff aus dem wege bringen, bei der bus
funffzehen Schilling.
Zum vierzehnden, wenn jemand die Joch huet und bringe
die pferd nicht heim zu rechter Zeit vnnd geschehe darüber
jemand weiter schade, der soll den schaden auffrichtcn, nach
erkentnus.
Zum funffzenden, wenn die gemeine bei einander istj es
Die Nadibftrsduften in d«n Posener Hauländereien. igs
sei zum scholzen oder anderswo vnd sunderlich wa sie Rügen,
vnnd wurde alßo einer befunden, der einen andern mit schelt-
worten verunglimpfft oder aus frevel liegenn hies, der bus acht-
halben Schilling so offt das geschieht.
Zum sechszehnden, wen die gemeine gehet zu besichtigen
brücken Hirtenheußer Zeunn vnnd so einer aus der gemeine
befunden würde, der nicht mitgienge, der bus zwey Schilling so
offt das geschihl. Dergleichen auch wen die gemeine an bnickcn
steigenn vnd wegen oder an andern nottürftigcn dingen des
dorffs belangende arbeilen vnd bessern vnd Jemand befunden
würde der aussenbleibe vnd nicht hülffe, fünff Schilling so
offtmals es geschielit
Zum siebenzehnlen, wes viehe es seie Schwein pferd gense
oder kühe gesehen oder befunden wird das es zu schaden gehe,
vom haupt vier pfennige so offt als geruget wird, und welcher
on notiich \Tsach nicht zur Rüge kompl sondern bleibe darvon,
so offt als geschieht ein Schilling.
Zum achtzehnden, welcher nicht zum scholtz gehet^ wenn
er bloß one redlich vrsach, die bus achthalben Schilling.
Zum neunzenden, wenns sich begebe das man einen dieb
oder sonst einen vbeltctcr sol suchen vnnd nachrennen, so sollen
diejhcnigen so ausgesandt worden zu suchen, eine tagreis nach-
völgcn vnd so es geschieht das etliche auff die spor kommen
vnd einen tag zween oder drey weiter nachvolgen, sol in die
Zerunge widerumb von der dorffschaft auffgericht werden.
Zum zwanzigsten, welcher mit einer gewesen [Lücke oder
verschrieben?) den tag ausbieibe, wenn man gras oder geü-eidc
haut, ein halb mark bus, vnd so jemand zu langsam komme, so
viel Schwaden er versäumt hat, von einem jeden Schwaden ein
Schilling, vnd wenn Jemand zu langsam kome, wen man heu
wende, vom Schwaden vier pfennig, vnnd so Jemand aussenbleibe,
wenn man getreide binde oder heu zusammen bringe, zehcn Schillinge.
Zum letzten, wenn die vorleiiihe bestimmen einen gewissen
tag, daran ein jeglicher das hirtenlon soll aufliegen, vnd welcher
sein hirtenlon auf bestimmten tage nicht aufflege, der bus ffinff
Schillinge so oft das geschieht. Auch so der schütze' die vor-
leuLhc oder sonst Jemand vmbschickt auszupfenden vrmd die
wciber diescibtgcn vbel abfangen, sollen sie der Herrschaft
dreißig elen Leiniuoch geben.
Derweil dann solche Wilkür des obgemeldlen dorffs Marienfeld
der Billikcit nit zuvorgcgcn, sondern gemeiner Dorffschafft zu
frommen und besten auffgericht auch vor [!] alters hero also gehallen
worden, so haben wir Inen solche Ire zimbliche Bitte auch nicht
abschlagen wollen, beuilligen und beliben auch bestetigen demnach
hiemit vnnd in crafft das [!] unseres Brieffs obgemelten unsern
vnderthanen den einwonem des dorffs Marienfeld solche Ire
willkör in allen punkten vnd artikuln, wie die hiemit verlihen
verfaßt sein; doch sol die verfalene bus von allen oben ge-
schriebenen punkten mit wissen und willen der herrscliaffl zu
des dorffs nutz und besten angeleggt vnd gewendet werden. Zu
Urkund mit unserm anhangenden Insigel besigelt vnd geben zu
Köntgsbei^. ^
Gleiches falls in aller gestalt form und massen wie oben
begriffen hat die dorffschafl Grunhain, auch im Holländischen,
gelegen, besletigung angezeigter willkür verlanget.
4.
Ordnung der Flemings-Societät zu Bitterfeld. 1587.
Stadtarchiv Bittcrfeld.
Gesetzbuch der Flemings - Societät.
Von Hermann Berthold, Burger-
meisler zu ßilterfeld u. Vorsitzender
der Flcmings-Sodclät. 17 76.
Nach Borchgrave: Hislon
des colonies beiges qui s'^-
blircnt en AUcmagnc pendant
Ic Xll'fmf sifrrlc. Memoires
couronncs de VAcadimie de
Belgique. 4". Tome 52. 186S|j
p. 362. Doc. XXII. i||
Was die Flemiger unter sich zu richten n. wie sie sich vor-
halten sollen; ist vormals nach Ausweisung der Registraturen auch
also verhalten wordenj 1587.
1. Anfaenglich haben sie unter sich zu richten gcmeintf
Schelteswort, wenn einer dem andern zu nahe hauet pflüget und
ungehorsam blich were, Er erfordert, aussen bleibet vnd dem
Andern das Seine wcgffihret.
2. So soll auch in diesen und andern Dingen keiner ou
TOrwJsscn vor anderer Obrigkeit lauffen bey poen zwanzig Groschen,
das findet man ein Exempel anno 1549 bei Zeiten Moritz Poydas
lind Thomas Zanders gewesenen Plemigsherren.
3. Es soll keiner in der Gemeine sein Holz verkauffen, er
sei dann ein Flcmiger, In Betracht dass der sein Hoiz ausführet,
Frembder, darumb in andere Gerichte zu belangen oder zu
cljgen sich beschwerlich fürfallen wolle, bey poen 3 groschen.
4. So auch einer sein Privat Stück will lassen abhauen, soll
er seine beide Nachbahrn darzu fordern vnd aEies richtig ab-
schalmen oder abzeichnen bey nechst gesester poen.
5. So auch einer dem andern wurde abpflügen, soll er
entlich bey dem Flemigs Herrn geclagt werden; so er aber
vor Ihnen nit mit koendle Vertrags werden, niocgen sie alsdann
vor anderer Obrigkeit klagen bey Straff JO Groschen.
6. So ein neuer Fleniiger einkoembt, der soll sich bey den
Rcmigs Herren angeben und umb die Gebühr in der Matricul
oder Register der Pleniiger sich einschreiben lassen bey poen
20 Groschen.
7. Wenn die Flemiger beisammen und wird Jemand ohne
gentigsahme Ihnen darzu gegebene Urrsache Hadern und Zwic-
tncbt anrichten oder mit Schmehworten umb sich werfen, der
soll ein Viertel Bier zur Straff verfallen seyn.
8. Die Loss-Wiesen sollen alle Jahr denen Inhaberen aufs
Miie wieder zugesaget werden, oder wer das verwehrt, soll seiner
^Wean verlustigt werden.
9. Die Grenzen soll ufs Laengstc alle drey Jahr uff das
nnie wieder besichtiget werden, und wer darzu bescheiden und
wsscnbleibt bey poen 20 groschen.
5.
Vereinigung der Nachbarschaft zu Rüdesheim
in der Kellergasse. 1607.
uAus einer allen Handschrift" in;
Joh, Peter Schimk, BeytrSge zur
Mainzer Geschichte IH, 243—246.
Im Jahre 1607 haben sich die Nachbarn in der neuen
KeHcrgasse, so zu dem Kcllcrbom gehören, vereinigt, ihren nach-
barlichen Bombrief zu erneuern, und wie sich auch ein jeder
Nachbar gegen jeden Nachbarn verhalten und der Nachbarschaft
zu Lieb und zu Leyd seyn soll, was Nachbarn zuständig ist, wie folgt:
Zum Ersten, soll ein jeder Nachbar dem andern mit Ehr-
erbietung begegnen, es seye zu Wasser oder zu Land, in Schwach-
heiten, wie es sich nachbarlicher Weiß zutragt, einander bey-^|
springen, dazu auch keinem etwas Uibels nachreden. ^
Zum Andern, wo es Sache würde, daß ein Altes stürbe,
oder sich eine Ilauptleiche in der Nachbarschaft ergebe, so soll
ein jeder Nachbar gebührlicher Weise sich dazu machen und
dieselbe helffen zur Erde bestatten, auch keine Entschuldigung
suchen, es seye dann Leibsschwachheit oder unseres gnädigsten
Herrn Dienste halber, bey Straffe eines halben viertel Weines.*)
Zum Dritten, haben sich die Nachbarn vereinigt, wenn ein
Kind eines Nachbarn in Schwachheit verschieden wäre, so soll
sich ein jeder Nachbar geschickt machen, dasselbe zur Erden
helfen zu bestatten, ohne einige Entschuldigung, bey Straffe eineya
Maaß Wein der Nachbarschaft. ^B
Zum Vierten, ist es auch in jeder Nachbarschaft das alle
Herkommen und Gebrauch, daß man die Born zu fegen pfleget,
auch zween Mann aus der Nadibarschaft alle Jahr erwählet und
zu Bornmeister machet Dieselben sollen darauf sehen, wo
etwan Schaden oder Irthums seye oder geschehen würde, das-
selbige alsobald anzeigen und handhaben, und wo das nicht
geschehen wördCj so sollen diese Bornmeister, wann es also befunden
wird, der Nachbarschaft ein halb Viertel Wein zur Straffe geben.
Zum Fünften, ist es auch ein altes Herkommen und
Gebrauch, in jeder Nachbarschaft die Born zu fegen, welches
auch unter uns geschehen soll. Aber zuvor sollen die Bronnen-
meister sich besprechen und es der ganzen Nachbarschaft abends
anzeigen, damit ein jeder Nachbar des andern morgens friihe um
7 Uhr sich bey dem Born einfinden lasse, und den Irthum
oder Anschlag anhöre, und also nachbarlich sich erzeige. Wo
nicht also, und einer unter den Nachbarn nicht Gehorsam leisten
würde, und dächte vielleicht, es habe keine Noth, und will seinem^
: 2 VlMÜ.
Nutten anderswo nachgehen, so soll derselbe Nachbar der ganzen
Nachbarschaft in die Straffe eines halben Viertels Wein verfallen seyn.
Zum Sechsten, auch soll ein jeder Nachbar persöhnlich zu-
g^n seyn, und nicht durch sein Oesind und Weib ausrichten
lassen, es seye dann ein Leibsnoth oder sonst tüchtige Ursache
nicht zu erscheinen. Wo alwr nicht, so soll derselbe der Nach-
barschaft mit drey Maaß Wein zur Straffe verfallen seyn.
Zum Siebenten, ein jeder Nachbar, ehe und bevor er ver-
rosd, soll sich selbst bey den Nachbarn anzeigen und ansagen
seine Nolh und Ursach, und dann mit Erlaubniß der Nachbarn
verreisen, unter Straff eines halben Viertels Wein.
Zum Letzten, ist es auch ein altes Herkommen und Gebrauch,
daß die gantze Nachbarschaft einem Nachbarn sein Kreuz helfe
beklagen, es wäre denn in Hauplschwachheiten oder sonst mit
Kindersterben, und trinken eine Maaß Wein mit denselben zu
Trost, auch bis daß die Nachbarn zusammengehen im Bomfegen
ip eines Nachbarn Haus, und sich nachbarlicher Weise fröhlich
machen.
So weiß auch ein Jeder, daß dieß das Gebot der Nach-
tuisiiaft isl, wo sich ein Nachbar unter den Nachbarn unnütz
machen würde, und einen Zank oder Streit anfinge, so soll dcr-
sdbige Nachbar in Straff der gantzen Nachbarschaft verfallen
sejn, und alles bezahlen, was dann die ganze Nachbarschaft
denselben Tag verzehren wird. Wo nicht also, so soU er es mit
Recht bey dem Herrn Schullheisen ausmachen, und dannoch den
Nachbarn in Straf verfallen bleiben.
6.
Ordnung der Nachbarschaft in der oberen Wiesengasse in
Hennannstadt in Siebenbürgen. 1563.
Nach Ouslav Seivert, Die
Stadt Henimniistadt. 1859.
S. 51 Ann).
Ordnungk der Ehrligen Nachbarsch äfft auf der oberster
Wisen die von unsem Altuettern gehalten seini worden u. durch
ven*'iliigung der E. N. so) von uns auch solchs gehalten werden,
*^cr solches wbcrtretten wird!, soll gestrafft werden wie volget.
1. Wehn einer nicht czwr leichen koniptt, vcrfell 4 *•
2. Wehn einer nicht czum Schradt kompt, verfeit ^ 2.
3. Wer den Romp, das Virthell oder Schrodtseil wber nacht
daheim behelt. verfeit 4 2.
4. So einem die bach czu fegen gebotten wirdt vnd kimpU
nicht, verfeit ^ 4.
5. So einer den andern im czom liegen strofft, verfett ,
ohn alle gnad ^ 10. flM
6. So zw einem Nachbar die Kepp brentt, verfelt ohn
alle gnad fl. 1.
7. So einer das gantze Jahr wber nicht einmal bei die
Nachbar geht, so! ein Nachbarschafft schwldig sein. mM
8. So bei einem Nachbar Kersels') auff der gassen funden
wird, verfelt ohn alle gnad ^ 10.
9. So einer mit dem andren hadert oder czankt, der soll
werden geslroffet nach erkenntnis der Nachbarschafft.
10. Wen der Nachbarhan frid gebeidt, so offt einer das
wbertritt onnd nicht friden helt, so offt das geschieht, soll ver-
fallen sein 4 2- 4|l
lt. Wo es sach wehre das die Nachbarscliaft an dnem
wehre czu hallen vnd lest die fürwber gchn ohn wissen vnd
willen der Ehrligen Nachbarschafft, der verfelt ohn alle gnad ^ 10.
12. So der Nachbarhan atißschtckt das Kachbarezeichen
vnnd dasselbicii bei ienianden ferdret wirdt, vnd nicht also an-
gesagt wirdt wie der Nachbarhan befholen halt, der verfelt ^ 10.
13. Bei welchem das Nachbarczeichen wbemacht verhalten
windtp der verfehlt ohn alle gnadt ^ 10. ^4
14. Welcher Nachbar das geldt, welches die Nachbarschaffl^
das gantzc Jahr wber gesamlet haben, am Eschlag') wil hilffen
vertrincken, der sal, also offt er einen timganck daheim bliben
ist, erlegen, was ein achtel wein gelten wirdt
15. Wo das einer mit der Faust in einem czom auf den
Tisch schlegtt, verfelt -^10. !
16. Welcher wber einen schlechten heiter spilt oder wedten
wird, verfelt h| 10.
17. Welcher Nachbar die Nachtshwdt beriren wird, der so!
sidi vor 9 auff der gassen finden lassen, wo ehr aber verseimlich
wehr vnd sich nach der czeit finden lest, sol gestrafft werden
omb 4 10.
18. Darzu sollen sie auch von der hwdt In keinem haws
Ihrtten halten, welcher das thwt vnd wbcrthritt, der vcrfell /^ 10.
19. Welcher Nachbar die hwdt nicht fort sagt ondt seinent
halben bleibt anstehen, also oft das geschieht, verfeit derselbige ^ 1 0.
20. So einem Nachbar ein stroff auffgelagt wirdt, der sali
sie auff das nechst, so er bei der Nachbarschaf fl kimpt, erlegen
wnd richten, wo er sich aber widersetczt, sollen die H. Nachbarn
srine 2 ^ in wider geben vnd heym schicken. So aber einen
Nichbar belanget, der nicht bei die Nachbar gehen will und
seine Sachen richten, den selbigen sal die Nachbargerechtigkeil
abgeschlagen werden, so lang biß er seine Sachen wider richtet.
21. So einer ein Haus in der Ehr. Nachbarschaft kaufft,
oder durch einen Wechsel bekomen wirdl, demselben Sol es von
der Ehrliger Nachbarschafft das hauß eingeseliget werden.
22. So ein Nachbar mitl einem Ampt begäbet wirdt, vnd
vendicrtt, sol gleichesfals von der Nachbarschafft eingeseliget werden.
23. Wo es sach wehr das einer alhie in der Nachbar-
scliafft eine Behawsung wberkwem cinsweder durch kauff Sterbfall
oder Wechsel, derselbige sol geben, der weil er an der Nadibar-
schaffi kleinodt theil haben will, ^ 16.
24. So. irchen Stadtreiter oder Trabant in der Eh. Nachbar-
scbfft wonhafftig ist, so sol er für die Hwtten der Nachbarschafft,
das er diescEbigen nicht thuen mecht, der sol der Nachbarschafft
«ftegen ^ 60. So er aber am Eschtag mit seinen Nachbarn
das gelt will hilffen verczeren, so soll er der ehrligen Nachbar-
sctufft erlegen fl. i.
25. Mit ver\nlligung der ehrligen Nachbarschafft soltt
keiMr fray sein wber den andern einen wein czeigcr czw machen,
ehe den 8 tagen, bin in das 4. Hawß, wber die gaß aber soll es
fray sein, welcher das wbertretten wird, ferfeltohn allegenad ^ 25.
jm
Tschausch Hedajets Aufenthalt in Wien
(1565).
Von ALFRED SITTE.
4
Die regsten diplomatischen Beziehungen mit auswärtigen
jMächten hal Österreich im 16. Jahrhundert mit der ottomanischen
Pforte gehabt.
Dem System ständiger Gesandtschaften, das sich gerade am
türkischen Hofe baäd nach Eroberung Konstantinopels (1453)
ausgebildet hat, schloß sich Österreich um die Mitte des 16. Jahr-
hunderts an. Die Generaibcnennung für diese Gesandten ist
»Orator* gewesen. Der Sultan gewährte zwar den Gesandten
aller Staaten Zugang, er selbst schickte aber nur in dringenden
Fällen Bolen ab, deren technische Bezeichnung Tschiaus, Tschau;^—
Tschausch war.') ^|
Im Okzident werden diese Boten der Pforte schlechtweg
«türkische Bottschaften" genannt, das Gesandtschaflswesen ist eben
noch in der Entwicklung, das Wort Botschafter hal noch kcine_
feste Bedeutung gehabt.
Über eine dieser türkischer Botschaften, welche wie alle"
sonstigen von der Hofkammer quartier- und kostfrei gehalten
wurden,') haben sich einige Rechnungen erhallen, die kultur-
geschichtlich wert sind, veröffentlicht zu werden. Um die
■) Vel. 0- Kniaskt, Die Entwickriunc der slSndigoi Diplomatie in StJUitt> und
■odxIwiBcnschthliehe Fonchiinem, hrsg. van Ouit» Schnmlter, V. M. {Lelpzis ms),
S. IBS, lernet Qennoala», De ]ce«Ii prindpum, cd. Rotnae lfi2T. S. iJO .chlau»i', Wlrqiie-
fOTl, •Chiaux* 0««.
«) S. aber eine uildie vom Jihre 1SI7 Im .MonatibUtt des Altcrtumtverdns zu
Wien-, t90T, S. M, eine vi>ui Jahre lb4l in dem Ueiirlubaten für den polit. Bez. BnKk aJL.,
IV/W vom 7. Sept. i«i.
Wiederholungen einzelner Gegenstände, die täglich eingekauft
wurden, zu vermeiden, sollen diese Rechnungen nur auszugsweise
«iedeiiKegeben werden, jedoch so, daß alle Waren und Sachen
einmal erscheinen.
Der unter Ferdinand 1. mit dem Sultan geschlossene Friede
wir dem Ende zugegangen, zu dessen Erneuerung nun Ende 1564
drei Gesandte nach Konstantinopel abgefertigt wurden: Michael
Oeraowicz, Georg Albani und Achaz Csabi.
90 000 Dukaten in Oold - .^die doppelte türkische Ver-
ehmng" - nahmen sie mit und erlegten sie als Ehrengeschenk,
60000 # dem Sultan und 3O00O den Wesiren.
Da auf die rriedensbedingiingen des Sultans weder der
Botschafter (Orator) noch die Gesandten (Albani starb im Januar
daselbst) eingehen konnten, kehrte Czernowicz zurück - gleich-
zeitig mit dem ihm beigegebenen Tscliausch Hedajet.') Anfangs
des Monats April 1565 kamen we in Wien an.-)
Auf die Nachrichlj daß von den Törken l'ankotta ein-
goiommen war, wurde Czernowicz abermals nach Konstan-
tinopel gesandt, Hedajettschausch aber bis zu seiner Rückkunft
als Geisel zu Wien behalten. Czernowicz traf am 28. Juni in
Konstantinopel ein.
Der Tschausch wurde inzwischen bei dem Gastgeber Blasy
Pugkh einquartiert.") Von »Freytag den 4 tag May" und 5. Mai
sind Rechnungen vorhanden,*) was für diese Botschaft ver-
uiSgabt wurde. Am 4. /rist die Türkisch Potschafft Sambt
derselben liofgesindt baide mall zu Wien gespeißt" worden.
Darunter die Posten: »vmb 50 Jung Dauben i per ii ^, vmb
ain achtl saurn milich Ram 22 Kr., 455 Ayr 7 per 1 Kr., vmb
Zell Khraut") 3 Kr.". Unter den Ausgaben am 5. erscheinen
för 4 ,Hackpreter- 9 Kr.
*} J. V. Hanmer, OMCbichte des ocmanischcn Reich». U. Aull. Pnth 1S14. 11, id;.
») Hiits-, Hol- und Staats -Archiv^ Wien, Tiitdea, rase, lä, Toitv. !>, Joannci
('rtie*» dm Kaiser, Komoni, 30. Okt. 1»S- .Zu Eincan; dci Monab April tS65 loini
fc'ta Hcrtnte iiM ludi Conslaittinopcl abgeordnete Mieiucl ZemowJi (vdcha' umM
■"^Zvejrcn scfncn nltcKuidtcn dan Tarst;i!ich«i Khay««r ütH atustendige EerKelll
■MB phai) vieder mit clnetn torkitcheri Oeiaiidlcn immcn« Hidait Aga ta Wl«n an.'
*} K. B. k-Ocneinunies rinanzarchiv (M(>tkaninieiarchfv}, Hau-. ISITI (1T3): l*ng\iti
k**t dit a,6. Camer um 1J« n, ««lehr er für die .nrpl allhie KC«T*lcn TnrsKiKbe Boti-
"rit* fftr /rhrtifiE verausgabte.
•) Doftsclbit. - AU. 1.
*) Saucrkiint.
Arckhr für KulturgcKblchle. VI. 13
f
Am 7, August reist Czemowicz wieder von Konstan-
tinopel ab, nachdem ihm des Friedens halber ein Schreiben des
Sultans eingehändigt wurde, worin zugleich die Freilassung des
Hedajettschausch begehrt ward. (Czernowicz' Ankunft in Wien
erfolgte am 22. August).
Die Verhandlungen wegen Ausfo]g:ung dieses Tschausches
dauern noch bis November; man war froh, Ihn zu haben, da
Achaz Csabi, der Österreichische Gesandte, in Konstantinopel
zurückbehalten wurde.
Erst am 13. November ist dieser Tschausch auf der Rück-
reise nach Konstantinopel an der türkischen Grenze in Komorn
eingetroffen. ^)
Die nun folgenden Au^benlisten sind im k. u. k. Ge-
meinsamen Finanzarchiv {Hofkammerarchiv) in Wien. Auch in
der Hofzahlamtsrechnung des Jahres 156S (HofbibUolhek, Wien,
Fol. 165-167) finden wir einen kurzen Ausgaben posten ver-
zeichnet: Auf Unterhaltung der „weidischen und türkischen Bot-
schaft 766 fl 14 k 1 ^. |fl
1565. »Monntag den 23 tag Jully Ist die Tirckhisch Potschafft
Sanibt derselben verordenten Personen baide mall zu Wienn
gespeist worden')
Vmb 25 V Rinndtfleisch p 6 ^ 37 kZ^«)
Vmb 33 Ä* Carstraunefleisch*) per 6 ^ . . 49 k 2 ^
Vmb Ain Anntl 7 k
Vmb 3 Qennskhres") 13k2
Vmb 150 khreussen") 15 k
Vmb 12 Plutzer') Ain per t1 ^ .... 33 k
Vmb Ain halbe Puten Nagabitzpiem *) . , . 45 k
Vmb Marilln vnd khochpyem*) 21 k
3 fl 41 k 2 4 ^
') HHStA Turcira. F»c. 16. Conv. D,
>) O. FA. Wien, Pxsc 1S5» (<90), Akt r. der außen di« AnfKttrift trftet: .Maiui-
tig den 13 Ug July lür die Tinkiich PottchaffE Ao 65.'
■) p = per, ^ = Wien« Pfennig, k e= Kreuirr.
«) Cutraun — kutrtrrler Widder - Hammeltklich.
•>aekifiae.
^ Orfindllagc-
i> Kfirbit. Melone.
^ Onrnng kleiner Birnen. Ut. dirfiber bei SchmHler, U. Aufl, 1, int.
•) 25. VII: 2 achtH koch Picm ID kr.
«Cemest Coppauner zum Fachen
Junge Hienner zum Rachen . .
Antnn
Orien Lemonj'
N. M. (Nachmittag oder Nachtmahl?)
«Qemest Coppauner zum backen . 2
Junge Hienner. ....... 5
Kreussen Zum Sieden 150
Orien Lemonj" 1
25. Juli:
2 ..Fliegcnwadl" 8 Kr
I Phind «Rindfaisleii" ="} . . . . 3 Kr
•Sanibstag den 28 tag July Ist die Tlrckhisch Potschafft Sambt
derselben vcrordenten Personen baide mall Zu wyenn ge-
speist worden*)
Vmb 22 ff Rinndlfleisch I per 1 4 . . . 35 Kr
Vtnb 32 V Carstraunefleisch 1 per 6 ^ . . 48 Kr
^^h ISO Khreussen 15 Kr
Vtnb 1 1 Plutzer Ain per 3 Kr . . . . 33 Kr
2 n 09 Kr
I) AcnB - StKbelbcnr - Schmcllrr, II. AuH., I, «3 Plnsm s= BriRtohl.
j^ «) Nich der II, Aufl. d« SchnKl] wischen Wfthwbudic* 11, 1M< ein iackihiilicher,
J^ R»«l, Slroh, ninMi) u. dgi. geflochitrfr Kort). Dtr Ztcktr komm) am Böhmen, dihcr
ifl btyriKhen Wild vorkam mendc bchenluftr .bfinütchf* 2igt^' für Böhmf.
») Frtt
. . *l O. PAWiai, Fuc 18 599 (I94|. Akl «. - Die An»gmbcn vnm 3J, und J6.JbII
^*t I, 9 im FaJc 1811» <17J).
%mt ^^^ ^^*«*
Obertng 2 fl 09 Kr
Vtob 260 Ayr 13 per 2 Kr 40 Kr
Vnb Ain Putrn>) Kbocbpiera 30 Kr
Vmb Ain scfaoff^ mit manlln ..... 24 Kr
Vrab .Ain Rdiliu 20 Kr
Vmb 4 Dauben I4 Kr
Vmb 12 gemest CopfNumer l per 16 Kr . .3 12 Kr
Vmb friscbcn Puier 16 Kr
Vmb 16 SchofnchasI 20 Kr
Vmb Petersyll Zwtfn vnd sallat 10 Kr
Vmb Ratlich v-nd AgresI 9 Kr
Umb Ain halben metzcn semdmetl .... 22 Kr 2 ,^
Disc Wochen vmb 7 mas milidi 1 per 2 Kr . 14 Kr
Vmb 7 Mas siessen Ram I per 4 Kr . . . 28 Kr
Dtse Wochen umb Zell vnd Ruebes Kfaraut') 10 Kr
Vmb 6 groß Pessen 4 Kr 2 ^
Von 4 füer mist Außm Hoff zu fiem geben . 10 Kr
6 n 53 Kr«
.Sambstag den 2S tag july. Z. F. M. (Zum Frühmahl.)*)
Oemest Copauncr 2
Junge Hienner 5
Khreussen 150
N. M.
Gemest Copauncr 2
Junge Hienner 5
Tauben 4
Oricn Lemonj 2
Vom 24 July biß auf heut Dato in dj Kuchl geben
Ain Heffen schmalz 35 Ä'
Hechten 1
Hechten vnd Pratfisch Zum sieden 3 Stuckh
Pcrchcn Zum Sieden') 6*
I) MHMulnjtgraB wn Böttchrrarbril. \'s\. Khon oben
«1 OHIB von Böltckenrbdt.
^ '^aartktttn nnd Kraut von vclfien Rätwn.
It tV l'A.Wlcn, Vuc. IBS99 (i»4). Akt 4Z.
•j rtrchrn - fotriltn.
Für diese Botschaft sind weiter und zwar durch den
gHnen Monat August hindurch in Wien verausgabt worden:
1565 »Mitwoch den Ersten lag Angusty für Sachen, stets im
einzelnen angeführt, ein Oesamlbetrag von 10 Quiden
23 Kreuzer. (Akt 33.)') Dem schließt sich dann Tag für
Tag ein« Anzahl Geflügel sowie Fische an, die nicht in
Verrechnung kamen.
«Pflnnztag den 2 tag Augusty« 6 fl 33 Kr, darunter »Vmb
Kriechen*) vnd Piem auf dj tafft.- (Akt Nr. 32.)
.Freylag den 3 tag Augusty »S fl -iS Kr.
»Vmb 6Vt ft Wiener Parmasankhas per 5 Kr ■= 32 Kr 2 ,^
Vmb 8 schoffkhasi to Kr." (Akt Nr. 31.)
•Sambstag den 4 tag Augusty- 17 fl 3 Kr 2 >^
„Vmb Maulper vnd weixell*) 17 Kr.- (Akt 30.)
Va »Puten Salzpurger Piem 28 Kr.''
»Suntago 5. August 4 ft 49 Kr 2 4
»Vmb 14 Coppaunpeischl 16 Kr.
Vmb ain Khober Weinper*) 36 Kr."
Eine Ente wurde um acht Kreuzer angekauft! (Akt 29.)
.\tontag 6. August 3 fl 28 Kr.
13 Stück Eier um zwei Kreuzer! (Akt 28,)
■ Erichtag den 7 tag Augusty 3 fl SO Kr.
.Vmb 6 Pessen 5 Kr." (Akt 27.)
• Mitwoch den 8 tag Augusty 6 fl 3 Kr.
Eine Taube 4 Kreuzer, i Wachtel 4 Kr. (Akt 26.)
.Pfinlztag den 9 tag Augusty 4 fl 36 Kr 2 ^ (Akt 25)
.Freytag den 10 tag Augusty" 15 fl 21 Kr 2 ^
.Vmb Khnoffloch vnd gelb Rueben 12 Kr."
6 Eier ^ 1 Kr., '/, Metzen Semmelmehl 22 Kr 2 4 (Akt 24.)
.Sambslag den 1 1 tag Augusty" 22 fl f Kr 2 ^^
24 »gemcsl Kappauner" I per 1 7 Kr.
»Vom 21 July bis Auf dato genomen Vmb 9 jk* All f p
12 kr = 1 fl 48 Kr.
Von 3 fuer mist Ausm Hoff zu fiern 8 Kr" (Akt 22.)
1) F«C-. 18SW (190). AJrt 1-33.
*) Kriechen - eine Art Pflaume.
f) wtixcil - ritte Art uun Kixschc.
*) du BcbUler mit Weintrauben.
Denselben Tag hat die irEllena Rosen pergerin auB der
Neusstat" (Wr. Neustadt) eine ..Bekhantnus" über 24 -Gemest
Coppaun Ain per Sibzehn Kr" abgegeben und den Betrag
Summa Summarum 6 fl 48 Kr ausbezahlt erhalten. (Akt 23.)
i^Suntag den 12 tag Augusly« 4 0 22 Kr 2 ^
1 ^Wachtl" 13 4, 2 Tauben 7 Kr, 1 .Plutzer- 3 Kr.
.Vmb 2 Dutzel KhochleffI 7 Kr. 2 ^- (Akt 21.)
Montag, 13. August 3 fl Sl Kr 2 ^
.Vmb Ain halbe Puten weinper" (Akt 20.)
„Erichtag den 14 tag Augusty« 3 fl 8 Kr 2 v^ (Akt 19.)
»Mitwoch den tS tag Augusty 5 fl 29 Kr 2 ^
1 „WachÜ" 4 Kr, 5 Stück Eier = t Kr, 1 Taube 3*
uVmb Ain Hassen 10 Kr,
Vmb vmurckhen^) 12 Kr." {Akt ;8.)
«Pfinnztag den 16 tag Augusty." 9 fl 51 Kr. (Akt 17.)
.Freytag 17 Ug Augusty- 15 fl 29 Kr 2 /^
Vb Schmalz 44 Kr.
-Vmb 4 ferchen«) Aine per lO K = 40 Kr." (Akt 16.)
>Sambstag den IS tag Augusty
Vmb 8 Vngemest Coppauner T per 9 Kr — t fl 1 2 Kr
Vmb 4 Gemest Coppauner Iper ISK — 2fl 12k
Vmb 340 Ayr 4 per 1 kr — 1 fl 25 Kr
Vom Hauffanckh zu kheren In der Khuchl geben 1 7 kr."
Gesamtausgabe diesen Tag 12 fl 6 Kr 3 4 (^^ ^^)
»Sunntag den 19 tag August)-" 6 fl 30 Kr.
«Vmb Ain muellen*) sehen schmolzpiem 30 Kr." (Akt 14.)
Montag 20. August - 5 fl. 13 Kr. (Akt 13.)
1 Gans 9 Kr! - 1 Ente 7 Kr!
irErichtag den 21 tag Augusty- — 12 fl. 42 Kr.
«Vmb 20 Haip[t]l weis Krhraut
Vmb Ain Eyssne schauffl in di Kliuchl 10 Kr.* (Akt 12.)
ij Otirlini.
■) Mulde.
lOdb
-Mitwoch den 22 tag Augiisty
Vmb 2 wilde Annlen l per 10 kr — 20 kr
Vmb 2 %' Pambulakhertzen ') 8 Kr."
S. S. 6 fl 1 1 Kr 2 4
fPfinnztag den 23 lag Augusty*
•Vmb 16 Oartenplutzer i fl 12 kr.
Wüdt Anntn Zum Fachen i (Stück)"
1 »WachU- 14 4, 1 junges Huhn 3 Kr, 1 junge Taube 3 Kr.
S. S. 7 fl. 44 Kr. (Akt 10.)
"»"Freitag den 24 tag Augusty
Vmb 4 A' Rinndtfaisten per 3 kr — 1 2 kr
Dem Priedrich Heim Fischer Alhie Laut Bekhantnus Zalt
vmb 8 Hechten s per 1 5 kr vmb 1 0 kharpfen t per 7 kr
vmb 6 Parmb-) Ain per 1 5 kr vmb 9 EschlJng*) 1 per 8 k
vmb Ain Nerffling') per 22 k vnd vmb Zway Lebendig
Alle per 2 fi thuet alles benendlichen 8 f] 14 kr. (Hiezu
als Akt 9 die Original-.(Bekhannlnus".)
Vmb 3 schockh March *) khreussen per 24 k 1 fl 12 k
Vmb Am großn Khyrbas vnd grien Zwesgen 6 k
Vmb Ain Dutzet Leffl 10 Kr."
S. S. 1 6 n 1 9 Kr. (Akt 8.)
»Sambstag den 25 tag Augtisty
Vmb 4 khietn sallz per 18 4 === 18 k
Vmb Oelb vnd weis Rueben 14 k
Dise Wochen vmb 7 Mas milich per 2 k = 1 4 kr > '^''" ^^'■'^^
,,,,,. _. , ,, > Ausgabe komml
Vmb 7 Mas siessen Kam per 4 k = 28 K Umig-Auguairoi.)
Vmb 100 Gesalzen Lemony — 52 k 2 ^
Vmb '/, waitz vnd Prein den Hienern 36 K
Vmb 2 Achtel Arbas •) 1 5 K.
Vmb 2 Puech schiltl Papier 1 0 k "
S. S 20 fl. 4 Kr.
.Alln 7. ein(machen?) 2 Stuck
Merffling [!1 z Prallen I
>) eridlning?
•) Pinnb = Birbe.
ij Flidurtm.
«) Vo« riudc, Jie Mtrcb - bd Theben !■ die Dniau miiadend.
■) Erb«.
Hechtl zum sieden 3
Pamib zum sieden 5
Eschling zum sieden" 9
Kreussen 200
2 BandP) kleine Vögel a 10 Stück
4 Tauben, 2 Turteltauben, 4 gemästete Kapaunen
14 junge Hühner.
(Akt 7.)
»Suntag den 26 tag Augusty
Vmb Schoffmagl 12 kr
Vmb rot Hoslnus 8 kr
Turtitaibl z. P - 2 (Stuck) z. P.''
S. S. 3 fl 23 Kr. (Akt
»Manntag 27 tag Augusty
Vra Ain Ä* speckh vnd Ain Oxnzungen 12 k
Vm 8 wacht! per 5 k = 40 k - Vmb 34 Dauben per
= I f] 42 kr. Vmb khym 2 kr".
tfExtraordinarj Ausgaben."
.Vmb 19 Stibich kholl per 7k- 2 fl 13 k
Messerion davon
Vmb Ain Holz Hackhen
Vmb 2 Eyssnen vnd ain
vberzinten Leichter
Vmb 2 schlesi vnnd Nagl
Vmb Ain Pamschaber^)
4k
18 k
3 4
18 k
14 k
Sk
S. S. 8 fl 55 Kr 3
- Wien"
4 (Akt 6.)
.Erichlag den 28 tag Augusty
«Vmb 435 Ayr 5 per i k = 1 H 27 k
Vmb Ain Puten Öpfl zum khochen — 26 k.
Vmb kherschen vnnd Agrest 1 1 k
Vmb 3 V khlain olliuj per i 5 k — 45 k."
S. S.: 5 fl 18 Kr 2 4
»29. tag Augusty" «Vmb 30 Ä* Lemberflcisch per 2 k =: 1 fl
Vmb 4 Lemberkhepf! khutlfleckh vnd schorfiesl - 18 k
(Akt
>) Ein Bändel - l'antt - VfigcL bnlriil tau vier vom Jlner nuanuneDecburKlcnai
StOckni. Schrodlcr. !■, 247.
*) nwniKhsb, Hobd. Scfamdler, IT*. 3»>.
Tschausch Hedajets Aufenthalt in Wien (1565). 201
Vmb 2 Oxnzungen vnd 3 fieß - 20 k 2 /^
Vmb 8 Zvnlichen sackhl zu der greißlerey - Ain sackhl
per 3 k = 24 k«
»Vmb spenat 6 Kr."
S. S. 5 n 3 Kr (Akt 4.)
«Pfintztag den 30. Augusty*
»Vmb 4 Reisten') Allten Zwiffl per 3 k = 12 k
Vmb 16 Pantl khlain fegl per 10 ,^ = 40 kr - Vmb
ain Schnepfen 12 k
Vmb 10 W-:htI Aine per 18 /^ - 45 k - Vmb 17 Gemest
Coppäuner per 1 7 k = 4 fl 49 kr.
Vmb Ain Metzen semellmell 45 kr — Vmb 31 Mas Essig
per 5 kr = 2 fl 35 k
- sallat — frischen Putter -
Vmb 7 Groß Heffen«) per 5 k - 35 k - Vmb 4 S? khertzen
1 per 4 kr ^ 1 6 kr
Vmb Ain Tackhen=>) 5 k.-
S. S. 13 fl 9 Kr. (Akt 3.)
■ testen tag Augusty
»vmb weinper vnd Pfersich 50 kr. -
Tauben - Pantl khlain fegl Z. P. 6 (Stuck) Groß Feg!
z. P. 4. — Karpfen 4 - Hechtl kharpfen vnd Parmb zum
sieden 5 stuckh."
S. S.: 4fl 34 Kr 24 (Akt 2).
In diesem Monat gingen für diese türkische Botschaft
auf n Kuchl vnderhaltung laut der Ordenlichen tag Zetl "
282 fl 19 Kr auf.
>) Rdttcn, ein Oebfinde, ein BOschd.
«) Töpfe.
^ Decke.
Ein fürstliches Menü von 1730.
Von HANS BESCHORNER.
Juni 1730 veranstaltete der durch seine Pninkliebe bekannte
Kurfürst von Sachsen und König von Polen, August der Starke,
über seine gesarate Armee eine ziemlich vier Wochen dauernde
Truppenschau, die weit über die Grenzen Sachsens hinaus Auf-
sehen erregte: das in Wort und Schrift seinerzeit viel gepriesene
Campement von Radewitz oder, wie es gewöhnlich genannt wird,
das Lustlager von Zeithain.
Ist auch die Auffassung, daß die ganze Veranstaltung nur
ein großer Firlefanz, eine endlose Reihe prunkvoller F^cste und
Schaustellungen gewesen sei, kaum richtig, wie in mehreren Auf-
sätzen des Neuen Archivs für Sächsische Geschichte') ausführlich
darzulegen versucht worden ist, so kann doch auch auf der
anderen Seite nicht geleugnet werden, daß bei den Festlichkeiten,
die zur Unterhaltung der massenhaft herbeigeeilten Gäste fürst-
licher und nicht fürstlicher Herkunft notwendig waren, ein Luxus
aufgeboten wurde, wie er wohl seinesgleichen suchen kann. In
den Bauten und ihrer inneren Einrichtung, in der Kleidung und
allen sonstigen Äußerlichkeiten kam die ganze Lebensfreudigkeit
der anmutigen Übergangszeit vom Baroko zum Rokoko zum
Ausdruck, wie R. Frhr, v. Mansberg in seinem ausführlichen
»Rückblick auf die Tage vom 31- Mai bis 28. Juni 1730"*) an-
ziehend geschildert hat.
4
i> Bd. XXVII (1906), t03~lSl: .Bochrdbungn and Wtdiiche Dantcllancm des
Zcitbilnn- Ue^t» von MVt- und XXVIII (I907t, 50-tu und lW-352: .Du
Lager von 1730- (mit einer Kirtc),
1) Wii»cnKhiflllchc Bdlugc d«r Lcipiiger Zcitun2, UBS, Nr. 4t~5S.
iQncm oei i
Zeitiuiiai^H
Ein fflrsdiches Menü von 1730.
203
SelbsUTrsiändlich spielte bei den Festen auch die leibliche
Verpflegung eine große Rolle. Auch in den Tafelgenüssen ent-
wickelte man damals geradezu eine Virtuosität, die von keiner
anderen Zeit überboten worden sein dürfte, selbst nicht von der
des Wiener Kongresses, die in kulinarischer Hinsicht immer mit
an erster Stelle genannt wird. Tagtäglich bewirtete August der
Starke zweimal seine zahlreichen Gäste hoher und höchster Ab-
kunft, u. a. auch König Friedrich Wilhelm I. von Preußen und
seinen Sohn Fritz (Friedrich den Großen), mittags und abends,
und zwar mittags meist an zwölf Tafeln. Diese zwölf Tafeln,
die königliche, kronprinzliche, prinzliche, preußische, polnische,
Fremden-, Marschalls-, Offiziers-, Volontär-^ Diener-^ Towarschen-^)
und Damentafel, waren in dem großen, aus türkischen Stoffen
prächtig aufgebauten Speisezelte und einigen Nachbarzelten des
Hauptquartiers aufgeschlagen und in erlesener Weise gedeckt, die
drei ersten mit goldenem Geschirr, die vier nächsten mit silbernem
und die übrigen mit zinnernem. Näheres hierüber findet man
in den oben erwähnten Aufsätzen des Neuen Archivs, wo auch
der Maßnahmen gedacht ist, die getroffen waren, um die Hof-
küche mit allen nötigen Lebensmitteln und Leckerbissen zu ver-
sehen. Welche ungeheueren Anforderungen an die Hofverwaltung
gestelh wurden, ersieht man aus dem Mittags- und Abendspeise-
zettel vom 4. Juni, der sich in den Akten des Dresdner Ober-
hofmarsch allamtsarchivs erhalten hat und der hier als kultur-
historisch wertvolles Dokument vollständig abgedruckt wird. Er
bietet entschieden eine beachtenswerte Ergänzung zu Brillat-
Savarins berühmter ..Physiologie du goüt« (Paris 1825) und
ni den »Historischen Küchenzetteln", die E. v. Marlortie in
seinem Buche «Das Menü- (Hannover 1885) S. 191 ff. mitteill. Zu
beachten ist, daß am 4. Juni, einem Sonntage, keine besondere Fest-
lichkeit im Radewitzer Hoflager stattfand, daß es vielmehr so, wie an
diesem Tage, auch sonst zugegangen sein mag, wahrend bei außer-
ervöhnlichen Anlässen wahrscheinlich noch üppiger gelebt wurde.
Die Erklärung der Einzelheiten nachstehender Speisefolge
muß Sachverständigen oder besonderen Feinschmeckern über-
lassen bleiben, da der Verfasser dieser Zeilen nicht die nötigen
») Towarziwen oder Towinchoi hicB in Polen die vomehnw «hwere Kavallerie.
204
Hans Bescfaomer.
D D
Kenntntsse besitzt und von älterer Literatur außer Zedlers um
die Mitte des 18. Jahrhunderts entstandenem »Universallexikon"
nur pj Den geschickten und
wohlerfahrenen Engeländischen
Koch" (Leipzig, August Martini,
1 742) zur Hand hat, ein Buch, j ,
daszwar in die Küchcngeheim-
rissc der damaligen Zeit recht
gut einführt, aber doch bei ■ ,
vielen der damals im Zeit-
hainer Lager gebotenen Lecker-
bissen versagt. i 1
Zum allgemeinen Ver-
ständnisse sei hier noch be-
merkt, daß im Zeithainer Lager i .
nicht nach französischer Sitte
die einzelnen Gerichte hinter-
einander serviert, sondern nach i 1
englischer in drei Gängen auf
die Tafel gesetzt wurden, und
daß jeder mit Hilfe der zahl- l 1
reichen zu Gebote stehen- | |
den Diener nach Gefallen zu-
langen konnte. In welcher ] 1
Weise der erste Gang auf- | |
gesetzt wurde, veranschaulicht
nebenstehende, den Akten ent-
nommene, verkleinerte Zeich
nung. War der erste Gang
abgegessen, so wurde der fol- 1 |
gende in ähnlicher Weise auf- \ |
getragen. Besonders kunstvoll
war der süße Gang hergerichtet, P |
der an dritter Stelle kam, nach- ! I
dem das Tischtuch gewechselt
worden war.
Zufolge dem hier bis auf
ent- r—\
;ich- I J
Ein fürstliches Menü von 1730.
205
tinige kleine Änderungen buclistabengetreu mitgeteillen Speise-
zettel, der bemerkenswerterweise meist gut Deutsch abgefaßt ist,
atzten sich die einzelnen Gänge aus folgenden Gerichten zusammen:
Auf Sr. Königl. Majt. Tafel Nr. 1 zum l. Gang
(10 Mittel-, 10 kleine Schüsseln, 18 Assietten, 4 Küchenteller)
111.2; Suppen von jungen Hünem, 8, farcirt, mit fr[ischen}
Gurcken, Stauden-Sallath u. Porlulack, mit Ju von Kalbfleisch.
3u. 4: Suppen von jungen, zahmen F.nten, 4, mit Linssen.
5u. 6: Engl. Rinderbrathen, 56 'ft, en ballon,') garnirl mit Ma-
rinade') von jungen Hünern, 12.
7u. 8: RindsschwantzstückeUr SO ff, naturel[s], mit Sauce hachi;e
von dörren Trüffeln u. Pfcffer-Gurcken.')
9 M. 10: Zwey ganze fr. Laclisse, 1 5 fi, glassirtj gespickt mit Speck,
garnirl mit kl. Pastetgen von jungen Cappaunen, 2, u. Krebssen,
3 Schock.
11 u. 12: Geräucherte zahme Schincken, 22 ff, ä la cr^pinc.'J mit
Siuce von Karpffen, 2 ff, u. Champagne- Wein.
'3u.t4: Schöpss-Keulenj 18 ff, farcirt mit zahmem Schweine-
fleisch, 4 ff, u. Nierenslolln ä la braise/} mit Ragout von
arviol.«)
'S u. 16: Pasteten ä I'angloise von Rindfleisch, 16 ffj u. Haasen, 2,
mit Blut u. Sauce hachee von Trüffeln u, fr. Champignons.
'J u. 18: Pastelen von Schöpsskeulen, 20 ff, mit Ragout von frischen
Champignons u. Essence von Schincken.
'5 u. 20; Fr. Lachss, 3 ff, u. dergl. abgehoben mit grünen Schodcn
i rangtoise, mit Butter.
•> Kkips von RitiiJcfbnilen.
^ .Mvliude heißen die franiöiiKhcn Köche eine SoOc von «tlerhand guten Oe-
■wö.' ZctUcr XIX, 5p- 1S3B.
t Soße von lein gchacklcn TrüKelii und Pfe(fcri£U(ken.
') Unter Krepine versieht man im alltjflneiiten eine Franzc mit tan^^ Fäden.
^|*TifcB venclii«deiK-ii Zuberdlungsutm dw .Schlnck« nder Schunkei" Kibt Zedier XXXIV.
V 11», die i la i:tipine nicht an. Et kommen ^tef anch Dodi CicT mit Brot k la
°*pWn)T,
M Zedier I, Sp. «99: ,A U braise, dieses iit eine besondere An, die Speisen za
**^, tmd wird Judi sork ein gedlmpfte* Euen |t«nennel. Die Zubcteilune desaelben
JJrtiiliii in einen] tnecnuchlen und mit tineni DccVel verkleibten TapK, so unten in
™ta Atche «tehrl und oLini mll |[lu)iciid(.-n Kuhlen bcschüHrl «ifd. K» wird aber diese*
"■i von Cipaniken, Hflnem, Taubeu und dergleichen gemacht."
*i bhucnlmlil.
21 u. 22: Junge Hühner, 8, mit Steinkrauth,') grin«[s].*) in
Pappicr.
23 u. 24: Kalbslcnden, i6 f^, mit Petersilie gespickt u. gebraten,
mit Stauden-Sallath.
25 u. 26: Junge Hühner, 8, farcirt mit Kalbfleisch, 3 Ä*, zahmem
Schweinefleisch, & '^\ u. Rindsmarcks, gekocht, mit Ragout
von Spargel ä l'angloise.
27 u. 28: Junge Cappauner, S, mit grflnen Stachelbeeren.
29 u. 30: Junge Tauben, 12, gespickt mit Schincken u. Speck.
ä la braise, mit Trüffeln,
31 u. 32: Junge zahme Enten, 10, farcirt mit Lebcm, k la broche,*)
mit frischen Gurcken.
33 u. 34: Poularden, 8, mit Essence u. Ragout von Schincken.
3S u. 36: Rindsealdaunen, S ^\ en pouppiettes,*) fardrt mit Cap-
paunen, 2, u. Sauce hach^e, pannirt mit Parmesankäse.
37 u. 38: Zahme Schweinscottletten. 20 Ä", grill6[s]. mit warmer
Ramolade.
39 u. 40: Cappauner, 3, gebraten en fillet, mit grossen Nudeln
ä la creme, mit frischer Butter.
41 u. 42: Gebackene Reisskuchen mit Krebssen, l^/i Schock.
Zum andern Gang
(10 Mittel-, 10 kleine Schüsseln, 18 Assietten, 4 KüchentelJcr) :
1 u. 2: Galla[n]tines^) von Rinds-, 36 ff, u. zahmen Schweine
köpfen, 28 ä', frischem Schweinefleisch, 6 ff, ger. Rindszungen,
mit ger. Rindszungen, 8, garnirt
I
1
>] Winitikrcsse. rinc t>eBondcTc Art Brunn cnkreuc, die ladi als Salat mbcnitet vird.
<} Auf dem Roitt gebralen.
*) Ain SpjeQe grbrjlm.
•) Zrdlti XXVlll, Sp. I93J: .Poupidtc itt eific «ui Kalbfleisch zue«rldilcte Speise,
welche il«r Kiicli aul loigmde Ait zubereitet: Es Verden netnlich aus einer magern Kalbs-
keule »chmatc Striein«i Clei*ch grM-Jinitleti, welrhe maa alidenn mil dem Messef fdtt mfitbe
klopfet, und cbenlallt derglrichcn rißnnc Scbcüxn Spceäi gochnitten, daiüher man ilas vricb-
gcktoplte KilbfleiKh Iciitt, dieses mil OewGirtz und Saltic. wie aiich klein gehackter Peter-
silie und klein gnctiniDenen harten tr^rdoilcm bcttreuel und solches flbereinander zusanmen
lollet, an kleine Spiesgen stecket, und sotchei Pleiech also am Feuer gar brüL B«y dem
Aniichten wird entweder CiInMiensafl darüber gednicket, oder eine absanderlicbe Sose dar-
zu bereite« "
^) L'nler Qalinlina vertlehl man titi kalt« Oerlchl aus Schelbrn leinen PlriwIlC
nvncnllich ücflügcls, die sehiditwttse durch eine Uallerl« rnttcinandcr rcrbanden sind.
3 u. 4: Abgehoben Indianische Stücken*) k 1a dauby,') gamirt
mit Mortadelli.
5 u. 6: Kalte Pasteten von zahmen Gänsen, 4, en gallantine,
mit geräucherten Rindszungen, 4.
7 u. 8: Gebarkene Mandelkuchen, garnirt mit Tortlettgen*) von
Pislalien-Creme.
9 n. 10: Tortlen, dressirt mit Teig von Mandeln, mit Creme
von Pistalien gamirt, mit Tortlletgen von eingemachten
Kirschen.
11 u. 12: Gebratene kleine Frischlinge, 20 ^, Wildskalbskeule,
5 Ä*, junge Rehe, 3 tf, u. junge Tauben, 6.
13 u. 14: Gebraten(e] junge Cappauner, 8, u. junge HOner, S.
15 u. t6: Gebraten[eJ alle Cappauner, 6.
17 u. 18: Gebralen[esl Lamm, 1, u. junge zahme Enten, 3.
19 u. 20: Gebralcn[esl Wildskalb, 10 Ä", u. Frischlinge, 6 Ä*, ge-
bralen[e] Phaasane, 2, u. Rebhühner, 4.
21 u. 22: Gebackene Creme von eingemachten Orangenschaalen
u. Citronat.
23u. 24: Gebackene Spritzkuchen aussm Schmalz.
25 u. 26: Compote von Appelsienen mit Gelee von Aepffeln.
27 c. 28: Arlschocken mit weiser Sauce.
29 u. 30: Profitrolcs*) mit Ragout von Kälbermilch, Krebsen,
2 Schock, Spargel u. Trüffeln,
i' U.32: Spargell mit Öhl.
Wu.34: Spargel] mit weiser Sauce u. Eyerdottern.
55U.36: Kalbsohren en fillet, weiss.
3'U. 38: Brodt, farcirt mit Crfmc von Ptslatien, grilt^.
Wu.4ö: Eyerkuchen roull^[s], glassirt mit Parmcsankässe.
*'u. 42: Hyer mit Brodt ä la crepine.
Sallath von frischen Gurcken u. Stauden- Sallath.
„ t TniAihn. .ionn xuch Oilccatischcs. indliniichei, Türcklidwi oder Wclxhes
"wn manni- iltüla XLV. Sp. uss;.
1 Zedier [. Sp. <(00: -A U daobe isl dn mit Wein, elwa* wfnie W«mt, Eaüie
™ IMiHr Wüftzc (Ingwer. Ptrtkt. Mu^kJtrn- Blüten, Nttkcn, l.ocbcYFbliitcm, Kosinxriti,
™*dichrtl«B US*.) abETknchtn Esiai uiiJ «ird von K&Ib%keulLTi, I ürcktschem Hihnrn,
""■Ott, OSnm, Fnttti. Spanfnckdn und d^rglriiChtn gonachl.*
^ ZnllcT Xtl, Sp, tOO: •TarlvklEm und ktdnr Torlrn, velctir in klrlncn PutelcR»
""'^B, von Tci([ n«d dner Föilc bereiW. grbwkcn werdwi.*
*) Zedier XXIX, Sp. T7S: .Profilcrols sind kleine Klfisn- von Kalbndtch and Eycrn.
•^ H»« Meftl In Batter.*
Vor Thro König!. Majt. a parte 12 Assietten: ^^
Rindsschwantzstück, 9 'tt, ä l'angloise mit Petersiliensauce u.
jungen gelben Rieben, weiss, mit frisdier Butter. i
2. Schincken, 6 h\ mit grünen Bohnen. ^|
5. Junge Hüncr, 3, farcirt mit grossen Krebssen, 1 Schock.
4. Tortte mit Fillet von Poularden, 3, mit Champagne- Wein u.
fr. Champignons.
5. Schöpss-Cottletten, S'/j ff, mit Sauce vor Vert-JuJ)
6. Grosse Klösser von Semmel u. Speck mit Fillet von Indis^
nischem Stück, 1.
7. Gebraten(en] jungen Cappaun, 1, u. Poularden, 2,
Z. Gebraten[en] Wildskalbsrücken, 4 V, u. Tauben, 2.
9. Artschocken mit Eyss.
10. Spargell mit Öhl.
1 1 . Eyerkuchen mit Parmesankäss.
12. Semmeln, gefüllt mit Crfime von Pistatien.
Sallath von frischen Ourcken.
A
Auf eine Tafel Nr. 2 [zum l. Gang]
(6 grosse, 8 Mittel-, 10 kleine Schüsseln, 16 Assietten)
1 u. 2: Suppen von Tauben, S, mit Kalbsju u. Schoden.
3 U. 4: Suppe von Cappauner, 2, mit Oräupgen.
5 u. 6: Englische Rinderbrathen, 55 ff, mit Ju u. Soya.-)
7 u. 8: Kalbskeulen, 19 >?, marinirl, ä la broche, mit Ju.
9 u. 10: Lammj 1, ä la broche mit Stau den -Sallath.
11: Pastete von Phaasanen^ 4, mit Sauce ä l'espagnole.
L} Vcrjus ist die franiöfiiche Bnekhnurg für dm S*ft aut unretftn Trauben.
2cdlrf I, Sp. SIS, ugt u. a. damlKr: .AgmU, Vinuni de Agrcstx, OmphaK, Omphadiun,
M\A acrtba, iTaiiliÖsisch Venu», Tculsch Agint, umeilf«, lifrL« Tiautien-SalfL l«l rin
Safft, tcIcIkii man aus den crüncn, uitnlffcn u, saurm Ttaubni macht, nadimals durcJt-
seilet uDd In FiSIrin oder Boatrtllen thut, dieselben wol nispündri und vervahrrl; und
«rnn er lange daiirtn und nicht kahnig vi^rden toLI, ein veni|[ Baum- oder Mandd-Ocl
darüber gießet ... Er djrnet in An Kürhm anstatt dn Essigs an die Spcitcn, viid aodi
unter den Wdn pgosscti und in hltrigcn Kranckhcilm ah eine Atixeoey gcbnitidit - . .
Ferner werden auch Aare« genennet ciiigeinachlc Weinbeeren, ^reiche, »rnn sie nodi hart
sind, von dm Stengeln fein gemadi ahgcrif^n. rein gewaschen, wieder .ibcetrocltnct. in
«inen Maen MaTm tcethan, mit abgesottenen Ewig übergosMn und beschwer« werden. Sie
sind anitalt der Oliven zu gebrauehcn. Nuch heiClrl man Agml den Safft von unrciflcii
Traoben, wenn er mit Zucicer und dem Oclhen von Cittoncn au einem Syrup gcutlai wird.
Dioer, unter friKhca Waiier eerilhrel, lit ein guter Lab- und Kübllniiek bey gioSen Uunt
ttnd In liitiigen Kruicklieitni.*
*1 Eine atu Sojabohnen berdiete. pikante brainc Sofie, dir in Japan, Chiiu owl
Oitindien sehr beliebt ist und von don in deii Handel ijebracht wird.
12: Pastete von Ind. Stücken, 2, mit Triiffeln.
13 u. 14: Cappauner, 4, farcirt, mit Orangen -Sauce.
15 u. 16: Kleine junge Hüncr, 20, gekocht, mit Spinnalh.
i7 u. 18: Junge Taul)«n, 20, mit Petersilie, gekocht
19 u. 20: Kalbslenden, i5 V, gesp. ii. glassirt, mit Spinnath.
21 u. 22: Schöpsskeulen, 1 6 it, ä la braise, mit Ragout von dürren
Trüffeln.
23 u. 24: Hechte, 8 'tt, en fricandeau, mit Spargell.
25 u. 26: Schöpss-Bottcn,') 4, naturell.
27 u. 28: Schöpss-Füsse, farcirt, mit Parmesan kässe.
29 u. 30: Frische Rindszungen, 4, mit Mandeln u- grossen Rosinen.
31 u. 32: Brodt von Kalbfleisch, 18 ih', mit Spargell.
33 u. 34: Indianische Stücken, 2, mit Sauce Robert von Senff u.
Zwiebeln.')
35 u. 36: Geräucherten zahmen Bauchspeck, 67i 'tt, mit Stauden-
Sallatb.
37 u. 38: Lamms-tendron,') 1, mit Sauerrampff u. Eyerdottem.
39 u. 40: Zahme Qänsse, 2, ä la broche, mit Aepffelmiiss.
Zum andern Gang
(2 grosse, 8 Mittel-, 6 kleine Schüsseln, 16 Assletten)
1: Qebralhen[en] Wildsrücken, 11 %', Reherücken u. -keule, 8 S".
2: Qebrathene Wildskeulen, 20 ^.
3 u. 4: Oebrathen|esl Lamm, 1, junge Cappauner, 4, u. junge
Hüner, 6.
5 u. 6: Gebrathen[e] Indian. Stücken, 4, u. junge Tauben, 12.
7: Gebackenen Hefenkuchen mit grossen u. kleinen Rosienen,
gamirt mit Maultaschen von Mandeln u. Pisquit.
8: Gebackenen Kuchen von Pistatien u. Pisquit, gamirt mit ge-
backenen Mandelschmorren.
9: Gebackene Torlte von eingemachten Kißchen, gamirt mit
gebackenen Aepffeln aussm Schmalz.
10: Tortte von gelben Appricosen, gamirt mit gebackenen Schnee-
ballen aussm Schmalz.
t) ScMpibuttai wird In dnigen Oegmden Drubdiland» der Maecn mit den ftbrlgen
Ei^imiikn änta Sdwpte* geniitni; v£l. u. a. Giiinin. Dculichci WÖrtrrbnch IX, tSTi.
>) Zedl« XXXII, Sp.77: .Robfitfi-Hriihe. Sau« i Roberl. ifl bcy d«n Köchen eine
Mtt, «ticlie HU Senr, Stlt2, Weinnui^, Picitc-r itnd geschnittenen Zwiebeln beliebt. Sie
NikicaNtiBcnvon Robert, einem berühmten K<Kheliey r'ruici«coI , Könige Jn Franckreicb.'
•> Tendron« hdßen in d«t KochViuui die 8n«<lcnonjel von Kalb tirnd: Lamm
Ancblv IUI KuUurgnclilcbte. VI.
4
*
11 u. 12: Spargel mit weiser Sauce.
13 u. 14: Spargel mit Öhl.
15 u. 16: Oeräucherte Rindsziingen, 6.
17 u. 18: Geräucherte zahme Gänsse, 2, garnirt mit Methwurst,
19 u. 20: Geräucherte zähme Schincken, 27 S".
21 u. 22: Abgehoben[es] ger. Hamburger Rindfleisch, geschnitten.
23 u. 24: Frischen Lachss. 7 ^\ blau gesotten, gamirt mit Krebssen.
t Schock.
25 u. 26: Krebsse, 2 Schock, k la polonoise.
27 u. 28: Rindsgaumen, glassirt.
29 u. 30: Stauden-Sallath.
31 u. 32: Sallath von frischen Ourcken.
Auf eine Tafel Nr. 3 zum l. Oang
(ß Mittel-, 12 kleine Schüsseln, 12 Assietten, 4 Küchenteller)
1: Suppe von Cappaun, i, alte[r] Henne, i, u. Rindfleisch, 8 ^,
en roso!,') mit Cracauer Grütze.
2: Suppe von Schöpssen fleisch, S Ä*, mit kleinen Zwiebeln.
3: Suppe von jungen Hünern, 5, mit Gräubgen.
4: Suppe sant^') von Kalbsknoclien^ 5 %\ mit Kalbsj'u.
5: Rinder brathen, 30 &, ä la polonoise, mit Zwiebeln.
6: Rindsbrust, 20 V, mit Sauce hach^ von gedörten Trüffeln,
frischen Champignons u, sauren Gurcken.
7 u. 8: Zahme Gänsse, 4, k la broche, mit Sauerkrauth, gamirt
mit Bratwürsten^ 6. ^d
9 u. 10: Schöpsskeulen, 18 S', ä la SL Menhout in Backofen,
mit Salpiquon *) von Schincken.
11 u. 12: Cappauner, 4, ä la braise, mit Eyern u. Otronen k
l'angloise.
13 u. 14: Pasteten von Haasen, 4, mit Sauce hachee u. Cham-
pagne-Wein,
>| Zedier XXXlIj Sp. t03l : .Rouol Itt eiKcntIkh eine Knfft-Suppe vo» Rind-, Kai
und HünerCldich.-
1) Soupe cn unt^ vohl loviel vie Kralltuppe. gute BouJIlQn&uppe. Zedier tum
Sic Hoter den Bind XLI, Sp 110-361, genannten 68 Suppen nichl mit aal.
*) Salpicon M ein RAeoul lus fldicta, Fisch, Zunge, Pilicn u&w. mm Ffillen <nm
Putden u. d|[t.
d
15 u. 16: Pasteten von Cappauner, 4, mit Essence von Schincken
mit Bourgogne-Wcin.
17 u. 18: Junge Enten, to, ä la breche, mit grünen Stachelbeeren
in Zucker gesotten.
19 u. 20: Lamsbrüste, 1, farcirt u. gespickt mit Speck, mit Ragout
von Stauden-Sallath.
21 u. 22: Junge Cai^uner, 10, ä la polonoise farcirt, mit Ju u.
frischer Butter.
23 u. 24: Zahme Schweinscottletten. 11 fi*^ ä la broche, mit Sauce
Robert von Senff u. Zwiebeln.
25 u. 26: Junge Tauben, 14, en cormpote,^) mit Spargel, Kälber-
milch u. Krebsscn, 2 Schock.
27 u, 28: Kalbs-tendron, 9 ff, mit dörren Trüffeln u. Champagne-
Wein.
29 u. 30: Klösser von Kalbfleisch, 9 ff, mit Spargel, gamirt mit
KalbscottleMen, 10 ff.
31 u. 32: Spinnath gekocht, gamirt mit geräucherten Rindszungen, 4.
33 u. 34: Junge Hüner, 4, ä la Tartare,') mit Ju.
35 u. 36; Kleine Boucons*) mit Farce von Kalbfleisch, 6 ff.
Zum andern Gang
(4 Mittel-, 12 kleine Schüsseln, 12 Assietten, 4 Küchenteller)
t u. 2: Tortten croquanl(s] *) mit Johannesbeer- Oel^e, gamirt
mit gebackenen Englischen Schnitt[en],
3 u. 4: Kuchen von Pistatien u. Bisquit, gtasirt mit bundem Streu-
zucker, garnirt mit Beigneis von Aepffeln ') u. Mandel späh nen.
5 u. 6: A la Dauby von Indianischen Stücken, 2, gamirt mit
geräucherten Rindszungen, S.
7 u. 8: Spahnferckel, 2, en gelie, mit grossen Rosienen, gamirt
mit Serbellatwurst, 2 ff.
9 u. 10: Gebratene 2 Rehekeulen, 8 ff, u. junge zahme Enten, 8.
I) Ea £tbl nlcbl nui .eingrinachle Frücbtr-, wiidnn auch Taubon. die In ]as oder
inunlc Bonillon rineclrgl wtrdai, nachdem tic jjnpickt und Erbrüten Tcrdcn und,
'^ KriBl vicIleicTil so viel wie: niil Sauce Urtire (Eiw-StiiFsoBc)
^ Bottcon cigenllidn tin vtrgiU^ttr Bis:*m od«- Tiank, bin nrtnihir ein Putdcben.
t Tarle croquJnt, Cioqiunl-Tark, Krachtoite nennt nun titte bcsondrrr Art «chari
f^Kkown Kadiens, drt beim Cskti mit h&rbaron Oeriusrhp Tcrbrichl {Krichscbukerm,
t Afilribcicnets sind Apfeltchnittcn, in Teig gehüllt and in Frtt odrr Bottcr gcbadicn.
U*
11 u. t2: Oebraten[el junge Cappauner, 8, u. junge Hüner,
13 u. 14: Oebraten[c] alte Cappauner, 6.
15 u. 16: Gebraten[es] Lamm, 1, u. junge Tauberf, 12.
17 u. 18: Spargel mit Öhl.
19 u. 20: Spargel mit der weisen Sauce.
21 u. 22: Gcl^e h la royale von Rheinwein.
23 u. 24: BIanc-mange{r] *) von Mandeln, garnirt mit Oranataepffeln.
25 u. 26: Gänssekteint schwartz mit Blut.
27 u. 28: Artizschocken mit weiser Sauce.
29 u. 30: Stauden-Sallath.
31 u. 32: Sallalh von Serdellen u. grossen Oliven.
Auf eine Tafel Nr. 4 (nur ein Gang, bestehend aus
6 Mittel-, 24 kleinen Schüsseln, 12 Assietten, 4 Küchentellcm) :
1 u. 2: Rtndsbrüste» 38 'h', ä l'angloise, mit Wurtzelwerck.
3 u. 4: Zwey halbe Schöpsse, 30 Ä', gespickt mit grosem Speck,
ä la broche, mit Stauden -Sallath.
5 u. 6 : Kalbsbrüste, 1 5 ft*, roul]ce[s] mit Krebsscn, 2 Schock, u.
Kälbermilchen.
7 u. 8: Suppen von jungen Tauben, 8, farcirt mit frischen Ourcken.
9 u. 10: Suppen von Cappaunen, 2, mit grüner Purree u. Par-
mesan käss.
11 u. 12: Zahme Gänsse, 4, en gallantine ä la dauby, mit Spargell.
13 u. 14: Cappauner, 4, gekocht ä l'angloise, mit Spinnath, gamirl
mit geräuchertem Bäuchspeck, 8 tt. ^M
15 u. 16: Abgeboben[en] zahmen Schincken ä la braise, mit Sauc^^
k l'espagnole.
17 u. 18: Lammfleisch, t, k la broche, mit Ragout von frischen
Ourcken.
19 u. 20: Gänssekteint en fricass^e.
21 u. 22: Gebraten[es] Lamm, 1, u. junge Tauben, 12.
23 u. 24: Oebratenle] junge zahme Gänsse, 4, u. junge Enten, 4.
25 u. 26: Gebralen(e] junge Cappauner, 8, u. junge Hüner, 4.
27 u. 28: Gebratcn[en] Thannhirsch rücken, 6 ^, Reherücken, 4
u. Hirschkeul- Lenden, 20 Ä*.
I
4.
1
>) Zedier IV. Sp. li, gibt zvd Rnteple für die Zubectilung dirm Blinc-tnanc«-,
■«incr vmiuckcrtcn MindH-Mikh, mit Stfll au& Opaunm, Kilber-l'iillen utv. und Mlkli
35
37
39
41
43
29 ü. 30: Spargel mit weiser Sauce.
31 lt. 32: Junge Hüner, 12, ä la polonoise, mit geriebener Semmel,
Wein, Citronen, Serdellen ii. frischer Butter.
«j. 34: Junge Tauben, 16, en compot[e], weiss, mit Kälbermilch
u. Spargell,
u. 36: Pastelen mit Hachy von Kalbfleisch, to Ä*.
Xi. 38: Melonen mitRagoul von jungen Capjiaunen, 5, u. Trüffeln.
u. 40: Creme ä l'angloise von Bisquit u. Orangen-Schaalen.
u. 42: Tortten von eingemachten Johannesbeeren,
u. 44: Eyerkuchen mit Serdellen u. Parmesankäss.
*5 u. 46: Kalbslebern geröst mit Speck.
Sallath von Irischen Ourcken, grossen Oliven,
Rabintzel u. Stauden-Sallath.
Auf zwey Tafeln Nr. 5 u. 6
(auch wieder nur ein Gang mit mehreren Einschiebegerichten,
**cstchend aus 4 großen, S Mittel-, 28 kleinen Schüsseln u.
32 Assietten)
^ U.2: Suppen von jungen Cappaunen, 4, mit Stauden-Satlath
u. Portulack, mit Ju von Kalbfleisch.
3 u. 4: Suppen von jungen Hünern, 8, mit Cracauer Grütze u.
Petersilienwurtzeln.
5 XI. 6: Suppen ä la reine von Cappaunen, 2, u. weiser Coally
von Mandeln u. alten Hünem,*) 3.
' la. 8: Suppen von Rindsmarcksknochen, 13 ä*, mit ju von Kalb-
fleisch en pisque,*) mit dörren Trüffeln, Kälbermilch u. Cham-
pignons.
' la. 10: Frisch Rindfleisch, 54 Ä", ä la braise, mit Ragout von
frischen Ourcken.
^ U. 12: Geräucherten zahmen Schincken, 22 üt, mit dörren
Erbssen, garnirt mit geräuchertem ßauchspeck, 3 ^'.
*^ i*. 14: Schöpsslenden, 16 ff, ä la broche, gespickt mit Peter-
silie, mit Sauce von Stauden-Sallath.
oöer
■) Cc>ullsbda(nachZ«ll«-VI, Sp 1476, .cid gantz errkochks und durch gMchUgtiM*
^^-^dBickgnlrdcklcs Cswn oder äa äMTeb^ratlfitt SaflE von Ka]l>-Flmch, llünun, Tauben,
^***^h«ad Oortcn-Orridtscn. fischm usw und rtlichem Orrürtrr, «clcbm nun nidit nur
v^^'^^fftMttn und l>oucen nQalkh Kcbrucbcn. sondern in tyi ^utc Briihcn davon itixdKfi
^'■*". Folgt Rczrpl.
*) Unber BIsquc «ersteht BUi cm« Kraftbrühe von KrebMn, Ocnfigcl us*.
15 u. 16: Rindslenden, l8i?,gespickt,älabroche,mitSerdcIlen-Sauce,
17 u. 18; Tortten von Kalbfleisch, 12 ff, cn friccandeau, weiss,
mit gebrochenem Spargel].
I9u. 20: Tortten von Lammfleisch, i, mit Sauce k I'espagnolc
mit Champagne- Wein, ^d
21 u. 22: Tortten von Cappaunen, 4, mit frischen Champignons
u. gedörrten Trüffeln.
23 u. 24: Tortten von jungen Tauben, 20, mit Sauce hach^ von
dörren Trfiffeln u. frischen Champignons.
25 u. 26: Grosse Klösser von geriebener Semmel u. Speck, gamirt
mit geräucherten Rindszungen, 4.
27 u. 28: Indianische Stücken, 2, ä la broche, mit Sauce Robert
von Senff u. Zwiebeln.
29 u. 30: Cappauner, 4, mit fein Krauth u- JU; gamirl mit Pro-
[itroles von Krebssen, 2 Schock. ^M
31-34: Schöpssfüsse, farcirt u. gebacken aussm Schmalz.
35-38: Kleine junge Hüner, 28, en surprice,^) mit Bassilicum,')
aussm Schmalz gebacken.
39, 40: Engl. Bouddins, gekocht, von Semmel u. Pisquit mit gross*
u. kleinen Rosienen, mit Weinsauce. ^m
41-44: Kalbsbrüste, ISA*, gespickt mit Portuladt. V
45 — 48: Zahme Enten, 16, farcirt, ä la broche, mit Ragout von
frischen Qurcken.
49 — 52: Schöppsb rüste, 15 ff, gril36e[s], mit Sauce pauvre home')
von Ju u. Challotten.
53-56: Kalbslungen, 4, mit Meyeran, gamirt mit dergl. Lebern
geröst.
57-60: Brathwürstc, 20, mit Saucrkrauth.
61-64: Junge Tauben, 28, en compote mit Kälbcrmilchen u.
Spargell.
65-68: See-Persche, 12 ff, mit zerlassner Butter,
69-72: Karpffen, 12 ff, ä la duve') mit Capem.
icn u.
4
1) Vahi&chnnlich HÜhntr mll airni mAelidini Zutatm, v!e wir mch voa
Schnr(2«ln .mil Hindrrnlkjra* und ahnlichL-m «prrchcn.
*J Itaamcum, HimÜcti- oder Hlmltratit. dn bekannt« KüchcnpirtiT. du frii
anch virl iti Hdlivcckra vcrwcndo »Tirdc
I) Pk Sin» k puivn honimc bnichl tür sevälinlidi at» kallcm TatBcr, SbIx
und Zvicbcin.
^ l«t «WS auch dai hiulig vorliammnide i la daubr {nnrinl?
rüb«^
Zum Einschieben (4 Mittel-, 24 kleine Schüsseln):
1, 2: A la Dauby von Indian. Stücken, 4, gamirt mit geräucherten
Rindszungen, 12.
3, 4: Geräucherte zahme Gänsse, 2, gamirt mit Se^bellat^^'u^st,
5 — 8: Gebackene Torttcn von Citroncn, gamirt mit Torttletgen
von eingemachten Johann esbeereti.
9— 12: Gebackene Kuchen von Pisquit mit Zimmet, gamirt mit
gebackenen Manilelmuscheln.
13- 16: Oebraten[e] Indian. Stücken, 8, u. junge Tauber, 24.
17-20: Gebratene Kalbskeulen, 40 iv\
21 — 24: Gebratene zahme Gänsse, 8.
25 — 28: Gebratene Lämmer, 2, u. junge Hüner, 24.
Sallath von grossen Oliven, Kräuther-Sallath,
Serdellen-, Asia-,*) Frischen-Ourcken- u. StaudenSallath.
Auf eine Tafe! Nr. 7, erster Gang
(2 grosse, 4 Mittel-, 1 4 kleine Schüsseln, 1 2 Assietten, 4 Küchenteller)
1: Suppe en rosol von Rindfleisch, 5 tf, u. alter Herne, 1, mit
Cappaun, t, u. Cracauer Grütze.
2: Suppe von Schöpssschlegel, S ff, mit kleinen Zwiebeln u. Ju
von Kalbfleisch, 5 Ä'.
3: Suppe von jungen Hünern, 5, mit Gräupgen.
4: Suppe von Kalbsknochen, 3 'it, mit Ju en santf.
S : Engl. Rinderbrathen, 32 V, mit Ju von Kalbf]., 4 %\ u. Challotten.
6: Fri5ch[esl Rindfleisch, 26 ft', mit Sauce hach^e von Trüffeln.
') Zrdlpt H, Sp. IBMf,: -Aiii, odn vidmchr Advhiir, Ii«l«ilc1 bcy dmrn tn-
dlancrn ins|[CTii^n alltrlcy tnil Saltr und Ess()[ ping^rpöckcllc U'iirizHn, Kriutn und PrCrhK,
mit Mc«r-rortuI>c, [ndiinlKhe Spargtn und dcrEleichen. Dasjenige iber, vas unCrr dem
NaliBiai Asja insonderheit ni uns hrutign Tages gebracht wird, hi nichts andern alt
Tanones, iit JtuiKen SchöSli»^ des giaften Zucker- Rnhn^, velches von Cssp. Baubino
Arando arboi g^nennH wird, l>ie»e4 Zuckcr-Roht stoßet junge, J'arte, doch niweilcn vohl
Kraa dickr Schn-nen hcnnr, dieselben grabet man tieff aus der ErdeTn kochet sie dn
«olf in VTissei. V3, vie man mit Spargen hier im L^uide thui. f'emer Khneidet man ue
1» rvadt Scheiben, bctprengct selbige mit Salti und legM uc einige Tage in die Luffl, Jr*
dodi aho, d^ sie nicht gar zu irocken «erden, darnjich schütlrt man tie In Töpife nnd
HmgleM «e mit Palm Wrln-Essig, »ekhrr ruvtir mit gtoh ge^loBcrcti Srnfl-Saamcn bifi
■I die HHfftc cifJEckocht »ordei. Solche Töptfe werden «ohl verbunden und lun Oe-
tiaift inlgcliobcn, auch in fremde Orter versendet, «ie denn einige davon auch lu uns
M HeHaild fcomNirn. Man steSlel aber diese Asja bey uns aul ah eine Rarität und is&H
<'' nn OcbnIcBS, als daau sie sich wegen Ihm etwas scharffen Oesdnnacks am besten
«Mchif
7, 8: Zahme Oänsse, 2, mit Sauerkrauth, gamirt mit Brat-
würsten, 6.
9, 10: Schöpsskeulen, 16 ^, k la SL Menhout, mit Salpiquon
von Schincken u. Spargell.
IT, 12: Pasteten von jungen Haascn, 5, ä Tespagnole, mit Cham-
pagnewein.
13, 14: Pasteten von jungen Cappaunen, 6, mit Essence von
Schincken.
15, 16: Lammsbrüste, 1, farcirt, gespickt u. glassirt, mit Stauden-
sallath.
17, 18: Cappaimer, 4, ä la braise, mit Eyem u. Citronen ä l'angloise.
19, 20: Haascn, 2, en jubelotte,') mit Bourgogne-Wein.
21, 22: Junge Hüner, 14, en compole mit Spargell, Kälbermilch
u. Krebssen, 2 Schock.
23, 24: Zahme Schweinslenden, 16 'S, mit Sauce Robert von
Senff u. Zwiebeln.
25, 26: Junge Tauben, 14, en compote mit Spargell.
27, 28: Kalbstendron, 8 tt, mit Champagne- Wein.
29, 30: Klösser von Kalbfleisch, SÄ", gamirt mit Kalbscottletten, 5 S".
31, 32: Spinnath, gekocht, mit Milchraum,^) garnirt mit geräucherten
Rindszungen, 4.
33, 34: Junge Cappauner, 8, grill^e[s] mit Vertju.
35, 36: Boiicons von Kalbfleisch, 4 Ä'.
Zum andern Gang
(2 Mittel-, 14 kleine Schüsseln, 12 Assietten, 4 Küchenteller)
1, 2: Tortten croquant[s| mit Gel6e von Johannesbeeren, gamirt
mit Croqucts von eingemachten Kirschen.
3, 4: Kuchen von Pistatien, glassirt, mit Pisquits, gamirt mit
gebackenen Collalzschen von Mandeln. '')
5, 6: Spalmferckel, 2, en gel^e, gamirt mit Serbellatwurst, 2 Ä".
7, 8: Kalte Pasteten von Cappaunen^ 6, u. Rindslendenj 6*/i Ä*,
mit Champagne- Wein.
9, 10: Gebraten[e] junge Cappaunen, 4, u. junge Hüner, 8.
I
i
t} Vldkii^t dne Art HucnpfcKcr.
*t Rahm, S^ne.
^ Mudelkolaudicn, noch heute ein Duntntlicli in Ötkrrcich bdiebtec ßutt«r-
pMck In KloBlurm.
II, 12: Gcbraten(el Thannen-Wildskeulen,*) 16 Ä*, u. 4 kleine
Frischlinge, 16 h'.
13, 14: Gebrateii[es] Lamm, i, u. junge Tauben, 12.
15, 16: Oebratenlel Cappauner, 4, u. junge Hüner, 8.
17, 18: Spargell mit Öhl.
19, 20: Spargel mit weiser Sauce.
21, 22: Lammsköpffgen grillee[s] mit braurer Butter.
23, 24: Kalbslebern geröst mit Speck.
25, 26: Schöpsszungen ä la Mattelotte ^ mit Bourgogne-Wein.
27, 28: Krebsse, 2 Schock, ä rangloise.
29, 30: Saliath von frischen Gurcken.
31, 32: Sallalh von Serdellen.
I Die von dem zweiten Gange dieser Tafel übrig gebliebenen
I Speisen erhielten die Königl. Poln. u. Königl. Preuss. Pagen.
^^^^H Auf eine Täfet Nr. 8, erster Gang
^^^^r (8 Mittel-, 6 kleine Schüsseln, 8 Assietten)
I, 2: Suppen von jungen Hünern, 4, mit Reiss.
3, 4: Suppen von jungen Tauben, 8, en bisque, mit Kälbermilch,
Brechspargel u. dörren Trüffeln.
5, 6: Croquant-Tortte von eingemachten Kirschen, gamirt mit
Torttletgen von eingcm. Johannesbeeren.
7, 8: Kalbskeulen, 21 Ä*, gespickt u. gebraten, mit ju u. frischer
Butter.
9, 10: Zahme Seh wein sie nden, 22 ^, ä la broche, pannirt, mit
Sauce Robert von Senff u. Zwiebeln.
II, 12: Profitroles mit Ragout von Cappaunen, 4, u. Krebssen,
2 Schock.
13, 14: Pasteten von jungen Hünem, 8, mit Spargel ä la crSme.
tS, 16: Engl. Pasteten von Haasen, 2, u. Schöpssenfleisch, 2 ff,
mit Bluth.
II, 18: Alte Cappauner, 4, ä l'angloise, farcirt mit Lebern u.
fein[em] Krauth, mit Essence von Schincken.
■l DamviLilliinilcH,
*) A 1> maleloif ri]{cnl1kh ein mit tlncT schiri m Soße bereiteta FiKhgcHchl, dtnn
He*tl MaklotwOr ani:eTicli(eie Speise. Fdne MaleloboOc wird mit KcKvtin, Schinkm-
«Mihi, Zwiebeln, Thymian, LuTbrcrhlältcrn, Petnsilie, Cham pig neos, NHlien iiiid Pfdfcr
Andkt
)
19. 20: Junge zahme Enten, &, k la braise, eit ballon, mit jungen
gelben Rieben.
21, 22: Kalbsbrüste, tO 'h\ farcirt u. gebraten, mit Spargell.
Zum andern Gang
(2 Mittel-, 8 kleine Schüsseln, »2 Assietten)
1, 2: Gebraten [ej junge Gänsse, 4, u. Cappauner, 2.
3, 4: Gebraten[e] Rehekeule u. -nicken, 8 W', Wildskalb, 10 ^,
junge Haasen, l, u. abgehoben [e] Hirsch keul- Lenden.
5, 6: Gebraten[e] junge Cappauner, 6, u. junge Hüner, 8.
7, 8: Spargel mit öhl u. mit weiser Sauce.
9: Kalte Pasteten von Indianischem Stock, i.
10: Junge zahme Gänsse, 2, ä la dauby, gamirl mit geräucherten
Rindszungen, 2.
11, 12: Creme grillte von Pistatien.
13, 14: Qellee von Orangen.
15, 16: Zahme Schweinsfüsse, 10 fr, a la St Menhout.
17, 18: Kalbsohren en fillet.
19, 20: Gebackene Schneeballen aussm Schmalz.
21, 22: Ragout von Trüffeln in Öhl.
Sallalhe von Kräuthem,
Entieffien, frischen Gurcken u. Rettiessgcn.
Auf eine Officierstafel Nr. 9
(wie auch bei den Tafeln 10-12 nur ein Gang, bestehend ai
6 grossen, 4 Mittel-, 1 2 kleinen Schüsseln und 1 6 Assietten)
1,2: Suppen von Schöpssenfieisch, 8 ft, mit Linssen.
3, 4: Suppen von Cappaunen, 2, mit Kräiithcrn u. Ju von
Kalbfleisch.
5, 6: Engl. Rinderbrathcn, 28 tf, mit Ju \i. abgehoben[em)
räucherten Rindfleisch, mit Petersilie.
7, 8: Abgehoben(e] halbe Schöpsse mit Ragout von Gurcken.
9: Indian. Stück, 1, mit Sauce hachee von Trüffeln. .
10: Zahme Gänsse, 2, mit grünen Stachelberen.
1 1 : Geräucherten zahmen Schincken, 1 1 V, garnirt mit geräucherten
Rindszungen, 2.
12: Abgehobene | 1 h la dauby von Qänssen.
13; Gebackene Tortte von Kirschen, mit gebackenen Torttletgen
von Johannesbeeren garnirt.
14: Abgehoben [en] gebackenfen] engl, ßoudding, garnirt mit
Schneeballen aussm Schmalz gebacken.
15: Kalbskeule, 11 )k', mit Stauden-Sallath.
16: Lammfleisch, '/t- ^'' Frischer-Butter-Sauce.
17, IS: Gebratene 2 Hirschrücken, 24 tf.
19, 20: Gebratene Indian. Stücken, 4.
21, 22: Gebratene Kalbskeulen, 26 Ä".
23: Pastete von Rehekeulen, 8 Ä'. mit Serdellen -Sauce.
24: Pastete von jungen Hünem, 6, mit Spargell.
25, 26; Kalbfleisch, 6 ff, mit kleinen Rosienen u. Capern.
27, 28: Schöpsskculen, 16 ff, mit Stauden-Sallalh.
29, 30: Junge Hüner, 12, en friccass^e mit dörren Trüffeln.
31, 32: Junge Tauben, 16, mit Ragout von Krebssen, 2 Schock.
33, 34: Grosse Speck - Klösser von Semmel, garnirt mit ge-
räuchertem zahmen Bauchspeck, 9 Ä'.
35, 36: Junge zahme Enten, 8, ä la braise, mit Ragout von
grossen Oliven.
37, 38: Kalbsköpffe, 2, mit Specksauce.
Sallath von frischen Gurcken, Stauden-Sallath und grossen Oliven.
Auf eine Volunteurs-Tafel Nr. 10
(4 grosse, 8 Mitlei-, lO kleine Schüsseln, 14 Assietten)
I, 2; Suppen von Seh öpsscn fleisch, 8 tf, mit Ju u. Linssen.
3, 4: Suppen von alten Hünem, 2, mit Kräuthern.
5. 6: Gebratene halbe Schöpsse, 26 S', u. junge Hüner, 8.
7, S: Gebratene Spahnferckel, 4.
9, 10: Gebratene zahme Gänsse, 2, u. Indianische Stücken, 2.
11, 12: Frisch[esl Rindfleisch, 39'*', mit Petersilie.
13, 14: Lammfleisch, 1, mit Frischer- Butter-Sauce.
15, 16: Indianische Stücken, 2, mit Sauce hach^e von Trüffeln.
17, 18: Junge zahme Gänsse, 4, mit Stachelbeeren.
19, 20: Zahmes Schweinefleisch, 8 'ft, mit dörren Erfassen.
21, 22: Gebackene Tortte mit eingemachten Stachelbeeren.
23, 24: Lammfleisch, I, gekocht, mit Sauerrampff.
2S, 26: Kalbfleisch mit Capem u. kleinen Rosienen.
21, 28: Junge Hüner, 12, k la polonoJse mit Citronen u. frischer
Butter.
29, 30: Alte zahme Enten, 4, k la braise, mit Oliven.
31, 32: SchüpssenfJeisch, 6 9t, mit Braunkohl.
33, 34: Schöpss-Cottletlen, 11 ff, mit brauner Butter.
35, 36: KaIbs[ge|krÖsse, 4, en friccass^.
Sallalh von frischen Ourcken, Stauden-Sallath u. grossen Oli>
Die Gerichte der
Dowarschen-TafeM) Nr. 11
(4 grosse, & Mittel-, 10 kleine Schüsseln, 14 Assietten)
waren fast die gleichen, wie bei Tafel 10; nur gab es als Gericht
5, 6: Gebratene Indianische Stücke, 4.
1, 3: Gebratene Lämmer, 2, u. junge Tauben, 8.
27, 28: Friccass^ von jungen Hünern, )2, mit Spargell.
35, 36: Rindskaldaunen, 8 i^, mit Meyeran.
SailatJi von Entieffien, Stauden -Sallalh u. frischen Ourcken.
Auf eine Do mestiquen -Tafel Nr. 12
(4 grosse, 8 MIttel-j 10 kleine Schüsseln, 14 Assietten)
1, 2: Suppen von Schöpsscnfleisch, 7 'ft, mit Linssen.
3, 4: Suppen von Cappaunen, 2, mit Kräutltcrn.
S, 6: Gebraten[e] Wildskeulen, 28 ff.
7, 8: Gebratene Indianische Stücken, 4, u. Junge Hüncr,
9, 10: Gebratene junge zahme Oänsse, 4, u. junge Tauben, 12,
11, 12: Abgehoben[es] Pöckel- Rind fleisch.
13: Abgehobene Pastete von Cappaunen.
14: Pastete von Lammfleisch, ^j^, mit Spargetl.
15: Abgehobene Schöpsskeule ä la braise.
16: Kalbsschlegel, 10 ff, mit Ju u. frischer Butter.
17, 18: Zahme Oänsse, 4, ä la breche, mit Stachelbeeren.
19, 20: Indianische Stücken, 2, mit Sauce hach^e von dörren Trüffeln.'
2\, 22: Frisch[es] z3hm[es] Schweinefteisch, 12 h', mit dörren
Erbssen.
23, 24: Kalbfleisch, 6 ff, mit Capern u. kleinen Rosienen.
1] siehe oben S. W, Ann. 1.
25, 26: Tortten von eingemachten Kirschen, mit dergleichen Tortt-
letgen gamirt
27, 23: Gänssekleint schwartz.
Nach dieser reichen Mittagsmahlzeit gab es abends an
der Königlichen und an der Marschallstafel, die allein gedeckt
wurden, verhältnismäßig einfache Kost, nämlich an erstercr
1. Abgehoben(ej kalte Pastete von Indianischem Stück.
2. Abgehoben[e$J ä la dauby von zahmen Qänssen en gallanline.
3 u. 4. Kalbskeulen, 20 'ft, gespickt u. gebraten, mit Ju u. frischer
Butler.
S u. 6. Tortten mit Cr^mc von Pisfatien, garnirt mit Tortttetgen
von eingemachten Kirschen.
7 u. 8. Gebackene fiefenkuchen, gamirt mit Torttlelgen von ein-
gemachten Kirschen.
9. Frischen Lachss, 5 ff, grill4e mit Sauerrampff.
10. Lammsköpffgen gri[16[s] mit Citronensafft.
II u. 12. Terrins mit jungen Hünem, 16^ zerschnitten, mit ge-
brochenem Spargel
13. Terrine mit Suppe sant6 von Cappaunen, 2, mit ju.
14. Terrine mit kalter Schaale von Rheinwein mit kleinen Rosienen
u. schwartzem Brodt.
15 u, 16. Oebraten[e] junge Cappauner, 8, u. junge HÜner, 8.
1 7. Gebratenfe] Reherücken, 4 V, Rccbhüner, 2, u. wille Tauben, 5.
18. Gebraten[e] zwey Frischlinge, 8 S", u. junge Haasen, 2.
19 u. 20. Rindslenden, 15 Ä", gebraten ä la polonoise.
21 u. 22. Schöppslenden,9ft',ärangloisegebraten,milSlaudensalIath.
23 u. 24. junge Cappauner, 8, farcirt, ä la bralse, mit Zwiebeln.
25 u. 26. Junge zahme Eulen, 8, en gallanline, k la braisc, mit
ganzem Spargell.
27 u. 28. Gel^ mit Appelsienen.
29 u. 30. Blanc-mange[r] von Mandeln.
3 t -34: Spai^el mit Öhl oder mit weiser Sauce.
35 u. 36. Tortien von jungen Tauben, 12, mit Krebsscn, 2 Schock,
ä la creme.
37 u. 38. Tortten von jungen Haasen mit Champagne-Wein.
Sallath von Rettiessgcn, frischen Gurcken, Staudensallath
u. grossen Oliven.
Bei der Marschallstafel dagegen gab es abends:
1. Oebraten[esJ Lamm, Vi. ti. junge Hüner, 4.
2. Gebratene junge Cappauner, 8.
3. Oebraten[en| Reeherücken, 3 ff, u. Tauben, 6.
4. Gebraten [en] Frischling, 4 h; u. junge zabtne Enten, 4.
5 u. 6. Abgehobene Qallantinc von zahmem Schweins- u. Rinds-
kopff, auch Rindszungen, mit StaudtlensalatJ.
7 u. 8. Tortten von eingemachten Kirschen, gamirt mit dergl.
Torttletgen.
9. Schöpsskeule, 1 1 S", ä la breche, mit frischen Gurcken.
10. Kalbskeule, 14 Ir^', k la broche, mit Ju.
11. Tortte von Lammfleisch, '/«. ">'* Spargell.
12. Tortte von jungen Hünem, 7, mit Krebssen, 1 Schock.
13. Abgehoben [e] zahme Enten mit Ourcken-Sauce.
14. Junge Hüner, 4, mit Sauce k t'espagnole.
15. Junge Tauben, 8, in Compote mit Kälbermilch.
16. Zahme Gauss, t, mit eingemachten Kirschen.
17 u. 18. Abgehoben[e| Artschocken mit Semmelbrühe.
1 9 u. 20. Spargel mit weiser Sauce.
Sallath von Gurcken u. Staudensallath.
Rechnet man dazu noch alle die den aliein speisenc
Hofbeamten und Bediensteten gelieferten Einzelgerichtc, wie sie
im Neuen Archiv für Sächsische Geschichte XXVII (1907), S. 209f.,
aufgezählt sind, und das Fleisch, das »zum Zurichten der Speisen*,
namentlich zur Gewinnung von Bouillon und Soßen gebraucht
wurde, so ergibt sich für diesen einen Juni&onntag in der kur-
fürstlich-königlichen Hofküche ein Verbrauch von ungefähr
1250 ff Rindfleisch,
625 ff Kalbfleisch,
375 ff Schöpsenfleisch,
180 ff Schweinefleisch (einschl. der Wildschweine),
40 ff Nierenstollen,
60 Rindszungen,
14 Lämmern,
4 Spanferkeln,
170 ff Schinken,
1
Ein ftlrstliches Menü von 1730.
223
180
ff Speck,
175
ff Wildpret,
12
Hasen,
500
Hühnern (einschl. der Truthühner),
6
Fasanen,
170
Kapaunen,
285
Tauben,
90
Enten,
65
Gänsen,
10
Rebhühnern,
25
Schock Krebsen,
30
ff Lachs, 32 ff Hecht, 5
ff
Karpfen,
15
ff Mettwurst,
26
Bratwürsten.
Dabei ist noch nicht mitgerechnet, was die vielen hohen Herr-
schaften und ihr Personal abends für sich in den Zelten ver-
speisten. Und das mag auch noch ein ganzer Posten gewesen sein!
Leider meldet das Aktenstück, dem obige Angaben über
die Speisen entnommen sind, nichts was bei den beiden Mahl-
zeiten am 4. Juni getrunken worden ist. Es wird wohl nicht
weniger gewesen sein als am 19. Juni, wo im ganzen, einschließ-
lich der Getränke für die nicht mit zur Tafel Gezogenen und
für die Sondert ieferun gen in die Zelte der hohen Gäste, gebraucht
wurden :
849 Flaschen Tokaier,
46 B Champagner,
2057i " Burgunder,
S » Bordeaux (Pontacq),
7 n Ratafia Romano, ')
12 Eimer 30 Maß Rheinwein,
5 . 7l'/9 Maß Landwein,
1^/i Maß Kümmelbranntwein,
0 Zfdler XXX, 5p 919: .RatifTa tst dnc Art von einem starckcn Octrtnckc.
«cldics von gavm Brannicvein oder Acjuavlt. Zucker und einigen anderen Dingen, als
KirtcbcB, Jobanniiben-en, Himbcemi. Quitten, Seien, Penich-. Aprkown- und Kinch-
kernen, Wacholder, Nekkrn, Oiangcnblülen un>il dM^lricbefi mit Zu&rtzung guier Oevürtar
bernlet «ird.* Des vnleren gibt Zedier eine Hethe vun Reuptcti an, gntoi tuten und
«effien Ratalla in braum.
224 Hans Besdiorner.
2 Vi Maß Chemnitzer Luftwasser/)
14 Flaschen Dünnsteiner Sauerbrunnen,
28 H Selzner Sauerbrunnen,
9 « Egerischer Sauerbrunnen.
Brauchten Hofküche und Hofkellerei an einem einzigen
Tage solche Massen von Speisen und Getränken, so durfte man
sich nicht wundem, wenn sich schließlich nach Beendigung der
Zeithainer Veranstaltungen die Oesamtausgaben für erstere auf
fast 35 000 Taler, die für letztere auf weit über 10000 Taler
beliefen !
>) Eher wohl ittdi Irgendein tplrltiifisea Tifelgetilnk als eine« der von Zedier II,
Sp. 1005, besdirid>enen ■Lnfft-Wasser* (Aqnae uttmuttcae), die .denenjenlgen dienlich,
vddie mit einem ROdilen einen ztben Schleim durdi den Hn>tcn ansvCTffen nnd dahero
mit Kcndicn nnd imrtzem Odem gepUget sind, indem entweder die Ljrmpha wegen barter
Kilte im Winter verderbt und so zihe und kld>ricfat wie Leim oder wegen des Alten nnd
ans Mangel derer Lebens-Oeister dicke worden ist.>
Als in den Jahren 1730 und 1731 die wegen ihres Glaubens
"on Viktor Aniadeus II., dem Könige von Sardinien, hart be-
drängten Waldenser der Täler Pragelas, St. Martin, Perosa und
Lusema nach der Schweiz ihre Zuflucht genommen hatten,
wandten sich die evangelischen Kantone dieses Landes an den
preußischen König mit der Bitte, er möchte sich der flüchtigen
reFormierten Glaubensgenossen irgendwie annehmen, da sie allein
nicht imstande wären, ihnen hinreichende Hilfe zu leisten.
Friedrich Wilhelm 1. beschloß, einen Teil der verfolgten Waldenser
in sein Land zu ziehen, um damit Litauen, das immer noch eine
schwache Bevölkerung aufwies, zn »repeuplieren". Deswegen
bestimmte er, daß der französische Oerichtsrat d'Alen^on') nach
der Schweiz reisen sollte^ damit er die dort befindlichen Plemon-
lescn in Augenschein nähme und prüfte, ob sich unter ihnen
arbeitsame Ackerslcule und tüclilige Handwerker befänden, die
sich zur Ansicdlung in Ostpreußen eigneten. D'Alcnt^on reiste in-
folgedessen am 4. März 1731 von Berlin ab und kam am
21. März in Basel an. Diese Stadt berührte er wiederum auf der
Rückreise am 10. November desselben Jahres. In die Zwischen-
■) Es Tir der Sohn de chernntlgeß r»rbmenttptäwde-ntcn von Orange. Er -rar
tta in dem böctiücn Rcvttionkiieiichl, du im Jahre 17D5 für die fruizäolschen Sachai unter
den Nunc« •Tribunal d'Oranse* nriiiilet woidea war und dem lein Vater voittuid. Kr
g^i&rte dineai Qericht aucli «piler an, aU n 1716 mit dem preuRJKhen Obcnppcltatloi»-
fcrickt. dem togminnlet) .ObcrlHbuT^nl-, vrreiniKT viirde. und hatte darin dat Lchnuichlv
xa borbdtcn. VkI. Munt. Ocschlchtc der fnutzüsltchen Colonie, S. 2S, si, 151.
Arehiv «r Kultur^rKhlchlc. VI.
226
Siegfried Mairc
zeit fällt sein Aufenthalt in der Schweiz, der sich hauptsächlich
auf Bern und mehrere wichtige Orte der Westschweiz erstreckte.
Seine Reise war also keine Vergnügungs-, sondern eine Geschäfts-
reise. Aber trotzdem gewährt sie uns die Möglichkeil, uns über
die Kosten zu unterrichten, mit denen damals eine Reise nach
der Schweiz verknüpft war, da d'Alen^on verpflichtet war, über
alle Ausgaben, die seine Fahrt verursachte, genau Buch zu führen
und Rechenschaft abzulegen. Die Rechnungen über die Kosten
setner Reise sind uns erhalten in den Berichten, die er über
seine Tätigkeit in der Schweiz seiner vorgesetzten Behörde, dem
Qeneraldirektorium, erstattet hat.^) Wir können uns daraus ein
ziemlich deutliches Bild von den Beförderungskosten einer
Schweizerreise, die ein den besseren Gesellschaftskreisen ange-
höriger Herr unternahm, für die damalige Zeit machen; dagegen
sind wir für die Verpflegungs- und Zehrungskosten mehr ai
Schlußfolgerungen und Mutmaßungen angewiesen.
Ich werde im folgenden zunächst von den Transport-
kosten handeln. J
D'Alengon trat seine Abreise von Berlin mit der »ordi-
naircn Post" an. Er benutzte diese für den 59 Meilen weiten
Postweg bis Frankfurt a. M., wo er wahrscheinlich am 12. März
anlangte. Für diese Strecke betrug das Postgeld für den Gerichts-
rat, für seinen Diener und 120 Pfund Überfracht 39 Taler
22 Groschen. Wie diese Summe sich im einzelnen für die ver-
schiedenen Teile der Strecke zusammensetzt, ergibt sich aus den
Angaben über die Kosten der Rückreise, auf der d'Alen^on den-
selben Weg einschlug. Der Fuhrlohn belief sich auf der Rück-
bhrt für den Herrn und seinen Begleiter auf 9 Reichstaler
für den Weg von Frankfurt bis Kassel (18 Meilen). Die Post-
fahrt von Kassel bis Ellrich kostete 2 Dukaten species = 5 Taler
12 Groschen. Das Postgeld von Ellrich bis Halberstadt betrug
3 Taler. Der Weg von Kassel bis Halberstadt war ebenso weit
wie der von Frankfurt bis Kassel. In Ellrich mußten für die
Überfracht von Kassel bis Hatberstadt noch 3 Taler 16 Groschen
entrichtet werden. Für die Fahrt von Halberstadt endlich
') Siehe Akim dn Cchcimrn Stuturrhlvt lu Berlin. Oeneraldirektoritiin.
preuBen und Lluuen Mslcrlen Tit. XIX, ScW. J. Nr. 3.
^0
Die Kosten dner Schweizerreise im Jahre 1731.
227
Beriiti, die 23 Meilen umfaßte, bezahlte d'AIengon 1t Taler
S Groschen. Auf der Rückreise hat er also im ganzen nur
32 Taler 12 Groschen ausgegeben. Der Unterschied gegen die
Hinfahrt beruht entweder auf der geringeren Oberfracht, da sein
Gepäck zum Teil auf einem Karren milgenommer werden konnte,
oder auf dem langsameren Tempo, in dem die Rückfahrt vor
sich ging. D'AIengon gebrauchte für diese die Zeit vom 27.
November bis zum 16. Dezember. Er mußte zurück gemäch-
licher reisen, weil er die Beförderung einiger Schweizerfamilien,
die in Berlin angesiedelt werden sollten, zu besorgen hatte. Viel-
leicht hat er aus diesem Grunde auf der Rückreise nicht immer die
Post benutzt, sondern mitunter sich mit einer Mielskulsche begnügt.
Von Frankfurt a. M. bis Straßburg, das von jener Stadt
25 Meilen entfernt ist, fuhren keine »ordinairen Posten"
mehr. Infolgedessen sah sich der französische üerichtsrat ge-
nötigt sicii eine Landkutsche zu mieten. Der Fuhrlohn für diese
betrug auf der genannten Strecke 1 0 TaEer 8 Groschen. Erst
im 20. März traf d'Alenijon in Straßburg ein. Wenn er sich
auch einige Tage in Frankfurt aufgehalten haben mag, so er-
scheint die Zeit, die er bis zu seiner Ankunft in Straßburg ge-
brauchte, doch etwas lang, was vielleicht darauf zurückzuführen
ist, daß die billige Landkutsche auch etwas langsam fuhr. Da-
her benutzte der Gerichtsrat, vermutlich um die verlorene Zeit
wieder einzuholen, für die 14 Meilen lange Strecke von Strafl-
burg bis Basel die »reitende Post", mit der die Fahrt aller-
dings viel teurer zu stehen kam, nämlich auf 5 Spezi es- Dukaten
oder 1 3 Taler i 8 Groschen. Auf dem Rückwege wählte er für
die Strecke von Basel bis Mainz die Wasserstraße. Er bezahlte
(b dem Schiffer Lukas Brendly für seine Beförderung und die
seiner aus 8 Erwachsenen und 4 Kindern bestehenden Begleitung,
woiu noch das Gepäck und die Sachen kamen, welche die Aus-
wanderer aus der Heimat mit sich führten, nur 7 Mirlitons
ä T^li Gulden und V* Louisd'or ä 2Vi Reichstaler = 36 Taler
8 Groschen. Die Fahrt auf dem Wasserwege war also billiger
und ging auch etwas schneller von statten. Sie dauerte vom
iS. bis zum 23. November. Ob allerdings die Beförderung zu
Wasser auch für einzelne Personen billiger zu stehen kam, mag
15*
dahingestellt bleiben, wenn ich auch diese Frage in bejahendem
Sinne beantworten möchte in Anlietracht dessen, daß der preußische
Agent auch in der Schweiz einmal den Wasscrtt'Cg vorzog, wo
er vorher für dieselbe Strecke den Landweg gewählt hatte. ^|
Am At>end des 2t. März kam er auf der Hinreise nach def
Schweiz mit der «reitenden Post" in Baselan. Er befand sich nun
auf Schweizer Boden und setzte hier am 23. März seine Reise nach
Bern fort, wo er am 25. März abends um 8 Uhr eintraf. Für die
10 Meilen weite Fahrt von Basel bis dahin bezahlte er 10 Taler
1 2 Groschen. Die Reise war infolge der schlechten Wege und wegen
Schnecwctlers recht beschwerlich undlangwierig gewesen. D'Alen^on^^
Aufenthalt in Bern, wo er die ersten Vernehmungen der Piemon-
tesen abzuhalten und mancherlei mit den ßerner Behörden zu
erledigen hatte, währte bis zum 13. April. Am folgenden Tage
reiste er nach Neuchätel weiter und langte am selben Tage dort
an. Er entrichtete an Fuhrlohn für die Fahrt bis dahin I Louis-
d'or und 51 Batzen oder 7 Taler 1 Groschen. In Neuchätel
blieb er bis zum 19. April; er mußte dort verschiedene Ange-
legenheiten mit dem Gouverneur de Fromenl erledigen. Danach
trat er eine längere Reise nach dem Waadtlande, nach dem
Pays de Vaud, an, in dem er an mehreren Orten die flöchtigen
Waldenser über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
verhören sowie über ihre Neigung zur Übersiedlung nadt
Preußen befragen sollte. Sein Weg führte ihn zunächst nach
I^usannc, dann nach Morges, M'eiter nach Rolle, sodann nach
Aubonne, femer nach Bonmont, Nyon, Goppel, Romain uiotier,
Orbe, Vverdon, Milden (Moudon), Payerne, Avenches und von
dort zurück nach Neuchätel, wo er jedenfalls am Abend des
18. Mai wieder eintraf, ür weilte in Lausanne wahrscheinlich
vom 20. bis zum 25. April, in Morges am 26., in Rolle am 27.,
in Aubonne am* 28. April. In Bonmont war er am 30. April,
in Nyon am 2. und in Goppel am 3. Mai. Der Aufenthalt in
diesen Ortschaften ließ ihn also die Schönheiten des Genfer Sees,
an dessen Rande oder unmittelbarer Nähe sie alle gelegen sind,
in Ruhe von verschiedenen Punkten aus genießen. Danach be-
gab er sich nordwärts in das hochgelegene Innere des Waadt-
landes und hielt sich nacheinander auf: am S. Mai in Romain'
Die Kosten dner Schweizerrefse im Jahre IVSI. 229
moticr, am 6. in Orbe, am 7. in Yverdon, am 8. und 9. in Milden und
am lO.Mai in Payerne. In Avenches mußte er längeren Aufenthalt
nehmen, weil unterdessen das Pfingstfest herangekommen, während-
dessen er nur ungern seine Vernehmungen unterbrach. Er blieb
dort vom tl. bis zum 18. Mai. Die Reise und der Aufenthalt
im Rays de Vaud währte also beinahe einen Monat. D'AIen«;©«
war dabei nicht bloß von seinem Diener begleitet, sondern auch
wn dem Einnehmer oder Empfänger Dardel aus Colombier
am Keuenburger See, der ihm als Wirtschaftsverständiger bei
seinen Nachfragen «nd Untersuchungen über die Verhältnisse der
WaMenser mit Rat und Tat zur Seite stehen sollte. Für diese
drei Personen beliefen sich die Reisekosten während des Monats
auf 65 Taler 4 Groschen, worin auch die Verpflegungskosten
des Dardel mit einbegriffen waren.
Die zweite Anwesenheit des französischen Gerichlsrates in
Ntuchälel erstreckte sich bis in die erste Woche des Monats Juni.
Am 6. Juni finden wir ihn in Genf. Für die Reise dorthin hatte
er an Fuhrlohn 5 Louisdor = 25 Taler ausgegeben. Dort ver-
weüle er über zwei Monate, Dieser längere Aufenthalt fand in
den Tagen vom 22. bis zum 25. Juli eine Unterbrechung durch eine
Fahrt nach Morges, das ö'/a Meilen von Genf entfernt ist. Hier
luttc er eine Besprechung mit dem Kandidaten der Theologie
Maroger, zu der dieser aus dem nahegelegenen Lausanne
herübergekommen war. Der Mietslohn für die zwei Pferde, die
d'Akn(;on nach Morges gefahren hatten, betrug für den Tag
einen halben Genfer Taler, für alle vier Tage 4 Genfer Taler
ä 3t'/, Batzen = 5 Taler 6 Groschen. Dazu kamen noch die
Kosten für das Futter und das Unterstellen der Pferde.
Am 11. August verließ der preußische Kommissar Genf,
wo er trotz der langen Dauer seines Aufentlialts nur wenig aus-
gerichtet, dafür aber vielleicht gründlich die landschaftlichen Reize
der Umgebung auf sich hatte wirken lassen, und gelangte über
Lausanne, wo er zwei Tage blieb, zum zweiten Male nach Bern.
Wahrscheinlich ist er dort am Abend des t4. August angekommen.
Der Fuhrlohn von Genf nach Lausanne und von dort nach Bern
bciief sich auf 4 Louisd'or 14 Balzen 3 Kreuzer oder auf 20 Taler
14 Groschen 9 Pfennig. In Bern trat d'Alenijon noch einmal
A
mit den Behörden des Kantons betreffs der Anwerbung von
Waldensern für Preußen in Unterhandlungen, fand aber nur sehr
geringes Entgegenkommen. Deswegen wandte er sich am 16. Sep-
tember von dort wiederum nach Neuchätel, wo er nun zum
dritten Male einen längeren Aufenthalt nahm. Seine Reise dort-
hin erfolgte am 16. September; und zwar bis Murten zu Lande
für 60, von da nach Neuchätel zu Wasser für 26 Batzen. Sie
verursachte also eine Ausgabe von 3 Talern 16 Groschen 6 Pfennigen,
eine Summe, die erheblich niedriger war als die, die der Gerichts-
rat für seine erste nur mit Wagen ausgeführte Fahrt nach Neu-
chätel aufgewandt hatte. Er hatte also inzwischen billiger reisen
gelernt und wußte, daß das Reisen zu Wasser seinen Geldbeutel
weniger In Anspruch nahm.
D'Alcn<,'ons dritter Aufenthalt in Ncuchälei währte nicht
ganz zwei Monate. Er suclite in dieser Zeit hauptsächlich Seiden-
handwerker für die Übersiedlung nach Berlin zu gewinnen, wo-
mit er jedoch auch nur geringen Erfolg hatte. Auf wiederholte,
schließlich sehr energische Aufforderung des Generaldirektoriums
mußte er sich schließlich zur Heimreise bequemen, die am
7. November von Neuchätel aus von stalten ging. Er ließ sich
von dort bis Solothurn wiederum zu Wasser befördern und
mußte für diesen Transport 1 Louisd'or oder 5 Taler enlriditen.
In Solothurn nahm er einen zweispännigen Wagen, der ihn am
10. November bis Basel brachte. Er hatte für seine Beförderung
180 Batzen (25 Batzen = i Keichstaler) oder 7 Taler 4 Groschen
6 Pfennig zu bezahlen; dazu kam noch die Fracht für seinen
Koffer, die von Solothurn bis Basel 26 Batzen oder t Taler und
1 Groschen betrug.
In Basel verweilte der preußische Agent bis zum 1S. No-
vember und trat an diesem Tage zusammen mit den angeworbenen
Seidenfabrikanten auf dem Schiffe des Lukas Brendly die
Fahrt nach Frankfurt a. M. an. Ober die Kosten dieser Fahrt
sowie überhaupt über die der ganzen weiteren Rückreise habe
ich schon oben bei Gelegenheit der Besprechung der Ausgaben
für die Hinfahrt gehandelt. Es scheint so, als ob d'Alentjon auf
der Rückreise sein Gepäck von Frankfurt aus zusammen mit den
Habseligkeiten der Auswanderer auf einem gemieteten Korbwagen
^
Die Kosten riner Schweizenrise im Jahre 1731. 231
labe befördern lassen. Dadurch wurden die Transportkosten für
ihn und seinen Diener - sie benutzten von Frankfurt aus wieder
besondere Mietskutschen oder die Post — der Hinreise gegenüber
«was mäßiger. Andererseits war einmal doch wieder eine größere
Aufwendung nötig, weil die Beförderung der schweizerischen
Handwerker nicht allzu sehr verzögert werden durfte. Während
d'cse am 22. November von Mainz aus auf einem Marktschiff
nach Frankfurt gebracht wurden, eilte ihnen der Oerichtsrat von
jener Stadt aus voraus, um in Frankfurt die für ihren weiteren
Transport notwendigen Vorbereitungen und Anstalten zu treffen.
Er bediente sich dazu von Qerleson aus der Extrapost, die mit
z*ei Pferden bespannt war und ihn für den 4'/, Meilen weiten
W^ 6 Gulden 36 Kreuzer oder 4 Taler 9 Groschen 6 Pfennig
kostete. Trotz alledem mußte er sich in Frankfurt bis zum
2i. November aufhallen. Auch sonst fand seine Rückreise durch
die Fürsorge, die er der Beförderung der Seidenfabrikanten zu-
wfndcn mußte, manche Verzögerung, so daß sie, wie schon oben
mitgeteilt ist, zwar weniger Kosten verureachte als die Hinreise,
iber auch viel längere Zeit beanspruchte. Es ist hier immer nur
««1 den Ausgaben für den Transport die Rede; die Zehrungs-
kosten steigerten sich selbstverständlich durch die Verzögerung
der Röckreise bedeutend.
Ich habe bisher immer nur von den Aufwendungen ge-
sprochen, die d'AIen^on für seine und seines Dieners Beförderung
w machen hatte. Es ist hier vielleicht der Ort, darauf hinzuweisen,
ßtil welchen Kosten das Reisen damals für Leute geringeren
Sludes verknüpft war, in unserem Falle für die angeworbenen
Seidenweber, die sich in der Begleitung des preußischen Kommissars
befanden. Schon oben habe ich angegeben, daß ihr Transport
TU Schiffe von Basel bis Mainz auf 36 Taler 8 Groschen zu
stehen kam. Sie führten selbstverständlich auch die Sachen bei
sich, deren Mitnahme aus der Heimat sie für unumgänglich not-
wendig erachtet hatten; außerdem reiste mit ihnen auch d'Alenqon
und sein Diener, wodurch die Transportkosten aber nur unerheb-
hch erhöht werden konnten. Die schon erwähnte Fahrt auf dem
Marktschiff von Mainz bis Frankfurt a. M. kostete 2 Gulden
14 Batzen.
i
Von Frankfurt aus legten die Handwerker den Weg zu Fuß
zurück. Nur für ihre Kinder und Habseligkeiten wurde ihnen
ein Karrtn gemietet, dessen Mietspreis bis Halberetadt (36 Meilen)
sich auf 22 Taler 16 Groschen belief. Doch in der Mitte dieser
Strecke, in Altendorf, das von Halberstadt noch 18 MeÜen ent-
fernt liegt, stellte sich infolge der üblen Wege und des schlechten
Wetters, das eine Wanderung zu Fuß äußerst erschwerte, die
Notwendigkeit heraus, noch einen Karren anzunehmen, für den
8 Taier 8 Groschen gezahlt werden mußten. Von Halberstadt
aus erhielten die Einwanderer durch die königlichen Ämter Vor-
spann gestellt. Da hierzu von den Kammern noch nicht überall
die erforderlichen Anweisungen erlassen waren, so sah sich
d*Alen(;on genötigt, in einigen Ämtern gewisse Beträge vorläufig
zu hinterlegen, woraus erhellt, wie hoch damals die Leistungen
von Vorspann bewertet wurden. So hinterlegte er am 1 3. Dezember
in Magdeburg für zwei Wagen Vorspann, den einen mit einem,
den anderen niil zwei Pferden, eine Summe. Diese belief sich
in Ziesar am \S. Dezember für 8 Pferde Vorspann bis Branden-
burg auf 1 Reichstaler 12 Groschen, in Brandenburg an dem-
selben Tage für zwei Vorspannfuhren bis Berlin, von denen die
eine mit vier, die andere nur mit zwei Pferden besjMnnt war,
auf 8 Reichstaler.
Ich wende mich nunmehr zu den Aufwendungen, die
d'Alen^on auf seiner Schweizer reise für die Bezahlung des
Nachtquartiers und für die Bestreitung der Ver-
pflegung gemacht hat. Für diese sogenannten »Zehrungs-
kosten" erteilen uns die Rechnungen, die der Oerichtsrat ein-
gereicht hat, im einzelnen keine genaue Auskunft. Wir erfahren
nur im allgemeinen, daß während der Reise d'Alen^on selbst
täglich die außerordentlichen Diäten von 2 Reichstalem, seinem
Bedienten aber die von 12 Groschen bewilligt worden waren.
Beide zusammen haben für die Zeit vom 4. März bis zum
14. Juli (133 Tage) 310 Taler 8 Groschen und für die Zwt vom
15. Juli bis zum 2V. September (77 Tage) 179 Taler 16 Groschen
bezogen. Mit diesen Summen scheinen sie auch zu ihrer Ver-
pflegung und für ihren Unterhalt ausgekommen zu sein, ja, sie
haben sogar vielleicht davon noch etwas erübrigt. Denn sonst
M
'wire es nicht denkbar, daß der Oerichtsrat in seiner letzten
Rechnung zwar darauf hinweist, daß er die letzten Diäten vom
iO. September bis zum 16. Dezember, dem Tage seiner Ankunft
in Berlin, noch nicht erhallen habe, andererseits aber nicht um
ihre baldige Auszahlung ernstlich bittet. Es finden sich auch
sonst keine Belege, weder eine Anweisung noch eine Quittung,
darüber, daß ihm jemals noch die Diäten der letzten zweiund-
einhalb Monate ausgezahlt worden wären. Er war ein Mann
ohne Vermögen, worauf der König bei seiner Auswahl zu der
Sendung nach der Schweiz besonders aufmerksam gemacht wor-
den wiT, Schon aus diesem Grunde hätte d'Alengon auf die
Diälen nicht verzichten können, wenn die Summen, die ihm bis
wra 29. September gegeben worden waren, nicht zu seinem
ÜRtB-halt ausgereicht hätten. Gerade eben deswegen, weil er
mit diesen reichlich ausgekommen war, hat er es vielleicht unler-
«sscn, um die Anweisung der Diäten för die Zeit vom 30. Sep-
tember ab einzukommen. Er wollte durch ein solclics Gesuch nicht
den Unwillen des üeneraldirektoriums noch vermehren, das es
ihm sehr übel genommen halte, daß er seinen Aufenthalt in der
Schweiz so ungebührlich lange hingezogen und trotz wiederholter
Aufforderung die Rückreise nicht sofort angetreten hatte. Wohl
um diesen Zorn etwas zu beschwichtigen, leistete er auf die letzten
Diälen Verzicht und begnügte sich selbst ebenso wie sein Diener
niit den Geldern, die sie erhalten hatten, die also auch hinlänglich
zur Bestreitung ihrer Aufwendungen für Kost und Nachtquartier ge-
wesen sein müssen. Dann wäre d'Alen^on für seine Person den Tag
über mit l Taler und 8 Groschen statt mit 2 Talern ausgekommen.
Dieses Ergebnis unserer Erwägungen findet nun seine Be-
stätigung durch die Einzelheiten, die d'Aleni;ons Rechnungen für
die Zehrungskosten anderer Personen, die er mitimter bestreiten
mußte, anführen. Wir hören da, daß er den Kapitän de la Plunie,
einen Waldcnser, der ihm bei dem Verhöre seiner Landsleute in
Beni behilflich gewesen war, zu Mittag mit einer Mahlzeit be-
wirtet hat, die 7 Groschen Unkosten verursachte. Für den Kandidaten
der Theologie Maroger entrichtete er in Morges an Zchrungs-
kostcn auf vier Tage 50 Batzen oder 2 Taler. Danach kam dieser,
der doch ungefähr derselben Gesellschaftsschicht wie der Kapitän
234 Siegfried Miire.
und der Gerichtsrat angehörte, täglich mit einem halben Taler
für seine Verpflegung aus. Von den Preisen des Nachtquartiers
können wir uns einigermaßen eine Vorstellung machen, wenn
wir erwägen, daß d'Alen^n in Morges für die Unterteilung und
Fütterung von zwei Pferden, für sein Logis sowie für das
Marogcrs in den vier Tagen im ganzen 3 Taler 1 Groschen
bezahlen mußte.
Für einfache Leute gestalteten sich die Lebensverhältnisse
etwas billiger. Darüber sind wir ziemlich genau unterrichtet, da
uns d'AIen<;on die Ausgaben anführt, die er für die Verpflegung
der Seidenfabrikanten auf der Reise nach Berlin gehabt hat Es
sind das also eigentlich nicht Kosten, die durch die Schweizerreise
selbst verursacht waren; aber sie geben uns doch einen gewissen
Aufschluß darüber, mit welchen Mitteln damals Reisende geringeren
Standes Unterhalt und Nachtquartier bestreiten konnten.
Der Sei den webergeselle Pierre Mathieu Barricr. den
der preußische Kommissar nach Basel vorausgesandt hatte, damit
er dort Seidenarbeiter für die Auswanderung nach Brandenbui^
gewönne, erhielt für die Zeit vom 4. Oktober bis zum i S.November,
in der er anfangs unterwegs gewesen war, sich später aber meist
in Basel aufgehalten hatlc, an Zehrungskosten s Taler 3 Groschen
3 Pfennige, so daß also auf den Tag 4*/, Groschen entfielen.
Von Basel aus waren es folgende Personen, für deren Ver-
pflegung d'Alen«;on zu sorgen hatte;
1. Der Seidenfabrikanl Meister Daniel Schweitzer nebst
einem Teil seiner Familie, bestehend in vier Söhnen von 18, 16,
8 und 6 und einer Tochter von 9 Jahren; 2. Jakob Schweitzer
nebst einem Sohn von 6 Jahren; 3. Franz Ulrich Koch, ein
lediger Gcselfc von 24 Jahren; 4. Pierre Mathieu Barrier, gleich-
falls ein lediger Geselle von 30 Jahren und 5. Hans George Tschudi,
ein eben aus der Lehre gekommener Bursche von 19 Jahren.
Es waren also im ganzen sieben erwachsene Personen ui
vier Kinder.
För sie alle oder doch für einen Teil von ihnen bezahlte
der Gerichtsral in I5asel an Provision auf dem Wasser und an
Zehrungskosten über Nacht 15 üulden S4 Kreuzer = 10 Taler
14 Groschen 6 Pfennig. Es ist nicht angegeben, für wieviel
A
Die Kosten einer Schweizerreise im Jahre 1731. 235
Tage diese Bezahlung galt Wir hören auBerdem, daß die Leute
sich 5 ü" K5se, wofür sie 9 Batzen oder 9 Groschen 6 Pfennig,
und 54 Maß Wein ä 5 Kreuzer, wofür sie 4 Gulden 19 Kreuzer
oder 2 Taler 20 Groschen 6 Pfennig entrichten mußten, angc-
sdöffl hatten. Das zu dem Wein gehörige Faß kostete
)3'/i Batzen = 14 Groschen.
Die Zehrungskosten und sonstigen Ausgaben der Fabrikanten
auf ihrer Fahrt von Basel bis Frankfurt a. M. beüefen sich für
die Zeit vom 1 5. bis zum 24. November, also für neun Tage,
auf ungefähr 66 Gulden oder 44 Taler, so daß auf einen Er-
wachsenen täglich etwas über 13 Groschen kamen.
In Frankfurt verzehrten die Handwerker vom 24. bis zum
27. November, also in 3 Tagen, 16 Oulden 10 Batzen oder
1 1 Taler 2 Groschen 6 Pfennig. Danach entfiel täglich auf jede
erwachsene Person der Betrag von 10 Groschen.
Für die 12 Tage der Reise von Frankfurt bis Halberstadl,
vom 27. November bis zum 9. Dezember, betrugen die Zehrungs-
ItostHi der Seidenweber 6 Louisd'or oder 30 Taler. Jeder einzelne
brauchte dann also für den Tag ungefähr 7 Groschen.
In Halbersladt selbst, wo sie vom 9. bis zum 1 2. Dezember
venirciiien, halten sie für ihre Verpflegung in den drei Tagen
eine Rechnung von t2 Taiern, Der einzelne hatte somit täglich
i^ta 9'/« Groschen verbraucht
Für die Zeit vom 12. bis zum 17. Dezember endlich, in
der die Seidenarbeiter den Weg bis nach Beriin zurücklegten,
^nirdcn ihnen im ganzen 1 1 Taler 8 Groschen vergütet, so daß
auf den Erwachsenen täglich 5 bis 6 Groschen entfielen.
Nach diesen Preissätzen können wir uns ungefähr ein Bild
fliachen, wie teuer für einen Mann aus dem Volke damals eine
Reise nach der Schweiz liinsichtlich der Zehrungskoslen zu
stehen kam.
Am Schlüsse möchte ich meiner Abhandlung noch eine
Übersicht über die Portokosten anfügen, wie sie um das
Jahr 1731 für den Briefverkehr sowohl innerhalb der Schweiz
selbst als auch mit anderen Ländern üblich waren. Die Ausgaben
für den schriftlichen Verkehr d'Alen^ons waren doppeller Art:
er mußte nicht nur Porto entrichten, wenn er Briefe absandte,
sondern auch, wenn er welche empfing; und zwar waren die
Kosten in beiden hallen gleich hoch. Der Preis für die Frankiening
richtete sich natürlich nach dem Umfange und dem Gewicht der
Schreiben, die besteitt werden sollten.
Im einzelnen läBl sich über die Portokosten folgendes
feststellen :
I. Der Briefverkehr innerhalb der Schweiz selbst.
1. Während d'Alengons Aufenthalts in Bern.
Es betrug das Briefporto aus Payerne nach Bern 1 Gr.
I
■»•
1 Batz.=:l M^
4 Kr. = 1 - CT
. . 1 Gr. 6 Pfg.
. 2 Kr. = 6 .
6 Kr.= t Gr. 6 Pfj
^
« » » Lausanne »
D j» rf Genf IT II
t- « ir w Bern ■< Genf
„ .. r - ., Neuchätel ., Bern
q ir » u .r Lausanne » „
WH,. V » Bern -. Neuchätel 2 Kr. ^6
2. Während d'Alenc;ons Aufenthalls in Neuchätel.
Es betrug das Briefporto aus Genf nach Neuchätel 6 Kr. = T Gr. 6 Pfg.
w » V rf .. Moudon » I, 4 « ^1 »
H w n - n I^nsannc *■ » 6 ■> =1 •> 6 ■
3. Während d'AIen^n's Aufenthalts in Genf. wM
Es betrug das Briefporto aus Lausanne nach Genf . . i Qr. 6 Pfg.
« jf -f .. t, Genf nach Lausanne . . 1 „ 6 ■
» „ » .f u Neuchälel nach Genf . . I » 6 «
i> i> u II II " u i> 8 Kr. ^^ 2 11
» t> « » « Lausanne > 1 ..
» » « » <. Genf nach Lausanne . . i » i
IL Der ßrlefverkehr mit dem Auslande.
1. Die Portokosten im Briefwechsel mit Prankreich und
Piemont machten aus für
ein Schreiben aus Paris nach Genf . . lOsols^SQr.ePfg.,
eincnBriefausSl.Martin in Piemont nach Genf 7sols=3Gr.6 Pfg.
2. Die Portokosten für den amtlichen Schriftwechsel mit
Deutschland. Sic betrugen
a) für die Bestellung der Schreiben von und nach Frankfurt a.M.;
a) für die Schreiben des Residenten Hecht an dAlernjon
nach Genf 7 Gr.
Die Kosten einer Schweizerreise im Jahre 1731. 237
nach Genf 6 Gr. 6 Pfg.
7, « 54 Kr. == 13 » 6 „
n M 26 r> = 6 w 6 if
> Neuchitel 22 „ = 5 » 6 »
ß) für die Schreiben d'Alen<;ons an Hecht
von Genf 8 Gr.
• j> ... 4 francs de Gen^ve = 1 TIr. 1 9 »
^ für die Bestellung der königlichen Ordres und Resolutionen
"xron Berlin an d'Alengon
nac*» Neuchätel 9 Gr.
34 Kr. = 8 „ 6 Pfg.
" n o2 n ^= 8 n
» • 36»=9„
Genf .... 40 sols de Oenfeve=lO » 6 »
34 „ » „ = 8 » 9 »
11 „
80 Kr. =20 »
» 42 „ =10 » 5 „
*^) ^^^r die Bestellung der Berichte des Gerichtsrates nach Berlin
^«:>n Frankfurt a. M 2 Batz.= 2 Gr.
-» Kehl 36 Kr. = 9 „
•• Basel 4 „
'» Bern 97 Batz. = 3 Tlr. 22 .,
*- » 8 Vü Batz. = 8 .,
^^ 1« 21 « ^= 20 II
** ;, 50 Batz. = 2 Tlr.
** Neuchätel 8V9Batz.= 8 «
9Va " = 9 „
, (nurbisFrankfurta.M.) 4 Tlr. 13 ,. 6 Pfg.
»* ff ... 29 Batz.=: 1 „ 3 »
*•■ n ... 1 3 M ^^ 12 »
•- w . . . 16 » = 15 I.
»* ., . . . 7 Va » = 7 "
•' Genf 11 w 3 I»
1 Tlr. 2 w" 6 »
... Vs Genfer Tlr. = 1 5 „ 9 »
» n ... 1 u I» ^ 1 Tlr. 7 ■ 6 w
D'Alen^ons Relationen waren zum Teil sehr umfangreich
und erhöhten dam natürlich auch das Porto.*) '
Die großen Ausgaben, die er für seinen Briefwechsel ge-"
habt hat, erklären sich aus dem amilichen Charakter seiner Reise.
Außerdem waren die Portokosten für den Verkehr mit dem
Auslande auch zieniSich hoch. Es gab eben damals noch keinen
Weltpostverein, und die Postkarle war auch noch nicht erfunden,
die d'Alencon indes schwerlich für seine Mitteilungen hätte be-
nutzen können. Doch war die Bestellung durch die Post immer
noch billig, wenn man die Bezahlung eines Läufers oder Boten
für eilige Sachen zum Vergleiche heranzieht. So erhielt der Bote,
der dem preußischen Agenten ein Schreiben von Neuchätel nach
Avenches übermittelte, eine Gebühr von 16 Groschen. Dem
Läufer^ der ihm in Bern ein Schriftstück aus der ferner Kanzlei
zustellte, mußte er 14 Batzen oder 13 Groschen 6 Pfennig für
seine Mühewaltung entrichten.*) J
Als Ergebnis meiner Untersuchung über die Kosten dei^
Schweizerreise des französischen Obergerichtsrates 'J d'Alen^n,
") Vrni don Umfingr «ttner Schrribpn k«nn mnn «ich «m chestei nnm Betriff
machen, wenn man die Sutntnen in Betracht ilehl. die er fdr Schreibnulerljilicn, die aller-
dinfs nicht nur in dem Pipicr bciOiiden, venuisabi hit: j
in Bern 10 Or. fl
23 Batz. =« 31 . n
Nendaiel 71,^, el.
II . «jH
»•/..= 9
Qtllt 22
6
■ SO KÜt de (jentre ^ 7
*) Die Zustellung der von Berlin nach der Schweiz gesandlrn Schreiben erfoi
itBfllch eine ziemlicb lan^e ZHt.
El trafen die witer dem 9. April datjerten Reskripte ein in Neuchätel lun 1A. Mal,
6PI»
2fi.
.....18. Mal . ■ -> Oenf
* - ■ ■ ■ ti. Juni
■ ■ • * ■ ". ■
20. Juli
a . . . . zs. Auguit • • . . Ncodiftld
28 Sepleinb.
. 6. Oktnher . ... Stiaßburs .
Die Briefe waren aJio im allsrtneincn recbt Ungr onlcrweg«- Zum Tri) bln£ die«
damit mummen, daß ilc den Adresuicn nicht am BestlrntonnKBorle antrafen und cnt
lucheeundl werden ninßien. Sicht man von diesen FilLen ab. 10 er^Il» sich al« RcccI.
daS die Schreiten aus Berlin dem Empfinger In der Schweiz eni in zweieinhalb bit drei
Wochen lugefttetlt werden konnten.
*) E.r war während dn Zell »etnei AufenDiaJts in der Schwdi ui dieser
befördert worden.
t*
8. Juni.
29. .
9. Juli.
• . AsEHSt-
90 SepEenilKr.
IT. Oktober.
tfi. Novenber.
die folgende Tour: Rcriin, Halberstadt, Kassel, Frankfurt a. M.,
Straßbur^, Basel, Bern, Ncuchätel, Genf, Lausanne, Bern, Neu-
chätcl, Solothum, Basel, Mainz, Frankfurt, Kassel, Hatberstadt,
Berlin und zwei Abstecher, einen längeren an den Genfer See
und in das Waadlland, einen kürzeren nach Lausanne, aufweist,
stellt sich heraus:
Die Ausgaben für die Befördening zweier Personen be-
trugen im Jahre t73t auf den angeführten Strecken zusammen-
g«non)men ungefähr 245 Taler. Die Verpflegungskosten beliefen
sidi auf etwa 490 Taler. Die ganze Reise, die sich von Anfang
Mire bis über die Mille des Monats Dezember, also im ganzen
über 9 '/i Monate ausdehnte, kostete also mit Einrechnung der
Atögaben, die ein Privatreisender an Porto haben konnte, viel-
tdcfit 750 Taler. so daß auf eine Person 375 Taler entfielen. Der
Herr gab täglich für Kost und Nachtquartier 1 Tater S Groschen,
"adi unserem heutigen Oelde also 4 — 4*/, Mark, aus. während
der Diener nur 5 ^s - 6 Groschen oder 70 Pfennig brauchte,
Vergleichen wir die angeführten Beträge mit den heutigen
VeriiäUnissen, so scheinen die Porlokosten im Bereiche des In-
landes den gegenwärtigen zu entsprechen ; die Transportkosten
digegen übertreffen die jetzigen scheinbar um das Dopptzlle,
*älirend uns die Zehrungskosten gegen heute außerordentlich
gering vorkommen. Indes der Vergleich, den wir soeben ange-
stellt haben, ist nur recht oberflächlich und gibt uns von den
•atsächlichen Unterschieden zwischen damals und jetzt ein schiefes
Bild, Die Beträge der damaligen Zeit haben eine ganz andere
Bedeutung als In der Gegenwart. Der Taler von 1731 halle
ivar denselben Silbergehalt wie der heutige, aber der Kaufwert
Iwider ist ein sehr verschiedener. Wenn wir uns eine Anscliauung
von dem Geldwert jener Zeit verschaffen wollen, so müssen wir
i ß. beachten, daß der Preis des Fleisches gegen damals heule
um das Zehnfache gestiegen ist, und daß die Wertsteigerung bei
dem Getreide das Doppelle beträgt. Der Wert des Geldes ist
seit damals also außerordentlich gefallen; wir gehen wohl nicht
fehl, wenn wir den Kaufwert des Geldes im Jahre 1731 auf das
Sechsfache des gegenwärtigen veranschlagen.
I
240 Siegfried Maire.
Dann ergibt sich folgendes Bild:
Die Portokosten von damals betragen das Sechs-
fache von heute.
Die Beförderungskosten für zwei Perwnen würden
jetzt unter Einrechnung der Oepäckfracht auf den von d'Alengon
benutzten Strecken in der zweiten Wagenklasse zusammen etwa
120 Taler ausmachen. Im Jahre 1731 ist dafür scheinbar das
Doppelte, tatsächlich das Zwölf fache ausgegeben worden. Hier
ist also heute im Zeitalter des Dampfes eine Ermäßigung auf
ein Zwölftel eingetreten.
In den Zchrungskosten endlich hat wohl keine
Verschiebung stattgefunden. Nehmen wir das Sechsfache der
oben für d'Alen^on und seinen Begleiter angeführten Beträge,
so kommt heute auf jenen für den Tag ungefähr 25, auf diesen
etwa 4 — 4 ^/j Mark. Daß diese Summen tatsächlich in der ■
Gegenwart von Standespersonen in besseren Hotels gebraucht j
werden, kann füglich nicht bestritten werden.
Knrt Brcysig, Die Entstehung des Gottesgedankens und der Heil-
brt»lgcr. Berlin, Bondi, 1905. {XI, 2C2 S.)
Die Religion ist ein zu bedeutsamer Faktor im Geistes- und Kultur-
l«**e^n der Menschheit, als daß die Wissenschaft es unterlassen könnte,
kinvTier wieder nach ihrem Grunde, ihrem Ursprünge zu fragen: muß
iiich die wichtigste Frage dabei der Religion sphilosopliie vorbehalten
bleiben, die Frage nach dem eigentlichen Wesen der religiösen Funktionen,
«ie sie neuerdings R. Eucken in seinem Werk uDer Wahrheitsgehalt der
Religion" (1901) und von ganz anderen Voraiisseizungeji aus W. Wundt
i™ 2. Band sdncr Völkerpsychologie in Angriff genommen haben - um
von der Mitarbeit der Theologen wie Kaftan, R. W. Mayer, Reischle,
Tröltsch zu schweigen - , so wird doch aucli die Retigionsgeschidtte
immer wieder zu der Frage nach den Urformen der Religion gedrängt,
so sehr die besonnene Geschichtsforschung dies Gebiet den Hypothesen-
freunden als ihre Domäne überlassen möchte. Galt in weiten Kreisen
b«her der Animismus oder Seclenkult als die letzterreichbare Form der
Region, so hat im Zusammenhang mit englischen Anthropologen wie
R* Marelt kürzlich K. Th. PreuB (im Globus Bd. 86) eine praanimis.lische
Stufe der Religion zu erschließen gesucht, auf der eine rein stofflich
gedachte Zauberkraft in Natur und Menschen, in Stoffen und Handtungen
dÄ übersinnliche repräsentierte. Brcysig schiebt nun zwischen Animis-
mus und Oölterkult die Verehrung der Heilbringer, ein etwas umfassen-
euerer Name für das, was die Religionsgeschichte sonst Kulturheroa nennt.
Oder richtiger, neben der Oeistervcrehnmg geht die unmittelbar an
fetischistisches anknüpfende Verehrung des meist halbtierisch gedachten
Heilbringers einher, in dessen Sage die Flut (bald als Vorflut, bald als
Sntflui), die Bildung des Menschen, die Her beischaff uug von Feuer und
Üdit und sonstigen Kulturmitteln, das feindliche Brüderpaar, nicht zuletzt
de Kampf mit einem Ungeheuer die Haiiptmomentc sind. Frei aus
dem Zusammenfließen von Hcilbringerverehrung und GcisCerkult entsteht
der Qottesglaube mit der ihm eigentümlichen Bestimmtheit dauernder
persönlicher Wirksamkeit des Gottes. Die Heilbringerverehrung selbst
AnUv fir KatlnrgetcliichU-. VI.
aber soll auf historischen Erinnerungen an dai beruhen, was in der
Urzeit einzelne Individuen durch siegreichen Kampf mit Qbermächtigen
Tieren der Vorwclt, durch teilweise den Tieren abgelauschte BeherTschun}^
der Natiirkräfte ihren Stammesgenossen geleistet haben. Das .Heldische'
wird dann durch -Aufhöhvmg" zu QötiUchem. Diese Theorie tritt in
scharfen Gegensatz zu der jetzt weit verbreiteten Auffassung der Mytho-
logie als einer auf astraler Symbolik ruhenden Dichtung. Breysig erkennt
zvinr die astralen Beziehungen vieler Mythen an, aber er will sie als
nachträglidie Umdeutungen der urzeitlichen Heilbringersage \'om Stand-
punkt der Alter tumsslufe der Mensdihett aufgefaßt wissen.
Zum Erweis dieser Theorie ist die ganze Völkerkunde aufgeboten:
bei den Primitiven Amerikas setzt die Untersuchung ein; Jelch der Rabe
der Kolumbianer und der große Mase der Algonkin sollen den ursprüng-
lichen Heilbringertypiis am reinsten zeigen, der dann in den Mythen der
Azteken, Maya und Ketschua auf die astral orientierie Altertumsstufe des
(Halb)gottes erhoben ist. Ein Seitenblick auf die Alchcringawesen der
Australier. Übcrtiere, die ihre Zauberkraft in einem Fetisch bei sich
führen, will die Voßlufe des amerikanischen halbtierischen Hdlbringers
aufdecken. Was bei den Rothäuten noch klar zutage liegt, erkennt dann
der geschärfte Blick im 2. und 3. Teil auch bei Semiten, Hamiten und
Ariern. Auch Jahve ist ursprünglich halbtierischer Hcilbringer, was be^
sonders die (gründlich miikleutcten) Jahvcrcdcn Hiob 40, 41 beweisen^
sollen. Jahve. der Oreif. und Maiduk, der Stier, treten neben Jelch de^H
Raben und den großen Haseu; dabei werden in jahve noch Spuren der
L'rzcit rekognosziert, während Marduk ganz der AUertumsslufe angehören
soll; das Ursemitische will Breysig in der Übereinstimmung des
israelitischen mit den Masai erkennen. Das Besondere Jahves (was er
doch wieder mit anderen teilt) ist, daß er vom Heilbringer xuin Gott
aufgerückt ist, ohne den Umweg über die Identifizierung mit einer Natur-
kraft, wie Sonne oder Wolkcnhiramel. Für die ethische Besonderheit des
israelitisclien Gottesglaubens hat Breysig kein Verständnis. Die Stütze,
die Breysig an Zimmermanns durchaus nicht einwandfreier FJohimstudi«
(1900) sucht, ist recht unsicher (vgl. O. Beer. Theol.-Lit Ztg. 1901, S6tJ
Die Messiaserwartung unter die Heilbrlngeridec zu stellen, hat et
Berechtigtes, ist aber in der neuesten theologischen Bearbeitung (Orcß-
mann, Ursprung der israclitisdi-jüdisclien Esdialologie, 1905) viel glück-
licher gefallt. Die Parallele Hcilbringer (in Breysigs Sinn) -Jesus ist rem
äußerlich. Wir dürfen die Heilb ringerspuren bei Ägyptern, Indem,
Griechen, Germanen übergehen ; Breysig selbst erklärt die Induktion für
unvollständig, aber tragkriftig genug für seine Theorie, die das Schluß-
kapitel zu zusammenfassender Darstellung bringt mit reichlichen Ausblicken
in hypothetische Möglichkeiten.
Die Opposition gegen die symbolische Mythendeutung (als Reaktion
gegen den Astralfanatismus einiger Panbabylo nisten nur zu begreiflich)
tudi^_
56t]fl
Besprechungen.
243
li^ ia der Ltift: um nur z«-ei Beispiele zu nennen, die Br. nicht zu
iMUNO scbdnt, H. Qelzer hat in einem sehr bcachtensverten Exkurs
SB» «Oenesis der byzantinischen Themen vcrfissutig- (1899) S. 42-64
beiODt. daB zn jeder Zeit historische Menschen heroisiert vorden sind bis
znrVerEottonK- Und Rcndel Harris hat in der 2. seiner Dioscurenstudien
OIk Cnit of the heavcniy tvins, 1906) den Ausj^ngspunkt nicht mehr
bei den astralen Zwillingen, sondern von den Bräuchen der Primitiven
bei ZTÜlingsgeburtcn genommen. Gewiß liegen hier die Wurzeln und
nidrt in der Stembeobachtung.
Aber eine andere Präge ist, ob sich von hier aus der Qottcsglaubc
ctlüirt. ob das ganze evolutionistische Schema, das ihn als Produkt von
Heilbringcrsage und Oeisterverehrung herausrechnet, berechtigt bt. Brcysigs
Ausführungen haben auf den ersten Blick etwas Bestechendes. Man muß
sich aber gegenwärtig haiten, dafJ solche Hypothesen wie gefärbte Brillen
wirken: wie Harris alles im Zwillingsliclil, so sieht Breysig alles in Heil-
briigerfarben. Daß vieles bei der Deutung nicht stimmt, daß eine
Wenge Züge weggeschnitten werden müssen, sieht er gar nicht oder
flöctaet zur Annahme von späteren Eintragungen. Die Kunst perspek-
tivischen Sehens ist hier ungemein entwickelt : Breysigs Auge nimmt sofort
eine ganze Reihe von ümbildungsschichtcu wahr. Bedenklich ist dabei,
d>B die Queüen für viele der I^mitiven sehr zweifelhaften Charakters
iind: Breysig selbst gibt die Möglichkeit christlicho- Beeinflussung zu.
Bedenklicher noch scJieint mir die Sicherheit, mit welcher die Psychologie
der Urzettmenschen hier gehandhabt wird. Am bedenklichsten nber wirkt
<l»e rationelle Hrklärung mancher Sageaclementc, so vor allem des Dradien-
kUBpfes und der TiergestaLt der Hetlbringer aus der Ausrottung ante-
<Nuvianischer Tiere durch den Urahnen der Menschheit, der einen der
<Bkdtetdendcn Schrille vom Tier zum Menschen getan hatte! Es ist ein
Band von Feuerbach und Häckel, in dem diese Phantasie ausklingt!
Die Sammlung aller Beobachtungen an einem so reichen Vergleich5>
"Hteml ist wertvoll und dankenswert Mehr und mehr lernen wir, daß
■'pnds eine Erklärung ausreicht: die verschiedenartigsten Motive haben
'ittiiniiKngcwirkt. Die letzten Gründe aber, die Uranßnge aufdecken zu
sollen, wird die ihrer Schranken sich bewußte Geschichtsforschung sich
''rsagca. Es wird da bei C. P. Tieics Bestimmung der Aufgat>e bleiben:
** religiöse Entwicklung zu verstehen als die Arbeit des menschlichen
^^tea, welche für die sich mehr und metir klärende religiöse Idee einen
CceigiMteB und vollkommenen Ausdruck zu finden strebt. Dabei ist die
''^Oachbeit als von Natur religiös aufgefaßt. Das darin liegende Problem
^t nicht mehr der Religions- oder KuUurgcschichte, sondern nur der
^igions- und Völkerpsychologie zu. von Dobschiltz.
16*
F. Otto Sdirader, Die Pragfn des Königs Menandros, aus d(
Päli zum ersten Male ins Deutsche übersetzt Berlin, Verlag von Raul
Raatz. iy07 (III, XXXV. 172 u XXVII S.).
Jede neue Übersetzung eines altindischen Werkes, ob es kanonisch
oder nicht kanonUcti, in Sanskrit oder Päli oder einem anderen Dialekt
geschrieben ist, muß wällkonimen geheißen werden. Indien ist noch so
reich an ungehobencn Schätzen und ungelösten Rätseln, daß vor allem
den Kulturhistorikcrn an möglichst vollständiger Kenntnis der Hinduwelt,
und da nur Trcnige jene Sprache beherrschen, an guten Übersetzungen
gelegen sein muß. So sind wir dem Lotus-Verlag für die Herausgabe der
deutschen Jätakam dankbar, und so bietet sich hier Anlaß zu ähnlicher
Freude. Der spätgriechischc Menandros, der etwa zur Zeit der Qracchen,
als Griechenland schon längst zur provincia Achaia geworden war. noch
das Qebict des Indus und Ganges beherrschte, zum Buddhismus flbertrat
und als Milindra oder Milinda (chinesisch Mi-Ian), eine ähnliche Ver-
ehrung genoß wie der große Schakyanumi selbst, erecheint hier in philo-
sophischen Gesprächen mit dem ehrwürdigen Buddhisten Nlgasena. Der
Übersetzer stellt dem eigentlichen Dialog eine vorzügliche Einleitung
voran, die die unklare Periode von Alexander bis zum letzten griechischen
Inderkönig, Hermaios, kürzer und deutlicher schildert, als es etwa bei
Lassen oder Kern geschieht; und dafür kann man nur dankbar sein.
Diese Einleitung enthält aucli Bemerkenswertes über griechisch-indische
Kulturzusammen hänge. Daß die Fragen und Antworten wirklich in
ähnlicher Weise stattgefunden haben, wie sie im Mflinda-Panha stehen
(S. XX), wird man schwerlich glauben, um so plausibler wirkt das über
die Philosophie Gesagte. Nicht erst die Stoa steht unter indischem Einfluß,
wie Dahlniann in seiner pSämkhya-Philosophie* 1902 zeigte, schon die
Vorsckratikcr, z. B. Empedokles mit seiner l^re vom Werden und Ver-
gehen eines Weltsystems, nicht des Weltalls überhaupt (S. 16S), unterlagen
solchen Einflüssen von Osten her. Etwas weit freilich geht der Herausgeber
mit der Bemerkung, die platonischen Dialoge müßten den Griechen im
Vergleich mit den Gesprächen des Buddha .düettantenhaft und salon-
mfißig" erschienen sein. Ich dächte, umgekehrt aus der Nachahmung
jener Gespräche sei erst die griechische Dialogkunst entstanden und habe
sich dann von selbst immer freier gestaltet, während sie im Industal die
buddhistische Starrheit immer beibehielt. Schon das hat man als viel zu
weit gehend abgelehnt, aber man wird sich mit der Zeit an diese und
ähnliche Vorstellungen doch einmal gewöhnen müssen. Daß die Ge-
dankengänge des Herausgebers sich Im Ganzen auch in dieser Richtung
beu'egen, macht die Lektüre seiner Einleitung gerade so erquicklich.
Man bekommt derartiges so selten zuhören! - FQr die Textüberlieferung
statuiert Schradcr einen Stamm in buddhistischem Sanskrit, von dem eine
Tradition in Päii, eine andere chinesische abzweigt. Der Urlext war
sanskritisch, den geographischen Verhältnissen entspiwhend. In einem
A
Bespredttingen.
Aaitng werden die duncsischcn Ausgaben besondere besprochen.
S. lJI-t72 bieten Anmerkungen, die auch dem nicht Pälrktmdigeii
User ein Verständnis des sonst dunklen Dialogs crraöglichen. Ein
ausführliches Register und Berichtigungen scIiEJcßen den Band. Der
Vtriag würde sich durch weitere Herausgabe indischer Werke in Übei-
setznng sehr verdicnl machen, wie er es durch dieses Buch berdb
geun hat. C Fries.
K. BÖckenhoff, Speisesatzuugen mosaischer Art in mittelaller liehen
Kirchenrechtsquelten des Morgen- und Abendlandes. Münster, 1907,
AKhendorff. (VII, 128 S.)
Der Konflikt zwischen der altlevi tischen und im Grunde heid-
H'shen Furcht vor verunreinigender Nahrung und dem christlichen Aus-
spnidi, nicht, was in den Mund eingehe, verunreinige, ist ein diarakle-
«dsdier Speiialfall für die Entwicklung vom Alten Bunde hinweg.
Bödtenhoff zeigt, wie verschiedenen Kirchen, Seiden, Kirchenlehrern bald
rf« Verzrhren von Blut oder Ersticktem oder Unreinem und bald wieder
das Verbot solcher Weise 7.11m Schibboleth wird, bis zuletzt wenigstens
für die herrschende Kirche alle Speiseverbole getilgt sind. Dann wird,
rKht charakteristisch, die alte Superstition ethisch umgedeutet: in eine
^'irniiBg vor gierigem und unmäßigem Fraß. R. M. Meyer.
Udwif Pastor, Geschichte der Päpste seil dem Ausgang des
Willeblters. Mit Benutzung des päpstlichen Qeheim-Archives und vieler
""derer Archive bearbeitet. Vierter Band. Geschichte der Päpste im
ZeiUiler der Renaissance und der Qlaubensspaltung von der Wahl Leos X.
bis inni Tode Kleniens' VII. (1513-1534). Abt. I. Leo X. l.-'4 AufL
- Abt. II. Adrian VI. und Klemens VII. 1.-4. Aufl. Freiburg i. Br.,
Herder, 19ü6/7 (XVIII, 610 S.; XLVIJI, 800 S.}.
Die erste Abteilung des vierten Bandes des bekannten, verdieitst-
'>dicD und wirklich wichtigen Werkes beschäftigt sich mit einer Epoche,
** kulturell besonders bedeutend ist, und über die namentlich in
binstgeschichtlichcr Beziehung schon außerordentlich viel geschrieben
■st So verdient sie gerade vom kuliurgeschicht liehen Standpunkt aus
^^f entsprechende Würdigung. Dem Charakter unserer Zeitschrift geniäi3
'^Klirinke ich mich aber auch nur auf die kulturgeschichtlichen Partien,
tlie freilich einen wesentlichen Teil dieser Geschichte der leoninischen
Zeil ausmachen.
Zu diesen kultiirgeschichUichen Partien gehören bereits aus
**<"' eisten Kapitel der Abschnitt über die feierliche Besitznahme des
J-»ierans (Possesso), über den Festzug - .das glänzendste Schauspiel,
*s»n Rom seit der Kaiserzeit Zeuge gewesen war* - und die Aus-
*<h«iläckung der Stadt sowie der Ober die Obedienzgesandlschaft des
246
Besprechungen.
Königs Emaiiuel von Portu^l. Besonderes AufsHien erregte an d<
Papst von dem König geschenkter weißer Elefant, über den auch eine
nicht unbedeutende Literatur existiert. Als er eingegangen war, erhielt
Raffael den Auftrag, das Bild desselben an einem Turm des Vatikans
anzubringen. Ganz kulturgesdiiditJich sind dann das 10. Kapitel : Leos X.
Persönh'chkeit und Lebensweise, seine Finanzen und sein Hof, das
mediceischc Rom. und das iL: Leos X. Stellung zu Literatur, Wissen-
schaft imd Kunst. In diesen Kapiteln finden sich auch Kabinettstücke
der Darstellung, wie die Besdireibttng des damaligen Roms, insbesondere
die seiner Ruinenwelt, wie femer die Partien über die .arbeiten Raffaels u. a.
Für die Sittengeschichte kommt aulJer der offenen Darlegung der Sittcn-
losigkeit in Rom die Schilderung der leidenschaftlichen Jagdlicbhabervi
Leos sowie die seiner Feste und Spiele in Betracht, unter denen nament-
lich eines ein bezeichnendes Licht auf »den unverantwortlichen Leichtsinn*
Leos wirft. Eingehend und höchst gründlich, unter vielfacher Bereicherung
der Wissenschaft, sind die literarischen Zustände behandelt, wobei das tite-
rarische Mizenat Leos aber völlig zerpflückt wird. Mehr laut Pastor von
dem künstlerischen Mäzerat bestehen, worauf sogleich zurückzukommen
sein wird. Diese kunslgeschi dilti dien Abschnitte haben, wenn auch nicht
alle Einzelheiten akzeptiert werden, großes Ijib seitens der Kunsthistoriker
gefunden cmd sind in der Tat, der Liebe, mit der sie geschrieben sind,
entsprechend, sehr wertvoll.
Ein wesentlicher Zug der Darstellung Pastors ist, daÜ er, wie eben
angedeutet, die wissenschaftlichen und kflnsüeri sehen Verdienste Leos bei
weitem kritischer ansieht, als man das bisher gewöhnt war, von einer
gleich zu erwähnenden Richtung abgesehen. Sein SchluBurlcil lautet
(S. 609): .Wenngleidi in mandien Punkten üt>er den Mediceerpapst das
letzte Wort noch nidit gesprochen ist, so wird man doch nach dem
gegenwärtigen Stande der Forschung wohl behaupten dürfen, daß sein
Pontifikat, überschwenglich von Hunuinistcn und Dichtem gepriesen, von
den Strahlen der Kunst Raffaels verklärt, durch die schrankenlose Hingabe
an weltliche Tendenzen und an die neuen glänzenden KuUurformcn sowie
durch das Zunicktreten des Kirchlichen verhängnisvoll für den pSpstlichen
Stuhl geworden ist,- Kein Zweifel, dali P. ein Recht hat. den l^pst nach
den Anforderungen, die an ihn etien als I'a[wt, als Haupt der Christen-
heit, zu stellen sind, zu beurteilen. Aber auch wenn man darüber hinaus
sich auf den weltlich-menschlichen Standpunkt stellt, wie das ja die Zeit-
genossen taten vsie waren', sagt Pastor (S. &08), .so sehr an das Zurück-
treten der kirchlichen Seite bei den Päpsten der Renaissancezeit gewöhnt,
dall sie Leo X. nur als weltlichen Fürsten beurteilten" , so findet aucli
daim der Papst bei P. eine schärfere Beurteilung als früher. .Auch wenn',
ngt er (S. 609), .man von einem umfassenderen Standpunkte aits Leo X.
betrachtet und seine kuliurdlen Verdienste in Erwägung zidit, so erkennt
man bei tieferem Eindringen doch, dalt in dieser Beziehung das leoninische
Besprechungen.
247
^ulter nicht, wie das lange geschehen i&t, als der Typus höchster und
ungestörter Blüte von Literatur, Wissenschaft und Kunst betrachtet verden
lann. Immerhin hat Leo X. sich auf diesen Gebieten Verdienste erworben,
<lje bei einem Gesamturteit über ihn in Anschlag gebracht werden
Briissen." Mit den letzten Worten weist P. aber auch die Übertreibungen
fl'nes neueren italienischen Gelehrten, GnoUs, zurück, der den Papst,
.teicher dem schönhcitstrunkcncn Zeitalter der Hochrenaissance den
Kamen verlieh," vor allem auf dem Gebiet der Kunst allzusehr herabsetzt
(vgl. S. SS5). Julius II. steht freilich nach P.s Urteil gerade in dieser Be-
ziehung viel höher. .Das von den Humanisten als Ausspcndem des Nacti-
nihms entworfene Bild von dem künstlerischen Mäzenatentum Leos X.,
■Rlches durch seine Übertreibung die Verdienste des gerade hier in einzig-
artiger Größe strahlenden Vorgängers in ungebührlicher Weise verdunkelte,
hil Jahrhunderte hindurch die landläufige Meinung bestimmt." «Die Glut,
die zündet, die großen Gedanken, das alles besaß Julius II. Nicht bloß
«Is Politiker, auch als Kunstmäzen übertrifft der geniale Roverepapst
Tcitaus und unbedingt den klugen Mediccer. Diese Wahrheit ist lange
vtrkannt worden, aber jetzt siegreich durdigedrungcn.«
Man darf in dieser Stellungnahme Pastors wie in der Beurteilung
Ltos überhaupt ohne Zweifel einen Beweis wissenschaftlicher Objekliviläl
sehen ; ein weilerer Beweis für diese ist. daß er die erwähnten sittlichen
Zustände in ihrer ganzen Grellheit aufzeigt. Er scheut sich nun aber
HKh nicht, die üefe Refonnbedürftigkeit und Verdorbenheit der damaligen
tOfche, auch Deutschlands, anzuerkennen. Und wenn er nun auch bei
•Iwi für ihn als katholischen Historiker recht heiklen, übrigens anscheinend
»isichllich ausführlich behandelten Thema: Luther und die Reformation
*<n diese seine Richtung immerhin erkennen läßt, so wird man doch
^* Gründung seiner Ausführungen audi auf neueste protestantische
rorecher sowie die ruhigen, vorsichtigen Urteile als wirkliche Betitigung
■"Öglichster Objektivität ansehen dürfen. Die Anerkennung Pastors durch
•^koff und Friedensburg darf in dieser Beziehung als charakteristisch
hervorgehoben werden. -
Weniger kommt für die Kulturgeschichte die zweite Abteilung des
«'«t« in Betracht, die im übrigen erst das Verzeichnis der benutzten
Archive und Handschriltensammlimgen, das Literalur\'erzeichni5 und das
""tister für beide Abteilungen, femer auch einen Anhang mit unge-
dnickten Aktenstücken und archivalischen Mitteilungen bringt. In der
'•^'tcn Abteilung handelt es sich nm das Pontifikat ..des edlen Adrians VL,
^ letzten Papstes deutschen Urspnmgs", dessen energische, den Römern
^hsi unsympathische Reformtätigkeit sidi aber auf eine ^leider nur kurze
''^Kierung" beschränkte, und um dasjenige Klemens" VII., das nach P.
•eines der unglücklichsten war. welche die Geschichte kennt-, .Die
Kultürentwicklung der Renaissance, die unter Leo X. ihren Höhepunkt
weichte, war für Adrian eine völlig fremde Welt, in der er sich nicht
7-urcchtfaTid. Der schroffe Wechsel, der mit ihm in Rom eintrat, «nirde
um so mehr empfunden, als der liberale Mediceer sich allen Tendenzen
dieser Kultur rQckhalttos hingegeben halte." Übrigens vrerden die Urteite
Pastors Rbcr Luther gelegentlich schärfer. Der Fortgang der Reformation
wird bei Klemens VII. behandelt. Bei der Würdigung dieses Papstes ist
dann auch ein kulturgeschichtliches Kapitel zu finden: seine Stellung zu
Literalitr und Kunst. Den .^gUtizenden Vorwurf (das Jüngste Ccridit)
für die Kunst des Titanen (Michelangelo) eisonnen zu haben, ist wohl
das größte künstlerische Verdienst des zweiten Mediceerpapstes«. h
Der Pastorschcn Arbeit im ganzen muß endlich noch die umfassende^
Beherrschung des Materials und die quellenmäßige Fundierung nicht
nur durch mögliclist vollständige Heranziehung der groflcn in Betracht
kommenden gedruckten Literatur, sondern auch durch die Herbeischaffung
und Verwertung einer Fülle neuen archivalisclien Stoffes aus zahlreidien,
namentlich italienischen Archiven (in erster Linie dem päpstlichen Geheim-
archiv) und Ribliolheken, wodurch ihm zum Teil wirkliche Entdeckungen
gelangen, nachgerühmt werden. Man kann ncir mit Achtung von dem_
Werke, in dem Pastor seine Ixbensaufgabe erblickt, sprechen.
Qeorg Steinhausen.
I
L Menke-OlQckert, Ooethe als Ceschichtsphllosopli und die
geschichtsphilosophisctie Bewegung seiner Zeit. Mit einer Einführung
von K. Lamprecht. (Beiträge zur Kultur- und Universalgeschichte^.^
her. V. K. Lamprecht, I.) Leipzig, Voigtländcr, 1907 (V, 146 S.) fl
Die Untersuchung könnte wohl gründlicher sein. Daß der Verf.
fand, ein so geschicktes, wenn auch schiefes Buch wie Ottokar Lorenz
Politische Lehrjahre Goethes biete ihm wenig (S. 146), spricht nicht
unbedingt nur gegen Lorenz; jedenfalls hätte es den Verf. nicht berechtigen
sollen, von aller neueren Literatur abzusehen und z. B. die belehrenden
Studien zu Goethes Weltanschauung zu ignorieren , die wir Steiner,
Kalischef, Morris usw. verdanken. Ich treffe jetzt oft bei jüngeren Forschem
die Baccataureus-Methode, er^t selbst den neuen Tag heniufffihren zu
wollen; und wenn mir auch sicher ein Buch, das lediglich auf Quellen-
studien berühr, lieber ist als eins, das gaiu aus abgeleiteten Quellen
gespeist wird, so scheint mir doch aitch die Vcmachlässigtmg der Vor-
arbeiten ein methodischer Fehler.
Menke-Olückert kommt denn auch aus seiner Lektüre heraus zu
höchst anfechtbaren Behauptungen: Ooethe habe sich Zeit seines Lebens
stolz als geborener Reichsstädter, als freier Frankfurter Bürger gefühlt
(S. 1), seine Beliachtung der Individuen habe sich durch die T)penlehre
gänzlich verändert (S- SD, er habe - als erster - die neuere Geschichte
als ein LnslAsen vom Banne der Autorität aufgefallt (S. lOül. Übrigens
sind seine peremptortsdien Aussprüche über andere Erscheinungen oft aidht
4
»ffliger bedenklich: die Römer seien das Lieblingsvolk der Aufklärung
iS. 24), oder Herder sehe als Ziel der Gescliichte die Befreiung von
Vonirleileii an (S. 25; «Auch eine Philosophie der Geschichte", dies
(tolUeristische Denkmal für Herders Entwicklung, u-ird gar nicht
enrihnt). Oberflächlich ist nach seinen eigenen besseren Ausführungen
(S. 4J( der Satz, diK üoethe in dem -Brief des Pastors zu •" ein ,Auf-
rringcD von Meinungen* gewünscht habe (S. 44); falsch die diircli geführte
Sclirobung Cooke (S. "3 f.) fßr den Entdecker; und so fehlt es nicht an
Mieren Spuren der Hast
Dem entspricht denn eine etwas zu gradlinige Entu-icktung
(S.77 f.), die übrigens (S. 60 f.) den Begriff der Metamorphose zutreffend
in den Mittelpunkt stellt und auch den ■Götz" [bes. S. 50) hübsch ein-
zaordnen versteht. Wie kann man aber iS- 47) sagen, Goethe gehe in
nndiKdcnen Punkten über Herder hinaus, indem er beim Nädisten,
Wrklidien bleibe? wie kann man seine historische Anschauung {S. 55)
nAtti die Mosers stellen?
Wir haben eine gute Auswahl an Belegstellen mehr in O. Har-
njds als in W. Bodes Manier; der Versuch aber, auf sie ein Denkmal
<^a Oeschichtsphilosophen Goethe aufzubauen, kann nicht als gelungen
hczckbnet werden. Richard M. Meyer.
Ahron Marc», Die moderne Entwicklungstheorie in der jEldischcn
^asoischafl. Hamburg, Marcus.
Mitteilungen über frühe Andeutungen der Entwicklungsgedanken bei
jüdischen Denkern, die wertvoll wären, wenn man die Übersetzung in
fowimie Termini kontrollieren könnte, eingebettet in h&hntsch -hochmütige
D«k!araationen von unerträglichem Ton. R. M. Meyer.
L Ixnnboff. Das ländliche Gesindewesen in der Kurmark Branden-
IJUTg vom tö. bis IM. Jahrhundert. (Untersuchungen zur deutschen Slaals-
^^ Rechtegesdiichle, hrg. von Qicrkc. 79. Heft.) Breslau, Marcus,
»^, (Vlll. 140 S.)
Die vorliegende Arbeit ist eine erschöpfende Darstellung der länd-
'»dwii Gesindeverhältnisse in der Kurmark seit der Zeit, wo die Quellen
'^ öne solche Untersuchung zu flielien beginnen, seit dem 16. Jahr-
'•fodcrt. Die Besprechung endet mit dem Jahre ISIO, wo die letzte
0*siiHjeordnung gegeben wurde, die, der Zeitrichtung entsprechend, die
^tsst\n des Gesindes sprengte, welche in den vorangegangenen Jahr-
huBdertfn die Lage der Dienenden zu einer menschenunwürdigen gemacht
"tteo. Die Darstellung gründet sich auf eingehende archivalischc For-
^^Bgen und verwertet erschöpfend die einschlägige Literatur, wobei der
Verfasser auch manchmal, m. E. mit Erfolg, gegen bisherige Auffassungen
«Qkimpft.
25 0 BtsprechnngCT.
Die Arbeit entrollt vor unseren Augen auch ein Kullurbild. Wi^Mi
erkennen ans den im Laufe der rrei Jahrhundertc erlassenen Gesinde— -
ordnunK«! (1620—1810), wie sich die wirtschafltichen, sozialen und kul — -
lurellen VerhSlInisse auf dem Lande gestattet haben. Die Behandlungswcise.^M
die man dem Gesinde glaubte angedeihen lassen zu können, sowohl dem J
freien wie dem ZwanKsgcslndc, die Bestimmungen über die IcärgHchen ^
Löhne, die lange Dienstzeit, die dürftige Beköstigung, die harten Strafen.
die Geringfiiitigkeit der Pflidilen auf Seilen der Herrschaft, alles das gibt
uns eine klare Vorstellung von der Eigenart des sittlichen Empfindens
der damaligen führenden Kreise. Für ims moderne Menschen, denen
«die persönliche Freilicil aller ein Glaubenssatz" ist, muß das Bild ab-
sloOend und häßlich s^n. Aber es ist notwendig, diese häßliche Wahr-
heit recht genau ins Auge zu fassen, um unsere Zeil richtig würdigen
zu können.
Der Verfasser wird deii einzelnen Landesherren, auch einem Friedrich
dem Großen, gerecht: er macht es verständlich, w-arum nicht früher der
Tag der Freiheit anbredten konnte. Erst die Not des Landes konnte
Bresche legen in die Burg des Feudalismus. Nun erst wurde es jedem
überlassen, Verträge über dir Anwendung seiner Kräfte zu schließen, so
vorlcilbafl er konnte. Erst die Gesindeordiiung von 1810 hat denn auch
dem ländlichen Gesinde in der Kurmark der nötigen Schutz des Ladens,
der Gesundheit und Sittlichkeit gebracht.
Interessant ist es, zu beobachten, wie sich die Klagen über die Unbot-
niäßigkeit des Gesindes, über seine Untreue, Liederlichkeit und seine
Putzsi3cht durch die Jahrhunderte hinziehen. Also nicht erst die Freiheit
die Möglichkeil zur Verwertung der innewohnenden Arbeitskraft, hat di<
Folgen gezeitigt. Manche zeitgenössischen Beschwerden muten uns sei
»modern" an. Übrigens ist auch der stete Kampf um die Löhne trol
bestehender Lohnlaxe bemerkenswert. Die Leutenot half den Dienend«
beim Steigern ihrer Ansprüche. Sie ist also auch nicht bloß eine modt
Erscheinung für die Landwirtschaft. Im 16. Jahrhundert, wo ja vide Stldte
gewaltig zimahmen . ertönt schon der Klagenif. Im Jahre 1608 wird
gesagt, daß in wenigen Jahren sich der Lohn verdoppelt habe. Diescr
Vorgang hängt aber nicht etwa allein mit der soeben genannten Ent-
wicklung der Städte zusammen und nicht bloß mil einer vielleicht inten-
siveren Bestellung der Äcker und der dadurch gesti^enen Leulenot,
sondern die ganz ungewöhnliche Umbildung des damaligen Wirtschafts-
lebens ist schuld, namentlich die gewaltige Geldentwertung, wie sie seit
der Mitte des 16. Jahrhunderts auch in Deutschland Platz gaffen hatte^H
Hand in Hand mit einer entsetzlichen und immer sdinellcr um sid^H
greifenden Mönzverschlechlerung. Der Osten wird vor allem unter dem
Hereinbredicn der schlechten polnischen kidnen Münze schwer glitten
haben, deren unheilvolle Wirkung besonders in Österreich, anderervtts
aber doch auch bis nadt Frankfurt a. M. verspürt worden ist. tdi habe
Besprechungen.
251
diräber einiges in meiner .Entwicklung der direkten liestcncrung in der
RfidtssUdl Frankfurt- ausgcfillul.
Es ist zn bedauern, daß bisher noch Untersuchungen fehlen über
die In damah'ger Zeit zum Leben der märkischen Dienstboten unumgänglich
nötißoi Dinge und über die Kosten dieser zur Fristung des Lebens gc-
bniKhlen Erfordernisse. Erst so wären wir in der Lage, den Kultur-
nistand richtig zu erfassen, erst so könnten wir auch die Wagen der
Arbdtnehmer üb«" unzureichende tlnllohnung, der Arbeitgeber über un-
effKhtfertigte Ansprüche auf ihre Sticlihaltigkeil hin prüfen. Man müßte
niDi mindesten die Kaufkraft des Geldes in den verschiedenen Zeiten
•cnnen.
Der Verfasser hat selbst die Notwendigkeit einer solchen LJnler-
suchung anerkannt. Ich hoffe, daJi er diese auch filr die Kulturgeschichte
so überaus widitige Arbeit in Angriff zu nehmen entschlossen ist. Freilich
^in dazu die Erschließung von fVivatarchiven erforderlich.
Friedrich Bothe.
J W. Hedemann, Die Fürsorge des Gutsherrn für sein Gesinde,
fßrandenburgisch-prcultischc Geschichte.) ■{Sonderabdruck aus der Fest-
8>^ für Felix Dahn. l) IJrtsIau, Marcus, 1W5. (53 S.)
Der Verfasser will zeigen, wie die Fiirsorgepfllchl des Gutsherrn
^*" sein Gesinde unter schweren Kämpfen den heutigen Stand crreicIU
''*'■ Und das ist ihm gut gelungen. Er weist nach, wie der Adel, durch
°* Leiilenol gezwungen, den Dienstzwang einführte, wodurch die Unter-
"lenldnder gebunden wurden. Namentlich das ostelbische Gebiet hat
^"^ Herrschsucht des Adels sich 2U harten Formen ausbilden sehen. Und
■t***! hat der Staat selbst hilfreiche Hand leisten müssen. In der Mark hatte
**" lM5 der Gedanke einer Fürsorge für das Gesinde niederschlagen wollen,
'*'^ bald trat eine heftige Reaktion ein. Bis zum Jahre 1755 ist dann
von Fürsnrgepilicht auf dem l^ndc keine Spur mehr. 1718 war eine
^"^idung in ländliches und städtisches Gesinde eingetreten. Für ersteres
'^fd« eine rechtliche Fürsorgepflidit vorerst noch nicht als notwendig
''"Munden. Justus Moser läßt freilich in seinen „Patriotischen Phantasien»
*^^ Gedanken an eine geordnete Invaliden- und Altcrsversichening Spiel-
*"**, aber erst, als im ALK. die Auffassung von obligatorischen Ver-
/*ft^n zum Durchbruch kam, wurde auch die Gesundheit als wichtigstes
"* der arbeilenden Klasse erkannt. Dadurch erwuchsen dann dem
*^*saw3Tn Pflichten.
AUnche Gedanken des BOB. inbetrcff der Fflrsorgcpflicht gehen
«Jie preußische Kodifikation aus den Jahren 1784, 1794 und 1810 zurück.
. Hedemann weist zuletzt auf die heulige Zwiespältigkeit hin^ die
'*'-»rch entstanden ist, daß zwei große Gesetzgebungswerke, das BOB.
»nd
die Vcrsidierung^esetzc, mit der Oesindeordnung von 1810 in
Er gedenkt diese Frage ander—
mancher Hinsicht in Konkurrenz treten
Wirts zti behandeln.
Die Ausführungen sind klar und zcichaen zu gleicher Zeit
Khauliche Kultiirbilder. indem sie das jeweilige Verhältnis zwischen Herr
und Diener scharf beleuchten. Die Fürsorge [ür die dienende Klasse
erscheint als bedeutende kulturelle Errungenschaft des letzten Jahrhunderts,
die unserer Zeit den Slcmpcl aufdrückt
Friedrich Bolhe.
1
Illustrierte Geschichte des Kunstgewertes, herausgegeben in Ver-
bindung mit Wilhelm liehnckc, Moritz Dirgcr, Ottov. Falke, Josef Folncsics,
Otto Kümmel, Erich Pemice und Georg Swarzenskl von Georg Lehnen-
Abt. 1-4 Berlin, Verlag von Martin Oldcnbourg, 1907. (592 S.) ^M
Wen» sich MSnner wie der Greifswalder Arch3ol<^ Pemtc^^
Museumsdirektoren wie Swarzenski und Otto v. Falke u. a. zusammentun,
um eine Geschichte des Kunstgewerbes zu verfassen, und wenn der
Oldenbourgschc Verlag das Werk mit einer Ffille von Illustrationen und
farbigen Tafeln feinster Ausführung ausstattet, so muß allerdings etwas
Tflctitlges zustande kommen. Und das ist auch der Fall. Pemice streift
cnt den Orient, weilt liebevoll in Kreta und Mykcne und gibt dann eine
prftchllge Entwicklimg der altischen Keramik. Von den schwarzfigurigen
fuhrt er zu den strengen und entwickelteren rotfigurigen Vasen hinüber,
I.uphrnnins wird zur lebendigen Persönlichkeit, ßrygos, Duris, Hieron
werUei) uns vertraut. Eine solche Zusammenfassung Ist ungemein nützlidi
und xumal im Anschluß an die altkretische Kunst äußerst lehrretcb.
KrAnig Irin die Rnllc Joniens als kulturs[Kndende Zentrale überall hervor.
Auch die fernerer Teile, die altchristliche Kunst, das Mittelalter und
die KenaJssaticc haben in Swarzcnski und v. Falke würdige Bearbeiter
gefunden. - In diesen vier schönen Heften, die bisher voriiegen und die
ichon fflit 600 Seilen umfassen, zu blättern und die herrlichen Parben-
lafeln zu betrachten, etwa die reizende Tanagraftgur, die antiken Gläser
de« lierliner Kunstgewerbemuseums , die koptischen Webereien . den
deutichcn Wirkteppich aus dem 15. Jahrhundert, Andreolis Majolikaleller
ui«., gehört zu den schönsten Kunstgenüssen, f^as Budi entspricht
durchaui der Richtung unserer Zeit, die neben der Kunst dem verfeinerten
Kunstgewerbe einen so breiten Raum gewährt Es Ist zu hoffen, daß
das Werk durch Erscheinen der zweiten Hälfte recht bald ven-oll-
ittndigt wfi-de. C Fries.
Kleine Mitteilungen und Referate.
Nicht nur bei den Museologen, sondern vor allem auch bei den
Knhnrtitstorikem von Fach und den Freunden der Kulturgeschichte sollte
e» ausgezeichnete Arbeit unseres Mitarbeiten Otto Lauffer; Das
Historische Museum, sein Wesen und Wirken und sein Unter-
schied von den Kunst- und Kunstgewerbe-Museen (Museums-
foBde, III, H. 1) eingehende Beachtung finden und nachhaltige Wirkung
ausüben. Das angeblich so große Interesse für die Kulturgeschichte, das
Iwirte immer vorausgesetzt wird, existiert ja nur in ganz geringem Maße.
Man begnügt sich damit, das Schlagwort ir Kult Urgeschichte" mö^ichsl
rft im Munde zu führen. Bei dem großen Publikum vollends wind das
OtTcdevon Kulturgeschichte vQUig zum leeren Geschwätz. Diese Lage der
Dinge berührt denn auch die ncucrdingä entstandenen oder entstehenden
Whirgeschicht liehen Sammlungen, Man kann freilich anführen, dafi zur
Emchtung derwlben ja vielfach öffentliche und private Mittel hergegeben
■Wden und werden, aber es geschah und geschieht sicherüdi seilen der
Kulturgeschichte zu Uebe. Vielmehr denkt man bei dem Begriff Museum
iJodi im Grunde immer an die Kunst, und Kunst ist ja heule das Feld-
SQdirei der »Ocbildelen*. Die Regierungen, die Städte haben jetzt für
**« Ötfenllichcn Sammlungen viel mehr Geld als früher; man kann auch,
*cnn die Mittel nicht genügen, irgendeinem reichen Manne seine Mäzenaten-
P^icbt am ersten für Kunstwerke klar machen und aus ihm ein tüchtiges
Stück Geld für Ankäufe herauslocken. Wer unter den Museologen ein
'Wig zu »machen" versteht, kann bei der sehr günstigen Stimmung
^tt vid erreichen. Aber der Tief erschauende merkt doch wohl, daß
'" dieser ganzen Strömung, die im wesentlichen kunstgeschi cht lieh, auf die
Konst der Vergangenheit gerichtet ist, die aber auch zum Teil auf eine
^stlietisierung des LetKus, auf mehr Kunst im Gegen wartstcbeu au^elit,
'fflniertiin viel Oberflächlichkeit, Hohlheit, pure Mode steckt. Segens-
reidic Folgen und Wirkungen sind gewiß auch zu bemerken. Es ist
cne Freude, zu beobachten, wie in wirklich gebildeten Familien mit Eifer
*^ Kunstinteresse durch Anschaffung guter Reproduktionen von Bildern,
I^liefs usw., von Sammelwerken und Mappen gcpflegt,dieKennlnis auf diesem
Gebiet durch eigenes Urteil gefArdert wird. Aber viele machen das auch
nur der Mode halber mit. und im ganzen halten wir trotz gesunder inner-
licher Unterströmungen diese Modeströmung für genau so äußerlich Tic die
ganze Kuttur der Gegenwart überhaupt, Aber, um auf die Lauffenche Arbeit
zu kommen, in ihr handelt es sich eben n i cli t um Kunstmuseen : im Gegenteil
wird hier die An vendung der ästhetischen und kunstgeschichtlichen Betradi-
tungsweisc, die an den groflcn Museen unbestritten herrscht, auf die völlig
andersgearteten Altertumssammlungen bekämpft, und daher versteht man
nur zu wohl, venn Lauffer gleich zu Beginn seine Arbeit als undankbar
hinstellt und meint. daB er ..bei der weitaus größten Zahl der Fach-
genossen mit den folgenden Auseinandersetzungen auf keine allzu leb-
hafte Teilnahme rechnen könne-. - 1-auffer sucht zunächst in längerer
Krftrterung den B^riff des •Historischen Museums' zu bestimmen und
«eist nach, »-ie minvcRtändlich die Bezeichnung »kulturgeschichtlich* bt,
vcil jeder etwas anderes danmler versteht. Diese, gerade die Leser unserer
Zeltschrift interessierende Auseinandersetzung hält er für nötig, weil
auch er nicht auf die geläufige Bezeichnung .Kullurgeschiclite* \'erzichten
will und kann. Um Mißverständnisse zu vermeiden, zieht er aber vor,
die Namen «AUertumssammlung* oder .Archäologische Sammlung' zu
verwenden. Was Lauffcr im Auge )ul, zeigen übrigens mehrere im
Laufe der Abhandlung vorkommende Wendungen, wie wenn er z. B.
S. 15 davon spricht, daO das historische MiLsenm «eine Anschauung von
den Lebensgewuhnheiten der Vorfahren geboi" soll; wenn er S. 2i die
Veranschaulichung der heimischen fiu Eieren Kultur in ihren tj-pischen
Durchsclmittsformen als Ziel hinstellt txler S. 2tt meint, .daü das hislorisdte
Museum mit seinen Sainmlungen wie mit seiner wissenschaftlichen Arbeit
lediglich die Kenntnis der Vorzeit vertiefen und verbreiten helfen will-.
Nach Besprechung des B^iriffs und des Namens geht L des näheren auf
die wissenschaftlichen Objekte des historischen Museums, auf die Realien
ein und unlersuchl sie zunächst in ihrer Higenschaft als ardiäologische
Quellen, tntscheidend für die Archäologie ist der Zweck, der Gebrauchs-
zweck der Realien. In dieser Erörterung der wissenschaftlichen Interessen
der Archäologie findet sich mancher t>eachtcnswerte Gesichtspunkt, so
bezüglich der volkskimdljchen Realien. Übrigens hat Lauffer, der. »ie
die Leser unserer Zeitschrift wissen, wiederholt die von ihm vertretene
Wissenschaft als Altertumskunde bezeichnet wissen wollte, die Erfahrung
gemacht, daß auch dieser Ausdruck mißverstanden ist, und mdnt
•diejenige wissenschaftliche Betrachtungsweise, welche den Zweck
Realien in den Mittelpunkt ihrer Forschung stellt", »nicht anders
aEs .Arcliäotogie' benennen" zu können. Jedenfalls ist das -historisch«
Museum- für die kulturgeschichtliche Forschung wie für die Verbreitung
kulturgeschichtlicher Kenntnisse ein Institut von größter Bedeutung. Hat
die Kulturgeschichte als Wichtigstes die Erforschung des inneren
Menschen zum Ziele, so ist doch ihr Arbeitsgebiet nicht zum wen!
deiü^
Kleine Mitteilungen und Referate.
255
auch die gesamte äußere Kultur, das äußere Letien, die Lebenshaltung
der Vergangenheit, die sie nur in Beziehung zu ilirem Träger, dem
Menschen, setztn muß, aus der sich im übrigen auch für die Erkenntnis
des inneren Lebens vieles direkt ergiebl. Filr diese äußere Kultur, die von
manchen sogar als hauptsächliches kulturgeschichtliches Arbeitsgebiet an-
gesehen wurde, bietet eben das historische oder, sagen irir ruhig, das kultur-
gesdiichtliche Museum die erwünschte Sammcl- und Vera nschau lieh ungs-
Stätte. - Die Haiiptabsicht der (jufferschen Arbeit ist mm die scharfe
Abgrenzung der Aufgaben und Ziele dieses Museums. Wir müssen für
alle Einzelheiten auf die Arbeit selbst verweisen und heben nur folgendes
hovor. Aufs schärfste betont Lauffer, wie schon angedeutet, die Wesens-
vOKfaiedenheit der historischen Museen und der Kunstsammlungen, ins-
bdCMidere der Kunstgewerbemuseen. Jenen fehlt nach einem Lichtwark-
idwn Ausdruck »von Haus aus die Richtung auf die Qualität", während
bei diesen der künstlerische Wert der Objekte entscheidend ist. Während
<hs historische Museum lediglich die Vergangenheit erk«inen lehren wiU.
diacn diese der Erdehung zum guten Geschmack, sind also auch vom
Zotjechmack, ja vom persönüclien Geschmack des Leiters abhängig.
I*iifcrs Erörterung über das Grenzgebiet, wo sich die Interessen beider
Anstalten benihren, sei nur nebenbei er^'ähnt, hervorgehoben aber nodi
^v Unterschied, daß nach Lauffer eine Altertumssammlung sich auf
«iacii eng umgrenzten Bezirk beschränken muß, ein Kunstgewerbemuseum
«H seinen Sammlungen dagegen international ist. Damit ist ein I'unkt
Itriihrt, den Ijuffcr schon vorher als für die praktische Ausgestaltung
<lts historischen Museun» - er hat dat)ei freilich nur die kleinen und
am Teil die mittelgroßen Museen im Atige — entscheidend erörtert
luL Es ist ihm ebenso wie das historische Archiv der Träger der lokal-
liistorischcn Forechung. Er verficht aufs bestimmteste und aus ver-
Khiedenen Gründen die «örlliche Beschränkung auf die heimischen
Allertflmcr'. Das vielfach notwendige Kinausgrdfen über das lokale
Arbeitsgebiet ist nur als Hilfsmittel zur Veranschaulich ung der heimischen
«■ßeren Kultur in ihren Durchschnittsfortuen zulässig. Bezüglich aller
»Btffen Einzelheiten, der Erörterung praktischer Museumsfragen vcr-
«wen wir auf die Schrift selbst, hier sei nur nochmals festgestellt, daß
dieser Versucli Lauffers. ..die Position der historischen Museen nach
•Möglichkeit zu bessern-, imser volles Interesse verdient und wir den wirk-
Itefa nicht bloß dem Namen nach kullurgeschichtUchen Standpunkt
Uafters mit besonderer Genugtuung begrüßen. In der Förderung der
Ansichten Lauffers sehen wir eine eigene Angetcgenheit. Möchten die
btstoriscben Museen, deren Leiter nicht so als Kulturhistoriker von Fach
feiten können wie Inuffer, sich gleichwohl dessen Standpunkt tu eigen
machen. Wenn diese Leiter steh in der Weise wissenschaftlich betätigen,
wie CS Lauffer im Schlußkapitel von ihnen verlangt, so werden sie
Hauplteilnrhmer an der ernsthaften kulturgeschichtlichen Arbeit sein, die
wir seit langem als überaus notwendig hingesteEIl haben. Denn nochmi
sei hervorgehoben, die Gescliichte der äußeren Kultur ist durchaus ein
vollberechtigter, integrierender Teil der vissenscliaftlichen Kulturgeschichte.
Möclite daher auch ein enger Zusammenhang zwischen der Arbeit der
historischen Museen und der kuIturKcschichtlichen ForechunK sich aus-
bilden. Möge der Kulhirhistoriker nicht nur in der Bibliothek und im
Archiv, sondern auch im historisclieii Mtiseutn seine Quellen finden,
möge andererseits dem Kulturhistoriker von Fach - leider gibt es ja
nur selir wenige - auch ein gewisser Einfluß auf die historischen Museen
zugestanden werden! Mö^en auch die Leiter historischer Museen ständig
den FortschritlcTi der kulturgeschichtlichen Literatur folgen und mit ihr
in Konnex bleiben, wie das ja bei Lauffer in hervorragendem Maße
der Fall ist!
Die vortrerfUcte Sammlung des B. G. Teubnerschen Veriages in
Leipzig: «Aus Natur und Ceisteswelt' hat neuerdings eine ganze Reihe
von gut illustrierten BAndchen gebracht, die insbesondere die deuisdtt
Kultur^schichie angehen. Zunächst sei auf das Bändchen aus der Feder
des Herausgebers unseres Archiii-s: Germanische Kultur in der
Urzeit, das bereits 1^05 erschien, hingewiesen (75. Bdchen.). Durcli-
aus auf die Quellen gegründet, wird diese Arbeit durch ihre objektive
Aufzeigung der Unsicherheit vieler allgemein nach gesprochenen Annahmen
über die älteste Epoche unseres Volkes und die anschauliche Darlegung
des wirklich liegröndeten gerade für weite Kreise, die Lehrerwelt usw.
besonders nützlicfi sein. Zugidch bildet sie eine willkommene Ergänzung
zu Steinhausens großer »Geschichte der deutschen Kultur". - In Bänd-
chen tS3 betiandelt Hans Hausrath den deutschen Wald. Er
will «einen Überblick geben über Umfang, Entstehung, Bewirtschaftung
und Bedeutung unserer Wälder", knüpft aber immer an die geschicht-
liche Entwicklung an. Es kommt hier also nicht nur das «i rischaft liehe
und das natunnissenschaftliche, ferner nicht nur das ästhetische Interesse
in Frage, sondern auch in erheblichem Maße das kulturgeschichtliche.
Die AusfQhmngen Sleinhausens zu Beginn des eben ernühnten Bändchens
Über die Bedeutung des Waldes in gcrmanisdicr Zeit finden bei Hausrath
entsprechende Ergänzimg: mit Recht betont er, daß die Vorstellung von
der Waldmenge nicht übertrieben werden darf. Weiter geht er auf die
spätere Rodungstätigkeit, an anderen Stellen auf den Wechsel der Holz-
arten seit der ältesten Vergangenheit, auf die Entwicklung der Waldwirt-
schaft, auf diejenige des Waldeigcntunis u, a. in ausführlich belehrender
Weise ein. ~ Mit der Geschichte des deutschen Hauses beschäftigen sich
zwei Bändchen der Sammlung, das 116. und 121.: Das deutsche Haus
und sein Hausrat von Kudolf Meringer und Kulturgeschichte
des deutschen Bauernhauses von Chr. Ranck, jene Arbeit wissen-
schaftlicher gefärbt, eigenartiger und weniger gleichmäßig- systematisch
ausgeführt als diese. Meringer betont die Schwierigkeiten sdnes Themas
- »die Hausfonchung, das heißt das Studium des ^-olkslümlfchen Hauses,
de Bauernhauses, ist erst im Beginne ihres Wirkens- -, aber er »hatte
udi die ÜbcTKugung, daß endlich einmal wieder Einer den Mut haben
Btee, eine Zusammenstellung, die vielen zugänglich ist, zu machen.
Difl dibci vieles subjektiv werden mußte, war nicht zu umgehen. Den
Neuling wird das Büchlein doch in die Probleme einführen, der Kundige
oAp die Arbeit als Diskussionsba»s annehmen." In der Tat wird der
an vie der andere das Büchlein nur mit Gewinn studieren, der letztere
Mlich wiederhoh anderer Ansicht sein. Im Mittelpunkt von Meringers
Artnt steht das oberdeutsdie Maus. Etwas Nationales meint er damit
iber nicht. «Das oberdeutsche Haus findet sich außer bei den Dcutsdien
iMh bei Slaven, Magyaren und auch - aber seltener - bei Romanen.
Der Aoseangspunkt dieser Hausform, dieses Typus, ist aber Oberdeutsch-
iud gewesen." Diesen Typus behandelt er also eingehend. Alle anderen
Typen, das niedersachsische und das nordische, das romanische Kamin-
nd das osteuropäische Herdufenhaus charakterisiert er nur insoweit, »daß
it dch klar und deutlich vom oberdeutschen Haus und untereinander
utrenncn". Alle Einzelheiten tnübsen hier beiseite bleiben, hingewiesen
« nur bezüglich der Verwertung des I'lanes von St. Qallen auf die
noioe Ansicht, daß dieser Plan einer nur idealen, nie ausgeführten
Kkistefanlage vermutlich von Italien beeinflußt ist, sowie ferner darauf,
ilifl Karts des Großen Undgüterordnung im wesentlichen doch nur für
Wwfranken heranzuziehen ist. Die späteren Zeiten des deutschen Hauses
^ dem hohen Mittelalter sind, wenn es sich hier auch nur um das
volkstQmliche Haus handeln soll, doch wohl allzu kurz abgetan. - Auch
fcRancks Büdilein gilt übrigens die Bemerkung bezüglich des St. Oaller
Plans, den man nur sehr bedingt als .wenn auch nur ideales Bild einer
|R)6eD germanischen Wirtschaftsanlage" nehmen kann. R. betont dabei
itibtt, vie der MOnchsarchitekt nach römischem Vorbild gearbeitet habe,
ta pnzen entspricht Rancks Arbeit dem, was man von einer gemdn-
w«ändliclieii Darstellung der Entwicklung der deutscheii Bauernhausform
"n Zusammenhang erwartet, mehr als diejenige Meringers, knüpft dafür
^Jdn stärker an die vorhandene Literatur und die hergebrachte An-
sdttuung au, bringt also weniger Neues als jene. - Ein weiteres,
'^ ganz neuerdings erschienene 192. Bändchen der Sammlung führt
^ beiden eben genannten .arbeiten stofflich weiter, Rob. (Miclkes
*erl(cben: Das deutsche Dorf. Man wird manche Einzelheiten anders
'tosdien, andererseits manclies ergänzen können, insbesondere eine stärkere
Venrertung der kulturgeschichtlichen, der allcrtums- und der volkskund-
iJcben Forschung - die Werke von Heyne, Alw. Schultz, Steinhausen,
E. H.Meyer u.a. hätten für die allgemeinen wie die speziellen Partien manches
Pboten, Freytag wird einmal (S. 16) genannt, übrigens als .Freitag" -
"winisseu: aber im ganzen erfüllt das Buclt seinen Zweck durchaus und
iÄlehrt in übeßichtlicher imd anregender Weise auf Grund einer
AnUv »r K>ltnrgncliidi(r. VI.
17
guten Kennlnis insbesondere der wirtschaftsgescliichüichen Uteralur wie
eigener Studien und Reisebeobachtungen und innigen Vertrautscins mit
dem wirklichen Leben des Dorfes über das höchst interessante Oebiet.
Üie völlige l-5sung seiner Aufgabe hält M. allerdings selbst heute über-
haupt noch nidit für möglich. Natürlich kann nur die Einzelbehandlun^
der Dörfer nach ihren landschafllichen Verschiedenheiten die richtige
Anschauung geben: ihr ist denn auch der Hauptteil des Buches ge«-idinct
(NicderdcLtsclie, Mitteldeutsche, Oberdeutsche Dörfer); voran gehen
Abschnitte ober die Anfänge und die Geschichte des Dorfes, über die
Dorfanlage und die riureinteiluiig, es folgen solche über die Kultur des
Dorfes und das Dorf am Ende des 19. Jahrhunderts. - Ein weiteres
Bändchen (4S), das bereits in 2. Auflage vorliegt, leitet zur städtischen
Kultur: Die deutschen Stidte und Bürger im Mittelalter von
H. Heil. An heiklen, viel umstrittenen Fragen ist ja gerade auf diesem
Gebiel kein Mangel Bei manchen Punkten der Darsleihmg wird der
Fachmann also anderer Meinung sein. Es schadet übrigens nichts, wenn
auch das größere Publikum, auf das die Darstellung berechnet ist,
wenigstens eine Ahnung davon erhält, welche Probleme hier, welche dort
vorliegen und wie verschieden man sie ni lösen gesucht hat. An dnigc
Stellen ist derartiges auch angedeutet. Im ganzen ist die Fülle des Stoffe
knapp und klar und in glücklicher Form zusammengefaßt. Auf dU
Belebung durch diarakieristische Einzelheiten ist dabei Wert gelegt. Die>1
Illustration auf S. 120 ȟrde besser durch eine getreuere auf Qrund einer
Photographie ersetzt. In die Schönheit der alten Städte will das
Werkchcn von A. Erbe. Historische Städtebilder aus Holland
und Niederdeutsch land (117. ßändchcn der Sammlung) einführen.
.Kaum ein Land bietet noch heute eine solche Fülle eigenartiger um
vom Wechsel der Zdt so wenig berührter Städtebilder wie Holland,
einst . . . zugleich für die benachbanen Länder ein wichtiger Kultur
träger." »Besonders mächtig wurde diese von KoÜland ausgehende Kultur-
Strömung für die Länder an der Nord- und Ostsee, und die hier vor-
handenen zahlreichen Baudenkmäier lassen noch heute die Spuren der
Strömung deutlich erkennen. So zeigt sich in den alten Stadtteilen vo^H
Danzig, Bremen, Lübeck und Hamburg noch jetzt der einstige EinfluJ^^
Hollands, und es erschien daher von Interesse, die alten Städtebilder
Hollands und dieser niederdeutschen Städte einer zusammenhängenden
Betrachtung zu unterziehen.- Das wohlgelungene Buch wird hoffentlich^
vkle Leser linden, das Verständnis für alte Baudenkmiler in weiten
KreiWfl fftrdem und dadurch zugleich das Interessie an ihrer Fj-haltti
mehren.
Die Walhalla, Bücherei für vaterländische Geschichte, Kunst und
Kulturgeschichte, begründet und herausgegeben von Ulridi Schmid (München,
Ocorg D. W. Callwey, 1907), bringt in ihrem dritten Bande — die beiden
ersten haben wir Bd. 5, HS ff. ausführlich besprochen - mehrere kultur
I
schichllich interessante Arbeiten. Ein trefflich gesdiriebener Beitrag aus
tier Feder Theodor Lindners: Der Individualismus in der deutschen Ge-
ttWdile eröffnet den Band und wird gerade weitere Kreise fesseln. Er
aifl, wie durch die deutsche Geschichte der Individualismus hindurch-
eebt als die kitende Kraft des deutschen Volkes. Bekanntlich nennt frci-
lid) Lindner die Indogerminen insgesamt im Qegensatz zu den Mongolen
iodhriduaiisten, betrachtet aber die Deutsdien ..als besonders klaren Aus-
«fnick der Umnlage und ihren getreuen Träger-. - Auf Grund bekannter
Wote erzählt Theodor Ebner in gemeinverständlicher Weise ans der Oe«
Kiiichte des deutschen Handwerks. - An nicht im engeren Sinne kulturge-
fchidnlichen Beiträgen enthält der Band die folgenden: Tannhinser in
Sage und Dichtung des Mittelalters und der neuen Zeil von Wolfgang
Oolther; Das Freisingcr F*atemoster und verwandte altdeutsche kirch-
liche Literatur von Friedrich von der Leyen; Matthias Grunewald
*on Franz Bock. Letztere beachtenswerte Arbeit des Verfassers der ersten,
htilich angefochtenen Grünewaldnionographie bildet das Haiiptstück des
Btndes: ihr ist ein reiches Abbildungsmatertal beigegeberi<. Orünewald
»irdils Rembnndts größter und wähl verwandtester Vorläufer und Prophet
Wnpstdlt «Sein ganz selbständig und organisch aus der nordischen
SpStgotik hcrausentwickcltcr nordi.scticr Barockstil bildet den bewußten
"id entKhiedenen Gegensatz zur italienischen Renaissance und zu ihrer
'^chahraung, dem niederländisch-deutschen Italismus des 1t>. Jahrhunderts,
Q**newald hat allein von allen ztttgenössisdien deutschen Künstlern die
^araklerfestigkeit gehabt, sich nicht an das fremde, sfidliche Ideal zu
*'*»'li(Ten.' - Im übrigen ist der neue Band durch die Abteilung der ,Monu-
'•'citia historica* erweitert worden. In ihr »sollen bedeutendere Quellen
*Ur deutschen Geschichte, Kunst- und Kulturgeschichte zur Veröffentlichung
*5**i'men, die bis jetzt noch gar nicht oder nur wenig bekannt geworden
**d oder auch in einer unbrauchbaren oder sehr fehlerhaften Edition
*^»liegen". Wir erwähnen daraus das von Michael Hartig mitgeteilte
*:5lantcnt des Ritters Alram von Rottcm (1287) und das vom Heraus-
geber beigesteuerte Tagebuch des Pfarrers Michael Golzmann {1-180-1 524).
^^»t Recht werden diese Aufzeichnungen als ein wesentlicher Beitrag zur
Panischen, besonders aber zur bayerischen Kulturgeschichte bezeichnet.
r^< rWalhalla' ist weiteren Kreisen zu empfehlen, verdient aber auch das
**tertsse der Historiker.
Den Rang einer wichtigen geschichtlichen Lokalzeitschrift bat
^^ das Trierische Archiv, herausgegeben von Kentenich, Lager und
*^*^imer. von dem uns Heft 9-11 voriiegen, zu erobern gewußt (Trier,
»-»ntzsche Buchhandlung). Gewiß überwiegt das kirchen geschieht liehe Inier-
•'S«, aber die Kulturgeschichte erfährt ebenfalls Bereicherung. Heft 9 ent-
*»4I( folgende Beitrage: Visitationsregister des Archidiakonsjohann von Vin-
slingcn von W. Fabrizius (das wichtige Aktenstück, das gleichzeitig von
V. Carri^e in der Sammlung französischer DiÖzesanregisler veröffentlicht
17*
wurde und das eine Aiifzn'chnung der Rechte des Archidtakons bei der
Kirchenvisitatton [.Atzung und Herberge" sowie Abgaben] enthält, gewährt
ein Kulturbild für die hier in Präge kommenden Gegenden an Mosel und
Rhein) ; Dieerste tri dentini sehe Visitation im Erastifte Trier 1 5bw von F. H&llen
{die Diözcsan Visitation, die ein Mittel kirchlicher Kontrolle und Refonn
sein sollte, aber von den Bischöfen mehr und mehr den Archidiakonen über-
lassen wurde, die darin ein einträgliches und nutzbares Recht erblickten,
wurde vom Tridentinum in ihrem ursprünglichen Sinne wieder einge-
schärft und in Trier t>ald entsprediend gehandhabt; die 1569 den Archi-
diakonen, Dechanten und Harrem bei der Visitation Dbergetwnen In-
struktionen werden abgedruckt: die veröffentlichten Visitationsprotokolle
gewähren einen Einblick in die Verhältnisse der Zeit, in die Patronat9-
rechte, in die Zersplitterung der Zehntberechtigungen und die Natural-
wirtschaft); Miszellen: Eine Charakteristik Jakobs von Eltz (Brief Maxi-
milians II. an Pius V.). mitgeteilt von H. V. Sauerland; Zwei Briefe des
Kurfürsten Jakob von Eltz an den Rektor des Jesuitenkollegiums zu Trier,
Hermann Tyräus. - Heft 10 enthält: Die Entstehung^eschichte der Trierer
Archidiakorate von H. Basigen ; Das Dekanat Zell (Mosel) nach der Visitation
im J. 1569 von F. Hüllen (ergänzt die HöUensche Veröffentlichung in
Heft 9); Das Eurcner Hundeigeding oder Hochgericht von Stein; Eine
Urkunde des Domkapitek in Trier vom Jahre I28J von Lager (in welcher
ein eigentümlicher, bei den Klerikern der Dorakirche in Übung stehender
Gebrauch als Unsitte und Mißbrauch streng verboten wird). — Heft 1 1 ent-
hält: Verfall der Deutschordensballei Koblenz im IS.Jahrh. von Reimer;
Eine statistische Aufnahme der volkswirtschaftlichen Zustände im Amte
Saarburg vor und nach dem 30j3hriEen Kriege von [jger (ein Verzeichnis
der Vcrhiste an Menschen und Vieh, des Ausfalles der Erträge von Wein-
bergen und Äckern sowie der während des Krieges bereits gezahlten Qeld-
siimtiien und der nach demselben noch nicht getilgten Schulden; Ein-
wohnerzahl und Besitzstand einer jeden Ortschaft vor 1652 ist angegeben);
Die Entstehimg der bürgerlichen Sflbst Verwaltung in Trier im Mittelalter
von Kentcnich (eine selbständige Bürgergemenide entstand in Trier 1142
und zwar durch Schwur^-ereinigung infolge eines äußeren Anstoßes (Kriegs-
not); die vollberechtigten Mitglieder sind vorzüglich Schöffen- und Mini-
sterialengcschlechter; die neue Gemeinde knüpft lokal an den weiteren Kreis
der allen hiiitdertschaftlichen Oerichtsgcmeinde, nicht an die alte engere
Zentgemeindc Trier an); Zur Geschichte des Eranziskanerklosters in Witt-
lich von Schlager; Miszellen von Krudewig und Zimmer (Urkunden etc).
— Femer liegt uns als S. Ergänzungshefl der genannten Zeitschrift dne
Arbeit von Franz Hamm vor: Hunsrficker Wirtschaftsleben in der
Feudalzeit; mittelalterliche Epoche der Markgenossenschaft Rhaunen (Die
Wirtschaflscntwickliintc der Markgenossenschaft Rhaunen, II) Die Arbeit,
deren erster Teil als 7. F-rgänzurgsheft erschienen ist und die fränkische
Hundertschaft und Markgenossenschaft auf dem Hundertsrück behandelte,
Kleine Mlttrihingi^n und Referate.
beschSftigt sich mit virtschahlichen und sozialen Vertiältnissen dner
Markgenossenschaft, die typisch für den gesamten Hunsriick sind. Die
wirtschaftliche Organisation des Hochgerichts Rhauncn läßt der Verfasser
aus den konkreten Orundhcdingungen der Wirtschaftsentwicklimg erstehen
und gibt ein Bild von Territorium und Natur, Staatsgewalt und kircb-
lidiem Einfluss, der Bevölkerungsgröße, der Unfreiheit und den Lasten.
Den Abschluß dieses Teiles bildet der Judenschutz. Dann folgt die Dar-
stellung der wirtschaftlichen Betätigung in Landwirtschaft, Gewerbe und
ersten industriellen Versuchen. Endlich folgen einige -kulturelle Analekten"
über Sanitätswesen, Hexenwahn, die Rhauner Konsistorial Verfügung von
1784 und Schulwesen. Den Begriff Mittelalter dehnt der Verfasser neuerer
Erkenntnis folgend auf Crund wirlschaftsgesch ich tli eher Momente bis zur
französischen Rn'olulton aus. So fuhrt das Kapitel über die Anßnge der
Industrie an die Wiege der heutigen Weitfirma Stumm. Im ganzen stellt
sich die Arlieit mehr als eine Gruppierung im Wortlaut abgcdnickter
archivalischer Materialien dar, die zum Teil recht vereinzelter Natur sind.
Aus dem eigentlichen Mittelaller stammen sie meist nicht, sondern aus
dem 16., 17. und vor allem 18. Jahrhundert. - Erwähnt sei noch, daß den
Heften des Archivs ein Verzeichnis der Handschriften des Historischen
Archivs der Stadt Trier bogenweise beigefügt ist.
Von den Neujahrsbtättern der Bibliothek und des Archivs
der Sladl Leipzig {vgl. über das erste bis dritte Heft Archiv 5, 486ff.)
isl als viertes Heft eine über das lokale Interesse hinausgehende Arbeit
von Ernst Kroker: Beiträge zur Geschichte der Stadt Leipzig im
Reformalionsz ei (alter (Leipzig,]. B. Hirschfeld) erschienen, «Die Auf-
sätze, diein diesem Neujahrsheft vereinigt sind, werden durch das gemeinsame
Band zusammengehalten, das sie mit Luther verknüpft." Es sind die
folgenden: Leipziger Studenten auf der Universität Wittenberg im Re-
formabonszeitalter; Doktor Georg Curio, Luthere Leibarzt; Heinz Probst,
dn Leipziger Wucherer (von Luther als Typus eines hartherzigen Wucherers
hingestellt); Doktor Kaspar Deichsel, ein Leipziger Gottesgelehrter; Die
sächsischen Bergwerke und Leipzig, Martin Leubel, Heinz Scherl (die
beiden Schwäger galten zu Ihrer Zeit als die rdchsten Handelsherren
Leipzigs); Georg von Weiler und Hans ßreu; Hicronymus Walter, der
Vorkämpfer der Katholiken. In dem ersten Aufsatz tritt Kr der Be-
hauptung, daß die Reformation im Herzogtum Sachsen hauptsäch-
lich die niederen Stände erfaßt habe, entgegen. In Leipzig send gerade
die reichsten und angesehensten Bürger von ihr erfaßt worden. Kinder
der besten Familien waren es, die trotz dem Verbote des Landeshemt in
Wittenberg studierten. Alle Aufsätze Kr.s zeichnen sich durch Gründlich-
keit und umsichtige Heranziehung alles einschlägigen Materials aus: sie
enthalten auch viele kulturgeschichtlich bemerkenswerten Einzelheiten.
Eine in den Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz
(Heft 29/30) und zugleich als Mönchener Dissertation erschienene tüchhge
IVHU
Arbeit von Maximilian Buchner behandelt die inoeic weltliche Re-
gierung des Speierer Bischofs Mathias Ramiing {1464-M7S) aul
Grund reichen archiv-aüschen Materials. Die Abhandlung streift, abge-
sehen von ihrem vempallungsgeschlchttichen Interesse, vielfach die wirt-
schaftlichen, sozialen und geistigen Verhältnisse jener Zeit.
Wegen des teiluxise kulturgeschichlliichcn Milieus und einiger Einad-
heiten (Speisezettel, Alchimistische Neigungen; Folter u. a.) Sri hier eine
im wesentlichen die politische Geschichte angehende Arbeit von Ever-
mod Hager eni-ähnt, der im vierten Jahrgang (S. 161-177) der For-
schungen und Mitteilungen zur Geschichte Tirols ein .hochfürstliches
Oehei mnis'ausdem Beginne des drei fltgjähr igen Kr iegesfdasVer-
halten des Erzherzogs Leopold gegen seinen Bruder Ferdinand II. am
Vorabende der österreichischen Ständeerhebung) behandelt. Die derbe,
witzig sein wollende Art des Ausdrucks in den Briefen Oalenbergs ist
fibr^ens zum Teil durchaus typisch für die Briefe aus dem Anfang d(
17. Jahrhunderts.
Kurz angeführt sei ein Artikel von A. Med in in der Rii
d'Italia(Qennaia19o7): L'arle e la vita Veneziana ncl secolo d'oro.
Aus dem Archivio storico Siciliano (N. S. il, 1/2) erwähnen wir
die Veröffentlichung von M. Natale, Descrizione inediladcUaSicilia
scritia da Fra Giacomo da CallanJsetta nella fine del se-
colo XVII.
Kulturgeschichtliches Interesse hat eine in der Westminster Review
(Dcc 1907. Jan. 1908) erschienene Studie von Ch. Menmolr, The »o*
cial condition of IKi^ Century of Ireland.
Im Arthiv für slavische Philologie (29, Hcfl 2 3} b^nnt A. Ivi^
Beiträge zur Kulturgeschichte des serbischen Volkes zu vt^j
öffentlichen. ^M
Einen bemerkenswerten Beitrag zur Schulgeschichte bildet d{«
Publikation von E Bcrtanza und G- D&lla Santa, Documenti per la stcnia
delU cullura in Veneria: macstri, saiolc e smolari a Veneria fino al 1500-
Auf diese bezieht sich wohl der Artikel von V. Rossi, Maestri e
scuole a Venezra verso la fine del medioevo (Rendiconti de)
Reaie Istituto Lombarde di scienze e lettere. Serie II, XU 1<)-
FJne sehr beachienswerte Studie zur Bildungsgeschichte unseres
Volkes ist R. Qalles in den Mitteilungen der Gesellschaft fflr deutsche
Erziehungs- und Schulgeschidile (t7, 3,'4) erschienene Arbeit: An der
Wiege des .Biblischen Geschichts-Unterrichts" und »Luthers
Passionalbuch*. Seinen; melirfacli erschienenen *BetbücliIeJn' hat
Luther In der Ausgabe von 1S29 zum ersten Male das s. g. Passiorule
beigefügt, das vor seinem Wiederentdecker. Reu, fast völlig vergessen
war. Trotzdem Luther von dem .alten Passionalbüdilein' redet, erschien
Luther ßlschllch als Begründer des Biblischen Geschichtsunterrichts
Sdne Quelle war aber kein einzelnes älteres BCichleln, sondern es handelt
Kleine Mitteilungen und Referate. 263
sich um die ganze Literaturgattung der Passionen, Passionailen usw. Diese
iroöe üteraturgnippe , die bisher höchstens biblic^raphisch beachte!
wnnle, offenbart nacli einer bestimmten Seite hin das ßildungsstreben
von Generationen. Galle »Tist auf den vielseitigen geschichtlichen, kunst-
und sprachgeschichtlichen Oevinn hin, den man aus der Untersuchung
dteHf Schriften holen könnte; er iKschrankl sich selbst auf den historisdt-
pida^schen Gesichtspunkt und bringt l.iithere «Fassionalc« in den
RTOBcn Zusammenhang dieser Sdiriftengatlung und ihrer Entvicktung.
- Für die Entstehungsgeschichte des Biblischen Geschichtsunterrichts sind
drei große Qnippen wichtig: die Biblia paupcrura, das Speciilum salva-
lionis humanae und die manni faltigen Formen der Passionalen odo*
Passionen. Mit ihnen beschäftigt sich Galle unter seinem Gesichtspunkt
in grÜDdlicfaer und anregender Weise, soweit das Material zurzeit diese
Uotoiuchung zuläßt. Die buchmäßige Ver\-ielfältigungskunst als Ver-
VBdtaulichungsmittel spielt dabei eine große Rolle: zuweilen aber macht
die bildliche Darstellung den eigentlichen Inhalt des Buches aus. Von
groSem Einfluß waren insbesondere Cranachs d. Alt. und Di^rers Passionen.
Viele, ja die wesentlichsten Momente an dem Lutherschen «Passionale"
sind schon in dessen Vorgängern zu erkennen. — Den Text der .\t>hand-
lung ergänzen die am Schlüsse in TabelJenform beigegebene Bibliographie
der Passionsbücher und die Zusammenstellung der in den bedeutendsten
Quellen zu findenden Bilder.
R. Reuss beginnt in den Annales de Test et du nord (3, no. 4)
Notes sur l'instructlon primaire en Alsace pendant la zivo-
'ulion auf Grund von Akten zu veröffentlichen.
«Das deutsche Lied, geistlich und weltlich bis zum
'8- Jahrhundert" betitelt sich ein .sehr wertvoller Antiquariatekatalog,
^ Martin Breslauer in Bertin, Unter den IJnden 16, herausgegeben
■"^ dessen kulturgeschichtlichen Charakter er durch den Haupttitet:
•l^okumente frühen deutschen Lebens, erste Reihe- besonders her-
vorgehoben hat. Er stellt das Verzeichnis der sehr bedeutenden Samm-
™l! des verstorbenen Hymnologen und Bibliophilen Karl Hiltz dar, zu
''" aber Breslauer noch viele wertvolle Stücke hinzugefögt hat. Es
**rden hier 556 Drucke nicht bloß dem Titel nach aufgeführt, sondern
'**'>edem Titel orientieren auch sachliche Anmerkungen über das betreffende
*^ Eine große Zahl Holzschnitte, Nolenbd spiele usw. ist nadi-
^Wdet, gute Register und zwar Register der Liederanfänge, der
*Wodien, der benutzten bibliographischen Literatur und Namen- und
^**l>register sind hinzugefügt. Von den Hauptgnippen des Katalogs
"''»gt die erste: »Vom Uedersingen und Psalmieren" im wesentlichen
**ltrial {u. a. Agenden, Kirchenordnungen) für den Kampf um das
^•"•S«! geistlicher und weltlicher Ucder im 15. und 16. Jahrhundert, um
^'« Einfahrung vor allem des deutschen Liedes in den Kirchen dienst.
m der zweiten Hauptgruppe: »Einzeldrucke von Liedern und Liedersamm-
lungen' werdfn viHr Volks- und volkstümlichen Litder verzeichnet;
viel Wertvolles findet stcti unter den angezeigten veltltchen wie geist-
lichen Liedern. Besondere Unterableitungen bilden I.uthent .Liedersainm-
lungen und Psalmen . die Liederbücher der böhmischen Brüder, die
der WicderUufcr. Reformatio tisKcscliichtlich interessant ist die dritte
Hauptgruppe, die dem zwischen Mumer und Stietel in Liedern aus-
gefochtenen Streit gewidmet ist. So hat dieser Katalog bleibenden Wert,
die Sammlung selbst «4rd hoffentlich für Deutschland als Ganzes erhallen.
Das Bulletin de la sodei^ archeologique de Tarn-et-Oaronne (34, 4)
enthält einen kullurgeschichtlich bemerkenswerten Aufsatz von Taillefer,
Des baplimeset desnoms donn^s au bipt^me «u XVII' siede
(nach einem Register von Lauzerte).
In den Berichten und Mitteilungen des Altertumsvereins zu Wien
(Jg. 1907) bespricht Anton Dachler die Ausbildung der B
heizung bis ins Mittelalter.
A. Nuglisch behandelt in der Zeitschrift für die Geschichte des
Oberrheins (N. F. 22, 3) das Geschäftsbuch des Konstanzer Gold-
schmiedes Steffan Maignow (t4S0-1.SOO) und gibt aus den Ein-
trägen ein Bild von dem Betriebe eines verkaufeiideit Handwerkers jener
Zeit, vielfach dabei gegen Karl Bücher polemisierend.
Ein aus der Zeitschrift des Ministeriums für Volksaufkläning vom
Juli 18K8 entnommener Aufsatz von W. 0. Wasiliew&ki über Kiews
Handel mit Regensburg in alter Zeit vird in deutscher Über^
Setzung jetzt in den Verhandlungen des Historischen Vereins von Ober-
pfalz und Regensburg (37, 183-225) zugänglich gemachL
31
rl- I
Am die Leser unseres Archivs
ergeht die dringende Bitte, das Fortbestehen unserer Zeitschrip^
des einzigen Zentralorgans für die kuUargescbichtiichen Bestre-
baagen, durch Gewinnung neuer Abonnenten sichern zu helfen.
Es gibt sogar einige Universitätsbibliotheken und andere öffentliche
Bibliotfieken, die das Archiv noch nicht halten.
In dem Bekanntenkreise unserer Leser lassen sich gewiß
Freunde der Kulturgeschichte wie Historiker van Fach
^K finden, die für das Archiv interessiert werden können, denen
^^^ vielleicht bisher gar nicht bekannt wurde.
^^1 Die akademisch gebildeten Lehrer unter unseren
^H werden ferner die Bibliothek ihrer Schule, andere Leser etwa
^^^ den historischen Verein, dem sie angehören, zum Abonnement
L bestimmen können. Es gilt einer guten Sache/
I
Fach
rnen e^^m
Leseri^^
REPETITORIUM DED DEUTSCHEN GESCHICHTE.
I
I
S
I
§
Aas tincr Itnprechanj; der •Ulittltfr f. hAh. Schulvcscn* ßber Ekad I,
I. Aufla]!C:
.Die Vafafiser wolltfli ein Buch schaffen, das in aller KBrze den
frih-.'.t de«en winier^ab. ».is mau xum l)i:>t<>ri«chen Stoutsexamen notwendig
I n . . . . Es kann kein /»eifel 5ein, daR das Bach, wie es
i.iu;ie|>f. rinc tiankf^svwrte Lfintutifi ist.
Dera Studierenden zur Wiederholung, t/t/tr Lvhrer nur Vor-
berfiiuftg, dem Geschichtsfreunde zur Belehrung kann es trnrw
e%%%pfohlen Verden." I'iof. Slra>>hurgcr.
iVllLlcldllCr. Dr. U.Gaede und C. Brinkmann.
INHALT:
Vom Beginn der Völkerwanderung bis zum Tode Maximilians I,
Die Kreuzzöge.
Zur Verfassungs- und Territorialgeschic bte.
VcrtaMiina der Gimnancii währercl und nach der Völkcnaranderans, - der
Alcro'.intjcrreit, - der Karolint:en'-cil. Lcifcs barbarum. Entstehung und
EntvicVlnng; des I.chnswcscns, Entstehung der HersogtUiiicT. Kö»tg:bTahlen
Di3 SUdiei«o»cri Der deutsche Orden in PrcuUcn. FotwicWung der
K'hocücr tJdgciioäsciisctiaflcn. I'dpitwAlilcn. Das MÖnchtnm.
Tabellen zar Entwicklung der bedeutendsten Territorialstaaten.
Baycm, Drandcnhurg. Bur^innd. Kurpfal/. LottirinEcn. Österreich.
SAL!h.««n. Schwaben (Wiirttembcrg, lladcnt.
Stanoitafeln.
Kinilin;;er. Die saclisiMrhni und salfschcn HerrMAer Hoheiistaufen.
XXXfrfi, HalHbui'^er, Luxemburger.
Synchronistische Tabelle der Kaiser und Päpste.
Sjrndironlstitche Tabelle der deutschen, französischen und englischen Kfinige.
Bemerkungen zu den Quellen.
NEUZEIT.
Erete und zweite Auflage.
INHALT:
Dentsche Geschichte von der Reformation bis zum Jahre 1871.
Brandenbun^sch-Preaßische Geschichte bis nr Enrerbuii£ der l'reußischen
Kiiiiietiinin--'
Brandenbnrgtsch-PreuRiscbe Verfauungs- and Verwaltungsgeschlehte.
Zur Geschichte Krankreichs — bnglands - der Niederlande.
Quellen und Darstellungen.
Chronologische Tabelle.
ARCHIV FÜR KULTURGESCHICHTE
VI. Band.
Heft 2.
Inhalt:
SctI
Die Nachbarschaften in den Posen er HauUndereien
nach ihrem historischen Zusainmenhanj;. Vod
Bibliothekar Dr. F. G. Schultheiß in Posen i:
Tscbausch HedajeU Aufenthalt in Wien, 1SG5. Von
Alfred Sitte in Wien 19T"
£io fürsllithes Menü von 1730. Von Arclrivrat Dr. Hans
Btschomer in Dresden -^02
Die Kosten einer Seh wei zerreise im Jahre 1731. Von
Dr. Sitgfrifd Maire in Berlin 12%_
flesprechungen:
Bre>'sig, Die Entstehung des GottesKedankens und der Hcil-
bringer. Besprocher vonUniv.-ProfcssorD.Dr.i'.DöAsirÄ/Jte
in Straflbiirg 24{
Schrader, Die Fragen des Königs Menandros. Besprochen
von Oberlehrer Dr C Fries in Berlin 2'l
Böckenhoff. Speisesalzungen mosaischer Art in railtdaltcr-
lichcn Kirchvnrcchtsquellen. Besprochen von Universitäts-
professor Dr. R. M. Mfyer In Berlin 2^
Pastor, ütsehichtc der Päpste. IV. Abt. l. 2. Besprochen
vom Herausgeber 345
Mertke- Gluckert, Goethe als Geschieht»-
philosftph
Marcus, Die moderne Entwrckhings-
theorie in der jüdischen Wissen-
schaft ... 'S
Lcnnhoff, Das liniilichr Ocsindewesen
in der Kurmai k Brandenburg vom
16. bis 19 Jahrhundert
Hedcmann, Die Körsoi^e des Outshcrrn
für sein Gesinde
Illustrierte Geschichte des Kunstgewerbes, hreg. vnon O. Lchnert.
Besprochen von Obcrlriirer Dr. C Fries in BefUn . .
Besprochen von
Universllitsprof.
Dr. R. M. Meyrr
in Berlin
Besprochen von ^
Oberlehrer
Dr. Frifdr. Bothe
in Frankfurt a. M.
249
241
Kleine Mitteilungen und Referate s<
Dtuck VOR Kaca Viliich ib Cbcmtiilz.
ARCHIV
FÜR
KULTUR-
GESCHICHTE
= e= =. = HERAl.'SOnQEBEN VON .= =,=.=.
PROF. DL< Georg Stein hausen
VI. BAND
3. HEFT.
BF.RI.1N ■ ALEXANDER DUN'CKER VERLAG ■ I^OS.
Das
„Archiv für Kulturgeschichte""
erscheint jährlich in vier Hdten in der Starke von je etwa s Bogen zum
Preise von 12 AUrlt. Die Hefte werden 7» Anfang jedes Vicrirli-ihres
aitsgcfieben.
Alle Maniifkriple und lediglich auf den Inhalt der Zeilschrifi
bczüghchen .Mitteilungen »trdcn an den Heraiisgdicr, Professor Dr.
O. Stetnhaiisen in Cassel, AnnaslrAlle 16, erbeten. Herau^eber
und Verlagsbuchhandlung ersuchen dringend daruni, die Manuskripte in
druckreifem Zustande eiii/uliefem, da riarhlrägliche größere Änderungen
die Satzkosten erhebhch verteuern,, und die Herren Autoren datnil betaklet
werden müßten.
Alle geschjtfilichcn Milteüungen, vie Wönschc bclr. eine
grörtere Zahl von Sonderab/ügen, Anh'flgen betr. Honorar usw.,
sind nur an die Verlag^liandlung, Berlin W. 35, Lützovstraßc 43,
zu richten.
Beiträge werden tnit 20 Mark für den Bogen honoriert.
Die Abrccliuung erfolgt halbjährlicli im Januar und Juli.
Die Herren Mitarbeiler erhalten von ihren Beiträgen tO Sonder-
abzüge mit den Seitenzahlen der Zeitschrift kostenlos. Eine größere An-
zahl von Sonderabzügen kann nur nach rechtzeitiger Mitteilung eines
solchen Vfunschesan die V'crlagshandlung, Berlin W. 55, hergesteDt
werden. Diese werden mit I S Pf, ffir den einzelnen Druckbogen
dessen Teile berechnet.
i
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Alexander Duncker, Vertagsbuclihandlung, Berliii W. 35.
Die soziale ual pollüsctie
Bedemiiog der ScliolretortD vod 1900.
Von Adolf Matthias,
Geh. Mk. .75.
F.lnc Man, anwtuuliclir Ow'
«tcllunjl der EPwhicbtHrhm Pnl-
■»■ultluni; An ftvttitmUagt iind|
K«f»nii lur iit vci urhirdvnr«
Seiten itnwn« Kultudrticas
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Costa? FreosseQ QDd itss Sucbeo der Zeit.
7,wci Vorträge von Dr. Müsebeck.
Mk. -.75.
.Pndlich einmiLl kein tniH-
iclKi Krllldn, keine kiirzsichti£r|
Kltirtktautwiri, auch kein kirchctl-^
INilillicIu^ Qr.riink Endlictl'
einmal Codanken. Wntvoll
iijxt uch dleuikunilliclim Narli-.
«■
Das mittelallerliche Gottesgericht mit seinem ganzen Apparat,
seinem komplizierten Zeremoniell, seiner an Komik streifenden
GrandezTa kennen wir alle vom Augenschein aus Richard Wagners
Lohengrin. Und manch einer wird, wie bei Darstellung von
Walhall oder der schönen poetischen Hofhaltung am Ufer des
Rheines aus der Götterdämmerung, dem Dichter für die weit-
reichende Perspektive in Urväterzetten gedankt haben.
Mit dem Gottesgericht verhält es sich nun ganz eigenartig.
Das, was uns im Lohengrin vorgeführt wird, ist etwa eine freie
Darstellung der Sitte, wie sie das zwölfte Jahrhundert und die folgen-
den üblen. Kein Riese wird aber anders geboren denn als Säugling.
Und so ist denn der Zweikampf in jenen Tagen, bis zu
denen wir ihn zu rück verfolgen können, im Verhältnis zu unserem
Theaterzweikampf mit Orchesterbegleitung etwas ungeheuer Ein-
faches und hat die Schmucklosigkeit der Sitte und Anschauung
«ines ursprünglichen; natürlich handelnden Volkes, welche spätere
fiffinierl kultivierte Zeiten so Oberaus gern fälschen. Zeugnis
ite prachtvolle und dennoch nur vergoldete Walhall.
'• Der Zweikampf in dem Rechtsbuch der Burgunden (502).*}
Wir sind im fünften Jahrhundert. In die fruchtbaren Ge-
filde Galliens und Spaniens, denen Rom seine Kultur und Sprache
fi*bracht, fluten von allen Seiten germarische Stämme ein. Wie
^ )) MalerUl und Stellennuhvdsc n diesem und dtn folgradm Kipttcln tn : .Zur
S^IrkUaiiK des ({ottagcrichtlichni Zwdkamplf in Pranlcrdcli' (Zeitschrift f. ronun. PhU.
■'^CIX. «Sff.J
AtcU» ffii Knltursnchichle- Vi. 17 II
eine Überschwemmung, wie eine Sintflut dringen hier die Goten,
dort die Biirgunden, im Nordosten die Franken In das Innere
des Landes, auf der Suche nach sonnigen Sitzen. Römische Be-
satzungen, römische Feldherrn werden geschlagen, die Gallier,
Handwerker und Ackerbauer, Priester und Primaten, sind macht-
los. Die vollkommenste Barbarei siegt mit der Waffe in der
Hand über ein friedliches KuItur^'olk.
Nun kommen die Jahrhunderte des Ausgleichs, die Trans-
plantation germanischen Blutes in romanisches Geblüt romanisch-
christlicher Denkweise, Sitte, Sprache in germanisches Kriegsvolk.
Aber es war ein langsamer, widerstrebender Au^leich. Die einen
verachteten die anderen so gründlich wie möglich: Die Germanen
von ihrem Kriegerstandpunkt die Handwerk und Handel treiben-
den Romanen, die Romanen ihrerseits die Germanen als nicht
Romani, a!s jüngst erst getaufte Christen, als rüdes, als Säufer,
als zügellos in allen Lastern und Leidenschaften. Denn das
waren sie als echte Barbaren.
Unter den Stanimessitten dieser Barbaren, jenen Sitten, die
sie bereits aus den Wäldern des Ostens mitgebracht, war auch
ein Zweikampf zu gerichtlichem Zwecke. Im ersten Jahrhundert
gallischen Aufenthaltes finden wir hierfür ein Zeugnis bei den
Franken, ein ebensolches bei den Burgunden, und da nodi
im neunten Jahrhundert der Zweikampf der Goten in Art und
Sitte von dem der übrigen absticht, findet er doch zu Pferde
statt ~- , so haben wir diese Sitte auch für die germanischen Be>
wohncr der Gascognc und der Pyrenäcnhalbinsel als eine dgen-
artig entwickelte Slammessitte anzunehmen.
Die älteste gcrmanisclie Kultur in Gallien gehört den Bu
gunden. Von Hunnen aus ihren Sitzen am schönen Rhein ver-
drängt (Nibelungensage!), war ihr Eintritt in Frankreich im vierten
Jalirhundert ein friedlicher. Gemäß einer Übereinkunft wurden
ihnen an Rhone und Saöne Sitze eingeräumt, die sich bis in die
heutige Schweiz erstreckten. Noch trägt die Bourgogne ihren
Namen. Sie romanisiertcn sich schnell. Ihr erstes, bald nach
der Einwanderung, im Jahre 502 entstandenes Gesetzbuch ist schon
stark vom römischen Gesetz beeinflusst, wie es denn bereits lateinisch
niedergeschrieben ist Der Zweikampf freilich fehlt ihnen nicht
iie Partei de; _ .
der klagenden Partei nicht annehmen will und sich getraut, den
Ankläger mit den Waffen Lügen zu strafen, der Ankläger aber
auf seiner Behauptung bieibl, so soll die Erlaubnis zum Kampfe
nklit verweigert werden."
Man sieht, daß der gerichtliche Zweikampf bei seinem Ein-
tritt in das römische Kulturland nicht weniger ungern aufge-
nommen wurde als die Gäste, die ihn mitbrachten: »Die Er-
laubnis dazu soll nicht ver>veigert werden." Also halte es doch
woh! Richter gegeben, die ihn verweigert hatten ! Die Burgunden
aber setzen in ihrem ersten geschriebenen Gesetze fest, daß er
nicht verweigert werden solle, daß er ein Rechtsmittel bleibe,
daß der Angeklagte, wenn er ein Mann im Sinne des kriegerischen
Volkes war, auch wenn das Zeugnisverfahren gegen ihn ent-
schieden habe, mit den Waffen noch für sein Recht eintreten dürfe.
»Denn es ist gerecht," begründet das Gesetz, »daß, wer
behauptet, die Walirheil der Rechtssache zweifellos zu wissen, und
gar einen Eid angeboten hat, daß dieser auch mit den Waffen
hierfür eintrete."
Das letztere ist offenbar an einen von der Unfehlbarkeit
(dieses Rechtsganges wenig überzeugten Kläger gerichtet und
scheint bei Klagen von Romanen gegen Germanen den letzteren,
den Verfassern der Gesetze und Waffenkundigen, ein für allemal
das Obergewicht zu sichern. Aber dies nur nebenbei : Was haupt-
sächlich aus dem Wortlaut hervorgeht, ist, daß dieser Zweikampf
aus dem Jahre 502 keine .^Verweisung der Parteien auf Selbst-
tiälfe" ist, wie Felix Dahn und noch 1900 Amira behaupteten,
sondern, daß er vollgültiges Rechtsmittel, ja sogar Rechtsmittel
''öherer Instanz, gleichsam Appellation des überführten An-
KcWagten an ein höheres Gericht, nämlich die Waffen, das Höchste
d«s Kriegers, ist.
Und schon herrscht die Anschauung, daß, wer Recht hat
oder für das Recht eintritt, auch siegen müsse. Denn wer
''feil ist, eine Sache zu beschwören, soll auch mit der Waffe
f^i" sie eintreten.
Die Strafe des Besiegten und seiner Partei besteht in Geld-
^^n. Wird der Ankläger besiegt, so hat er, der, wie die Waffen
17"'
bewiesen, einen Meineid hatte schwören wollen, die ungeheure
Summe von 300 Solidis (Goldstücken) zu bezahlen.
II. Ein Zweikampf unter König Guntchramn (590).
Daß auch die Franken die Sitte eines gerichtlichen Zwei-
kampfes bei ihrem Eindringen mitbrachten, unterliegt keinem
Zweifel. Sie haben diese Stammessitte jahrhundertelang geradezu
mit Fanatismus gehegt, und bei Ausübung derselben zeigen sie
noch in Denkmälern der Kärlingschen Zeit eine Grausamkeit,
eine Dickkäpfigkeit. die eigentlich eher zu Indianern als zu den
Ausbreitern des Christentums bei Dänen, Sachsen und Friesen paßt.
In dem ältesten Geschichtswerk über unsere fränkischen
Eroberer, den Historien des trefflichen Gregor von Tours,
finden sich gerichtliche Zweikämpfe an verschiedenen Punkten
einheimischer Geschichte eingeflochten; darunter ist einer ausführ-
lich beschrieben und bietet uns somit ein charakteristisches Bei-
spiel für den fränkischen Kampfe wie wir es suchen. J
Dieser von Gregor im to. Kapitel seines X. Buches da^
gestellte Kampf fand, wenn ich so sagen darf, unter den Auspizien
des Königs Guntchramn (561 -593) statte eines der Enkel des
bereits für die zweite Generalion sagenumwobenen Clodwig,
eines Enkels, der von Großvater und Sippe recht verschieden
war: Guntchramn war gütigen Sinnes, nicht sehr fest in seinen
Entschlüssen, zu fruchtlosen Schimpfereien geneigt und etwas
schrullig in Ausdrucksweise und Maßnahmen. Gregor, der ihn
persönlich gekannt und öfters getroffen, schildert ihn von der
besten Seite, und man steht unter dem Eindruck, einen Menschen
vor sich zu haben, der das Beste wollte und sich bereits mit dem
Christentum und seinen Priestern abfand.
Den Zweikampf freilich betrachtete auch er und viele guten
Fürsten nach ihm als notwendig, wenn auch schon bei ihm sich, wie
wir sehen werdenj nachträglich eine Art Kalzen)ammer einstellt, der
so recht seiner nichtsehr bestimmten, etwas unsicheren Art entspricht
Es handelte sich im Jahre 590 in Chälons um einen Jagd-
frevel. Der Königliche Forstmeister hatte einen Kämmerer des
Königs als Wilderer angezeigt, eine Klage, die schwer genug war.
^
Du fränkische OoH^reridit
i*-enn man bedenkt, daß der Königliche Angestelite die Gerecht-
same des eigenen Herren angetastet hatte. Kläger und Ange-
klagter wurden vor den König geführt; der angeklagte Kämmerer,
er hieß Chundo, leugnete hartnäckig, es war kein Licht in die
Sache zu bringen, da Aussage gegen Aussage stand, schließlich
entschloß sich Guntchramn dazu, die Waffen entscheiden zu
lassen: «Er befahl den Zweikampf.«
Der Kämmerer trat für seine Sache nicht selbst ein. Ob
er die Sechzig überschritten hatte, was in späteren Jahrhunderten
dazu berechtigte, einen Vertreter zu stellen, ob er gegen den wohl
unebenbürtigen Forstmeister nicht selber einzutreten brauchte, -
gleichviel, ein Neffe hat die wenig beneidenswerte Pflicht, die
Sache für ihn auszumachen. Ohne weitere Förmlichkeiten betreten
Neffe und Forstmeister den Kampfplatz, der Jüngling wirft zuerst
mit dem Spieß, durchbohrt dem Forstmeister den Fuß, der Ge-
troffene fällt, der Jüngling stürzt auf ihn zu, um ihm mit dem
Kurzschwert den Garaus zu geben, Der Getroffene aber hat
seinerseits sein Messer gezogen und durchbohrt den unvorsichtigen
Angreifer. - Beide verstarben alsbald ....
Chundo sieht den für ihn ungünstigen Verlauf, — woraus
wir gleich entnehmen wollen, daß beiderseits lötljcher Anfang
die Scbuldfrage bejahte, - will in die nächstliegende Kirche
fliehen. Der König befiehlt, ihm nachzusetzen, man ergreift ihn,
bevor er die heilige Schwelle erreicht. Er wird gesteinigt. . . .
Später bedauerte Guntchramn, um eines verhältnismäßig
geringfügigen Anlasses willen einen brauchbaren Mann haben
hinrichten zu lassen. Und wir entnehmen diesem Bedauern die
zweite rechtsgeschichtliche Talsache, daß, wenn einmal der Weg
des Zweikampfes beschritten war, er nur mit dem Tode des
Schuldigen enden durfte.
Vollends zeigt dieser Kampf des Jahres 590, daß hier keine
Venfc'eisung der Parteien auf Selbsthilfe stattfand. Im Gegenteil
ist hier der Kampf ein Mittel, mit welcliem der Gerichtsherr,
König Guntchramn, in einer dunkeln Sache - sieht doch Aussage
gegen Aussage - Klarheit zu schaffen versucht, indem er den Zwei-
kampf anordnet. Der Zweikampf hat also in diesem Falle voll
beweisende Kraift und ist im Beweisgange ein Rechtsmittel, das
dem Zeugnisverfahren ebenbürtig ist, wenn es audi nicht, ^wie
in dem Gesetze der Burgunden, diesem gar vorgezogen wrird.
III. Gerichtlicher Zweikampf in einer Sage ungefähr aus den
Jahre 650. '
Das üppige Wachstum, die beinahe unglaubliche Fülle ^^'
großen Helden- und Königssage, wie sie bei diesen in ei"^'^
Kochströmung befindlichen germanischen Völkern emporscl^o^"
ist uns als geschichtliche Überlieferung in lateinischer Form '"
den Chroniken des sechsten und siebenten und der folgen «^^"^
Jahrhunderte in ganz ansehnlichem Umfange gerettet. Die Wan*^^^'
jähre der Völker waren, was noch heute die Wanderjahre für unö-*^
Burschen sind : TageunvennengterWeEtfreude und blühender Poe^^^'
Auch noch in den Zeiten ruhiger Seßhaftigkeit floß ^^^
poetische Quell weiter, wenn auch, der größeren Stille entspreche*^ '
in einfacherem Stile, den nur die kriegerische Expedition ab u '^
zu wieder zum iioch traben den Stile der Hcldendichlung führ^^''
Sonst war es die Zeil der Fabeln und Novellen, der Schwan K^
und Salzkömer, der Märchen.
Auch weil im Süden, auf romanischem Boden jenseits Öef^
Alpen, bei den Langobarden blühte die Sage. Ihre Rosa'
munde, die den ersten Gatten aus dem Wege räumte, der sie
gezwungen, aus dem väterlichen Schädel zu Irinken, und von derti
zweiten Gatten mit dem Schwert genötigt wurde, den Gifttrank
zu scliluckcn, den sie ihm bereitet, ist aus Paulus Diaeonus*
Geschichte der Langobarden bekannt.
Weniger bekannt ist die Erzählung, wir dürfen beinaht
sagen , das Märchen von der Königin Gundoberga, das
bereits im siebenten Jahrhundert einem fränkischen Erzähler, wohl
dem jüngsten Interpolator der sog. Chronik des Fredegar in die
Feder floß. Gundoberga, die Genoveva, Elsa des siebenten Jahr-
hunderts wurde auch von schwerer Anklage durch ein Gottes-
gericht gereinigt, dessen Form uns naturgemäß interessiert. ^J
Die Langobarden-Königin Gundoberga war eine schöne unrf^^
in allen Dingen liebenswürdige Frau, in ihrer Frömmigkeit eine
ausgezeichnete Christin und Almosenspenderin. Und da ihre
Güte so überaus groß war, wurde sie von allen geliebt. ^h
,^1
Im Paläste aber hielt sich ein Langobarde, namens Adalulf,
eifrig im Dienste der Königin. Dieser Mann nahte ihr eines
Tages, und wie er in ilirer Nähe stand, bemerkte sie, gütig, wie
sie zu allen war, Adalulf habe von der Natur eine wohlgcbildcte
Cestalt erhalten. Jener hörte sein Lob und sagte zu Gundobei^a
insgeheim: «Meine Gestalt hast du deines Lobes gewürdigt, be-
fehle, und ich bin dir auch in deinem Lager zu Diensten."
Jene aber wehrte ihm heftig, voller Verachtung, und spie
ihm ins Oesicht. - Wie nun Adalulf sich also in Todesgefahr
sah, lief er stracks zu König Charoald imd bat ihn, daß er ihm
heimlich eröffnen dürfe, was er auf dem Herzen habe. Als der
König seiner Bitte willfahrte, sagte er ihm: «Meine Herrin, deine
Königin Gundobcrga, hat vor drei Tagen mit Herzog Taso eine
heimliche Unterredung gehabt, sie wollen dich vergiften, dann
wird die Königin ihren Buhlen heiraten und auf denThron erheben."
Empört läßt Charoald die Gattin ohne Verhör in einen
Turm werfen.
Der Krankenkönig Clotar aber ließ fragen: .»Weshalb hast
du die Königin Gundoberga, die aus fränkischem Oeschlechte ist,
gedemütigt und verbannt?" - Charoald kündete ihm, wes man
die Königin bezichtigt hatte. Einer der fränkischen Gesandten
aber antwortete aus freien Stücken: »Du könntest diese Sache
von allem Tadel frei machen. Laß jenen Mann, der dir diese
Dinge gesagt hat, bewaffnen und einen anderen von seilen der
Königin Gundoberga; auch dieser, bewaffnet, trete gegen ihn auf
zum Zweikampf. Dann wird Gottes Gericht zeigen, ob Gundo-
berga jener Schuld mit Recht angeklagt wurde oder mit Unrecht."
Das gefiel dem König, und er befahl den Zweikampf, den
ein Kämpe Pitto gegen Adalulf siegreich ausfocht: Adalulf fiel,
und Gundoberga nahm, vom schmählichen Vorwurf gereinigt,
den ihr gebührenden Platz wieder ein.
Daß die ursprüngliche Quelle dieser Erzählung eine lango-
bardische Sage ist, dafür spricht wohl, daß wir sie in etwas ver-
änderter Form hei Paulus wiederfinden. Wie wir sie hier finden,
wie sie der auslrasische Chronist, vielleicht ein Metzer Kind, er-
zählt, ist sie echt fränkiscli: die Verleumdung einer fränkischen
Prinzessin im Auslande und ihre Reinigung; der Triumph einer
fränkischen GesandtschafI an fremdem Hofe; der Siegeszug
des fränkischen Gottesgerichtes. ^H
Denn das fränkische Goticsgcrichl ist es offenbar, das de^^
Gesandte den Langobarden empfiehlt Einen Zweikampf, den
der König verlangt und der in einer Sache Klarheit schaffen soll,
in der Aussage gegen Aussage steht ^H
Hier im Märchen, genau wie eben in der geschichtJicht^^
Erzählung Gregors von Tours. So schien den Franken ein fremder
König, ein fremdes Volk sich vor ihrem Gesetze zu beugen, vor
jenem Gesetze, das sie um so fanatischer hegten, je weniger
es von der Urbevölkerung des eigenen Sitzes anerkannt wurde.
Da6 die Romanen mit diesem Danaergeschenk nicht sonder-
lich zufrieden waren, dafür fehlen aus dieser Zeit noch direkte
Beweise. Aber es ist natürlich, daß sie, als die Handeltreibenden,
die Besitzenden, das Gesetz oft genug zu ihrem Schaden kennen
lernen mußten. Germanische Edle und Krieger sind stets Feinde
des Kaufmanns und Handarbeilerslandes, dagegen ausgesprochene
Freunde ihres Säckels gewesen. Wenn nun dem Zeugnisver-
fahren das Goltesgericht vorgezogen wurde, so mußte ja in solchen
Fällen der Handelsmann oft genug den Kürzeren ziehen, selbst
wenn er auch immer das Recht hatte, sich etwa von einem pro-
fcssionelten Kämpfer vertreten ru lassen, wie es wohl damals
bestand. Oder hatte gar nur der Angeklagte dieses Vorrecht? Der
Forstmeister kämpft selber, der Verräter Adalulf ebenso.
Kurz ein Privatrecht, das, so unklar es im einzelnen auch
sein mag, vielleicht auch gewesen sein magj - das in erster
I-inie auf physischer Kraft mit Hintansetzung geschriebenen oder
lebenden Zeugnisses beruhte, mußte den Geschäften geradezu
verderbenbringend sein.
Später mehren sich die Zeugnisse für die UntKhebtheit der
Sitte in nichtfränkiscbcn Kreisen. Aus den Tagen des sechsten
und siebenten Jahrhunderts besitzen wir nur eins, eine »Novelle"
zum saüschen Oesetze^ in der versucht wird in einem be-
sonderen Falle, das Gottesgericht aus seiner offiziellen Rolle zu
verdrängen und zu einer Art privaten Genugtuung herabzusetzen :
Von jenem, der einem anderen einen Meineid vor-
wirft. Wer einen anderen eines Meineids zeiht, und er kann
Das fränkische Gottesgericht.
273
ihm denselben nachweisen, so zahlt der Meineidige 15 Solid! ;
Icuin der Meineid nicht nachgewiesen werden, so zahlt der Kläger
15 Solidi, und nachher kann er kämpfen, wenn er mag.
Das wäre also jene Verweisung auf Selbsthilfe, die Dahn
juuubm, aber, wie aus dem Charakter als Novelle zum salischen
Gesetze hervorgeht, nicht der Urcharakter des gerichtlichen Zwei-
Itampfes, sondern im Gegenteil ein dem Urcharakter entgegen-
gCÄtztcr Zug, eine Reform. Man stellte diese Novellen in Pertz'
zweitem Bande der Gesetzessammlungen zu Chilperichs Zu-
fügungen (561-584). Und wenn ein Merowinger einen An-
spnicb darauf hat, so ist es sicherlich der Bruder des Guntchramn
und Gemahl der bösartigen Fredegund. Einer der eigenartigsten
Herrscher aller Zeiten, während dessen Regierung bei Geburt
«nes Sohnes eine aligemeine Amnestie erlassen wurde, der Ortho-
graphiereform, eine Reform der Kirche versuchte, lateinische Verse
verfaßte, chauvinistisch-fränkisch gesinnt war, seiner Prachtliebe
große, manchmal übertriebene Opfer brachte und voller Schnurren
and Spaße über Bischöfe und Geistliche war. Das hat ihm dann
von unserem orthodoxen Gregor den Namen: Nero nostri
temporis eingebracht, den er zweifellos nicht verdiente. Die
Neuerung bezüglich des Gottesgerichtes ist diesem Könige schon
zuzutrauen. Freilich blieb sie, wie so manches Gesetz, auf dem
Papiere, die Idee des Gottesgerichtes erhielt sich nicht nur, sondern
erstarkte in reaktionärem Widerspruch gegen Gesetz, Kirche und
Nichtfranken, und wir finden sie 1 50 Jahre später, zur Zeit der Kär-
linge, stärker wie je, als ein gerichtliches Beweismittel ersten Ranges.
Eine Abschweifung.
Neben dem bisher geschilderten Brauche, der den Zweikampf
als ein Rechtsmittel ersten Ranges gelten läßt, finden sich noch
Spuren einer anderen, unseren Gewohnheiten entsprechenden Form :
eines Duells, in welchem eine der Parteien als Forderer auf-
tritt, von Verhängen desselben also keine Rede ist
Diese Art finden wir bereits beim alten Gregor einmal
beiläufig erwähnt In den Konflikten König Ountchramns mit
dem Prätendenten Gundovald, den sie mit Spitznamen »Balomerc«,
die Bläß, nannten, spielte auch ein Herzog Boso (Guntchramn
Ardiiy Hr Knlturecsdiichle. VI. Jg
Boso war s«n voller Name) eine wenig ehrenhafte Rolle. Er
soll es gewesen sein, der diesen Gundovatd, übrigens einen gut-
mütigen lenkbaren Menschen, der in Konstantinopcl im Exil gelebt
hatte, von dort nach Frankreicli lud, um als Bastard eines Mero-
wingers aufzutreten und Ansprüche an die Krone zu stellen.
Später gab er die Sache des falschen Prinzen auf und stellte sich
auf Seiten seiner Gegner.
Solches Verhalten warf ihm einmal König Quntchramn
seiner etwas prolixen Art vor. *. Du Feind meines Landes,* herrschte
er ihn an, »der du seinerzeit im Osten warst, um uns diesen
Balomere über den Hals zu bringen, ewig Treuloser, der du nie
hältst, was du versprichst,'' und was es an solchen Worten noch
mehr gibt, wo doch ein sicheres Gewahrsam das einzige Mittel
gewesen wäre, den Mangel an Grundsätzen des hinterlistige^—
Herzogs unschädlich zu machen. ^|
An Frechheit zur Antwort fehlte es ihm nicht: -Du Herr,"
rief er, «sitzest auf königlichem Thronsessel, und niemand u-agt,
dir zu antworten. Ich erkläre, daß ich urschuldig an dem bin,
was du mir vorwirfst! Aber wem ein Standesgenossc mir heim-
lich dies Verbrechen in die Schuhe schiebt, gut, so mag er vor-
treten und sprechen, dann bin ich bereit, es dem Gerichte Gottes
anheimzugeben, damit Er entscheide, wenn Er uns auf der Wahl-
statt kämpfen sieht." ^M
Ganz poetisch ist diese Wahlstatt benannt: in unius cam^^
planitie - »auf eines Feldes fHäche". Aber weder dem König
noch seinen Leuten gefiel die dichterische Redeweise, es trat kdnH
Kämpe auf, der Körig schimpfte weiter und holte sich von Boso
noch einen gehörigen Trumpf, bei dem der ganze Hof auf dea^
Königs Kosten in Lachen ausbrach. ^|
Die Stelle laut uns also Zeugen sein einer Herausforderung
zum gerichtlichen Zweikampf und gibt der Anschauung unzwei-
deutig Worte, daß in diesem Kampfe Gott der Entscheidende
isL Leider — man werfe uns dies »leider" nicht als unethisch
vor — folgt der Einladung kein Austrag, und wir erfahren ütwr
die weitere Art dieses Zweikampfes nur eines, daß nur
Standesgenosse berechtigt war, ihn gegen seinesgleicl
au szuf echten.
Das fränkische GoHesgcricht.
275
Dies gibt uns wohl den Schiössel dazu, warum in dem
Kampfe der vorigen Kapitel der Kämmerer nicht selber kämpfte,
sondern ein Neffe für ihn eintrat, einfach weil ein Forstaufseher
einem Königlichen Kämmerer nicht ebenbürtig sein mochte.
«
Die Anschauung aber, daß eine höhere Macht im Kampfe
entscheide, ist allheidnisch und findet - um auch dies nicht zu
OlierKhen - nicht nur beim Zweikampf, sondern auch in der
Schlacht ihren Ausdruck. Auch in der Schlacht gehört der
Si^der guten Sache und nicht der besseren Mannschaft, der
besseren Ausrüsttmg. So optimistisch denkt man in Kinderjahren.
So ließ derselbe Gundovald, aus dessen kurzem Leben wir
vorhin eine Szene zum Besten gaben^ seinem Widersacher melden :
.SosprichtQundovald: Gott wird richten, ob ich Clothars Sohn bin
odernicht, wenn wir auf einer Wahlstalt zusammenstoßen werden."
Auch das christliche Mittelalter, die Kämpfe gegen Sachsen,
Sanzenen, die Kreuzzfige hat diese Idee noch beherrscht. «Wir
haboi Recht, die Heiden aber Unrecht", ist der Schlachtruf des
Rolandsliedcs, — mit dem Rufe „DUus le vuelt!" zogen Frankcn-
rilter nach dem Morgenlande und begründeten die Supertorität
ihres Christentums Ober .alle Völker auf einer ihnen aus heid-
nischer Zeit anliaftcnden Anschauung.
Und hierauf beruht schließlich eine tetzte, hier noch zu be-
sprechende und merkwürdige, aus Märchen und Sagen auch uns
nocfa bekannte Miscliform zwischen Zweikampf und Schlacht,
daß nämlich zwei ausgewählte Helden die Sache unter sicti aus-
machen, und dann die beiden Heere eidlich an den Ausgang des
ebenfalls gottesgerichtlich gedachten Kampfes gebunden sind.
Diese Art von Zweikampf mag in der Poesie häufiger ge-
wesen sein als in der Praxis; denn wo wir ihn treffen, handelt
es sich um Dichtungen oder um Stellen, die aus der Volkssage
in die Chronik geflossen sind. Wie bei jenem hübschen Kapitel
des mcrowingischen Hislorienbuches, in welchem wir König
Ootar an der Weser stehen seilen, dem Erbfeind, den Sachsen,
gegenüber. Drüben tummelt sich der Sachse Bcrtoald und ruft
über den Fluß, was denn im Frankenlager los sei, daß die Freude
über den Strom hcrüberschalle. »Held Clotar ist bei ihnen an-
gekommen!" ruft der König, ohne sich zu erkennen zu geben.
.Was?" antwortet der Sachse, »Clotar? der ist ja längst tot!"
— »Tot!?" ruft nun seinerwits Clotar, nimmt den Helm ab
und läßt das lange weiße Königshaar im Winde flattern, ein Be-
weis, daß der alte Löwe noch lebt. Da wirft ihm der Sachse
über die Weser hinüber den Schimpf zu, jenen selben, den man
dem Gundovald anhängte: «Du Bläß!" und entweicht Clotar
aber über die Weser und ihm nach. Bald hat er ihn erreicht und
niedergestoßen. Sein Sieg aber bestimmte die Sachsen abzuziehen.
Dieser Kampf, der einer weitverbreiteten Sage des siebenten
Jahrhunderts angehörte, und der noch im zwölften und dreizehnten
Jahrhundert in der Volkscrinnerung lebt, scheint für alle jene Kri^e
vorbildlich gewesen zu sein, welche die Nachfolger des tapferen
Clotar für ihr Volk durch einen Zweikampf entschieden. So kämpft
in der Dichtung Karl (Martell) noch eigenhändig gegen den Sara-
zenen Braimant (Abdcrrahman), Karl der Große noch eigenhändig
gegen Wittukind (Sachsenlied) und den Heidenkönig Baligant (im
Holandslied); der Kampf aber gegen den riesigen Sachsenhäuptling
Bertharius oder Ekrtoaldus, der den ganzen Sachsenkrieg entscheidet,
wird der Dichtung nach bald von dem Urahn Karls des Großen,
dem Arnulfing Ansigiscl, bald von Ogier erzählt, der als dänische
Geisel am Hofe Karls anfing und als »Pair de France- endigte.
Und da dieses Kapitel dazu bestimmt scheint, alles das zuU
zunehmen, was seitab vom Wege liegt, müssen wir noch ein
kurzes Streiflicht auf ein Paar andere Formen des Gottesgerichtes
werfen, die nicht in Kampf bestanden, sondern in allerhand mehr
oder weniger ingeniösen flohen und für schwächere Geschlechter,
Frauen und Geistliche bestimmt gewesen sind.
Für letztere galt in erster Linie die Abendmahlsprobe.
Wer schuldig ist, den läßt Gott sein heiliges Abendmahl nicht
genießen, war die Anschauung, und so ist sie noch im 13. Jahr-
hundert, wo wir oft genug den Verräter versuchen sehen, die
Hostie hcRinterzuschlucken, während ihm die Oblate unvenh'andelt
im Gaumen kleben bleibt. Ja, wir finden sogar die Anschauung,
daß der Unwürdige an ihr ersticken müsse;
Andere weniger harmlose Proben waren die Feuer- und
Wasserprobe, letztere auf dem physiologischen Grundgedanken
suf^baut, daß das Wasser, als das reinste aller Elemente, die
Sdiuld verabscheut und von sich gibt, während es die Unschuld
in seinem Schöße aufnimmt. Der Geprüfte war daher in der
unangenehmen Alternative, als Unschuldiger zu ertrinken oder
dem Wasser zu entrinnen, um als schuldig bestraft zu werden.
Die Kreuzesprobe bestand darin, die Arme an einem
Kreuze frei auszustrecken, ohne zu ermüden, da den Unschuldigen
zu stützen die Engel Gottes kamen. Daneben finden sich
allerband andere Proben, sich von einem Turm herabstürzen zu
lassen u. dergl. m.
Die Frage, ob diese «Ordale" unabhängig vom gerichtlichen
■Zweikampf entstanden, gallisch oder gar altchristlich sind, scheint
unlösbar. Eine Ansicht darf man gleichwohl äußern: daß das
sechste Jahrhundert die Anschauung vom Gottesgerichte aus der
Heidnischen ßelrachtungsweise übernahm, sich zurechtlegte und
«iif weniger kriegerische Gebiete fibertrug. Damit gelangt man
zu einheitlicher Quelle, wonach unser monistisches Be-
dürfnis ja immer strebt Zu dieser Quelle kehren wir nun zurück.
Hsnderlffinfztg Jahre später. — Spaltung des Gottesgerichtes
in leichte und schwere Form.
Es ist nicht Bequemlichkeit, die uns veranlaßt, 150 Jahre
*uf einmal zu überspringen, sondern die Ungunst der Zeiten.
t^ letzte Jahrhundert merovingischer Herrschaft ist eine Zeit
'rosllosen Verfalls, und das einzige Erfreuliche ist, wie neben dem
absterbenden Hause die neue austrasische Macht heranwächst.
*^ie Fortsetzer des Fredegar, ein paar Kärlingische Annalen, das un-
S^ähr sind unsere recht mageren Geschichtsquellen aus jener Zeit,
^ie um kaum sehr zuverlässige Kloster berichte bereichert werden,
^'Oin ein Fürst oder König sich den Ruf der Heiligkeit erwarb,
^e Dagobert, ,Je bon rot Dagobert", wie Arnulf, der
^rahn des großen Karl.
Mit Karl dem Großen treten wir für Gesetzgebung, Staat,
'^»rche. Schule, für das Gesamtgebiet des staatlichen und wirt-
^^aftlichen Lebens in eine neue Periode: der Zusammenhang
mit dem Alten wird gesucht durch Sammlung der Carmina
regam, der L^ngobardensagcn und -gcschichte, durch Obemahme
der Kaiserkrone. Neue Wege sicliern die Urlingische Schule,
die Einführung der Silberwährung g^en die plumpe, den Klein-
handel hemmende Goldwährung des ändert r^me; überall Fort-
schritt, hoher praktischer Sinn, lebensvolle Bewegung.
Nur die Justiz bleibt auf dem alten Flecke. Ja, rätselhaft
genug bei des Fürsten sonst gezeigter Einsicht, aber ein untrüg-
liches Zeichen, daß eine Reaktion hier eine retrograde Bewegung
veranlaßt haf, — das Gottesgericht herrscht strenger denn je, ist
auf dem Wege sich zu verschärfen, an Boden zu gewinnen, grau-
samer noch zu werden.
Bei den Nichtfranken mag der Unglaube bez. des Gottes-
gerichts, die Antipathie gegen diese fränkische Sitte stärker gewesen
sein als zuvor, in welcher Form es auch auftrat. Jedenfalls sah
sich Karl in einem Kapitular vom Jahre 810 genötigt, den ge-
schwundenen Glauben durcli ein Edikt wieder aufzufrischen, das
den lapidar-militänschen Stil des Kaisers zeigt, wenn er einen
Widerspruch in Glaubenssachen zu brechen halte. „Ut omnis
homo", befiehlt er, „iaäicium dei avdat absque aUa dubitaäone"
— Daß ein jeder an das Gericht Gottes glaube ohne irgend-
einen Zweifel.
Erscheint der Befehlende hier schrecklicher oder mehr
grottesk? Ich vermag es nicht zu sagen. Wenn man die Frage
prinzipiell anschaut, das letztere; wenn man die Jahrhunderte über-
sieht, in der die kärlingische Form des Gottesgerichtes sich er-
hielt, das erstere.
Diese Form aber scheidet von nun ab zwischen Anklsge
auf irgendein Vergehen und Anklage auf Hochver-
raL Während für dieses Verbrechen die alte Art des Zwei-
kampfs mit tötlichen Waffen übrig blieb, kam für die Summe
der übrigen strafbaren Handlungen ein gemildertes Verfahren
auf, der Kampf mit Stock und Schild.
Noch kann der Kampf als ein Entscheidungsmittel In U**';
lösbarer Frage von dem Gerichtsherm befohlen werden. 5*^
heißt es in einem Kapitular des Jahres 825: »Wenn in irgeO*''
einem Streitfalle dem Gesetze nach ein Zweikampf verhän
Das fränkische Gottesgericht
279
vuj^t, so sollen die Parteien mit Stock und Schild kämpfen,
außer bei Hochverrat, wie schon vorher bestimmt."
Dieser Stockkampf Mvird jedem anderen Verfahren bereits
vorgezogen. Bei Viehdiebslahl hat der bestohtene Kläger sogar
das Recht, das Zeugnis von zwölf Entlastungszeugen zurückzu-
weisen und an ein Gottesgericht zu appellieren (Anno 803).
Spielt auch der Viehdiebstahl, wie seinerzeit in der UnicUj
so heute in Westafrika eine hervorragende Rolle, die ihn zu einem
Hauptverbrechen stempelt, so ist die Zurückweisung von zwölf
Entlastungszeugen dennoch elwas höchst Auffallendes, ja Empören-
des und fordert zum Vergleiche mit dem burgundischen Gesetz
ton 502 heraus, wo Zeugen des Anklägers zurückgewiesen
werden unter ähnlichen Umständen. Und da man geneigt Ist,
einem Gesetz, das sich auf Seite des Angeklagten stellt, mehr
Humanität zuzusprechen als einem solchen, das ihn der Möglich-
keit einer Entlastung durch Zeugen beraubt, so muß man sagen,
fUß hier eine bedauernswert retrograde Entwicklung stattgefunden
hat, in einem Maße, wie sie sich wohl selten beobachten läßt.
Daß der Kampf gemildert wurde, halten wir, wie wir schon ein-
fnal zu sagen Gelegenheit hatten, neben der Verschärfung der
Orausamkett in der prinzipiellen Verwendung des Kampfes gerade-
zu für pervers.
Aber diese Verschärfung der Grausamkeit geht noch weiter:
^'icht genug damit, daü Kläger und Angeklagter einem der
Gerechtigkeit, vor allem dem Gerechtigkeitssinn der Bevölkerung
"'cht entsprechenden Gerichtsverfahren unterworfen werden, aucli
<Jie Zeugen »erden nun bald darauf mit in das Verfahren und
*iie Strafe hineingezogen.
Das kam aber so. Bisher halte dem Gottesgericht, wie
*ohI dem gerichllichcn Verfahren überhaupt, das sakrale Ele-
nden t gänzlich gefehlt. Chundo und sein Gegner, Adalulf und
"*tto fochten ohne Segen, ohne pricsterliche Anteilnahme. Kein
''^under, wenn da naturgemäß der Widersprudi der Kirche
E^gen solch unchristliche Sitte wach sein mußte und in einzelnen
Fällen auch gebucht ist.
Stieß aber die katholische Kirche in ihren Reformen auf
unoberwindlichen Widerstand, so hatte sie das Verfahren angc-
nommen, die bekämpfte Sitte sich selber einzuverleiben und auT
diese Weise unschädlich zu machen. So hat sie die früher so
ingrimmig bekämpften Neu Jahrsbescherungen und Mummereten
an kirchliche Feste: Weihnachten und Karneval geknüpft, hat
verbotenen Liedern und Tanzweisen kirchlichen Text unterlegt,
so daß >Schifferlied' einmal seine ursprüngliche Bedeutung hat,
ein andermal ein geistliches Lied bezeichnet, — daß eine Heilige
die lustigen Tanzlieder der Bevölkerung für fromme Gesänge
hält, und ebenso hat sie auch beim Gottesgericht, nicht zu seinem
Vorteil, ihren Platz in Anspruch genommen.
Zunächst beim Eide allein, der zu einer kirchlichen Handlung
wird, später dehnte sie ihren Einfluß auch auf den Kampf aus.
Dieser Eid, auf die Hostie geschworen, hat nun eine
ganz neue Kraft Er ruft die Hilfe der christlichen Gottheit an,
die, der Vorstellung nach, eine ihr zugefügte Beleidigung zu
rächen bereit sein wird. Und zwar unmittelbar nach dem
Meineide zu rächen.
Und hiennil kommen wir auf das seinerzeit Geäußerte zurück.
Neben dem Gottesgericht bestanden als Formen kirchlicher und
bürgerlicher Justiz andere Ehrlichkeilsproben; die Abendmahls-
probe, die Feuerprobe, die Wasserprobe u. a. m., zum Teil altüber-
kommene germanische Bräuche, die wir noch im späteren Mittel-
alter in Geltung finden. Der Sinn der Abendmahlspro t>e war
nun der: daß der Meineidige an der Hostie ersticken müsse.
Und deswegen soll auch der Angeklagte, der bereit ist, seine Un-
schuld auf dem Altar zu beschwören, wenn einer der Ankläger
bereit ist, gegen ihn zu kämpfen, die Hand vom Altar zurück-
ziehen und sich waffnen ; einfach weil bei ausgesprochenem
Meineid seine Hand verdorrt wäre, oder sonst ihn die himmlische
Strafe getroffen und den Zweikampf vereitelt halte. (AnnoS04 — 1 3).
Aber das Ekstreben, den Gottesgerichtlichen Charakter des
Kampfes evident zu machen, mußte dazu führen, die kirchliche
Handlung nicht zu unterdrücken, die Anschauung insofern zu
verschieben, als Gott niclit beim Abendmahl selber eingreift,
sondern sich eines Kämpfers bedient, um den Beleidiger der
Hostie zu bestrafen, und hiermit ist auf das deutlichste der Weg
zum Gottesgericht des späteren Mittelalters vorgezeichnet. Wj
Di£ fränkische OoHcsgtridit.
aber hierbei als eine Entwicklung in maiam partem oder
eher in pessimam partem. sich beigesellte, war, daß ja nun
auch die Zeugen der besiegten Partei meineidig wurden und nun
cbenUls in eine korporeüe Strafe mit hineingezogen werden
mußten. Während diese Zeugen nach dem Gesetze von 816 die
durch den Meineid verfallene rechte Hand noch durch eine
Buße retten können, trifft nach späterer Anschauung den mein-
eidigen Zeugen gleiche Strafe wie den Verbrecher, unter Um-
ständen Todesstrafe.
Wie aber wurde es bei Hochverrat gehalten, wie enl-
'wickelte sich dort die Sitte?
■ Wenn in irgendeinem Streitfalle dem Gesetze nach ein
Zweikampf verhängt wurde, so sollen die Parteien mit Stock und
Schild kämpfen, außer bei Hochverrat"
Durch dieses Gesetz des Jahres 825, welches nur ein
Bieres bestätigte, wissen wir, daß im Falle von Hochverrat nicht
niit Stock und Schild gekämpft wurde; wie aber gekämpft wurde,
*3as zu wissen, würden wir die Kapitularien vergebens befragen.
Wir haben eben hier den Fall, daß eine bestimmte Form der
i^stiz, ein Untersuchungs- oder Strafverfahren, das nur bei ge-
wissen Klassen eintreten konnte, nidit gebucht ist. Hochverrat
konnte füglich nur in fränkischen Kreisen staltfinden und in denen,
''ie ihnen nahe standen. Diese aber kannten ihren Ehrenkodex
'Uch ungebucht, ebenso wie auch heute dem bürgerlichen Ge-
setzbuch Bestimmungen über Ehrensachen in Universilät, Be-
aoitenschaft und Heer fehlen.
So wären wir denn auf Hypothesen angewiesen, wenn nicht
**'* Dichtung uns mit zwei grandiosen Scenen aus der Kärlinger-
^t die Lücke ausfüllte: Die eine stellt einen Zweikampf wegen
Hochverrats unter Karl dem Großen, die andere einen
****chen unter seinem Sohne Ludwig dem Frommen dar. Wir
^''^d hier genötigt, die Chronologie umzudrehen und mit letzterem
^ beginnen, weil jener, als innerhalb eines Volksepos stehend,
i^*igere Elemente in sich aufgenommen hat und danach eher die
form des ausgehenden als des anhebenden neunten Jahrhunderts
darstellt.
Im Januar des Jahres 820 err^e ein Vorfall die Gemüter
der Franken, der ihnen als ein Eingriff in ihre Sitten, gtetch-
sam wie eine Störung der WeUordnung vorkam. In der Kaiser*
pfalz war es, in A^hen. Dort war der Markgraf von Barcelona.
Bera. ein Qote, den seine Stammc^enossen schon Ungst des
Betrugs und des Hochverrats ziehen, angeklagt worden und hatte
dann mit dem Ankläger sich in einen gotlesgerichtüchen Kampf
eingelassen. Er wurde besiegt. Der Kaiser aber schonte ihn,
obgleich er als Kapita (Verbrecher hätte hingerichtet werden müssen.
So erzählt Einhard.
Ausführlich hat unsErmoldus Nigellus, Priester, Krieger
und Poet in einer Person, kurz ein echter Franke, diese Szene
Überliefert Ermoldus Nigellus war bei Ludwig dem Frommen
in Ungnade. Nicht mit Unrecht; hatte er doch mit dem eigenen
Sohne des Kaisers, mit Pippin, sich gegen diesen zu erheben ge-
wagt. Nun wollte er solche Schuld durch eine Reihe von
lateinischen Versen wieder gut machen und schrieb sein ausge-
dehntes Carmen de Hludovico, sein Ludwigslied, das ihm und
pippin wieder zur kaiserlichen Onade verhelfen sollte.
Gegen Ende des .5. Buches kommt er auf jene Szene in
Aachen und hebt an, um die Lücke in den Gesetzbüchern aus-
zufüllen, den fränkischen Brauch bei Hochverrat darzustellen.
Altehrwürdige Sitte bestand von jeher bei den Franken
und besteht; so lange sie bestehen wird, wird Ehre und Ruh
dem Stamm gehören: daß, wer die ewige Treue dem Könige z
halten sidi weigert, auf welche Art dies auch geschehe, - daß
wer gegen den König oder die Krone oder die königlicher
Prinzen etwas zu sagen wagt, was von der schuldigen Treue ab
weicht, - wenn ein Standesgenosse auftritt, ihn dessen zu be-
zichtigen, er mit diesem in blutigem Kampfe sich messen müsse
vor Königen und Franken und den Ältesten. Verabscheut wird
nämlich von den Franken dies Verbrechen. Detestatur enim
Francia hocce nefas.
Wir sind auf dem Königsfcige zu Aachen. König un
Franken sind versammelt. Der Oote Sanilo tritt auf und ver
Das fränkische Gottesgericht.
283
Icl^gt Bcra auf Hochverrat. Bera leugnet. Beide bestehen auf
i y» Ten Aussagen und verlangen, daß die Waffen entscheiden sollen.
■p-<3aesar!* ruft Bera, ».um der Frömmigkeit willen bitte ich dich,
d^kß ich den Vorwurf mit den Waffen Lügen strafen darf, bitte
i<rSi dich, daß wir den Zweikampf nach gotischer Sitte zu
F*fferde ausfechten können, ich für meine Person mit meinen
eigenen Waffen."
EJer Kaiser stellt diese Sache den Franken anheim mit formel-
ts^fter Wendung:
.rDie Franken haben in dieser Sache zu entscheiden. So
ist CS Recht und Gesetz, und so will ich, daß es geschehe."
Die Franken aber geben in allhergebrachler Weise ihre
Zustimmung. Die Waffen werden bereitet
Aber nicht ohne Grund heißen sie den Kaiser den Frommen.
Er sucht einzugreifen, sucht das blutigen Ausgang heischende
schwere Gottesgericht aufzuhalten, zu vermeiden: ..Besser ist es,"
kündet er, -meinen vernünftigen Worten zu glauben als den
Kämpfen des pestschwangeren Mars zu folgen." Seine Franken
ab>€r: »Den Kampf, wir wollen den Kampf!"
Als Ludwig sah, daß sein gütliches Zureden, sein Versprechen,
demjenigen, der seine Schuld erkläre, zu verzeihen, ohne Erfolg
blieb, eröffnete er den Prozeß mit der Formel: „Das fränkische
Recht nehme seinen Verlauf," und verließ die Parteien. Heimlich
at>€r ließ er ein paar kräftige Jünglinge von setner Leibgarde
zurück, die wenigstens den tödlichen Ausgang des Kampfes ver-
eiteln sollten.
Die anderen ziehen zum Gerichtsplatz. Ein Hain, von
Vögeln und jagdbarem Getier bewohnt Jagdgründe des Königs.
E>n Elach durchquert ihn plätschernd. In seiner Mitte ein Raum
von Marmorbänken und Steinmauern umgeben-
Zitternd betreten Sanilo und Bera die Kampfslätle, die
^hilde auf dem Rücken, die Lanzen in der Hand. Hinter ihnen
des Königs Jünglinge. Nun erscheint Gundold, der Wächter des
*^nes. Er befiehlt, die Totenbahre herbeizuschaffen, die unweit
*^von unter einem Dache aufbewahrt wird; sie ist das Zeichen
des schweren gottesgerichtlichen Kampfes, dem einer erliegen muß.
Man wartet noch auf das kaiserliche Zeichen von der Burg
her, Harn wird «o« SOler gevariB^ Aa ZvokampF zu Pferd«
dca Fnaken cia ■acewaftaia- ft^fc!. mmM seiiiai Anfangs
Die KInpfcr «crta Ar Ubo^ lietaa die Dokhe, bc<
dräogen sicii io utNflKrtoH l&Mpir Bxik Qmr Stnmnessitte; Ben
zmM des kfiracren; er pbl dcM Pfarde die Sporen. Sanilo ihm
nath, scfattgf ifaa mit dea ScfcwertE vom Pfcide herunter, jener
gesteht »cfareieod seine Sdmld, — di grctien des Königs Knaben
ein und entziehen den müden Ben der Rache seroes Oegneis.
Die Franken sind über den Eiaptf spncfa)o&. Kopfscböttelnd
trägt Qundold seine Totenbahre —!*•— *p* zn ftrem Schutidach
2urfick, und man venlcht, daß ihm dies noch nie passiert sei.
Crmoldus aber nimint die Oekgcnbeic wahr, die Milde
des Kaisers, die der Hodivenller Bcra fCKOssen hatte, audi für,
ftch und den Prinzen Pippin zu besnspmcfaeo:
O pietas inraensa nirais! pecoinina laxat,
Cedit opes, vttara cedit habere reis.
Haec eadem fHctas, posco atque reposoo fiddis^
Memet, I^ppino reddet opima pio.
Dieser spannende, ausführlich geschilderte Kampf zeif
nun die Entwicklung, die der Kampf mit scharfen Waffen seiL^
den iltcsten Tagen, in denen wir ihn fanden, durchgemacht hal^|
Die Verfügung, ob gekämpft werden soll oder nicht, liegt nicht
mehr im Ermessen des Gerichtsherm. wie im sechsten und
siebenten Jahrhundert: die Parteien fordern den Kampf und wissen
ihn gegen Ludwigs Willen durchzusetzen. Aber wie in jenem
Kampfe des Jahres 590, der in Chälons vor König Ountchramn
sUittfand, schließt der einmal eingeschlagene Weg des Zwei-
kampfes eine milde Bestrafung aus und fordert blutigen Ausgang.
Augenscheinlich isl natürlich die Entwicklung des Decorums,
das so feierlich mit vorgeschriebenen Formeln und langsamem,
würdigem Gange ei nhcrsch reitet, wie eine studentische Mensur
noch heule. Für den Kampf isl ein besonderer Platz in de^|
Nähe der Pfalz da: von Marmorbänken eingeschlossen, die für die
Zeugen bestimmt sind. In seiner Nähe ist ein Schutzdach, in
welchem die zu dem Kampfe benötigte Totenbahre steht Alles
Zeichen dafür, daß diese Art Duell bei den Franken oder besser
am frankisdicn Hofe nicht zu den Seltenheiten gehörte.
Das fränldsche Oottesgericht
285
Sehr charakteristisch ist das Symbol des Kampfes bis zur
Unfähigkeit: Die Totenbahre. Ein Cegenstand, der im Decorum
zuni Unentbehrlichen gehörte, da er unfern des Kampfplatzes
seinen Aufbewahrungsort hatte. Ein Symbol, das außerdem ge-
eignet ist, den Eindruck des Ernstes bei Zuschauem und Kämp-
fenden hervorzumfen. So hal sich der Brauch oder die Er-
innerung an den Brauch noch bis in das ausgehende zwölfte Jahr-
hundert erhalten. In dem epischen Romane von Gaydon läßt
Karl der Große ebenfalls eine Bahre auf den Plan bringen:
- Eine große Bahre ließ der König herbeischaffen, die bedeutet
Stolz und Kühnheil und ernstes, großes und grausames Gericht"
Was wir hier über den schweren Zweikampf aus Ermoldus'
Dichtung schlössen, das bestätigt uns ein weilerer poetischer
Z>veikampf, dessen Überlieferung zwar erst aus dem elften, zwölften
Mhrhundert stammt, dessen Ritual im allgemeinen aber mit jenem
des neunten Jahrhunderts noch trefflich übereinstimmt Diesmal
handelt es sich um die Schilderung in einem volkstümlichen
'Jedichte, eine Schilderung von hoher poetischer Schönheit in der
Volkssprache, um die »Bestrafung Ganelons" im RolandsUede.
Dem Hochverrat Ganelons sind Roland und seine Pers, seine
Stand e^enossen, zum Opfer gefallen. Ganelon ist gebunden
forden und wird nun in den Schlußpartien der Dichtung dem
Qerichte überliefert Wir sind in Aachen, wie bei dem Gericht
ober Bera. Das Lied hebt an, als ob ein ganz neuer Teil be-
sinne, als ob (und das nimmt man wohl allgemein an) hier
^«ic selbständige, der Sprache nach sehr alte Dichtung dem
'artigen Rolandslicde angeheftet worden wäre:
Es ist geschrieben in der Geschichte unserer Altvordern»
^aß Karl seine Leute aus allen Ländern zusammen berief. Ver-
^arijTnclt sind sie zu Aachen. Ganelons Gericht beginnt.
.Ihr Herren," sagt Karl der König, «richtet mir über
Ganelon. Er hat mir die zwölf Pers um Judaslohn verraten.*
Sagt Ganelon: »Ich leugne es nicht Roland hat mich um
Geld und Gut betrogen. Darum sucht' ich seinen Tod und seine
^ot Hochverrat geb' ich nicht zu!" - Antworten die franken:
•Darüber werden wir zu Gericht sitzen.*
Wie ein Recke stand Ganelon vor dem König, dreißig von
seiner Sippe um ihn hemm. Unter ihnen Piaabel, ein großer
Kämpe, wenn es galt, seine Freunde zu verteidigen. Der über-
nimmt Ganelorts Sacht
Zum Gericht treten sie zusammen, die Bayern und Sachsen,
die von Poitou, die Normannen und Franken, mäuschenstill ver-
btltcn sich die von der Auvergne aus Angst vor Pinabel. Da
sagte der eine zu dem anderen: *Ach vzs\ Lassen wir ab vom
Geri<^le, bitten wir den König, daß er Ganelon frei spreche,
Roland ist tot, den kriegen wir doch nicht wieder." — Nur
Tierri, der Bruder Herrn Gottfrieds, hat den Mut aufzutreten.
Sdion wollte Karl verzagen und dachte, keiner würde für
die Anklage der Krone mit den Waffen eintreten, da trat vor
ihn Tierri aus Anjou, ein hagerer, geschmeidiger Jüngling
mit schwarzem Haar und gebräuntem Gesicht, nicht zu groß,
nicht zu klein von Wuchs: >Was auch Roland dem Gancloir,
tat,- ruft er, .dennoch durfte der die Treue gegen euch nicht
brechen. Er hat Hochverrat b^angen. Ich verurteile ihn zum
Tode durch den Strang. Wer für ihn eintreten mag mit den
Waffen, der trete vor!-
Da trat Pinabel vor: «Ich strafe dich Lügen!* und er
reichte dem König seinen Handscliuh als I^and, und et>enso tat
Tierri. Die dreißig Verwandten stellten sich als Geiseln.
Vier Bänke wurden auf den Platz getragen, dort saßen die,
welche kämpfen sollten, dort wurden sie durch das Mall der
anderen zum Kampfe bestimmt und forderten ihre Waffen. Schon
sind sie zum Kampfe bereit, haben gebeichtet und sind ab-
solviert, haben in den Munstern ihr Gcldopfcr dargebracht und
sind vor Karl zurückgekehrt, rüsten sich nun und besteigen
ihre Pferde. Gott weiß wohl, wie das endigen soll.
Unterhalb Aachens ist das Gefilde breit, dort reiten die Kämpfer
aufeinander los, dort zersplittern ihre Schilde, dort werden beide
aus dem Sattel gehoben. Nun dringen sie mit den Schwertern
aufeinander ein, gewaltig sind die Hiebe, mit denen sie sich die
Helme s|ialten wollen. .Herrgott," ruft Karl, .erleuchte das Recht!«
Pinabel holt aus und schlägt Tierri auf den Helm, daß
die Funken sprühen. Der Helm gibt nach, die Schwertspitze
zerreißt Tierri die Wange.
'M
4
n
4
M
Das fränkische Oottesgeridit.
287
Wütend holt Tierri aus, zerschmettert Pinabels Helm und
Schädel. Rufen die Franken: nQolt hat gerichtet." Da trat Karl
selber auf Tierri zu und wischte ihm mit seinem kostlKircn Pelze
den Schweiß aus der Stirn.
Nun ging es nach Aachen zurück. »Was soU mit den
Oeiseln geschehen?" frug Karl — Antworteten die Franken:
■Sie haben ihr Leben verwirkt." Da wurden alle dreißig auf-
gchingt Wer Verrat ausübt, bringt sich und andere in Elend.
Dann v.'andlen sich die anderen, die Bayern und Alemannen,
die aus Poitou, der Bretagne, Normandie Ganelon zu. AHe aber über-
trumpften die Franken mit der Forderung, Qanelon müsse eines
pcinvollen Todes sterben. Da ließ man ihn an vier Pferde binden und
zerreißen. Wer andere verrät, solle dessen sich nicht rühmen dürfen.
Damit schließt die Szene, die in ihrem einfachen, lapidaren
Gang von einem gewaltigen Eindruck ist und uns in das Gemüt
dieser Franken schauen läßt wie kaum ein anderes Ereignis,
kaum eine andere Dichtung. Wir hatten wohl recht, diesem
Gericht aus dem Kolandslied eine frühere, weit frühere Entstehung
^zusichern, als die Überlieferung besteht. Noch ist das schwere
Gottesgericht im Falle von Hochverrat keine allgemeine franzö-
sische Sitte. Noch sind es die Franken allein, die ihr vor
•llem anhängen, vrährend die anderen Stämme murren und einen
'riedlichen Ausgang wünschen. «Gottesgericht oder nicht, Roland
^egen wir darum doch nicht wieder!" Am feigsten sind die von
^crAuvcrgne; sie erheben ihre Stimmen am lautesten hierbei. —
t^ie Franken ihrerseits treten wieder vor allen anderen hervor, als
^^t schuldig befundene Verräter bestraft werden soll. Sie ver-
*^flgcn, daß er eine besonders grausame Todesstrafe erleide.
Es unterliegt keinem Zweifel, daß dieser Widerspruch der
Stämme gegen das Gottesgericht seiner Entstehung nach noch ins
"Neunte Jahrhundert gehört. Das war die Zeit, in der Ermoldus
^*n Zweikampf als spezielle fränkische Stammessitte pries, in der Karl
^^r Große den Glauben an das Gottesgericht durch einen Befehl
^*4rkte. Der geschilderte Kampf ist ein kulturhistorisches Dokument
^On wunderbarer Treue.
Im Decorum ist die Ähnlichkeit mit dem von Ermoldus ge-
schilderten Kampfe von S20 frappant Zunächst, daß der Kampf aus
4
Leo Jordan.
denselben Gründen stattfindet Ermoldus sagte, bei Verrat oder
Verleumdung gegen den König und seine Sippe kämpfen Kläger
und Angeklagte vor dem versammelten Hofe. So lautet die An-
klage Karls: «An meinem Hause hat er Verrat geübL* — Der
Ort des Königsgericfatcs hier wie dort ist Aachen. Daß bei Ludu-ig
des frommen Gericht ein Ankläger auftritt, der die Sache verficht,
im Rolandslied aber die Krone die Anklage führt und eine Zdl-
luig keinen Vertreter findet, das ist kein Unterschied, der in ver*
sdüedeacr Form des Gotte^erichtes liegt, sondern das hat im
jeweiligen Falle seine Ureachen.
Dazu, daß im Rolandslied die Krone an&iglich keinen V
treter finden kann, fmdet ^ch ein paralleles Beispiel aus der Zdt
Ludwigs des Frommen. In dessen von Theganus geschriebener
Biographie wird erzählt, wie Judith, die Gattin dieses, in seinen
Familienverhältnissen so unglücklichen Herrschers, im Jahre 83t
unter der Anklage auf Ehebruch mit einem Herzog Bernhard
sland. Und wie eben jener Beralurd sich vor dem Königsgericht
von jedem Verdachte gereinigt hätte, >da niemand gefunden wurdr,
der bereit gewesen wäre, die Anklage mit den Waffen in d
Hand zu vertreten.* —
Daß im Rolandslicdc die Totenbahre fehlt, mag an der Kürze
der Schilderung liegen. Dagegen sind die vier abschließenden
Bänke vorhanden und auch — was in keinem jüngeren Gedichte
zu finden ist - ein Zuruf der Stande^ienossen vor dem Kampfe,
derdiesen legalisiert. Ermoldus nennt diesen das /WÄ^'um/vnnconuR,
und genau so heißt es im Roland: «Das ,mall' hat Über sie statt-
gefunden durch das ju^mtni, den Schiedsspruch der .hinderen'.'
Entsprechend wird in einigen jüngeren Gedichten das Gottesgericht
champ malli genannt ^H
Freilich zeigt der Kampf gegen Pinabel auch Unlerscfiie^!
von demjenigen gegen Bera, und diese Unterschiede waren es, die
uns veranlaßten, die Zeitfolge der beiden Zweikämpfe umzudrehen,
und den, der unter Ludwig dem Frommen stattfand, voranzunehmen.
Diese Unterschiede im Rolandsliede aber, welche einer
jüngeren Entwicklung angehören, wollen wir nun besprechen.
Das fränkische Oottcsgericht.
289
Vom neunten bis ins zwölfte Jahrhundert.
Wir müssen auf das zurückgreifen, was wir bei Besprechung
<ies Goltc^crichtes in der niederen Justiz, zum Stockkampfe
äußerten. Als die Kirche im Kampfe gegen das Oottesgcricht an
Boden verlor, statt ilin zu gewinnen, verfuhr sie nach ihrem gc-
"Wöhnlichcn System und sicherte sich innerhalb seiner Formen einen
J^alz. Der gerichtliche Eid wurde zu einem kirchlichen Eid, den
Ixide Parteien leisten mußten, Golt hatte dann einen Anlaß, den
Beleidiger der Hostie im QoUesgericht zu bestrafen.
Diese Verquickung der kirchlichen Handlung mit dem alt-
Yieidnischen Brauch hat dazu geführt, auch die Zeugen der be-
siegten Partei zur Strafe mit heranzuziehen, da sie ja mit ihrem
VMeincid ebenfalls die Hostie beschimpft hatten, und wir haben
Itieraus gefolgert, daß hier der Grund für die spätere Anschauung
liege, daß falsche Zeugen und Schuldige gleichmäßig hart zu
s. trafen seien.
Während nun der Kampf Pinabel -Tierri auf der einen Seite
<iie ältere Gestalt zeigt, ist es überraschend, wie wir bereits in
ÄVim diese jüngeren Anhängsel geeint finden. Die kirchliche
i~landlung ist beschrieben; die Kämpfer beichten, kommunizieren
^ind opfern, und der Angeklagte gibt dreißig seiner Sippe als
Zeugen hin, die nach vollzogener Überführung sämtlich gehängt
"^Verden. Trocken und ungerührt motiviert die Dichtung: »Wer
Verrat Übt, tötet sich und andere."
Nun weiß man ja, daß eine volkstümliche Dichtung, die
iahrhundertelang von Professionssängern dem Publikum vorge-
traj[cn wird, sich nicht gleich bleibt. Schon aus Qeschäftsgründen
ist der Rhapsode gezwungen, den Sitten seiner Zeit Rechnung
^y tragen, sein Gedicht gleichsam zu modernisieren. Auch das
Kolandslied enthält ganze f^artien, die der Sprache nach als weit
jünger als der Kern sich ausweisen. Wie ist es nun mit der
Inrchlichen Handlung; ist auch sie jüngeren Datums? Hat man
s« eingeflickt, als sie im Laufe der Jahrhunderte innerhalb des
Gottesgerichtes Bürgerrecht erworben, oder gehörte sie von vorn-
•»cron zur Dichtung?
Auffallend ist schon, daß im Roland sich zwei getrennte
Handlungen vor dem Kampfe finden: Das Mall, die Lc-
Aidiiv tür Kiillurgacbicbic. VI. 19
galisierung des Kampfes aus älterer Zeit; das Sakrament» die
Legalisierung aus jüngerer Zeit. Da nun diese beiden Zeremonien
sich abgelöst haben, ist eine Zeit denkbar, in der beide neben-
einander bestanden; der Kampf im RolandsHed wäre also eis
Denkmal der Obergangszeit. Das ist durchaus möglich.
Dem widerspricht aber der eigentümliche Gang der Handlung.
Schon sind die vier abschließenden Bänke gestellt, die die Kämpfer
doch nicht mehr verlassen sollen, schon ist das Mall vollendet,
schon haben sie nach Waffen verlangt Da, als ob sie«
vergessen hätten, schreiten sie zur kirchlichen Handlung, bringen
ihr Opfer im Münster dar und kehren (es ist ausdrücklich gesagi)
vor den König zurück. Und nun legen sie die Waffen an.
Das ist offenbar ein Gang der Handlung, der einem prakttsdi
üblichen Verfahren nicht entspricht Die kirchliche Handlung
schiebt sich mitten in die Rüstung ein und zerstört den Sym-
bolismus der vier schließenden Bänke in geradezu plumper Weise.
Die Erklärung scheint geboten, daß diese kirchliche Handlung
wirklich hier eingeschoben sein muß, daß ein Vortragender, im
Bestreben, seinem Publikum das Gottesgericht so zu schildern, uic
es zu seinen Zeiten stattfand, sie einfügen wollte, jedoch den Plati,
wo sie hingehörte, nicht fand^ — an dieser Stelle stand ja noch
das alle, längst vergessene Mall. Wo ihm die Reime am leich-
testen schienen, flickte er sie ein. Diese kirchliche Handlung im
Rolandslied ist also keineswegs ein Zeichen dafür, daß die ganze
Szene jüngeren Ursprungs ist als die Zeit, in die sie historiscf*
gehört. Sie ist nur ein Beispiel, daß an volkstümlichen Dich—'
tungen Zeit, Wechsel in Sitten und Anschauungen nicht spurio^^
vorübergehen können, und daß die plumpe Hand des Diaskeu— —
asten die feinen Fäden alter Arbeit stets zu stören bereit ist^^
wenn ihm eine Modernisierung geboten scheint
Wie steht es nun aber mit den dreißig Geiseln ? Mit ihren^*
grausamen, uns unverdient scheinenden Tode durch Henkershand P""^
Wir machten diese Handlung von der kirchlichen abhängig, sie^^
habe sich erst entwickelt, als Beichte und Abendmahl die Rollc^^
des Mails übernommen. Folglich muß sie, da im RolandsliecV—
das Mall noch die Legalisierung bildet, auch hier zu jüngerer»—
gehören, - wenn unsere Angaben richtig sind.
Das fränkische Oottesgericht.
291
Und es hat auch allen Anschein, als ob das Stellen der
Geiseln nicht so all ist wie die übrigen Teile vom Kampfe
Pinabel -Tierri. Während nämlich im Laufe desselben der Herrscher
Teist mil dem allen fränkischen, in seiner romanischen Form
indogermanischen Namen «König* — rei bezeichnet wird, wird
Pr an einigen verdächtigen Stellen und speziell bei der Qeiscl-
stcJlung und der Pfandreichung (3846, 3852) Kaiser - em-
/>€rtn genannt. Und dieser römische Titel war doch sicher für
Uie Franken ein gelehrter, weniger gebräuchlicher. Ein sicheres
j\rgument können wir hier nicht anführen. Weder das Stellen
noch die Bestrafung der Geiseln unterbricht Zusammengehöriges,
^A^e CS das Sakrament tat, wir können also nur schließen, daß
aus inneren Gründen diese beiden nur angedeuteten Handlungen
Unecht sind. Hielte man sie für echt, so bildeten sie das einzige,
"^Arorin der Kampf im Roland nicht mit auffallender Treue zu dem
"Von Emioldus Nigellus geschilderten Gedichte stimmt, und schon
clies wäre ein Grund, die Geiselsteüung als verdächtig den ältesten
S<:hichten des Rolandsliedcs abzusprechen.
Der Zweikampf im zwölften *) und in den folgenden Jahr-
hunderten.
Die Entwicklung, die am Zweikampf seit dem sechsten
J^Jirhundert von uns beobachtet wurde, hatte mehr die juristische
S^ite betroffen. Da waren die Befugnisse der Gerichtsherren
'^«rschoben worden. - Der ursprünglich aulokratisch schaltende
■Herrscher im Königsgericht war durch Gesetze gebunden worden,
*lie Autokratie war in eine Aristokratie übergegangen: Karl der
Ciroße, Ludwig der Fromme waren darauf angewiesen, zu Vi-arten,
daß einer ihrer Mannen für die Sache der Krone eintrete; das
ttne Atal suchte Ludwig vergebens nach einem Kämpen, der den
ßuhlen seiner Gattin bestrafe, das andere Mal suchte er ebenso
^rgtblich einen ihm unliebsamen Zweikampf zu vereiteln.
Es war ein Gesetz, das wir seiner Unzulänglichkeit und
') PSr dm Zwrikwnpf im /«öIHfn JiltiJ' hundert ist die Arbett von Pfefler: Die
'oa^Hlni des KOUOECiifhtHchm Zvdltampfii in <>iluhii(l für rant. Phil., IX, 1
"Tiak fticct di« ipilere Entwidtlune bcli»ndcllc Vorbcrg; Der Zwdktmpl in
Grausamkeit halber nicht achten können, aber als Gesetz herrscfate
es, herrschte sogar über Könige und Kaiser. ^H
Im Decorum war vom einfachen, schmucklosen Kampfe Sb^
sechsten Jahrhunderts eine Wandlung vorgegangen: das Mall, die
Totenbahre, die vier abschließenden Bänke gaben dem Ganzen
einen ernsten, feierlichen Charakter, im Laufe der späteren Jahr-
hunderte, wohl des zehnten und elften Jahrhunderts, trat die Kircbe
In ihre Rechte, das Mall wurde durch das Sakrament verdrängt
Die weitere Entwicklung steht im wesentlichen unter de«
Zeichen der Form, des äußeren Decorums. Wie immer, wenn
ein fester Inhalt in Kunst oder Sitte gefunden ist, findet sidi
auch hier das Schwelgen in den ursprünglich einfachen, u-ürdigeii
Formen, das Überladen mit diesen, das barocke Kleben am Detail,
unter welchem die Hauptaktion untergeht
Der Zweikampf des zwölften und der folgenden Jahrhunderte,
wie er in den Heldengedichten so oft beschrieben wird und wie
er in freier Inlerpretierung auch im Lohengrin szenisch dargcslriÜ
wird, besteht aus einer komplizierten Summe von ritualem and
hörischem Zeremoniell, die in ihrer Gesamtheit kaum mehr über*
sichtlich zu nennen ist. Es entspricht dieser Zweikampf bis auf
wenige Ausnahmen natürlich nicht dem Stockkampf der niederen
Justiz, sondern dem hochnotpeinlichen Gericht im Falle von
Hochverrat
Die Richter, ein Fürst und seine Barone, sind versamniell
Die Parteien treten vor sie, wie in aller Zeil, und bringen An-
klage und Verteidigung vor. Hierbei war der einmal gebrachte
Wortlaut bindend, und wir haben mehrere Beispiele dafür, diß
ein irrtümlicher oder doppeldeutiger Ausdruck, so wie er vo«
den Richtern verstanden, rechtskräftig war und nicht mehr zurödt*
genommen werden konnte.
Nun erklärte entweder der Kläger sich bereit, für seine An-
klage mit den Waffen einzutreten, oder aber der Angeklagte kam
ihm zuvor mit dem Wunsche, seine Unschuld durch ein Gottes*
gericht zu erweisen.
In einigen wenigen Fällen muü einer der beiden zur -Satis-
faktion* gezwungen werden, auch der Fall findet sich, <Uß
die Schuld des Angeklagten so evident ist, daß das Gericht die
A
EntscheiduHj^ durch die Waffen dem Schuldigen versagt. So
heißt es im Balduin von Sebourg, einem Rilterromane : «In einer
bewiesenen Sache^ in der man Augenzeugen beibringen kann,
hab' ich mein Lebtag noch keinen Zweikampf bestimmen sehen."
Jedenfalls eine Entmcklung des Zeugnisverfahrens, in welcher
ein entschiedener Fortscliritt gegen das noch zur Kärlingerzeit
übliche Gesetz zu sehen ist
Während nun im Kampfe vom Jahre 590, wie im Rolands-
licde, der Angeklagte ohne weiteres durch einen Verwandten ver-
treten wurde, haben sich woh! mit steigender Gesittung und ab-
nehmendem Gewichte des FamiEienbandes bei dieser Stellvertretung
Schwierigkeilen eingestellt, und es können nunmehr nur noch ver-
treten werden: Regierende, Greise, Kranke, Mönche und endlich
Frauen. Letzteres ist ja bekanntlich im Schwanenrilter und dem-
zufolge im Lohengrin der Fall. Auch die Frist, die Elsa zur
Herbeischaffung eines Vertreters gestellt wird, scheint üblich und
schwankt zwischen 14 Tagen und einem MonaL
Der Gerichtshof hatte nun im allgemeinen lediglich die
Befugnis, zu der Forderung Ja und Amen zu sagen. Dann,
gleichsam um die Parteien vom Ernste der Situation zu Über-
zeugen, wurde verk£3ndet, welche Strafe den Besiegten treffen
würde. In einigen Fällen ruft einer der Kämpfer: »Ich will ge-
hängt werden, wenn mich mein Gegner besiegt [■ — die auf
diese Weise gewählte Strafe ist ebenfalls bindend und zwar für
beide Teile.
Nun geben die Parteien, um die Sache »fest" zu machen,
dem Oenchlsherrn ein Pfand, meist, wie schon im Rolandslied,
einen Handschuh. Jünger ist der Gebrauch, den wir auch heute
aus Romanen noch kennen, dem Gegner den Handschuh hinzu-
werfen, und aus diesem Pfandüiusch zviischen Gegnern mag sich
dann das heute übliche Tauschen der Karten entwickelt haben.
Nun folgt das Stellen von Geiseln, dessen Innehalten nach
dem Schwanken der Quellen offenbar im Belieben des Gerichts-
herrn stand. Der Qerichtshcrr hatte woh! hierin in der Praxis
ein Mittel, einen solchen Zweikampf nach Belieben unmöglich zu
machen, indem er Geiseln verlangte. Ursprünglich scheint man
hierzu nur Familienmitglieder angenommen zu haben, später
waren auch die Standesgenossen, die »Collegen» des Kämpfa5
willkommen. Geistliche wurden auch hier nicht zugelassen. i
Diese Geiseln werden oft schon während des Kampfes in
Gewahrsam genommen. Erechien ihr Kämpfer schuldig, so hatte
der Gerichtsherr über ihre Strafe zu entscheiden. Bald müssen
sie, wie im Roland, den Tod erleiden, bald können sie sich, wie
in jenem kärlingschen Kapitular, loskaufen. In der praktischen
Justiz ist das Stellen von Geiseln, wie ihre Strafe, naturgemäß
allmählich verkümmert, und schon in dem Coütumier des Herrn
von Deaumanoir finden sich (im 1 3. Jahrhundert) nur noch Reste
davon, Einigemal wird übrigens in der Dichtung von Geiseln
Abstand genommen, dafür werden aber die Parteien festgesetzt
So gerade im Schwancnritter, wo der Held selber ihn und seinen
Gegner in Gewahrsam zu nehmen bittet, um ein Entweichen ,
zu verhindern.
Den Anfordenmgen der Bühne gemäß findet in der Oper
das Gottesgericht unmittelbar nach der Forderung statt Auch
die älteste, einfachste Form, wie wir sie noch im neunten Jahr-
hundert und im Rolandsliede finden, hatte diesen Gang.
Hier hat das Eingreifen der kirchlichen Handlung eine
Komplizierung bewirkt. Das Gericht findet erst am nächsten
Moi^en statt, nach der Messe, nüchtern, wie zu einer kirch*
liehen Handlung.
Die Nacht brachten die Kämpferwachend, von ihren Freunden
begleitet, in der Kirche zu. Dann folgt Messe, meist auch Beichte
und Opfer, wie im Rolandsliede, - die Stunde des Kampfes ist
gekommen. Wie auch heute bei schweren Mensuren, wird oft
ein Sühneversuch zu Anfang vorgenommen. War dieser abge-
schlagen , so kamen die Schwüre der beiden Parteien an die
Reihe. Jeder mußte seine Aussagen noch einmal beschwören,
ja dieser Schwur wird allmählich detailliert und zerfällt in
mehrere, wie sich überhaupt das Bestreben zeigt, diesem Teile
möglichstes Gewicht zu geben, um an das Gewissen des Schul- ,
digen zu appellieren, so lange es noch Zeit ist ^M
Dieser Schwur wird meist noch nicht auf dem eigentlichen
Kampfplatz geleistet. Die Formel war vorgeschrieben. Geist-
lichkeit und Sakramente spielten eine stehende Rolle. Dana
folgte der Bann an die Zuschauer, dessen Tenor wir aus
der Oper kennen. Eine Übertretung des Bannes wurde mit
harten Strafen belegt.
Nun wurde der Kampfplatz abgeschritten. Meistens ist er
viaeckig abgeteilt, die ursprünglich abschließenden Etänke sind
durch Holzschranken oder Stricke ersetzt, oft existiert die ab-
schließende Linie nur in der Idee. Einzelne Gedichte kennen
einen Platz, der nur für gottesgerichtliche Zwecke gebraucht
■wurde, der also schon vorbereitet war. Eine Sitte, die wir für
cias kärlingische Aachen ebenfalls nachgewiesen haben. Den
Kampfplatz umgeben die Zuschauer, für die wohl auch Tribünen
«nichtet werden, und in engerem Kreise die Kampfwärter. Diese
AATärter schützen den Platz vor dem Publikum, führen die Parteien
Hinein, den Forderer an der Spitze, verteilen Licht und Schalten
^eicbmäßig und fungieren auch während des Kampfes als Un-
X>arteiiscbe und Sekundanten.^)
Über die Bewaffnung haben wir im Laufe unseres Aufsatzes
^<hon öfter gehandelt. Üblich waren hier zwei formen, in der
Tiiedcren Justiz der Kampf mit Stock und Schild, in Hochvenats-
^iigclegenheiten der Kampf mit scharfen Waffen. Letzterer ist
^ den die Romane und Heldengedichte des Mittelalters wider-
s»{»^ln. Ihre einzige Abweichung von der Sitte besteht darin,
dafl sie ihre Parteien immer hoch zu Roß kämpfen lassen, doch
^bcn wir ja erfahren, daß ein solcher Kampf, wenn auch selten,
doch nicht unerhört war und in Sftdwestf rankreich zur Zeit
Ludwigs des Frommen die übliche Form bildete. Ein Stockkampf
st übrigens auch in der Poesie dargestellt und zwar im alt-
''«izösischen Reineckc Fuclis.
Auch über die Strafe des Schuldigen, über die Strafe der
Geiseln ist bereits das Entscheidende gesagt worden.
Vom zwölften Jahrhundert bis auf den heutigen Tag.
Nachdem die Kirche einen aussichtslosen Kampf gegen die
vid zu fest eingewurzelte Sitte aufgegeben, halte sie sich inner-
>) In einigen vtniKcn Dichlun£en lindct der Kampf noch auf dner In»! lUtt
t^kieilkd, Oiran van Virtiiie), und « mag die* die EHnnening in dnciltere, bddnitdie
^■UBtti, «Ic lie In der nonlischni Kultui im .tlDlmKuig" oodi gevihn iiL
dcM OottQScnst
«ar das KönigtoaL
SAtm
gnrafll und liiBe dss Sakrament ;^|
der Handhmg. Von nun .^
KT Gegner, ein Gegner, dessen .^
FUc totzjebeii mochte, ■ — rfii ~ti
zum
Rolc
I aJEKD
gcpen das Gotlesgerichfci
Mennrn^cr, der in seinen Zu —
Recht dco Zweikampf aus seiner gcricfat-
iMd ZB daer dos Gutdünken der
auf Dewwsgaiig und Strafe folgenden
einen Merowinger, in dem »ir vielleichf
den deumügen, kiiüatlieu Cfailpendi zn sehen hatten, den Gattea
der bösen FiideguBd.
Der scb«-3diltdie Cane der Judilfa, Lodwig der Fromme,
war der zveiK. Hier war wirkbdi ein kultiviertes, dem Waffen-
klang abholdes Gemüt bestrebt, der grausamen Sitte Abbruch zu
tun, wenn er audj vergebens versachlc, den fränkischen Eigen-
mOen zu brechen. Wie er es mit dem Gottcsgmcfat machte, so
versuchte es Ludwig auch mit anderen fränkisch -heidm'schen
BifludKn, verbrannte im frommen Übereifer die alten Königs-
liedcr, die sein Vater hatte sammeln lassen, stellte den national-
heidnischen diristliche Ideale en^cgen. Die Folge davon w^-f
das Lügrnfcld von Straßburg, auf welchem die eigenen Söhn^
von dem Vater abfielen und der verlassene Kaiser zu den letzter« «
die ihm treu zu bleiben suchten, sagte: »Gehl zu meinen SühneC*
über. Keiner soll meinethalben auch nur ein Glied verlieren.'*^
lidi^B
Aber das Königtum erstarkte in Frankreich. Es nahm nk
nur den Kampf gegen die Feudalmacht auf, wie sein Nachbar
Staat Deutschland, es führte ihn auch siegreich durch. Hierbcr-^^'
fiel mit anderen Einrichtungen der feudalen Gesellschaft aud"""*^
das Gottesgericht, wenigstens als ein im Genchtsgang ül
lieh es Beweismittel.
Einschränkungen, Verbote hat es in den folgenden Jahr-
hunderten zahllose gegeben. Ludwig VII. verbot den Zwcikampl
"n Jahre 1186, wenn es sich um eine Schuld unter fünf Sous
(nominell etwa 100 M.) handle.
Ludwig IX., der Heilige, verbot ihn 1260 vollständig,
ohne noch die »Rclchsbarone" mit einzuschließen. Das Verbot
bat aber kaum weitere Tragkraft gehabt ats jenes vermutlich von
Chilperich edierte oder als die Eingriffe Ludwig des Frommen.
Philippe le Bei muß 1296 und 1303 ein neues, auf be-
stimmte Zeit gegebenes Verbot erlassen. Er schließt den Zweikampf
in Zivilsachen für immer aus im Jahre 1306 und muß seine
Edikte I314 emcuemj mit Androhung von Todesstrafe und
Konfiskation der Güter gegen die Übertreter.
Und nun findet ganz allmählich der Übergang vom Gerichts-
kampf zum Duell der feudalen Kreise stau. Dem Königtum ist
es gelungen, den Kampf aus der Gerichtsbarkeit herauszudrängen,
der Kampf verliert deshalb für die breiten Schichten der Be-
völkerung seine Wichtigkeit, die er Im 12. und 13. Jahrhundert
hauptsächlich hatte; dagegen bleibt er, in veränderter Gestalt, bei
denjenigen, die ihn in Frankreich eingeführt, bei dem Kriegsadel.
Statt der Begriffe von Recht und Unrecht stellt sich die
Ehrenfrage ein, deren Flecken der Zweikampf reinzuwaschen be-
stimmt ist, wie er vordem Licht in die dunkelsten Fragen brachte.
Alte naive Anschauungen von aller Kultur unberührter Barbaren
^'erden gehalten, umgemodelt, und der rohen, physischen Kraft, dem
persönlichen Mute wird der Platz angewiesen, der ihm bei einem
Kriegervolke zukam, bei einer kultivierten Nation dagegen be-
r^chügtc Zweifel gegen die angemaßte Höhe der Kultur auf-
•tommen läßt.
Von dem Decorum des Gottesgerichtes wird mancherlei
"b^mommen und findet sich wohl auch noch heute: Vorausgehende
Ehrengerichte, Kampfzeugen, formelhafter, nie zu einem Ergebnis
f'Jhrcnder Versöhnungsversuch. Im allgemeinen ist übrigens hier
^*n Abnehmen des Decoruras zu konstatieren, Indem mit Aus-
scheiden aus der Justiz auch die Kirche den Rücken kehrte, und
damit Messe, Nachtwache, Eid auf dem Kampfplatz fortfielen.
formell fand also, nachdem der Zweikampf gegenüber seiner
^gentümlichen Allgemeingüttigkeit wieder auf jene Kreise be-
schränkt war, die ihn ursprünglich eingeführt hatten, eine Ver-
29S Leo jocdUL
cinfichnng sott, die ihn dem Modus der illestcn Zeiten wieder
fluflDCS OKACDbCSL
Aadi die Waffen vedtselten, dem frinldscben Spieße, dem
mittda}terticben Luigsdiwert folgte der elegante Stoßdegen. Die
Schußwaffen Icamen auf und bürgerten sidi auch hier ein. Ein
fester, zum Teil ungescfariäiener Codex ordnet, wie seinerzeit.
Befugnisse der Parteien, der Sekundanten und das Decorum.
Mit dem Emporsteigen des Bürgertums, mit der Ausfüllung
der Kluft zwischen dem Kriegerstand und den übrigen Ständen,
wie es einem Volke en(^»-icht, dessen Kulturbewegung endlich
die Ordnung des Urvolkes zu überwinden strebt, hat sich aber
eine weitere eigenartige Entwicklung vollzogen. Das Bürgertum
hatte, einmal auf höherem finanziellen und gesellschaftlichen Niveau
angelangt, nichts eiliger zu tun als sich feudale Sitten und darunter
auch das Duell anzueignen, und so wuchs die Anhängerschaft
des alten gottesgerichtlichen Zweikampfs mit der letzten sozialen
Bewegung, genau wie vor nun reichlich 1000 Jahren.
Soll man es als ein erfreuliches Zeichen achten oder als
eine unerfreuliche retrograde Entwicklung? Wir wollen nicht
philiströs sein. Die Lust, Streitigkeiten physisch auszutragen, eignet
der Jugend, — wenn sie gesund und nicht nur den Jahren nach
jung ist. Wenn einmal die Jugend des Volkes vorbei ist, hat es
in der Geschichte bis jetzt immer nur Verfall gegeben.
Freilich stehen auch Duell und Verfall zusammen, wenigstens]
in Spanien und Süditalien, wo die Stiletikämpfe mit genau inne-
gehaltenem Ritual, mit Sekundanten und allem dazu Nötigen
gerade in den untersten Volksschichten üblich sind.
Kurzum: allgemein gültige moralische Werte lassen sich''
auch hier nicht abstrahieren, und es ist auch gut so, denn was
wäre diese Welt ohne ihre Farben, ihre Buntheit, die unendliche
Verschiedenheit ihrer Anschauungen?
Christian Adolph v. Anackers Beschreibung
seiner Reise von Lissabon nach Wien (I733).
Mitgeteilt von TH. RENAUDJ)
Reiß- Beschreibung
Von mir
Chrislian Adolph v. Anacker,
Riltcm des heil. Jacobi,
verrichtet anno [t]733 den
2len Juli) aus Lißabon
In Portugal bis
Wienn in OesterReich,
ftllwo ich den 2S tcn Septemb.
anni ejusdcm glückl.
arriviret bin.
Nachdem mich Meine Frau Mutter, thcils um meine ge-
'^"«ihcit beßer zu Conserviren (indem ich in Lißabon schier
«»ntitiuirlich Krankh wäre, und mir der Lufft Keines wegs con-
*'icircn wolte), theils auch um meine mir nothige Studia pro-
*l^»ren zu Können, wiederum von dannen in Teutschland! zu
*'*den sich resolviret, so fände sich eben ein gewisser Barfüsser-
^^"^eliter, mit Nahmen P. Joannis v. HI. Kreutz. der auch aus
Portügatl in seine Provinz reisete. Diesem Übergabe mich meine
"■ AAutter, um über mich währender Reiß Sorg zu tragen. Es
"•"Ste aber dieser GeislI: mit mir etl: Monath warten, bis der
"*"" Von Sr: May: dem König von Portugall allgdigst: resolvirte
1, *) Vgl. dl« Vcr/tfentifchuns der Beschreibung d«T Rdie von VIch nach Lisntxn
*'™) In dieser ZdtKhrift. V, Z* lt.
Ritter-orden Sli; Jacobi Majoris de Spatlia*) ertheilet und cor» *>«-
fcrirel worden, welches dann anfangs Junij {Il753 würkl: erfolge*^^^-^'»
worauf wiir bald nach genommenen untcrthänigsten urtaub-audk. Ä— J^-
enzien Von beede König): May: nebst meiner Danksagung Vor di « fc^'*
Höchste gnadt des mir ertheilten ordens die Reise
den 2ten Julij 1733 angetretten, nachdem wiir vorhero di*5 fc=l^<
uns gnädigst anvertrauten Praesenten Vor Sc Mays: die R^ierend» fc> *di
Kayserin Elisabetha Christina') (so in einen Kistel bestanden«-« -^acn
worinnen ein ganzer auf einer Indianischen grossen Tatzen stehende: -^ K«
aufsatz vor the^, caff^ und chocoUte wäre, wovon alle stuckh, sf>-^ 9
gar die giesKandel und Lavor von puren Mecrmuscheln waren«"* '^■rt
ohne das eine Hand was daran gemeistert hatte, außer denen pi»««^^''
d'i^taux oder untersatzicn, daß sie stehen Kunten, welche vor« *^^> <*
Goldt waren) dann Vor die Verwiltible Kayserin Amalia WII- • ■'^
helmina'} eine in einen schmahlen, aber langen Verschlag ein- «"* ■"
gepackte Indianische Von puren Helfenbeln geflochtene Decken«'»"^'
wie man sie sonst Von stroh in Portugall sichct, und auf ein^ r^o
allarstaffel die länge und breite hatte, wie dann auch Vor« *-**'_
Sc Dchll: die ürzherzogin Maria Magdalena*) ein Kistel mi» * *^'
Indianischen raritäten, Porcellaici und Medicinen nebst denen handt-— *
Briefen überkommen hatten, so mußte ich mich obbemeldteten
21en Julij abends gegen 5 uhr mit Harten Thränen Von meiner
Fr: Mutler beurlauben, welche mir dann ihren Mütlerl: Seegen
erlhcilet. Und da ich eben forlhgchen wolte, erwiese mir der
änderte Königl: Prinz Don Carlos die Hohe gnadl und luße
mich noch einniahl zu sich ruffen, wo ich ihnie zum änderten
mahl die Handt geküsset und Urlaub genommen. Ich wurde auf
einer Königl: Jagd an Borlh unsers schieffs (so bereits zu Belem,»)
eine stundt Von dem Königl: Pallast Vor ancker läge) geführe!,
und mich nebst den mit mir reisenden P: loannem begleiteten
der Königl: Damen-beichtvatter P: LeopoldtES Wezinger (so eben
mit mir nach Porlugall gereiset) imd H. Haßlinger, Königl: Hof-
Apolheker. Als wiir am Bordt gekommen, wäre weder Capitain
■} Ordnn de Säo Thisca da Cspad«; tiiat Gnit; Rtlter: der unUnlc Qrad
{Sanl)>f[nlircui In Lorbnrkninz; darüber ein Emaitband mit dm Worten: Sdendn, Ictras,
arm.) Ftpxdi; Dr^rn.
>} Eli». Chritllnc' von BTauitselivde-Bhnkmburic, Ocmahlln Karls VI.
■) WIlbclmliK Amalle von ßraunMÜiTde-Lüiieburc, Witve dn 17tt gest Jascplis I.
<) Maris Maedjüena Jotqiha, t ^'*3. Schwcttcr Karlt VI.
^ Jctit (Kit IBS5] VocstMll van Liuabon.
R
noch SteuerMann am Bordt Der P: Wezingcr, weil es schon
Späth wäre, beurlaubte sich, gab mir seinen Priesterl: Seegen und
retournirte nach Hof, um meiner Vr. Mutter mein glückl: em-
barquement und schicffstoginmg zu hinterbringen. Da ich aber
von Hof abgefahren, muste ich eben in der Königl: Jagd bey
meiner Fr Mutter Fenster vorbeyfahren, allwo sie mir, so lang
es möglich wäre, rachgesehen, bey welcher der Königin beicht-
Valter P: Carolus Gallenfell wäre, um sie zu trösten. Abends
kamen an das schiff 2 mir und den P: loanni bekannte Patres
Carmeliter, als P: Leopold und P: Stephan, nebst 2 Königl: Wald-
homisCen an unsern Borth. Diese blieben bey uns bis halber
9 Uhr und beurlaubten sich dann von uns. Nach diesen käme
der ober-lnspecktor (so auf Portiigesisch heißet quardamor') mit
5 andern von der Justiz am Borth. Sie fragten mich und den
Pater, ob diese Bagage unser wäre, auf welche sie wiesen. Wiir
sagten: ja. Da sie aber es [!j sehen wolten, zeigten wiir ihnen
gleich das überkommene despaci oder FrcyPalct, womit sie zu-
frieden gestehet waren. Sie warteten immer auf den Capiiain,
und einer von ihnen stunde auf der gallerie gleichsam auf der
Wacht Als der Capitain um Halber 12 uhr Nachts auf einen
kleinen Fahrzeug betrunken und Schlafendt anlangte, ruffe der
auf der huth stehende die andern, und sie sprangen samentlich
auf ein (!] schiff, und einer hatte gleich das geldt, so er bey sich
von Kauffteuthen hatte, bey 600 f!., um das schiff zu verpflegen.
Der Capitain wolte gegen den quardamor den Degen ziehen;
allein sie nahmen ihme selben weg samt dem stockh und wolten
ihn in tronco oder arrest führen. Der Capitain schrie um uns,
und wiir stiegen auch in das schieff hinunter. Wiir musten sehr
lang bitten, bis wiir sie dahin brachten, daß sie ihn nicht forth-
fOhrten; ja sie sagten zu mir und den P: loannes, wiir sollen
auf den Borth steigen, oder sie führen uns auch forth. Wiir
explicirten aber unsern standt, daß wiir Von Hof wären; so
wurden sie höfflicher. Der Capitain redete mit den P; loannes
und mir lateinisch, ich mit den P: leutsch und mit der Justiz
das Portugesische wenige, so ich gekönnt Mithin halte man ein
Viertl stund nothwendig, bis frag und antworth an seinen Mann
>} OBiixUinor du ilfindcgas = Obcfiollinipelctor.
^
gekommen. Wiir sagten ihnen, daß dieses bey den Capitain ge-
fundene Geld demselben nöthig scye zur Verpflegung des Schiffes, *^si
daß er nicht gesinnet, geld aus den landt zu führen. Man «~*J
Venerire ihren caractcre, man wisse aber auch, daß der Refehl Sk4
des Königs seye, nur die großen Summen, womit dem Und S=»i
schaden geschiehet, so es weggeführet wird, nicht aber die nöthige "^"C
Reißgelder denen in proctnctu *) abreisenden wegzunehmen. Wo- — *
fern sie also dieses ledige reißgeld nicht rcstituiren wolten, so ^^
könnte das Schiff nicht auslauffen; mithin mOste der last oder ~v
die ladung des Schiffes (so in Zucker, Pomeranzen und lemonen') ■^
bestehet) im Hafen Verderben, und wofern wiir morgen in Hafen **
liegen bleiben müsten, so würde ich und der Pater nach Hof
fahren und die sach bey Hohem orth anbringen, als altwo man
sicherlich glaubet, daß wiir mit der Huth in See gehen werden.
Endlich giengen wiir alle in das Schiff, allwo in der Cajute ihnen
wein und Schuncken gegeben wurde, und endlich hat unsere ^
bitte, und vielleicht der wein, so viel effeduiret, daß der quardamor
jenen (so das geldt hatte) befahle, es völlig dem Capitain zu rc-
stituiren, sagte aber, daß er wieder seine Pflicht handle; aber in
regard unser, weil wir Von Hof, thuc er es. In Wahrheit: er
hätte es also desto weniger thun sollen. Allein es kann seyn,
daß es gar fiEoux waren. Sie sagten immer, wir solten doch
einmahl Schlaffen gehen, dann es schon 3 uhr in der Frühe
wäre. AlEein wiir traueten ihnen nicht und sagten, es gezieme
sich nicht, vor Frerabden leuten schlaffen zu gehen. Da sie
dieses hörten, sagten sie, sie woUen uns nicht hintern, und giengen
auf die gallerie, um auf den Steuermann zu warten. Der Capitain
gäbe das geld dem P: loannes, weilen wür ein FreyPalet ttattenr
und sie bisweilen zu 6 mahl visitiren. Wiir aber giengen um
4 uhr auf ein paar Stundt schlaffen.
Den .^ten Julij kamen um 6 uhr unterschiedl: leuthe am
Borth, unter andern der Hamburg: consul H: Stöckeier mit
seinen 2 Söhnen, so mir und den P: loannes eine Kiste Pome-
ranzen und Lemonen geschencket, auch einen addreß-Brief nebst
3 schachteln an seinen Schwager, H: Ramin in Hamburg,
<) ScbOB liu Rriwfcurt, d. h. eben im Begriff, abzurciica.
^ Limotw {Sauen ilrone).
■
S^gebcn. Gegen 7 uhr käme der P; Wezingcr, Fn Andreas,
H: Baltauff und Herr Haßlinger, welche mir noch einen grüß
und einige Sachen von meiner Frau Mutter mitgebracht Sobald
die Justiz sähe, daß leuthe Von Hof an Borth kommen, so fuhren
sie ab. H: von Stöckeier gicngc auch wieder an das land und,
indeme wiir Vor Mittag den Ancker zu Heben nicht geglaubet,
so wolle ich durchaus noch ein mahl an das Landl fahren, um
rneine Frau Mutter zu sehen. Allein der P: Wezinger wieder-
r^athete es, und unterdeßen wurde der Ancker würckl: gehoben.
Der P: Wezinger mit denen übrigen Herrn fuhren mit uns bis
w«ith außer S: Julian,') so schon im See ist. Zu S: Julian musten
Wi'iir auf den Capitain warten, welcher allda im Castel wäre wegen
den Paß und um das Schiff frcy zu machen, daß es auslauffen
dörfte. Er käme aber bald, und endlich sagte er zu dem
P: Wezinger und übrigen Hhhn.: »Meine Herren, der nicht
mit nach Hamburg reiset, der hat höchste Zeit, sich zu beurlauben!"
Sie thaten es, und da sie eben in die Königl: Jagd gestiegen,
*came erst der Steuermann am Borth, welches Von darum ge-
schehen, weilen er bis 40 Stuckgold (1 ä 12 fl) bey sich halte,
Und damit er kein solche Comoedie anfange, wie der Capitain,
^o sein Vatter wäre. Der P: Wezinger mit denen übrigen fuhren
■b und sagten, daß sie nach Hof gleich gehen werden, meiner
^rau Mutter zu berichten, daß sie mich würckl. im See veriaßen.
^iir löseten ihnen zu ehren Sluckh, und nach einer ViertI stundt
Beschahe ein nemliches, um uns von den Hafen zu beurlauben. —
Heuihe Hatten wiir Stareken Nord-Wind. Unser Mitlagmahl
^are ein Stockfisch, in waßer gekochet Der erste Bißen, so ich
*^, muste wieder Heraus. Dieses wäre aber noch keine schiff-
^'^nkheit, sondern der Stockfisch wäre nicht wohl gekochet, weß-
^^g«n ich und der P: loannes uns jeden ein paar Ayer (deren
'^^bst andern Viciualien 50 mir meine Frau Mutler mitgegeben)
l^^^hmen]. Nach dem Tisch fienge der P: loannes an, sich zu
"•^chen; ich muste auch vor übligkeit das Deth Hüten bis
* Uhr. Nach de me stunde ich auf, giengc auf die Gallerie, allwo
Ich schon nichts als Himmel und Waßer sähe. Der Pater aber
■) Feste Slo Jtillüa vor der Ta)oinandun(r.
blieb« den ganzen Tag liegen. Gegen 7 uhr erhöbe sich ein
Starckcr Wind, so daß der Capitain die segel einnehmen lüße.
Sdber schaiiete auch mit einem gewißen Instrument in das
Waßer und Himmel und sagte: i»Wiir seynd schon 20 Meyllen
im See!" - Die Heuthige nacht hindurch wäre auch das Meer
sehr ungestüm.
Zu Wissen, daß unser schiff geheißen L'avanture oder das
schicksaE, der Capitain aber Samuel Schtötter. Selber wäre
ein Hamburger, das Schiff aber ein Englisch Kauffardey Schiff.
Wiir gaben jeder 60 fl. bis Hamburg mit Kost und allen. Allein
der Capitain wäre schlecht, besonders mit frischen waßer, versehen,
worüber wiir sehr malcontenls waren.
Den 4t£n djto continuirte der gestrige Windt. Heuthe halte
ich guten appelit bey dem Eöen. Nach Tisch gienge ich mit
denen Paßagiers (deren unser 6 waren) außer den P: loanncs,
so beständig läge, auf die gallerie, spielele allda mit einem in
Damcnbrct, die andern aber divertirten sich und uns mit der
Music. Der wind wäre immer Von Norden und uns eben deß-
wegcn nicht zum favorabScstcn. Heutlie wurde sogar der Capitain
Krankh und alle andere bis auf mich. Zu deme so Hatten wir
Faules Waßer, gesalzen und stinckendes Fleisch, dann ein Vor
wurmen lebendiges brodt, über welches alle Passagiers gemurret,
indeme dieses lauter altes, schon nach Lißabon gebrachtes
Proviant wäre.
Den 5^ dito continuirte der Wind Von Norden. Ich
fienge an, im gesicht mich völlig zu schählen, welches die ursach
wäre, weil ich beständig auf der gallerie dem scbarffcn Meerlufft
exponiret wäre. Man ralhete mir, in die Cajute zu gehen; allan
ich woltc lieber dieses als das brechen leiden, welches mir gleich
gekommen, so ich nicht im lufft wäre. Nachmittag wurde der
wind zum Süden Von Mittag. Wiir wandten also das schiff
gegen abendt und sezten unsem weeg fort Deßgleichen auch d
den 6l^ dito geschehen, allwo dieser Süd-wind immer
continuiret. Der P: loannes stunde heuthe das erstemahl auf
und gienge auf die gaUerie, mir aber spanncte heuthe das gesicht |
wie eine trummel. Es ist mir auch die Nasen aufgesprungen,
woraus Materi geloffen und mir Viel schmerzen Verursachet.
Ä
Christian Adolph v. AMckersBschrributig s«InnR«I»vonIJssabon. 305
Wiir hatten heuthe schon keinen thce, weilen das waßer schon
stinckcte. Ein jeder Vertraute dem Capitain ein paar worth, daß
er Zeit genug gehabt hätte, sich zu proviantiren ; allein es
wäre zu spath!
Den 7^ dito käme der Wind wieder Von Norden. Nach
Tisch sahen wir ein Schiff von weithen, so immer mit halben
wind von uns gienge. Der Capitain sagte: «Weil du Von uns
gehest, wollen wiir zu dir gehen!" Ließe unser schiff rechter
Hand Vor den Wind wenden und grad auf das andere los gehen.
Als wiir es in der Nähe hatten, schrie unser Capitain auf das
andere mit den Redthom : «Outen Ti^, Freyndt! Was vor
Nation seydt ihr?« Allein man sähe niemand!, und es ant-
worthete auch niemandt, so daß wiir geglaubet, es seye eine
Finte eines Saleers, ') welche offters nicht anworthen, um das
schiff näher hinzu zu locken, auf welches sie sodann eine ganze
läge losgehen laßen. Der Capitain ließe auch würkl: anfangen,
die Stucke zu laden, und bey conlinuirlichen Zunähern fragte der
Capitain noch ein mahl, worauf das schiff geantworthet, daß es
eine Molländische Heute scye, so von Setubal •) nach Amsterdam
gehet und schon M tag im See ist, aber ohne zu wissen wo,
welches ein Zeichen gewesen, daß es mit einem verdorbenen
Compaß oder ohnerfahrenen seeMann Versehen gewesen. Es
unterredete sich mit uns, daß es bey uns bis in die Nordt-See
bleiben wolle. Unser capitain acccptirte es, vermahnte aber den
capitain, ins künfftige mehr Sorge seines Schiffes zu tragen.
Den 8tM dilo continuirte der gestrige Nord-wind. Die
holländische Fleule folgele uns nach. Mein gesicht wäre so in-
flaramiret, daß ich gezwungen wäre, auch wieder meinen willen
in der cajüle zu bleiben.
Den 9ien käme der wind wieder von abendt, weßwegen
wiir wieder uns zu unsem schaden wenden musten.
Den 10^ Juli] den halben Tag wäre noch Sudwind, wie
gestern, wendete sich aber immer gegen westen, bis er endl:
Völlig in Westen wäre. Abends um 7 uhr sahen wir einen
') Sslefa (Sla), marokkinitchc Staril int itlantitchm Ouan,
*) Setubal, porluslctiKhc Hafcnitidl in der Provinz EsrmrndTini , Plnitc: »er.
aJtot, an idiwero, drcimuUsM Liilschlft (Irtni. (lütc, tum Fortsctutfen von Ldxna-
Uiittrin und Munition).
AfchiT für KDiluTKCKhIcbte- VI, 20
Salecr, als vor welches es alle auf den schiff gehalten, indeme
es uns verfolget.
Den Uten ejusdem hatten wiir immer west-wind. Die
holländische Fleute sagte zu uns, es glaube, daß das schiff ein
Saleer scyc, welches aber 20 Meylen hinter uns wäre, aber, wie
wiir gemcrckel, die segel starck ausgestecket.
Den I2t£n hujus wäre der Pater wie gestern Kranich, idi
aber Vormittag auf der gallcrie und zwar mit abgelaßenen huth
wegen der Sonnen. Allein da ich eben in besten betrachten
wäre, wie die Pleute einige Segel ausspannete, nähme der Wind
meinen Bordirten huth und warffe ihn ins meer, welchen ich
auch zu einem angedencken denen wellen schencken muste. Nach-
mittag Verlohren wir die Fleute aus dem gesiebt, dem vermeinten
Saleer aber waren wiir enfloffen, weil unser schiff ein guter
leuffer wäre.
Den Uten dito hatten wür guten wind, machten in Tag
und nacht SO teutsche Meylen. Abends aber wurde er wieder
contraire, welches er nicht nur
den 1 4^ dito verbliebe, sondern immer vehementer wurde,
so daß wiir bis zu der holländ: Fleute, so wiir vorgestern ver-
lohren, zurückgetrieben worden.
Den iSten dito wäre dieser wind immer noch zu unsem
schaden. Der Pater wäre Krankh, ich aber gesundt, welches eben
den t6ien passirte, wie auch die holländt Fleute beständig
im unsem gesicht wäre.
Den iTten wäre der alte contraire wind. Wiir verlohren
wieder die holländ: Fleute, und zu Mitt^ paßirten wiir bcy
Capo finis terrae vorbey, wohin wiir schon 8 Tag zubringen,
da man sonst diesen weeg in 24 stund verrichtet.
Den taten dito, wie auch
den I9t^ ejusdem wäre der alte contraire wind. Heuthe
halte ich durch ein stoß des schiffes einen harten fall über den
sitz gelhan, wo ich mir die Nasen bald eingeschlagen hätte, wo-
fern ich mich nicht erhalten wurde haben.
Den 20tm, 2lten und 22t^ julij wäre immer, leyder Gott,
der fatale Nordwind, der Pater beständig Kranckh, ich aber
außer dem gesicht wohl auf. Ich wäre schon gewöhnt, fre>',
— ^Tistian Adolph v. Anacker^ Beschreibung sefner Reise von Lissabon. 307
^^tigeachtet des statten bewegen des Schiffes, auf der gallerie auf
Und ab zu spazieren, hatte auch bey wendung des Schiffs ein
^nd andern Kleinen strickh gezogen, als welche alle auf den
Schreyer des capitains gezogen werden müßen. Ich hatte auch
bey gelinderen wetter offt zu einer halben stund das steuerRuder
so accurat, als ein Matrose nimmermehr, nach dem Compaß re-
gieret und dcßwcgen von dem Capitatn gelobet worden, indeme
ich eine Neigung zu dieser See-wissenschafft gezeiget habe.
Den 23t£2 *äre des Morgens Calmo. *) Nach dem Tisch
käme ein matter wind, um 6 uhr abends aber ein stärkerer aus
Süden, so uns fortgetrieben. Heute wurde der Cajutejung, weil
<r Zucker von der ladung gestohlen und geeßen, am großen
Mast angebunden und auf den bloßen Rucken mit den anckertau
gezüchttget, indeme zu wißen, daß auf einen schiff die discipHne
so scharff, als bey einer arm^e im Keldt isL
Den 24^ Julij käme um 4 uhr frühe ein guter wind, der
aber so vehement wäre, daß wiir die segel einnehmen müßen.
Endlich käme ein starker platz-Regen, welcher, so wür die seegel
»licht ehender eingezogen hätten, selbe vielleicht so beschwehret
hätte, daß die Mast in zwey würden gegangen seyn. Witr musten
sehr lachen, indeme der Koch, als er eben die Zinnschüßel mit
*^en Raiß und Henne angerichter [!] auf den Borth stellele, von
*ndem Matrosen einen strickh ziehn zu helffen beruften wurde,
^nter welcher Zeit eine welle den schiff ein harten stoß gäbe,
^velchcr die schüßel mit Raiß und Henne über den Borth ins
Ä^eer promovirte, allwo wiir die henne herumschwimmen sahen.
^^Ir musten also mit Käß, Brodt und Puderg Vorlieb nehmen.
Den 25^ dito Continuirte der alte Wind, Heuthe wolte
^er P: loarnes ein gesottenes Ay Haben, dann meine Frau
Mutter mir 50 mitgegeben. Allein der Capitain sagte, es seyen
Schon alle zum Pudeng gebraucht worden, worüber wür unwillig
forden, indeme er die Kost uns zu geben schuldig und, was wiir
**tra mithatten, ihme gar nichts angienge. Ich hatte von Selber
*iich schuncken, Thee, Chocolade und ctl: glässer mit eingesottenen
Mandeln, abends ein MandelMilch zu machen. Die schuncken
>| PortuginiKh = ftill, nnbcwicKt (calma: Winditlll?).
20'
Tb. Rcnaud.
genoßen wiir zwar; Thee und chocolade ließ sich conservim,
wiewohlen wiir aus Mangel guten lA-aßers nichts daVon nefan»!
kunten; die Mandeln aber fiengen an zu scfaimpeln, weßwegcn
ich mich gezwungen fände, sie mit leffeln zu eBen. War hfitlen
auch von denen Lemonen, so uns H: Consul Von Stöckcrer
praesentiret, uns Lemonade machen Können; allein eben das
waBer, so man in speißen kaum genießen kunte, verbothe es,
und, um sie doch einiger maßen zu genießen, haben wiir sie
zum Kochen gegeben, die Pomeranzen aber geeßen. Wegen dm
Wasser ist es so weith gekommen, daß man in der frühe staa
Thee oder was andern Rosc^lio/) unter tags aber Bier odrr
Wein und diesen letztern auch purer, um ihn nicht zu verderben,
hat trincken müßen. Ich meines onhs, so mich untertags g^
dürstet, hielte es mit denen Pomeranzen.
Den 26ten hatten wir Calmo und machten den ganzen Tif
kern Engl: Meyl. Der Pater wäre Kranckh, ich, Gott lob, aber
gesundt, welches ich seithero wäre, als ich ein klein GUscl
Meerwaßer getruncken, so mir ein Matroße gegeben und den
ersten Tag unserer Reise naclimittag geschehen wäre, nachdeme
ich selben tag etwas übel mich befände. WoVon zu wißen, dafl^
wann es einem bleibet und nicht aufstoßet, derselbe die ganze
weldt auf dem Meer ausreißen darfl So es heraus will, so
trinket man ein glÄsel Rosoglio darauf. Bleibet es, so ist es
guth; reißet es aber alles heraus, so ist es ein Zeichen, daß
selber auf dem Meer nicht gesundt seyn wird und auf dem Meer
zu reisen sich hüthen muß. Icli hab eines getruncken, wiewohlen
mit keinem gusto; es bliebe mir, und hatte keinen Rosoglio nöthig;
bin auch, Gott lob, immer gesundt gewesen.
Den 27te^ dito wäre das Meer sehr ungestim, der Wind,
so Conlraire wäre, sehr starck, so daß wiir mehr zuruckh als
vor uns gefahren.
Den 28ten war Calmo, wie dann auch
den 29^ Vormittag; nach Tisch kam zwar ein favorabler
wind, aber sehr schwach.
Den 30ten hujus wäre der gestrige wind, aber etwas sörckerT
1) VkL. Hinreist unter dem 9. Min >. a.O. S. », Aom. !.
^nstfan Adolph v. Anacken Beschreibung seiner Reise von Lissabon. 3(
*^nle aber um 10 uhr wieder sehr schwach. Wiir hatten allzeit
ein stuckh Fleisch ä tS - 20 Pfd: in das wasser gehencket, damit
es erfrischet und von den Salz ausgewäßert wurde; dann wiir
alles fleisch eingesalzen hatten^ von welchen wiir bis dato ob-
Scrvirct, daß es immer weniger wäre, so man es aus dem Meer
gezogen. Heuthe aber observirten die Matrosen, daß ein großer
Fisch darnach gienge und immer davon fräße. Sie nahmen den
grOsten Angel, so man halte, steckten ein zienil: stuckh Fleisch
daran und iQßen ihn an einen dickhen slrickh ins meer. Der
Fisch schluckete das Fleisch mitsamt den Angel. In heraufziehen
hat entweder der Fisch den strickh abgebißen, oder die schwehre
ihn abgerißen, worauf der Fisch todter untergegangen. Der
Opitain hat ihn nicht genennet, aber so viel gesagt, daß wir
2 tag daran zu eßen hätten gehabt, der schweiff aber nichts nutz
seye, in welchem er auch seine slärckhe [habe], so daß er auch
die Deckhe damit einschlagen könne.
Den 31^ Julij hatten wiir gestrigen favorablen windj und
tiadi tisch ersahen wiir den Engl: Canal zu unsem Trost.
Den l^en Aug: wäre der wind so favorable als jemahls.
In der Frühe sahen wiir 3 schiff, worunter eines ein Franzos,
«ias andere die holländ: Fleuti^, das 3i^ ein kleine schiuppe ') Von
2 Masten, so aus neu Engelland-) gar käme. Wiir verwunderten
uns Aber dieses schiff, indeme es auf eine so große Reiß nur
« Malrosen, i Capitain, i SteuerMann und i Jung hatte. Es
■^rarcke der Capitain, so ein lustiger Mann wäre, unser gesundheit
in Brandtwein und zeigte uns in der Höhe ein schaidt^) stock-
•"isch und sagte: .Dieses ist schon 6 wochen mein Rindtflcisch
*-ind schunckcn!" Unser Capitain stiege immer auf die Mast,
■■-»m Land zu sehen, indeme wiir bereits in eben jenen gradt, als
<J CT Canal lieget, gefahren, nemlJch den 49. grad, 51 Minuten.
Endl: sähe er gegen 12 uhr Mittags das land Engellandt. So-
bald er es sähe, schrie er: .jLand!" mit gröster Freydl. Es
■«^urde sodann die Haupiflagge außgeslecket, alle stuckh abgelöset
■) SchaUppe, nlolcrdmt&ch : Scblupe.
S NaienEUnil: Oeumtnaine liir dtic Reibe noTtUmerikiniKher Stuten, hier
*^l ÜBlich — Nordamtriki.
"i Chinkleriniichc StÜckbcicichnmig lür StockfiKhe. Die Doriehe (gedflrrt:
^■ockRidtt) «cnJen bii so kg tchwcr.
und, so
Tisch var Calmo.
Den 2t^ dito sahen wür einen Thum in Canal, so ein
Zeichen, daß man allda außweichen müße, weilen steln-Klippen
da scynd. Um 10 uhr wäre calmo; um halber Ein uhr w«
starcker und auch favorabler wind, so gedauert bis
den 3!?5 dito um 8 uhr, wo wieder calmo wäre. WHr
fuhren doch immer mit der Fluth. Nach tisch tuße des Capibins
sein söhn, so Steuermann wäre, die schlupp aussetzen und führe
an ein schiff, so von Franckreich nach London gefahren, von
weldiem er 24 ft: Fleisch gegen 8 fk>uteillen wein gekauM
Sodann führe er an ein anderes schiff, von welchen er Butler,
Thee und rauchtobac gekaufet. Um 6 uhr abends kam ein
favorabler windj wo wür eben die Mille des canals absolviret
Wir hohleten 2 Engl: schiffe ein, deren eines aus Schmimi*)
und das andere aus Sardinien gekommen. Sie berichteten ui»,
daß die Saleer jezt auch mit denen Engelländem Krieg fübren
und deren schiff, wo sie selbe antreffen, attaquiren, so uns kein
Freydt wäre.
Den 4tCT Aug:, wie dann auch
den 5*^ dito wäre immer V'origer favorabler wind. GcgW
7 uhr abends paßirten wür das Castel Dover, allwo wir einen
Pilot nahmen, weilen am Ende des Canals sehr Viel Klippen seyri '
Den 6|«2 kunten wÜr wegen stille des Meers aus den Onal |
nicht fahren, weßwegen wür den ancker vor der Engl: Stsrfl '
Dael') gcworffen. Wür fuhren alle auf des Loths Fahrzeug ans
Land und giengen in die Stadt, wo wür in ein Gaslhauß [. . X
wo der erste der Barbierer wäre, so jene, die es nölhig hatte*^'
barbierte. Dann käme der Koch, so uns um die speisen frag^*'
welche wiir haben wolten; dann der Kellner, was Vor wein ui**^
Bier uns beliebte; dann entt: auch der Zuckerbacher, so uns Ir^
fragte, was Vor Confecl wiir verlangten. WÜr lebten wohl, ab^
auch theuer. Hier und in ganz Engelland ist die Modi, d^^
beederley geschlecht, so sie zusammen kommen, bey Empfar» -i
und urlaubnehmen einander küßen. So tragen auch alle Diens '^
»I Smyma, 'J Dtal.
^ i . _'ll '
istian Adolph v. Anackcrs Beschreibung seiner Reise von Lissabon. 3 i 1
tk«thcn weiße Schöpft) mit fliegenden Baladjnen') wie auch
kleine Raif-Röckh und weißen oberRockh und Lcibel wie auch
"Weiße strumpf, und die Färb ist an ihnen auch sehr weiß. So
Kommen sie wie Geister heraus, und in diesem aufzug tragen sie
•auch waßer. Sic scynd meistens rothköpfig. Der Capitain trancke
txy tisch seine Portion, so daß er nicht stehen kunte. Der Wind
Wurde eben favorable; so fragten wiir Paßagiers ihn, ob es rieht
l>eßer wäre gewesen, so wür jetzt am Borth wären, allein er sagte:
«»Wür werden schon noch dahin kommen!" Und weil wiir
sahen, daß mit einem betrunkenen Schiffer nicht zu fahren, so
gaben wiir ihme zu verstehen, er solte sich ausschlafen, wÜr wollen
spazieren gehen und abends an Borth fahren. Wiir glaubten, er
werde es Ihun, und gicngen mit unsern HaußPatron und einem
andern Kaufmann, mit Nahmen Capitain Mucker, in einen an-
nehral: garten spazieren, wo wiir unterschied!: wein, hier, brodt
und Fleischaufgeschniltenes, guten Engl: Butter und^ deme es
beliebte, auch Rauch-tobac hatten und uns bis etwa 7 uhr diver-
tirtcn und nach hauß giengen in Mcynung, unsern Capitain
nüchter zu finden. Allein au contraire, er wäre noch voller,
weil er bey unser abwesenheit immer Puntsch getrunkhen! Er
säße auf einem stuhl schlafender zum hinunterfallen, wie dann
sein Hulh und Stockh auf der Erde läge) Und zu allem Über-
fluß hatte er noch vor seiner [!] auf dem Tisch eine volle schaajen
£ngl: Puntsch und eine Bouteille Rosoglio, um allenfalls bey der
erwachung gleich was an der Hand zu Haben! Wie wiir dieses
sahen, allarmirten wiir ihn, und er rumpelte auf, commandirte
die Segel und Matrosen, als wie im schiff, worüber wir zu unsern
Verdruß lachen musten; blieben auch wegen seiner am Land,
lußen ihn ins Beth promoviren. Wiir übrigen aber divertirten
Uns bey einem compendiosen nachtmahl bis nach mittemacht,
Wo wiir zu Beth giengen und noch in der Finster über des
Capilains Commando gelachetj indeme einer unter uns 6 PaJ3agiers
(dann so viel waren unser) aus Sachsen ihn immer agirte und
auch sonst eines lustigen Einfalls warcj daß wÜr wenig geschlaffen.
■) Schuftf, &stcrrnchi»cii tinc gehcflrte Frauen 2 iintiinhiubc. Orimm, D. Wb. IX, 1S31.
1) PaUtin, Paladin, dne Atta lUlspclic ihnlidie, vom htTEbhingcnde Halt.
t>ekl6dnag lus lutem Sloff. Orimm VU, ttii. Dloe leichten Qevrt« mOucn luch dem
t^gai Tott doch wohl hinten m der Haubr befestigt srvcsen sdn. Hiernach l>l uidl
i" dct BcÄhfdbung dtr Hinrei« a. a. 0. S. 40. Anm, J rkhllj in stellen.
>0
I
Den 7|en Aug: beurlaubten wür uns von diesem orth und
Kauffmann und nahmen einen Pilot bis Hamburg. Der Capitain
kauffte hier 1 20 üi" Fleisch, 3 tf thee, 20 ff butter und 2 Klaffter
Holz. Um 1t uhr hoben wür den ancker und reißcten forth.
Den 8^ dieses kamen wür in die Nordt-See. Um 1 0 uhr
morgens wäre der wind contrair, wie der Capltain sagte; fuhren
also wieder nach Dael zunick. Um 4 uhr wäre der wind so
wüttend, daß wür die obere Mast abnehmen musten.
Den 9teTi Alorgens gienge der SteucrMann, des Capitainj
Sohn, mit den Pilot ans land, um waßer zu kauften. Um halber'
10 uhr Morgens giengen wir zum 2tOT niahl in die Nordt-See.
Die ursach dieses hin- und wiederfahren wäre, weil der Capitain
immer an land wäre, mithin der steuerMann nicht dörffte Von
Borth fahren, seine liebste, so hier zu Dael wäre, zu besuchen.
Dann auf der Reiß Capitain oder Steuer-Mann immer einer an(H
Borth seyn muß, und Von Land hiße den Capitain der Rausch
nicht! Nachdeme wÜr drungen auch darauf, um weiter zu fahren,
so ersinnte er die Maliz') und sagte, der wind seye contraire:
»wir müssen zurück nach Dael!" ^|
Den tO^ und llten dito continuirte der alte favorable^
wind, und es begegneten uns diese 2 tage Viele schiffe von
unlerschiedl; Nationen. ^|
Den I2l£2 Aug: nachts wäre ein slarcker stürm; alle 4 winJ^
wcheten sehr starckh, und wür wurden völlig Segellos. Die strickh
giengen entzwey, und die Malrosen wurden schier zu schwach,
die Segel zu bändigen. Eine wälle schlüge hinein und 3 einen
strickh ziehende Matrosen nieder, wie die Mehl-Säckh! Endt:
gienge auch der Misan-Mast-) in stücken; der v.ind broche ihn
ab just bey der Rundelen, ") und also flöhe raast, Segel, strickh
und alles forlh! Die strickh, so fest noch waren, wurden ge-
schwind loßgemacht und abgehacket, und alles riße der wind ins
Meer! Das steuerRuder musten 3 M. regieren, und hatten diese
zu thun damit! Es wäre jeden bang dabey, auch so gar d<
1) raallcF.
^ Wohl der Beuninaft, bd Orrinuftern der hintere Mart,
') Randiditc? Vcurtchhiiig nin M«t ziir Dcrntiiping der Srgel. {Rundd uu
mlit. rondeUnm.) Rundht>1i: im Sctiilfsbau ([cmeine BcKichnunK tdr alle Tilzenlärmiscn
Hötier, die zur fühniag der Segd und d« Takelvcrki dienen. (Orimni.)
1
CHiristian Adol;^ v. Anackers Beschrdbuitgseiner Retsevon Lissabon. 315
i
IC^pitain. Jeder nach seiner Religion machte sein andacht, und
l>«fohlen uns dem barmherzigen Gott. Das Krachen, wie der
^las( zu trümmer gienge, und der stoß, so das Schiff darbey
bekamme, machte uns so zusammenrumpeln, daß wiir geglaubet,
das schiff gehe Voneinander und gehe zu gnindt. ßey anfang
dieses sturms hatte der Capitain die Matrosen mit aller guthe
zum arbeithen und auf die Mast zu steigen beorderet; allein es
'wolte keiner recht anbeißen. Endlich fienge er auf Engl: an,
Himmel, Erde, Engel, Deuffel und alle Elemente zusammen zu
nehmen und so zu schelten, daH es ein graus anzuhören wäre.
Allein es gäbe aus: die Matrosen stiegen hinauf wie die Kazen,
und in einer geschwind Igkeit [waren] alle Segel eingebunden.
Zu allem glückh wäre auf der Misan-Mast noch kein Matros;
sonst hätte er in das schiff fallen und arm und bein brechen
oder ins meer fallen und ersauffen müßen. Als die segel und
|tüs] steuerRuder einmaht eingebunden wäre, und der wind sich
nicht so aufhalten kunte, wäre das gröste vorbey, wiewohl wiir
Ridit hintern kunten, daß mit uns die wellen wie mit einem
Balle gespiehlet. Das Meer wäre schwarz, und mit einem worth:
wir lehmeten betten ! Die wind legten sichj haben aber eben
ober unser ein enlsezliches Donnerwetter zusammengetrieben,
daß wiir alle augenbÜckh geforchtet, der Donner schlage im
Khiff ein, oder der Blitz zünde einen strickh an, weil alles auf
dem schiff in Bech getuncket ist, wie es dann Vor unsem äugen
i^rs in das Meer eingeschlagen. Da es gar nicht aufhören
*olie, sagte der P: Carmeliter zu mir, Ich solte zu Ehren unser
lieben h'rauen von H; Scapulir') was betten. Er thate es eben,
dinn wiir 2 allein catholisch waren. Er luße an einem Band
•J« hl. Scapulir ins meer, und gar bald hat der stürm, das
Wütten des Meers und häufige PlatzRegen aufgeliöret, so daß
billige einander angeschauet, andere aber und auch der Capitain,
so rcformirter Religion wäre, glaubten, es seye eine Hexerei.
Wiir sagten, es seye, was es wolle, kein Hexerei seye es nicht
Der Capitain sagte spöttisch: «Ich habe gar wohl gesehen, daß
sie das heih Scapulier ins meer hinunter gelaßen !" Wiir mercketen
I) Dn bnonc (oder schwarze] Scapulier der Brudcndiaft U. L. Fr« vom Berge
CviMl (Omeliter-Scapuli»). Vgl. du Kiretienlexlkon von Wetzer u. Weite.
314
Th. Renaud.
es, und damit nicht gar ein Religionsdisput herausgekommen,
sagten wiir: >Wiir wollen von diesem nicht reden, sondern jed-
weder Gott dancken, daß er uns erhalten, dann dieser uns alleia
geholffen. Übrigens bleiben wiir die alten guten freyndt!* ^
s^en eben dieses. Wiir hatten sanfften wind, so doch mdir
vor Calmo zu halten wäre, wo unsere Matrosen Zeit hatten,
in Sturm Verlezte slrickh und Segel auszubeßem.
Den I3t^ Morgens um 8 uhr sahen wiir eine Insul, mit
nahmen zwar heilig land,*) in der that aber Deuffelsland, dann
lauter Hexenleulh allda wohnen. Sic seynd Pilots, so die schiffe
in die Elbe führen und, so man ihnen nicht gtebt, was sie b^
gehren, so offt in mehr dann 100 fl. bestehet, da machen sie
gleich Donnerwetter oder machen sonst einen schaden im schiS.
Wiir haben doch keinen genommen, weil wir den alten Voo
Dael noch hatten, fuhren aber weith um, damit sie uns nicht so
gleich absorbirten, sind auch glückl: ihnen entgangen. Nachraittig
kamen wiir in die Elbe um 3 uhr. Wir abandonnirten den
loths von Dael und nahmen einen neuen, welches letztere ein
Muß ist. Wir anckerten vor Cogshagen.-)
Den 1 4tCT Aug: hoben wir vor Cogshagen den ancker und
fuhren zwischen schönen gebäuden, Waldungen und Feldern «d
der Elbe forth, aber ganz langsam wegen der Sandbänckh, wfc
dann ein Malrose außer dem Borth immer das bley geworffCB
und geschrien, wie tief das waßer scye. Dieses bley, einen Kegd
gleich, hat unten eine cavität, in welcher fette oder Inschlit isi,
an welche sich die steinerl oder Sand des grunds anhencktt,
und man siehet, was vor grundt seye; am strickh aber ist jede
Klaffler mit einem Knopf gemercket. Heuthe abends blieben wiir
liegen zu Stade, wo die Engl: Maulh ist Der steuerMann fuhfc
an das bnd, um das schiff franco zu machen. Er schickte di^
Bott aber wieder zurück und luße sagen, daß das schiff schOO
franco seye gemacht, er aber am Land weiters nach Hamburg
gehe. Hier lieget auch Statt einer Vestung ein Kricgs-schlff Vor
Ancker; zu diesem schickten wiir um die Erlaubnus, den ancker
zu heben. Es wurde erlaubet, und wiir fuhren bis Vor tief-
Mühlen,") wo wiir vor ancker übernachtet
i> Hcl|oliRd. 1} Cnxhifcn. *) Nram&hlen.
M
Den 15|£5 Aug: hoben wir Morgens um 7 uhr den ancker.
Wiir hatten langsamen, doch favorablen wind ; wür warffen die
bothen aus urd ladeten die slückhe. Endl: kamen wiir um 8 uhr
Vor Hamburg an. Wiir warffen den Ancker und löseten die
stuckh und, gleichwie allezeit das schiff Vor Ancker sich wieder
die Fluth wenden muß, so hatte ich noch zu guter lezl bey
Wendung des schiffes das sleuerRuder regieret. Wiir stiegen Von
Borth in die Both und fuhren an das land in des Capitains
behausung, wo seine Frau uns einen Thec gäbe. Wiir schicketen
unterdessen den Von dem Hamburg: Consul M^ Stöckeier
an seinen Schwager H" Rani in bekommenen avis-Brief an den
lezteren, so uns gleich durch seinen Bedienten abhohlen luße
und uns mit besonderer arth aufgenommen, sich auch ausgebetten,
bei ihme zu wohnen, so wiir auch gethan. Diesen Nachmittag
gienge ich zu H: v. Klevecker, so Syndicus zu Hamburg und
guter Bekannter meines Seel; Vatters wäre, mit den von meiner
Frau Mutter mitbekommenen Brief. Wiir kunten nicht gleich
vorkommen, dann er Frembde leuthe bey Sich Hatte, ich mich
i auch nur als einen Frembden anmelden laßen. Nachdeme es
aber zu lange gedauret, schickte ich den Brief hinein, luße meinen
Nahmen melden und sagen, daß ich ein anders mahl komnien
werde, wann selber mehr Zeit Haben solle. So bald er meinen
lähmen gehöret, stunde er alsobald vom Tisch, wo er noch mit
seinen gasten geseflen, auf, gienge mir entgegen und empfinge
wich mit besonderer distinction, daß er dieses nicht gehoffel,
mich zu Hamburg zu sehen ; machte auch viel expressionen derer
Ehren, so er Von meinen Vattcr Seel: in Wienn empfangen
hätte. Er prcscntirlc uns ein glafi Burgunder und anderes
Confed, lüde uns auf den 19. auf Mittag ein, offerierte mir
seine Freyndtschaft und luße uns endl: mit einen Wagen nach
Hauß bedienen. -
Den I6t^ giengen wiir Vormittag, die Stadt und Wercker
«lerselben zu sehen. Nach lisch Ihate mir H: v. KIcvecker die
Ehre und besuchte mich in meinem logement bei M^ Ramin.
tr offerirte sich, mich in ein und andern garten zu führen, und
ßWchwie ich dieses offertum mit Verbunde[n|sten danckh acceptirle,
^ stiegen wiir in seinen Wagen, und wiir sahen unterschiedl:
Th. Renaud.
I
gärten, welche mit den schönsten alleen, statuen, parterre,') Wasster-
Künsten und Cascaden gezieret, so daß des Menschen Aug niczHt
nur erquicket, sondern auch über der Menschen Kunst la »i*^
Fleiß in Verwunderung gesetzet wurde. Als es abend wur<J^
fuhren wiir zuruckh, und er sezte mich, nachdem ich mich ^^ot
die erwiesenen Ehren bedancket, in meinem Quartier ab. —
Den l7tM Aug: giengen wiir auf den ganzen tag zu cS ^"^
H; Ackefj einen Kauffmann in seinen garten, wohin wiir c^^^H
H: Ramin eingeladet worden, und sehr lustig bey einer starct^»*
Compagnie waren.
Den 18^ dito Frühe verrichteten wiir unser andacht b^ -^^
den R. P: Jesuiten zu AI ton au. Es seyndt ihrer 5, a '^''
P: Peter, P: Helfer, so oberer ist dazumahl gewesen, P: Limbei "^^
P: Lenzen und P: Roilen. Diese, um vor den Lutherane *^
sicher zu seyn, haben die Protection des hiesig Kays: Residenter^^"'
H: V. Kurzrockh. Sie gehen auch alle weldtHch. Nachmitt^^^^
seynd wiir mit H: Ramtn in gärten gefahren, wo wÜr, w — ^Ih
neulich, viele raritäten gesehen. ^|
Den 19^^ schickte H: von Klevecker seinen Wagei
um bey ihm zu speysen, so auch geschehen. Es speysete au(
allda Ein gewißer H: v. Anckermann, so gesagt, daß
meinen seel: Vatter wohl gekennet habe. Nach Tisch führte ui
M' Klevecker in eines seiniger Bekannten Hauß, um eine luthc
rische Leiche eines reichen Kauffmanns zu sehen. In dieser*""*^
Haus waren die Zimmer kostbar meubliret, alles von gold, so
gar die Sesseln mit goldsluckh überzohen und reich geslicket^"
Man offerirte uns hier Früchlen und wein. Endl: fuhren wiir*-
noch einmahl zu M*^ Klevecker, wo wiir bis abend geblieben^
allwo wiir uns vor die Ehren bedancket und in seinem Wagen:
nach Haus gefahren. Er wäre sehr Curios, zu wißen, wer der'
P; loannes, so immer weldÜ: gegangen, doch seye; allein, wie-
wohl er die dißcours hin und her gerichtet, kunte [er] doch nicht
darauf kommen, wiewohl er es bey sich mag gemerckt haben.
Den 20tm fuhren wir auf der Alster in einem lust-Sdiiff
spazieren. Dieses waßer oder Fluß ist sehr angenehm, wo be-
1} Oartenbole.
ständig leuthe einander begegnen mit Music und andern lustigen
^Ilompagnien. H: Ramin sagte uns, daß Viete heyrathcn diesem
^^vaßer zu danken, weilen, wann sonst keine gelegenheit Vorhanden,
X>ekannt zu werden, so werden sie auf diesen waßer bekannt, und
^ehet es zu in spazierenfahre n^ wie zu Venedig. Man nehmet
^uch Eßwaaren und Wein zum Jausen') ins schiff und bisweilen
^uch Karten zum spielen. Heuthe haben wiir mit dem Magde-
Kjurger bothen bis Leipzig contrahiret, welcher von uns be-
BKOmmet 27 fl. ohne Kost. Er wird den 23»- dieses erst weggehen,
cuthe haben wiir unser Portugesisches geld auswechselen laßen
jnd den I2|en f]. fahren lassen müßen.
Den 21ten Aug: seynd wiir mit H: v. Klevecker um die
5tadt und auf den wällen spazieren gefahren, welche efncm garten
bleichen, indeme bäum und andere in denen gärten sich befind-
ichc gewächs allda stehen. Wo wiir gefahren, präsentirte dem
V. Klevecker (weil er Syndicus wäre) die schildtwacht nebst
er ganzen Wacht das gewehr.
Den 22[eii dito hatten wiir in der Frühe unser Bagage
icder eingebacket. Wiir giengen sodann, uns bcy H: v. Klevecker
beurlauben. Er wolle mich nicht fortlaßen, und solle ich zum
eztenmahl bey ihme speysen. Weil ich aber bey den R. P:
esuiten schon eingeladen wäre, so bedanckte mich so wohl vor
icsc als viele andern empfangenen Ehren. Er luße mich mit
inem wagen dahin bedienen, und nachdeme wiir uns bey
iesen PP: auch beurlaubet, giengen wür bey zeilen nach Hauß,
m morgigen tags desto ehender uns reisefertig zu machen. Ich
hricbe noch ein mahl an meine Fr: Mutter, in fall der erste
rief, so ich bey der ankunfft in Hamburg geschrieben, in Lißabon
■atcht angekommen wäre, worinnen ihr geschrieben, daß durch
»öttl: Onadt das Meer glückl: paßiret. Abends thate H: Ramirt
mm noch die lezte Ehre an mit einem tradament. Wiir hatten
Jim, uns zu sagen, was wiir Vor die gemachte Jncommoditätea
huldig; allein er wolte hierVon nichts wißen, und mus ich
^Tty bekennen, daß ich in Hamburg mehr Ehren, als ich gehoffet,,
empfangen und diese Von Icuthcn, denen ich ein Ehr entgegen
>) Jjasen {Sttor.] = dM Nachmiltaciimbii nehncn, vcipem, ftUf dem SlavlKhoi;.
■^»eniKh : lushiiu inilU£«Mcn (Lex«).
^
zu weisen vielleicht niemahls gelegenheit haben werde, welche mir
doch wünschete. Unsere Bagage gicnge heuthe schon auf der
Elbe fort bis Winsen,') allwo die wägen stehen, weilen kein
Fuhrmann auf den Land nach Hamburg völlig fahret, um die
übergroße iMauthen zu crspahren.
X Den 23ten Aug: giengen wiir in aller Frühe, uns bey
H: Ramin noch ein mahl zu bedancken, welcher uns noch ein
Frühestuckb gäbe und mit uns an die Elbe führe, um uns allda
sehen auf den waßer forthfahren. Wiir musten aber bis 12 uhr
auf die Fluth warten, allwo wiir auf einem schiff, so in Hamburg
ein Milg-Eger-) heißet, abfuhren. Wiir hatten Calmo und
i. kamen erst um 6 uhr abends zu Winsen an.
Den 24^ muslen wir den ganzen tag warten auf die
Bagage, so erst uni 12 uhr anlangte, allwo sie erst nachmittag
hat aufgebacket werden müBen ; dann unser Fuhrmann 3 Gülher-
wägen hatte. Wiir fragten um unsern wagen, so ^^iese er uns
einen solchen gütherwagen! Als wiir ihn verwiesen, daß dieses
der Contract nicht wäre, so sagte er, er habe keinen andern!
So musten wiir uns bequemen^ fuhren also um 6 uhr forth
I. abends und in Ludorff*) bey einem guten Würthshauß abstiegen.
Den 25t£n dito stiegen wiir mit den Tag in die wägen
rg. und kamen bei üblen weeg nach Lüneburg, so ein schöne,
mit einem festen Schloß Versehene Stadt ist; auch ein gutes
wörthshaus fanden [wir dort]. Nachmittag hatten wiir schöne
td. Zeit und weeg und übernachteten zu Minebillel.*}
Den 26t£n dito sezten wür unser Reise forth bey Heitern
Tag und mittagmahlten zu Ilsen.') Nachmittag hatten wiir sehr
sandigen weeg und Vielen Regen; kamen doch endl: abends zu
I Wiern*) in einem paßablen Würthshauß an.
Den 27|^ hatten wiir Vormittag Vielen Sandt, aber einen
g. schönen Tag; mittags Kamen wiir in den neuen Krug. Nach-
mittag fuhren wiir in beständigen Sandt [und] übernachteten in
I. einem elenden Würthshauß zu Tibern.")
Den 28tcn dito hatten wiir so wohl guten Weeg als einen
') WinKH. Htij.-Bt);, Läncburg.
*} Milchn-cr (Ev«t, kidne ZmmiKcr für Kflrten- und PlufiKhi (fahrt).
dorf. *} Blerenbattel. >) UH2«ii. «] Witrni.
1) Dcf Ort iil »cliwer zu bnüinnien.
>)Ufa-
schönen Tag. Mittags langten [wir] an zu Enforn') und Enfora.
abends, nachdem wÜr sehr grundlose weege hatten paßirel, zu
Colpes,') allwo wür ein wohl eingerichtetes Würthshauß fanden Coipet.
und wohl lebten. ■!
Den 29lCT dito hatten wür Z\^'ar einen schönen Tag, wurden
aber sehr gebeitelL Mittags stiegen wür in den burgerl: Krug Burscri: Kmg.
ab. Nach Tisch hatten wür einen berg von 2Vt Meilen zu be-
steigen, welchen wür sehr Langsam mit Vorspann paßiret Abends ^||
waren wür in Sa m seh wein*), einem Zwar schlechten, doch siniidiwA.'
aber mit einem raisonnablen würthshauß Versehenen Dorff.
Den 30|gn dito stiegen wür sehr frühe in die wägen^ damit ^|
wür auf Mittag nach Magdeburg kamen, so auch geschehen. Migdebörf.
Allhier verbüeben wür auch Nachts, dann der Both hier zu thun
und an wägen was zu repariren hatte. Wür sahen immer die
Preyß: Soldaten mit Krügen gehen, welche entweder aus dem
unsem würthshauß gegenüber gewesenen Keller Bier oder Butter-
Milch gehohlet Die Stadt ist wohl fortificiret, hat einen 3 fachen
graben mit flüssenden Waßer und allenthalben guthe Mauern.
Nachmittag kamen wür in dasige Thoni-Kirchcn des heil: Norberti,
so Vorhero denen Cath: zugehöret, aber ihnen von denen luth:
weggenommen worden. Es waren noch Kelch und alle Meß-
gewandter Vorhandlen in der Sacristey, so sie aufheben und
denen Frembden zeigen. Sie wurden uns auch gewiesen, wür
aber sahen sie mit wehmüth: Herzen an. In dieser Kirch ist
auch ein artige Kanzel, so eine große thür formiret, und auf
einen stoß, den man gegen die Kirchen [!) Von inwendig thut,
fallet die Canzel herauß: die thür ist sodann das loch, wo der
Prediger auf die Canzel steiget.
Den 31^ Aug: fuhren wür bei schöner Morgen-Röthe
aus Magdeburg und hatten bis Salsen') schönen weeg, wo suko.
wür das Mtttagmahl eingenommen. Nach Tisch wäre eben der
Tag favorable, der Weeg steinig bis nach 0 e r v i z, *) wo omix.
wür geschlaffen.
Den l|«n Scptembris fuhren wür bey trüben weiter und
paflablen weeg bis Byscke/) wo wür paßable gelebet. Nach Byine.
>) Der Ort lit ichver lu bestimmen. *) Sanuvegcn. *) OroBuIw. '
•) OrnriU (OobiU} in Anhxtl.
*) Päslgk? (prtnB. £nkUvc in Anhiüt).
320 Th. Renand-
Tisch continuirten wiir unser March-route und übernachtete»! in
der teutschen Blum,') wo wiir guth bewürthet worden.
Den 2ten jbns hatten wiir sehr Vielen Sandt, daß die
Pferdte zu thun hatten, die Wägen heraus zu bringen. Mitlap
«Ml spciöetcn wiir zu Crivon,*) abends aber arrivirten wiia' i"
ffii- Leipzig, wo wiir auch den
5tcn dito geblieben. Wiir zahlten hier unsem 1andkut&<=htr
aus und Contrahirten mit einem neuen um 18 fl. bis Cac^a"
in Böhmen. Dieses war ein saubere ganz gedeckte chaise ™''
3 pferdten, und wäre dieses ein eigen vor uns aufgenomir» *<* ^
gelegenheiL Wür wurden hier visitiret. besahen den Mar"***« ' ^
Rathhauß, einige Kirchen, die Vestungs-wercker und einige IC^"*'
mannsladen, wo wiir ein und anders gekaufet. Der P: Carmel ■ *^'^'
so mit mir gereisef, giengc immer weidlich. Bey unsem O^^^'
Patron erfuhren wiir, daß wiir bey unsem ab^ren uns^*^
nahmen und condition melden müßen. Wiir sagten, man s^*^*
es wohl im Paß, wer wür seyen; der Gast-würth aber sa^^
ganz frey zu den P: Canneliter: »Es brauchet nicht Viel; ^*
sagen nur, sie seyen ein P: Carmeliter, so in seine Provi 'T
reiset!" Wiir stuzten über diese Rede und kunten uns ni^^
einbilden, wie er es erfahren, außer etwa Von den landtkutscher,
es Vielleicht in Hamburg von den Capitain erfahren haben mi
Den 4ten 7 bris fuhren wir mit den neuen landtkutsch
iHü. aus Leipzig und Miltagmahleten zu Cetlitz,*) wo wiir gen
vor uns fanden. Nach tisch fuhren wiir bey variabi
luig. wetter bis Phulg. *) ^
Den S|£n 7bris continuirten wiir mit den Tag unsem weeg^^^
weichen der Kutscher aber nicht wohl gcwust Mittags speißete^ ^
miti. wiir zu Kemnitz.*) Nach tische weil der wörth gesaget, da^^"^!!
unsere axen zu breith wären, wolten wiir mit einem and
Kutscher contrahiren und unsem alten ein aequivalent geben^
welcher eben zufrieden gewesen wäre, weil er seinen wagen
nicht miniren laßen wolte und bekennen muste, daß derselbe [!1
den weeg nicht wüste. Allein die hiesigen Kutscher begehrten
so Viel, daß es nicht zu sagen! Ja^ da sie nichts nachlaßen
1
I
■) Wo gelten?
^ GreppiR (RMUcb von Bitterfcld)? i) Zedtilu. •) Pcniff? s) ChcnniU.
1
[ChrisHan Adolph v. Anackers Beschreibung seiner Reise von Lissabon. 32 1
wollen, resotvirten wür uns, unsern alten ihnen zum Tniz zu
behalten. Da wür in unsern wagen gestiegen, sagte einer von
'.denen frembden Kutschern: «Fahre nur forth; Du solst nicht
weith kommen!" Und in der thal, er hat es entweder gehcxct
oder Vorgesaget, indeme wür bis 8 uhr nachts in lauter wälder
gefahren, auch nicht ein mahl einen Weeg hatten, sondern in
lauter Oraß über Hügel und graben und Stauden gefahren!
Wiir erzümeten uns über den Kutscher, daß er ein fuhr nehme,
wo er den weeg nicht wiße; er aber bathe um Vergebung.
End!: kamen wiir aus den wald zu einem elenden BauemHauß,
wo wiir einen Mann aufnahmen zum wegweisen. Dieser alte
sezte sich hinten auf die Bagage und schliefe! Der Kutscher
fragte ihn et): mahl, ob er recht fahre, so antworthcte dieser im
schlaff: Ja! Wiir kamen endl: zu einem See. Als der Kutscher
dieses sähe, hielte er und gäbe den alten etl: ermahnungen mit
der Peitschen, allwo er erwachet und auf unsern befehl voraus-
^hen muste. Er ginge aber so weith von wagen, daß man ihn
^ar nicht sähe, und wÜr fuhren über graben, berg, thal und
.acker immer in keiner Glaß ! *) Wür stiegen also selbst aus
und giengen mit dem alten, damit wiir ihn in äugen hatten.
^jir sahen Von weilhen ein liecht; so sagten wiir: »Da ist ein
orth; dort wollen wiir bleiben, es seye, wie ihm wolle!" Wiir
.^engen alle mit dem alten und fanden einen weeg; kamen zu
^nem thal, wo wiir hinunter musten. Die Räder wurden ge-
■^perret; allein der berg wäre so gäh, daß die Pferdt von wagen
:xiied ergestoßen wurden und der Kutscher Von wageo zu den
Ä'ferdten floh! Als wür in Thal [waren], wurde der Kutscher
:^omig über die Pferde und sprengete mit ihnen, was er kunte,
Mdis an einen hohen berg. Wür sahen zwar Tritt Von Vieh und
^euihen, aber keine Wagengeleiß! Auf diesem berg waren über-
.'erg bäum geleget wie staffeln. Wür erschracken darüber,
Igten aber: »Wiir müßen hinauf!", weil an diesem berg oben
das ortfa wäre, so wür sahen^ und es schon 10 uhr in der Nacht
^^^arc! Der alte wüste auch keinen weeg! So muste er auf das
N/orderc Pferdl aufsitzen, damit er und der Kutscher sie zugleich
>) la keinein Olris (= Wagtniirar}; tiernjcüi t:it alkrdlngi .keine Vigengeleta*
AnhiT rfir Koltiirgwchichte. VI,
anstrengefe; wiir aber giengen immer. Des allen Pferdl aber
zohe so, daß es bcede sträng abrcißctc und der alte den ganzen
berg hinaufgerilten, wobey er geschrien; »Es gehet )a ganz leicht!-
Der Kutscher schrie: -Halt", der alte aber wieder: .Ich kann nicht
halten; denn es gehet schon!" — worüber wiir bey unscrm
Verdruß lachen musten. Der alte machte das Pferdt wieder an
wagen; aber es wolte nicht ziehen. Bis halben berg ging es
endlich; aber der wagen wurde rücltwerths lauffcndt und schleppte
alle Pferdt bis in thal mit sich ! Endl: wäre kein mittel, wiir
giengen selbst den berg hinauf in das orlh und höhlten Icuthe,
um uns zu helffen. Sie kamen bey 20 mit llechtcm und halffen
den wagen hinauf, wo wiir gleich ins würthshauß gefahren um
1 1 uhr Nachts. Wiir haben diesen leuthen allen guthes Trinck-
geldf gegeben. Sie verwunderten sich sehr, daß wiir da in das
' orth gekommen, indeme sie sagten, daß bey menschens gedencken
da niemand gerilter, Viel weniger gefahren, weil dieses der Kühe-
Wceg seye! Wiir kündigten unsern Kutscher an, daß wiir
morgen bis Cadan*) ein ander gelegenheit nehmen werden und
selbe ihn abziehen werden. Weil er uns aber um Verzeihung
gebctten und seine Pferdt vorgeschutzet, als welche auch wie
abgestochene Böckh mit Verkehrten äugen und völlig geschundten
im stall lagen, auch Viel riemenwerck zerriRen worden, so gaben
wiir ihn den Völlig conlrahirten lohn, sagten ihm aber, künfflig
kein Fuhr anzunehmen, ohne den weeg zu wißen. Wir schliefen
schobau. an diesem Orth, so Schobau') gehießen. ■Ü^H
Den 6^ nahmen wiir des Würth seinen wagen iS^^
2 Stareken schimmeln, und an unsem wagen nahmen wir Vor-
spann, weil wiir einen berg zu paßiren hatten. Mittags speißetcn
Rofanitz. wir zu Robnitz.") Nach tisch fuhren wiir bis Marinberg.^)
so das lezte Orth in Sachsen wäre. Wiir zeigten unsem Paß
und trancken das lezte mahl ein Bier in Sachsen. Wiir fuhren
über die brücken, so waren wiir schon in Bö heim und in
Cath: flrthcm, wo uns die leuthe schon mit: Gelobt sey
Jesus Christus begrüßet, welches uns recht erfreuet Nachts^
bMiubcrs. blieben wir zu Sebastianberg.*) ^m
Den 7tcn visllirte uns die Mauth sehr scharff, wolte so gar
') Kudtn. *) Zscbopau. *) Zöbliu ? *) Marienben: *) Stbistfanfbcrs.
di^ König): Praesenten eröffnen! Endl: gaben sie uns ein Baletl
l>is Prag mit, daß es urvisitiret seye. Wiir fuhren sodann bis
dladan,*) wo der P: Carmeütcr gebohren wäre. Wiir fuhren Ctd«
in das P: Minor! tenCloster, wo der P: loannes einen Brüdern
hatte, so aber nicht zu Hauß wäre. Hier blieben wür bis den
1 5tm. Wiir wohnten in MinoritenKCoster, und der dasige
F*: Guardian erwiese uns alle Ehren, wie auch H: Otto, ein
Vetter von P: loannes. Wiir fuhren auf das CarmeliterOuth
I—ibetitz,') wo wiir ein paar mahl allzeit 2 tag geblieben und
der P; Provinzial von denen Carmelilem wäre, so den P: loannes
t>efohlen, nach Wienner: Neustadt als SubPrior zu reisen.
Ich führe mit dem P: Provindal derer Carmelitern einmahl mit
& Pferdten; denn dieses eine große herrschaft ist, welche nebst
>^och einer dem miraculosen JesuKindl, das die Carmeliter in
^^^rag haben, Von einer Gräfin in Testament Verschaffet worden,
'-»nd sie allso jenes halten: qm' servit altari, vivat ex altari. Diese
^^«Tschaft hat ein schönes schloß, Viele unlerlhanen und ein
*~^arTer mit Caplan, wo die Carmeliter das Jus praesenlandi haben.
*^^^r Pfarrer ist ein Petriner,*) Dieser hat uns auch ein mahl
"actiret, wie dann auch der Infulirte*) Decanus Von Cadan, der
I seiner PfarrKirchen ein unverwesenes Kind hat, das ein Jud
"mordet hatte. Als wiir uns hier wieder Von allen, so uns
Iren erwiesen, beurlaubet, nahmen wiir Von der gedachten
fcrrschaft Libetitz Von denen unterthanen ein Caleß *) mit
^ Pferdten vor uns und einen Bagage-wagen mit andern
^ Pferdten. Althier hatte auch der P: Carmeliter seine weldl:
*^leyder ausgezogen und sein geisti: ordensKleydt wieder angeleget.
Den I5j£n 7bris fuhren wiir erstbedachter maßen aus
^^adan, speißeten in den schloß Libetitz und continuirten unser Ubeu
^eiß bis Petiz,*) wo wir geschlaffen. pnt;
Den 1 6_ten fuhren wiir bey schönem wetter bis Hoblenz,') Hobit
'^o wiir gespeißet. Wür hätten zwar nach Prag auf Mittag
kommen können; weil aber die Carmeliter schon würden ab-
ßespciflet haben, so blieben wiir zu Hoblenz und kamen um
■) Vgl. S. m, A. 1 . 1 LibodU {Llb«dice}.
i Prtnji Fourleri Sliflcr dn- CciigrrsallDn U. L. fr. und Rclonnitor der repilieilen
Ckofherroi, t UMO, SeUz artptodim 1730. (Wdicr und Welle.)
•) Infvl: BJKhoftniGizc; infulirl: In biKhÖfllchnn Ruifc. *) K>l«Khc. *> Pe-
*"titi} 7) Hobichowiu?
2\*
tng, 3 ubr in Prsg an. Wiewohl die Maulb in Prag sehr scharff,
so fuhren wiir doch vorbey, und da der Bagagewagen an-
gehalten wurde, so zeigten wiir den Paß; so führe er auch frey
fortb. Wiir wohnten bey denen Carmelltem und besahen, was
merclcwürdig, verrichteten unser andacht bey dem JesuKindl (so
eben kurz vorhero bestohlen worden, aber alles wieder bekommen
hat), dann auch bey den hl: grab des beil: loannis Nepomuceni,
aUwo uns alle heil: Reliquien, heil: leiber und die heil: Zung zu
küßen gegeben worden, welche ich auch eine Zeit mit meinen
unwürdigen äugen betrachten dörffte. Wiir machten auch ein
KirchCahrt nach Alt-Bunzlau zu dem alldasigcn gnadenBild
und besahen übrigens alles, was in Prag sehenswürdig wäre, den
Ratschin, einige Kirchen und bey denen Carm eliterinnen die schon
70 Jahre todte, doch ohnverwesene Stiffterin Mariam Eiectam in
einem Seßel sitzender. Diese Klosterfrauen gaben mir sehr Viel
geisti: geschancknüße. Sie sahen mich, aber ich sie nicht, weilen
doppelte enge gatter waren, und der orth, wo sie waren, ganz
dunckel wäre. Wiir nahmen von Prag bis Wienn ein cugene
gelcgcnheit mit 3 Pferdten ä 13 Thahler.
I>en 22^ 7hris reiseten wiir von Prag nachmittag ua<%~
opiiB kamen bei guten wetter zu Opaln*) an.
(Am Rand:J Den 23^ Mittags zu Colin,«) nachts z^^^
Jencos") bey guten weeg.
Den 24^ fuhren wiir bey bald üblen, bald beßem weej^'^
i3chbrodt bis Teutschbrodt, wo wiir gcspeißeL Nachts kamen wiir be^^^V
isUa. elenden weeg sehr Späth zu [glau an. Die thöre waren schov: ^^
zu, wurden aber auf unser Klopfen eröffnet. Hier ist die ganzi
Stadt voll Tuchmacher, welche weith und breith verschicket werden
Wetu. Den 25ten fuhren wür bey guten wetter bis Geleta u,*^"^*"^'
wo wiir Mittags wohl gelebeL Nachts arrivirten wiir bey übleif*^*'*
uidunii. weeg zu Lauschantl,') wo wiir paliable lebten.
Den 261^ 7hris sezten wiir unser [Reise] bey schon kühlen*"*""
morgen in unsem wagen forth und kamen auf Mittag nach*"*^
^ym. Znaym, wo ein schloß und jesuilerCollegium ist, auch in einer
angenehmen Weingegend und anhöhe lieget Abends blieben wiir
■ I
>> Aawtl. ^ Noikolln. ■} JcnUun (JenlcoT). <> Schdlctu. 1 Cli««]biiu.'
zu Born,*) einem zwar schlechten Dorff, aber wo wiir ein Bom.
gutes würthshauß fanden.
Den 27^ 7bris haUen wir des morgens nebel, nach deme
einen schönen tag, speißeten zu Stockerau und blieben nachts stockenu
zu LangenEnzerstorff, ') wo wiir überall gulh lebten; lußenLuiKEroentoi
auch uns nichts abgehen, weil die reiße zu ende gienge.
Den 28j£n fuhren wiJr nach genommenen Friihstuckh nach
Wienn. Auf den Tabor bekamen wiir ein zettel auf die Haupt- wienn.
Mauth. Der P: loannes aber, als wiir in der Leopoldtstadt beym
Carmeliter-Closter vorbeyfuhren, Inße halten und luße sein Bagage,
wo er ein und anderes Mauthbares hatte, ins Goster tragen.
Wiir fuhren in die Mauth, wurden visitiret, allwo ich den lezten
Verdruß hatte. Dann die Maultner mir die Königl: Praesenter,
welche ich nicht eröffnen noch visitiren laJkn wolle, nicht ex-
tradirtcR, sondern sagten: »so es nach hoff gehöret, wird es schon
abgehohlet werden." Ich muste mich befriedigen und führe zu
meinen brüdern, welche ich, Oott lob, alle gesundS angetroffen.
Womit also meine Reise geendet und davor den gütigen Gott
schuldigsten Dankh sage.
i> HolUbninn ?
*) Ung-Cni^»doif (vgl. Hinrrite ».a. O- S. 3S).
über Philipp von Stosch, den Begründer der großen
OVBDincnsammlung, die den Grundstein des Berliner Gemmen-
labilKtts bildet, hat C Justi wertvolle Beiträge sowohl in seinem
Aufsatz in der Zeitschr. f. bild. Kunst, 1872, S. 293-333, als
in seiner Sonderschrift: Antiquarische Briefe des Barons Philipp
von Stosch, Marburg 1871, gegeben. Es heißt dort S 4:
■ Eine Sammlung seiner Briefe würde ein deutliches Bild geben
von der Stellung, die unser Landsmann über ein Menschenalter
Ung in der italienischen Gelehrtenrepubtik einnahm, einer Stellung,
wie sie kaum wieder ein Deutscher nach ihm dort erlangt hat
Die&c Briefe sind aber äußerst selten, und die folgenden achtzehn
äind. vorläufig die einzigen, die es mir gelungen ist, in zahl-
leichen öffentlichen und privaten Bibliotheken meist Italiens auf-
lüdihien; es sind, soviel ich weiß, die ersten, welche von ihm
puhUzicrt werden." Dieser Anregung folgend, habe ich eine
K<.;he von Briefen, die Ph. v. Stosch an Matt Egizio in Neajjel
^^-icht^t hat und die in der dortigen Biblioteca Nazionale unter
J«i Summer XIII C 93 aufbewahrt werden (ich verdanke ihre
einer freundlichen Hinweisung von C. Justi), abgeschrieben
•iie jetzt im folgenden mit, in der Überzeugung, daß
■ okfentlichung für die AUeriumswissenschaft von erheb-
< >itcil ist') Der Kürze halber lasse ich die sich ständig
v:.^yv!vseÄUe Überschrift und den gleichlautenden Schluß fort
I
?Ä\'
■^•t \it\i noch Hnlsr stuIctt Briefe von Stosch bd Fr. Ldtscboh. Die
.1 MRik-Tutchcf. Lcipii]{. ieS6. und tintr In den Onterr. Jihretheftca,
^ >-«i^ VtM >■ Schneidet vctäftcnilichl worden.
Briefe von Philipp \*on Stosch an Matt Egizio in Neapel. 327
Pehter gegen die Regeln der französischen oder italienischen
Sprache habe ich nicht verbessert, nur in einigen Fällen in
F*arenthese die richtige Lesart zugesetzt, um Mißverständnisse zu
vermeiden. — Der Empfänger der Briefe, Matteo Egizio, war
*ni 23. Januar t674 in Neapel geboren. Nachdem er auf dem
Gebiete der Medizin und Jura reiche Kenntnisse erworben hatte,
wurde er zum Vertreter der Principi Borghese und später zum
Sekretär der Stadt Neapel ernannt. Wegen seiner bedeutenden
antiquarischen Kenntnisse beauftragte ihn Kaiser Kari VI., die
Wiener Bronzetafel mit dem Senatus consuUum de BacchanaSibus
herauszugeben (SenatusconsuUi de Bacchanatibus, sive aeneae
vetustae tabulae Musaei Caesarei Vindobonensis explicatio. Neap.
1*?29, fol.). 1735 wurde er als Oesandtschaftssekretär nach Paris
geschickt, wo er auch beim König Ludwig XV. großen Beifall
fand. Nach seiner Rückkehr von dort, 1745, wurde er in Neapel
zum Bibliothekar ernannt und erhielt den Grafentitel; doch starb
er noch in demselben Jahre, 71 Jahre alt.
(. Rom, 13. Juli 1715.
Si je n'etais pas eniierement convaincu de Votre amitie
envcrs moy, je Vous denianderais milles excuses de mon silence.
Mais je s^ay que Votre affection donc Vous m'aves donn^ de
marques si essentielles n'est pas capable de prendre en mauvaise
part une fautc causee par mon trop grand attachemenl aux
BiblioUiequcs et Antiquitcs de Rome. Sans parier des Modernes,
quj ne laissent pas d'occuper encor quelque partie de la vie d'un
jeunc homme comme mois. J'ay entendu avec le demier de-
plaisir la maladie de Votre compagnon et mon eher amis le
Sig- Marco.') Mais j'espere que le Bon dieu (übergeschrieben
Messer Domencdio) et Saint Bocace') duquel ils s'est si bien
meritc l'auront lire d'affaire, pour le mettre en etat de faire une
nouvelte edition des oevres de Bernia'''J teltement desiree par les
>) Marra Mondo; tkI. S. 334 f. Ml.
*) Natürlich lil Bocncdn, dcrVrrfaucf d« Decamnon«, gemeint, der hier (dierz-
faaflervriie tum RmriK cJtin Heiligen erhoben wird.
») Franc Bcmi, irrb, Erecn Ende dn t! Jahrhnndrrt» in C««fl lamporwchio in
Tofcana. ging, I9 Jahre alt. nach Rom, «d er darcta leinen Vcmndtcn, Card. Bcmardo
DovitJ. feninni fiiblena. Bef&rderurg au dnden hoffie Doch darin uh er »cti geläusdil.
Dascgen find er Unterstüuung bei Papsl Clement VII , untrr dem er Zengc vum Sacco
f 1
s^vants dcbauches et aulres bons cretiens qui aiment a antidper
dans cetle \ie une prisc partie des incffabics plaisirs de l'autre.
Je Vous prie de le conforter de ma pari Le tems ne me layant
pas voulu permettre de Vous tenir toutes mcs promesses, je
commence a en tenir une partie en Vous envoyant une liste des
ouvragcs d'un de Vos Napolitains Philosophes nommi Oiordano
Bruno Nolano, ') autant que j'ay pu voir et observer moi meme
dans les Bibliotheques. Le grand Philosophe st heretique quil a
et^ juge de l'eglise n'a pas laiss^ de servir fort utilement a plu-
sieurs Philosophes Modernes, Qui a cause de la grandc raret^
de ses ecrils et a cause de leur obscurlt^ en plusieurs endroits
ne se sont pas fait grand scrupules, de piller ses pensees et de
tes publier pour les leurs, sans faire aucune justice et mention
de leur Auteur.
Je Vous prie, Monsieur, de faire mes excuses aupres Mon-
sieur Valetta') de ce que je ne lui ai point encor lenu ma pro-
messe. Nos postes en Allemagne sont extremement mal reglees
et je ne s^ais par quelle misfortune je n'ay point encor eu de
reponscs sur aucuune de mes lettres ecriles en differcntcs Aca-
deniies de l'Allemagne. J'espere pourtant qu'a la fin ils arriveront
touts a la fois. Si Votre tems le permet un jour, je Vous con-
jure Monsieur de ir'envoyer copie des Inscriptions Modernes
que Vous aves falls autrefois en differentes occasions, entrc autres
Celle sur la maison de Campagne du Prince d'Elbccuf et sur la
Statue autrefois de feu Philipe 5.*) Votre style Lapidaire peut
4
4
4
dl Rom vordc Spitcr fing er nach Flomtz, vo rr d<p Stelle einet Cuonic» an der
Cathfdrale «liiril. Er starb 1S36, «ic n tcheinl, djirch Oif(, nirliilnn rr wh gfciurrt
halft, im Auftimct d« Duca Alnutidro dm Cardiaal Hippolyl von Mcdid au dem Vcs«
ru ilumen. Er l*t der Schöpfer de* )>ur1esiim Sttli. der nach Ihm Stilo licmnco genunt
vurde. Sdn Hauptwerk Ist der Orlando Enainoralo, ciie Umarbeiliuig njich dem Vetke
des Bolaido; »eine Pücsie burie«cbe sind in AmiCerdam '770 nach£e<dtiicki : lion sind
S. XIV auch andere Aat^abni aufji^Ähll,
>) OIntd. Rntna, gfh. um 1S*£ in Mola; vgl. »eine Lebensbochrcibanc rpo D. Bcnl,
itM. tfi England inr er von iS6J-ts8S; et war ein grofler Verehrer der Königin ElUabeib
und ituuJ nil Phil. Sidney und anderen hervorragenden Männriti in regem Verkehr. Seme
Werke waren (ehr leiten. Und jetxt aber wirdcrholl neu heraus^cgrbni. Bei dner Reite
nach Venedig wurde er von dm Huchern der lnc]uliUioii gefargrn grrnmmen, 1S93 nftch
Rom gebricht und dort aul dem Campo de' Fiori am f7. Fcbruai HM verbrannt.
») Vgl. Zeitschr. f-b.K., 1813, S. J«. Act Brief ) gehl hervor, da« nicht FniK. V..
sondern Nie Xav.V gemeint i»l, der einen reten Brlcfwccfase) mit Oclchnen miietlilclt und
i;i7 itorb. Dero »efceint «Hetding» ru widenprechcn. daß ihn Siowb Im 4. Briefe (ITM)
noch gräSen Ilßi Vgl. auch Brief 9, S. 3-40. Dai wird der aodcrc V. tein.
■) Vgl Egizio, op. voEg. C Ikt. S. 234, 141, US, 3M.
I
servir du modelle a tous ceux qui sc melcnl de faire d'Inscrip-
Cons. Je passe ici asses agreablement nion temps avec mes amis
ft les Votres dans la ferme esperance de retoumer une Autre
m i Naples pour Vous von avant de quitter t'ltalie. Je suis
nkm (1. ä cc lemps) tout seiil, mon amis et compagnon Ic Baron
de Smeltau *) etant parti pour s'en relourner chez sois. Je restc
«ncor icy jusque dans Ihyver. Je serais toujours fort aisc de
recevoir de vos nouvelles et Vos lettres viendront toujours entre
;;JBes mains sous I'adresse del Sig. Julie Cesare Quarrantotti
Binquer a Rome. je Vous prie de m'ecrire en Italien et de
(aire mes compUnienls a tous mes amis de Naples.
2. Rom, 10. Aug. 1715.
Vous n'aves pas besoin d'aucun autre raison a m'induire
a travaitler pour Vous que de nie prier per sanctum nomen
amidtiae. Car sans cela une armee de raisons armfe de tous les
armes de la librarie et armoirie du Vatican me feront remouer
ni bras ni gambcs, tant les terribles chaleurs de la Zona torrida
de Rome m'ont rendu paresseux. je crie souvenl avec un des
soldats de Caton dans le temps que leur Oeneral phllosophe les
allait cmbourber dans lc[s] sables chaudes de Libie:
Accipe poenas / tu quisquis superum mortalia nostra perosus
Hinc torrente plaga, dubiis hinc Syrtibus orbem
Abrumpens, medio posuisti limite sortes')
d avec tout cela il ne devient pas un brain plus frais et il faut
que je lave mes peches dans ce four sanctifie de Rome. Si
j'escfaappe sain et sauf, on ajoutera mon nom a celui de ces trois
saints juifs qui aUait [!| al fresco dans les fournaux de Babel sans
se blcsser seulement un seul poil de leur barbe.
J'espere de n'avoir pas besoin de vos termes de Puzzoli,
on tfste Cicerone Puteolano Caton sanait la veröle quil avait
recu de la fille de l'empereur Neron.*) L'air sanctifie que je
»J Vjl. 2«itschr. t. b. K-, IIJJ. S. 296.
^ Lucan. IX, SS9~S6t. St. zillrrl mit dem Ocdichtnii; ttalt morUlU I. commercta,
«klt sofUs I. noTtct.
■> Der Sinn dlncr Worte IM nidit klar. Wahrtchcinlkti bc2ichen str sich kul efnt
Enttlutg. dt« «intr der Ouid« von futcoli (Cinronc PulraUnu] drm l'hil vnn Slotch
and MJimti rreiinilc Egizio bd dnem Kirnieinuunrri Bnurh vnn l'titrunli vor^ngcn hstte.
Ich vcrdaabc lüew DrutunjE E. Strinmryrr. VkI. nnch Dr. von Notlhalfl In der Denn&lol.
Zctncfar., 1907, Bd. u, S. 62:: Beitr. iiir LcEcnde von der Altciloinuyphllii.
ropiK iqr sotto monle Cav-aDo, oa je logc me prcservera de
lont ce qui poil infeder moa corps d bcm me. Je crois mhne
quc cet air spirüiiel v'a dcia kflenest cmbrnne. que je peme
non plus lux Modernes qo'aax imiücacs de rEmpeicur de k
Urne. Si jivais desacin d'cKpofter qudqae iiuiilmirlise coiitoe>
bände avec moi, je riendriis ditz vous a Niples prendre Is
cbofics dans lenr orighies» cocnme un de mes amts francois t
soü retoar de Malle a Eiit qnj es a pns avec hii uae ample
proviiioa d'eniditioa NapoUtaiae mez pour en communiquer a
tottte la Dstion Fmiootse. Je crois n picd de la lettre lout tit
que Vous me dites del Sig. Marco, je sqiy bten, que son humev
scrieu est incapable de penser a Boccacio et a ces autrcs s^-
vant debaucbes. Profetises lui de ma part. je Vous prie, qoe
je prevois dans l'csprit que lui sen un jour un pilastre de
Vordre Coriathien de notre sainte mere I'^lise, si continua a
applicarsi a cose serie et spirituale.
Touts tes cevres Italiens de Votre NapoUtain que je vous
ay envoye dernierement sont assurement de lui.*) J'ay hi la plus
grande partic et j'ay parcumi le reste et j'ay trouv* une grande
egalite du style et des pensees, qui ne pcut etre de personne
que de lui. Ces livres ne sont pas imprim^ par les livrains
pour gagner, mais tous a la depense de ta Reine Elisabeth ä
rttait le Chev-allicr Philipp Sidney qui a cc qu'on sqai de bonncs
memoires a eu le soin.^ Celui qui est dedie a ce chc\-all(ff
est extremement rare a cause qu'on n'a imprime que to exem*
plaircs. Les autres le sont a proportion, mais comme üs n'iga-
lise [!] point a la beaute du premier, ils ne sont pas tant recfaerches.
Le style en est fort romantesque et il semble quil a affect^ ex*
pres, pour draper de ccrtaines veritcs aux yeux populaires. üs
ne contienncnt rien directement contre la religion Romaine, mais
certains esprits malitleux s'imaginent de tirer des consequcncci,
qui peutclre ne sont jamais tombes dans fesprit de l'auteur.
je ne suis pas pour\'u ni des livres ny de rien pour vous
ecrire comme il faut Ics observalions promises sur les prenoms,
autant que je me souviens pourtant de certain, je Vous Ic coni-
>) Voa O. Bnmo. ■> Vsl. obea S. )2I, Anm.
Briefe von Philipp von Stosch an Matt. Egizio in Neapel.
munique de tout mon oEur. Avant de parier de ceux du Siede
de Constantine, II faut qiie je vous dise certaines decouvertes
quc nous avons faits par l'inspection des medaüles. 1 . la con-
jedure de Harduin') que Magnia Urbica n'est pas femtne de
Maxcntius mais de l'empereur Canis est tres bien fondee sur
Fexperience de ceux qui se sont donnes la pelne de confronter
les Medaüles et les marques des Monetaires etc.*) 2. que les
Medailles avec rinscriplion: IMP.C.LAELIANVS.AVG. ne sont
point de Pomp. Aelianus le tyran mais de celui que les auteure
nomment communement LOLIANVS qui tua les Postumes comme
on voit tres clairement par la fabrique des Medailles semblancs
[L semblables) a ceux de Postume. 3. que Nigrintanus a vecu
öiviron Ic temps de Carus l'empereur et qui n'a pas ete fils du
tyran Alexander d'Afrique. 4. le prenom du Tyran Julianus qui
a vecu du temps de Probus est: M . AVR . IVLIANVS. Marcus
Aarelius Julianus. 5. le nom de Djocletien est: Cajus Valerius
Aurelius Diocletianus . lovius Augustus. 6. le nom de Maximien
Km compagnon dans I'empire : Marcus AVRclius . VALerius
MAXIMIANVS. Herculius .Augustus. 7. le nom de lautre Maxl-
raianus: GALerius VALerius MAXIMIANVS . NOBilis CAEsar.
8. Celui de Maximin: CALerius VALerius MAXIMINVS . AVO.
9. de Severus: FL.Valerius SEVERVS nob. CAES. et AVO.
IB. de Maxentius: Marcus AVRelius VALerius MAXENTIVS AVO.
il.son fils: M . AVR.VAL. ROMVLVS. NVBIS.CONSerl!] sive
FlUVS.*) 12. Crispus: FUvius IVüus CRISPVS . nob . Caes.
12.[!] le t)*ran du tems des Constanlins: Marcus Martinianus, un
«ilnc Cajus lulius Valens in Africa (de qui pourtant je n'ay ja-
"wis vu de medailles). 13. Nom de Constantius Chlorus est:
fUvius VALerius CONSTANTIVS . AVO. 1 4. k nom des Licinii
tstduPere: VALerius LICINIANVS . LICINIVS, du fils: FLavius
Claudius LICINIVS . NOB . CAES. Tous deux cognominati lOVII
daos quelque Medaille. 15. le nom de Constantin le grand est:
FUvius . VALerius . CONSTANTINVS . MAXIMVS. 1 6. de Con-
>> In. Harduirii Nummi onHqul popahjiam rt uibjam lllu^lntl, Parlslii, t6S4, 4.
L VfLCBhcB DwcT.VI, 405. Magnia Urbici itt Frau d« Cirini».
») StoKh hat nach der Bfogr. Univcn, {Michandli. Bd. 40. 5- I8S, in Hornw 17«
*ta dlcR Mdnzoi !ix seiner: nLcllcra sapra una mcdij[tia nuovamcntc KOpcrb dl Carino
^^ftnion e Magnia Urbica Auguita lua cQniarte- auslührlich gchandelL
S VjL Cohen Oe»cr, VII, ibj, Anm.
slanün le jcune: FL.CLAVDIVS CONSTANTINVS.IVNIOR, d
fils de Constanlin le grand Constonlius: FL. IVLius CONSTANTIV:
pemommc dans unc medaillc d'or du cabinet du Princc Chigi
MAXIMVS . AVgustus. 1 7. Ic second Hls de Constantius Chloni
ex Theodora genitus frere de Constantin le Grand s'appellait
FL . CUudius VALerius CONSTANTINVS NOB . CAES., dan
les medailles il s'appelle seulement VALerius Constantius . nob
Caesar, ei ils sont tres difficiles a connoitre de Celles de soi
prere (I. p4re) qui a le memc prenom. Celle de petit bronz
avec: Providentia aux adifican^) dedde la question et fait daire
ment voir par la gründe difference des visages et de la fabriqu
quelle apparlient indubitableraent a frere et non au pere d
Constantin le grand.
18. les fils de ce Constantius frere de Constantin poiler
touls le nom de FI . Q . comme par exemple: FL . CL . CON
STANTIVS IVN . Nob . CAES . communement appelle par le
auteurs Oalius . NB il faul observer qui ne se truve point de
medailles veritables avec le surnom Gallas mais toutes sont ave
le prenom FL.CLaudius ou seulement avec le surnom de IVNioi
18.[!] son pere: FL.CLaudius IVLIANVS AVG . qui est connusu
le nom de AposUU. 19. et Fl . CL . HANNIBALIANVS RE?<
20. Dalmalius s'appelle seulement FL. DELMATIVS.NOB.CAES
Voila ce qui me tombe pour astems (1. ä ce temps) dans l'espril
Si je nay pas le tems pour cette fois de les mettre dans leui
ordre come il faut^ je le ferois une autre fois, ayant desseln lÜ
Vous envoyer un jour des preuves de toute cc quc je Vous di^
astems (1. ä ce temps) par les Medailles d'un chacun, en attenden
Vous pouves vous en servir pour astems (1. ä ce lemps), elf 1'
prlncipal que sont les prenoms sont tres surement ainsi qu
Vous les trouveres dans cette lettre.
3. Rom, 14. Sept. 1715.
II y a deja quelques semenes que je Vous ay envoy£ su
vant vos ordres les prenoms de la famille de Conslantine,
jusque astemps (I. ä ce temps) je nay recu encor aucun avts,
la lettre est venue entre Vos mains, ou non. Elle estait adress
>) Nach CobM Dmct. VII. 383 Uutri dir Aulschfifl: ProvJdcnlia« Anu- «*« Ca
oder Cae&s ; wu du iu£Kclile V'QtI btdctil^, Ist nicbl zu creniniJrn.
\
a Don Nicola Valletta.*) Sil y a queique chose dedans, ou je
ne me suis pas bien explique, je Vous prie, Monsieur, de me
le dire et je corrigerai la faute volontier. Je travaiile avec beau-
coup d'application a mon livre Intitule: De antiquis Gemmarum
Scalptoribus ^) ou je donnerai les estampes de toute [!] les gemmes
avec les noms de leur niaitre ramasse de touts les Cabinets
d'Europe. Je ne le fais pas imprimer ici, a cause que je ne
trouve personne qui m'en puisse faire les estampes aussi bien
que dehors. Je me contenterai a porler en Hollande avec moy
Ics dcsseins justcs et l'ouvrage fini pour la presse. Je Vous prie
Instamment de me daigner d'une reponse, etant avec beaucoup
d'estime et de passion. ...
P. S. Vous n'avcs qu'adresser mes lettres directement par
la posle Sans autre adresse.
4. Rom, 17. Juni 1722.
Ho difterito a rispondere a] Gentilissimo foglio di VSl.""
in data del 27 di marzo sperando di potere riverire in persona
in Napoli li miet Amici et Padroni Antichi, fra H quali do il
primo tuogo a V. S. II*™. Ma non havendo potuto rimpire il
mio desiderio, mi sono contentato a far Vi assicurare delli miei
ossequii et stima che ho del Vostro merito.
Trovera qui giunta una pasta del ßachanale del Re di
Francia, che ho fatto venire a posla di Parigi, non avendo tro-
vato ne miei vajaä (regali [?j) che la sola copia, che mi serve
per il studio delle mie pastc Antiche et moderne, de quale ho
radunato una quanlita prodigiosa, comme anche di pietre intagliate
bellissime.
La mia Opera dette gemme sopra U quale se Uggono li noml
^ Ariefid Antichi si intaglia in Romc del Picart a AmsterdamOi
che mi scrive che sono gia finiti d'intagliare vinte (I. venli) dessegni.
t> V^. S. ]:a, Anm. 1.
*i Phil, de Stmch, Ckcmmae antii^tiatr rirlila«, idlplonim nomlnlbus [cistgnlUe.
Ad lp»ai ecinmu ta\ «tnin ectypn» drlinnl^ir et wri inriwc per B. Ptcirl. P« pranipuis
europae mittrit ielejit el CDimncnariii illastrivit Ph. de SloKh tUIli« rwJdldlt H. P.
Je Liakn. ArnttenUm, 1734, s. Der zweite Band, ni dem ct*cti der BLosr. unlvenelle.
^. 40, S :S3, die Tafeln ton Y. Adim Sdircidurd in Nürnberg gettochca vuen, t«l
«ohl nie lertij geworden.
V. S. U:"" mi fara un favore singoUre di mandarmi peiv^
occasione qualche Catalogo stampato di libri nuovi, che sc
vano in Napoli, pur chto possi farli venire per la mia librarif
che e devcntato numerosa doppo la mia partenza d'Italia. Spero^^
che mi riescera di venire a Napoli avanti di ripassar li monti. ^M
Mons. Hay Dilettante di Cose rare et pittore mio amic
avra l'honore di darli questa leltera. Ci venira altro Cavallierc
a Napoli, che rni e moUo amico, che si chiania Mons. Castre^
Secrctario del Mr. Davenant Inviato d'Engilterra, che sta per
viaggio per venire col nuovo Viccre il Cardinale dl Althan. ') E
literato e merita ogni distlnzione detto Sig'* Caslres di V.S. ll"*
c di emditi Napolltani.
Non mi e reuscito sin adesso di vedere Vostra opera Chi
nologica, che mi dicono essere uscito,') habbia la bonta di dirmt
dove sono reslati li manoscritti del Abbate Paccichelli Napoletano,
et se si trovano essemplari a Napoli delli Viaggi del detto Abbate
PaccUhelU. «)
Favorisca di dirmi se de due libri seguenti sono
altri tomi:
Discor&i delle fami^ie nobili del Regno di Napoli del
Sig." Carlo de LelHs, parte prima. Napoli 1654.*) Caroli de
Raho Peplus Neapolitanus, pari, prima. Napoli 1710.*)
Di questi libri non ho altro che i primi tomi, et de5i<
rerei molto di averne li altri, se si Irovassero.
11 Sig." Hay rilorna a Roma fra i 5 giorni, cosi V. S. II:'
li puol dare 11 catalogi desiderati da me de libri nuovi. La sup-
plico di salutare il Sig" Don Paolo Doria, il Sig^^ Valetta, et il
Sig" Marco Mondo et altri amid e padroni.
11"*^
iroj
rmi
mo,
tbbate
del
de
idefl
4
l> Onil Mich, Frdr. Althxnn, ^b. iCSI, pM. MU, BiKhor von Waitrn in L'ncmni.
VDrde am 29. Nov. i7l!^ zDin Kardinal «nannt. var von Aug. W20 tns Jnni 1T12 kalser-
Ikhrr Bolichdier in Korn und fine dann als Vl^eki'inis [bis \JZi) oadi Neapel v|;l. Noack,
DcütKh« Lcbrn in Rom, S 32.
<} Mcntnrialr chronologico drll' ittoria crcIniatHca tradoHo d^I Ftwictjc di
O. Marcetio con 1i wric d^ll Impcratori Romani dlsicsa da Mattco Ceirio. Na]>oli, tlij, fol.
s) M^mork de' Vtaae' per TEuropa ChrlMLana «ritte Jl Diviml in ocmloa de' watA
Kinlftcri ditL'Abaic Olo. OitiUu Padchctli. Napoli, 16S5, 12. 3 Bde.
*) Ein »weiter Band erichien 1663. foL, ein drUter i67i.
*) IVplufi Nrapclitanu« Caioll M. de Raho Clerfc! rcfnlarit. patridai lllnttreaquc
fuiHiai coniineii». Pan prima. Suuoi <ulque decut posterius rependit. Tac *.
Ncipoli, MDCCX. BiM. Naiion. Nea|>ol. ii D S3. 4«.
Briefe von Philipp von Slosch an Mzü. Egizio in Ncapd.
5. Rom, 26. Sept. 1722.
Oben am Rande: Miro, che il povero nostro Sig: Marco
MtKido maritasi: jam porrigit ora capcstro.')
II Sig" de Egmond m' ha reso il gentilissimo foglio di
V. S. !■" insieme col übro, del quale la ringraaio ei dcl onore
che mi ha voisuio {= voluto) fare. Mi dispiace solo di non
es&ere in stato di poterli mandare una pasta del Bachanale del
He una pasta piu perfetta di quella che li mandai, non haven-
^c megliori, quelle chio portai di Francia essendo tutte spente
nmi sono. Se mai mi casca. in mano una che sia meglioi^^ Vi
la faro tenere senza fallo.
Le opere del Abbate Paccichelli sono poco stimate anche
b noi. Ma come contengono moUe cose di Germania scriUe
ron motte liberta, et Anecdoti di diverse case grarde, questo fa
cbc desidereret aveme un exsemplare delli suoi viaggi, et se
trovar si potessero li suoi Mss,, li pagarei volontier! un buon
prezzo per haverle.
Nel libro di ChronoJogia ^) manca il foglio. L21 et quello
di L 62 sc trova duplicato. Se V. S. 11.""' me ne voicsse favo-
rire per la posta indrittura me ne farebbe grandissimo favore.
Spcro sempre avanii il mio ritomo in Oennania potere
venire a Napoli per qualche settimane. II desJderio di rivedere
V. S. 11.*" sara il piu forte stimolo per farnii fare quel viaggio.
Se V. S. II:"* iticontra un essemplare compito di tutti i tre vo-
lumi del Carlo de Leilis delle faniiglie nobiEi di Napoli, li com-
praro volontieri, et rendero al Istesso Procaccio che mi lo portera
il denaro che V. S. 11."" ne potrebbe avere sborsato. Sto allo-
gizto: Strada Roseila a canto Strada nuova.'^)
Havrci grand guslo di havcrc il Catalogo delle cose di
Näpoll et Sicilia, che non si trovano in quella raccolla che in
Hollande se sta stampando. Mi servira anche per venir in conni-
zione di molti autorij che non sono passati li monti, per poterle
CDmprare menlre che sto in Italia, per uso mio et ornamento
della mia libraria.
(| Jim. VII, 41: ttulU maritaU }tin portiets tria captilro.
^ S o. S. 334, A. 3.
^ Über udcTC WohnuDgcn des Ph v St tiriic Noack, DmUches Leben in Ron,
£ «. 53).
Rom, 3t. Okt 1722.
II gentilissimo foglio di V. S. I. in data del 17 dl Ollobfc
mi fu reso questa mattina. Mi rall^ra infini tarnen te ia nuon
che V. S I*^ mi manda di havere Irovato il Lclüs cot supple-
inenlo dcl Domenico di Conforto per un cossi mediocrc prezM.
Pagaro al istesso Procaccio*) il quaic mi portera li iibri il valscnte
(=s valore) di essi. Se questa lettera arriva alle sue mani avanti
che li allri sono parüti di Napoli, prego di agiungere ristoriche
Memorie dell Antica Citta d'Atma di Bonaventura Tauleri stam-
pala in Napoli per Michele Lulgt Muzio 1702, in 4:'°-)
it: se se trova in Napoli (unten: mi par che s chianl
Prospedus Siciliae) una certa descrizione dclle cilta di SiciBi
slampati pochi anm' sono in due volumi in 4 a Palermo ptf
ordine Alfabetico, ")
it: la nuova edizione della Syracusa llustrata del Bonannl^
Se V. S. I:"" ci vuol giungere li catalogi slampati ou noi
di principali übrari loro ou di allrc cose principalmenle riguir-
dante Thistona di Napoli et di Sicilia et di citta particolarr.
ritorie (1. Istorie) dclle case illustre di detti regni, di huomiffl
Eruditi, et altre cose che riguardano la Qeografia di quetli RcgiJ,
et piante di Citta, Chiese, Carle parlicolare et stampe apröSO
cose anltche et riguardcvole che sc trovano in detti Regni, dM
non se trovano nella Hacolta dcl Blau che va sotto il nome dd
Thealrum Italiae.'^) Subito che appresso poco posso preved«n
') Procacd heißen nadi radcbdll. Viagsi, X. 1, die Vasen, ^e da Ro» ■
Firenxe con ottlini lixluinenti a. pittio di x\le tcudi IruporUiio in ctn>tue eionuHfl^
tnode f Porulieri'. Jcdcnfalh vurdc dinribc Hrzrichnting auch für die na Rofl >^
Neapel fihrendeii Waen uigevcndel.
*) B. Ttulerl Memorie iatoriche dell' uitJca dtU d' AHtia divitv In cinqK lA'*-
Napoll, 1702, 4.
*> U SIcilU In praspelUva. Parle prLma. cM II MoDKJbdIo, c (11 altri MmG'
Cavcmr, Pramonlorll, Sitl, Porti, Senl, Oolti, Fiumi e TorrniU della Sldlla apMli <■
vtduta da un religioso della CampacnU di Oesii. DedicaU all' lIlutUiMinio Senlo ft"*
mltano. In Palennu MtX:ClX Nella Stamparia dl FuBcescoClch*. in *■ ~ ParU «ccn*:
Le Cht*. CertelU. Terre e liioghi enttmti in Sidlia. la TopogralU Ultorale. li Scs|U.
Itole, e Penliolc intomo ad cisa. In Pilcnao .M.DCC IX.
f) Delle uitidie Slracnse. VoL I. che conticTic i dne Iibri della S. flllBln» *
O. Bonanni e Colonna duca dl Monulbano Vol. II, che contlcnc (11 tcrinort ukrion*
Bonanoi. Palenno, 1717, :.
*) DiM ist wohl dn Tdl de* Qmd AUat de J. Blean. ou CoanoKraphie BlaK'»f-
Ainsletdam, 1661. Von diesecii Werke befindet lidl eUl Exemplar nil 3C1 Oriifinal.irichiiii'^t^
iu «6 Binden in der Wim» Hofbibliatliek, vgl Jg. Fi. Edler von Mowt, Oesdi. d ^ ^
Hotbibliocbck lU Wien, U'ien. 1S3!, B, S. i*\- Man IcAnnle Kcndst tein, aniuoctiinni.
AI»
a quanto montarebbe la spesa di quelle cose che mi potrebbero
bisognare, havro cura di mandarli un credito bastantc a qualche
d'uno dt mercanli di Napoli, Alfino, che V. S. I)."" non habbia
Vincommodo di sborsare li denari requisiti.
Quando tomai la prima votta d' Italia trascurai di pigliare
molle cose, credendo di trovarle fuori. Ma mi sono pentilo poi
trorandomi ingannato nellc mie sperance.
Ho trovato qui et comprato la bibliotheca Napoletana del
To[^i due parte in un vol. in fol. slamp. tutte due 1678.')
Dsidererei iiiolto di sapere^ sc ci fusse vcrso di trovare a Napoli
i! supplemento di detta bibliotheca che mi dicono essere slato
slampato separatamente di quelle due parti. *) Reslero ancor a
Rome grand parte del Anno venture, et se in questi parti occorre
qualche cosa sia libri o qualunque cosa che vada a genio di
V. S. II:"* la suppiico di Onorarmi di suot commandi II quati
saranno csscguiti da me con ogni possibile puntualita et prestezza.
Mn di Egmond non mi ha mostrato il Catalogo dt übri
nuovamente stampati in Sictlia et Napoli del quäle V. S. II."^" fa
raenzione.
t. Rom, 20. März 1723.
Mi trovo onorato duna sua gentil.*"' lettera in data del 13.
<id Corrente ntese. SuppUco a V. S. Ill*"* di non essere tanlo
scnipuloso nel comprar li libri speciflcati nella Hsta, che li ho
raandato, perche sempre seranno a meglior mercato, che detti
^ri sono in Roma. La suppiico a non lasciar scappare li an-
t
pnditvullt, diui); duldimde Excai'pltt zu dem tpaßen Ecosraphlsclien AiTpartl celiArt
tat SbMch in Kom zusammcnbiachtc und der 1*69 in Mamhuig um tZSOO Uulden für
'kbiKftlctK Hofbiblloihek ansekauli wurde J3.M Folloblnücj, aber dies itt nlclit ri^ntlg;
^ MSi» 6a Dlcaa ist aut drr Bibliulhck ün Prinjcn Eugen von SivDycn in die Hof'
^*HIoAiHt Ütxtgrgingcn. Aber virildchl hai SCosch ebenso wie die labula P(!Utingrriana
'^dn BUwKben A!t» »n den Prinzen Kii)^ verluufl Dvß er ihn tiewuen hat, jfctil
"UHKRai Brkk dcntlkh hervor. Ober Blav oder BImii Tel. noch Ba\Tdrt, I.even vin
B(h, UiRcht, ^e^7^. für dlne und viele andern UlcrjiriKhen Nachveisunecn bin leb
«> A. Qoldminn, Aitbivir der Wiener Universilät, zu grotiem Danke vcqif lichtet.
t) N. Toppi. Blbliotea Napolelani, et apparato t gll jiuomini itliulrl in Icttcre dl
■i' C 4el regnu, dclle famislle, lerrej elllä, e Tegioni, clie sono nella Rlnso irgna. Dalle
Imoncint per tull» l'a. I67S. Parte I, II. Napoli. ifilE, 3.
t L. NIcodemD, Addliioni copiote alli Biblialeca NjipoklAna dl N. Tgppl.
Hm. 1683. i.
Ar^v Kr KulnirscMhichte. VI. 22
luli di Aquila*) ne li ra^uagli di Av-eUino^ ne li altri XI tonii
in quarto, die li sono stati presentati di libri della tista. Perche
non essendo sicuro io, quanto lempo ho da lampar in isto mundo,
ne quanto ho da fernurmi in Italic, voglio cavanni quella vog^
di far una raccolta di storici Italiani, e sc il mio Padrone vuol
chic ripassi IJ alpi, bisogna ben, che mi pagi egualmente li nnd
gusli literarii, per parvenire alÜ suoi fmi Polilid, per i qtuli Uli
ha mandato qui. Li denari sempre si trovano, ma non saapn
li libri buoni come I'esperienza mi mostro, quando io in OlUsda
volse {>= volli) comprar libri Italiani.
II Sign. Mercurio vi dara ad ogni Votra (I. Vostra) requi-
sizionc li denari che ü domandarete, et basta mandarii doppo Ü
libri a Casa, havra cura lui di mandarmeli, senza il minimo io-
commodo di V. S. 111.*".
Se la nuova Edizione del Sulmonle*) Isloria di Napoli
colla conlinuazione si trova in Napoli per meno del valsente di
Ire scudi Romani, prego a V. S. in"" di mandarmila.
L'lstoria di Ancona del Sarracini ho gia trov-ato qui*)
L'lstoria Civile del Regno di Napoli dal Awocato Pletro
Giannone*) mi fara piacerc et pr^o a V. S. Ill"" di mandarmil*
per il prezzo d'una doppia, la quäle colli altri denari spesi poW
pigliare del Sig*^ Mercurio, il di cui fratello che e amico mio ^
State da me pagato delli altri denari il istesso giomo, che w
hebbe la nuova et ricevuta di V. S. 111"'.
Di lulte le produttioni di Cervelli Italiani nissune convengo^^
pio col mio genio, che fanno quelle de Vostri Eniditi Napoliw**'
sia in Istoria sia Philosophia sia literatura, et Cesare*) non pote^"*
scielgere meglio che il Philosopho Ricchardi per suo Bib^^^
thccario in Vienna.") Che mi conferma il buon gusto di S- "■
t) B. antra, Annali dclla cini dcirA- oon I' Moria dH soo txmpo. Rom. 1*^V^
>) Sc. delJa Boni, RaggvtgW delU dtU d'A. ikIU quili «i ik aoliiia d'ilcanf tf**^
lüofhi dfglj Iqilnl «c Toni, '656, *.
^ A.O. Suinmonlr. Hftliiria della cittk e regna di N Tomol-IV. Nipoli.l6'^' '
<) U. Satadnl, Nullzie hUtorfchcr dclU cittl d'A. ccc. Romt. I67s, a.
») P. Oiannone, Stoili CIrilc del Rcgno dl Napoli. Nap.. I«3, •.
•) Kalsn Kirl VI., bd drm StoKh gricgmtlicti Kincr DurchrMK dnrdl Viea ^^
pitt AufiiiUiine ^rtunüen hatte.
1) Vgl, Edl. von Mo»H, Qe»ch. d, K. K. HofWWiotlirh. S 109: .Nach Ocntilt?'*!
In Jahre UM erfolgten Auftritt ani der Hoftlbliottwlc warf der Monarch teiti Auge *"
Milien Kelehrtni LeJbnm Plui NIcolau) von Qutill, um ihn d^ewm Inttiintc vonuäettf^'
Briefe von Philipp von Stosch an Malt. Egizio in Neapel. 339
Imp. in genere di literatura^ del quäle mentre chto fui a Vienna
parlare con S. M. Imp. ne scnti di sua bocca propria di senti-
menti di Erudizione pocho commune a Principi di quel sublime
rango. 11 Purpora vi portera ]i miei saluti, Vollesse Iddio, che
potessi trovar la strada a porlarviU in persona propria. FraCanto
colli communi amici beveremo alla Votra salute et a quelLa di
tutti li literali uoniint di NapoH, comme facessimo alla Tavola
del Principe Tassii Jnsieme col Purpora che ve ne rendra distinto
raguaglio. Mi ricommando alta Vostra amicizia et espetto libri,
lasciandovi absolutamenle arbitro de prezzi, scnza che mal hab-
biate bisogno di diniandar a questo riguardo il mio parere basta
che li libri della Usta si trovino.
S. Rom, 26. Mai 1723.
II Signor Daniel Meichelius di Wirtemberga, huomo literato
e cognito fra Eruditi j^tr diverse sue opere edite (fra altro del
llbro intit: Introdiictio ad historiam literariam de Bibliothecis
ParisiensibuSj stanipato in Londra 1720, et d'un altro intit: de
Moderatione Theologica, starnpato a Leyden [oder Londra?]),
molto approbato da Uuomini di buon gusto,') parte per Napoli e
desidera di connoscere V. S. III. et li allri huomini literati della vostra
Patria. La supplico di onorarlo della sua Amicizia et di farlo
connoscere al Sig: Don Paolo Doria e al Sig."* Valetta e altri
literati del paese. Essendo persona che merita d'esserc distinta
de' Altri viaggjatori. Non ho ricevuto risposta alla niie leiten»
ultima che vi scrissi, nclla quäle vi pregai di mandarmi Tlstoria
civile del Regno di Napoli. In caso che Thavete comprate,
Da er aber trieht atle trine Tdt dtmMlben wfdmni konnlc, lolltp Ihm noch dn anderrr duu
(ceieiKtn- Muin in der Pciwn dei D. Alexander Rlccardi, kiii. Ratet und Fiskalen bei
«lern Coturju de FjpiÜa, xn die Seite uiE»'''*" »erdim.* Von den luiitfrlichen Dckreteo,
■womit Oardll und Ricnnli la Pnirrklen der MuFbUtliotkek in eWcheni RanKe ernannt
nrdcn, ht dat entere. In deutscher Sprache, vom e., das lettlcrc. in lat. Sprache, vom
31. Mal Mzy. Plui NlcoUus Qaiclli «ir I670 lu B^lofni B^boren als der Sohn ein«
^»erähiBten Arztes, den ixopold 1 gegen das linde Jet I7. Jaliihundcrts alt idnen Lcibant
nsch Wien berirt. Plus begleitete den Kalbet auf seinen Reisen, wurde 1712 Rat und erster
l^barzl Karls VI. Alexander Rlccartli, Dr. jur., war in Ntspet geboren; von seinem
früheren I.ebcn wclil man irkhts; er hftt um die Hofblbliolhek sich große Verdtcnitc er-
-woebcn. Bei sclDcni tri6 eriolücnden Tode wurde seine Privaibibllothch (Cir die kalscrlkhe
Biblkitbek angekaufl und mit ihr vcrelnigrt. Qarelll im als Prllektam 2). Juli i7ii gestorben
I) Daniel Miidicl, vgl. Zrdle« Unlvcnallen., Bd. XEX. 17J9, Sp. 528; dort wird"
■acut Werk de Bibl. Paris. Leipzig, \T1\, a, angeliibil, das andeie oben gcninnte Werk
aüxr nkhl erwlhnt.
potete darla con ogni sicurezza al Cavalliere che vi preseni^
questa letlera senza pcnsare a altro. Vi rcndera subito li dcnin
spcsi per isto libro. Vi supplico di favorirmi de altri libri de
quali vi mandat la nota. Et il Sig" Mercurio non manchera di
pagarvi luiti quelli denari che avrete bisogno per quel Rne. Per
riguardo alli prezzi mi rimetto a let, et tutto quello che Ur
sera bcn fatto.
(Darin li^ ein Zettel:) manquent pages 265, 266, 271, 272,
al libro delte nienioria(l)e chronologico, Supplemento al Toppio
Bibl. Neapel.
9. Rom, 27. April !725.
II Baron di SchÖnberg Sassone avra 1' honore di presentan
a V. S. III."" questa lettera. Egli e un soggetto di vaglia et i»
tende e connosce i buoni libri. Mi farete un favore particolaie
di farlo connosccre a Ictterati Neapolilani et in parlicolare il
Sig" Valetta nostro commune amico. Ho scmpre speralo di
venire in persona in Napoli per rinovare l'antiche amicizie. lAi
sino che non saranno finitc le incombenzc, che mi lengono qui
incatcnato, non potro godere della felicita da me tanlo bramati
Fra tanto mi raccomando al sovcnire de buoni e dotti Napolibiii
quanio io mi ricordo di loro. State sono ...
10. Rom, 30. Jan. 1727.
Mi trovo onoralo duna lettera di V. 5. I. in data dtl
2J. di Gennaro c poche di innanzi mi fu dato il libro del Leilis
in 4 volumi in fol. ben condizionalo. Col primo forasticro dx
di qua partira per Napoli mandaro a V. S. I. il sborso ddia
doppja di Spagna et havra la bonta di mandarmi per loccasicxie
stessa il appcndicc o secondo tomo della Bibliotheca Neapolitar». '1
II foglio mandatomi di V. S. I. per rendere compito il Memoriale
Cronologico non e quello che mancha al mio Essemplarc al
quäle mancano Ic pagine 265 et 266, et 271 et 272, come ha^ii
vcdulo per la lettera chio 11 scrissi per questo fine. Non lidarti
quel incomniodo di domandarli detti fogli, se qui in Roma ^
Irovasse essemplare, per farle copiare ou per comprarlo. Cer-
>) S. oben s. W, 1.
cbaro U Angeloni ') et spero di Irovarlo. Maper ü Spanheniio')
bisogna che V. S. I. habbia la bonla di espettare sino che ritorni
ultra montes, perche non ci e essemplare in Roma a trovare a
qualunque prezzo che si sia, et 1' istessa penuria e de Mezzobarbi, *)
che non si trovano piu a fatto se non per grand fortuna.
Le gemme del Augustini colla agiunta del Maffei *)
si vendono dal Rossi scudi Dodici in quattro votumi, come
V. S. I. potra vedere per il catalogo del Rossi stampato colJi
prezzi, delli quali non ci e modo di levar niente. Sto espettando
con ansicta il catatogo di scultori Italiani, che V. S. I.™" mi fa
sperare, non dubitando che sera perfetto e che mi dara grand
lume per raccolgerc It libri. Un libraro di Gianda*) stampa un
Dittionario Historico contenenle le vite et scripta di tutti Autori
Viventi et morti col Catalogo essato (f. esatto) delle loro opere
I colli anni che sono stati stampati et il formato. Se V. S. I. mi
volesse favorire della sua vita cot catalogo delle sue opere, come
anche queTla del Doria mi farebbe favore, comme anche di altri
literati Neapolttani, che tutti faro inserere in detto libro.
II. Rom, 15. Juli 1730.
Ho ricevuto il gentil:™^ foglio di V. S. ni*" in data del 8.
di Luglio, e vi ringrazio molto del Scarabeo, et non mancaro di
mandarvi colla prima occaslone d'un foresliere che va a NapoH
le Vostre due Pietre et le proinesse Pasie. II scarabeo col quäle
e stgillata la vostra leltera e di cattava (l cattiva) fabrica c ne
trovansi qui una grand quantita di simili cose mal fatle. Delli
•veri scarabei Egyzzii compreso il vostro ne ho adesso sei con
>) Pr. AnE^Ionl, HiilnHa di Temi Ho<n4, \6*6, *. Oder: Lj Kl^lnria Aagntta iti
OIuUo Cnarc fino i CotUntlno il Mignu lllustriu con li verltii dcllc antkhc maUgltc.
XComa. 1641, 1.
■> Ei. SpuihcmiL Dliscrcitlona de pncMintli et iifu namlimatuin anäquorum.
Kd. novi. 2 vol. Amtindim. i7i7, 2.
■> fr Ant. Mnubirbi, Amiqu. Mulland. 1670-1705. Vgl. Blocnphle unU
'^«ndle. Pari*. ISM. Kr lehne in Bmcia, Paiiju Turin und Paris
*) Wahriclieinlich U1 e«indnt : Oonine antictie fjfurale ättt in luce da Dom- de
%,OUJ catlr spfMiiionl di P. A. Miff«. Pule ]~1V. Roma. 1707-1709, 4. Dai Wnk da
9_ ACMtlnl, Lc scmmr anllche fifimie, Homa. iM6, 4. hat nut I Bde.
*} SIHIeichl handell m lieh um Ctuuffeple, NLmveait Uictlannairc Usl. et crit.
1T«-tTB0. 4 vu). in fol.
veri caratteri hieroKlyfici tati, che sulle AgulIieV se trovano scolpite,
una altera 20 ho di sculptura Oreca, quellt con scultura gottc^
che niente significa, ne ho solsmente preso un poco non sapcndo
che uso fame.
II Fagel mi scrivc, che ha dato ordine di comprare i!
Hesychto') che fra pocho sc vendra in une aucüone alla Haye, e
che il Crusü Homerus Hebraizans") !o fa cerchare, e Vi mandan
l'uno c l'altro; H place molto il Vosiro libro, e lo sa
leggendo adesso.
Li literati devrebbero far festa al nuovo Papa, *) che e stKo
in tulto il tempo del suo Cardinalato grand Protetlore di litenü
et grand dilettante di Libri. Lul e molto mio Amico Antico,
ho sicuro che non ha ancora il Vostro libro. ^) Se li lo mandatt,
non sara mal impiegato certo, et chi a nome vosiro li lo pn-
scnlera, parlera come deve a favore Vosiro.
12. Rom, 7. August 1730.
Profito de I'occasionc della partcnza per Napoli de Mylord
Boyne et Mons. Walpole^ per mandarli qualche paste, e nel istesso
tempo li rimando adietro le due pietre Intagliate sue, ringrazian-
dola del Scarabeo Egizio, che si e compiaciuto di donarml A
misiira, che altri soggctti occorreranno per fame le paste, nor
mancharo di ricordarmi di Ici, per mostrarmi grato 2ll>
sua gentilezzä.
Recommend6 a Mr. Allen
Consul de la Grande
Bretagne
avec un paquet
13. Ohne Datum,
Ho ricevuto la stimatissima lettera di V. S. 111"" del 29. di
Agosto e godo molto, che fra le paste se ne siano State qualcfc*
I) AguglU = Natld, vDl)»tttnilJc4icr Autdruck (fit Obrliik.
>] Et iU JedenfalU die cd. Hackiuia Ktmnnl (l.ugilufil Bu., tMS).
t)''OfdftQot tßgnü>t ilvr HisturI« Hebt am mm ab Homwo Hcbttida vw^^
MC »enlentü» Mn*«ip» inOdyssad ItUde ncpoiila illurtiataqu« studio ain« opcn Oo»'*
Crotsi Tomuft I Dotdnci apud TTieodoram Oorit. M.D.C.CIV. a.
<) Cltma« XII. (Lorenio CortinÜ, Kit UM.
e> Manhaei AeffnJtÜ Scialas connilti de BacchimlibT« expltolio. In: PülaüT*»-
^
Briefe von Philipp von Slosch an Matt. Egizic in Neapel.
d'une al suo genio. Noi altri non facciamo polire le paste,
1. per non levar niente del piano di sopra, et 2. perche cossi
rozze si tirano con maggior facititä in zolfo, come resperienza
l'ha mostrato. Se pol lei ne vnol farne legar qualche d'una, li
stessi orefici, che legano le pietre, Connoscono Ü arrotafori di
^mme et ne hanno bisogtio ogni giürno. Bisogna avisare pero
di non far polire la superfide, perche le pietre perdono molto
quando il contorno delle figure e guastato.
Sto sempre aspellando qualche nuova aüomo 11 consaputo
vaso di Granito, de! quäle havrel caro di haver un buon dessegno
colle misure del altezza misurate a palmo Romano, et il prezzo
per quanto aede, che si possa havere apresso poco. Connosco
diversi amici, che piglieranno volontieri Tincombenza di pre-
sentar al Papa il Vostro libro sopra 11 Bacchanali, che certamente
vi serviranno con ogni sincerita possibile per i Vosiri Interessi.
It Fagel ha trovato il Homerus Hebraizans e spera di havere anche
il Hesychio, che mi mandera con alth Ubri novi a mc indirizzati.
H. Rom, 30. Sept. 1730.
Ho ricevuto la lettera di V. S. WV^'- in data del 23. di
Settembre nel fare arrotare le paste, non bisogna farle toccarc
aila superFizie di sopra, altrimenti corrono risico di guastarsi Ij
contomi delli ritratti overo figure. lo per il mio studio non
lacdo mai arrotare nlssuna in altra forma, che li I'ho mandate,
perche con maggior facilita se ne cavano li zolfi o cuntrapasle
(^uando non sono tanto liscie. Faccia almeno di avere del Inglese
<]i Napoli li zolfi delle sue phncipale pietre intagliate. Lei puol
impegnarsi di volerli rendere per ogni zolfo che mi manda due
Bltri, di quelli, que manchano a iui.
lo ho parecchie volle scritio a un Vostro Antiquario Napo-
'itano chiamato il Sig. Alfani detto il Pettoriello, mi ha promesso
*!' procurarmi una Gemma d'una Syrenc (mezzo Gallo mezza
donna) sonando la Lyra, e diversi di quelli huomini lllustri
Napoliiani, e. g. lovianus Pontanus,*) Diomede Caraffa') etc.,
'< Oiov. Pontsttn. geb. 1426, gcs'l. lu Neapel i^OJ, bckanni alt Dichter, OnchlchU-
'(^^"tibn und SuaUmuin Er war S«kmiT d« Könlfi Ferdinand I. und Lehrer von
^ontll. A. Annand, Lei mMiilteun Italient, II, 3D, lO kennt von ihn drei Medaillen.
"V'' 0. Roui, II Quatirocimto, Mailand, \ZW, Kap. 9.
^ &. S. 344, Anm. 3-
et qualched'uno de Re Arragonesi, che non ho nella mia raceolta,
le quali medagüa c gemma li havrei pagato a prezzo raggio*
nevolc NU non trovn, die in veruna cosa mi tiene parola, ne
respondc alle lettere. ^1
II Fagel finalmente in data de] 8. Settembre mi scrive ta^^
vere trovato per voi Ü Hesychio, che manda a me indrizzato in.
sieme col Homerus Hebraizans et altri libri per la mia raccolta.
Non occorrc, che lei si scommodi in verun conto per conto de)
Fagel, il quäle sino adesso e piu debitore di lei che non lei di
lui. Lui interamente si e buttato alle medaille moderne, et a tine
dt far in quel genere una raccolta singulare mi regalo a me
tutte le sue medaille anüche di Oro Argenlo e metallo, che
sono stato la base del mio studio, che poi nelli viaggi ho acae-
sduto. Se mai lei trova chi vuoglia (corr. aus vuole) a Na*
poli disfarsi della sua raccolta di medaille delle citta di Qrezia,
basla che mi mandi una lista esatta, et li faro vendere con
grand vantaggio o barattare contra libri stampati in Gianda a
sciellta sua, perche se sono oltra li monti delli grandissimi di-
Icttanli di medaiglie Qreque, piu assai, che non si trovano in
Roma, principalmente, quando sono lisibile e ben conser\'ate.
Prego che V. S. III."' mi voglia conservare la sua Amicizia, c
di essere persuaso che sono con motto ossequio ...
15.
)veniore II
Rom, 16. Dezemb. 1730.
Ho ricevuto il gent"" foglio di V. S. lll« del 4. di No^
e pocho doppo il Pettorietlo Alfani mi ha mandato una lettera
con certe medaglie di Homini lllustri, fra altri un Joviano Ponlano.
le quali io li ho falto pagare subito. Quella di Andrea CaraffaM
l'ho, raa cerco una di Diomcde, che ho veduto nel studio ^
Fagel. Av.: Diomcdcs Caraffa Comes Catalunie exempl: fi*^
Rev.: erga suuni Regem et Patriam.*) Faccio desegnare per f^^"
poi stampare le medaglie de huomini lllustri, che precedc:^'^^
l'anno 1500. FontaninI e il Valesio lavorano di concerto c^^'
1) Andrea Csnrfa w»r Onf von Suita Seven UM; «m I5U-13U wu «r V"^
UMc Ton Nnpri. Vgl. A, Armand, Lo mM., 11, ID8, II und DI, t»7, c. ^
>> Dfomcde Cantta »m Neapel «ai Im DIenMe de« Känlic« Alfona V. von Angoc^^^
und Ferdinitld t , tuMc i*6S zum Orafrn ron Mataloni und UU von CorrrtU cnuW^^S
Aol der Medaille sieht: D>'oincdcs . Carrafa . Comes . MaUluni . ctempl fid. lal p. (^^"^
«rjEa . suuED . regem . et pauiam - (initacto. Vsl. Annand. Ici mid. Itil. lU. 1'^
Briefe von Philipp von Stoacfa an Matt Egizio in Neapel. 345
me per spiegarle. Sc a lei occorronc qualche d'uno, prego di
darmene parte, per tanto maggiormente llluslrar quel libro. Mi
vicn detto, che Don Marco Mundo sta scrivendo sopra una pietra
Anticha d'un bachanale, havrei gusto di sapere quale sia preci-
samente detta pietra, per giudicare della sua Antichitä avanti, che
quel galanthuomo sprega il suo tcmpo per essa. Mi dicono che
aparteneva al Principe Lichtenstein, hora non mi ricordo, che
lui habbia altra bacchanale se non una copia dt quello del Re
di Francia che 11 fu quJ regalato (mi pare) del Cardinale Albani.
Nel vedere rimpronta mi sara facile di conoscerta.
Li Vostri libri sono per ViaggtOj e subito che arriveranno
vi sarano transmessi. 5e mai capita quella medaglia grande
d'Argento battuto in Syracusa, che pesa quattro tetradrachmi,
havrei Caro di haverla- D'una banda si vede la testa di Cerere,
de l'altra un carro ttrato di Cavalli. *) Pagaro volentleri il
prezzo di essa.
Rispondo con questo ordinario alta lettera del Atfani.
16. Rom, 13. Jan. 1731.
Le cachel de cette lettre est le Mercure grave par Dioscuride
*»i Comalline. II aparlient au Fagel. •)
Ho ricevuto con grande soddlsfaztone il genL"^** foglio di
^- S. I™. 11 dissegno del Vaso ho considerato bene, e vorrei
"Volontier! averlo se per un prezzo discreto se potesse comprare.
Vi prego, Caro Amico, di fare il possibile di conchiuder iJ ne-
S^Dzio col meglior mio vantaggio. Scrivo con questo ordinario
^* console Britannico Mr. Allen di darvi a ognt vostra requisizione
^t ordine li denari che !i chiederete sino atla somma di 70 Ducati
^oneta Napolitana. Vi prego di fare il possibile di averlo per
*^eno se si puol, ma in caso dt non, pagateli 11 70 Ducati, sup-
P<>wndo, che sia intero e conservato bene. Se vi accordate col
poKessorc intorno il vaso^ prego di consignarlo al detto Signor
^nsole Alien, il quale havra cura di mandarmilo secondo l'in-
>} Jcdcnfilli l*t die tjctcinntc DekarfTachmr von S gcmrint.
•) Du Siegel i« lusgwctinitlCT »'■hfKhrinlich die bd t-'urlvingler, Oemmen,
T. «, 10 ibgeblldcU Oemine, Difl diese im B«ltr dct F«jcl wir, IjI «ti.
dirizzo che H mando. Ho scritto al Sibell, di lasciar il libro a
Casa vostra, credo che l'havra fatto a qucst ora.
Ho comprato un libro molto singolare mai da me vcdutc
ahrove. 11 tilolo e: Rcgis Ferdinand! (Neapoli*:) et AHoniir
q>istoIae et orationes utriusque mililiae, in 8. Cie d'entro mollt
Vettere del Panormilano, dei Pontano e de! dctlo Re Fernando (
stampato: VICE AEQVENSIS apud losephum Cachium 1586
Ho acquistato anche Antonii Bononiae Panormilani Orationes t
Epistolae et Carmina, Venetiis, 1554, 4*°. Cerco adesso Fran-
cisci Phllelphi epistolae in un folio grande,^) e non li posso tro-
varc in Roma. Questi Epistolographi del 15. secolo mi servonc
molto per spiegar le medaglie dei huomirii illiistri di quelli tcmpi
che faccio dessegnare per stamparli poi doppo. Gia a quest ors
sono fatti 80 dessegnt. Spero che col ajuto di Fontanini et Valesio*]
sarano da noi spiegata la maggior parte.
P. S. Ho trovalo un Grulero, dove l'lndice parota a Parob
c stato confrontato col libro e corrello. lo sto adesso confron-
tando col mio della nuova Edizione e mi serve molto per corri-
gerlo e accrescerlo. Les Hvres ne sont pas encore arrives.
J'agreerai le billet de change.
17. Florenz, 5. Juni 1731. ■)
Mandai il raese passalo al Sig:'* Console Allen li due libr
mandalili del Fagel : 11 HesychJo, et il Homenis Hebraizans. Ii
caso, che non li habbia per anche conscgnati a V. S. 111:'°', la prege
di mandare a Casa sua per essi. II Sig'^ Console Skinner d
üvomo prese I' incombenza di mandarli a Napoli, dove sarannt
a questora sicuramente arrivati. Sto anchora qui in Firenze, in
certo si devro ritomar a Roma o andare Ultra montes. Del ultim<
1^) ^irtolac Fracitcl PtiUelli o oriciiiuio txrinpliB:i Irauuuinpiae. Ptiotn AaMi
M. D. VI in 4 0.
■) Beidr haben aurh husI Ph. v. St. bei tdnm antiquariKhcti Unlcnachnnca
echolfra; nimcntllch voll dcrTot der OemmatCidatae «uf Vilciiuj rurüclcgthcn. der dn
unütx-rrlnd liehe Abßcignng hane, mit teincm Namen in die Öffenil ichkeil zu treien. t(1
Coii vat Onobon. tat. 1113, «o Ghez2L lu einer Zeichnunj; von Slotch htnzui^eKhriebcfi
hat: Barone SCoic. che pubblfc^ un Llbio ili Ucmm« col nomc dcirinUglUtorc, a enl bn
Ir tpifgailuni 1' Ab. Valnlo.
») Phil. V. Stotrh halle Fnde Febtuai Uli Rom vrrlassn und ddi nach FIoRV
begeben, inlolge an auf ihn etmachtcn AttoiUtes. Vgl, C Juti, Antiqn. Briefe de
Cb, Y. SiMch, Marb, i»7i, S. i*. Zdttcbr. f. b. K-, t8;2. S. 3)J.
havrei piii gusto, perche sarei in stato di meglio servir li miei
amici, esscndo in Gianda o Engilterra^ che in questi paesi. Vi
prcgo di rispondermi una parola intorno ]i mentovati libri, in-
dirizzando le mie Icttere al SJg:" Colman Residente Britannico
in Firenze.
18. Florenz, 26. Dec 17J1.
■ Sento con singolare contento, che li libri sono alla fine
pcr\'enuti alH suoi mani. lo li consegnai nel Aprile in mano al
Console Britannico Skinner, per mandarli a Napoli al Sig'^ Allen,
et lui mai potette rinvenir sopra quäl nave li aveva caricati.
^b Si V. S. lU*"* ne vuol ringraziare il Sig. Fagel, lei puol
TIfettere sopra AI lllustrissimo Signore Padrcne Mio Colendissimo
il Signor Francesco Fagel Segretario di Loro Alte Potcnze H Stati
Generali delle Provinzie Unile alla ^iaya in Hollanda. In caso
che lei non si vuol dare questo incommodo, suppHrö io per lei.^)
^g_ Non connosco Mr. Smith se non per Reputazlone.
19. Florenz, 24. Okt. 1732.
II Signor Scliaw Inglese dara qucsta lettera a V. S. III.""
insieme con sei esseniplari d'un ritratto, che Un Intagliatore dl
Norimberga^) ha fatto della mta figura, lei H dara alli miei
Amici e conservera uno per se. Questo Sig:"' Schaw*) * un grand
literato, che ha visto Oran parte del Africa e stato in Egitto e
adesso vuol vedere I'ltaliaj lei havra un piacere grande de trale-
nersi seco sopra quelle a noi pocho meno che ignote conlrade
et paesE, che sono sCati visitati da molli mercanti, nia di pochis-
simi titcrali della sfcra del Signor Schaw, il quäle ha lutta l'in-
lelligenza neccssaria per far delle osservazioni utili al mondo
literario. Supplico a V. S. III."" di farli conoscere li literati Na-
>) Eei'zio hit an Ptsctl einen lil. Brief ceundt, der In den oputc. rolgiri Ut,
S- 331 abgedruckt m. Der Brief isl datiert von Pari«, pr. ■cü. April. 1T16,
fljcdenfalli O. .Marl. Preißler, »gl. Fr. Ldttchuh, Die PtmlHe tVdBIer ond Mark.
TuKhcf, ttiptig, il«6. Dei KupFcrslich trägt die UnlerMtifitt: Imaüo . Philippl ■ de .
StOKh • // l'ib. Banmit Herum . anti /,' quoium «tuUio«! . // ab . Edmunde . Bouctiardan .
Oallo . // e . marmore . cxsculpta . Romae M. VrC XXVtl . ', Joli. Jmi. Pwifiler del .
Röttue . 0. -Marl. PrdBler k. Norirab. Stosch hil einen Mantel auf der I. Scbnller, dn
«lurdi eine Agraffe muinmengehallcn vird, die mit einer EuLc veriicn itt.
*} Schav itt nach der Diographte UniverKlIe (Paris, it**t royasrar en Afriqae etc.
i«n-iTsi.
poliUni, et li assJcuro, che tutli li favori, che si compiacera di
farli, saranno da me tenuti come fatti alla mU propria persona.
20. Florenz, 30. Dez, 1732.
Ho ricevuto il Genlil;"«» foglio di V. S. 1!1:™ in data del
5. X^", et molto la Ringrazto delli favori fatli al Sig" Schaw.
11 quäle e huomo di un merito distinto. Mi dispiace, che sia
State in Napoli in un lempo, che li tremuoti hanno mostrato
detta citta nella piu svantagiosa situazione che vedere si possa.
Godo molto di senlire il comminciamento d'una Accademia di
scienze in Napoli fertile di Ingegno in tulte le arti liberali e
scienze. Se volete trovare un fondo per dctta Accademia, bisogna,
che dechiarale il Cav. Garelli') per capo di essa e Cesare per
Protetlore Honoraho et vedrete, si bastera t' annuo al Garelli a
trovare un fondo per il mantenimento di essa. Quando havro
tenipo di rivedere le mie medaglie Antiche (Ic quäle stanno in-
cartate senza ordine), vedro se ci sara iina di Postumo duplicata,
per potervela mandare, perche da noi solo sono rare in gran-
bronzo e Oro et in piccolo metallo si trovano in quantita et ml
ricordo di averne una volta contprato a Nimwegen nel paese di
Ocldra 500 d'un istesso Cugno (= conio) PAX"AVG* le quaü
disCruggevano di quanto il argomento di quelli, che non credono
che due medaglie Antiche si trovano de1 istesso cugno. Se questi
Anliquarii havessero veduti fare le monete oggidi, havrebbero
facilmentc o&scrvato che con un solo Ponzone di Relievo in
Acciajo si possono cugnare millc cugni, et col ponzone d'una
figura mille cugni di rovescio. Le lettere poi a ogni cugno li
antichi li facevano a mano, !i nostraü con altri ponzoni, di la
viene, che una volta comparando con qualche d'uno de' miei
Amici in un banco in Amsterdam millc diffcrenti scudi di Luigi XIV,
trovassimo solo pochissimi diffcrenti per la testa et veruno simile
lettera per lettera a l'altra. Questo capiranno piü la gente del
mestiere di fare monete che li Anliquarii. Lei se lo facci
spiegare di uno di loro.
4
^
<) Vgl. S. 338, Anm. 7.
I
Ernst Bernhein, Das akademische Studium der Oeschichtsvissen-
sduFt Mit Beispielen von Anfängerßbungen und einem Studienplan.
2. enreiterle Auflage der Schrift »Entwurf eines Stiidienplans" usw.
Greifswald, Jiil. Abel. 1907. (83 S.)
Mit den Gedanken und Plänen Bernheims kann man sich Im ganzen
durchaus einverstanden erklären, vor allem mit der beabsichtigten Zurück-
drängung -der Herrschaft des rezeptiven Systems", d. h. des -erdrückenden
Übcrge«'ichts der Vorlesungen", zugunsten der wirklichen Unterrichts-
charakter tragenden Seminarübnngcn von den ersten Semestern an. Was
hat es denn z. B. für einen Zweck, etwa denselben Stoff in wöchentlich
vierstündigen Vorlesungen vortragen oder ablesen zu hören, über den der
betr. Dozent ein Buch geschrieben hat, wie das häufig vorkommt? An-
gebracht sind nur einführende Orientieningsvorlesungcn. wie B. völlig
richtig fordert. Die Bedeutung der in den Vordergrund zu stellenden allseitig
bildenden Seminarübungen behandelt B. in dieser Auflage seiner Schrift
näher, gibt ferner lehrreiche praktische Beispiele von Anfängerübungen
sowie einen genauen Studienplan. Er sucht aber in dieser neuen Auflage
auch den Gefahren einer Überfüllung der Seminare, die gerade infolge der
Erkenntnis ihrer Bedeutung eintritt, durch den Vor^hlag zu begegnen,
schriftliche Arbeiten in den Seminarstunden selbst im unmittelbaren Ver-
folg der Gesamtuntersuchung anfertigen zu lassen, für die er ebenfalls
«in praktisches Beispiel (Nr. 4] bringt. Im ganzen sieht man aus der an
sich durchaus zu begrüßenden Schrift freilich aufs neue, eine wie geringe
Rolle die Kulturgcschiclilc in dem Gedankenkreise unserer Universitäts-
historiker spielt, trotzdem gerade U. eine freundliche Stellung derselben
gegenüber einninnul. Die Ausbildung als Ktilturhistoriker würde doch
eine ganz andere Anlage der Übungen mit ganz anderen Stoffkreisen er-
fordern, als sie die Beispiele Bemheims vorführen. Wenigstens müssen
auEler oder nach diesen, jedem Historiker dienlichen Übungen in dem Um-
gehen mit den Quellen, Kritik usw. spezielle kulturgeschichtliche Übungen in
ausgedehntem Maße stattfinden, die natürlich nurein Kulturhisloriker anlegen
und leiten kann, nicht der politische. Bemheim ignoriert ja die Kultur-
geschichte keineswegs. Bei den Übungen im historischen Lchrvonrag
findet sich z. B. als tchte Aufgabe Behandlung der Kullurverbältnisse
unter Kar! dem Grollen. Das Kapitel ^Vorlesungen über die historischen
Hauptstotfe- beginnt: »Die historische Bildung umfaßt poUtische Geschichte
und Kulturgeschichte". Aber diese Erkenntnis tritt doch in dem eigent-
lich praktischen Teil der Schrift kaum hcr\'or. Vielleicht fügt B. in einer
dritten Auflage das Beispiel einer speztfbch kulturgeschichtlichen Übung
hinzu. Bei der Eigenart der Probleme, zuweilen auch der Quellen - ich
erinnere z. B. an die bildlichen Quellen - ist eine solche gar nicht SO
einfach, vk man denken kAnnle. Georg Slelnhausen.
Crmt Schaunkell . Geschichte der deutschen Kulturgeschichrs-
schrcibung von der Mitlc des 1S. Jahrhunderts bis zur Romantik im Zu-
sammenhang mit der allgemeinen geistigen Entwicklung dargestellt. (Prd*-
schrificn, gekrönt und herausgegeben von der Fürsilidi Jablonowskischen
Gesellschaft zu Leipzig. XXXIX.) Leipzig, B. Q. Teubner, 1905. (330 S.]r|
Das Preisausschreiben ist auf Anregung Lamprechts ergangen. Der
Verfasser der Preisschrift steht auch auf dem Boden der Anschauungen Lani-
prechts. Leider hat sich herausgestellt, daB das Buch in seinem ersten
Teil gerade an den besten Stellen ein Plagiat aus Arbeiten von Dilthey]
und Goldstein ist, wie K. Nobl in den Forscliungen zur brandenburgischea]
und preußischen Geschichte, ^% 2SS - 9J nachgewiesen hat. Ein weit«
Eingehen auf das Buch erübrigt sich daher. Man hat aber mit R<
hervorgehoben, daß die ZiisammeTistelhmg interessanter Außeningenj
älterer Autoren immerhin ihren Nutzen hat. Übrigens haben in neuere
Zeit noch ganz andere Leute als Herr Schaumkell nidil allzu vid'j
Respekt vor fremdem literarischen Out entwickelt. Einem weiteren, in die
Beziehung noch nicht erkannten, sehr kritischen Herrn in einem bcreitaj
älteren Werk hier und da ein »Vergessen» des Setzens von Anffihrunj
zeichen nachzuweisen , mag passender Gelegenheit vorbehalten biril
Die JablonowskJsche Gesellschaft selbst hat nachtraglich eine Erklärui
gegen den Verfasser veröffentlicht, in der sie. abgesehen von dem oben be^
rührten Punkt, dem Verfasser weiter vorwirft, daß er die von ihr verlangten
Ändeningen resp. Umarbeitungen nicht vorgenommen habe (vgl. Lilter.,
Zenlralblatl, 1907, Nr. 24). Das hätte doch aber bei der Drucklegung ge-J
merk! werden können oder vielmehr vorher, als die Arbeit .in druci
fertigem Zustande" wieder eingereicht wurde (vgl. Vorbemerkung hinli
dem Titel). Georg Steinhausen.
WeKffesehichte. Unter Mitarbeit von Th. Achelis. Geor« AdU
u. s. w. herausgegeben von Hani P. HcInolL Bd. 9. Nachträge. Quelle
künde. Genen Iregister. Von AlexanderTille, Richard Mayr, Viktor
Hantzsch, Thomas Achelis, Hans F. Helmolt und Friedrich]
b.
f^ichlcT. Mil 2 Karten und 2 schvarzen Beilagen.
äihHopaphisches Institut. 1907. (VIII, h77 S.)
Die einzelnen Bände des umfassenden Unternehmens sind hier je-
*"eib nach ihrem Erscheinen gewürdigt worden; bei dem zuletzt heraus-
S^ltßmmenen 6. Band, mit dessen Erscheinen das Werk eigentlich abge-
schlossen war. bin ich noch einmal auf das Qesamtwerk eingegangen
(vgl. Archiv, S, 377 f.) und muß auf die dort geniaciilen Bemerkungen
»'erwtisen. Ober den vorliegenden Ergänzungsband will ich daher nur
Iciirz referieren. Zunächst bringt er zwei Nachträge, die freilich eine auch
*onst hervorgetretene Zerstückelung des Ganzen noch vermehren: Tille
^ührt seine sehr mäßige Darstellung der Engli:>chen Ge$chichte (Bd. t>)
t>is zur Gegenwart (-Großbritannien und Irland seil dem Tode Georgs lll.")^
UTid Rieh. Mayr schließt seine ge$chickt zusammenfassenden, von eminenter
&«Iesenheit zeugenden Ausführungen über BWesleuropas Wissenschaft,
Kunst und Bitdungswesen vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart" (Bd. s)
(nitdrei Kapiteln über .die bildenden Künste^ »die Naturwissenschaften"
Und »die Geisteswissenschaften- im 19. Jahrhundert ab.
Weiter enthält der Band einen sehr lesenswerten, gerade für uns
0«ulschc interessanten Beilrag von Viktor Hantzsch über »die deutsche
Auswanderung" und eine nicht gerade bedeutende Darbietung von Thomas
A.c)ielis: •Methodologischer Rückblick .luf die Ergebnisse der ,Wett-
fe-schichte'", worin das von Melmolt zar Begriindung und Verteidigung
der Anlage der i.WeIlgeschichte" OcsaR;tc mehr oder weniger umschrieben
»'irxl und die Ergebnisse des Gesamtwerkes zusammengefaßt werden. Die
**a.nn anschließende Skizze. modemer Geschichtswissenschaft": »Zur Psycho-
loge der Weltgeschichte- ist ohne besonderen Wert.
Sehr willkommen werden dem Leser endlich die «Quellenkunde", d. h.
cäfa ziemlich ausführliches, freilich sehr »mgleiches Literaturverzeichnis,
u tici das natürlich durchaus notwendige Gencralregister sein.
Im ganzen möchte ich trotz mancher von mir früher gemachten
^»^wlnde das von den meisten Mitarbeitern Geleistete nochmals besonders
^■^^ikennen und dem Werk weiteren Erfolg wünschen.
Georg Steinhausen.
Pustel deCoutanges, Der antike Staat, Studie über Kultus, Recht und
^^nrichlungcn Griechenlands und Roms- Autorisierte Übersetzung von
**» ul Weiß, mit einem Begteilwort von Heinrich Schenkt. Berlin und
Leipzig, Dr. Walter Rothschild, 19U7. (476 S.)
Das berühmte Werk Pustel deCoulanges' »La cit6 antique" erscheint
^*er in deutschem Gewände. Der Übersetzung an sich wird der Qrarer
Philologe Heinrich Schenkl gerecht, er urteilt auch über das Buch selbst.
»ind seiner Autorität lauscht man mit Vergnügen, wenn er zum Beispiel
dfin Fnnzosen unntreichende Qudtenfichtung vorwirft, um dann wieder
seine ßlinzcridcn Vorzöge hcr%'orzu heben. Der Stiatsorganisinus des ge-
samten Altertums wird in dem Werk vor uns aufgebaut. Die Familie, in
deren ältester Form die Religion als bildendes Prinzip vorherrschte, widst
sich zum Staalsverband aus. Das Familienrecht ist Gegenstand dnKcfacBder
Erörterungen, wobei Pustel für seine Zeit Aufkrordentlichs leistete. Gegen-
värlig ist der Blick geschärft und erweitert, man hat auf Crund der ver-
gleichenden Rechtswissenschaft sowie neuer Funde das Wesen der Rechts-
historie liefer und intensiver zu durchdrin^n gelernt. Funde, wie das Recht
von Oortyn, die ägyptischen Rechtsurkunden, der Codex Hammunbi und
andere haben die einst bdcimpften Wortführer der Recbtsvergieichung,
Köhler, Post, Leist, Meili und andere, glänzend gerechtfertigt, und mit Be-
rücksichtigung dieser Forschungen müßten die betreffenden Abschnitte des
Bttdics eigentlich umgeschrieben werden. Für griechisch-römische Fngen
aber haben sie noch jetzt Oettung, wenn der Herausgeber auch davon
absah, die neueste Uteralur heranzuziehen und zu verzeichnen, was ei'gent-
lieh zu bedauern ist (ebenso wie das Fehlen eines Index). Der Staat wird
dann untersucht und eindringlich dargelegt vie jedes Organ dieser Körper-
schaft von starrem Ritualismus dicht umsponnen, das Ganze mit ponli-
fikalen und hierarischen Elementen durchsetzt und durchwuchert ist Die
Magistraturen, die Gesetzgebung, Bündnisse, Stadt- und Koloniengründungen
zahlen dem Kultus ihren sehr ansehnlichen Tribut, so daß die gesamte
Denkweise der Menge von sakralen Ideen erfüllt ist. Eine Wendung der
Dinge tritt erst durch das ein, was Fustel die Revolutionen nennt, und
unter denen er die allmählichen, zum Teil auch ge<9(-altsamen Abändeningen
der Staatsverfassungen, den Übergang vom Königtum zur Aristokratie, von
dieser zur Tyrannis und dann zur Demokratie verstanden wissen will. Das
sind reiche, xhüne Kapitel, voll von Anregung und belehrenden Aufschlüssen.
Zuletzt findet das Verschwinden der Munizipal Wirtschaft eine kundige Dar-
stellung. Neue Glaubenslehren treten in den Vordcrgnmd, die Philo-
sophie beeinflußt das politische Denken, äußere Umwälzungen wie durch
die Übermacht Roms, die nicht nur Hellas bewältigt, bedingen ganz neue
Zustände, bis d^nn mit dem Christentum das Mittelalter seine ersten Boten
ins klassische Altertum entsendet und abermals ganz neue Grundlagen und
Lebensbedingungen ankündigt. Das Werk bedarf keiner Empfehlung, durch
das deutsche Gewand wird es noch weitere Verbreitung und neue Freunde
gewinnen. In Einzelheilen freilich dürfte das Urteil bisweilen abweichen,
so wenn es S. 188 heißt: »Der Kalender war weder durch den Lauf des
Mondes noch durcli den sichtbaren Ijuf der Sonne bestimmt; er warnur
durcli die Gesetze der Religion bestimmt, diese geheimnisvollen Gesetze,
die die fViesler allein kannten". Eben diese geheimnisvollen Gesetze
benthten aber auf nichts anderem als auf genauester Beobachtung der
Himmclsvorf^änge, wie ja das ganze Kultwescn von Bczieliungen zum ge-
stirnten Himmel und zum Sonnen- und Mondjahr durchsetzt ist, nicht nur
c
b« den Griechen, sondern auch bei allen altorientalischen Völkern. Das
isl aber eine der Erkenntnisse, zu denen man erst neuerdings vorgedrungen
ist und deren BerücksichUgung durch den Herau^eber dem Buche zum
Vorteil gereicht hätte. C. Fries.
Arno Neomann, Jesus, wer er geschichtlich war. (Neue Pfade zum
alten Qott. 4.) Freihurg, Waetzel, 1904. (206 S.)
Unter den zahllosen Versuchen, das Lebensbild Jesu nachzuzeichnen,
nimmt dieses Heft einer vom überal-lheologischen Standpunkt aus
geschaffenen Serie apologetischer Schriften durch klare Anschaulichkeit,
edle, volkstümliche Sprache und «'arme Begeisterung für die Sache einen
ehrenvollen Platz ein. Nach der Vorfrage: hat Jesus überhaupt gelebt? be-
handelt derVerfasser in drei ungleichen Teilen, die sich etwa wie 5 zu S zu 4
verhallen, den Lcbeiismorgen. das Tagewerk, den jähen Abend. Schon die
Disposition zeigt die geschickte Art zu formulieren; sie charakterisiert zu-
gleich die Betrachtungsweise: es ist die durch Keim inaugurierte, die auf
breitem zeitgeschichtlichen Unterbau Jesu Erscheinung zu verstehen sucht
(daher die Ausführlichkeit des I.Teils). Aufgewachsen im Kreise der Stillen
im Lande, tritt er zunächst auf als ein an den Prophetismus anknfipfender
Reformer des Judentums im sittlich-religiösen Sinne, der dann erst im Lauf
seines Wirkens den Gedanken entwickelt er sei der Messias, berufen, das
Oottesreich in einem höheren, unpolitischen Sinne herzustellen, und der
beim Scheitern dieser Erwartung mit dem Todesgcdanken die Wiederkunfls-
faoffnung aufnimmt. Diesjesiisbild mag viele moderne Menschen anziehen,
manche befriedigen, Daß es (auch wisscnschaftlicii) nicht das einzig mög-
liche ist, hat die neuere Forschung gezeigt, die das religiöse Moment, die
Oottesbotschaft, das SeJbstbcwußlseiii Jesu wieder viel stärker in den Vor-
dergrund schiebt, das Außerordentliche an ihm und seinem Leben mit
Nachdruck betont. Ob es überhaupt möglich ist, «Jesus, wer er geschicht-
lich v&t' zutreffend zu zeichnen, und ob das geschichtliche Jesusbild, so
gewiß es die theologische Forschung zur kritischen Norm der Gedanken
über Jesus braucht, geeignet ist, »apologetisch" zu wirken, das sind Fragen,
welche die Theologie eben lebhaft beschäftigen und wohl wert sind, daß
auch vreitere Kreise ihnen ihr Interesse zuwenden.
von DobschOtz.
Theodor Undner, Weltgeschichte seit der Völkerwanderung. Bd. >.
Dit Kämpfe um die Reformation. Der Übergang In die heutige Zeit.
Stuttgart und Berlin, J. G. Cottasche Buclihandlung Nachfolger, 1S07.
(Xn. 518 S.)
Die bisher erschienenen Bände des tüchtigen und anregenden
Werkes habe ich ausführlich im 4. Bande unseres .\rchivs, S. S-t?- 360,
besprochen und die allgemeine Bedeutung desselben, das ich gerade für
Archiv für KnlRitscschicfatc VI. 23
J
vcil«re Kreise zur Einfährung in die weltgeschichtlichen Zusammenhänge
für sehr KcciKnet halte, gevürdigt. An dieser Stelle interessiert uns
allem dzs VerhSItnis des Werkes zur Kulturgeschichte. Was ich in ]'<
Besprechung hervorgehoben habe, daß nämlich Lindner in dieser Berteht
eine Mi fielst eil tmg einnehme, daß sich Öfter nur ein Nebeneinander von
polUiscber und Kulturgeschichte finde, dal] in der Zumessung des Raumes
jene dieser gegenüber ein bedeutendes Übergewicht habe, daß aber immer*
hin die kuLturgeschiditlichen Abschnitte um ihrer selbst willen und mit
IJebe geschrieben seien, trifft im ganzen auch für den vorliegenden Band
zu. Das bloße Nebeneinander von politischer und Kulturgeschichte ist
indessen mit Glück in den Abschnitten: Frankreich unter Franz I. und
Heinrich 11., Hngland bis zur Durchführung der Reformation, Spani<
politischer Niedergang, literarische und künstlerische Höhe, Das Aufsteij
Hnglands, Die Blüte Hollands u. a. vermieden. Auch dn anderer, für
kulturgeschichtlichen Teile von mir hervorgehobener Punkt, die Bevorzugui
der geistigen und künstlaisciien Kultur und das völlige Zurücktreten
hluslichen und gesellschaftlichen l^bcns und der Volkssitten söt
innerhalb der wirtschaftlichen Kultur die geringe Berücksichtigung
Gewerbe und Landwirtschaft gegenüber dem Handel ist nicht mehr
gleichem MaSie zu beanstanden. Die sittlichen Zustände, die Lebei
führung, die gewerblichen, auch die landwirtscliaftliclicn VerhSttnisse sir
verschiedentlich berührt, freilich noch nicht ausgiebig genug behanddl
im Verhältnis zu jenen anderen Gebieten, die ja allerdings gerade für
diese Zeit ~ man denke an Italien, Spanien und Hotland - eine b^^
sondere Berücksichtigung verlangen. ^H
Zur Charakterisierung des Bandes seien noch Lindners Einlcitungs-
wortc hierher gesetzt: »Dieser fünfte Band bringt einen Abschluß und
einen Ausgang in der Entwicklung. Unter ungeheuren Kämpfen zer-
sprang für die Dauer die bisherige Einheit der abendländischen Welt-
gruppe, und zugleich bereitete sich eine neue inhaltsreichere Gemeinsamkeil
vor. Jene Kämpfe waren sowohl politischer wie geistiger Art und hingen
so eng untereinander zusammen, daß dieser Band nicht wie die früheren
in Bücher zu teilen war; er bildet ein Buch für sich. Deimoch gestalletea^|
sich die Vorgänge in den Ländern so eigenartig, daß jedes für sich b€^^
handelt werden mußte, um zu zeigen, welchen Anteil es damals an dem
allgemeiuen Gange nahm, und wie es zugleich für die Zukunft seine äußere
und innere Geschichte gestaltete. Bei allem Streit gingen durch die Zeit
auch allgemeine Züge hindurch, und die Linien trafen sich in einem ge-
meinsamen Schnittpunkl, so daß der Schluß der trzählung mit Cesar
ergebnissen abrechnen kann.« Dieses Scblußkapitel: «Der Übergang
unsere Zeit-, in dem Lindner «die Ergebnisse dieses Bandes einheilli<
zusammenfaßt mit einem Ausblick auf den weiteren Gang der Dinge",
ist das beste des Bandes und wirklich ein weltgeschichtliches Kapitel
Weltgeschichte natürlich in dem damals möglichen Umfang genomrac
ini^_
ilidi^
Aber ich mödit« die Frage aufwcrfeii, ob die hier darKclegtcn weltge-
schichtliche n Qesichlspunkte nicht tetlveise dach auch für die Einteilung
und Bewältigung des in diesem Bande dargelegten Gesamtätoffes überhaupt
hätten maßgebend sein können. Das Nebeneinander der Geschichte
einzelner VöLker und Staaten atich in den früheren Bänden finden sich
übrigens derartige Kapitel - ist trotz gelegentlichevi Eingehens auf den
allgemeinen Uang der Dinge in einer Weltgeschichte nur selir bedingungs-
weise am Platze. Wie eine Volksgeschichic neben den sozialen auch die
lokalen Verschiedenheiten ständig betonen und in ein Verhältnis zur Qe-
samtenlvicklung setzen, aber dodi niemals die verschiedenen territoriaten
oder lokalen Entwicklungen als solche darstellen soll, so muß auch eine
weltgeschichtliche Darstellung sich gegen die einzelnen Völker verhalten.
Bei ihr handelt es sich immer um Völkergruppen, um deren Mit-, üegen-
und Auseinander in politischer, um die bei ihnen zutage tretenden Qe-
samtstrümungen in kultureller Beziehung. Dabei kann sehr wohl der
Entwicklung eines einzelnen Volkes, soweit sie für den Zusammenhang
interessant ist. nachgegangen werden, sei es, daß die die ganze Völker-
gruppc beeinflussende Kulturstromung hei ihm entsteht, daß es überhaupt
eine führende Rolle innehat, sei es, daß diese Strömung von einem Volk
modÜiziert wird, sei es. daß ein Volk dieser Strömung widersteht und
seine vielleicht später maßgebende gegensätzliche Kultur bewahrt oder
entwickelt. Mach den allgemeinen Gesichtspunkten aber muß sich Aus*
wähl und Einteilung des Stoffes richten.
Georg Steinhausen.
Die Regel des heiligen Benedlctus erklärt in ihrem geschichtlichen
Zusammenhang und mit besonderer Rücksicht auf das geistliche Leben.
Freiburg I. Hr., Herder, 1907. (XV, 55+ S.)
Der Titel des anonym erschienenen Werkes ■- es Ist die Ober^tzung
eines französischen aus dem Jahre 1901 - bereitet dem Leser zunächst
eine Enttäuschung: er wird glauben, eine Biographie des heiligen Benedikt,
eine Analyse der Kontroversen über den Text der Regel und seine Geschichte,
«ine Darlegung des Inhalts der Regel nach seinen literarischen und theo-
logischen, rechtlichen und wirtschaftstheoretischen Voraussetzungen zu fin-
den. Der Autor aber hat sich ein anderes Ziel gesteckt. Er übersetzt die
Regel und fügt zum Wortlaut eines jeden Kapitels Betrachlungen über-
wiegend erbaulicher oder paränetischer Natur. Durchdrungen von monasti-
«cher Weltanschauung will er Fingerzeige geben für die innerliche Aneig-
nung des Regelinhalts durch den Angehörigen des Ordens; die Worte des
Heiligen sind ihm Stütze und Stab für sein Denken und Fühlen, neben
ihnen die Lehre der Kirehe, «die sich so wenig ändert wie Qoit« (S. II).
Nicht diese Seite des Buches gilt es hier zu würdigen, sondern die Kette
historisch-antiquarischer Exegesen zum Regellexte. Erklärungen dieser Art,
\on einem Ordensmann gegeben, werden stets willkommen sein, und gern
2S*
i
bekennen vir, sus den Darlegungen mancherlei gelernt zu haben, namrnt-
Hdi aus denen über die gottesdienstlichen Verrichtungen in einem Benedik-
tinerkloster, die sich an die Kapitel S bis IS der Regel anschließen (S. ^9S H.].
Weniger befriedigen die Bemerkungen über die Verfassungsgrundsätze der
Regel (z. B. zu Kapitel 64. S. 4b9fr) oder gar über ihre wirtschaftstheo-
retischen Voraussetzungen {vgl. z. B. zu Kapitel 57, S. 3^ ff.): gende hier
bitte das FYoblem weit tiefer erfafit und klarer entwickelt «erden können
An fleriBiger Umschau in der älteren Literatur, sei es der Kirchenväter, sei
es der Kammenl.itnren wie z. B. Mart^e, fehlt es nicht, aber man vermißt
eine Auseinandersetzung z. B. mit O. Qrützmachcr (Die Bedeutung Benedikts
von Nursia und seiner Regel in der Geschichte des MAnchtums. EJerlin 1 S93)
oder mit E. Spreitzen hofer (Die historischen Voraussetzungen der Regd
des heiligen Benedikt von Nursia, Wien 1S95); vgl. jetzt auch H. Graß-
hoff, Ijngobardisch- fränkisches Klostem-esen in Italien, GAltingen I907.
Alles in allem gehört das Buch mehr zu den erbaulichen und entzieht sich
deshalb einer eingehenden Würdigung in dieser Zeitschrift. Nur soviel
sei gesagt: aus jeder Seile spricht ein ernster und doch wohlwoltender
Sinn, ein felsenfester Glaube an den Beruf des Ordensstandes, der auch
dem Achtung abnötigt, der ihm fernsteht. - Die Cbersetzung liest sich
leicht, sieht man von einigen (*ro\incialisnicn ab. Warum aber legte sie
für den Text der Regel ihre Ohertragung ins Französische zugrunde, zu-
mal die Begrfindung S. VI doch nicht ausreicht? Eigenartig freilich ist
die Bemerkung des Verfassers (S. VII), daB fQr zahlreiche Ordcnsfnuen
- denn auch für sie ist das Btich bestimmt - die lateinische Sprache der
Kommentare ein Hindernis des Verständnisses bilde; da waren die Kloster-
Schwestern der Hrotsvit doch gelehrter als ihre Nachfolgerinnen in der
Gegenwart. Albert Werminghoff.
Hilarin felder, O. Cap., Geschichte der wissenschaftlichen Studien
im Franziskanerorden bis um die Mitte des li. Jahrhunderts. Freiburg i. Br,
Hcrdcrschc VcTlagshEndlung, 1904. (XI, 5S7 S.)
Dies Buch führt in eine der in tcressan testen Epochen der Kultur-
und Gelehrten geschichtc, die Zeit, da durch Wiederentdeckung des Ari-
stoteles ein gewaltiger Umschwung auf dem Gebiete der Wissenschaften er-
folgt, da Theologie und Philosophie in den mächtigen Systemen der Scho-
lastik zusammengefaßt werden, da steh als Mittel hierfür die großen Univer-
sitäten in neuer Form hentusgestallcn. Es ist der Beginn einer von der
ersten Hälfte des sog. Mittelalters ebenso scharf wie von der neueren Zeil
geschiedenen Periode. Auch in Dichtung und Musik beginnt eine neue
Ära. Dali die Betielordcn hierbei in hen-orragendcr Weise beteiligt waren,
ist bekannt. Der Verfasser stellt in einer sorgfältigen, quellenmäßig belegten,
an vielen Punkten Neues bietenden Monographie den Anteil der Franzis-
kaner daran dar. Die Beschränkung auf die Zeit bis rund 1250 ist gerecht-
fertigt durch die Erwägung, daß eine Forlsetzung in diesem Stile, so
ititcressant gerade die näclislfolRcndc Zeit mit dein Höbepurkt der Schola-
Mik seiti müßte, eine ungeheuere Arbeitsleistung und auch einen sehr
umfangreichen Raum erfordern würde. Die Anfänge sind ja überall das
^X'' ichttgstc und Interessanteste. Die Uranfänge freilich sind auch dasSchwie-
'^KSte, oft der wissenschaftlichen Forschung geradezu unzitgänglich. Der
ciicsen gewidmete er^te Teil wäre im Interesse der wissenschaftlichen Hat-
t«-t rg des Buches besser fortgeblieben oder zur Einleitung reduziert worden.
^r ist aus der persönlichen Stellung des Verfassers zur Sache heraus zu
^«tntehen. Ihm sind die intensiven wissenschaftlichen Studien und die glän-
^^rden Erfolge der Franziskaner auf diesem Gebiete eines der schönsten
^*ahmcsblätier in der Geschichte seines Ordens. Unbeteiligte Forscher wie
'^- Müller, Sabatier. Üegler haben darin sozusagen einen Abfall desselben
^c>n seiner ursprünglichen Idee, einen Beweis der Verweltlichung gesehen,
So ist es dem Verfasser Bedürfnis, sie als völlig legitim, in der Idee an-
Ä'C'ltgt und vom Stifter des Ordens, wo nicht geradezu gewollt, so doch
*-n erkannt zu erweisen. Das gelingt nicht. Das Material ist zu gering, der
Verfasser arbeitel hier mehr deduktiv als induktiv, er bringt schon rein
iix ßcrlich ein Vielerlei bei, in dem sich das Thema fast verliert. Eine Anzahl
t>«r];laubigter Äußerungen des heiligen Franz muß er. so gut es geht, bei
^^ite schieben, andere stark für seinen Zweck pressen. An dem Beitritt
cJ^'» llterati z. B. schätzt Franz docli sicher nur das Beispiel der
^1 «^miliatio ("0, 2). Des Heiligen intuitive Ootteserkenutnis wird hier zur
» ^X^bsenschaff gestanpelt. Finessen der späteren Zeit wie der Unterechied
t^srischen Exhorte und Predigt werden in die Uranfänge zurückgetragen.
• F^ranz verfügte persönlich über ein reiches theologisches Wissen" - als
*t> er nicht auch in dieser Hinsicht die Armut geliebt hätte! Daß er ein
^**T. zerschneidet, damit jeder der Bruder ein Blalt zu lesen habe, zeugt
oicrhi gerade von wissenschaftlichem Sinn. Bonaventura ist hier für den
^"«^■ifasscr der richtige Interpret des heiligen Franz, den Berichten anderer
C»«rwährsmänncr tritt er oft mit cßtaunlicher Skepsis gegenüber. Und doch
^""Icfnnt er selbst in den späteren Teilen viel unumwundener an, daß die
^r^irilualcn in vielen Stücken die echte Tradition vertraten, datl starke Um-
randungen staltfanden. Oberhaupt ist es erfreulich, zu sehen, wieder Verfasser,
^'^»n man die Begeisterung für die Sache seines Ordens auf Schritt und
T'ritt anmerkt, von der neueren sowohl dominikanischen (Denifle) als akatho-
'•St:hen Forschung gelernt hat. Einzelne unnötig scharfe Ablehnungen,
**<?sondcrä der Thesen Sabalieis, die mit ihrer Übertreibung Ja freilich den
^iderepruch herausfordern, ändern daran nichts, auch nicht die Art, wie
**catholisclie Autoritäten oft mit einem -selbst", -sogar" zitiert werden, ein
^"villkürhchcs Zeugnis nicht völliger Unbcfaiigenheil bei dein Verfasser.
Ganz anders festen Grund und Boden bekommen Autor und Leser
onter die Füße bei den beiden anderen üjuptabschnitten, die Felder Fortent-
*«cldung und Aushau überschrieben hat. Jener bietet eine tiisloiisctie
iW
Boprcdi nnKcn.
Darsldluns d*r grundlegenden Studienentwicklung in den jähren 1219 b«
1250. Hier erkennt der Verfi5ser an, d«ß es vor »!lcm die Kurie war, di«
in klarer CrWenntnis dieses wichtigen HilfMnitlels den Orden rur Aufnahme
der Studien, zur Betdligung an dem Gelehrtenleben der UniversitÄtcn ver-
anlaßt hat. tiingehrnd schildert er dann die Geschichte der Minorilen-
schulcn an den drei Hauptuniver^ititen Bologna, Paris und Oxford. Diesem
Teil bietet vielfach interessante Details, auch in Ergänzung zu Denifler*
Geschichte der mittelalterlichen Unix-ersititen, Rashdalls ParallelwerV. da^
besonders für Oxford wichtig ist, scheint dem sonst in der neueren Literatrs- "*
sehr bewanderten Verfasser entgangen zu sein. Er legt Wert auf den Nach» "
web, daß auch die Minoriten. wie die Dominikaner, in Paris sehr bald iwe_-i'
Schulen besaßen, eine durch den Beitritt des Magisters Alexander von Hj
die andere dadurch, daß für Johannes de Rtipella ein neuer Lehrstuhl
schaffen wurde; femer daß fr. Bartholomaeus Angiicus, der Verfasser de. t
bekannten Summa de propriclatibus. einer der wichtigsten En^yklopädrste-^^
des Mittelalters, nicht identisch ist mit Barth, de Olaunvilla im 14. jabc: -
hundert, sondern bereits dieser Krfihzeit angehArt; endlich daß neben dr — "f
cursorisdien Lektüre der Bibel auch eine solche der Sentenzen stattfaiic^Ä
Eigentümlich berührt die nicht Ranz widerspnichsfrric Beurteilung des Rc — "^
ger Bacon : als Gegner der Pariser erfährt er zum Teil scharfen Tadel, a^Ms
große Leuchte des Ordens in Oxford wird er dann gebührend verberriich ^
Es hingt dies zusammen mit dem das Ganze durchziehenden, etwas zu sdi^^^
apologetisch-pan^yrischen Tone der Arbeit. Daß auch das Hnmoristischs=:=^<
nicht ganz fehle, dafür hat .der Schalk- Galtmbene, dieser vagabondietend^^*
Scholar und Allerweltschronist, gesorgt.
Der dritte Teil schildert endlich in mehr systematischer Ordnung: i
die innere Gliederung und Gestaltung des Unterrichtswesens bei der" '^
Franziskanern, die verschiedenen Anen von Schulen, die Stellung von Lel^*^^
rem und Schölern und unter dem Titel .das Schulprogramm* die einzdne^cr^^
Lehrfächer. Gerade dieser Tel! erscheint als der beste uikI wertvollste,
mal dadurch, daß der Verfasser sich bemüht, durch wiederholte Rückblick*
auf die (rühmittelalter liehe Entvickluiig das eigenartig Neue dieser sdi
r^ode deutlich vor Augen treten i^i lassen. So schildert er gut die Krisis
die der Einbruch der heidnischen Philosophie (Aristoteles mit Averror^=^=^
und A\-icenna) in die bislang hauptsächlich patrislische, d. h. augustinisch--^*"
platonische Theologie hervorbrachte, dann wieder den Gegensalz rwischcr' -*"
den dialektischen Parisem und den empiristisdien Oxfordem. Den tiefster^ ^"J
Qmnd für die Schwierigkeiten, die hier entstanden, aber hat er doch nicht
sehen können: er liegt im Wesen der mittelalterlichen Theologie, der eir
klarer Einblick in das Verhältnis von Glauben und Wissen, Wahrheit um
EoRchung, Methode und Resultat fehlt; ihr wird alles sofort zur auc — -"^
toritas, und nun gilt es den Wettstreit und Widerstreit dieser verschieden- — *
artigen Autoritäten zu entscheiden, eine unmögliche Aufgabe, die schließlich*''^
mit dem sacrifidum inlellcclus auf dereinen, mit dem ungläubigen Ratio "^
Tialismus (libre pens^) auf der anderen Seite endigl. wo nicht eine völlig
ridi« Erfassung des Wesens der Religion und Theologie über jenen Qegcn-
satac hinausgehoben hat.
Einige Wiederholungen hätten sich wohl vermeiden lassen; besonders
konnte das Ausdnicken der gleichen Belegstellen durch Verreise gespjirt
■'»^«rden. Übrigens ist deren Beigabe besonders dankenswert, da nicht jeder
Ijeaer gleich alle diese Quellen zur Hand hat und es oft eru-ünscht ist, zu
^^fssen, wie die von dem Verfasser zuweilen in höchst modernem Deutsch
■^nedergegebeiien Ausführungen sich im Originallatein machen. Irreführend
>st der durch das ganze Buch tiindurchgehende Gebrauch von Trecento
für das 13. Jahrhundert. von Dobschütz.
E. Troeltsdi. Die Bedeutung des Protestantismus für die Entstehung
<Scr modernen Welt. MÖnchen-Berlin, Oldenbourg, 1906. (66 S.)
Es wird vielen Lcscm willkommen «in, dafl Troeltschs eindrucl»-
voller Vortrag auf der Stuttgarter Historiker-Versammlung, der in der
Historischen Zeitschrift enschien, auch in einem Sonderdruck zuKäuglich
>st. Mit des Verfassers Ausfühnmgen über «protestantisches Christenlum
Und Kirche in der Neuzeit" in Kultur der Gegenwart, I, 4 sicli vielfach be-
rührend nnd sie ergänzend, sucht dieser Vortrag eine der größten Icullur-
E^schichllichen Fragen in ein völlig neues Licht zu rücken. Troeltsch geht
■*us von der; weseiillichen Charakterzügen der modernen Welt, um dann
das Wesen des Protestantismus zu erfassen; hierbei findet er, daß man einen
»Scharfen Unterschied machen muß zwischen All- und Neuprolestantismus:
^ie Rrformalion lebte in mittelalterlichen Problem Stellungen, die sie nur
•*«u beantwortete So blieb es bei einer wesentlich kirchlichen Kultur. Die
^"KCntlich vorwärlstreibenden Kräfte sind im Humaru'smus und im Täufcr-
^uiTi zu suchen: hier werden Kulturgüter um ihrer selbst willen erstrebt.
^^ der Aufklärung gewinnen diese Strömungen den Sieg über das protestan-
tische Kirchentum : so entsteht der Neu Protestantismus, und von da an datiert
^'^ die neue Zeit, die moderne Welt. Dabei hat der Calvinismus mit
Seiner großen organisatorischen Kraft noch mehr für diese Eiit«icklimg
S*leis«et als das ideal istischi', von Troeltsch mcrkwfirdig passiv aufgefaßte
*-^thertum. Eine positive Bedeutung hat nach Tr. daher nur, daß der
Protestantismus die Kraft der kirchlichen Kultur bricht, wodurch die natflr-
"f*»en Grundlagen Familie, Gesellschaft und Staat zur Geltung kommen,
Wirtschaft und Bildung, Wlasenschaft und Kunst sich entfalten können,
•^b^i der AltproieslanlHnu» doch «-ieder vielfach hemmend wirkt. Uiv
""ttelbarc Bedeutung luit der Protestantismus nur auf seinem eigenen
*^Pbiet, dem religiösen, und dies wesentlich dadurch, daß man über der
'^^»^n Antwort die alte Fragestellung vergaß, der reue Weg wichtiger wurde
•^ aas Ziel.
Man hat gegen diese gewiß sehr tiefgründige und eindrucksvolle
'^^^'»stniktion eingewandt, daß dabei Luthers Persönlichkeit mit ihren re-
formalorischen Ideen 2U sehr hinter ücm AUprotcstantlsmus mit der Sdiola
sHk seiner Theologen zurücktrete: was Troeltsdi S. 22 über Staat und Kirche
ausführt, trifft niif Luther nm wenigsten zu; S. 60 redet er selbst von Luthers
lebendiger Bibelauffassung, Indem Tr. immer von Altprotestantismus statt
von der Reformation redet, setzt er eine Auswirkung an die Stelle der
wirksamen Kraft, von der es durchaus fraglich ist, ob sie die genuine
Auswirkung sei. Die Qcschichle kennt genug der Rlle, wo bahnbrechende
Anstöße erst nach Jahrhunderten sich ausgewirkt haben: es hat bis in die
karolingischc Zeit gcdauwt, ehe Hieronymus" Bibel sich gegen die Misch-
formen mit ah lateinischen Texten durchgesetzt hat Was Tr. S. 26 im
Ansctiluß an Max Weba -inner^telltichc Askese" nennt, ist doch einfach
evangelische Frömmigkeit, ohne die der Pmlestantismus aufhören würde,
Christentum zu sein. DaO die Wurzeln der modernen Kultur nicht in
<ler Reformation liegenj ist klar; aber die Bedeutung der letzteren für erstere
ist nicht nur jene negative: Raum schaffen durch Zertrümmerung des Alten,
sondern positiv. Sie hat es ermöglicht, daß die autonome Kultur nicht in
Gegensatz zur christlichen Religion trat (wie in den meisten katholischen
Landern), sondern dieser ihr Recht ließ, ja sie als die treibende Seele in ihrem
Organismus anerkannte. Nicht für das Kulturproblem an sidi, wohl aber
für die Frage nach Religion und Kultur ist Luthers religiöses D'ldinis
entscheidend. von Dobschütz.
R. Oa]le, Konrad Bitschins Pädagogik. Das vierte Buch desi
enzyklopädischen Werkes: .De vita conjugali." Nach der lateinischen,
Handschrift zum erstenmal herausgegeben, mit deutscher Übersetzung,,,
historisch -literarischer Einleitung, sowie mit Erklärungen und Annier-j
kungen versehen. Gotha, E P. Thienemann, 1905. {LXl, 216 S.)
Bitschins Pädagogik, ein Abschnitt seines großen enzyklopädischen
Werkes Aber die Ehe, ist als die älteste systematische Darstellung dieses
Wissensgebietes in Deutschland anzusehen. Sie verdient wohl wegen
dieses Umstandes allein schon eine besondere Beachtung. Einen Abdruck
halte der Entdecker der Schrift, HIpler, bereits im Jahre 1892 in Aussicht
gestcDl. Aber erst jetzt, 8 Jahre nach dem Tode Hiplers, hat sich eins
neuer Herausgeber für die Pädagogik des alten Kulmer Stadtschrei bei» ^
gefunden. Für sich betrachtet, ist Bitschins Pädagogik allerdings nicht
von besonderem Gehalt; sie ist kein bedeutendes Geistesprodukt. Sie
handelt zwar, indem sie das Erziehungswerk von der Geburt des Kindes
an sowohl bei Knaben wie bei Mädchen verfolgt, von allen möglichen
Dingen, aber eigenes Denken ist dem Verfasser bei diesen Ausführungen
kaum nachzurühmen, er schwört in echt mitlelalterlicher Weise überall auf
seine Auloritäien, und ein Problem ist für ihn stets geiöst, wenn er eine passende
DclegsteLle dazu in der Bibel »der in den alten Philosophen gefunden hat
Auch einen groHcn Leserkreis scheint Bitschins Werk nicht gehabt zu haben,
IUI zu iiaocn, v
BttpracbanKoi.
wenigstens sind weitere Absctiriftsn desselben nicht bekannt geworden.
Trotzallcdcm ist das Werk ab Zeugnis mitteklterlichcr Denkweise von
hervorragender Bedeutung, und dem Heraii^geber gebührt Dank für seine
mühevolle Arbeit des Abdntcks, der Übersetzung und der sclir sorgfältigen
Kommentierung und Einleitung. Bitschin ist auch als Verfasser ver-
schiedener Bücher zur Kulmer Stadtgeschichte und als Fortselzer der
Chronik des Pcler von Dusburg bekannt- Sein Leben fällt in die ersten
sieben Jahrzehnte des 15. Jahrhunderts, die Abfassung seines Hauptwerks
in das Jahr T432.
G. Kühfeldt.
Max Konmerich, Die frühmittelalterliche Porträt malerri in Deutsch-
land bis zur Mitte dt-s 13. Jahrhunderts. München, Georg D. W. Call-
wey, 1907. {\'il, 167 S.)
Der Gegenstand dieses Buches ist ebenso von kulturgeschichtlichem
vie von kunstgcschiditllchem Interesse. Denn aus der Porträtfähigkeit einer
Zeil ergicbt sich ein ganz bestimmtcrMalistab für ihren Wirklichkeitssinn und
die künstlerische Bewältigung der Natur, d. h. für ihre kulturelle, ihre seelische
Enlvicklungshuhe. Für das frühe deutsche Millelalter hat man die Por*
Trälfähigkeit bisher teils nicht genügend erkannt, teils überhaupt geleugnet
Kemmericb hat mit dem vorliegenden Buch diese Fähigkeit des frühen
Mittelalters nachgewiesen. Es hat zunächst die Absicht der porträtähnlichen
Wiedergabe besessen. Mit A. Lehmann unterscheidet K- scharf zwischen
Porträts, bei denen eine bestimmte Person ähnlich dargestellt werden
sollte, und Bildnissen, bei denen dem Künstler diese Atislcht fehlte; erst
mit Ausscheidung der Phantasiebildnisse - nach der Phantasie zu bilden
(vgl. z. B. die Münzen], fand das MitteEalter nicht nur für längst ver-
stoiixne Persönlichkeiten statthaft, sondern auch für lebende, wenn der
Künstler von ihnen räumlich entfernt war — kommt man der Sache näher.
Das frühe Mittelalter hat aber auch PortrSts schaffen können. K. kri-
tisjert da zunächst die Berechtigung der Fragestellung, von wann die
Porträt^ igkeit datiere. Denn die Ähnlichkeit ist etwas Relatives. Es muß
gefragt werden, welche Teile einer bestimmten Person wurden ähnlich
dargestellt? Es kommt auf die Zahl und die Wichtigkeit der wiedergegebenen
Merkmale an. Für die zur Rede stehenden Jahrhunderte folgen sich die
individuell beobachteten Porträt merkmale nach K- etwa so: >fZuerst wird
die Elarttrachl berücksichtigt, sodann die Frisur bzw. Tonsur, dann die
Form des Gesichtes, dann die der Nase, hierauf Modellierungen des Ge-
sichtes, also Grübchen, Backenknochen, scharfe Fatlerir Absatz der Nase
von der Stirn usw. Etwa gleichzeitig interessiert man sich für die Haar-
und Bartfarbe |d. h. bezüglich der augenfälligsten Unterschiede). Dauernd
nicht individueller Beobachtung unterworfen bleiben: Mund, Ohren, Augen
und Augenbrauen, die sämilich nach dem konventionellen Stil der Schule
oder des Künstlers behandelt wurden, Fleischfarbe, Körperbau, Hände und
Füße, Augenfailx (von einem einzigen Beispiel abgesehen) und fdnerc Nu-
ancen der Haarfarbe • »RegelmäRig und individuell berüclcsJcbtJgt sind
bei den guten Porträts der ganzen Periode Kleidung und Attribute.*
Hiernach i«t auch bei den besien Portrits eine Verwechselung mit anderen
ihnen ähnlichen nicht völlig ausgeschlossen. .Wohl aber genägen die
besten Leistungen voll kommen, um bei einem numerisch so kleinen Stande,
Tie dem der Kaiser und Könige oder hoher Würdenträger oder den Abtai
desselben Klosters den Dargestellten zu idcntifizicrrn.* Die Zahl der
individuellen Merkmale wird übrigens -desto geringer sein, je schwieriger
die Technik ist". In der Plastik also größer sein. Die Methode Kemme-
richs ist die zuerst von Giemen befolgte, nun aber systematisch angewandte
der Verglcicbung alles erhaltenen zeitgenössischen Materials, insbesondere
alLer erhaltenen zeitgenössischen Darstellungen derselben Persönlichkeit
Aus den Resultaien K s ergiebt sich übrigens, was K- noch ausführlich dar-
legt, daß die Lamprechlsche Anschauung von der ■typischen*' Entwicklungs-
stufe des »StandesportTäts- - wenn K. (S. 5) von .seinem hochvcrehrttn
Lehrer" L spricht, so paßt diese Devotion der Doktorschriften nidit in
dieses Buch - .grundfalsch* ist. Hiernach ist die sonstige Theorie Lam-
prechts von dem typischen Kulturzeitalter auch mit zu bewerten. Ob die
gesamten Aufstellungen Kemmerichs sich halten lassen, wird die Beteiligung
anderer Forscher an der Lösung der erörterten Probleme ergeben: jeden-
falls ist hier eine Grundlage geschaffen, auf der es weiter zu arbeiten gilt.
Daß z. B. zur Feststellung des Primitiven in der deutschen Kunst eine
Berücksichtigung der antiken und der orientalischen Porträtkunst erforder-
lich «t, daß sich Fäden von der spät- hellenistischen (byzantinischen) Kunst
zu dem »Höhepunkt frühmittelalterlicher Purtratmalerri" zur Zeit Karls
des Kahlen (nach J. S. dem Ende einer langen Tradition) wie zu der Otto-
nisch-Heinridschcn Blütezeit derselben ziehen lassen, hat J. S(trzygowski?)
im .Litt Zentralbl.* (1907, Nr. 33) ausgesprochen. K. ist aber für die
karolingische Porträ (maierei selbst bereits auf diese f'rage eingegangen und
behauptet, daß bei den Porträts der zweifellos undeutschen Hofkunst sich
doch germanischer Wirklichkeitssinn zeige. - Besonderes Gewicht bat
K. in seinem verdienstlichen Buch auf die Beschaffung guten Abbitdungs-
materials gelegt. Die Mehrzahl der Miniaturen ist min erstenmal oder
doch «zum erstenmal gut* reproduziert.
Georg Steinhiutcn.
Otto Piper, Burgenkunde. Bauwesen und Geschichte der Burgen
zunächst innerhalb des deutschen Sprachgebietes. In 2. Auflage neu aus-
gearbeitet. München und Leipzig, R, Piper & Co., 190S. (XI, 755 S.)
Pipers Burgenkunde ist ohne Zweifel als das grundlegende Werk
über diesen, schon von so vielen in größeren oder kleineren Teilen be-
handelten Stoff zu bezeichnen. In der ersten AufInge sah der Verfasser es
als eine seiner Hauptaufgaben an, das Unhaltbare \-ieIer bisher angc-
nominenen und traditionell fortgepflanzten Anschauungen überzeugend
Tnchziivdsen, und so nahm dort die Polctnik einen betrichtlichen Raum
«m. In der vorliegenden Autlage i^l die Widerlegung anderer bedeutend
zurückgetreten, wenn man auch - übrigens ohne damit einen Tadel aus-
sprechen zu wollen - sagen muß, daß noch immer reichlich viel Kritik in
(Jen Anmerkungen geijbt wird; der Verfasser sucht jetzt im wesentlichen nur
.dai seiner Ansicht nach Richtige vorzutragen". Dafür hat er nun aber
sein Ruch sowohl bezüglich neuen Materials wie bezüglich der Beseitigung
von Mängeln nach der (örtlichen und nach der illustrativen Seite hin der-
artig erweitert und umgearbeitet, daß er in einer der ersten Hälfte vor-
Cseälen Vorbemerkung es als ein fast ganz neues Buch bezeichnen konnte,
•mit welchem verglichen das der ersten Auflage als ein wenig brauchbares
ai bcjeichnen sein mag", fnsbesondere ist die Heranziehung der öster-
ftidiischen Burgen, deren Einzelerforschung er sich ja inzwischen zuge-
■^ndi hat, hervorzuheben. Immerhin ist die Anlage des Ganzen dieselbe
gtblieben. Die von einigen »als nicht glücklich" hingestellte .Anordnung
•n Einteilung, Zusammenstellung und Reihenfolge der verschiedenen be-
bandcltcn Einzelheiten' hat der Verfasser Htiolz guten Vt'illens" nicht ver-
bessern ngsfähig gefunden, scheint aber selbst diesen Einwand doch als
bertchtigt zu empfinden, da er -den etwaigen Mangel durch eine wesent-
liche Vervollständigung des Sachregisters zu einem tunlichst wenig fühl-
baren- hat machen wollen. In der Tat scheint mir hier der Hauptanlaß
ÄU Einwänden zu liegen. Ich meine damit freilich weniger eine Ver-
besserung der äuficrcn Anordnung, wie man z. B. sich das 14. Kapitel
an anderer Stelle denken könnte, snndem die Ändening der Gesamtkom-
pOBtion In innerer Beziehung. Ich habe zunächst dasselbe empfunden
*ie ein anderer Kritiker: mir fehlt zu sehr die systematische Aufzeigimg
<1ct Oesamtentwicklung in den efnatw3er folgenden Etappen, die zusammen-
laasende Charaktcrisiening der Perioden, deren der Verfasser I, 25 drei
Untenscbeidet, eine stärkere Wahrung der großen kulturgeschichtlichen Zu-
^mmcnhängc. Aber es läßt sich zugunsten Pipers anführen, daß zu
einer zuverlässigen historischen Darlegung in diesem Sinne die Forechung
Schon wegen der außerordentlichen Unsicherheit, oft auch der direkten
^nniögtichkcit, die Erbauungszeit einer Burg festzustellen (vgl. hierüber
**iper, I, 23f ), nur unter gröfllen Schwierigkeiten imstande sein könnte.
C>iizu kommt das außerordentlich mannigfaltige Bild, das der deutsche
Burgenbau socohl nach Umfang und Einteilung der Anlage wie nach der
Ausgestaltung der einzelnen Bauwerke bietet. Eine Systematik könnte
hi«r vielfach sehr von Übel sein; gegenüber den vMlig individuellen, durch
lokale und sonstige Bedingungen beeinflußten, unendlich variierenden
Einicllösungcn der Aufgabe ist eine Verallgemeinerung nur bei allcr-
firööier Vorsicht möglich, vielfach überhaupt ausgeschlossen. Man kann
Auch darauf hinweisen, daß der Verfasser jeweils bei den Einzelheiten nadi
^Möglichkeit die EnUHcklung, den Wandel der Formen aufgezeigt habe,
3
und daB der Aufbau des Ganzen nach den vom Verfasser aufgestellten
großen Perioden die Gefahr häufiger Wiederholung und ewiger VcnrciÄ
auf bereits früher Gesagtes in sich schlielie. Trotz alledem Hegt hier m. E.
die Möglichkeit einer Verbesserung vor, und der Verfasser sollte diese Mög-
lichkeit für eine spätere Auflage immerhin cnrägrn. Auf S. 5^9 seints
Werkes sagt der Verfaseer selbst folgendes: «Ober die erste Entwicklung
unserer gemauerten Burgen ist im 2. bis 4. Kapitel (hier also doch zu-
sammenfassend') gehandelt worden. Außerdem wurden bei Besprechung
der einzelnen Durgteile auch die Änderungen berücksichtigt, die bezüglich
ihrer bis zum Ausgange des Mittdalters sich zeigen, vielfach freilich nur
mit Unrecht behaupte! worden sind. Es wird hieraus ein Gesamtbild der
alLmÜhlichen Entwicklung unserer Burgen, mit anderen Worten — unter
vorsichtiger Berücksichtigung auch der Mauerteclinik (Kapitel 2, Teil 2 und
Kapitel 4) und der Stein mctzzcichen (Kapitel 5) - die Gesamtheit der
Merkmale sich ergeben, «xlche mit mehr otler weniger Sicherheit einen
Schluß auf die Bauzeit unserer Burgreste zulassen- usv. usw. Ein
solches Gesamtbild könnte man sich eben breit ausgeführt und mit voller
Berücksichtigung aller tatsächlichen Differenzierungen und Abweichungen
als Grundlage des Ganzen denken : dabei müßten aber die großen ge-
schichtlichen Zusammenhänge, die kiiUur- und kunstgeschichllichen
Strömungen wie die «-irtscha fluchen Zustände berücksichtigt werden.
Auch den Rcwilt schwierig aufzudeckenden Zusammenhängen mit den
nichtdeutschen Burgen könnte nachgespürt werden. Ich verstehe z. B.
nicht, wie P. französische Einflüsse von vornherein ablehnen kann. Pipers
Salz: .Während der ganzen ßurgenbauzett waren bekanntlich im Vei^leicfa
mit Italien unsere Beziehungen mit [!] f'rankreich verschwindend geringe»
ist unbedingt falsch (vgl. dazu meine Geschichte der deutschen Kultur,
Kapitel V). Frankreich beeinflußte Deutschland doch nicht nur auf dem
Gebiet der gesellschaftlichen Mode (Piper a. a. O.: -.Man darf auch nicht
etwa ohne weiteres annehmen, daß Frankreich auch schon in bezug auf
den Burgcnbau das für uns maßgebende Land der Mode gewesen sei*),
sondern auf den verschiedensten Gebieten. Die Scholastik wie die Gotik
sind Französischen Ursprungs.
Der Schwerpunkt des Werkes liegt also in den Einzelheiten, deren
FQlle überrascht: auf ünmd eigener Anschauung und umfassendster Be-
herrschung des Materials erhalten wir %'o:i ihnen so zuverlässige Kunde,
wie sie bisher kein ühnliches Werk geboten hat. Daß man gleichwohl
nicht immer den Ansichten Pipers beistimmen, manchen Urteilen gegen-
über nicht die Kritik außer Acht lassen kann, daß der eine jenes, der
andere dieses vermißt - ein Kritiker hat z. B. die hau technischen Aus-
führungen noch niclit ausgedehnt genug gefunden -, ist in keiner Weise
ausschlaggebend. Auch ein Mangel m bezug auf die -Wallburgen-, für
die Piper den neueren F^orschungcn doch nicht genügend gerecht wird
— Piper ist darüber und über die damit im Zusammenhang stehende
Frage, «vann und wo und ans welchen Vorstufen die niitleUlterliche Herren-
bürg sich tntwickelt hat", mit Schuchardt in Fehde geraten -, darf uns
die VcrdienstlichkeJt des Ganzen nicht verkennen lassen. Übrigens bedarf
e& bei Hiper in dieser Beziehung nur eines Weitergehens auf dem bereits
im 3. Kapitel: Entwicldurg der Burgen aus alleiiiheiraischen Befestigungen
betretenen Wege und einer Revision seiner Anschauungen über diese
letzteren.
Höchst verdienstlich ist das von Piper als zweiter Teil beigefügte
Burgen lexikon, d. h. ein beschreibendes Verzeichnis der noch in erwähnens-
werten Resten vorhandenen Bauten. Die einzelnen Artikel enthalten eine
atigemeine Charakterisierung des Baiiwirrlces, die Argabe der Lage, Be-
schreibung der enrShtienswerten vorhandenen Bauten, Verweise auf die
Seiten, wo die Burg im ersten Teil behandelt ist, eine Geschichte der Burg
und Literaturangaben, alles in gedrängter Kürze und mit ausgiebiger Ver-
wertung von Abkürzungen. Die die Abkürzung bezeichnenden Punkte
wiren aber besser nicht fortgefallen, auch wenn sie z.T. mit den Schluß-
punklen kollidieren.
Noch seien bei den Abbildungen die verdienstlichen Grundrisse
hervorgehoben, und endlich sei auf den Schlußabschnitt über Erhaltung
und Wiederherstellung der Burgen, insbes. auf die Bekämpfung der Art,
wie die Hohkönigsburg wiederhergestellt worden ist. hingewiesen, dank-
bare Anerkennung der Qesamtldstuiig aber noch einmal wiederholt
Georg Steinhausen.
E. Frhr. v. Künfiberg, Ober die Strafe des Stcinlragens. (A. u. d. T.:
Untersuchungen zur deutschen Staats- und Rechtegeschichte, herausg. voit
O. Gicrkc. Heft 91.) Breslau, M. & H. Marcus, 1907. (65 S.)
Der Gegenstand der von ausgedehnter Bclesenheit zeugenden Arbeil
Ist eine miltcIaUertiche Strafe für zanksüchtige h'rauen, deren Verbreitungs-
gebiet wie Ursprung umsichtig untersucht werden. Belegt zumeist in
ländlichen Rechtsqucllcn Nicdcröstcrrciclis (vgE. den Anhang mit Quellen-
Stellen S. -tSlf.), stellt sie sich gleich dem Tragen von Hunden. Sällein und
Pflugrädern dar als eine Abspaltung luid Abschwächung der Strafknecht-
schaft^ derart dali der bei ihr verwendete Stein - die Liste seiner Bezeich-
nungen, wie z. B. Bagstein, wird auch den Philologen interessieren -
ursprünglich ein HandmOhlstein als das Zeichen weiblicher Arbeit war.
Wohl nicht mehr benutzen konnte der Verlasser die Belege, die J. Huizinga
aus west friesischen Rechtsqucllen in der Zeitsdirift Oud Holland, 1907,
3. Afd-, XXV"^ jaarg. in seinem Aufsatz über einen westfriesischen Roland
(S. 10 des Sonderabzugs) angemerkt hat.
Albert Wcrminghoff.
«i
■ri oae'llflpER.
die V<M«acUckte ukI te- Votarf des
denbnrKÜsdie Huts imd da* betächtbcfae Aatefl,
es oieHS ErapMKB {onot he^
Rieflic»oii«ilegfn Mhni«fnhBa»<le«niiiBhtKBHiiin»MMi ingg^
lOB die Kamtnii na dem f itiiiiii^eiL nid -vcrfc Rrinm n ^b'^^^,^
«cnrotMiiidicaL Dia «v BOtweadifi^ vcfl ^ SdbaOMcnpliie Po^Srta.
mit dem Jahre 1606, gerade in dem Momeole, «o der Veriaaao' ^'^'^S^^^jAt
In den amilichen Dienst seines engeren Vaterlandes eintritt, also die 0^^ml,
thcti bedeutsamste Periode seines Letieti» eigenüicb eist bq^nt, ^>bt0^^\^
und wal weiter die Handschrift eine durch nachträ^icfae Wegnal^^ ^
mehrerer Blitter entstandene, nidit unbedeutende Lücke aufweist, -^
den verhängnisvollen Feldzug der deutschen Hilfearmec für Navam ^^i&t-
Jahre 1587, an dem Dohna in henorrasender Weise beteiligt war, umf^^^^^i^si
Trotzdem, oder vielleicht gerade weil in der Sdbsibiographie Dobnas sei"*- ^^ die
nicht der politisch wichtigste Abschnitt seines Lebens, sondern mehr (^ du
»^
Vorbereitung dazu geschildert ist, steht dine Biographie für uns. für c^
hier die rtin politische Seile in dem l^ben dieses Mannes erst in zvci9 ^^
Reihe kommt, im Mittelpunkt des Interesses. Wir gewinnen aus ihr ein^*^
ungemein lebendigen Einblick in das Leben und Traben eines adllgt^^^c
Diplomaten des ausgehenden 16. und des beginnenden 17. Jahrhundcn'''*^^Lti
mitidncn Intriguen und Winkelzügen, dem besdiwcrlichen. fast ununtet»'^^
brochenen Reisen und den Kabalen an den Höfen. Der Beruf eines solche»^^^
Diplomaten war keineswegs ein domen!oser und noch weniger offenbai-^^Tg
ein elntrftgticher, wenn der Diplomat sich wie Dohna nur von sachlicher'*'^:^
und nie von pcrsAnlichen Interessen dabei teilen ließ. Wenigstens schein*
lemf ^^B
>ohBa in kur pfälzischen Diensten viel von dein eigenen Vermögen zuge»
ttzl zu haben und befand ^di nicht selten in drückender Qeldnot. Was
moßlpreiiflischcn Edelmann in die kurpfälzischen Dienste gezogen hatte,
■ar seine lebendige, persönlich erworbene und in Genf in jungen Jahren
efwtigte retormierte Qlaubensiibeneiigung, die ihn antrieb, sein persön-
chcs Können für die Verteidigung der evangelischen Lehre gegen den
Kpismus einzusetzen. Mit dieser religiösen Initiative, wie sie ja bekanntlich
ai Caivinisrnus allgemein viel stärker als das Lutlicrium beherticlite,
?rband sich in dem Burggrafen ein starkes nationalprenliisches Kühlen,
ks ihn schon früh und in ganz ardcretn Maße als die meisten seiner ost-
■«ußischen Standes- und Zeitgenossen, von deren Uitherisclier Masse ihn
Ich seine kalvinisttsche Konfession scharf sonderte, in einen bewußten
ttionalen Gegensatz zu dem Polenlum brachte, dem der osCpreußische
de] damals zumeist aus politischen und Standesinteressen zuneigte. An
ilturgeschichllich interessanten Einzelzügert, so für das Leben an den
Öfen, das übliche übermäßige Trinken, den Ton, in dem der Purst mit
inen Hofleuten verkehrte u. a. m., ist die Biographie sehr reich. Den
n versehentlich bei einem FuJltumier über die Finger schlagenden Dohna
galiert dafür Johann Casimir z. B. mit den Worten: »Ihr polnischer Ochs!"
Manches in dieser Hinsicht Wertvolle bergen auch die angefügten Akten-
Bcke zur brandcnburgi sehen Sukzession in Preui3en. Ich mochte dafür
B. auf die charakteristische Schilderung Dohnas von der lockeren Hof*
iltung Johann Sigismunds in Preußen in der an letzter Stelle mitgeteilten
eokschrift Dohnas über sdne Amtsniederlegung veru'cisen. Für die sorg-
ttige und umsichtige Form, in der der Herausgeber diese politisch wie
tlturhistorisch ungemein werivolle Quellü, die in der Mcmoircnliteratur
rerZett eine hervorragende Stelle einnimmt, tkr Allgemeinheit zugänglich
nucht hat, gebührt ihm uneingeschränkte Anerkennung.
W. Bruchmüllcr.
Emanod FriedH, Bämdütsch als Spiegel bcrnisclien Volkstums.
L 2. Orindelwald. Mit 197 Illustrationen und 17 Farbendrucken usw.
trausgegeben mit Unterstützung der Regiening des Kantons Berns. Bern,
Francke (vorm. Schraid fii Francke), 190S. (XVI, 6^5 S.)
Über Wesen und Eigenart des durch den vorliegenden Band fort-
srtrten Werkes, die charakteristische Verbindung von Volks- und Sprach-
tide, die jedesmalige Beschränkung auf ein eng begrenztes Forschung^ebiet
i»ie die minutlAse Heranziehung aller irgendwie in Betracht kommenden
nzdheiten, ist in der Besprechung des ersten Bandes (vgl. Archiv 4,111 ff.),
tr die Ocmcindc Lülzclftüh behandelte, das Nähere Ef'sagt worden. Wir
halten auf Onind alles aus der Mundart irgendwie Erschlicllbaren, aber
ich unter Heranziehung der Realien die denkbar genaueste Enquete
ber das Leben und Denken einer bestimmten Gemeinde, unter Ausschluß
l^CT Verallgemeinerung. Um die Zuverlässigkeit zu steigern, hat der Ver-
k
368
Besprechungen.
fasser wieder in dem gewählten Ort längere Zeit (drei Jahre) gelebt, utab-
lässig mit der Bevölkerung verkehrt und sich genaueste Kenntnis der
Mundart, in der sich öbrigens wieder Besonderheiten der einzelnen Ge-
meindeabschnitte erkennen lassen, erworben. Sprach- und sachkundige
Helfer, insbesondere Lehrer, konnte der Verfasser wieder zur Mitarbeit
heranziehen, so daß es möglich «-ar, ein völlig zuverläs»gcs Material vor-
zulegen. -Wenn der Leser gleichwohl Lücken empfindet,- heiBt es in
Vorwort der Kommission, «so sei er daran erinnert, daQ eine erschöpfende
Darstellung des unerschöpflichen Reichtums, sei es des I^bens, sei es der
Sprache, nicht im Plane dieses Werkes liegt, und daß femer maocfae
Lebensgcbiele, die sachlich anziehend i>ind und vielversprechend scheintn
(wie z. B. Älplcrfeste, Schwingen, Volksgesang, Schulgeschichte), spradilich
eine dürftige Ausbeute liefern. Das heute wirklich Volkstümliche an und
in Qrindelwald ist der harte und ernste, freilich nicht an der Straße skh
abspielende Existenzkampf mit der sb^engcn und rauhen Gebirgsnatur.
Darum bilden, wie im Leben so auch in diesem Spiegelbilde desselben,
die Land- und Alpwirtschafl als eiserner ßesLind bernischer Kultur das
Fundament und den Grundstock des ganzen Gebäudes, an dem sich die
kleinem Lebensausschnitte und -bilder nur wie Zieraten an Zimmer- und
Oiebelbalken ausnehmen."
Der Band enthalt folgende Abschnitte; Aus Grindetwalds Bergvcll
Des Wassers üestaltcn und Gewalten; Oas Lulimcer; Grindelvalds Himmd
Wetter und Klima; Alpenwald und Alpenpark; Aus dem Wildtierleben
Batlernbotanik; Das Gehege; Das Familiengut im Tal und Vorbcrg; Ds
Gemeingut der Alp; Das Ovictil; Milchwirtschaft; G'hälter; Haus und
Häuslichkeit; Verkehr; Eigen, Eigentum. Eigenlumszeidien; PhantosK.
Märchen, Sage, Geschichte; Die Kirche und die Welt.
Bereits beim ersten Bande habe ich die Mühseligkeit der Lektüre,
die durch den Mangel einer Erklärung dialektischer Ausdrücke noch ver-
mehrt wird, hervorgehoben, ebenso, dart der Wert des Ganzen in der er-
giebigen Materialsamnilung liege, nicht in der wissenschaftlichen Verar-
beitung. Beide Punkte werden für jenen ersten Band neben anderen unter
Betonung des Dilettantenhims des Verfassers jetzt in einer Besprechung
einer Emmcnthalcrin, der Doktorin Hedwig Haldimann, in den Hessischen
Blättern fflr Volkskunde (Bd. 7, H. ^), auf die ich noch besonders ver-
weisen möchte, näher beleuchtet, übrigens unter voller Anerkennung der
Verdiensllichkeit des Ganzen.
Die gerade im vorliegenden Bande behandelte Örllichkeit könnte
dazu beitragen, daß derselbe nicht nur von volkskundlich interessierten
Kreisen und nicht nur von Schweizern, sondern auch von allen um Land
und Leute sicli kümmernden Gebildeten unter den Bemer Oberland-
Reisenden zur Hand genommen wird, wenn die Lektüre weniger schwierig
wäre. Georg Steinhausen.
Mathlen Schwann, Geschichte der KcMner Handelskamma'. Bd. I.
Köln, Pau! Ncubncr, T906. (XV, ^73 S.)
• Deutschland", sagt der Verfasser (S. 22^ f.) in Anknüpfung an ein
Wort Treitschkes über die Aufgaben des aufsteigenden 19, Jahrhunderts,
•hatte die Arbeit wieder aufzunehmen, die es vor E«ci und einem halben
Jahrhundert hatte lieRcn lassen müssen. Aber niiltler«-eile war für Europa
ein neues Zeitalter kühner und kühnster Ideengestaltung - das achtzehnte
Jahrhundert - emporgestiegen, deren Bcvältigung Deutschland nicrst auf
d«i Gebieten der Kunst und Literatur versuchte, deren lebendige Ausge-
staltung aber vor der schweren Arbeit des 19. Jahrhunderts zurücktreten
mußte. Der Betrachtung eines Teiles dieser ungemein schweren Arbeit,
die vor allem auf den Schultern des deutschen BCirgertums lastete, und
die die Grundlage bildete zu jener deutschen Zukunft, die heute zum Teil
unser wohlerworbenes Besitztum geworden ist, ist diese Arbeil gewidmet
Im ganzen ruht auf dieser Darstellung naturgemäß die schwerere Luft der
Werfcslatt. der Fabrik, des Handelsbureaus, aus denen erst jene glänzenden
Werke hervorgingen, die heute so oft an leuchtenden Sommerabenden das
Auge des Rheinbesuchers erfreuen."
Mit Recht erinnert der Verfasser im Vorwort daran, daß wir über
die so wichtige Geschichte des deutschen Bürgertums In Wirtschaft lieber
Beziehung seit dem 17. Jahrhundert noch recht wenig wissen. Der
glänzenden literarischen Entwicklung des deutschen Bürgertums im 18. Jahr-
hundert lag doch zugrunde und ging voraus eine bisher nicht genügend er-
kannte »wirtscliaflliche und soziaie Entwicklung, die tief in die Vei^angen-
heit hineinreichte, die aber ebenso bereits über die erste Zeit der literarischen,
wissenschafllichen und künstlerischen Ausstrahlungen hinaus nach neuen
Zielen zu suchen begann*. Zu der nettesten Geschichte des Bürgertums
gibt auch das vorliegende Buch einiges Maleri.il, wenn die Arbeit auch
natürlidi nicht aus dieser allgemeinen Absicht entsprungen ist. Die Auf-
gabe war aber immerhin, -aus dem vielseitigen Aktenmaterial heraus ein
Ergänzungsbild zu schaffen, das den fast schon vergessenen oder doch
hSchstens noch in einigen Familientraditionen nachklingenden Lebens-
r^ungen des Kölner Bürgertums gerecht wurde*.
Jedenfalls sind Arbeiten, wie die vorliegende, schon wegen der In-
angriffnahme dieses Gebietes verdienstlich: eine Fülle neuen Materials wird
in dem Werke Schwanns erschlossen, und eben dies urkundliche Material
bedingt zunächst seinen Wert. Die Natur einer Handelskammer braclite
es mit sich, daß die Darstellung mehrtach über das bloß Kölnische hinaus-
geht, andererseits wurde durch breitere Behandlung der Einzelzweigc des
Handels und der gewerblichen Tätigkeit die Geschichte der Handels-
kammer zu einer «Oeschichte des kölnischen Wirtschaftslebens wenigstens
in ihren Grundlinien". Sehr richtig ist der Standpunkt des Verfassers,
daß die Darstellung nicht der üblichen scharfen Abgrenzung der einander
folgenden wirtschaftlichen Theorien, sondern der wirklichen historischen
Archiv fdr KutUirgocbtcbte.
24
Enivricktung, die immer eine durchaus Rcmischte Praxis,
Cbergangsformcn aufweist, Rcchnurg zn tragen hat.
Der Verfasser, der sich bewälirteii Beirats zu erfreuen hatte, vt
stetit es in seinem gründlichen, anerkcnnensverteii Buch, uns ein klares
und lebendiges Bild von der Entwicklung zn zeichnen. Nach einer Ein-
leitung, die die Zeit vor der franzüstschen Okkupation, den Einzug der
Franzosen und die allgemeine Lage des Ki'ilner Handels schildert, t^ehandelt
er die Geschiclite unserer Handciskainnier, deren Begründung in die be-
wegte Zeit der französischen Revolution fällt, in iolgenden Abschnitten:
Erste Versuche; Der Kampf um die Freiheit des Handels; Die politischen
Verschiebungen am Rlicin und ihre Einwirkungen auf das rheinische
\C'irlsch.ifI sieben ; Die erste Zeit unter prcullischer Herrschaft. Die ersten
Jahrzehnte des Bestehens der Kammer standen unter dem Zeichen ständigen
Wechsels und nicht völlig sicherer und klarer Stellung; dazu kam die anfäng-
liche Antipathie der Kölner Kaufmannschaft. Aber die Kammer fiberwand
alle Schwierigkeiten, nicht zum wenigsten durch die Energie der Per-
sönlichkeit Eriedr. Karl Heimanns, und leistete -eine Unsumme von Arbeit
für Köln": „keiner Anregung, keiner Errungenschaft jener gewaltig be-
wegten Zeiten blieb sie fremd und fem." Eine ganze Reihe positiver
Leistungen auf dem Gebiet der Fördenmg des Handels und des Verkehrs-^
insbesondere der Schiffahrt wird erkennbar, dazu blicken wir in di^H
tägliche Kleinarbeit, sehen aber auch eine ■.stets frische, oftmals begeisterte
Erfassung der Zukunft". »Die besten Fähigkeilen, die man in fran;ösi scher
Schule entwickelt hatte,* verwendete man dann gegen die Bc\'ormundungs-
sucht der preußisdien Bureaukratie. »Aus der bewegten Zeit, in der alle
Gebundenheiten sich lösten, war man in eine neue Zeil hcrübergclrctcn.
Erst jetzt aber bricht die Periode der großen sozialen, wirtschaftlichen,
politischen Neuformationen an.' Georg Steinhausen.
Kleine Mitteilungen und Referate.
In der Allgemeinen deutschen BioKrapliie, 53,362-383, findet sich
eine vortreffliche, liebevoll eingehende Biographie Wilhelm Heinrich Riehls
von H. Simonsfeld, der nach dem Tode Riehls bereits eine Rede auf
ihn in der bayerischen Akademie der Wissenschaften gehalten und ihn
dabei als Kuiturhtsforiker gewürdigt hat (vgl. Zeitschrift für Kultur-
geschichte, 6, 36y). S. hat durdiaus redil, wenn er Riehl utinen der besten
Kenner und Schildcrer des deutschen Volkstums, einen unserer hervor-
ngendsten Kuhurhistoriker' nennt. Daß bereits 1859 eine ordentlidie
^ofessur für Kulturgeschichte (und Statistik) Riehl veriiehen wurde, sei
Wer abermals mit der resignierten Feststellung hervorgehoben, vie wenig
«dieses Beispiel bis heute Nachfolge gefunden h,it. - Bei dieser Oelegen-
''eitmng noch auf einen anregenden Aufsatz von R. A. Fritzsctic In den
'hessischen Blättern für Volkskunde (Bd. 7, H. 1): Justus Moser und
Wilhelm Heinrich Riehl, Gedanken über Volkskunde, hingewiesen
«■«rrdcn.
Aus dem Anzeiger der Akademie der Wissenschaften in Krakau,
'^ilol. u. hist-philos. Klasse (1907, 5), erwähnen wir die Abhandlung
*'*^n E Majewski, Statique et dynamiquc de la civilisalion; re-
*^erches des lois. qui prfeidenl au diplacement des foyers de civilisation
^ ä la malurit^ des socieles pour la civilisalion.
Ed. Meyer betont in seiner Abhandlung ober die Anfänge des
Staates und sein Verhältnis zu den Geschlechlsverbänden und
^«m Volkstum (Silzungsberichle d. k. preuß. Akad. d. Wiss-, Phil.-
^W. Klasse, 6. Jutii 1907) den Herdendiarakter der Menschen gegenüber
d«r naturrechtlichen Annahme von isolierten Menschen am Anfang der
Entwicklung; teste, geordnete Verbände hätten von Anfang an bestanden,
^ Staat sei nicht aus den Gcschlech tsver banden herzuleiten.
Eine interessante Zusammenfassung bieten Friedr. Delitzschs
Artikel über die Kultur Altbabylonicus in der Deutschen Revue (1908,
April) und in Harpers Magazine (1907, Dezember) (Civilization of
Ancient Babylon).
24'
372
Kleine Mitteilungen und Referate.
Ober den Ursprung der optischen Kultur hindeln F. Hora-
mel in einem Beitrag zum Mcmnon, Zeitschrift f. d. Kunst- und Kultur-
gesdi. d. alten Orients (I, i): Zum babylonischen Ursprung der
ägyptischen Kultur (I. Das Sonnenschiff, 2. Die acht Begleiter des
Sonnengottes) und Navjlle im Journal of the Royal Anthropologie^
Institute of Great Britain and Ireland (1907, Jan./Juni): The Origi'n of
Egyptian Ci vilization.
Einen Beitrag zur Geschichte griechischen Lebens bietet die Ab-
handlung Gisela M. A. Richters im American Journal of Archxok^
(11, A): Three Vases in the Metropolitan Museum, illustrstinK
Women's life in Athens.
LudvigWflllcers Aufsatz in den FYeiißischen Jahrbüchern (IM. 130,
H. 2): Das Lob der guten alten Zeit ergäRzI die beicannte Zu^mmcn-
Stellung H. Delbriicks, nach der sich diese Lobredner zu allen Zeiten
finden, für die dort rieht beröcicsichtigte römische Literatur, die solche
Lobsprüche in betraclnl icher Zahl aufveist.
Die Proceedings of Ihe British Academy for the promotion of
hislorical etc. studies (Vol. II, 1905/6) enlhatten eine Arbeil von F. j.
Haverfield, The romanization of Roman Britain. Aus der vie
immer reichen Literatur über die Reste und Spuren römischer Kultur in
Deutschland seien genannt: aus den Bonner Jahrbüchern (H. 114/5,344-7»)
die Arbeit von J- Poppelreuter, Die römischen Gräber Kölns: atB
den Annalcn des Vereins f. nassautsche Altertumskunde (36, Mi-Sl) di«
von R.Bodewig, Römische Gehöfte zwischen Limes und Rhein
(besonders eine römische Villa bei Bogel}; aus dem Korrespondenzblatt
des Gesamtvereins {}g. 55. Nr. 2) der Vortrag Segers, Spuren der
römischen Kultur in Schlesien; aus Nr. S/6 derselben Zettschrift
derjenige Dragendorffs, Römisch-germanische Forschung in
Nord Westdeutschland; aus Nr. 12 derjenige von Schliz. Be-
ziehungen römischer Bauanlagen zu bestehenden prähisto-
rischen Verhältnissen.
Einen beachtenswerten stadtgeschichtlichen Beitrag bietet A Dg.
Melninghaus in seiner kleinen Schrift: Burg und Stadt Dortmund
(Dortmund, C. L Krüger, 19ü7). Er widerlegt die bis vor kurzem herr-
schende Annahme, .daß schon um 1100 die alten Stadtwätle mit ihren
Mauern Dorlniunds Befestigung ausgemacht hätten, und der Königshof
schon damals außerhalb der so ummauerten Stadt gelegen habe*. Die
allerdings vorhandene Befestigimg des älteren Dortmunds «-ar die Bur^g D.,
über die M, das yeschichlliche Material kurz zusammenstellt. Sie verlor
durch die Entwicklung des «Reichsdorfs" D. zur Stadt und deren Um-
mauerung an Bedeutung. Letztere setzt M. kurz vor 1240, vas er des
niheren ru erweisen sucht.
An sonstigen Beiträgen zur lokalen Kulturgeschiclite Deutschlands
seien verzeichnet: H. Matzat^ Weilburg vor 1000 Jahren (Annalen
des Vereins f. nassauische Altertumsk., 36, 15-44); L Oölting, Hil-
desheim zur Zeit der Hanse (Hans. Oeschichtsblätter, 10, 291-304);
Zimmer, Das Leben auf der Neuerburß bei Bitburg im
16. Jahrhundert (Trierer Chronik, N. F, 3, 73/5); M. Follz. Dan-
ziger Stadthaushalt am Ende des 16. Jahrhunderts (Zeitschr. d.
Westpreuß. Qeschichtsver., 49, 13I/1S4); Martensen, Kultur- u.
Sittenzustände in Angela z. Zt. des dreißigjähr. Krieges {Die Heimat,
Monatsschrift, IS. Jg., Nr. 2-5); J. Maenß, Majideburgs virtschaft-
Hche Verhältnisse z. Z. des 7j. Krieges (Geschichisbll. f. Magde-
burg, 41, iO*ifM).
Ein Kuliurbild von Basel im 15. u. 16. Jahrhundert bietet im
Basler Jahrbuch für 190S A. Burckhardt-Finsler auf Grund einer Zu-
sammen Stellung der Schilderungen des Acncas Sylvius, A. Qataris, F. Fabris
Hartman Schedels usw.
Beachtung verdient die in den Verstagen der vlaamsche Academte
(1907, 6;7, 433-91) erschienene Abhandlung J. W. Mullers: Cornelis
Everaert's Speien als Spiegel der inaatschappelijke toestanden
zijns tijds.
W. Ravesteijns Aufsatz in der Neuen Zeit (1908, 1. Nr. 20 u. 22):
Die Ökonomische und soziale Entwicklung von Amsterdam im
16. nnd im ersten Viertel des 17. Jahrhunderts gibt das Haupt-
sächlichste aus des Verfassers Buch : Ondereoekingen over de economi&che
en sociale Onlwikkeling van Amsterdam gedureiide de 16. en hei eerste
kirart d. 17. eeuv.
Eine bereits im Archivio della societä romana di slorra patria von
1881 veröffentlichte Beschreibung Roms von nso behandelt H.P- Hörne in
der Revue archtetogique (1907, mai/jiiin]: Une description de Rome
en 1450.
Eine -villkommene Zusammenfassung bieten M. v. Brandts Auf-
sitze In der Intemalionalen Wochenschrift (Jg. 2, Nr. 19^21) über die
Grundlagen der chinesischen Kultur.
A.Vierkandl untersucht im Globus (Bd. 92. Nr. 2^4) die Anfinge
der Religion und der Zauberei und möchte die Existenz eines prä-
animistischen Zeitalters als hinreichend wahrscheinlich erweisen, jedenfalls
aber als gewiß, .daß in den Anfängen der Religion ein etwaiger Seclen-
und Geisterglaube ohne jeden Zusammenhang mit der Praxis des religiösen
Lebens gewesen und dal! diese letztere lediglich in der Zauberei bestanden
hat'. Jedenfalls könne als sicher gellen, »daß die Religion von Haus
ans kein einheitliches Gebilde ist, sondern zwei gelrenntc Wurzeln besitzt,
nämlich die Zauberei und den Geislerglauben, mag nun die letztere sich
ebenso früh wie die erstcre oder erat später entwickelt haben-.
Zur Geschichte des Aber- und Zauberglaubens erwähnen wir noch
folgende kleinere Beiträge: A.Vierling, Unvertilgbarer Volksglaube
und Aberglaube nach dem ältesten bayerischen Volksrecht
374
Kldne Mittciloiigen und Refcntc
(Obstayv. Arehir, 52, U. 147-72); P- Pradel, Alte und neue
Zauberbrauche (Mitteilungen der schlesbchen Oesdlsdi. f. Vollakunde.
H. 17 S); J. Klapper. Das Gebet im Zauberglaaben des Mittel-
alters (ebenda); G. Liebe, Waffeobeschvörnng (Zeitacfanft t histor
Waffenininde, Bd. 4, H. S); E. Bühler, Bcilr. zum Aberglauben
der evasg. Masureo ia hitbcr. Zeiten (Mitteilungen d. LiL Oesdbduft
Masovia. n.72/7).
Pur die Qesdiidite des HexengUuben^ sind neue Bdtrigc meist dbt
dann interesnot. venn sie ins Mittelalter zurückgehen: so vetsen vir ai:f
denjenigen Reymonds im Schwaier. Archiv f. Volkskunde (Jg. 12. H-i)
hin: La sorcellcrte au pays de Vaud au XVe siede.
Im HistorisAcn Jahrbuch (Bd. 28, Heft 4) beantwortet N. Paulus
die Pr^e: .Ist die Kölner Approbation des Hcxenhammers eine
Pilschung?" gegen Hansen, dem sich auch Pastor rückhaltlos an-
gcKhlcMten bat, mit Nein. Die \-on Hansen angefühnen, doch sehr schver-
wiegenden Gründe sucht er möglichst zu entkräften und bdont rach
einige Umstände, die gi^en eine Fälschung sprechen. - In cSendben
Zeitschrift (Bd. 29, Heft 1) polemisierl Paulus in einem Au^tz &ber
die Rolle der Prau in der Geschichte des Hexenwahns gegen
Riczler und Hansen, die für die Zuspitzung des Hexenwahns auf da
weibliche Geschlecht die mittelalterlichen Theologen, insbesondere (so
Hansen) die Vertasser des Hexenbaramers, vennnronlich gemacht bibcn.
Paulus untersucht nun zunächst, wie man in der vorchristlichen Zeit, dann,
wie man im Miltelalter, und drittens, wie man nach dem Erscheinen des
Hcxenhammers im 16. und 17. Jahrhundert über die größere Beteiligung
der Frauen am Hecentreiben gedacht hat, und kommt zu dem Schlüsse.
daß es sich um eine allgemein verbTcitetc \'orsteUung handle, deren Ent-
stehen den mittelalterlichen Mönchen nicht zur Last gelegt werden könne.
.Damit soll nicht geleugnet werden, daß die mittelalterlichen Tlieologen
zur Befestigung der altüberlieferten Anschauung beigetragen haben. Aber
dasselbe gilt auch von all den protestantischen Theologen und l.aien, die
in vorstdiendem Aufsatz aufgeführt worden sind.- - Zu beiden Aufsätzen
nimmt nun J. Hansen in der Westdeutschen Zeitschrift für Geschichte
und Kunst (Bd. 26, 372 - 404) das Wort Seine auch wegen der noch-
maligen Zusammenfasstmg seiner früheren Resultate wertvolle Abhandlung
(Der Hexenhammer, seine Bedeutung und die gefälschte
Kölner Approbation v.J. 1487) beschäftigt sich zunächst mit dem
2»eitgenannten Paulusschen Artikel wegen der Wichtigkeit der darin
behandelten Frage, zeigt, wie sehr dessen mit Selbstverständlichkeiten
operierende Ausführungen den Kern der Sache unberührt lassen, ins-
•besondere kein Wort von der entscheidenden Umwandlung des Hexen-
^^^PiHs im 15. Jahrhundert mitteilen. Ebenso meint er bezüglich der
^■wsuchien Entkräftung des Nachweises jener Fälschung, daß Paulus die
ganze PaUe aulälliger Umstände, die die erste Herau^abe des Malle
und den treten Dntctc der KALnpr Approbation begleiten, nicht erwähnt
habe. Wie H. die Paulussclicn Einwände im einzelnen widerlegt, muß in
der Schrift selbst nachgelesen werden. — Paulus hat übrigens das
Thema vom Hexenwahn audi noch in einem Aufsalz in den Historisch-
politischen Blättern (Bd. 141, 24I-54) unter dem Titel: Rom und die
Blütezeit der Hexenprozesse behandelt, in dem er bei der römischen
Inquisition nicht eine so scharfe Anschauung findet wie bei den deutschen
Hexenriditem.
Über Hexenprozesse berichten ferner Kuni: v. Kauffungen,
Hexenprozesse in Mühlhausen 1. Thür. (Mühthäuser Qeschichtsblätler,
Jg. 8); Chr. Waas, Ein HexenprozeO aus >der guten, alten
Zeit" (betr. den Prozeß der Barbara Wendel in Friedberg, 1663) (Prcuß.
Jahrbücher, Bd. 132, H. i); K. Knaflitsch, Prozeli gegen die Wahr-
sagerin Justina Fleischer. Beilr. z. Oesch. d. Hexenprozesse in
Österr.-Schlesien (Zeitschrift f. Gesch. etc. Osten*. -Schlesiens, i, 67/74);
Erich Hörn, Der letzte große Hexenbrand in Deutschland
(Quellen u. Forsch, z. deutsch., insbes. hühcnzollemschcn Geschichte,
Jg. S. Halbbd, I).
M. Höfler setzt seine an dieser Stelle bereits mehrfach erwähnten
Studien über die Qebildbrote in einem Beitrag zu der Zeitschrift für
Österreichische Volkskunde (l3,ö5-96) (Allerseelengebäcke, vergleich.
Studie der Oebildbrote zur Zeil des Allerscelcntages) fort.
Als anregende Beiträge zur Geislesgeschidite lassen sich zwei kleine,
innerlich zusammenhängende Arbeiten von Franz Strunz bezeichnen.
In der Chemiker-Zeitung (1907. Nr. 10) handelt er Über die Vor-
geschichte der Lehre von den Elementen und zeigt, daß die Ge-
schichte der Elementen lehre in fern zurückliegende Zeiträume des antiken
Orients weit vor Empedakles und der vorsolcra tischen Naturphilosophie
führt. Die Lehre von den vier Elementen ist siderischen Ursprungs und
aus der Beobachtung des Stenienhimmeis hervorgeganifen. Mit dem
Problem von den letzten Körperbesiand teilen ist dann die ganze vor-
sokratische Naturphilosophie mehr oder weniger verknüpft. Empedokles
fand die .ScLbsländtgkeit' der Elemente .und ihr Wesen als Material der
Kräfte", seine Doktrin hat später Aristoteles in eine neue Beleuchtung ge-
rückt. - Chemisches bei Piaton nennt sicli der weitere Beitrag zu
derselben Zeitschrift (1907, Nr. 84). der zunächst die von diesem Philo-
sophen im Timaeos niedergelegten naturpliilosophisclien Gedanken und
seine Lehre von den Elementen beleuchtet.
Mit einem in unserem Archiv (ä, 66 -86) erschienenen Aufsatz: »Zur
Geschichte der Liebe als Krankheit- von Hjalmar Crohns hängt eine
in der C^versigt af Finska Vetenskaps-Societelens Förhandlingar (49,1906/7,
Nr. 14) veröffentlichte Arbeit desselben Verfassers: Ein mittelalterlicher
Prediger über Liebe und Liebeswahn zusammen. Es handelt sich
um die in einem verbreiteten Handbuch für Seelsorger: Praeceptorium
I
dtvinae legis nicdergeiestm, aus allen möglichen Quellen stommenden
moralphitosophischen AusfOhningra des Gntlschalk Hollen, eine« hödtsl
angesehenen westfälischen Prctli^'ere, über den Liebeswahn. H- bandelt in
klügelnder Weise hauptsächlich nach Bemardus de Gordonio eing^rtHf
^ über den Ursprung und die Ursachen der .Krankheit", über ihre Symptome
und Kennzeichen, über die Gdahr und Vervirrung, die sie mit sich bringt,
und über ihre Behandlung.
Aus den Neuen Jahrbüchern f. d.klass. Altertum, Gesch. usr. (Jg. t1,
H. 3) vereeichncn wir die Arbeit von Fritz Schemmel, Die Hoch-
schule von Konstantinopel int 4. Jahrhundert p. Chr. n.
L P. Andersons Beitrag zum Pcdagogical Seminary (1907, June):
A study of medivval schools and schoot work enthält auch eine
Bibliographie.
Wir notieren kurz fojgende weitere schulgeschichtliche Arbeiten:
R. Sfahlecker, Beitrige zur Gesch. d. höher. Schulwesens in
Tübingen (Tübinger Blätter. 1906, 18-29); Btdder, Beitrige z. e.
Gesch. des westpreußischen Schulwesens in polnischer Zelt,
ca. 1572 - 1 772 (Zeitschrift des Wcslpreuß. Geschichtsvereins, 49, 273 - 349);
W. Toischer, Lateinschule und Gymnasium in Saaz in sieben
Jahrhunderten ihres Bestehens (Deutsche Arbeit, 7, 3); Di«
Dorner Schulordnung |t7S2], [mitgeteilt] von Julius Honkc
(Deutsche Blätter f. crneh. Unterricht, Jg. 35, Nr. 29).
Als Beilage zu dem Programm des Wöhicr-Rcalgymiusiums zu
Frankfurt a. .M. (Ostcm 1905} vwfiffentlicht Otto Liermann eitwii
■ Beitrag zur Geschichte des Bildungswesens im Großherzogtum Frankfurt*
unter dem Titel: Das Lyccum Carolinum. Die kurzlebige Anstalt
ist nach ihrem Schöpfer Carl von Dalberg benannt, ihre auf Grund
der im Stadtarchiv aufbewahrten Akten hier gegebene Geschichte macht
uns mit .bemerkenswerten Person tichkeiten und Zuständen- bekannt. Dk
kulturgeschichtlich belangreiche Abhandlung gliedert sich in die Abschnille:
Carl Theodor von Dalberg; Kurator, Leiter (-Rat Schlosser-i und l^ir-
kfirper des Lyceums (u.a. der Historiker Schlosser); Studicnplan, Süßeres
und inneres Leben des Lyceums bis zu seiner Auflösung. Hat die Arbeit
einerseits ein großes schul geschieht! ich es Interesse, ist sie sogar .lehrreich
für Fragen des höheren Unterrichts und der Hochschulpädagogik, welche
die Gegenwart bewegen", so führt sie andererseits doch auch in jene
geistig und kulturell hochstehende Zeit ein, als de«n echtes Kind der
humane, reformfreundliche, aber »in der politischen Geschichte verfemlf
Dalberg erscheint.
An universitätsgeschichtlichen Zeitschriftenaufsätzen Hegen vor:
Q. Bauch, Schlesien und die Universität Krakau im IS. u.
16. Jahrhundert (Zeitschr. d. Vereins f. d. Gesch. Schlesiens, 41.
99-180); Paul Drews, Das Eindringen der Aufklärung in d.
Universität Gießen (Preuß. Jahrbücher, Bd. 130, H. 1); O.Heincinann,
^
KWne Mltteihmgcn und Rcftrate. ~ 377
Studentische Verbindun(ren in Gretfswald bis zur Mitte des
* ^. Jahrhunderts (Baltische Studien^ N. F. 10. b7-117) - wir kommen
*t«f diesen, zugleich in der Festschrift zum Grcifswaldcr Jubiläum er-
sofcienenen Aufsatz bei flesprechung derselben noch zurück — ; Lady
^»Jerton, Oxford Universily Life in the XVn»i Century (The
^>I«uonal Review, Nr. 298).
Eine kurz zusammenfassende Darlegung des Wissenswerten über
^»«babylonischen Tonbricft nach ihrer äußeren Erscheinungsform und
*^»ter inneren Beschaffenheit gibt Ed. K5nig» Aufsatz in Über Land und
■^■1««r (Jg. 5(1, Nr. 2ü): Der Brief bei den Babyloniern.
Viel höher steht der Essai Otto Seecks über den antiken
B rief in der Deutschen Rundschau (Jg. 34, H. t), der das Thema, so
S~ut es der Raum erlaubt, nach der Äußeren, stilistischen und literarischen
Seite möglichst erschöpft. Die Menschen selbst werden allerdings uns
^i»«tl weniger nahe gebracht, als es in Steinhaiisens Geschichte des deutschen
Briefes seinerzeit für den deutschen Menschen geschehen ist. Dieses Werk
H3,t(e auch mannigfache Parallelen zu der antiken Entwicklung geboten
Cz- b. bezüglich der anfänglichen Auffassung des Briefes als Boten, be-
EQ^lich des zeitweise gezierten, schwillst igen Stils usw.).
In den Modem Language Notes (1907, Dezember) findet sich ein
Beitrag von R. L Hawkins, A Letter from one maiden of the
F^«naissance to another, in The English Historical Review (1907,
Oö.) ein solcher von P. S. Allen, Some Letters of Masters and
Scrholars, tSOO - 15J0.
Über englische Verfasser und Verleger um .Iboo - die englischen
V^^hiltnisseslnd von den deutschen sehr verschieden - handelt Ph. Scavin
'^r\ The Library (t90h, October) (Writcrs and the Publishing Trade,
c»- itioo). - Aus derselbe« Zeilschrift (lyo;, Januar) notieren wir einen
•^»Jfsatz desselben Vcrfas-siers ; The l.iveiihood of the professional
^Ä"' Titer circa 1600.
Aus The Ninelccnth Century (Nr. 369, 1907, Nov.) verzeichnen
*''r den Artikel von J. B. Williams, The early history of London
^^ vertising.
Auch für die eigentliche Kulturgcschiclile kommt ein in der Mün-
<^hener Wochenschrift -Frühling' (190S, H. 11,'12) veröffentlichter Aufsatz
^l Max Kcmmcrich über Entwicklungsstufen der deutschen
"^örträtmalerei in Betracht {vgl. Übrigens oben S. 361f,). K. behandelt
" das Porträt im frühen Millelalter, das eine allerdings unvollständige
**1r.itfähigfceit besaß, aber zu wenig Interesse an der Persönlichkeit
j^*'p. 2. das P. der Gotik, in welcher Zeit das Höchste an genauer
*^er^be der Formen und der Lokalfarbi* geleistet und die authentische
'^'viduelle körperliche Erscheinung in ii.ilurwahrstcr Weise festgehalten
.. ''•■fi(._ 5, das P. seit Renibratidt - jetzt wird die frühere physische Ähn-
^^'teit zu einer tieferen psychischen gesteigert, die Klarheit der Formen
und die Riditigkdl der Lokalfarbe vcrdcn abgelöst durch ein Streben nidl
luturvahrer Veranschaulichung der Licht- und Schalten Wirkung - , 4, du
P. des Impressionismus, der denkbar ungünsligbten. formauflösendcD, die
Lokalfarbc negierenden Art der Porträt maierei. Dem Veriasser kam a
darAUt an, die großen Richtungslinien zu zeigen, nach denen die Kunst
der ^Tfschiedenen Epochen die Individualität zu meistern suchte. - Sencf
im 29. Rande des Kepertoriums für Kunst<rissenschaft (S- SS2-5:) e^
schienenen Zusammenstellung malerischer Porträts aus dem frühen deutsdwi
Mittelalter Unt K- im neuesten Heft des 31. Bandes (S. 120-131) diten
Nachtrag (und Derichligimgen) fotgen^ nicht sowohl Im kunsthistoriscben
als im Interesse der Historiker. Er dehnt dabei die Zei^renzc um ein
halbes Jahrhundert »eiter aus, also bis 1500. - In dem Neuen .\rdOT
der Gesellschaft für allere deutsche Geschieh tskumle (Bd. 33, H. 2) sodaan
gibt Kemmerich unter dem Titel die Porträts deutscher Kaiser und
Könige bis auf Rudolf von Habsburg eine sehr bcachtens»erte;
von A. Wertiiinghoff angeregte und unterstützte Sammlung des riradill*
gigen künstlerischen und literarischen Materials. Da ihr Zwedt ans-
schlieOlich der ist, festzustellen, wie die Herrscher wirklidt aussahen, so
berücksichtigt die Sammlung in erster Linie Porträts, »Bildnisse* aber,
d. h. Phantasiegebilde, nur da, wo eine kritische Sichtung durch Vergleidi
mit anderen Bildern oder auf Gnmd literarischer Belege oder der Feststellung
des Orts, v-o das Bild entstand, nach nicht vorgenommen verden konnte
— Wir weisen bei dieser Gelegenheit noch auf die im Anzeiger de
Germanischen Nalionalmuscums (Jg. 1907, H. 1,C; 3/4) erschienenen Auf*
Sätze von O. von Bczold, Beiträge zur Qeschichtedes Bildnisses.
hin. Der neueste Beitr.^g: Bildnis« d« frühen .Mittelalters bcrücksichligt
nach kurzer Behandlung der MünzbiJder, die keinen großen Bildnisrnt
haben, vor allem die Siegelbilder der Könige und Kaiser, welche Qudle
nach kunstgeächichthdtcr Richtung noch wenig ausgebeutet ist Sicbnuchcn
nicht als besonders ahnliche Bildnisse zu gelten, aber sie getwn darüber
Aufschluß, welche Anforderungen an die Ähnlichkeil man zu verschiedenm
Zeiten stellte.
In der Zeitschrift des Vereins für Volkskunde (1908, H. t) beginnt
O. Lauffcr wieder dncn Bericht über Neue Forschungen über die
äulleren Denkmäler der deutschen Volkskunde und bespridit
zunächst einige den Hausbau behandelnde Werke. Dem Texiband da
jetzt vollendeten großen Werkes: Das Bauernhaus im Deutschen Reiche
widmet er sehr anerkennende Worte, nimmt aber gegenüber der «historisdi-
geographischen Einleitung", die von Dietrich Schäfer stammt, eine slartt
ablehnende Haltung ein und meint, daß dieselbe von einem Qdehrtcn
gcsdirieben sei. der überhaupt nicht dos leiseste persönliche Verhältnis
zur Bauernhausforschung habe. Seh. hat demgegenüber im nächsten Heft
(S. 23b f.) erklärt, daß er seinem Auftrag gemäß nichts gewollt habe als
eine Darlegung der geschichtlichen Hergänge und der geographischen Ver*
Kleine Mitteilungen und I^erate.
^Unisse, deren Kenntnis als Cnindlage zu dienen habe ffir die Beurteilung
bäuerlicher Verhälluisse.
V. Qabotto bringt seine im Archivio storico per la Sicilia oiientile
(Bd. 3; 4, i-i) veröffen (lichte inleressanle Inventarpublikation (Inventari
niessinesi inediti del Qualtroci^nto) zum Abschluß.
Nachrichten über Einrichtung kleinerer Bürgerhäuser sind verhällnis-
näßig selten. Adalb. Sikora macht uns in der Zeitschrift des Vereins
für Voikskiindc (Jg. 17, H 4) mit einem Innsbnicker Hausinventar
t- d. J. 4626 bekannt. Es handelt sich tlm das Inventar eines Siechen-
liauses, von dem S. einen Teil veröffentlicht. »Inleressanl vor allem sind die
Einrieb lungsgegenstände in der Wohnung des Siech envaters, namentlich
die Art der Betten und die verschiedenen Küchen-, Speise- und Trink-
geschirrc."
Hausinschriften im oberen Sundgau teilt F. Walter in der
Alemannia (N. V. 8, 4) mit.
In Heft 85 der Annalen des Historischen Vereins für den Nieder-
fhein findet sich eine ganz vortreffliche Studie zur Wirtschafts- und Vtr-
fassungsgeschichte von Aloys Schulte: Vom Orutbiere. Es handelt
sich um das mittelalterliche Bier Nordwestdcutschlands, überhaupt des
Nordseegebieles, in dem wahrscheinlich das alte niedergermanische Bier zu
erkennen ist. Schulte weist zunächst vor allem auf Qrund der Weseler
Rechnungen die später vom Hopfen vertriebenen Bestandteile desselben nach.
die zugleich zur Würze und zur Erhaltung dienten (Oagdkraut, Porsch.
v'elcher Name vielleicht aber ebenfalls für Gagelkraut angewandt wurde,
rtarz u. a.). Er geht auf den eigenartigen Namen der Qrut ein, auf das
Alter und die Verbreitung dieses Bieres sowie auf das Qrutrecht. das sich
31 die sonstigen mittelalterlichen Bannrechte anreiht und besonders an
Jen Landesherren des Spätmittelalters haftete. Die Städte gewannen in
<i'csem Rechte eine ausgezeichnete Eitmahmequcllc, die z, T. das städtische
^ben in erster Linie nährte. Endlich besiegte dann der Hopfen die Qrut,
w*a seit Beginn des 14. Jahrhunderts drang er in das Qrutbiergebiet
^n. Nun erklärt sich auch die ungeheure Ausfuhr von Bicrcti aus dem
östlich von Bremen beginnenden Hansagebict. Dafi das hansische
Hopfen-, nicht aber das Grutbicr zum Versand geeignet war, erklärt
die Biervormundschaft der Hanse im Nordseegebiet. .In dem Bezirke des
Grutbicres bezog man zuerst das fremde Hopfenbier, dann ahmte man
^ nach, und die Städte besteuerten nun dieses neue Bier durch eine
Hopfenakzise. Solange es ging, hielten die Städte an dem alten, für ihre
Finanzen so wertvollen Getränke fest." »Am längsten wogte der Kampf
'" f^gland.* Schulte bezeichnet seine Studien selbst noch als unvoll-
nändig: sie werden aber jedenfalls eine gute Grundlage für alle
■«»leren bilden
Zur Geschichte der sozialen wie der kulturellen Verltälinisse trägt
I '*'■ Aufsatz von H. Schneegans m der Deutschen Rundschau (JK- 5^.
H. 10) Ober d«n .Frauenslreit* in der französischen Rentia*
sanceliteratur wescniticb bei. Seh. brhandelt, namrnlHch Im Anschloß
an die Arbeiten d« französischen Gelehrten Abel Lcfranc, eine Periode
aus der französischen Utcraiur, die gerade för die Entvicklung des Fraucn-
einflusscs von gröHter Bedeutung gewesen ist. Die Stellung der Frauen
in der damaligen Zdl ist von grüBter Wichtigkeit für die Ejitvicklun(
von Kultur und Literatur.
Zur Geschichte der Hochzeitsbräuche sden folgende Arbeilen notiert:
A. Bröcltner, Athenische Hochzeitsgeschenke (Mitteilungen d«
Itaiserl.dlsch.archaeolog.lnsliluts, Athen. Abt., 32,1): Kunz v.Kauffungcn.
Mühlhäuser Hochzeits- und Kindtaufordnungen <Mfihlhäuser
Geschichtsblätter. Jg. 8); O. F. A. Strecker, Hochzeitsgebräuche i
d. Parochie Fritzow, Synode Cammin, um d. J. 1750 (Monatsblitter
d. Oescilsch. f. pomm. Gesch., 1906, 98/112, 14250); T. Qebhardt,
Eine Bauernhochzeit 1. d. Brieger Gegend vor 5o Jahren (Mit*
teilungen d. schles. Ocsellsch. f. Volkskunde, H. 17/8).
Georg Bu H orientiert in Velhagen & Klasings Monatsheften (Jg. 3?.
Bd. I, 561-73) unter Hinzufügung von Illustrationen, namentlich auch
nach Stücken des Germanischen Museums, Ober die Puppe in der
Kulturgeschichte.
Mit dem Ballspiel beschäftigt sich auf Grund griechischer und
römischer Quell enslellen W. B. Mc Daniels in den Tntnsacttons and
Proccedings of the American Philological Association (Vol. 37).
Spiele und Feste betreffen weiter folgende Zeitschriftenbcttrtge:
O. v.Delten, Ober Schwcrltänze im nordwestlichen Deutsch-
land (Zeitschr. f vaterl. G. Westfalens, W, II); J. Kcmp, Zur Gesch. der
Kölner Fast nach t(2citschr.d.Vereins f. rhein.u.westf.Volksk-, 3,241-272);
C V. Bardeleben, Festlichkeiten am Brandenburg. Hofe z. Z-
ri. Kurfürsten Joachim II. in Berlin (Mitteilungen des Vereins f Gesch.
Berlins, 1907, Nr. A f.); Paul Rachel, Eine höfische Festordnuog
aus Kurf. Augusts Tagen (Dresdner Gcschiclitsbl alter, Jg. 16, Nr.l);
O. Richter, Dresdner Vogelschießen 1660 (Dresdner Geschichts-
blätter, Jg. 16, 135- 132); EVial, Les r^jouissances publiques k
Lyon [XVI' — XVlIle s.) (Revue d'histoire de Lyon, t. 6, 4).
In den Monatsheften für Rheinische Kirchengeschichte (Jg. 2, H. 1)
finden sich zwei kleine kulturgeschichtliche Mitteilungen. Aus der einen
ergibt sich, daß man der nach der Stiftung der Bergischen Provinzial-
Synode i. J. 1589 alsbald sich zeigenden Neigung, das gemeinsame Sy*
nodal essen etwas reichlicher auszugestalten, mit kalvinistischer Strenge
entgegentrat,, aus der zweiten, daß die Bergische Proviiuialsynode die
Kurpfuscherei mit abergläubischen Mitteln nachdrücklich bekimpfte.
Im S. Jahrgang der Mühlhiiuser Qeschichlsblätter veröfrentlicht
Kunz V. Kauffungen Beiträge zur Geschichte der Sittlichkeit
in M. im Zeitalter reichsstädtischer Freiheit.
Ebenda werden Mühlhäuser Verordnungen aus dem 17. u.
IS. Jahrhundert betr. die Polizeistunde in den Wirtshäusern und
Schankwirtschaften mitgeteilt.
Das •Polizey-Reglement für die Stadt Cflslrin- von 1740
bringen die Schriften des Vereins f. d. Gesch. der Neumark (H. 19).
In der Zeitschrift für die gesamte Strafrechtsvissensch^ft {26, 1)
veröffentlicht K. Rosenfeld einen Beitrag zur Qcschichte der äl-
testen Ztichtttüuser.
Den Standesverhältnissen in den Klöstern hat man neuerdings wesent'
Uch unter dem Einflufl von Aloys Schulte größere Aufmerksamkeit zuge-
vandt. Dieser hat unter den adligen Klöstern sog. »frei herrliche* nach-
gewiesen, d. h. sotche, die sich nur aus Personen des Fürsten- und freien
Adelsstandes zusammensetzten. Die Auffassung des Begriff:» nobilis ist dabei
allerdings wesentlich. Einer seiner Schüler, Georg Fink, hat jetzt die
Standes Verhältnisse inFratienklöstcrn und Stiftern der DiÖcese
Münster und Stift Herford (Inaug.-Diss., Bonn, I9a") in anerken-
nenswerter Weise behandelt und alles einschlägige Material zusammen-
gebracht und geprüft. Unter den Fraticnklöstem des Münstcriandes ist
keines, das wirklich ein freiherrliches genannt werden könnte, »keines, das
auch nur im H.Jahrhundert noch einen freiherrlichen Konvent aufzuweisen
hätte". Indessen begegnen je früher desto mehr freiadelige Kanonissen.
und die Äbtissinnen sind bis in gaiir junge Zeiten freiadelig. F. hat vor
allem die Klöster (übrigens gerade die ältesten) behandett, in deren Besitz
Dienstnunnschaft war. -Den Typus der westfälischen Klöster mit Dienst-
ritterscfuft und freiherrlichcr Spitze bietet das Reichskloster Herford." Dieses
behandelt F. deshalb vor den münstcrländischcn Klöstern (Vredcn, Freckcn-
horst, Borghorst, Nottuln, Metelen, Überwasser-Miinster. St. Egidien-Münster).
Zur lokalen Wirtschaftsgeschichte trägt auüer einigen bereits oben
<S. S73) genannten Arbeiten fiir Magdeburg. fJanzig ii. a. die auf Akten
der Archive des Dep. Lot beruhende Abhandlung von B. Paumts, La vie
economique dans l'^lection de Cahors i la veille de 17S9 {Com-
missdon des documcnts relatifs ä b vie Economique de ta Revolution,
Bulletin, 19»&. 4) bei.
Für die Geschichte der l^ndwirtichaft kommt der rasch zusammen-
fassende Überblick von E. Escarra, Esquisse de Thlstoirc icono-
mique de L'agriculture autunoise in den M^oires de la soci^^
eduenne (34] in Betracht.
G. Richter erörtert in den Fuldaer Geschichtsblättem (3, 97/1 10 usw.)
die Lage der Landbevölkerung in den fürstlich futdtschen
Ämtern am Ende des is. Jahrliuriderls.
Den Nürnberger Reichswatd, seine Bodenbeschaffenheit und
seine Bewirtschaftung vom U. bis zum ib. Jahrhundert behandelt Johannes
Mfiller in einem Vortrag, der in den Verhandlungen des XVI. Deut-
schen Oeographcntages abgedruckt ist. Der Nürnberger war von allen
Kleine Mitteilungen und Refente.
4
Reicbsfonicn sovohl nach sdnon Umfing wie nach seinen Enrignii
ener der bfdeutcndslen M. verbreitet sich zunächst über Umfang und
geognostisdic Verhältnisse desselben, sodann und hauplsäcblicfa über scftte
Vervaltung und Bevirtsduftung vom 1 3. bis zum 16. Jahrhundert
0- unter der unmittdbaren Herrschafl der Reichsgcvalt (U. o. M.Jahr-
hundert), 2. unter reichsstädtischer Verrollung vom Ende des 14. bis zum
Anfang des 16, Jahrhunderts) Die er^te Periode ist durch übemiiSige
Ausbeutung des Waldes sowohl durch Haupt- «ne durch Nebennutmngen
charakterisiert Die Bewirtschaftung war im Spfltmittelalter von den aller-
primitivsten Gesetzen ausgegangen, aber im Laufe von mehr als zwei
Jahrhunderten zu einem im ganzen praktischen System gekommen. .Als
durch den Rat von Nürnberg die er^te neuzeitliche Watdordnung (vom
Jahre 1S16) gegeben wand, war der Nürnberger Reichswald eine Hauptquelle
des Wohlstandes der StadI". Venn aber durch die neue Waldordnung
■der bbber üblichen planlosen Plinler- und Plackwirtschalt, die schließlich
zur völligen Devastienmg des Reichswaldes führen mußte,« einigermaßen
Einlult get^n wurde, so machten andere Umstände, insbesondere der in
der Neuzeit wachsende Einfluß der Fürsten gcwati, die guten Folgen grftSten*
teils bald illusorisch. Die von M. genauer dargelegte Organisation der
Forstbehörden im 13. und M. Jahrhundert ftndertc sich unter rvichfr-
städtischer Verwaltung nur wenig.
Über den früheren Weinbau im golhaischen Land be-
richtet Luise Gerbing in der Zeitschrift: Aus den coburg-gothai sehen
Landen (Heft S).
J. Steenstrup handelt in der Historisk Tidsskrift (7. R., Bd. 6)
über die Geschichte der Fischerbevölkerung in den nördlichen
Ländern. Der Fischfang am Meere wird anfangs von jedermann aus-
geübt Berufsfischer gibt es im Mittelalter nur an den Biniicnscen: an der
Küste finden sich Fischerdörfer erst seit dem 16. Jahrhundert
K. Richter bringt in den Schriften des Vereins f. Ocsch. d.
Neumark (H. 19) Fischereigeschichtliches aus dem Nieder-
Oderbruch.
O. Schmidt veröffentlicht in den Mitteilungen des Vereins f. Ocsdi.
d. Deutschen i. Böhmen (Jg. 4&, Nr. 2) eine .Kundschaft" Qras-
lilzer Bergleute vom J. I6b0, gefunden in Mies.
W. Beick verteidigt in einem Artikel über die Erfinder der
Eisentechnik (Zeitschr. f. Ethnologie, Jg. 40, H. 1) seine hier (Archiv,
6,127) bereits ausführlich erwähnten Anschauungen gegen eine Reihe von
Einwänden und meint. ..an der These: .als die Erfinder der StahlfabrikalJon
haben die PhiHstcr-Pliönizier zu gelten' dürfte jetzt kaum mehr zu rütldn
sein". Dazu ist noch die Diskussion (mit Bcrtholet) in der gleichen
Zdlschnfi (Heft 2, 24i/5i u. 272, b) zu vergleichen.
Kurz weisen wir auf die Abhandlung von A. Lang, Early nses
of bronze and iron in The Classical Review (Vol. 22, No. 2) hin.
A
Kleine MiKeilungen urd Referate.
383
Zur Gewerbsgttchichte notieren wir folgende Zeitschriflenaufsätze:
°- Hüser, Aus dem Zunftleben (Zeitschr. des Vereins f. rhein. u.
•esifil. Volkskunde. 4, 241-67); M. Stahlmann, Beiträge zur
Ocsch. der Oewerbc in Braunschweig b. z. Ende d. t4. Jahr*
'lunderts {Zeilschrift des Harzvcrcins, Jg. 40, H. 2); H. Hauser, Les
compagnonnages d'arts et mfticrs ä Dijon aux XVII« et XVIlJf
**eclcs (Re\'ue bourguignonnt, 1907, 4); Kunz v. Kaiiffungen, Ur-
*<undliche Beiträge zur Gesch. der MTihlhäuser Grob-, Huf-
lind Nagelschmiede (Mühlhäuser QeschicbtsbIL, Jg. 8); K. Knebel,
I^ie Frelberger Kupferschmiede, 7. Beitrag zur Kenntnis des älteren
Handwerks in Sachsen (Mitteilungen vom Freiberger Altertumsverein. H.4J);
E>erse!be, Die Zarworchten, Pialtncr oder Panzcrmachcr. 8. Bei-
♦>^g usw. (ebenda); Zun ftsal zun gen der Goldschmiede, Schlosser usw.
>n OMmachau a. d. J. 1654 (Oberechles. Heimat, i,13S-32); H. Ankert,
t>ie Statuten der Leilmeritzer Maurerzunft (MilteiUingen des
V^«reins f. Gesch. d. Dcutsclien i. Böhmen, Jg. 46, Nr. J); Derselbe,
I^ic Statuten der Leilmeritzer Zimmerlentezunft (ebenda. Nr. 3);
^- de France, La confr^rie des tisserands ä Montauban (depuis
■•^OS) (Bulletin de la social areh^ol. de Tam-ct-Qarornc, t. 34, n<» 3).
Verspätet zeigen wir eine im 9. Heft der Mitteilungen des Vereins
***r Ocschichle von Annaberg und Umgegend (1905) erschienene, sehr
"iteressantc Studie von L. Bartsch über die Annaberger Borten-
* ^hotten (zugleich unlcr Bezugnahme auf das Auftreten von Schotten
anderwärts in Deutschland) an. Schottische Händler im eigentlichen
^""tic und zwar solche, die sich am deutschen Binnenhandel beiciligcn,
"^ten uns in Deutschland im 15., 1t>. urd 17. Jahrhundert entgegen,
•'ifangs als Hausierer, und dies in dem .NAaße, daß Schotte und fremd-
*'*itlischer (nieder! an discher, savoyischer usw.) Hausierer gleichbedeutend
^^r, schon seit dem 16. Jahrhundert aber auch als größere Kaufleute.
.;^-* auf archivalischcm Material beruhende Arbeit ergänzt das Buch von>
i^- A. Fischer, The Scots in Oennany, das die schottischen Händler in
^^*^ und Westpreußen, in Polen und Brandenburg behandelt, für Sachsen
z. T. für Süddeutschland, vor allem aber eben für die Bergstadl
''nabcrg, die durch das Eindringen der Fremden übertreibenden Ein-
- '^hnern zeitweise ^ein Scholtenland' zu werden drohte. Die Fremden
-?^l«tc dorthin die aufblühende Industrie der gewirkten und geklöppelten
^'^*»'en (Borten) und der Handel mit ihnen. Von den Bortenhändlerinnen
^'''K denn auch die erste Opposition gegen die Schotten aus: aber auch
j. *^ere Kreise, ja die Einwohnerscluft überhaupt, wurden von einer ticft-n
"*ieigung gegen die Fremden beherrscht; man bekämpfte sie heftig und
^^6*e ihnen Übles, besonders betrügerische Neigungen, nach. Aber der
^^ädigcnde Einfluß wird durch den Nutzen, den sie gebracht haben,
"^fwogen. Die Erzeugnisse der ober erzgebirgi sehen Textilindustrie sind
***"ch die Schölten erst verbreitet worden, diese aber waren die Lehrmeister
ffir die erzgebirgischen Hausierer vic nicht minder für die Großkaufleuir.
in welche sich die ßergheiren zu Sl. Annaberg mit der Zeil vemndeltn
Übrigens suchten die Schotten auch, zumal die länger ansissigen. ia
Bärgerrecht zu erlangen: diese teilweise erfolgreichen Bemühungen «rrdcn
für Annatierg von D. nAher geschildert.
Die von J. Krypjokevyi in den Zapyski der Sevienla-Gese'J-
schaft {Ud. 65) veröffcntliclucn Materialien zur Geschichte des
Lembcrger Mandels beruhen auf dem GesctiaJisbuch der mit Tuch-
waren handelnden Lembcrger Kanfleute Melchior Scholz Wolfowicy und
Paul Boina (l(>Otf-l6U4).
Von weiteren Beiträgen zur Handclsgeschiclite seien verzeichnet:
O, Liebe, Ein kursäclis. Bericht Über die Leipziger Herren-
messe, 16»7 (Gesell ichiäblätter f. Magdeburg, 1907, 2); H. Pilgram,
Geschichte des Mühlhäuser Wollmarktes <MähIhäuser Ot-
Schichtsblätter, Jg. 8); F. Hauptmann, Ein italienisches Handels-
haus in Bonn {Rheinische Geschichlsblälter, Jg. S).
Eine außerordentlich gründliche und durch die FQIl« der Einzel-
heiten wertvolle Arbeil beginnt Friedrich Rauers in den Deutschen
Geographischen Blättern {Bd. 30, H. 2/3; 31, H. 1) über den bremi-
schen Binnenverkehr In der Zeit des großen Frachtfuhr-
werks erscheinen zu lassen. Zurächst werden Handel, Straßen, Achs-
verkehr und Binnenschiffahrt behandelt. Den Einfluß eines großen
Handelsplatzes auf sein Hinterland und seines Hinterlandes auf ihn ge-
nauer festzulegen, das läßt sich für Bremen «für die jüngstvergangene Zeil,
da die aLten Verkehrsmittel in ihrer höclisten Ausbildung einen bereits
modern werJenden Verkehr intensiver Kultur bewältigten und gleichzeitig
die modernen Verkelirsmittel sich ausbildeten, für die Zeit des großen
Frach tf Uhrwerks der Chausseen", insbesondere auf Grund der Abgrenzung
der Bezirke der amtliclicn Bremer Fraclilmiiklcr, der Giilerbcstedcr, unJ
ihrer seit 1S25 unregelmäßig, seit 1835 systematisch abgestattettn Berichte
ermöglichen. Allerdings nur für die bremische Ausfuhr zur Fuhre, also
den Import ins Binnenland. Aber dieser war für diese Zeit für Bremen
eben weitaus die Hauptsache. Die mit einer Fülle sonstigen Material*
belegten Cinzelausführunt^cn des Verfassers können hier nicht näher skizziert
werden: der äußeren Festlegung der Ergebnisse und der Veranschaulichung
dient eine wertvolle Karte, in die z. B. die Fuhrmannsorte auf Grund
umfassender Forschungen eingetragen sind.
Im Ardiiv für Post und Tetegraphie (1907, Nr. H) behanddl
H. Herzog die deutschen Lehensposten des 17. bis 19. Jahr-
hunderts. Außer den wichtigsten, denen des Hauses Thurn und Taxis,
gab CS solche auch in Österreich, Bayern, Hannover, Braunschwctg und
Sachsen; auch Preußen hat zu Anfang des ts. Jahrhunderts ein Lehens-
postwesen gehabt.
REPETITORIUN DER DEUTSCHEN GESCHICHTE
Aus einer Besprechung der -Blittcr f. hdh. SchulTeun" über Quid I,
t. AofTice:
.Die Vfffas&er votiten ein Buch schiffen, das in aller KOtze den
Inhalt dessen wiedergah, w.is itian zum historischen Suit^KHüien notvendtg
bnuvhl .... K& kann kein Zweifel sein, ä»i> Jas Buch, «ie ei
vorIi<'2t rinc Hiiuk^itsivi'rtf Leistttug ist.
Dem Studierenden zur Wiederholung;, dem Lehrer Bur Vor-
bereituHg , dem Qeschichtsfrcunde zur Belehrung k.inn rs warm
etnpfahlett werdni - Piüf, Slrassbiitger,
i|
A Ä J Ai^;. 1 r\ I ^r\-^ Vfi^\%x »eröesserte und vurmehrie Auflag«.
Dr. U. Gaede und C. Brinkmann.
INHALT:
Von Beginn der VSIkerwanderung bis zum Tod« MaxImitUns 1.
Die Krcnzzüge.
Zur Verfassungs- und Territorialgeschichte.
Vcrfa-sjuiiK der ücrmaiini trährnKl und nach der VölIverTandernng. - der
McTovinycr/eit, - der KaroUnEcrartt. Vf^f^ birbarunini. Bntstchunt; und
tntTifcklunu des Ijchns-orcscns. Enlstphimg der Her^oa[tüinei . Küiiiji&vahlcn.
Das Slädtcwesc«. Der deutsche Oitlen in Preußen. EnlricWung der
jchwei/er Ddgnuj^sriiMrhaft, r'.ii>f.t<*.ih!fiL Das MütRhliiin.
TabellH zur Entwicklung der bedeutendsten Territorialstaaten.
Bayern. Bnildaiburg. Bui-gund, Ktirpfalz. Lüthnngcii. Österreich,
Sjchsen. Schwaben OX'örtlcinlJcrjj. Baden).
Stammtafeln.
KjroUn^r. Die sächsischen und falisch^n Herruihcr. Hohensliufea.
Wolfen. Hab^tiur^cr. l.Lixcmbiinrcr.
Synchronistische Tabelle der Kaiser und PSfKte.
Synchronistische Tabelle der deutschen, französischen und englischen Künijje.
Bemerkungen zu den Quellen.
i
NEUZEIT.
Erste und zweite Auflage.'
INHALT;
Deutsche Geschichte von der Reformation bis zum Jahre 1871.
Brandenburgisch-Prcu Bische Geschichte lits xtir Cnrcrbnng der I'rcuBischen
Köni;.'iVr..iii':.
Brandenburifisch-Preußische Verfassungs- und Vcrwaltungsgeschichte.
Zur Geschichte Frankrcidis - Englands der Nlederlasde.
Quellen und Darstellungen.
Cbroaologrsche Tabelle.
'^^-^'-
ARCHIV FÜR KULTUROESCHICHTl
VI. Band. Heft 3.
Sc«f
Inhalt:
Das fränkisch« Qottesgcrichl. Von PrivaldozenT Dr. f.fofaräa»
in Mündien . .,.-,;.»,-'. . . - 26S
Christian Adolph v. Anack«rs Beschreibung =k.:.^i ReUc
von Lissabon n^ch Wien (17H). .Mtigetdlt von Geh. Re<
gieniHRsrat Th- RmoHd in Straßbut^ i. E. .......
Briefe von Philipp von Siosch an M.iH f:gizio in NeapeT
Mrtfieleitt von Prof, Dr. Rieh. &igetmatin in Rom
iJesprechiingen:
Bembrim. Das ■iadcinisclic fttmlnim dn- Oc-
5cbtchtswissensch.ift Besprochen
Schaumkcll, Oescltichte oi-i ucuiicticii ivuitur- \rtm
geschicbisschrcibiing . . , Herausgeber il
Wdlgwchichte Hrsg. von H.F HdmoK Bd. 9 »i
Fti5ltl de Coulange^. Der antike Staat Aiitün<^. Oberselziing
von P. Weiss. Bcsproclien von OberlclircT Dr. CFries, in Berlin
Neiimann. Jesus, »er er geschichtlich »an Besprochen voa
Univ.-Profcssor D. Dr. Ernst v. Dobsfhötz in Stralibitrg i. E.
t.indner, VX'eJigeschichte seil der Völkenranderung. Bd. 5. Be-
sprochen vom Herausgeber . . J
Die Regel des hl. Benedicts Besprochen von Univ.-Prof«ssor
Dr. Atbcrt Wermin^jf in Königsberg i. Pr. . . . . . J;
Besprochen von
l-niv -Professof *'
D Dr. E. V. Dch-
schäix in Stntlburg
Felder. Geschichle der visscnschaftlicheii
Sliidicn im Fran/iskanerorden . . .
Troeltvh. Die ßedeulong des Proleilau-
ti*-mtis für die Entstehung der mo-
dernen Wdt i. E.
Galle, Konrad BitschinsRtdagogik. Besprochen von Bibtiothdjr
Dr G. Kohfftdt in Rostock ...
Keninierich, Die frühmitteUltcrlidic Por •
irälmalerc. in DentschUnd .... Besprochen vo.«
Piper, Biirgenkunde. S.AuIl I "'""^g-^t^f
Frh. V. KünÜberg, Über die Strale des Sleintragcns. Bfr
sprechen v-nn L'niv -Professor Dr. A. Werniin^off in
König%be»g i. Pr , , .
Krotlmann, Die Selbstbiographie des Bi:rgErafcn Fabian lu
Dohna. Besprochen von Or. W. BntchmüUfr in I ^ n/^.'
Friedli. Birndölsch a\» Spiegel bemischcn \
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angegeben.
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und Verlagsbuchhandlung ersuchen dnngend darum, die Manuskripte in
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Alexander Duncker, Verlagsbuchhandlang. Berli
in W. 57. j
Difi soziale und poiJtlscli«
BedeutQDg der Scliulretorni roa 1900.
Von Adolf Malthias.
Oh. Üb.-Rrg.-Kal utiiI vorU . Rjl im KulluiiMinittcHtim.
Geh. Mk. -.75.
I^lnc klarr. ansduulidir [)«t-
ucllunij <Jcr Kncliichtlir)*m Fat-
«icklUfiK (In Rrfnrmfragp iiud
iloi veHtnixm(<<7i Bcdmtun{ der
Hcfcrni h'ir die verschiciloaoi
Sehen viitcm Knllurlcb««.
GqsUv FreDSsen uod das SuciieD der Zeil.
Zwei Voiiräge von Dr. Müsebeck.
Mk. -.7 5.
■ frndlicli dtimal kein krili-i
Khn Kritleln. fc«inc kur/stchÜee '
Mdnkbabcrd, auch knn kiixhm-
pij'iiiuKn Gujnk Endlich
ttiitmal Gedanken. U'erivoll
iind auch die arknndltclieti Nscti-
w«i«.* .ChrilU. Wrtt.«
Quellen zur Amberger Hochzeit von 1474
Herausgegeben von
MAXIMILIAN BUCHNER.
Großen, bedeutenden Festlichkeiten verdanken wir nicht
zuletzt unser Wissen von dem kulturelten Leben vergangener
Tage. Ganz natürlich! Während man über das Treiben des
Alltags nur Aufzeichnungen machte, soweit sie von Interesse
und Bedeutung eben für jene Tage waren, mußten die näheren
Umstände von großen Feierlichkeiten, gleichviel ob diese ernsten
oder heiteren Charakters waren, schon um ihrer selbst willen
denkwürdig, mußten wert erscheinen, daß man Aufzeichnungen
Ober sie machte, um sich dann an der Hand derselben auch in
späterer Zeit noch dieser Begebenheiten und all des einzelnen,
das mit ihnen zusammenhing, erinnern zu können. Wenn wir
also einerseits genaue Beschreibungen von Festlichkeiten der
Vergangenheit der bewußten Absicht verdanken, die Erinnerung
daran wach zu erhalten, so waren es andererseits die Vorbereitungen,
welche solch große Feste nötig machtenj die nicht minder dazu
beitrugen, daß unsere Kenntnis von jenen feierlichen Begebenheiten
und all dem, das an sie geknüpft war, oft gut bestellt ist.
Bekannt ist die Aufzeichnung, die sich ein bayrischer
Edelmann, Thomas Jud von Bruckberg, bei dem Klosterschreiber
von Seligenthal, Hans Seybold mit Namen, über das glänzende
Hochzeitsfest herstellen ließ, das 1475 in der bayrischen Herzogs-
Stadt Landshut gefeiert wurde'). Der Edelmann mag an der
allerdings sehr trockenen Beschreibung seine Freude gehabt und
I) S. (ticzIcT. Oradi. Baycciu III, *41.
Archiv fflr KullurgnchldiCc. VI.
25
386
Mudnilian Budiner.
gern an die Pracht sich auch erinnert haben*), die sich damals
dem Auge dargeboten, nicht minder wohl an die trefflichen
und besonders an Zahl überreichen Gerichte, mit denen der
herzogliche Gastgeber auch für die Atzung des Leibes seiner
Gäste gesorgt hatte. Dank diesem Berichte') und der etwas
lebhafteren Beschreibung'), die ein Augenzeuge*) über jene
Festlichkeiten gemacht hat. sowie der offiziellen, wenn nun
so sagen darf, Aufzeichnungen darüber^) können wir uns
ein anschauliches Bild von dem Leben und Treiben machen,
das Landshut damals gesehen- So kommt es, daß zu den
bekanntesten Ereignissen der bayrischen Geschichte heute geunB
auch die Landshuter Hochzeit von 1475 gehört, deren sich
nunmehr auch die Dichtung bemächtigt hat, um dieses Pest
voll Glanz und Pracht alljährlich mehrmals zu neuem Leben
zu erwecken und in plastischem Bild darzustellen.
Von einem anderen Feste aber, das als Vorläufer, ja
teilweise wohl auch als Vorbild der Landshuter Hochzeit be-
zeichnet werden kann, ist bis heute fast nichts bekannt: von der
Hochzeitsfeier, die ein Jahr vor dem Landshuter Fest in Amberg
gefeiert wurde. Wie dort in Landshut der Sohn des nieder-
bayrischen Herzogs Ludwig des Reichen einer polnischen Prinzessin
die Hand zum Ehebundc reichte, so ward hier in Amberg die
TociUer des reichen Landshuters, Margarethe, zum Altar geleitet
um dem kurpfäJzischen Thronfolger Philipp, nachmals d^i
Aufrichtige zubenannt, angetraut zu werden. ^M
Wohl war die Zahl der Gäste, die auf der Landshuter
Hochzeit anwesend war, wohl daher auch die Menge der Speisen,
die dort konstimierl wurde, noch bedeutend größer als auf der
Amberger Hochzeit Darauf kommt es für den Kulturhistoriker
1} D«ß er pcrwnlich u der Hochrtit tdlnahm, erhellt am L- Westcnricdcr, Bcytrlgit
z. valeri. Hlrtorle II, tüs.
>> Hng. von Westenriedcr t.. m. O. S. lOSff
•) Hnt- von J. J. MÜlIcT, SUali-CabinH H, Jen» ITM, S. 311«.
•} Nach Rfezlcr a. a. 0. «otil dn Angclidrign' des Oefolses des BraadaiLmtf
MuVgnfen Albrecht Achill.
1) Über die hindKhrifllichni Quellen tut Ludshnter Hochieil s. RIetler, OesA
Bayeni« III, lil, Anni, i: hiczu isi zu bcmrtkcn. ilafl Original-AnfieichnuRgen über dir
KMlen der Hix-liiHI Akt :1SI b de» K. B. Geh. llaus^Archivi zu München enihili, die
(edoch nichts Neue« i» bieten ceheinen. — Meinem verehrten frennde. Hetm ArcUtnt
Dr. Joseph Wels kI auch ui dieser Stelle mHn hcrrlidistcr Dank autge«pnKhen firdii
freundLkhe Eatgeseskommeii, du er niir bd der Hcrtnseabe der folgenden Quellen bodtbe
nicht so sehr an. Das ganze Bild von fürstlicher Macht und
höfischem Olanz aber, die ganze überschäumende Lebenslust,
die großenteils jene Zeit beseelte, da sich, wie man sagte*),
»die Menschheit gleichsam mit vermehrten Organen den Genüssen
aller Lebensfreuden hingab", kommen auch in dem farben-
prächtigen Gemälde der Amberger Hochzeit trefflich zum Ausdnick.
Was den Kulturhistonker noch besonders an diesem Bilde
interessieren mag, sind Erscheinungen, die man bei jener
Amberger Hochzeit wahrnehmen konnte und die man damals
als neu empfinden mußte. Gerade bei Hochzeiten und derartigen
Festlichkeiten suchte man natürlich etwas Neues, noch nicht
Gesehenes zu bringen; daher ist es leicht erklärlich, wenn man
bei ihnen zuerst das Aufkommen fremder Trachten, die Ein-
führung neuer Tänze, das Erscheinen verbesserter und ver-
vollkommneter Musikinstnimente beobachten kann, wie wir
solches auch bei unserer Amberger Hochzeit bemerken dürften*).
Ich gedenke an anderer Stelle') die Bedeutung zu würdigen,
wekhe der Ehe, die in den. Februartagen des Jahres 1474 in
Amberg geschlossen wurde, in politischer Hinsicht zukommt,
öicht minder das Interesse, das die Feier jener Amberger Hochzeil
"^ kulturhistorischer Beziehung beanspruchen darf. Hier mögen
<^»e Quellen, die zur Darstellung gerade dieser letzteren Seite
^'icnen, selbst sprechen.
Die erste dieser Quellen ist eine in Akt 238t b*) des
^- B. Geh. Haus-Archivs zu München befindliche Hochzeits-
*^'"tJnung. Sie zerfällt in eine Reihe von einzelnen »Ordnungen",
^on denen sich die eine mit dem persönlichen Dienst beschäftigt,
^^r den fürstlichen Gästen während der Festtage beigegeben
^^rden sollte, eine andere mit den Vorkehrungen, welche der
•^at der Feststadt Amberg zu treffen hatte, eine dritte mit den
^Urüstungen, die im kurfürstlichen Schlosse zu bewerkstelligen
t} Rlcctcf I. a. O. S. 904.
(] S. uaten S. *r£.
)} Unirr drai Titel: >Dic AmbcrKtr Hochxdf, wahnchelnllcti 1. d. l'onchungcn
QBdi. Bayerns i'resp. i. Oherhsyr. AirhivJ od i. d ZdtschriU f. d. Ocsch d. Obcrrhdiu.
<} Pol. Hb ir. : die Blatter i7a |f. bilden das Original der OcsamtordiiunB. vie
■^ -vom Vinum von Aniberg (*. u. S. 389) an dt-n HeidelberEer Hol lur OrguUditunc
^'^»iiOl wrdc; die einiclnen OrdriunKcn wurden nAtüdich in Absthrllleri dm I^rsonoi
^^p. Bfhünlm, lur die sie Iwiltmmt vorai, im PfleKcnt der uberpQlriKhen Ämter, dnn
^^^dttxt von AmbcTg utf., ttiKCttellt
25 •
388 Maxlmflfan Budiner
i
waren , mit Maßnahmen für die Küche , den Keller, den
Marstall usf.
Von wem ist nun diese Hochzeitsordnung verfaßt? Die
Erörterung dieser Frage gestaltet sich schwieriger, als man .■-■
annehmen machte. Träte man theoretisch, wenn man so sagen wm
darf, an ihre Untersuchung heran, so wäre man wohl geneigt ,"*"
die Abfassung dieser Ordnung dem Hofmeister, in dessen M~m
Ressort vor allem doch das Arrangement von Festlichkeiten «"^
gehörte, vieHeicht auch einem anderen der kurfürstlichen Hof- — ^
beamten, jedenfalls aber einem Mitglied der Heidelberger ""»" —
Zentral Verwaltung zuzuschreiben. Und doch ist dem nicht so. _ ^^
Daß die Hoch Zeitsordnung nicht vom Hofmeister oder Marschall C Äl
herrührt, geht schon aus einer Stelle hervor, wo es heißt: = ^
«in zit davon zu reden, were der furslen essen fza/tragtn . .
geordent werde, das befilh ich hofmeislem und marschalk« ').
Wer ist nun unter dem „ich" zu verstehen? Vielleicht:*"*^
der kurfürstliche Kanzler, der damals der Speirer Bischof^* *=
Mathias Ramung') war? Auch das nicht. Dagegen spricht schon mt^*
das Vorkommen des Ausdrucks .^mein Herr Bischof von Speier«'), ^ ^
womit natßrlich Bischof Mathias Ramung gemeint ist. Man ä"*-
könnte wohl auch daran denken, daß Kurfürst Friedrich selbst 'S'-^
der Verfasser dieser Hochzeitsordnung ist, also daß er unter ^ä-
dem »ich" zu verstehen ist Mit dieser Annahme würde jedoch ^^
nicht übereinstimmen, daß Kurfürst Friedrich sowohl wie auch *^
sein Neffe in dieser Ordnung stets mit ».mein gnädiger Herr" ^£
bezeichnet wird*). ^|
Einen Schluß auf die Abfassung der Hochzeitsordnung '^
können wir aus verschiedenen vorkommenden Ausdrücken ziehen, ^
so, wenn es heißt, es solle das Gewürz «von Heidelberg hirauf"^) ^
gebracht oder es sollen t5 Köche «vom Rine hirauf geschickt ^
und uß disem lande fünf darzu gegeben werden""). — Das "^
zeigt, daß die Hochzeilsordnung nicht in der kurfürstlichen ^m
I] S. vnien S. 408.
i> Über idne gdMlIdic Vcrwkltuii( vil. Ronllns. Ocsch. d BEich. voi Speier II.
143 K.; ikbtf »ine iim«re vclilicbe ßfgierung \g). memt Dluertition (190;), a«cb in den
Mineilung«! d. hitt. Vcr. d. i*1t\i, Mch I9;10; über itint iulkfc Rcgicning vgl. nriM
L il. ZdUchrilC f. Oeach. d. Obmhdni (I909) «rsrtidncnclr Abhandlnng.
■) S. nnteo S, i97. *) 5 unten S. *96, ») S, iintcn S «07. t S. WttCfl S. 4«.
a
Quellen zur Amberger Hochzeit von 1474.
3S9
Residenz zu Heidelberg und nicht in der RheinpFalz abgefaßt
'St, sondern im .oberen Lande", in der Oberpfalz. Da in der
Hoch Zeilsordnung dem kurfürstlichen Rentmeister, dem Land-
schreiber und dem Kästner zu Amberg Vorschriften erteilt
Werden, so kann sie natürlich nicht von einem dieser Amtsleute
herrühren, sondern muß von einem diesen übergeordneten
Beamten verfaßt sein, also jedenfalls vom Viztum von Amberg,
der damals Konrad von Helmstädt war'). Es ist ja auch leicht
erklärlich, wenn ihm es zufiel, die Vorbereitungen zu dem
großen bevorstehenden Feste zu veranlassen, da ihm die
örtlichen Verhältnisse der Feststadl natürlich viel vertrauter sein
konnten als einem Mitglied der Zentralverwattung im fernen
Heidelberg. Die Ordnung der Verhältnisse aber, die allzusehr
»n ein dem Viztum femliegendes Ressort einschlugen, wie die
Ordnung für die Aufwärter bei der Tafel, wobei natürlich die
Unter dem Hofmeister stehenden Hofbeamten vor allem in
Betracht kamen, wurde vom Amberger Viztum der betreffenden
Hofcharge, dem Hofmeister oder Marschall, überlassen, wie dies
die oben angeführte Stelle zeigt.
Jedenfalls als die Frucht dieses dem Hofmeister und
Marschall gegebenen Auftrags müssen wir die »Ordnung, wie
^'1 jeglicher auf der Hochzeit warten soll" ansehen, die nicht
*ij den allgemeinen Hochzeilsordnungen, von denen im Vor-
stehenden die Rede war, gehört; sie soll an dieser Stelle
Sl^ichfalls veröffentlicht werden. Eine Abschrift von ihr befindet
^'ch in einem aus 24 kleinen Oklavblättem (aus Papier) be-
drohenden Heftchen, das dem Akt 959 des K. B. Geh. Haus-
^»■chivs beiliegl'). Den sonstigen Inhalt dieses Heftchens bilden
^<:hriftstücke, die ebenfalls auf die Amberger Hochzeit bezug
l^^ben, und auf die noch zurückzukommen sein wird. - Betreffs
J^rier »Ordnung" muß hier bemerkt werden, daß man Bedenken
*>"agen könnte, sie auf unsere Amberger Hochzeit zu beziehen,
^id daß man vielleicht annehmen möchte, sie gehöre zur
') 5. «ntfn 5. 418.
*1 Dct UmsdiUi; drs HcTlchcni bnirhl an* clnrni Pcrjpimentblltt. d« mU Hner
v**wn. wniertcn, cwt dem I3. Jahrhundert »ugehfircndni Schrift beichrlebieii IiL - Die
^'^•dirlh [it *on derselben Hud, von der tuch der flbrlse Inhilt des Hehchcni itt-
Landshuter Hochzeit von 1475, da an mehreren Stellen in
unserer „Ordnung" von Landshut, an keiner aber von Amberg
die Rede ist'). Doch widerspräche dieser Annahme schon
allein die Tatsache, daß die in dieser Ordnung zur Dienst-
leistung Befohlenen") nicht den» niederbayrischen, sondern dem
pfälzischen Adel angehören, was natürlich nicht der Fall wäre,
wenn sich die »Ordnung" wirklich auf die Landshuter Hochzeit
bezöge. Jene Stellen, in denen von Landshut die Rede ist, ^nd
also jedenfalls dadurch zu erklären, daß sie sich auf die Ejn-
holung der Braut in der niederbayrischen Herzogsstadt beziehen").
Die Abfassung dieser Ordnung ist vielleicht dem kur-
pfälzischen Kanzler zuzuschreiben; denn wenn ihr Inhalt auch
vor allem durch den Hofmeister und Marschall bestimmt wurde,
so kann die Abfassung selbst diesen Beamten nicht zugeschrieben
werden, da in der Ordnung auch sie Weisungen erhalten.
Auch vom Kurfürsten rührt sie nicht unmittelbar her; denn
auch in ihr wird von ihm als von «meinem gnädigen Herrn"*)
gesprochen. Gleichwohl aber scheint er insofern rege an der
Abfassung beteiligt zu sein, als die Herren, die als «Essenträger",
«Weinschenken", »Vorgänger" usf. bei der Hochzeit fungieren
solllenj von ihm bestimmt worden sein dürften. Darauf deutet
nämlich eine Stelle in dem sogleich noch zu cns'ähnenden
Bericht des kurfürstlichen Kanzlers über die Hochzeil hin, wo
es heißt, daß ,.vor dem essen gingen", die der Kurfürst hiezu
beschieden habe. ^ä
Dem Kanzler fiel die Überwachung und Leitung d«
ganzen Festes zu, da der Kurfürst nicht persönlich demselben
beiwohnen konnte; in dem Bericht, den Ramung Ober den
bisherigen Verlauf der Festlichkeiten am 23. Februar 1474*) an
Kurfürst Friedrich schrieb, kommt dies auch zum Ausdruck,
wenn er hier seinem kurfürstlichen Herrn mitteilt, daß er bei
seiner Ankunft in Amberg alles in bester Ordnung vorgefunden
>] S. unten S. 414.
»i So Wolf ging von Panberg, Scintitkei von Schaunbcrg, Hans K
Wlllielir LitheiKcktT.
*J Über die ClnholüTts der Braut tlche in meiner oben S. ?S7, Anm. 3 tltli
Abband I11112.
*i S. uDlen S. 413.
*> Dlxr die Dalicning vgl. meine Abhandliiti£ über die AsiberBcr Kochaelt
&bu7
Quellen zur Ambeiger Hochzeit von 1474. 39t
habe, daß die Gemächer geziert gewesen seien u. dgl., so daß
man keine Klagen habe hören können. Eine Abschrift dieses,
so viel ich sehe, unbekannten') Berichtes Ramtings ist uns in
dem schon erwähnten Heftchen erhallen. Diese Abschrift ent-
hält wohl manche Korruptelen; aus melireren Stellen-) müssen
wir schließen, daß sie (oder schon der Origirialbrief) nach einem
Diktat hergestellt wurde. Durch diese Annahme erklären sich
nämlich Korruptelen, die jedenfalls aus falschem Verstehen des
Wortes seitens des Schreibenden entstanden sind. Vielleicht
hat diese Fehler schon der uns unbekannte Originalbrief auf-
gewiesen; wir möchten dies sogar als wahrscheinlich an-
nehmen, da ja Bischof Mathias den Bericht nicht eigenhändig
geschrieben, sondern ihn vielmehr seinem Schreiber diktiert
haben dürfte.
Ramungs Brief diente, wie aus dessen Schluß deutlich
genug hervorgeht"), dem Zwecke, Kurfürst Friedrich ein Bild
von der Hochzeilsfeierlichkeit zu geben, »als ob er selbst dabei
gewesen". Dank der frischen, lebensvollen Art des kurpfäizischen
Kanzlers ist ihm dies auch recht gut gelungen. Einen Nieder-
^hlag des ganzen frohen Treibens, das sich in Ambergs Mauern
'f* jenen Februartagen des Jahres 1474 abgespielt, dürfen wir
^aher in unserem Berichte sehen. Aufs vorteilhafteste sticht er
^ori der so dürren Beschreibung ab, welche der Seligenthaler
'^losterschreiber auf Bestellung von der Landshuter Hochzeit
E^macht hat. Abgesehen von dem jedenfalls sehr erheblichen
unterschied, der die Verfasser der beiden Darstellungen in
S^isliger Hinsicht voneinander trennte*), können wir dies
^*^Hon hierdurch leicht, erklären, daß der Seligenthaler Klostcr-
^Hreiber erst mehrere Jahre nach dem Feste, das er vielleicht
Ks^r nicht miterlebte, sondern nur auf Grund von kalten
^^tizlislischen Aufzeichnungen gekannt haben wird^ seine Be-
_ >} Zilien Ut du Heftchen. In dem die Abuhd.fl lieh befind«, von Pr. Roth,
\^*«U Ebran v. Wildenberg« Chronilk, i. d. Qucllni und Erörtrrungtti i bayriichen u.
^*»»tKhe« Oeach. N. F. ]i, S. IX. Anm. 1.
)) So, wenn es bdßl: .ulfni »icb- ttati .uff den Hid)-.
■1 S. uirtoi 5. 4».
I '} Über die goKigt Bedeutung Ramungs vi[l. meine deninlchit In den Nddclberger
l^'^vHcbem ersehcincndc Abhandlung: Die Stellun£ des Malbiu Ranung tarn gciiügen
■-***« leinet Zeil.
zu «ner
uimucii in den
Bcfidils md der gcnmricii
HcAcsm sodi on von dcradben
der anf der AiBberger Hochzeit
der Teflnehwcr aa den OesriksslBciKn,
^^ (jsluL AubncBBBSS nennt uns etvi
snd luiBHK^ OnfcH und HcfFcn,
ftrv Dmen, (Sc in Anibef]^
Em kurzes VermclinTS der TeOnehnier
u der ABbo^cr Hockzcit ist ms tttA ist der speuiscnen
fiberfiefeft; dodh f^***f SKh in denselben die
bei den FunocUBOleB und Onicn ang^ebcn,
igesMart
Ovovk*)
Hmen nur
«ihnnd von den RHleni nod Edlen nur die Zahl, ia der sie
anwesend «area, ftbuliüm ist — Ancfa nnsere AufzlhluBg
darf auf Vollittndielceil 1«nen Ansprwck cihebcu; un SdiloB
derselben wird vielmeiir aasdräddicfa beinerfct*X dafi das Gefolge
der Bischöfe \-on Eidisädt, Regcnsbnc nnd Merseburg, des
Grafen von Henneberg nnd sonstiger Herren nicht aufgeführt
sei'). Eine Verglexfaung der beiden Verzeicfanisse zeigt, daß
säe in etncm gewissen Zusammenhing stehen, ohne daß nun
aber *vQa einer l^hhinjijtfil des einen Veczeidmisses vom
mdcnsi spRcben kOonle*^
Die große Zahl \-on Angehörigen zum Teil sehr vornehmer
Adelsgcsdilechtcr, die in unserem Verzeidints aufgeführt werden.
badet einmal eine sdiStzenswcne Pun^rube für die Geschichte
crtMer m ,
1) DiC er Ar WiMNiawm. mbo ios .griwlrt- Übe, act da- Vc
SdlU te OvMdH« hd WiihwUilii m. m. O. S. m ; rf^. ibm S. m. Amil
^ Bd Mo«; Qwdhffl— g d. badMck. I wit^nfc I. st«.
^ S. nfea S. 4ML
ItOKBOtm, «cfcteakU ta Oefnlae cten FirA> W der Hodndt
■Adan te wmarat Vpwictafa «Ic la der Spdr. Chraifk ibcrtaipl ald«
ddHIcinNte.
^ Ejok Abkingiiiinl der Aapbcn u der Spdr. Otnmik •mm ■■«»■ Yniihlidi
W tAom dafadb Mcki — «Mthamt «dl la telilBVB dfe Veno« bd ■e^tna Hom
«dd* Wnrfhhrt dMl, bd dcaei bi der Spdr. Ohroalk dte VniMwii w^nailiui itai.
5^ «dB S 414. Aan- K: ia der Spdr. aaaaik iR anfaMlfenRte Mit da MtdHb voa
Mcratbarf der roa Wlnbars tmBat (f. vdae At^Mdlaag tter die Kmbtrtf HdAhH
«. a. O.); die Laadpafm voa Uuchanbns dad la dB Speii. C^raaik
« LiSCBiCHDCff* DfSndnKl-
Quellen zur Amberger Hodizdt von 1474.
393
dieser Geschlechter; schon deshalb kam es bei der Herausgabe
des Verzeichnisses darauf an , die Namen dieser Familien wie
auch die Namen des einzelnen Gliedes derselben*) mit möglichster
Sorgfalt festzustellen. Der Herausgeber suchte daher - eine
freilich sehr mühevolle Aufgabe - die aufgezählten Persönlich-
keiten auch in anderen Quellen nachzuweisen, um so deren
Namen zu sichern; zugleich aber dürfte hierdurch der Famiüen-
geschichtschreibung eine wenn auch nur schwache Handhabe zu
weiterer Forschung geboten sein. Freilich konnte aus dem oft
häufigen Vorkommen einzelner Persönlichkeiten in Urkunden
jener Zeit oder aus ihrem Auftreten bei anderen festlichen
Anlässen nur auf die eine oder andere Stelle hingewiesen
werden -).
Die Zusammenstellung der mit einzelnen Fürstlichkeiten
auf der Amberger Hochzeit Erschienenen darf aber neben dem
familiengeschichtlichen noch ein weiteres, allgemeineres Interesse
beanspruchen. Es lag in der Natur der Sache, daß die
Fürstlichkeiten bei dem Feste sich vor allem von den hervor-
') So war z. B., wenn vor t-iavm Pamilimnamm J-J Vonumcn standm, öflns
ni cnbcbeldrn, oh diese Vonmnicii inchicTcOHedeT der bctrcff^Mlen Familie rq?rl»cnt(crten
oder nnr Hn«, d» melmrc Vornamen hatK-
*) Va wunJrn alt» be\ drn in unurTcni Ver»richris auf gefühlten I'etwJnlidikritm,
«cnn dcrrn Anvescnhdt i. B, bei d« LwidsJiuter Hochzeit, bei der berähmlm Trierer
ZnninmeDkiiTift tob i4?3 oder bei anderen OcleKcnhtilen bekinnl iit. nIcM auf all die*
hiniteTicicn. sondcni meist nur eine oder die tndcrc Qcl(£tnhcit ausseviblt und im Qbriceo
der SpeilallonchuRS es flberlauen, dem lonilijcni Vorkonuncn der betreffenden PmCnlicbkril,
uich in dm (juclim, dir in den Annierliun{rn zilirrt sind, ti ach zugehen. För unsere
Aufgabe var n «obl genug, TcnlgMens durch ei ne Stelle du Vorkomtnen Jener Pendnllcb-
keites lu belegen
Die hierbei benüliten, In den Anmerkungen (tften lillertcn Quellen tind dudbil
'm folfender Weite gekflnc
Bachnunn, Denluhc ReIchs.gcKli. im ZdUller Frifdrichi MI. und Max I. ^
Bichmanti, Bd. 1, II [Ldpilg i$84, 1^94). - Ponte» rerum AuiUJacBrum. [[.Abteilung,
Bd. 4>. 14. 4« = Pont, rcr Auitr., Bd. 43, 44, 46 - F&nteobcrgischet Urltundenbadt,
kng. von Rirzln-Bium^nn \\\ (ISTB] = Pflrstenb. U. B. - Kituller v. Knobtocb,
Oberr*eln. OrtchIrthiCTbiidi, Bd. I (18«» ff, = Kindler, - König von KÖnigilhal.
Nadilese i. d. RHchigcichichTcn (Prtnkfuna. M. t7S9), Bd. II = Kfinig. - O.). Kremcr,
OCKh. Priedrichi I v, d. Pdli (Mannheim MU] = Kreiacr. - G.J. Kruner, Urkunden
X. OciCh. Friedrichs I, v. d, Pf^lz iMannhnm t7A6) = Krcincr Urh. - Mooumenla
Bolca ed. Acadcmu wienl. botca = M. fi. - F. J. Monr. Qucilcnumnilung d, badlKhen
Landea^acb,, Bd, r (1841) = Mone. - RIczIct, Ocwh- Bayern*. Bd. 111 (i88») -
Rlcsler. - Quellen u. EcArterunefn i. biyrischen u- deutschen Qe^ch (.Mvinchen iU2t.>
— Quellen u. f^r, - SUlin. W'irtembrfg Oesch,, Bd. lü |ili56) = Släün, ^ Ver-
banUunem d. hltt. Vcreini f. Oberpfali u. Regeniburg = Verh. d, hitl. V. f. 0,.pt. ~
Chroniken d, deutwhen Städle, Bd. II (Ixlp/ig IB&4) ^ 51. Chron., Bd. II. - v. Wctth,
Lchcnbacher d. Kurtürftcn Prlcdrich I. u. Ludvig V., FesOcbrift (Karlinihe n%t>) ^ Weecb.
- TatcBrieder. Be)-trlge i. nKrl. Hiitorle. Bd. II (München 1789) ^ Weitencicdcr.
sse^^
ragendsten Angehörigen ihres Hofstaates begleiten ließen. Wi
erhalten daher in unserem Verzeichnis schätzenswerte Aufschlü
über die Zusammensetzung des pfäUischcn, sächsischen, bayrischen,
österreichischen, württeni bergischen und bischöflich-augsburgischen
Hofstaates. Auch von diesem Gesichtspunkte aus dürfte es
nicht ganz wertlos erscheinen, wenn in den Anmerkungen auf
das Vorkommen jener Hofleute an anderen Stellen hinge%h'iesen |
ist. - Wie die in jenem Verzeichnis genannten Hofleute, so
suchte der Herausgeber auch die in der erwähnten Hochzeits-
ordnung vorkommenden Persönlichkeiten, meist pfälzische Be-
amte, in anderen Quellen nachzuweisen. Eine genaue Forschung
nach den verschiedenen Stellungen, welche jene Beamten im
kurpßlzischen Behördenorganismus zu dieser und zu jener Zeit
bekleideten, würde uns ja recht interessante Kunde von dem
Avancement bieten, das die damalige Beamtenschaft hatte.
Natürlich konnte auch dies hier gleichsam nur angedeutet
werden.
In jenem Verzeichnis der Teilnehmer an der Amberger I
Hochzeit findet sich eine Reihe von Namen, deren Träger in
der politischen und Kultur-Geschichte eine beachtenswerte Stelle
einnehmen, so der Vater, Bruder und Oheim des berühmten
Wormscr Bischofs und Humanisten Johann von Dalberg, dc^H
durch seine abenteuerlichen Reisen bekannte Jörg von Ehingen^^^
der bayrische Chronist Veit Ebran von Wildenberg, Niklas, der
letzte Sprosse des berühmten Geschlechtes der Abensberger und 1
noch manch anderer. Auch diese Tatsache Meß die genaue,
wenn auch mit manchen Schwierigkeiten verbundene Art
wünschenswert erscheinen, in der dieses Verzeichnis heraus-
gegeben ist.
Bei der Gestaltung des Textes glaubte der Herausgc
sich meist an die von Weizsäcker*) zusammengestellten Regel
halten zu müssen. Bei offenkundigen Korruptelen der Hand-
schrift wurde die vermutlich richtige Lesart in den Text eingesetzt
und die falsche in den Anmerkungen angegeben. Um den Text
versländlicher zu machen, wurden Worte oder Silben, die na
>} Dcutiche RedHtacuktcn unter Woiicl (II6T), S- LXIXfl,
1
:eln"
unserem Empfinden unbedingt hinein gehören, (oft freilich ent-
gegen dem damaligen Sprachgebrauch D. Red.) in // und in
Kürei\*schrifl eingesetzt. -- Dies möge als Einleitung zum Ver-
ständnis der Quellen selbst und zur Rechtfertigung der Art
ihrer Herausgabe dienen.
A.
Ordnung der hochzit pfalzgraff Philips zu Amberg'). foi. 171
Dise nachgeschriben artickeln, so den amptleuten im
lant zu Beieren und iglichen insondcrhait verzeichent
geben und bevolhen worden sein.
Item: es soll ein iglicher uff seinen fursten, dem er zu-
geben ist, warten und furderlich daran sein, nach herberg und
stallung uff sovil personc und pferd, [■wie] der furste mit im
bringen wirdet, lugen, und insonderhait daran sein, das bett-
Sev*ant, auch heu und streue nach notturft vorhanden sei; dabei
•*Uch uffsehen zu haben, [daz] iglichem fürsten sein') gemach
Uff das ziriichist zugericht werde, die") auch mit holZj wasser
**nd anderem darzu gehörende zu versehen, und vorab, das vor
^ins iglichen fürsten hoffe, wo es im hoffe nit gesein mage,
^'n kuchen zugericht f werde], darinn dem hoffgesind desselben
^Urslen gekochet und usliverung getan werde; und ob [an]
*^Uchengeschirr gebrechen sein wurde, in zeit viets anzukcren,
'l^s zu bestellen.
Item: es sol derselbig cdclmann mit seinen knechten und
*»*dern, [die] er zu im nymnibt, daran sein, so der fürst, dem
^*" zugeordent, gein Amberg komen wirdet, demselben und
^^inen dienern die herberg und stallung weisen und forderlich
^ndeVhelfcn.
Item: es sol derselbig edelmann auch daran sein und
^^ jeder zeit mit des fürsten kuchenmeister und schenken
•^Omen und kuchenspeis, wein- und protHverung enphahen und loi. i?h
^^ yder zeit meidung Ihun*), uff wievil persone, auch uffsehen
"^^ben*), ob gebrechen sein wurde an speis oder getränkt,
c**jnj dasselbig denjhennen, di usliverung lund, zu verkünden;
)| S. oben S. SSTff. <) Tnl: «dnra. >) NInlIcti; die Oemlcher. •) Tr«:
**im. q Texl r ru haben.
396
Maximilian Büchner.
und er sol sich auch mit zwaien wagen versehen, di stets zu
der liverung wartend.
M li». Dise nachgeschribcn sind beschaiden, iglicher uff seinen
fürsten, dem er zugeben ist, fzaj warten und zu lup
[nach] inhalt der vorgeschriben arlickel, die \x[erj
iglichem verzeichent geben sein.
Uff meinen gnedigen herm pfalzgraven *) und sein*
gnaden sone*), herzog Fhilipsen: Haninann Bair*).
Uff meinen gnedigen heim herzog Ludwigen*) und
seiner gnaden sone, herzog Jörgen*): Herr Erhart*) von Roren-
stat'), pfleger zu Waldeck').
Uff herzog Ernsten, kurfürslen, und herzog Albrechten, ge-
bruder, von Sachsen*): Pauls von Streitperg"), pleger zu Vilßeck").
Uff herzog Ölten'*) und herzog Albrechten, seinen bruder,
thumbbrobst etz."}, auch herzog Cristoffen von Bciren**): Hai^
Pfreimbter^*), pfleger zum Qraffenwerde**).
Uff mein gncdige trauen von Osterreich*'): Hans Slamere^
torffer"), pfleger zu Rüden'»).
>) Friedrich der Si^sr., d«r «eil m«? di« AdmlnJstnllon. seit 14S3 »ber die
Regierung der Pfalz tl* Kuriünt ffihrlc; vgl- Kniner S. Tff.
>] Bei der Regiemncnibefiulime von 145Z bitte Friedrich seinen Neffen Pliilii)ii<
den Sctin LuilvifEi IV. (des SanftmQtljcni), rftTrogterf, ihn all seinen Sohn ansaiORimts:
s. Kremrr, 5 «3 ff.
>] Hurlmatin Beyer at» Boppard; ihm itiitentand«n die •RdDwtgen* In Fr
Heer. Quellen n. Er. tll. 127; er »ir Burjp-af zu Starckenberg. Weech 8.
•) Ludwig d. Reiche von Niedcxbaycrn (H10-H79).
•) 0<«iTg Id. R,} rnn Nlederbay«m (MTSr-lWl). ") Text: Erhal.
7] Vgl. rotit. Tiet. Aiistr. -ti, S. u; Quellen b. Er. II, 311; ebedetn scheint Eilutt
». Rorm^tatt die StHle eines I*ftcgPT» In Hilpelbtcfn eingmommen ni haben; s. Verh, <
hisl. V, \. O.-Pr XX. \%\ IBS. *2S, Anm.
fl) Otitkh V. Kcmnat i. d. Oberpfilz: vgl. Bivarit il (IM!), S. 430; Qbrr das Ami
det PnegtTi vgl. Riezler 6s].
■} Die beiden Orfinder dn- nach ihnen benaenteii Liolen des slch^ischen TprOa-
hatues; Ecnil und Albtrcht varrn Brildrr der niederbayrischra Heizogin Anulix dti
Mutter der Braut; vgl, Büchner. Z. Biographie d. Stammvaler* d, sichs. Kdiiigshanw) m
Neuen Archiv f. »Ichs. Oesch XXIX (im>.
M> Vgl. St. Chron. II, «l. 437; 1471 noch Pfleger in Waldecii. Weecta 11; »gl
Quellen u. Er. [I, 311, 32); III, «2.
ii> Nfiidlich V Amhcrg: vgl. Bavarfi r, n. O. ") Otto II. von Halz-Moshack
W) Albrecht v. Moibadi, Dompropst, später Biichof von StmaburB; ^ Hintlt
Oenealogle d HaiiK^ Wjttelsbach I33.
!■> [>er berühmte Tumierheld auf der LandUiuter Hochzeit: s. Riezln-. S. «ö^R
"> Vgl. Quellen u. Er. Ili, 2«; Westenriedcr I7J; Verh. d. Iifst. V. (, Q.l
XXXIII, IT.
1*) CrafeoriihT, nOrdlich v. Arabetf; vgl. Bararta a.a.O.
"> Mcchihild. SchwTjtcr Friedrichid. SiegrotidTanic Philipps, war In 3. Ehemlt&»'
bcnog Albrecbt VI (t<*6}] v Üiteireich. Iirudcr Kaiser friedrtchi III.. vermählt; % Stilm«n
'S) Vgl. TÄ'rttenrieder 17S; M. B. XXIV, Mi. Sl. Chron. II. 178.
ti^ Rieden b. Amberg; vgl. Bairaria 44S.
'riaiiU^
Uff mein gnedige frauen von Wirttenberg*);
*on Frewdenberg-), pfieger zu Helffenberg^).
Uff meinen herrn graffe Eberharten von Wirttenber^*);
'^^brccht von Freudcnberg'^).
Uff herzog Albrechten von Beiren*): Fridrich Böllinger').
Uff meinen herrn den bischove zu Augspurg*): Hans Swabe*). ta\. i8t>
Uff meinen herrn bischove zu Regenspurg**): Claus
f*frcimder").
Uff meinen herrn bischove zu Eystet"): Erhart Staynlinger^').
Uff meinen herrn bischove zu Spcyr '*) : Wilhelm
Li'bennecker'*).
Uff meinen herrn bischove von Wertzburg"): Eberhart
Mistelbeck der jungerr'*).
Dem ratt der statt zu Nurinberg: Linhart Bürener,
unngellder").
Nota: Cristoff Scharffcnbcrgcr'") sol auf di frauen, di im foi. i9t.
'and zu Beiren, auch vom Rine geladen [sind] und die zit gein
«^mberg kernen werden, warten und uffsehen haben, wie
1) Mirtpretbe, Tochter Amadnis' VI!!, v. Savoyen (als Qcgcnpapst Felii V.), in
^ Ehe vennihU mit KurfüTit Lud«l£ It]. (tj. QüiigHiJ v. d. Pfalt, Muttn ['hllipps, in
^. BieraitUtrkhV,. d. VWgelieblCTiv.WOntembwg-StuHgan, vcroühlt; HäuUca.i.O.S.31.
*i Vgl. Verh. d hisl. V. f. O.-Pf. XX, 132.
■) Südwalltcli V. AmiMvg.
*| Der Sohn dcsOrafrti LudviK ■' ^ WfirtlcmbeiK-UTach und der oben (S. 39&, Anm. tT>
Ecnannieii MechBiild (ans dtrcn i. Ehe); s. Stalin «i «. Häutle «. a, 0.29; vgl, mriiim
^cntidchit enchcinendcn Beitrig; Z. Biogr. Ebcfhirds I. Ban I. d. Wörttcmb. Virrtel-
«•»rtsheften.
») 1471 etuhcint w als Landrichirr in Annbecg; W«ch 9; vielleicht ist er auch
■**t dem in Hctrog AlbTechfs IV. v. Bayern- München Diensten stehenden PJlecer
*^bTOht V. rreudcnbers {s. Verh. d. hlit. V. (. O.-PF. XXtV, HO, S79) idealisch; vgl.
^' Oiion. II, »3!.
•J Albrecht IV., d. Weise. i«J-i50fl,
»> Vgl. Vffh. d- hisl. V. f. 0.-P[. XVIII. J3T,
■] Johann v. Werdcnberg. Oaens, Senn epiKoponim 158.
■) Hana Schwab ni Outcnalre (?), Weech II.
W) Heinrich IV. v. Absbcrg; s. Janner, ae«h- d. BiKh v, Regcnibarg llt. Sljff
n> VbI. Veih. d. hist. V. f. O.-Pf XVil, 368; Weiienrieder 175.
^^^B U) Wilhelm V Reichenau. Oams a. >. O. IT*.
^^H "> V£l M. B. XXV. 8^
^^^H x> .Mathiai KamtinK; t. oben S. 38B, Anm. 3.
^^H 11} Vgl. Weitenrleder \T,\ M. B. XXIV, 37S. 736.
^^V >^ Rudolf V. ScheerenberK. Qanis a. a. O. S. IIS.
^^T tt) Vgl. M. B. XXVI, SU; XVI, S31; d« illetc MJstelbecli ist *ohI der, welch«
•* «ItB M.B. XXXI. para II, p !88 <i 290 luflriH,
I ^^ ») D, i. Sleuererhcber ; vgl. E, Rosentbal. Ocsch. d. OerlchUverfaiiung u Bchörden-
^'ttuitatkni Bayern« I (1t»>, S. 393.
_ »1 Er wurde nach der Vermihluns PhLlLppa und MargareUiens mit dem Amt
^*>«* Pruenhofmeistcn und IOiinnierTnd»ter»brtraBl; >. Bwhncr, Anbergcr Hochiell a.a.O.
3#S
Maximilian Büchner.
fol. »a.
dieselben mit herberg und stallung undergebracht werden. &
so! auch der benannt Cristoff doran sein und denselben frauen
ein Stuben nechste am sloss zuordnen und eingeben, dannn
sie sitzen und essen mögen. Darzu sol der jelz genannt
Cristoff knecht genug zu ime nemen, die den frauen zu tiscb
dienen und ir/ie»/ wein und brol bei den schenken, auch ir
essen vordem in der kuchen, darauß den graffen und [dir]
ritterschafft angerichl wirdet; auch ein ufmerken zu haben uif
di pferde, wieviP) di frauen bei mtfn] haben, [am] fuettning
darnach [zu] wissen zu fordern an der roren, ») doran
gemeine füttrung bescheen sol.
Ordnung, den rate der stat Amberg antreffent
Item: zum ersten so! ein rat zu Ambcrg in allen sach«
hievor und nach gemelll, mit herbcrgen und Stallungen etc^
wie von allen stucken davon begriffen, darzu gchomde und
den amplluten bevolhen ist, denselben ambtluten getretjlicfa
bcvolhen sein") und iglichm amptmann einen oder zwen ir/«r/
ratfrunde zuordnen, [umj mit ine in der stat von büß zu
hauß £zuj gen, di ding anzurichten und zu besehen, domit all
vorgeschribcn stück durch di amptlut des slatlicher mit Herbergen
und Stallungen durchbracht mögen werden.
Item: es sollen auch di vom rat am furderlichsten be-
trachten und zu rate werden, das etlich gewappend vaj^|
gleissendem harnasch di pforten, auch di statmauer mit de^^
wacht und huttc versehen und in der stat lag und nacht \v-arten,
ob feuer aufgang gewönne oder ander uffrur gescheen, wie die
entstünden, di also helfen hinlegen, auch alles das tun,
sie alBdann von meins gnedigen herm gewaltigen')
schaiden werden.
die
1
llem: uß den gewappenden selten zehen oder mer zu
»)TfXl. byevil.
^ S. Bttchner, Z. Ocscfa. n. Topognptite d. SUdt Amberg i. d.
V. I. O.-Pt. LIX.
^ Tot: zu Min.
') D. h. den knrfAr*tlicti«n Beamten.
Quellen zur Aniberger Hochzeit von 1474. 399
dem tanzhuse*) geordent und zu tun Ihffolhen werden], wes sie
von hoffmeistern ^) und marschalk*) beschaiden werden.
Item; der rat soll helfen und daran sein, das der markt*)
niit schranken zu ringurrb uff das weilest gemacht und zugericht foi. sob.
werde, und zu yder zeit, so das rennen und stechen*) sein
wirdet, den markt mit knechten in irem harnasch bestellen^ die-
selben zu beschaiden, alle, die sich dringens in di schrenk
vieissen wollen, herauß zu behalten und nit darinn komen
zu lassen.
Item: es sol auch der markt zu dem rennen in der
^itte erhöht und eben gemacht und mit sannt beschul werden,
darzu di heusei, darauf steend, die nit in Sonderheit nutz sein,
^u erweitrung dez cnarkls") abgelon werden.
Item: zu bestellen, [daß] uff di Strassen, uff dem markt
und sunst in etlichen gassen liccht mit schwcffelringen, in
Pfannen dieselben uffgesleckt und die zeit, [so] der hofe weret,
*ne nacht brynnen gehalten werden.
Item: daran zu sein, was von offen herbergen sei, die-
selben für fremde gesst herberg verbleiben') zu lassen; und ob
''ot were, noch zwei oder dreu henser für di fremden zu
t*estellen; dasselb in zeit geschehe; und insonderhait sol der rat
^>nen darzu ordnen, ein uffsehen zu han uff di sietj dl ir
f^tsfrunde*) dahin schicken, [daß] denselben mit herber^ under-
g«holfcn werde*).
Item: der rat sol auch sust andrer stuck, [die] sie") not- w. »1».
"*-*dunkt, [daß sie] mit Ordnung in der stat furzunehmen sein,
i> S. Qber diudbe mcJnc Abhandlung z. Topopiphle Amberg» 1. a. O.
. 1) Oic Sldlc de* GraßhofineiiteTs nahm dimali ßlicker LandKlud von Sl^inich
V^- unim S. -IIa) rini vor ihm, bU I47T. ueden «Ir DleOier v. Si<:I(in2«i aU .gtoucn
Qpjhndstcr- (». Quellen u. Er. II, «8; IM, 113 und We«:li 11); Hnfmri»trr war iedenfalli
^*'* V. Adcisheim (s. unten S. 416 und Quellen u Er. II, 4<i'>j; über das HötmdMcT«mt
!^- E. Rot«nthaI, OcKh. d. Oerichliwetcni u d. Verwaltungtorguiiution Bayerns I
' **'). S. W9 f(. ; Seeligrr, D. Holracislcranit i, spftleni M. A.
^^^ ^ Wohl Brrnhird V. Bach; s. Quellen u. tr. U, 401, ■»IS; Hl, 106, 113 Miid
^^*^*^ S. 4!4; über da» MarvchilUrat vgl. Rosenttial t. •. 0- I, a«ff.
*) Ira Text: marsk
g^. ^ Beim „Rennen* handelte et (ich um dat Abstechen der Tart»che (IcleUierSdiiltl:
^ "titlleT-Froinniann, Bayer- Wörletbuch I, 636); heim .Schiri rennen- iollleste so ^rolfen
j^fr^cii, daJI der RHeer au« dem Sallel Uns A. Schutlz. Deul^in Leben I. XIV. und
• JahrtitmdcTt (i. Halbband »8«). 48*,
—^ «) Im To(l: raarjj». ') Text; vetbr>b*il- •) D. h. RatilltrKa. ^ Text;
^■<»e«i. V) Ninilich die Ratiherren.
AvUlflDflm JJSCBDCf*
M. n«.
foi. nb
in zdt betradilen, uff das ein rate von andren stetra ir^)
Ordnung und regiments halben, als sich dann zu der zdt in der
stat zu haben gepuret, gclopt und ^-or andren steten an-
gesehen werden =).
In nachvolgend massen [soll] das slos zn Amberg*)
mit den gemachen zugericht und nach meins gnedigen
herrn gvallen mit forsten und fürstin/Jc^ff/ ersatzt*)
werden.
Item: zum ersten sol das slos zu Amberg mit den gemachen,
sovil derselben sein, sauber gerempt und ordenlich, als fursten
gemach sein sollen, [gemacht] werden.
Item: im alten huse und in dem gemach, darinn
vormals mein gnedigcr heir pfalzgrave elz. gelegen ist, sol steen
ein fursten peltstat und daninnter ein schalltpet*); das fursten-
pett [soll] mit z\haien guten betten und das schalltpett*) mit
einem pette zugericht werden.
Item: im gemach da gegenüber sol zugericht werden dn
forsten bettstat mit zwaien guten betten und daby dn bettstal
mit einem guten bette.
Item: im gemach g^en der Vilse hinaus, ob den
gesdiriben gemachen, sol ein fürsten bette mit zwaien gut
bcttien und darunder ein schalltpett mit dnem bett zugericht werdend
Item: im fraucnzymer, das neu gemacht ist, ein fursten
pettstat mit zweien guten betten, dabd dn bettstat mit einem
guten bette; und in der kamer, di auch an dem frauen zymer
stat, vier betstat mit \ier guten betten sollen für di junkfrauen
zugericht werden. ^^k
Item : zu den vorgeschriben/V«/ betten sollen lilach ^\^^
tebich, pfullen, küssen etz. bestellt werden, ußgcnomen zu d«
:ttsUl
voi^B
:uteS
rden^^
1 dei^j
I) Za hrzirhcn auf die Katthrrmi: dMbn der Plunl.
1 Eben».
■} S. mdnc Abhondluig r. Toposnphic Ambcrgt x. %. O-
*i D. h. bnetzt.
*} %'ir ich uindiHicn müchtc, tut nun danmlcr «n ■ctngescbaltcles* Bett
(v(l. Schaltjaht. SriimHIer-fromnunn. Buyer. Wärlrrbnch 11, !S77, S. 114). klto dn Bett,
du nur für die Zeit dei Fcslo in dem bctrcfiendcn Oeraach lafBacblacesi vunJc,
IS ventetien. [? O. Red]
t Text, ichällpell.
*) LctBtücher, Betl&chrri s. Sdineller-Ftoinmutit I, 1417.
fürstenbetten ; da sol der renlmaister^) die tebich, lilach,
umbheng etc. und anders^) zuschicken und bestellen, was dann
zn denselben betten gehornde ist.
Item: der sale im neuen hofe sol mit schibfenstem ver-
glast, mit Ihüren, trappen, benken etc., auch mit einem gang,
darauf etwen vit leut steen mögen, und pfeuffer-stulen ußgemacht
4ind, /umj darauf zu tanzen, ordenlich zugericht werden.
Item: die Stegen, di in das neu huse get, sol mit ysnen
lennen zugericht und gemacht werden.
Item: die gros stube im slos sol mit einem neuen offen
und mit 40 schibtischen auch mit andern, das zu machen ist,
2ugericht, und di seulen in der Stuben, wie durch den rent-
maister angeben ist, gemacht werden; darinn sollen sitzen
forsten, graven, herm, rilter und sovil edel*), /als/ darinn
sitzen mögen.
Nota: Was von getzirde, das Ist von ufflegen*), zu der-
selben und andern Stuben gehört, soE der rentmaister herauf
schaffen.
Item: die größt Stuben oben im alten huse sol mit sechs
schiebtischen, darunden ein furstentisch sein sol für di furslinf/r^ny.
fraun und junkfrauen, sovil der[enj darinn gsitzen mögen,
zugricht, und, was dcr/e/i/ darinn nit gesitzen mögen, an ander m. »a
ende zunechst vor dem sloss zu andern fraun gewisen und
gesalzt werden.
Item: zu den Stuben und gemachen allen des allen huB
sol [von] stund an gut dürr holz gehauen^ gefurt und zu jedem
gemach sein holz geordent, auch iglicher Stuben zum**) einbrennen
ein knecht zugeben werden.
Item: das in einem jedem gemach ein kuffen mit wasser
gesalzt, [daß], ob feuer uffgang gewönne, domit vorkomen werde.
Bestellung der silberkamer im sloss. lol. »f.
Item : die silberkamer sol gerumpt, beslussig mit lüren und
ienstem und mit dryen bettstaten zugericht werden.
t} V2I. flbrr sriiw TKIskril R(n<ntttil a. a. O. 1, ZSSft.
*t Teil : Ritilrr.
^ In dinc Abftufung finden tich inch somit die Olite geteilt; t- ntea S. 42311.
^ Alfo TEschdecktii a dgl. *] Text: mit.
I
Archiv für Kiil[ui£nchklik VI. 26
il. 35 i.
Item: 20*) centner unschlit zu kaufen, /iun/ daniß Ik
zu machen ; und die licht sollen im slos, im mar&tal, auch andeii -^n,
die da licht vordem, gebrücht und ußget>en werden.
Item: so soll der rentmaister 8 zentner wachs und 4 zentnt— "^'
docht zu wandelkerzen beslelien.
item : 2000 stcbe zu kcrzen so! der kastner*) bestellen und ai
die form und leng, wie der rcntmeister di angeben hat, machen lasseiM ■"'
Item: zu gedenken, das einer oder zwen uff das myns^^*sl
drei Wochen vor dem höchzit hirauf geschickt und beschaideiv :^^
werde, [amj di kerzen uß dem wachs zu machen.
Item: was von silber ist, hantzwehel,-'') tischtuch und anderci»^^*
uff der fursten tische, der/iwij zum mynsten vier sein werdenB"*^^
sol der camermeister *) und kamerknecht ') hirauf schaffen.
Nota: Was sonst von tischtüchem in der grösen und andeiiK ^^
Stuben zu den schibtischen gehomde not ist, sol der lantschribe: -j:^*
zu Amberg ") bestellen und machen lassen. ^M
Item: das conveckt'), so vil das sein [soUJ, sol der rent*"^^
maister bestellen und hiruff schaffen.
in^^^Bl
Ordnung, die kuchen antreffent
Item: im sloss sollen di zwu kiichen für die fursten um
di zwei gewelb, [die] daneben steen, zu zirgadnen ") zugerich «"^
werden mit allem dem, das darzu gehöret, das ist mit neuer"« "^
hackpenken, gellten^), ziibern, kesseln, bratspissen und andenr"*"^
kuchengeschirr, wiedasdi notturfft eyschen**)und ervordern wirdet. ^"^
Item : vor dem sloss sollen drei kuchen aneinander uff denr*"*'
blatz mit borten ^') gemacht, eine fuer di graven und ritterschaft, • "
t
>) Dir rfimlsctiEii Ziffern der HtndKbtlft slad hirr der Einfachheit wngcn mir
anliiichci] gesehen
*) Unlerbejmter de« RentindsICM; vgl. Roienlhil a.. a. O. I, 348. Die SIrIk
Kutnrrt zu Amber^ nalim damals nath tinti Urkunde vum 29. Juni 147) (Absdirift li
Akt 959 des k. b. HaiEv-Arrh.) Christnpfa OirHcr ein.
Tf D. h. Hwidlflchcr; SchTneller-Frcmmann, Bayer. Wörterbuch 11, 1176.
^ Als KanmennHirliT erscheint ti67 Wendel v. QeniRiingen. Quellen u. Er- II, 4lt
*■} Naiiiei» I-ranz « unlcii S. IIA.
^ Alt wich« Will M63 Uk Re*ch vnn Waldeck auf- AI. B. XXIV, 343; »ji
übet die Tltigkeit de* Landviiirdbcrs Roscnihal a- t- O I. 388-
0 Vül. darilbcf Sdiulii a a. O. (IL Hilbbd.) S. 5ti0.
1 D. 1. Speiaciiatnmeni ; i, SchnKllcr-Ftommaiin a. a- O. II, 1H7.
") Ein hälzcme« OefiB; SchindIcr.FrQininann a. a. O. 1, 90«.
M) helKhen.
») D. 1. fterder (v. Bord] = Bretter; Schmellcr-Froniiniiui a. a. O. I, 373.
'
die ander fuer das gemein gesynd, die dritt, [am] darin zu
breiten, zugericht werden.
Ilem: zu den kuchen im sloss und usserhalben sollen
20 fuder koilen und dürr holz genug zu stunden^) zugefurt und
bestallt werden, und das holz, [das] in das slos gehört, sol im
Zwinger und eins teils under den neuen sale, das ander uff den
blatz hieraussen uff ein huffen ordenlich gelegt werden.
Item: zu den fünf kuchen sollen 15 koche vom Rine
hirauf geschickt und uß dJsem lande fünf darzu gegeben werden;
und die koche sollen durch Zincken') den meister-koch in di
kuchen getailt und jeglichem, was er tun sol, durch ine beveih
gegeben werden.
Item: so, das di hochzeit sein wirdet, sollen uß der vogty
zwelf froner zu den kochen geordeni und alsdann bcschaiden
werden, holz, wasser und anders zu tragen, das not ist, und*)
hantreichung zu tun.
Item: es sollen Ruprecht von Geliching oder ein andrer
edelmann, Linhart, kuchen seh reiber, Linhart, schafsch reiber, und
Hesel*), der ufftrager, warten uf der hern kuchen im slos und
doselbst, was nol sein wirdet, hantreichung tun, und warnen,
das nyeniands frembds zugang habe zu der spiß der fursten;
sie sollen auch daran sein, was vorab in meiner gnedigen herm
kuchen sol gekocht werden, [daß] dasselbig allein durch sie und
nyemands anders in di kuchen geantwurt werd.
Item: es sollen di nachgeschriben warten uff di kuchen,
darinn dann graven, nettem etc. gekochet werden sol, und er-
spehen^) haben, fdaß[ iglichem sein essen gegeben werde nach
dem er ist*); auch daran sein, [di^] di essen sammellich^ und
snell angcricht werden, [um] dag des ersten und leisten mit")
essenzutragen zu vcrmyden.
Kuchenmaister")
__^__^^_ jeronimus Schontal
■) O. h- von dieser Stunde an.
^ .Met Zindt . . ■ Un&et« fufstcn fibrisler koch- Michel Bchelms Rrloichfon.
in den Qudlni und Er. MI, 117, Kurffint Tiifdridi hcdarlitr Pfter «uch In seincni Test*-
meat; %. Lossoi, Sbal u. Kirdic i- A. Pfali i- Ansganj d Mlttclkltcn (^ Vorrefomut.
Fondiunfcn III. MüniCer i W \m) S SU.
T Teirt; mit- •) .Hitueh. ») Jm Tcxl; rctpchcD. ^ Also oidi seinem
Stande. *) D. h- gteich^dlig- ■) D. h- weaen-
^ FBt dinni nnd dir nachcnunnlen Brdicnttrlm vxrdiocKüchrnordnuncbettiinint'
26*
lol. 3Sb.
r
Valentin, honcn'ogt*) zu GermerBhem
Landschreiber zu der NewensUI")
Der hußvogl«) zu AUtzcn*)
Johannes Rengspurg')
Castner zu Amberg*)
Conrad, kuchenschreiber').
Antreffent di liverung") im sloss und usserhalbei
Item: zum ersten sol durch den hoFmeister und marschalk
allen fürsten und herrn verkundt werden, das allein di Herren
und ritter, (äUJ di furslen mit in/r/i/ bringen, zu hoFf gan, und
fdaßf, was sonst vom adel und knechten ist, dieselben ußerhalb
des sloss gelivert werden.
Item es sol neben der kuchen, darinn der ritterschaifi ge-
kocht wirdet, ein zirgadem und das haus an derselben kuchen
uff dem blatz zu alkr kuchenspiß zugcricht werden, lamj daruB
zu livern; und [soll] mit schranken also versorgt [werdenj, daz
nyman*) ußwendig'") darine sich dringens flissen mag, dan di-
jhenen, fdU] daby zu sein bescheiden werden.
Item: es soll usserhalb des sloss allem volk liverung rauh**)
gegeben werden, und daby sollen sein ein kuchenmeister und
kuchenschreiber, der iantschreibcr von der Neuenstal'*), der hus-
fogt von Allzcn, Johannes Rcgenspurg und Heylman von Landaw,
darzu fünf redlicher koch, da sich der sach mit ußgeben ver-
sleen; und di sollen ein uffsehn haben, uff wieviel person ein
iglicher fürst liverung oder spiß vordert, und alsdann geben,
das rit clage oder nachrede erwachs. Sie sollen auch gegen
ydermann guttig mit Worten und doch nif ganz zu richlich mit
ußgeben sein.
■> Der Nunc rflhrl daher, daß a die Hahiur, ««Ich« die I.eUMlsiwn mtrkhtoi
tnafitcn, »« «lieben halle Rid, Hol- und' Slut»diei»t in . . PUz-Zvribrüclcen in
MiltdlK d, hi«. Vcr d Wal/ XXI (UM). 163.
*> NeusUtd^ jcdcnfillf d« t. d. Hudt.
^ WirUchillsbeamter.
■] Altey, li'mle in Rh«inh«tm.
B) Min Cnnrid ReKeR&txrrsrr vir rriedricl» B&chvninditer. Qnelkn iitd Er. II, 3M.
■> S- üben S- «Ol, Anm. I. T} S. tid ■. ■. 0. S. ÖD.
'] V. "ty. die Verabreichung der Spdien.
^ niemand.
1^ O. li wer nicht hinein gdiört.
i>i U. h. «abl ungekochte, rohe Speisen.
1») Text: Nwcirtrt.
IB
4
Item: es sollen zu jeder zil auf drey ymbs') speisung ge-
^cbecn und also, {dqßj, was von honern, capun etc. ist, dasscib
lebentig den fursten heimgeschickt [werde]; darzu ufmcrkcn zu
liaben, was von gesalzem wildpret, auch hering ist, [daß] dasselb gut
^^t davor ußgeben werde, (am} das wessern und bereiten zu
'assen, uff das di profande-) also") ußgeben wurdet und eins
yglichen fursten Hofgesinde sich also derselben gebrauchen möge.
Item: es sol ein metzelhuse für das nntfich uff der Vilß
sechst am sloss zugericht werden und metzler, /«m/ daz fleisch
ördenlich zu beretten, darzu bestallt und beschaiden werden.
Es sollen auch di metzler verpflicht sein, [daß} di hutte und das
Unschlil, [das] davon gevallen wurt, einem kuchen seh reiber von
^ins gnedigen herm wegen geantwort und gegeben werden.
Bestellung der profande in die kuchen:
Hera; es sollen Unhart, kuchensch reiber, und (derl castner
'u Amberg*) ein uffsehen haben uff alle nachgeschriben profande,
/ttm/ dazselbig zu yder zit, wie hernach volget, zu empfahen
^d zu versorgen.
Item: diß nachgeschriben profande ist in den ampten in
"»achbestimpter massen angelegt, bestellt und von den armluten*)
2u geben zugesagt worden; uff tag und zit zu antworten*), wie
hernach stet:
Item die vogtei zu Amberg sol geben und uff dinstag vor
^*m sonlag Esto mihi') gein Amberg antworten:
3000 honer
6000 eir
300 kelber
tOO kopun
100 spenscu.
Item uß dem ampt Vilßeck") sol gevallen und uff den
^'^genannten tag geantwort werden:
250 honer
3500 eir
44 kelber.
1) Imbin. •) D. i. Nituralim. >) Tnt: dl *t«o. *> S. oben S. 4113, Anm. i.
*) Die •armen Leulc sind die HAHgcn.
^ D. h- ra verabfolgen. T] is. Frt>n»r. >r S- oben S. 396, Anm. II,
(ol- 26 b.
lol- 17 t.
Ol. tTb
h
bl. Ua
Item von der abtei zu CastelP) sol gevallen und u
benannte zit g;eantwort werden:
500 huner
3000 eir
31 kelber
10 spenseu.
Item vom ampt Nabpurg*) sol uf mittvv'och vor Esto mi
gein Amberg geantwort werden:
3000 honer
6000 eier
300 kelber
100 spensew
100 hasen.
Item vom castenambl*) zu Amberg sol meinem g(nedig'
herm uff sontag vor Esto mihi'^) geantwort werden:
2000 honer
4000 eir
200 kelber
TOO spensew
50 copun
6 eimer milch.
Item vom anibt Waldeck •) sol auf montag vor
mihi') gein Amberg geantwort werden:
2000 honer
20C0 eir
150 kelber
50 spenseu
50 copun.
Item vom ambt Oravenwerd") sol auf dinstag vor est
mihi*) gein Amberg geantwort werden:
500 eir
150 honer
. . . kelber
1 0 spensew ;
und hasen sol der pfleger'") vahcn, sovil er /wr/mag.
■y Bei Ktmiutb. 1 öitllch von Ambcre. >) I6. Pd>nur *) V'sl Ober die KuMb-
fauler Rcnaittial ». i. O- 1, 149. ^ 13. Ftbntr. ■) S. oben S- )96, Arn», s. f) m. Febnar.
^ S. oben S. 196, Ahoi. i6. ■) ii. Fdiniar. t^ Hins PfrcJmbdcf s. oben S. MA.
Item US dem ampt Helffenberg ') sollen gevallen und auf
dinstag vor Esto mihi gein Amberg geantwort werden:
300 honcr
600 eir
20 kelber
10 spenseu.
Item von der abbtei zu Einstorff -} sol uff di benannte zit loi. ^sb.
gevallen und [geantf/ortj werden:
100 honer
600 eir
20 spenseu.
Item: SO guter ochsen und 30 guter ku;
50 bruling^'};
80 Zentner butten ;
24 thonnen hering;
800 Stockfisch;
1 thonnen honigs;
60 thonnen schweine- und hirschen wildpret;
30 Scheiben salz;
60 virlel Specks;
Item: würz von safran und andern, was darzu gebort, sol
"von Heydelberg hirauf bracht werden.
5 Zentner mandlen;
13 korb feigen;
5 Zentner*) zuckers;
3 Zentner gros und klein rosin;
Item 10 zopf) toulben(?); (oi. »a
zwei ganz tuch zu slrichtucliern^);
*/, ame") pfersicli;
3 ame esstch;
60 pfunt setiftmei;
20 thonnen kruls; gerslen stampfen zu lassen.
>> S. obirn S. V)l, Anm. 3.
^ Errsdarf D«llich win AntberK-
^ FriKhIinge- D. Rcd.
*> Text: -ictncr
^ Vabl .Oetlecht*: vgl. .lopfen'^du HaorfltchtRi. SdiDicIlcr-Prnnnnann II, 1145.
^ Wohl von .ürickcn" ? s. ebd. IJ, M9. (Nctn ; vgl. »Mditroch \MivAxn (Lctcr). D Red.J
(] näuigkeiU-Ürrili und -Maß; vgl. Aimcr; cbd- S. 7».
M. Ml.
Mb.
Item: 300 hasea sind durch di tmbtlut zu lircni
sagt worden.
Item : SU sol von wildpret gejagt und flis angekert werden,
/daßj. was gefangen, dasselb frisch zu den kuchen gelivert werde.
Item : ^-elthoncr, narrhonnen *), sovil zu Waldeck und in
allen ampten sein, uff di zit zu fahen und gein Amberg zu schicken.
Antreffend*) di diener, /die/ im sloss, in allen gemache
zu warten, auch mit essentragen beschaiden sin:
Item: in nt davon zu reden, were der fursten essen /zaj
tragen, were vor dem essen, auch vor der fursten tisch zu steeii
geordent werde, das bevilh idi hofmeislem und marschaJken.
Item: es sol der hofmeistep zum mynsten nach sechs edlen
gedenken, der/f/i/ vier in der grossen stuben und zwen in der
Stuben, darin di frauen sitzen werden, sin sollen, /am/ ein uff-
sehen zu haben uff di essen, das di recht angesetzt, auch iglichem
nach seiner stat*) mit spis und getranken angericht und ge-
geben werde.
Item: ez sollen Hofmeister und marschalk alle einspMig
knecht*), dorzu von mcins gnedigen herm hofgesind (sovUt, dqßj
derfai/ mit den einspenigen knechten scchtztg sein sollen, ver-
beschaiden und dorzu halten diselben, di zit, fsoj der hoff
weret, zu warten und zu tun, als hernach stet.
Item der knecfat sollen uff das mynst vierzig zu der kuchen
geordent werden, famj essen helfen anzutragen, und zehen')
knecht in der grossen stuben im sloss essen helfen uffheben und
damit ein uffeehen haben*) uff all tisch, ob gebrech an brott
oder wein were, das /sie dem] zuvorkommen und antragen *)l
Item: es sollen sechs knecht den frauen ir essen zub'^cn
und vier knecht in der frauen stuben beschaiden werden zu
warten; und dieselben sollen sich mit iren dinsten erzeigen
gegen den frauen, das sie nit Scheltwort von denselben cnpfabeti.
M
>> W>s ifi EClBent?
*} Tncl: uitrrffm-
^ D. k. nach sÖMm Sunde.
*> Krtcfilnle (SckaKÜcr-Fronauan II, tiy), inat anr ein Pferd xulBad aad &t
'n Diont an etocs Imiikuf Mhä^tn, cioo Hajtxkicn «■ dfl^ vmÜKB.
M T«: du Khoi.
*> Tczi. zu kifcea.
*1 Toa: iBiotnfm.
4
Quellen zur Ambcf:Ker Hochzeit von 1474.
Ordnung den keller antreffen! foi. ju.
Hern : es sollen Moringer ^), der schenk, und Hanns Kellner
^^ der bürg doran sein, das wein und brot im sloss allein vor
^»i fdifj im sloss essen, gegeben werde und hie ussen vor dem
sloss in dem huse, das darzu geordert ist mit wein und brott;
auch iren knechten, di mit der liverung etwas künden zugericht
sein-), fsoUen sif befehknj, an dem ende iglichen fursten, als
sich dann geburt, liverung zu tun; und sol insonderheit also
gehalten werden, das nil liverung an zweien enden beschee.
Item: die schenken sollen, vordem und ee di fursten
komen, iglichem forsten sein wein in den*) keller, da er zu
herberg ist, auch sein bröt geben und füren lassen.
Item: es sol ein krausenkemerlin*) under dem steinpogen
dez neuen salls und dann ein speüßkamer neben der marstal-
stuben gemacht und zugericht werden.
Hern : das gewolb under dem thorne, darauf die kanzly im
sloss gewest Ist, sol zu ein brotkamer zugericht werden.
Auch sollen die nachgeschriben wein bestellt werden: loi. 3fb.
Item: ein fuder Malmasy"*).
Item : sechs lagcl *"} Rcinfal ^.
Item: vier lagel Wetschwetn '').
Item: hundert und zehen fuder Lantwein.
Item: achtzig gellten"), [am] domit wein uffzutragen.
Item: dreutusent krauser.
Item: es sol durch den lantschriber und kastner zu Amberg
^^isent virtel wailzen und tausent virte! korns ze malen geton
^«rden, und sie sollen daby gericht^*) sein, ob mer malens not
^>n wurde, [daß! dasselb bestalt und vorhanden sei.
Item: es sollen sechs brotbeckerhuser, di nechsten umb foi. sn.
*^ sloss, bestallt und von myns gnedigen herrn wegen [für] di
If 1) HtM V. Mflringm; vgl. Krenirr, Utk. 443; Quellen und Er. It, tri; MI. t>4;
^■^ler II* SS«T Johinn Krt3cr v. Maringni.
■t D- h. die darin efit bmndcrt virm, Erfahrung hütfrn-
•j Teat ; Inn.
*| D. I. eine Kimmer lür die -Kiiueen*, d. h. Krä^e; i. SchRiclIer-I'romitntnn I, iSSO,
f* >) Wein «US Mancnibu&lä. SchullJ, Dculsdics Leben im XIV. u. XV. Jahrh.
- Aiitg. (1. Halbband) S- SOS.
^ 3 Fißilien. Schmctlcr-Frormnann 1. »4S3. ») Aw« irtrien SchulU a. a. O.
•) Aul Italien Schulu a. a O. *) S. oben S. *o:. Arm. 9- >«) fertlatot
410
Maxüntlun Bucbner.
TXt, [so lange] der hoffe wrrt, ingenömen u-erdcn, [amß darinn
weck und komprot ze pichen, wie das angeben wirdel; und
di becker in denselben huscm sollen di zit, (so] der hoffe
wert, mit hachen uff meinen gncdigen herm und den how alteiD
warten und nymand anders bachen.
Item: es sollen auch di becker und knecht, di zu dem
hochzit pachen werden, getreulich mit dem bachen und dem gut,
das ine vc»i melle vom castner geantwort') wird, umbzugeD
{gehalten sein], und, was an brot und von klicn*) davon ge-
fellet, dasselbig meinem gnedigen herrn volgen ') zu lassen.
Item: der kastner sol eigentlich') zu yder zit mit iglicbem
becker, wievil er an waitz- und kommelc überantwortet, kerben*)
machen und aussneiden *), fum] domil zu usgang des hochzit
zu verrechnen, vtrievit di zit ufgangen ist
Item : es sollen di becker anfahen zu bachen uff fritag vor
dem Sonntag Exurge^ und fur/<tfer/hin so tag so nachts, [so-
lange] di hochzit weret, bachen und nit uffhören, sie werden
dann dez beschiden, und allzit daran sein, das nit gebrechen an
brot geschee.
foi. IIa. Ordnung, den marstal antreffen!.
Item: es sollen sechs fulerroren in der stat angeben und
gemacht und je einem oder zweien fürstcn ein rore zugeteill
werden, [um] an der selben roren dl zit, [solange] der hoffe
wert, futterung zu enpfahen.
Item: uff myns gnedigen herm gutbeduncken, so sol den
forsten iglichem uff seine pferd habem in secken in di herberg
gefurt und di graven, herrn, ritter und knecht desselben fursteo
sollen an der rom gelivert werden.
Item: es sol by der futtning und an iglicher rom meins
gnedigen herm knecht einer sein und by im haben des furstcn
fulermeister, und einer, der den habem usmist; und sei derselb
knecht vorab di ersten nacht eigentlich die pferd, wievil gefuttert
werden, uffzeichen und dieselben verzeichenus hofmeister und
■) D. h. Obcreeben. >) Kldcn. ^ Verabfolgen.
*> Zw Redutwig; s- SdifDelln-Prammann I, tZK.
fl T«!: antnddai. T) 11. Pctmuw.
•) geaui.
i
marschalk überantworten, uff daz man sich mit dem futer und
auch mit andern profande in der kuchcn di andern tag') dester
bas wisse darnach zu richten.
Item ein gedenken zu haben mit dem mese, wie gros das
sein [soUej, domit di futtrung uff ein pferd gescheen solle.
Die futerroren und «kästen sollen den fürsten und
herrn mit den knechten, [die] darzu geordent, zugeteilt
werden, wie nachvolget:
Item meinem gnedi^en herrn dem pfalzgraffen und seiner
gnaden söne, auch allen 6cT\/enJ, di sein gnade mit im bracht
hat, ein roren im kastenhove-); und by der futrung sollen sein
Michel Strack*), Hanns von Weynheym*), ein Schreiber und ein
knecht, der ußmist.
Item meinem herrn herzog Ludwigen für 800 reisig pferd
(darinn begriffen ist herzog Jörg, herzog Ott und herzog ChristofO*)
so) gegeben werden ein roren; daby soll sein der kastner zu
Nabpurg Hans De)'chsler von meins gnedigen herrn wegen-
Item die gebruder herzogen zu Sachsen sollen haben ein
roren, den/if«/ sol zugeben werden der kasstner zu Vilöeck
Peter Teintzer.
Item herzog Albrechten in obern und nydem Bairen, die
bischove von Regenspurg, Augspurg und Eyslett sollen haben
ein roren; den sol zugeben werden Jobst Kastner.
Item mein Traue von Osterreich, mein fraue von Wirttera-
berg und grave Eberhart von Wirlemberg sollen haben ein roren
und ein knecht, der genannt ist Fritz Vormaistcr.
Item dem*) lantgrave vom Leuchtenberg') und der") landt-
frauen '), auch andern '") von steten sol gegeben werden ein roren,
[äiej ist genannt di gemain futerroren.
Item ein gedenken zu haben, wie es mit denjhencn, di
rol bcvtistet* reimt Michd Bchdm
1] D. b. «ihraid der andcmt Tage.
■) D- h- im Hofe des Kastmatntn tu AmbcrK-
•> .MIchdl Schuck, furttcnreisier, ein frumer
auf ihn. Quellen u. V.r. 111, 117.
*) Cr njliiu dte Slrllr dna .I'rolhonoUnus* in der pfälilsc^ioi Kuiftn ein. Wtecb il.
*] Die bjeiden Irtrtcrcji hollcn die Braut von Landthnl dn Nähtrei In meiner oben
S- m, Aniii. i gcnuijitcn Abhandlung.
•J Test: dw '> Text: Leuteuberg. •) Text: dl. i) S. uaMiS. 419, Anro. S.
"0 Text : ander.
fol. 33 b.
föl. 141.
34b
nit mit meinem g(nedigen) herm noch mit andern fursten komen
sin, sol gehalten werden, ob sie wurden futer vordem, nemlich
[mit denen] di von steten, und andren '), dt umb zuschus willen')
dahin komen werden; ja nit allein mit der fQtrung, aud) mit
der livemng in der kuchen.
Item es soll der kastner bestellen heu und streu und dez
genug beden meinen gnedigen herm in marstall und cüich belt
zurichten für di knaben, [am] im stall zu ligen. Auch waz
gebrech im marstal an den paren oder raufen, oder wie daz
wcrc, [daß] dasselbig gemacht und ordenlich zugericht werde.
Nota; Wenn also di amptlut, [die] hieoben zu dem hoch- I
zit beschaiden [sind], komen, werden di ambl cmplosst; davon
zu reden, wie di sloss und stet besetzt [werden sollen], domit nit
unrate und schaden darinn ufferstee, sonder [dem] vorkomen werd.
Nachschrift von andrer Hand: Ist alles wolgeordent
on die canrly. <^tT[en] ist gar nicht gedacht und muß alles helfen
betrachten, schriben, orden und befelhen, und niemand gedenkt ir!
17 1.
Ordnung wie ein jeglicher uff der hochzeit warten sol').
Diese nachbenanten sollen uff mein gnedigen herm*)
warten:
Hofmaister, marschalk, graffen, herm, riltcr und knecht
sollen uff meinen gnedigen herm gewarten, ußgesondert dijhenen,
[die] uff m(eine) g(nedige) frau ") zu warten geordent sein.
Essenträger :
Wolfgang von Parsperg*).
Furschneider:
Schweicker von Schaunberg").
I
1) Tcxl: Bndrr.
1) D. h. jedenfalls: um sdimirolzm zu können.
>) Ah«chnfl Ln rittrm dem Ahl QS9 dn k. h. Hant-Archtv) balkgcnden Hf
<». oboi S. 385 f).
*) Hiermit Ist wohl Plilrffnf Philipp, n(dit Kurffir»! Friedrich gmieiirt, ■
imiKtTNi «ahrschdnilich dariu« vird, difl unmittelbar darauf von .mcinei gnidigcn Tn
also von Philipps künfligtr üemahlJn, die Kede ist.
^1 Wohl PhlHppH Btaul, iiii-ht dertn Müttn-, muß hteninter ventudoi werden.
*i Vgl. (Juellen n Er. 111, S?4.
*) V^. ebd. S. 331.
Weintreger:
i Hanns Kuepam'); und soP) frembd leut, die warn ein
l K^aven, darzu zu ordnen [gekalten sein/. [? D. Red.J
I Furgerger :
^^^ Wilhelm Liebenecker').
^^B Schenk:
^^^ Reinhart von Qemmingen ').
^^B Underschenk:
^^B Hanns Schinnagel
^^B Hanns Keller^) uff ein wagen.
^^^ Diese sollen herberg uDgeben:
^^ Jacob Schraiber, Jörg Gutzinoffen ") und sollen sich an allen
[ ariden zeitlich an di herberg fuegen und jedermann versehen,
^*^ pest sy mögen ; und so sy hören, das di knecht nach der slallung
'tomen, so sollen sy uff ir pferd sitzen und sy guetlich under-
^eisen und niemand hochmuttigen.
Fuellennaister:
Christoff Krapff, Schwap Hanns und ein schreibet, di sollen
'Uttern mit dem maß, das mferij der marschalk zuordnen wirf,
|^"d sollen einem fuettem al£i dem andern und, sopald sy
^^men, sich dazu schicken.
Nota: di ainspenigen knecht"), auch diser nachgcschriben
^ellcut knecht zu beschaiden, jetzt, so di teut herkomen uff
*^ctn weg gein Landshut, in der") herberg zu Landshut und uff
*'*tn weg wider heniff,") das sy helfen essen tragen und der tisch zu
^*^rten : hofmaister l knecht, marschalk l knecht, Hanns von Tradt *")
^ knecht, Hanns Kueparn") i knecht, Parsperger*-) i knecht, Contz
I ^om Eglofstain'^) i knecht, Reinhart von Oemingen**) 1 knecht,
I Hanns Pfreimbder'*) 1 knecht, Hanns Schlamerßdorffer '") 1 knecht.
I Meins g(nedigen) hcrrn cinspenigen knechten zu sagen,
^^_ t] Vgl. unten S. «19. Anin. 29.
^^H *} T«l : Kl. >) S. oben S. J»T.
^^H *) Vgl. Quellen u- Er. l\. 233. >} S. oben S. 409.
^^H <) S. oben S- 40«, Antn. «- >) Tcxl: dl- •) Vgl- oben S> it9f.
f^^^ , w) NichmiU pß]ftKher Mmcholl ; radi sditcni Tode tollte er ]n der ptUz. Stge
f T*^' bedeuten Je Rolle !.pic!cn; b. übtr ihn den Auf»aU i- d. PaJitina (Beil. J. PßlMfZtg.)
**? .Sr. 63tf. und mc([i«i im Pill/. MuKuni erscheinenden Britiag 114 seinCT Diognphie.
1) S. oben mif dincr Seile- ") S. nben S. 413.
») Tohl IdetiCiich mit dem unten S. 4:^9 Kcnatinler Konnd (Cum) v. EglafftUJn.
M) S. oben aul dieter Seite. '»} S. oben S. 396. ") S. oben S. 394.
fol. 17b
I
toi, iaa-
414
Maiiniflton Büchner.
fol. iBb
lel- »a-
auch in obgemeltcr maß zu warten , welcher '
ambts halb, das im sonst empfolhen ist, gethun^
Den frembden graffen und heim zu sagei^
wurd, das iTfer] jeglicher 2 knedit in obgeschribn
Den frembden rittcm und knechten zu si
jegklicher ein knecht darleihe.
Item: ist di mainung, das di graffen, herrn,<
leut, di uff m(ein) g(nedige) frauen zu Charten b
ir knecht. di sy gel>en werden, in meiner g(nedq
mach dienen lassen und gewarten. i
Item: das Eberhart Ruebsam*) mit denselbc
Ordnung mach, über welchen tisch jecklicher di
das alweg einer vor dem tisch sei und zum mim
trag, [je] domach er knecht hat; und das er allemal
di kuchen gee und daran sei, das sy mit dem
und miteinander ordenlich dargelragcn und von
zuchtiklich vor dem tisch gehalten werde.
Deßgleichen sollen der graffen, berrn, r^
knecht in meins g(nedigen} herrn gemach essen frag
Der Oiesser *) und kuchensch reiber *) [sollen
gein Landshuct thun als Rubsam % wie obgcschril
hofmaislcr und marsclialk auch zusehen.
So man gein Landshuet kombt, will der hofn
Pfreimbdem •) oder tm[en] andern darzu ordnen
Der Zymerer') soll alweg uff dem hofmaia
Des pflegers son von Helffenberg*) sol
marschalk warten.
Diese nachbenante sollen uff mein gnedige
Hofmaisler ^*), graff Ott von Solms"); dorzu sä
helfen gewarten schenk Philips, herr zu Erpach'*
>) »c ron den dn«p3nnisen Kim-hkn. *} Tnl; iHhaa.
*) Cbcrtiard McraiberE gm. Rübtamen : vgl. OUndirMer, U
gocli. (IVD?). Nr. 6M, «}9. «61. '
«> S. oben S. 1«2, Anm. t, >) S. oben S. M3. ■> S. i
') S. (ibtu &. W6,
>> Hcfnricb ZimtncncT; Veitenrla]«r IT4; er wurde nath dl
fdinetd«- im Hofitut Mireairten« bertcIlL H. A. Aid »59.
•t S. oben S. 3VT. I
■^ Wohl der niedtrfeirriic^hc Holmeitter Hans v. Fruoibere {*:
oder der FrjiiienhalmrliteT ChrUtoph Sctutrtoibereer (s. nnlcn S. 4)5,
"} S. unten S. 43?. ") T«t: brepich. S. unten S. 434.
I
Ouetlei zur Amb*rger Hochzeit von 1474.
Egioffstain '), Erhart von Rornstat, ritter,') Haug von Parsperg,
rittcr'). Philips von Dalberg*).
Vorgen ger :
Hanns Schlamcrßdorffer*).
Schenk :
11 \-naiiiciiiiaibicr -;. Caspar Escheiibeckh ") an seiner stat.
t Furschneider:
I fra
f dei
Chamennaister ").
Albrecht Oöler*-).
Essentreger:
Johan von Helmstat'').
Weintreger :
Conrad vom Franckenstein ^*^) und, so") mjein) g{nedige)
frau bei den frembden frauen essen wirt, sosoll Westerberger *')
den wein tragen; aber so ir gnad in der herbcrg Ißt"), so!
Franckenstain wein tragen.
Schenk Philipsen") und Weslerbergem zu empfelhen:
wan m(etn} g(nedige) frau vor ir g{naden) herberg absteen"), solin
sy^*) zwen auch absteen, sy empfahen, darzu alle ander ritter
und knecht, und ir g(naden) biß in herberg vorgeen.
Edelknaben;
Strolenfelser, der jung Erlickanicr,*") Christof Scharpffen-
bcrgcr") son, chamcrmaisters '•) son.
Sebald Frei™) sol mitsambt seinem knecht uff di hof-
maisterin und ir junkfrauen gewarten.
I) Vohl der uirtcr S- *19 Kenunlr-
*) Vgl oben S. 396; iitti hlicr Erhart, th«1en mm Ehrcndicnit bei Herzog Ludwig
bettitnmt, zum Dimsl b«i MarEarcthe befohlen vird. llät crktniicn, diä diese Ordnung
tnt abgefaHt «tirde, narhdeni djt Erscheinni l.udiriK« tmeili ati^nai^l var.
1) Vgl. Hund. Bayrisch Stammcnbuch (nn) It, 2«; Wntcnrirdrt 174.
*> Der Oheim de« berQhmlert Hiimftrliien und Wormicr Bi^chols. Momevcg,
Johuiii V. Datberg {IIB7], S. H; vgl Quellen u- Er- Ut, 33i.
*) S. oben S. J». «J S. oben S. «z.
<)~Er wurde spiter [28. Februar) alt Haushndneisler und Kamnunneltlrr bei Philipp
uicntclll H. A. Akt M9
•) Text; Ooler. Vgl. Quellen u. Er, IIl. U3, in.
■) Jedenfalls idcntiMh mit dem Hans v. HdmtUt, der bei Wettcnrieder 1)4 unter
PMlipps Gefolge genannt «iid.
») Vgl. Werch 5 9-
U) Im Text vor -«• .idn' darriinrldien. »> Vgl. unten S. •»«.
») Text; lil. ") S unten S «*. i») abUclgcn =8) Toni u ly.
<'?) Michel [:rlidihainier(s. unlenS. 4i6), rohl der Sohn de« nnten (S. 4i6>Oe(unnten.
>*) Qirittoph Schaxlenbngex wurde nach der Hoctiicil lum Frauenhofmeistcr be-
»Icllt. H. A. Akt 919; .M. B. XXIV, 676; Sl. Chron. II, 442.
»•) S. oben S *0i, Anui. 4.
^ Vgl. Ve«teinic4kr iTS, vo es imümlich .OcbolU' stall «Sebald* hdßt>
fol. 19b.
fol. loa.
MaximilUn Buchner.
Diese sollen uff di junkfrauen, so sy zum danz gecnt, ge-
warten, auch zu disch helfen dienen und essen tragen: Wilhatm,
meiner gnedigsten frauen Schneider, Hanns Stoffel, Fridcrich
Armproster'), Meister Ruprecht
Maister Ruprecht so9 in sonderhait der junkfrauen schenk sein.
Schenk Philipsen und Contzen vom Egloffslein zu empfelhen,
ire knecht zum -) danzen und sonst darzu zu ordnen, das sy uff di
junkfrauen acht haben und gew*ar1en, das di nit gedruckt werden.
Stosscr sol auch darzu geordenl werden, in allen herbcrgen,
wo mein g(enedige) frau abstecn wurdet, ire pferd zu empfahen,
und, so sy wider ufsiczl, das pferd darzuziehen.
fiaintz Vindt soll Stossem sein pferd darziehen und uff
ine warten,
foi. 2flb. Dise nachgeschribne sollen in metner g(nedigen) frau^i
marstal irer gnaden pferd und di dabei stehen ') werden, warten:
Mainz Haider*), raarstaller, der Schmidt, des chamermeisters
kncchl Franz.
Diese obgeschriebne sollen, so di junkfrauen uffsiczen werden,
auch \T[er] jegklicher ein pferd bei der hand nemen und dar-
ziehen, auch, so sy absiezen, jeglicher das sein wider eraptihen.
Diese sollen der junkfrauen ire pferd darziehen, so sy uff-
siczen, und wider empfahen, sc si absiezen wollen, und dieselben
pferd antworten , do meiner g(nedigen) fr(auen) pferd steen
werden: Michel Erlickhamer, Friderich Armprister, Erhart Pax.
meister Ruprecht; und dise 3 sollen in meiner g(nedigen) frauen
stal stehen^).
Herr Jörg Roming*) soll uff mein g(nedigc) f(rau) warten
und di zeit ir caplan sein, »bencdicitc" und .graclas" sprechen^
Der jung Michl Ertigkliamer sol ni(eines) g(nedigen) her
foi. 31t. seinen regenmantl nachfurn und, so di junkfrauen uffgesiczenr
1) Vel- üb«- (liir FsmUlc Kindler I, 19.
■) Tocc ,run'.
>t Text; .itcllfit*, vu natürlich dn durch falicIiM Hören «nbUndeaer Pditer tsl
vor ctrilcn ftctil durchstiidicn: .«tllrn*.
*) Vjil. Klnülrc W. 19 abn- du Octchlcclil.
■) Trxl: siellOT.
<} 'R'ohE der UM In Hddelbers Jnttnitrikulierte .Qeorliu Runloger de Hl
(AdK' dioec-)*- Toq>ke >■ a. O. 1. 279; In die familie unsnn Bitcboft Mathlu
(1. oben 3SS) gebörl « nicht. NihtiH In niemi-n OeiiinHclisl in den Mlttl|[. d. hht-
il. Plili eradidnenden Angibm über dcttea t-'anilic.
^enj
4
domach stets damit uff sein g(naden) warten, biß sy wider ab-
sitzen wollen; so sol er sich wider dahin fordern und dann
nachkomen, wie obgemeJt.
C
Hochieitgebreng Herren Philipsen pfalzgraven bei foi. ii.
Rhein und herzogen In Bairn, des heiligen Römischen
reichs erztruchsessen und churfursten etc. (einsonedes
gueltigen pfalzgraven Ludwigen, churfursten etc.) und
seiner gemahel frauen Margarethen (der tochter des
reichen herzog Ludwigs von Bairn, und herzog Georgen
Schwester), auch weß für groß potentaten alB von furslen,
graffen, herrn, ritter, vom adel, ire gemahel und haus-
frauen darauf gewesen; gehalten zu Amberg zu vaßnacht
als man zait t474 jare.
Genediger fürst, lieber herr')! Mein herr von Maintz*) loi. 3«.
hat eurn gnaden antwort geben bei e(ur) g(naden) polen, der
zu uns komen /«//; und atß der brief nit in e<ur) g(naden)
banden gestanden ist, so haben wir den aufgebrochen und ver-
lesen. So hat in sonderhait der bischof von Aistet*) mir,
bischof von Speier*), zu erkennen geben^ das er verrer*) daruß
mit mir reden wolle*); den brief wir e(ur) g{naden) hiemil
senden, das e{ur) g(naden) sich darauß hab zu richten; was
vemer nun geredt wirdet, sol e(ur) g(naden) unverhalten bleiben.
Furter, genediger herr, sind unser genedig herrn herzog
Philips, baid unser genedig frauen von Osterreich und Wirlemberg,
graff Eberhart^ und wir alle gein Amberg komen uff sambslag')
abent vergangen und ein halbe meü davon vom landgraven
vom Leuchlenberg ") und vltzdomb'") mit ander rilterschaft zu (oi. ib
Bairn, auch burgern von der slät, eerlich empfangen und dan")
t) Di« \tfxim Anred« njM luf die Vertnufiidt D^scbof Mathk«' mit Kurtüni
Friedrich hfnS S. abtn S- )90.
,*) Adolf von Nflwau (UftI -75); Omr», Stria rpiwnpanim S. »0.
i) S. abtn S. }•>?. *) S, obra S. 390. ') (nmer. •) Nihe«» in nwitief
üben S. IVT, k. 3 eenannttn Abhandlung: .Die AinberEer Hochzdf. ^ Vgl oben S. 197.
•) 19. friinui.
*) I^andj^if l'rinlirkh vom LruchlenbrTK var von fiSS an PDrgtr in Nabbur2i
1464 Vlzlum von AmbetK; vin hnidrr vir l^ndgriF [ udvig vom LrtichtmbcrK; %. Wilt-
nunit, OcKb. d. Landfnifen v. LrachUnberK in dci Abtidl^ d. hitt- Kl- d. k. b- Aludemle
d. wtss- VI (ms:), S. 29«.
>q Viitnm von Ambrr£ war damals Konnd von HdmiUdt; 1. aBten S. 4SS.
u) T«3rt: .das-.
Archiv für KnLturgochichle- VI. 27
J
418
Maximilian Buchner.
"rauen
1
ingeritten und ingefam mit dem schönsten raisigem geczeiig,
der lang zeit von sovil volks in einer färb') nit gesehen isL^
Vor der praut in einer wisen geschach ein scharpf rennen') h^l
gegenheit unser frauen von Osterreich, di mit iren junkfrauen
neben unserm herm, herzog PhÜipsen, einrilc; und ist jede
furdcrlich undcrbracht; habe alle bcstallung in gueter ord
funden, di gemectier gezirt und hem kain clag noch zur
dan e(ur) g(naden) beiwesen") begert menigklich.
Item: am sontag umb lO uhr kamen bede herm von
Sachssen*) auch in eitl rot; deu/en/ rait mein herr hentog
Philips mit andern entgegen; und brachten"^) auch ob 400 pferd.
Nach dem essen sassen auf unser herr, herzog Philips, herzog
Ernst von Sachssen mit irem volk - herzog Albrecht, der wart
uff das stechen und bereiten - und ritten der praut entg^en
for. la. und helten aber ain rennen im feld; herzog Philips mit andern
soll abgestanden sein; also ward ver^^'illigt, das di praut zu
wagen und er zu pferd bleiben sollen; und fucr der wagen auf
ain haide, ferr von andern wegen, do ward er umbrent mit 100
oder mer pferden; die andern geczeug hielten donimb und
ritten dae und empfingen aneinander und mit grossem geschell
allerhend spilleut; und di praut pracht ob tOOO pferd*), auch
alle in rot gekleidt; und ehe man zu nacht asse, wurden herzog
Philips und di praut im schloß durch den bischoff von
RegenspurgT vermehelt mit versten Hieben willen und mit der
eererbietung, so dazu gehört, und vil brinenden kerzen. Alspald
ward uffgepfiffen und ein deiner tanz*) und iglichs wider ir
sein gemach gefurt; und daßmalß hct an di praut ain g:ulden
stuck und herzog Philips von süber ganz weiß ain stuck. Nach
dem essen ging man zum tanz, und umb 10 uhr fürt man di
(Ol. 3b. praut zu pett; und wenig volks ward ingelassen. Am Montag
ist geschehen der kirchgang, und morgens /zu/vor im peth isl
di praut bemorgengabt; und unser her von Reg(enspurg) bat sy
vor der kirchen ingesegneL Sie hat gefurt herzog Christoff")
>> Vgl dirtlbcT [n tndncr oben S. 3ST. Anm. 3 iteniiiaten AbbanlluDg.
»> S. oben S. 3W, Ajmi. J.
■) VgL in mdner cbrn zlUcrtcn Abbandiung. *} 5. albai S. 396. ■•) Text: bncbt
*> Vgl. CR mdnrr oben S- JS7, Anm. 3 Ernannten Abliatidlung 0 S. oben S. IfT
■] Vgl. meine Aiufühninfat in der oben S- in, Anm. 3 zitierten AUundlua^
^ Von Daycm-MÜnchcn.
und heiT Hanns Fraunberger von Messenhausen'), di raulter')
fürt herzog Ott') und ain ander von der ritterechafft. Dornach
gicng mein frau von Österreich und Wiiiemberg und niemand
zwischen mfenj sonder uff jeder seit ainer, der sy furL Dar-
nach graff Ulrich von Wirtembergs lochter*) und di landgraffln
vom Leuchtenberg''), baid in guidein stucken. Herzog Philips
het an ain ganz perlein rock. In der kirclien waren*) drei sluel,
einer für di praut und ir mutter und ainer für di von Österreich
und Wirttenberg, der dritt für der von Wirtemberg tochter und di
Jandgraffin. So stunden di herrn: zuerst der preutigam, darnach
herzog Ernst und heraog Albrecht von Sachsen'), darnach der
bischof von Aistett, darnach der von Wirttenberg, darnach ich
bischoff von Speier; darnach gegen uns der bischoff von Augs- w. *«.
purg und der bischoff von Mcrspurg "); di andern furslen warteten
uff ir handlung zum stechen.
Ilem di praut hat drei gülden rock*) und drei gülden
schauben "*), und ir harpant was kostlich unter äugen"), einer
nidem krön gleich; sonst hat sy noch mehr von haißpant oder
kleinoter an der prust fgejivzgtn.
Ilem sonst sind sovil hübscher frauen und junkfrauen,
greffin/n^rt/ und vom adel, alß wir sy bei langen [nicht mehr]
von dergleichen geschmuck gesehen haben, und sind vast kost-
lich in iren gülden stucken als di furstin//ie/i/ und von kost-
lieber gezirt gewesen.
Item vil stet potschaften sind hie gewest, die geschenkt
haben, von Nurmberg, Ulm, Nordling. Speier^ Wormbs, Heilprun,
Wimpffen, Oppenheim, Regenspurg, Eger; ander fursten und
fVLTSÜn/nenJ potschaft alß markgraff Albrecht"), herzog Albrecht
<) Kr rihai die Stelle cCti« Hofmeirtcrs ein; s. unlcn S. 427.
1} Hcnogin Amilia. i) Otto II. vi>n Moibad).
*) Tochter Ulrichs des \1c-lgclicbtcii und Morprethens (s- oben S- 347(, Icdenfalt*
Helena; sie heiratete 1476 Kraft von Hotaenlohe («. unten S. 421) tuid wurde die Stamm-
lullmn dIeMS OHchledit«. SUlfn brt. 7i3.
•) Wnhl Uoftilhea. die Qnnaliliti L>n>i|[iar rrlmlrkh*, die die ein^lKe TodKer de»
Oralen Philipp d A- von RicrecW und eine Vrrwardte des pfil/urtirn Hanse« war. - Die
Ocnahlin *LiiuleTaf Lu<lwti[a war Elisabeth von Hohcnlohe; s. Wlitminn a. a. O. S. IM.
•) Im Tat: wurden. •) S. oben S. 396. Ttxt: SlrMpurg.
t TUo von Trotha: s, über ihn in mnntin Beitrag z. Bli^gr. Albrechts d. Behcnten
I N. Archjy f- »ich». Orwh. XXIX, i«,
•) D- h roll Oald durchwirirte Röcke
"f EbcntalU aovlel ilt .Rock* bedeutend. Schcnellcr-I'roniniann II, 354.
u) D. h. la iriien. ») Marli^ral Albrecht Achill von Bramlenbrng.
27"
420 Maximilian Biichna*.
von Mönchen und Wurtzpurg*) potschaft haben erlich gesdie^ral
der praut*). ^H
«k. Item nach mittag wart geran! ; zuerst Wolfgang Parsperge- w^
und Ooler*) in rotl, thctten ein guet rennen; darnach herzroj
Christoff in rott und graff Wolfgang von Schaunberg*) in schw^B.r2.
thelten ein guet rennen ; darnach mein herr hcntog Philips in
rolem samet und herr Caspar von Schonberg*) in bloe; ua ncf
herzog Philips hct 6 verdeckt hengst, di im vor uff der jraan
gingen, In rott damast, und 12 edel der seinen in damast fott,
di urab in uff der iian Hefen; und thelten ein vast gut renm. *n;
und es was so tunket worden gein der nacht, das man ^^
kaum sehen mochL fl|
Item di praut ist wolgeschickt und, als uns dunkt, seim. 'f
und unser her herzog Philips \r[erj Sachen wol zufriden. Sc^ ^^
auch unser frau herzog Ludwigin bei gutem stand und we^^*^
und ein erber emhafft geperd '•). ^^k
Item das gepreng zum sitzen zum tisch uff montag ""
sein nit gedorft unter den ■) fursten ; dan ufcr] saß keiner zu tÄ^ ^^
101. s«. dan herzog Ernst, darnach herzog Albrecht, thumbbrobst, ^
■von Aystet, bischoff von Augspurg und Rcgenspurg; derselb ^^-'O"
Regenspurg hat den tag das ambt der meß, und zween ^=^'
tumbherm zu leviten; und e(uer) g(naden) Singer sungen "'
meß; darnach über einer scheuben*) sassen bairisch und sechsiscl^* >
graven und herrn; darnach 3 schiebtisch pfattzgrä fisch gij^i '^
und herm, darnach ein tisch der herrn polschafft; und dan "^'
spilleut; und in das und andere gemach haben wir besteh die^*'*^
nach notturft Es sind") auch vor dem essen gangen, di e( ^"^^
g(naden) darzu beschaiden hat, doch etlich, nit vil, geändert.
Furter ward aber das nachtma! geessen, und di bald r'^'^^''^
ist herzog Ludwigin von den andern furslin/>w/r/ gewest u-^
Piat) in irem gemach geessen"); sonst sind zu tisch geses^^^"
t) S. flboi S 397. *) Ten: preul. i) S. oben S. *M.
<) Albrtdil 06ler von Ravensburg t. abm S- 4ts.
»i S. uniMi S. 4H. «> S. unten S. *J7.
0 D. i. HahnnK; |. SchroHln-l-'roniiTiKnn I, IR.
«) Text: unikra-
■) Wohl dn runder Titch [abertiaitpl dn Tbch; Orinra Vlll, un. D.
w) T«t : KchiKh. >■) Te« : Ut.
I*) Vgl. darflber In mdner oben S. Stf, Anis. 3 fcnannlcn AbhukUanc.
.Quellen zur Amberger Hochzeit von 1474.
°' fuTstin//iCT/, di praut zu oberst, darnach herzog Philips mutter,
«arnach mein frau von Osterreich ^ darnacli die junger') von
"^'rtenberg: und in derselben stueben (stunden] 6 frauen-tisch; foi. sb.
"* der andern, das e(uer) g(naden) gemach ist*), sassen vier
"^h junkfrauen und ctlich warden bei der herTcog Ludwigin;
^*id ein kostlich essen hellen eur gnaden koch zugeridit, ld(^l
^'^gen vier rittet; was ein purk, und halbyrl, und in jedem
*hait saß ein knab, einer sang, der ander schlueg di lauten, ver-
Porgen; uffen tisch lieff ein lebentiger haß und flohen vogel
heruß; und di sonsten ruch von feur').
An gestern dinstag nach [demj essen haben gerenl graff
Eberhart von Wirtemberg und Heglin*) von Westerstetten ; graff
tberhart hetein bloen samet und sein hom ufm heim"); und fürten
im zwen ritterj in welisch gekleidt, ein hengst vor, mit einer ploen
samaten satidecken; sein deck was damast, und hing allenthalben
vol tumirgurtlschellen; und het lO seiner edeln, di mit inn liefen,
in ploe damast, schwarz piret und hosen"). Hegelin von Wesler- w. ««.
stetten het ein schwär? decken. Darnach ranten herzog Albrecht
von Sachssen und schenk Philips ^ ein stark rennen; der herzog
het ain rock an, ward uff der ainen selten gntn, der andern rott,
weiß und getb, schenk Philips ganzen rotten daffat*), und der
herzog ruft schenk Philipsen an und rant den herzogen ains
gangs in di herberg"); und dienet dem**); von Hennenberg graff
Wilhalm*') der rant mit dem Kuepam"), und di zwen Ihetten ain
vast guett rennen und besassen baid. Di frauen sassen uff dem
rathausgang am markt, (am} zuzusehen; der markt was schon**)
umbschrankt und mit wcppnern^'] unibstellt, vast wol gerust und ge-
l
>; D- h- die .lüngtre- (Helene, s. oben S. 4i9, Anm 4] {egenfltwr Philipps
Mutter, die totut auch all .die vcsii VCÜrteiiiberx* bej:ctH:hiiet wird-
*> Vgl- meine mbcn S. 398, Anm. 1 lilicrtc Aliliamllung : Z, Oeadi. . . . AmbetK»
■) Der Sinn der IcUlcii M'one scheint dunkel; viclldcht hat man daran ni denken.
daß die Btiie bengiilisch beleuchtet «ar. [.puck* i»l sdiverlich ~ •.Burg-; =^ pork? D. Red.j
<> Nach Schmellei- Prommann 1, 1069 Vortiiizcr oder auch H och aeltt lader bedeutend;
untere Stelle zcIeI, dall dxt Warl auch all Vorname (Diinlnullrum: %. unlen S- 43Si vgl.
Ugolit]> vorkomim; vgl. damit den Gebrauch d« Wortes »Kaspcrl-.
>> Die HehnzIcT der Orafen von Wärtteinberg- Urach «ar das UradiKhc lagdhom,
vie mir Herr Archiv dtrrktoi Dr. Schneider (Stuttgaxt) KÜligit mitteilte.
•j Nihcres in meinem oben S. 39T, Anm. 4 genannten Beiliag i. Dioer. Eberhards.
I) S. unten S- 424. «) Leichte« Sriden/eug-
•> SoU vielleicht .hsltbcrg- heißen?
1«) Auch diese Stdic itt ihrem Sinn nach ziemlich nnklir.
^> S. unten S. 424. ■*) S. unten S. 439. '^ tcb^n. ") Oewappnete.
422 MtximiUac Büchner.
ordent. Abents giengen sy wider zum tanz; und ist ain tanzhaus
weiter und lenger dan zu Haydelberg, nach dünken; und uff de
tanzhaus stachen der von Tatberg^ und I^rsperger'), derTalbei^
ward zuvir [zwir? D. Red.] afc^estossen. Sy tanzten nach kaine
161. 6b. saitenspil dan nach den Irunipten; die haben dt herzogen v(
Sachssen guet und gar frembd von clareten stimmen als/o/ hoc
/als/ einer erdenken mag*). Und mein frau von Osterreich richi
an, das einzeln*) frauen und junkfrauen allein danzten. Damai
furslen und eittelman, zuerst herzog Ernst und sein bruder und
ritterschafl imer nach, und darnach herzog Philips mit hcrzi
Albreclaten, thumbbr obsten, und seiner ritterschafft imer nach, w
schimpflich*) zu sehen. Di zwen von Sachssen thun gar bruderli<
zusamen, das es jederman von in/enj lobt; und sy haben sta
sticker') die wollen das best thun") umb den dank") für di Bair
und wollen di Bairn versuchen; das han sy macht,
Item man kunt sy nit verainen des gesellensteche ns /w^et
das es gestern, dinstags, geschehen wer, umb das'") jederman i
gern /sichj vorthail/s/ begab'*). Aber zum nechtigen tanz ii
ußgerufft, wer im gesellen stechen sein woll, der sol heut
foi. 7«. siben uhm den zetl globen und zu 12 uhr mittag uff der p
sein^ und weicher fürst das pest thuet, dem sol di schonst fr
zu dank") geben ein heftlein") umb 300 gülden; welcher gn
das best thuet, ein hefftlein umb 50 gülden, welcher ritter d
best thuet, ein ring für 30 gülden, welcher knecht das pest thu
ein ring für 20 gülden. Also hat cur gnad, was sich begeb
hat zu Amberg, als wer e(ur) g(nad) dabei gewesl; und sclireib
e(ur) g(nad) in glauben, das e(uer) g(nad) von nieniglich be-gi
wird, heroben zu sein.
4
>) Vgl- Büchner: Z. Qesdi. ■ . ■ Ambergs a. a O-
■) Vgl. obnt S. -(13 und unlcn S. *2C, U9.
>) Vgl. oben S. 41!. 41S V. unlCTi S. 435.
*) Vgl. dJc Crlcllrung dieser Stelle in mrinein Bdtng x- Btofr- Albrcchti t
Dchenten im N. Archiv (. sieht. Qeici). XXIX, i60.
>) Text: rintlen. (Wohl richtig i » einmal. D. Red.]
•) D. i. seherrfi««. Sclimelter II», 432.
^ D- j. «ohl Gewllen; nähern darüber in indner obed S. itJ, Anm. I geBin«'
Abhandlnns- |5tlcl(cr =■ Stecher, TumicTcr. D. Rcd.l
•) Tem; Üun. •) D. h. Preis. w( D- h. weit.
K) Vgl. damit die Ventli;tTiiiigj die auf drr benihmtm l.and&hutcT Hochtdl i
ihiUiche Welse rauiand, al« da« Turnier Herxng OirisJuphs mit dem polniscliai Wgivod
stktttlnden tollte, bd J- J. Mfiller. Staats- Cabin et CJena 171«) II, 3M.
") D. h. Prdi.
u) Text: hdfleln; indit von Oold uiw. Schneller- FroiDiaann I, 1M4f.
Quellen zur Amberger Hodizeit von 1474.
^
D.
Die hernach geschriben/'efl/ sind uff der hochzeit hie
zu Amberg gewesen.
Mein genediger herr herzog Philips, preutigam *) ; herzog Ernst
churfürst und herzog Albrecht von Sachssen*); herzog Ott*), herzog
Albrecht, thumbbrobst*), herzog Christoff "), alle drei von Bairn;
bischof von Aistet'); bischof von Speier*); bischoF von Regens-
purg;*) bischof von Augspurg"); bischoff von Merspurg**); herr
Dietrich von Ysenburg, allbischoff zu Maintz"); graff Eberhart
von Wirtemberg zu Murnpelgart'*); landgraff Ludwig, landgraff
Fridertch vom Leuchtenberg'*); mein frau von Bairn herzog
Ludwigin geborne von Sachssen ^*); unser gnedige frau ir docbter,
di praut^*); frau Mechlild geborne pfalzgraffin, erzherzogin zu
Osterreich, witib"); frau Margareth geborn von Sophy, grefin zu
Wimemberg und Mumpelgart, herzog Philips mutter^'); derselben
frauen Margarethen tochler von Wirtemberg"); di landgraffin vom
Leuchtenberg '«).
Pfalzgraffisch graven und herrn"*).
Johanns, graff zu Wertheim'*); Crafft, graff zu Hohenloe'*);
Johann, Rei n graff -^) ; Philips, graff zu Hanaw'*); Jacob, graff zu
Sarwerden"); Bernhart, graff zu Eheratain"); Ott, graff zu Solms");
Ludwig, graff zu Isenburg'*); tleinrich, graff zu Zwei-Prucken, her
zu Pitsch*"); Weicker, graff zu Zweien- P rucken, herr zu Pitsch**);
i) S- obCTi S- w«. I S. oben S. J». »i S. oben S- 396- <) S. oben S. 396.
»J S. oben S. 3«. •) S. oben S. 397. r) S- oben S. 388. «) S. aboi S. J97.
*t S. oben S. 3»7. "1 S oben S. +19. Anm. B.
") H62 vtim Pap»! alt Itijhisrhnr v. Mainz nbgnelit, bestieg er 147S mm iweilen-
mtl den dortigm crrbhchö fliehen Shihl; s. Menzel i d. M\g deutichen Biogr V, i«4ff.
1») S. oben S 397, Anm. *.
J*> S. oben S 4i?. Die Landsnfcn v. LeuchLaibeTg galten al» Reichst ante»
(s. Kiolcf 964), vdluüb lle an diesei SirUe, iiichl untci den Qrafen genannt «rrden.
"> a. oben S- 4(9. "■) Margatellie. W) S- oben 5. 196. ") S. oben S. 397.
u) S oben S «19 u) ä. oben S. 419, Anm S.
*>) Betreffs dei knrpfUxltcbai Oefulget im allgemeinen sei auf du Lefaensbndi
Fnnlridu I. (s. Wecch >. a. O.) vervieaen-
») Vgl. Quellen u. Ei. II, 4ID, iJl; 111, S6.
*) Der Stammhalter der FamiLie; er gehörte der Wdckenhdn»cfaei Linie an
(S oben S. 419, Anm. 4); SUlln 676.
*> S. Quellen u. Er. II, 293, lil, 411; III, Sb, bl, 1S3.
M) Vgl. ebd. II, 43S; III, 56, IIS,
■^ Vgl. Kremer ^T, SDI ; Mone 30H.
"> Vgl. Qaellen b. Er. II, 204. sn ; lll. S6.
ty Vfl. ebd. II, 372, 42S: in. 56; Monc SIH.
^ Text: lienl>erK. Vgl. Quellen u- Er. II. 399.
»t Vgl. Kremer SO«. ») Vgl. ebd. u. Krctner, Ur*. l».
fol. 7 b.
fol. 8a.
424
Muimiliui Büchner.
Reinhart, her zu Westerburg'); Melcher von Dum, Herr zu Fa!k(
slain"), und Wirich der jung, sein bruder*); Wilhalm, hcrr
Rappoltstein*); schenk Philips, herr zu Erpach*); schenk Jor^
und schenk Hanns") von Erpach; Jörg, herr zu Umpurg*); Joi
herr zu Ochsenstatn ') ; der jung graff von Gleichen**); Johai
herr zu Haideckh"); herr Jobst von Venningen, altmcister
teutschen ordens^*).
Sachsisch graven und herrn.
Oraff Wilhalm von Hennenberg ^*); graff Sigmund von
hah'*); schenk Jörg, herr 7uTauttenberg'*);Reuß, herr zu Plauen*'
der von Stemberg"); Ntdaß Schlickh, herr zu Elpogen'*).
Bairisch graven und herrn.
Oraff Wolf gang*"*), graff Lasla'"), bede von Schaunberg;
Wolfgang von Olting*'); Johann, herr von der Laittem, herr
») Vgl- Marc S iii; Quellen u. Er 111, 3i8.
^ Vel Kremer. UrV. «17; Quellen u. Er. III. Ul.
>) VeI. Quellen u. Er. II, 6t, JM; 111, 217.
f) Vgl. ebd. III, 123, 3IB; Mone SOB.
B> Vgl. ereilen u. Er. II, 48, Anm. t; 2iH; IM, 37, IM.
•> Vgl. ebd. tn. S7, 114, SIS.
t) Vgl. ebd, 111. 118.
^ Vgl. Kremer 24^ 296; Kremer, Urk. 177.
■) VkI. Quellen u. Er. II, 148ff-; lEI, 5fi.
^ Vgl, ebd. II, 16S; 111. 121, 168.
") Vgl, Kremcf, VrV. i08.
^ Vgl. Voi^t. Oetch. <i deutschen RItterordeiu 11, 691 u. I, «S«, to es heißt,
habe noch bis 14S?(!> gcicbi. ^^
<■) Ell dem Verzeictini« i. d. Spelr. Cbron. (b. Moae StO] iit et nicht unter dc*^* ^^
jjchiiwhoi (Italcn, sandem neben dem von WürttnnbeTg und dem 1 andgialen »- Lencblci) ■—'
bcTg aufgcffihit (s. oben S. 411, Antn. II dir Bemerkung über den Fürstenitand der Land —
gnitn von Letachtcnberg) ; vjjl. McrneUB: Bicbnumn I, !!♦; II, i98; QucHcn u. Er. III, ss-
M) Sigmund in. V. Anhall; \*7<i begleitete «r Hcnog Alibrecht auch Im gelobt^* 1
land; i. S. Laxtuim, Hitl.-]£eneäl. Füntellutie d. Hauus Anlult (t7S7), &. 317.
U) Sirlie übet ihn lt. O. Slnivius, Hi»t. päncemunim Varila-Tuteirbursiconutf '
(17«). S. 4Tfl, ; vgl Mone S07, iia.
W) Nach der Spdr Chron. (b Mone S11) Heinrich RenB; er edifirte üicw
jedcnlilU der jüiijceien. In Qrdz residierenden Linie da Oeschlecbtes an und itt nidit.
idenÜKh mit dem damaliEcti Kurggrafro Heinricti von MHHeii i\g\. Kahn t. d AIIk-
deiiUchcn BiogT XI, i7i), mh dccn er Inder Literatur oft ziiMmmcngcvoffcn IM; identisdi
ist er vohl mit dem xn dcT BeUgcrung von Neull teilnetitneitden (Mone Sil) Kcinricb
Ruchuen von ßüucD [!), Herrn zu Orctif!), und mit dem .iungcn* Rcufl [s. ebd- i»1 tt.
fönt. rer. Auitc. 46, S. ^^fl, 199, 3S}>.
IT] Nach der Speir. Chron. (Mone SM) JsmBIanw r. Stembcrg: rgl. Bacbnunn
l. 567, M9; ri, lOS. 119. Jl!,
)■} JrdenfalU der is:a ge&lorbenc Summvater der Palkcnauiidien Linie des Oe-
sdilechles, der Neffe des bciühmle» Reichskinilers Ka^pii Scblidc, &■ Kneschltr, Dralscfac«
Adel}.Lnikon V|]]. »7; v^l. Bjtchmann II, 139.
") Vfl. OueUcn u. Er 11, S9i: Mone 507; Wcjtenricder 113.
■] Vgl. Mone 507. ,
■} D. l- öttingen: vgl. Hone 511; Wtslcnrieder 115.
Quellen zur Amberger Hochzeit von 1474.
Bern*); Nielaß, herr zu Abcnsperg"); Günther, Herr zu Schwartzen- fol. ih.
berg*); graff Philips von Kirchpcrg*), graff Sebastian von Orten-
burg*); ein herr von Teintz'); Sebastian'), Hinlschik*), bede Pflueg
und Herrn vom Rabenstain.
Österreichisch graffen und herrn*).
Oraff Friderich von Helffenstain'*); graff Jobst Nielaß von
Zollem"); graff Eitelfrit? vonZolem"); graf Fridlein vonZolem**);
Johann, Reingraff der jungst"); Erhart von Oundelfingen, frei-
hcrr'*); Jacob von Sachss, freiherr'*).
Wirtenbergisch graffen und herrn*').
Graff Ludwig vom Helffenstatn **); graff Heinrich von Fursten-
berg**); graff Conrad von Furstcnberg**); graff Alwig von Sultz'*);
graff Withalm von Kirchperg*-); graff Hanns von Sunenberg-*);
Hanns von Stoffel, freiherr-*).
>) Vgl Mone 507; Wistcnriwler iiJ
*) Der letite Sprotte Mtnet Oetcbicchtt». Vgl DallinKcr-Suik. Oiafen z. Abens-
berg I. d. VMh- d. hiBt- Ver. f. NitJerbaycnt XIV, IWft.
») Vgl. Mo« 507.
*) Vgl. ebd.; Westcnrieäer S. 113.
•) Tnrtr Ortcnbcig- VrI. ebenda 113.
•^ Auch i d. SpHT Chron , wo von Ihm tu wlwtcriiottan M»l (Mone MT, SU)
die Rede itt. wird tciii VomAmc nkhl gmaiint, wohl, weit dk'Ner böhmiich war und daher
dB» detilscfaen Schreiber zu soDdcrbar klaii£ (vgl. oben S- *'i*, Anni. I7>; ein Jan v. Teiaz
«lid i. J. 1461 in den Font. rer. Aiurtr. 44, S. S14 Knunnl.
7) Sebaslian Pflug. Herr von Rabenslein, ehedem Hauptmuin d BAelderbundcs ;
vgl. REczler *7i: Vcrh. d hlM V. I. O. Pf. XXV. 1«0.
«) Vgl ebd. 1*9-
*) D. h. Or>(eii und Herrn, <tie Im Ocfolffe Meehthild«, der Erzber eoein von
ölterrcicti, gektinuncn watim.
U) Vgl. salin «frJ; Westmriedef in.
M) Vgl. salin Ti9: MoneSOj, sil;Oeneal d Oc»«mthauK»Hohen«iltcm(i90S)S. «.
!■) Vgl- cbd- S- 61; Mone StB; SdUn 119
■q Vgl. Oenea]o£ie d. Hauus Hohenxoltem S. CS.
M) Vgl. Quellen u. Et. II. 452; III, S6, 217.
1«) S. nifsteilb. U.-B. III, Nr. «12; Mone JOB, Si8.
u)VIcIIdcht Jakob v. d. Sactuen d. Blinde? Vgl. HelTfelch, Adefs- Lexikon II
(Ttn>, S. 859
II) D- h. Oralen und Herren, die im Oelolge Hbertiards von Vürttemberg- Uneh
und der Orifin Maigarethc von Württnnbcrg-StiUipirt crwhiencn «^rcn-
B) S. Stilin 665: Mone SOB, 5ia
>3) JcdenEalls Heinrich VE. (t t490} au« der WolUclier Linie des Kmims; i- die
Sanuntatel I. Fücstetib. U.-B.; vgl. Mone SOS; Wnlenriedtf 115.
*) Aas der KunradiniKhen Linie; ü. ebendicK Slaniintafcl ; Moae SBI.
«) Vgl- Fümcnb U-B Nr 457 n. a.
*) VgL Sdlln 6St; Pürttcnb. U B. Nr S96, iJ6
■) Bei der Aufiählung der im Lager van NeoD Vertammelten Imämlich Hainridi
(HalBz!) Matl Htm gttuanV rsratenb. U.-B. Nr- tii2.
>>) Ein Heinrich v. Sbrtfe] ebd. irmannl, was wohl aueh Hans hdtlen loll: illeie
Annahme wird dadurch beseitigt, daß tn einer anderen rrit^mÖMiKhen Auficicbnung über
den Entsalz von NeuD wirklich ein Moni von Sloflcl genanni wird (s ebd ).
lol. f •■
Augspurgisch graffen:
Qraff Jor^ voa Werdenberg*).
Meiner g(nedigen) frauen von Baiern f^TciUnfnen/ u *"1
hcrrnfrauen:
Die von Bern*); die von Abensperckh*).
Pfaltzgrafisch grtiVinfnen/
Die vom Leuchtenberg, landgreffin*).
Österreichisch graffin:
Die von Sarwerden*).
Pfalzgraffisch*) ritter:
Engelhart von Neidperg'); Bemhart vom Pach"); Ha.«^'^^
vom Ingelhaim*); Götz von Aleczhaim'*); Conrad von Hütten '**''
Wolf von Taiberg'-); Ott von Hirschhom»"^; Balthasar Fo*^**
(Ol. 9b.
maister"); Simon von f^lßhoffen'*); Hanns von Khronperg
Wilhalm von Monching'^; Hanns von Stauff "■); vom Egloffstain
J
1) Vgl Quellen u Er ]]I. 140; Krcmer 108; Mone }i«.
«) S- oben S. 42*f; vgl, W«tenrie<lcr I1J.
B) Martha, die Ocmatilin des oben S. 4:s £en«Bnteii Niküut, eine gvborcDc Cr
V. Werdenbeig, DolHnKer- Stark a. a. O. S- 189; veI- We»lcnrieilcr llj. ^^^'
*) Wohl die oben 5. ■!» sdion enrihnte Qemahlin Land)[ra( Ludwigs: oder »"*-— ^.
tclcht lucli die 0«tlin Frirdrichi. Pliubeth v Hohenlohc. Vgl. \S1ttmarn i. a. O. S. ^"^*»
") Wohl die Ocmihlin des oben S. 47J (Quinten Jakob v. Sirreiden; «vil _ 1t
Dieiisle der ErzbeizoKin von Ö«terreicb (elieiiiaU£eii PfaligrilTn) »Iriiend, viril sie
dsterreiehtsche Oriffn beiteichnet
•) Text: pfalzrafflrth.
*) Vgl- Quellen ii. Er. lll, 2i9
■) Er bekleidete üu Amt cinn Marschalls- Quellen u. £r. II, 403, 411; III, 106. i
■) Text: ingehaim. VrI, Weech 9.
V} QCIz V. AdeHlidm, Kitrfütst hricdrich« Hofmeister, cbcnuls Landvogit bn Eli
Kremert Urk. iW. si'; Mone 508; Wntenrieder UJ.
U| Vgl. Fonl- rer. Austr. 44, S. S88
») Der Valei dn betfihmlcii MuinAntsIco. der den RillcTKMag riist voa Kali
rrlcdrichaufdcrTibcrbr^ckc erhallen halte- Vgl. Morneveg, Johann v. Dalbrrg(tS$7}, S. I4l
m S. Quellen u. Fj-. 11. iS; Ul, 1i2.
|4| Vgl. Kreiner. Urk. 2üi>; Mane S08-
U) tUuptmajin und Vogt lu Heidelberg. Quellen u. Er. II, 59.
• Herr SymoEi vun Balsholen
bleib auch mit hindern ofcn !"
rrimt Mtchel Bcheim auf Ihn; ebd. III. 2)9.
■■) BurggTuf EU Stafkenburei ebd. 11, 61, 433, 448; III, lU, SI9. Vgl. dir Oi
KfalfcMMM z- 1. Abschnitt b. v. Oinpleda, D. v. Kronbng [1899).
"} Trat Mönchen. VrI. Mone lOB: Wilhelm v- Moncbliigen; s. ynlen S- 4S7.
■) Vgl. Mone SOB; Verti. d. hiit- V- f. 0 I*f- XXV, 146. ^
■^ Text: vor .vom* - .Vfii- durchstrichen. Vielleicht Heinrieb v. Cgiofittdm ^
1. Quellen u Er. II, 32).
Quellen zur Amberger Hochzeit von 1474.
Hainrich von Uffeeß*); Hanns vom Egloffstain'); Appel vom
Lichtenstain'); Erhart von Rornslat*).
Sachsisch ritter:
Hugolt von Schleinitz, obermarschalk*); Hanns Burckh");
Caspar^ unti Ernst ^) von Schonberg; Hainrich von Einsidt*);
Hainrich Druchseß"); Fabian von Muhlhaim").
ßairisch riter:
Hanns Fraunbergcr von Messen hausen, hofmaister^') ; Wilhalm
von Rechperg^'*);SigTnund Layniinger'*); Wolfgang Fraunperger'*);
Friderich Pet^tzenauer^"); Wolfgang von Sanßhaim*'); Sigmund**)^
Hainrich"), di Fraunbergcr; Hainrich Kamerberger*^); Hanns
>) VeI. Fonl. rn. A«s«r. *2, S. 335 a. a. andmi OrtMi. ebCTio Bd. *« u. *6.
*) Itci der Landshutrr Kochirit iirt kuihraiiclmhuigi sehen Qrfolgp. Weslturiedcr IM,
■J Ebenso. Westen ricdcr ^^*.
«) S. oben S. 39ft.
*i Nlbem über ihn in mrincin Aofuti: Zur Biographie . . . Hcnoe Albmht d.
Behentm I. Neuen Archiv !. iiehs. ü«ch. XXIX, I57.
•) H»ni ,Bi(ck vpn Tuber rn Molbcrg" itt in der Sprir. Chron- (b- Mon< Sit)
mter dm üchiifchoi arifrn (^aniil; mit ikm ist jedairalls der in dm Foirt. itr. Amlr-
43, S. S5 u. HD genannter .Birchrn vnn der Davbc* identisch; vfl. Ober die Fimilfe
H. Knolhe i. N- Archiv f. Sächi. Oe»eh. It, mit.
^) Kaspar v. SdiSnbcrg, Luidvogt in MdQcn, vet- Büchner. Z- Blofi. ■ . ■ Albrecht*
d- BehtTtten a. a. O. S. tu.
t Etnsl V. Schönbcrg, Herr /u Olaurhaii ist in der Speir. Cbnin. (b. Mcvne Mt)
ebenl'lls iinlcr den süehiischen Grafen genannt; er licl bei der BeUscnjng d-c^ ihm von
Hcnog AlbfMhl verlieHenen Orftnbctjc. Vgl. Büchner >. a. O.
«tVgl KSniE lie.
•«] Vgl. ebenda I19; v. Ruh, Ree- z. OrU- u. runlllenKc^h. d. Voctlandes (Ktl-
teilancen d. Allerlumsver. /- Italien i- V. U93), Fmnnenvrrzeiüini«.
>>} Vgl Ober das Qeschlccht Kncschbe, Adel«-Lcx1k»n VI, 3M.
u) Auf dem Reijcnsburger ChrislentaK ('♦?'> enebeint er noch Ira Ocfolge Hcnoc
Atbrechts v- MQnchen. Monc !0s; vgl. Riezier 974.
»> Vgl. Moiie SOS; Weileiuleüer 145.
'•> 1471 ersclirirt er al« Oesundler Hetiag Ludwigs von Nietterbayem am Kal«er-
hofe. Font, rer, Auitr. 44, S. 673, wo n hHBt, Sigmund v. Lainingen (! ; viel-
lekht heißt e* b d<r Handschrift LalminKen} «i von des Herroip Ludwig wegen dagr-
«ora; der Itcrausgcber hat dies iiitunilich auf Herzog Ludwig von Veldenz bezogen
($■ Personen ver/elchnii ebd. fi94> und uulrr dem Sii:niund v. Laiming eincji Olafen von
Lciningen vcrsundcn (s. ebd |, wohl, weil a weiter unten hciüt, Her/og I.utlwig vnn
Veldenz sei durch die .zwcn von Ley1n]ingen* rertreteii gewesen. — Über Sigmund v. Lal-
raing vgl. Mone iott; Wcitenrieder 1H.
u) r.T ultie bei der tlocluelt Im Turnier venuigllklMi ; niheres in meiner otai
S. 387, Anm- t genannten Abhandlung.
!■) Vgl- Moire S08; Westcnriedcr 113.
10 Vgl ebd 170.
K) Spiter Henog Geoigs von Land«hut HofmarwhalE, zählte ec im Landahuirr Erb-
fulgrluteg lu den eifflgtlen Vertretern der pfSIzlsch-nlederbaytiicben Sache. Riezler 601,
M4; »gl. Mone 508; Weslenrieder i06ft.
»> Hdnifch Fraunbergcr zum Rapprrchlsteln. M. B. X\1I, 3«.
») Vgl- Mone Joa; Weatenriedet 113, 143.
Fol. 10«.
vom Wolffstein'); Mertein vom Wildenstein ')5 Jörg Zenger*);
Hanns Closner*).
tric^
Österreichisch ritter:
Herman von Sachsenheim*); Wilhalm von Stadion^; Die
von Katsam hausen').
Wirtembergisch ritter:
Ulrich von Rcthberg*); Jörg von Ehingen*); Hanns Spet'*);
Wiihatm von Werdenaw"); Egioff") von Riethaim**); Ulrich von
Westerstetlcn'*); Conrad vom Stein"); Sigmund von Freyberg**).
Augspurgisch ritter:
Ulrich von Rechpcrg'^, Hanns vom Stain"), thumbtechant'*),
hofmaislcr"); Mang, Marschalckh von Hohenrechen**).
fol. 10b.
Pfalczlsch adel:
Pfligker Landschad, großhofmaister**); Conrad von Helmstat,
vitzdomb zu Amberg-*); Ort von Weingarten '*); Reinhart**) vc
4
-•—tat, '
i) HJ* trilt er a1« Hofmeiiler bei Pfilignf Otto It. von Mosbach nf. Font rar
Austr. 46, S. 3 St.
1) Vgl. Wnt«nrl«lcr 117; KAnle 13S: Hund, Bayrisch SUnmcnbach II, 3«6.
t) Vgl Vcrh. d hin. Ver. f. O. Pf. XXV. i$i.
*) Vgl. Slone SOB; Weslmriedcr 11J.
() Vgl. Meine 508.
•) Tocl: Sladim. Vgl. tbd.
0 .Dlrtrieh v. RKhiamhuKn mm Sldn-; XCMch n.
•) Er wurde l*«2 bei OicnKcn erfunetn Pont. rer. Awftr. 4*, S. 440.
■) Eitento; vgl. titwr d«i durch mIdc ibenttverUcben Reben hocbbertbnten
V- Etiitigm anch in meinrr obrti S. 387, Aiid. 3 Kmaiinlen Abhandtins.
M) Vgl Monr sm; Wcccli M.
>i) Vgl. Mone «8.
><) Text: Etaraff {s unten S 4»)-
U) Egloff V. Kictbdm bei der Uuidihiitcf Hochnil und beim ResMlburser CMfkn-
t^ (n brMidwibiirgi^chptn Ocltilg; W«Ieniied« 164.
!•] Vel. Monc )4B.
1») Vgl. Fürstenb. U. B. Nr 666.
Vi Vgl. Weslenrieder 180.
") Vgl- Mone !D8; al* Dnmdrctuul zu Auesburg eisrhrinl er I4SS; M- B. XXVI,!
i«J Huii V stein, HofineijtcT (d« Hi»rhoft v. Aug>burg); Hsitelholdt-!
Herzog AlbrecM IV v. Bayern I (i86s>. S. 100; König 123; Förstenb. U. B. Nr. 41«.
"^ Zu Ulrich V. KechbcTg gehärig; 9. Anni. IT.
■^ Zu lUnn» V. Sialn EehQrig; s. Anm. i8.
H) Vgl. Büchmann t, iä9: Minjc, Manchsll zu Hohesreieh.
* ■> S. oben S- 3W. Anm. 3-
"> S. Kremer *i. 63; Kraner. Urk. 441.
»«> S, Quellen u. Er- itf, 212.
>) Text: Hctdihirt.
L)
Quellen zur Ambergcr Hochzelt von 1474.
k
Oemingen*); Wendel von Gemingen'); Eberhart von Oemingen^);
Nielaß*) vom Stain*); Hanns von Helmstat*); Hartmann Bair von
Poppartrn'); Cunz von Pertichingen, ambimann*); Hanns von Ven-
ningen •); Philips Pettendorffer '*); Friderich Feczer") von Geispeltz-
heim*'); Ulrich Landwust'"); Ott von der Kapl'*); Hanns von Neid-
perg'"); Caspar von Landenberg"); Albrecht Goler"); Erkinger
von Roücnstain"); Conrad vom Egiofistain der alt"*); Ludwig von
Sicking«»); Wolfgang von Parsperg"); Philips von Talberg*-); Wolf
von Talberg'*); Hanns von Weiler"); Acharius**) von Veningen;
Conrad von Franckenstain'^*); Leonhart Kembnaler«'); Hanns") von
LuchawKueparn"); Paulß*^),Conz'"),Eberhart") vonStreitperg"}; toi "■-
HannsPfreimbder»*); Hanns von Romstat"); HannsvonMoringen");
Davit vonHanlschuchsheim*'); Friderich PoUinger'*); Wühalra Nott-
1) S. Quellen u. Er. HI, T-i.
*) Kammeimehter KurfQnt Friedrichs; ebd. II, 435.
T) Vgl. «urllen u. Er. ]]I, 11J, «0, 33»; Wwh 9; er mhm die Stallvnf dnes
Unterkftchcnniditcrs ein.
«) Text; Nllsfl.
*J Vgl. Vcrh. d. hält. Ver. f. O. Pf. XVH, 13«.
•> Hai» von Hclm&lutl lu OninibBch .der schetch" (d. 1. hiflliclie). Qudicn ■.
Er. n. 101, I1-I; III, IM, t-lt, 221. 2!S.
T) S. oben S. 394.
t) Amtmann ta Boxbefs. Quellen u. Er. II, 47». t^ Vgl. ebd. 113, 314,
»•) Vgl. Vfmh B. ») Text: Pcctct.
«) TMt:0*fpeluMni. VrI. Quellen d. Er. III, MSfUerirrlc.BceR"); vgi.Veeeh«
■) Wohl: Heinrich Oitlni) Undwust; ebd lo.
M) VrI. W«ch 9.
I») Vgl. Sl. Chron. [t, no, «2, MI, 396. «n; jcdenfalli inclt idcnÜKh niil d«n
Hsni von »Hyppenberg* (Njrperk) bd W«ch »0.
>■) Text: Luidenburg. Vgl. die Stammlafel bei KindLtr II, 436.
w) S. oben S. *ti.
■) Später der Hofmanchilt des Kurprinzen Philipp. Wcstmricdef (74; H, A. Alci 999
I») Vgl. Quellen u. fr. MI, SI. irj. 319.
*) Vgl. ebd. III. 220. wj S. oben S. 4U'. ») S. oben S. 4IS.
■■) JcdenfalU der nach Miehel Bchein» Rrimchnin. (Qudicn o. Ex. IM, 333) an der
Bdagerting Wachenheims (eilnchruendc .iunge- Wolf, der ällnle Eimdrr des berühmten
Wormser Ritchcift; er Ist ideiitlidi mil don bei Momeweg. Joh, *■. Dalberg 41, Anui, 79
gcninnlcn WoEf d. A., von ilcm Mnmrvei: mit Unrecht meint, dafl er Khon '473 (Urb.
•*) Vgl. Kremer, UrW, 442.
«) Tcxl: Carliu: AchKiliu v. Venningen laüt lich Jn onteretZciL luluiadlich nach-
«ettcn (Kariw. Koi), B. 369, tol 4Sj).
*) S- oben S. 415. W) s. Quellen u. Er. MI, «4. «) Te«; Comö.
"!■... Hills von Uichw. den mui den Kilbaren ncm ja', Mfcbel Beheimi Rrim-
chron. i. d. QueLlen u. Er. 111. 124; Kuebirn ipiier am Hole d. Kurprinzen Philipp. i\. A.
Alri 9M.
"^ S. oben S. »96.
«) WoM Hanf «jn SlrHtberg; vgl. St. Chron, II, M, 7$!.. 19, IS, M, *iS.
«) Vgl. Verh. d. hlit. Ver. I. O. Pf. XXV. i3J.
«) Text; Sirciperg. ■<) S. oben S. t9f.
»> Vgl. M. B. XXV, 76. ») S oben S. 409.
>^ Vielleirhl [Hrthef v. HandschuhUidm ; vgl. J. M, Hunbracht, Htehste ^erdc
TcDttdicnUndcs OW) 149.
»t S. oben S. 3W.
hafft; Berncloc von Schonreut*); Bcmhart von Talhaim*); Hanns
von Trat"); Hilprant vom Hoff); Schweicker von Schaunbtrg**
Rcinliart von Helmstal*); Friderich vom Fleckenstain'); Hoschen-
pach {?); Namschedel (?); Hartmann Ulner*); Jörg Rcdvitzer');
Hanns von Sicking"); Tristram Zcngcr*'); bede Eberhart di Mistcl-
beckcn^'); Ruprecht von Erlichaim*"); Hanns Dreßwitzer"); Wal-
dauer"); Chrisloff Scharpffenberger'*); Hainz von Seckendorff ");
Jörg, Ulrich vonWalsdorff**); Hanns Hertenberger"); Loren? Spom-
berger; Amolt-"), Nielaß") von Hirsperg; Sebastian von Walen-
fci. Mb. rod-*); Jörg Scherdinger*^); Ruckher von Mentzing**); Hanns
Schlamerßdorffer*»); Philips von Anglach**); Hanns von Stetten-
berg'"'); Hainrich Graßiach**); Cunz von Kropffsberg**); herr
Ludwig von Helmstat*"); thumbdechant*'); der jung Schott*');
■) Chrittaiih Bemklo m Scbonrutr: Wmh I.
S) Vlrlldcht Orrtimrd v. Thalbdm? Vgl. Qurlltm u. Er. II. IM; St- Chr. XVIII. W.
») S. cbm S. 413, Anm. 10.
«) Vel. Ober die Fimllie Klndlcr 11. H.
*> Vgl. QuHlcn u. Er. MC, Z2t. ■) V^. ebd. III. tU.
T) Vgl. flid. II, 39, t:S, IBif.,; III. JH.
ff T«l: Ulrr, V^l ebd. III, 116, 325; Wcerfi 11.
•) Tnrt: Rebiterr. Vcl. Woteiririer i66.
W) VkI. KrrnicT, Uik. <40: W«ch ii; Zeitschrift f, Qsch. d. Obcrrbdiu XXVII. Ht^
it> Ttistnni Znigcr lu Sncbcrg; Wrerfi U.
"} S. oben S. 397, Anm. ir. ») Erlickheim: Weccli 9.
M| Vgl. Vcrh. d. WsL Ver. f. O. Pf. XXV, f«.
») Ulri<:h Wlldau»; W«ch 13.
'■) 5. obrn S, 41S, Anm- I8, V) Vgl. W«tniri«Jer le*.
") Tm: Woldortf. Ein Ororg v. Ttlsdorf 1. d. Sl. Chron. II. ei.
V) Et Khdnt. gleich Mannt v. Tritt, cbrnfalli aui Sichwti in stxnnieB. Vi
K6nlg i:o, wo luf dem Rcgeniburgtr ChriiCcntis unter dem iJicbsisctieii Ucfolgr
Herlrnbriger genannt wird.
w) Arnold V, Hiricliberg b. Kioner, Urk. 200; We«h 9; St Oinm. 11. «36.
aj Nickel V, Hlnchberg: Sl. Chron. II. *iS.
") Vgl. Font. rer. AuMr. **, S. iM; Weslenriedcr i54,
B) Jedenlatls identisch mit dein bei Westenricder }66 gtnuinltn Jfifg .S^umdiitgcr*.
W) Vielleicht lichlig: Diether v. Metizing; s. Weech Mi.
»J S oben S. JW.
«) Text; Agtach Vgl Qurllcn ii. Er. IIl. li«!; Philipp B™bach. genannt von AngUc^
»arde von Bischof Milhia» von Spelcr al> «in Hofmrider bcwcllt. Karljniher Kop. B, 39^
fol. 31 a; rr und die latgenden Adligen bildeten jedcnfalli dasOcfolg« d« Spciercf Binchoft.
^ Hiennit ixt -rohl nicht dec S|ieierer Domdechanl Joliann von Steltenbcrg gandnt
(1. unten Antn. J0>, sondern der Adlige Han* von StrHmberg {Karivr. Kop. B. »8, fol. I9b).
M) Künlg 126: Miine BcsuMung durch GlKhofMalhlu in Karlsr. Kop. B. IM. tet. TTb.
■) Kuno V Altdori. genannt v. Kroplsberg; Kreiner, Urk. IQZ; Olasschrfidtr, Ulk.
2. pHla, Kirfh«nxeMih. Nr. :33, :?y.
*) Ludwig V. HelmxlJUit, damals Domherr zu Speier und Malni:, wurde 1478 der
Nachfolger Ramangs auf dem Speieier ßlwhoteituhl. Vgl. Kemting a. a. O. II, iT6ff.
C*"* ■thuitibdccliant-' Khdnt nicht auf Ludwig v, H. bezogen werden m dOrfen: ts mitB
wolil (laruiilet der damalige Spcierer Oomdechant Johann von ätetienbcrg (vgl. Ranling,
0««h. d. Bisch V. S|ieyer II, Hl, 176) verslanden werdni.
") S. vorige Anm,
)■) Als .SchotlWn- witi er unter dem .tlglJdien Horgntnde* des Blidwb MalMu
"«Ithn«. KarUr. Kop. B. t96, lol. it.
1.
Qudlen zur Amberger Kochzeit von 1474.
Poczlinger*);
herr ^) Jörg Trautienberger'); Hanns
Puntzinger*); Schelle von Aitierbach *).
Sechsisch adel:
Bemharf), Hainrich"), Hanns") von Schonberg; Jörg von
Milatz*); Johann von Hugwitz'*); Dietrich ") von SchlJnitz^*); Qotz
von Ennde^^); Clauß von Tratl'*); Hanns Pflueg"); Jörg von
Rcinspurg"^; Sigmund vonMaHitz"); Dielz von Schlinitz junger'");
Hainz von Ennde**); Hainrich Plueg"); Diether von Ertmanß-
dorff"); Haid von Ertmanßdorff ); Götz von VVoIfspach; Caspar
Mctsch") ; Ott von Pirkische •*); Hainrich Leser '"); Dietrich
Spiegel**); Hainrich Starschedl'^; Balthasar Qreusickh-^; Hanns
t) TmiI: der. >) Vi;l. Wwcli 8.
■l Text: PrtCTingcr, Vel. St. Chron. II. 43S; Weech ".
*) Text: Plnti]niier.
^ Diether Schdlc v. Ammerbach (Aimorbach); Wcech n.
f Bruder Kaspirs v. Schönbeig (s. otwn S. 4^7); er war llnterouirscball Herzog
Albrechts, drn er t4T6 nach dem hl. Lande brslellete. Sagiltariut, Splendor fimilise Schön -
bemlM (1676) S. 15; vjt.v. Langmtt, Hctrog Albrecht d, Behcntc SSS; Monc J07t.; Pont.
rer. Ausir. 46, S. 166, 39«, iSO; fraustadt, Ocieh. d- Oe&chlcchtt« v. Schdnberg 1 A, S. isi.
*] Am Hofe de« Kurfürsten Enut 14S3 loz auch er nach Pal^tina. Safiittarius
a. a. O. Jl; vgl. Mone 50Tf,
») Auch er eraclieiiit als tJlchsiscber ?ton>e«mIer und als Landvoirt lu Mdßen; vgl.
Saglttarins a. a. O. 12; v, LanEcnn a. a. O, iCO; fonlcs rer. Aunlx. 44, S, 62S; Könit 119.
■) VIeLlelchl Miltib:? Jörg v. MJltiti ist U8; Amlminn In Rideberg; v. Langenn
a. a. O. !«e: lOünlE m9.
u] Text: LnrgrCti. Er var Voei v. Lclsnig: v. Langcnn i. a. O. SM; KSnlf lt9.
BJ Test: rrledrich ; daß nicht Priedrich, sondern Dielikh xu \estn ist, zeigt neben
Ann. 12 anch, dati unten ein Dielt det jGn^ere gmannt ist.
'«) Dietrich v, Schleiniti, der nns spater c>«>t-'S'J) als Obertiof richte r lu
Leipzig und (M9T-I)0i) als Kofmdslcr begegnet, v. Langciin a. x. 0. 5;9t.
o) Text: Bund; ». unten S. 438. Vgl. König ils»; C. v. Raab a. a. O. Nr. 5i8, 610.
it> Hruder des Meraebutgcr Btscbofs Tilo {%. oben S. 4)9); Dreyhaupt, Ocschlechts-
Rgtster d. I. Saal Cteyv anseuigcn adel. Kamillen [Halle i:9I> Nr. 19S. S. 319.
m Vgl. König n^
>^ Text: Rcngtpurdcb. Heinrich v. Reltisporg vir Vogt v. Rochlltz etc. Vgl.
V. Langenii, Albrecht d. Bdientc {1E?6| S&6: König n9.
1^ Tesl: Malitz. Später liolnielsler und Unlermartchail. v. Langenn a, a. O. SSt;
viclldcht ia( er Identisch mit Sigmund v. Millili, dem Valrr det in der ReformaHoils-
geichkhte berühmten p3pslllchcn Kammcrherm (vgl. Creutzbeig, Karl v. Miltitz = Daj>
Stellungen aus d. Ocbicl d. Oe«h. VI. i907. S. 4): vgl. König n9.
U) Später Hafmeiiter; v. Lingenn a. a. O. SS9.
«) Text: Ennd. Vgl. Westcnricder IT9
■) Vgl. font. rer. Atstr. 44, S. 648.
») Text; Eninaßdor«.
») Text: Crmandorff. Wohl sdentisch mit Heinrich v. E., den «ir 1470-Tl als
Vogt In Hohentlein trcltcii. Vgl. v. Langcnn a. a. O. S64i König 119,
V) Vgl. VCcstcnricdcr 1 19: als Trunktrigcr Herzog Albrtchb «ird Mclich In deaaen
Hofordnuiig erwähnt Kern, Deutsche Hofordnungcn II <1907), ittt.
«•) Vgl. König t2ty; .Birgkigt* hier.
») Ijuidvugl; V. LangMn a. a. O. S54. ») Vgl. König 11?.
V) 1 477-81 begegnet er nr» als Bergiiauptminn ni Schneeberg (b. Zvidcao).
Knndike, Adeta-Lex. V][l, M3; König lt».
•»Vgl. König II».
rot. izi.
Qniner'); Friderich von Schonfcldt*); Dietrich Kneppelheim
Guniher Walmann*); Jörg von Kobertz*); Ott Pflueg»); Jörg
von Waldenfclß*); Sigmund Zechau'); Hanns von Naitcrwi
Hainrich Weickhart").
Herzog Ottisch*) adel:
Veit^»), Jörg"), Karl") von Schaurbcrg; Darius von HeS?
perg*'); Hanns Zenger'*); Jörg von Waldaw'*); Jobst Zenger");
Ludwig von Wildensteän"); Hanns von Romstat**); Sigmund
von Romstal; Hanns von Waldau'"); Hanns Toß**); Jörg von
Schaimberg"); Ludwig von Eyb'*); Anschelm von Rinhofen**);
Jörg Rorbcckh'*); Hanns von Freidenberg'*); Jörg,**) Allcxander**)
vom Wildenstain; Veit von Gich'*); Dietz Marechakkh'*); Paulß
von Bibrach ").
foL. i2b. Herzog Ludwigisch adel:
Hans Ebran, hofmaister''); Jörg Zangbergcr"); Ulrich von
Prailenstain, marschalk"); Seitz Torringer'*); Hanns Fraunhofer**);
I) Vgl. Köald ti9. n Ebd.
■) T»t: WaldnuEin. Vgl. K&nig i3a; Rub &. a. O. Nr. 4<1, >94, 899, «TB.
•) Wohl Kobericx ; fiber mehrere MiteHedcr d\an Familie vgl. St. Omm. II,
*) Vgl. Kfinig 120. •) Vgl. Font, rer. Austr. 44, S. 360.
I) TmI Zedthui. V£l. Kiinlg I2fl.
*^ Ein Franz Wylcart, äet nh Mciflnrr beirkhnrt wird. Im pfUilKhen HeoT.
Quellen u. Hr. HE, 334; ein Hans WcicUian I, d. Font. nr. Aiutr. 44, S. 137. 30V.
■) Herxog Otto v. Mosbach.
W) Vgl. Font« rer. Aiistr. 44, S. 115; Vert. d. \üaL V. f. O. PI. XXV, «J;
XXV, 36TIf.
"J Vgl. We^lcnrietler iiT.
«) M B. XXV, J8S.
m Vgl. Verh. d. hirt. V. f. O. Pf. XXV. 133.
wi Ebd. 132. '») Ebd. I41 ; KönJg !38.
«) Verh. d. hiM. V. I, O. If. XXV. 144.
") Vgl. König US. '•) Ebd, •») Vgl, Westcnrledei tM.
V) Text: Teß. Vgl. St. Chron. II, 434. 4M.
c} Vgl. Weech 11; Quellen u. Er. III, 321.
*■) Seil 14(1 Molmeiilef Herzog Otlos: vgl. Rledcr. D- vier EcbXmter d. Hodulifto
EidiBtält i- Samnirlbl. d. bist. V. Hichslitt XV, 36. Später, im t.«iidBhufer Erirtolaekriej
(wohl seft Anfall der Mosbachschcn Lmndf an Kurpfalz 1499), mchctnt ^r all pSlxittiba
Vittiim. S. Hie^ler 603; Verh. d. liiit. V. f. O. Pf. XXV. 1J3.
■) Ein Lamprecht v. Rinofeii in dm Font. rer. Auslr. 44, S. SS9; vgl. Kfinig it*.
»") Vgl. We»tentcdpr UO. ») Vgl, König US.
M) S. Hund, Bair. Sfaimtnmhtich II, 3M,
*n Pfleger ni Lauf ; Font rer. Austr. 44, S. 87 ; Verh. d. hEat. V. f. O. W. XXV, l
Kfinig 138.
■> Vgl. Verh. d. hltt. V. f. O, P(. XXV, 133. »•) Ebd.
■0 Vgl, Westenriedel nO: Bibracher; über di» Orschlechl Kindlet i, 89.
»i> Wohl Hn(mri«er der Herwgin Ainalle, wie Roth, Chron H. E. v. Wlldenbcrgs
{= Quellen u Er. N. F. ll) 5. IX, Aitm. 3 mit Hecht annimmt: Vdt Ebrana bayriicbc
Chronik ebd. hrag.
■) Vgl. Westcnrieder )7t; hier: .Zangwcfger-.
») Vgl. Westenrieder 123, 143; Hund, 8air. Stammenbach II, 5S.
Hy Vgl. Wntenrieder 170. «) iCbi. II*.
1
i
Quellen zur Amberger Hochzdl von H74.
Hainrich Ebran^); Hanns von Bodmann'); Wigeles Ahamer^;
Jörg Hohenraitier*); Oßwald Schonpuchler*); Schwarlzenslaincr');
Gabriel Busch"); Hanns Regeldorffer, chammermaisler*); Sebolt
Ricttcr*); Hanns Khlescheiner'*); Leonhart Paumburger"); Sbct
Ottinger"); der Strasser^'); Saudaheller'*); Mengerßreutter'*);
Stettner»«); Littauer^"); Pernaleri'); Stingelhamer"); Talheimer''«);
Fux->); Hanns Haslinger-*).
Augspurgisch adcl:
Hermann von Gotsfelden"^; Ulrich Burckgraff'*); Sixt Guß
vom Gussenberg, marschalk"); Withalm von Lichlenaw"); Hanns
von Landaw-*^; Wendel von Homburg'"); Christoff von Gumppen- foi. "*■
berg'*); Leonhart Marschalckh^O; Götz von Vilbach"); Arbogast
Beraclae^*^); Jörg Augspurger **).
Österreichisch adel:
Hanns von Ahclfingenj") landvogt;^"*) Kaspar von Kaltenthat,
hofmaister;'") Spetkircher von Urach; Ulrich von Rissach;") Conrad
>> Bruder da Hans Ebrui; Roth a. a. O. S. IV; vgl. Wcitcnrlnkr tH, ITl.
Tj Ebd. Mfl- «J Ebd. M*, 1*9.
<> Ebd. 171; hier: .Hohm Rcmcr- (!).
»] Ebd. im; hl«-; ^Osval Schon ptich Iw (!].
i> Ebd. 171. *) Ebd. iJi.
1^ Ebd. iTD; St. Chron. 11, 442; oder lolhr .Owmroenuiiter- hier alt Elgn-
nane anjcerhai «rrdcn? V|;l. d>d. 27S, 284.
IJ S. Ktaig 136. "0 S. Wrstenriedrr I70.
U) Ebd. 110: hiec: .Ptmber^f. "] Ebd. 199. ») Ebd. IH.
") Wohl Swiiwller? S. ebd. «7«.
U) Ebd. 111; hier: Wa2CTiueu)tcr(!>; M. B. XXV, 311.
»f Vgl. WCTteiriedrr IIA. J») Kbd. 170.
T») Vielleicht Pcmaucr?
») Vgl. Wcstcnricdcr Ui. i;3.
») Loreni Thalhclmcr; elid. 160.
") H«ti* hucli*i Verh. d. hUt, V, t. O. Pf, XXV, 13S.
B) Wphl Heinnch (Hdnt), nicht Hatins, Hulinscr. Vgl. M. B. XXII. M7; Wotc»*
rWer M6, t*8.
^ Vgl- St. Chron. II, 490.
*() Pflegrc ni Qän/burE; KAnig HB. «) Ebd.
"I Ebd. i!9; hier: .Nychlenan- (IJ. »7) Ebd. ii9.
■) Text: Hinburg, doppelt geschrieben, dnmal dnrchitrkhni. S. die Sttmntafcl
b KIndl«r II. iirj.
>) Vgl. We£lenHcd«T 1B3. «>) Ebd. ■) Vgl. ebd. IT?: VUbacher.
*) TnC: Blemdir. >Arbo£asl Snublng v. Zleringen (Zifaringen?) getuuint Bcfcn-
la«p(!>-: K&nig 129^.
") Ebd. 122. -) Text. Albofingen.
»•) Vgl. Font. rer. Auiti. 44, S. 44S.
»i Vgl- Mone )90; Quellen u. Er. III, 142.
"> VicIWchl Eriedrich v. Risrhach; Kremer 444.
Archiv nt KnShifgeichicbtjt. VI. 28
J
Spct*); Heinrich Truchseß von Hefingen*); Hanns von Emie-«^
holen'); Hainz Spet; Hainrich von Kaltenthai*); Thoman -^/'on
Endingen"); Leonhart von Ehenheim*); Hanns von KaltcnthaJ '');
Hainrich von Otltingen'*); Ulrich von Hirnheim'); Jörg Notthafft. *^;
Sebastian Spet"); Erhart von Eisenstetten; Wilhalm von WaldecJc **);
Ludwig von Simdtheim"); Phih'ps Eaudt'*); Claß vom Fach
Bilgerim von Reisach der Reisacher'*).
i
Ol. Ob. Wirtembergisch adcl /vonj graff Ulrichs geniahel=r
Conrad vom Stein, hofmaister*"); Wemher Noihafft;'*) hcmr~<=ii-
told vom Stein '"); Neithart von Seinßheim ; Hainrich **) und Hann^ ^')
von Zulnhart; Hanns vom Stain**); Philips von Seldeneckh "^^l
Ulrich von Welwart-*); Adam Schenckh-"); Hanns-*) und Caspa
von Laubenberg*'); Jörg von Zullnhart; Simon HomecJch**).
1
Graff Eberharts von Wirtembergs edelleut:
Ber von Rechberg»"); Wilhalm'O. Veit«) und Jörg") w^^n
Rediberg; Hanns von Bubenhofen, landhofmaister**); Dietr^*^''
t) Vgl. Font. rcr. Aurir. 44, S. 440.
1) Vg\. Wntmrtedcr iBO; Bunlini, Omni. Omn. NoUtia IV. Si.
«) Quellen o. Er. IH. 22».
*) Vielkichl ist sUtt .Heinrich* .Ulrich* v- K- zu lesen; <tgf. Quellen u- Er. III
^ Vgl. Fünlenti. U.-B. Nr 68.
q VgV Walcnricdn- 16» : hier: .Bhenhann* (!).
t) Vgl- Ober du OeKhIecht KindW 11. 119.
^ Vgl. Zdtschrift f. d. OcKh- i Oberrhein» XXII, 364
i) VkL ßucelltii, Ocneal. Qerni- Notilia partis tl psn III, K. S-
«^ Vgl. Verh. d. JiiM- V. f O. I>(. XXV, in.
O) Auf der Land^huter Hochzeit unter dttn Wfirttemb.-Uradncben Gefolge; Ti
rieder (BD.
») Vitl. VcTh, d. hisl. V. I. O. Pf XL, 136
u) Vgl. über du Oesrhiedil Kund, Biir. SUnmenb. bei v. Freyberg,
Schriltcn IM. 679.
") Vgl. Weech 17.
»} S. die Suminttfcl b Kindler I. 26.
'■) -PilK"" »on Hcywch-. Fünlcnb. U.-D. Nr. 444; .der Rducber- wohl
Untenchieil von >Ri1genn RdK^uch zu Slotfeln* (ebd. Nr. 642).
«) Vgl. Oudicn u. Er- III. i*i-
u) Vgl. St. Chron. II, 447. M) Vgl. K6nlg l».
«) Vgl- ebd. 145; WeslenricdeT 180; Monc SI9.
") Vgl. WnlmrittlM 17S; König 145.
■0 Vgl- ebd. 146; Wwtenrieder lifl. ■> Vgl. Weech 11.
«) Vgl FoTil. rcT. Austr. 44. S «0.
■J Ein Konrad Schenk b Mane 508.
M) S. die Slunnittfel b. KJndJer II, 46at. *^ Ebd.
■) Text: LüubcnbeK- ^ Vgl. dx). U, ti4.
») Vgl. Körtlcnb. IJ.-B. Nt 410, 4«9; König 146-
") Vgl- Fflntcnb. U-B Nr. iJ8. ■) Vgl. Mon« SI9.
■9 Vgl. Motte }D8: WcMenricder ISO; KSnig I46.
«) Vgl. StUin »3.
-. ^*
Quellen zur Amberger Hodizdf von 1474.
Spet'); Diepolt vom Stein'); Eberhart von Urbach*); Sigmund von
Weiwart*); Bernhart von Gemingen*); Hanns von Sachssenhaim');
Friderich zu Rein; Jacob von Landaw'); Hanns Schenckh*);
Albrecht von Klingenberg*); Jörg von Blumeneck^"); Ber von
Himhaim"); Caspar Spet^'); Wilhaim von Sperberßeckh").
Edelfrauen und junkfrauen. /rf/V/ mit herzog Ludwtgin foi. i««.
und der praul^*) komen sein:
Die von Bern"); die von Abensperg'*); Frauenbergerin vom
Hag"); die Preisingerin'*); di Toringerin"); Herr Wilhalm Rech-
pergerin-''); di Leimingerin*'); die Holoppin").
junkfrauen:
Penlzenauerir , hofmaisterin; aber ein Pentzenauerin; zwo
Toringerin; herr Wilhalm von Rechpergs tochter-"); ein Laimingerin;
ein Nothafflin; ein Traunerin; ein Parspergin**); ein Plancken-
felserin; ein Schilbaczln-"); ein Weyenstorfferin ; ein Reinsperin**);
der hofmeisterin junkfrau und zwo alt frauen; herr Buerianin")
ist hie, und etlich mer ander junkfrauen mit den*") obgemeUen
frauen.
■I Vgl. Quellen u- Cr. ri, 3S0; Ul. (43.
^ VkI. Westairlnler tS2.
») Vgl. St. Chron. II, ««.
*) Text: Waiden [». unten S «8).
^ Vletlclclit toll es hdOm Crlurt tftberhtrd) v Ocinminecn; fiber diesen Cbertiaid
d. JOne. v£l. Quellen u. Ec. lll, in; Humprechl, Höchste Zierde TeutsdienEuides 29.
•) VkI- Künig t46.
I) Ebd. US; Wntmnedcf tgii.
«) Vgl, Ftwil nr. Ausir. 44, S. JJB.
•) VgE. FQntenb. U.-B. Nr. J4».
»i S die StuamUiel b- Kindler I, lli.
<■] ^:bd. U, 64.
»} VeI. Quellen n. Cf. III, ?2i.
«i Vgl. K&nls 146. 1«) T«Kt : preal.
1^ S. oben S. 426. >«} S. oben S. 4>C
n) Wühl Wulfgutgs Oenuhtiin; %. olnn S. 437.
3») Oemihliti WolfRane»? WcstenriwleT itj, 1T4.
>•) Oemihliin jArgi? Weatcnricdcr ^M. 174.
•J S. oben S. 427; Westenrieder tu.
«]l Oenuhlln Slginuads <s. oben S. 43T>? Veatenrleder ItS, 174.
B) t^Nl. 114, 174. 1^ S. oben S. 4r. w) Tort: Panpcrin. ■) Tod:
Schlbbacdn.
«1 Text: Reliperln. Vgl. St. Chron- II. »44.
^) Dk GriDJitilin Iturians von Üullmstein tst «ohl dimnlrr m vtnlefaen; vgl- *>'*'''
(UeteM b&brnlictieiii Heeifühter BictimBiin 1, :t2, 2S], $69, 614.
^ Text : der.
23-
M. Mb.
M. IS«.
Meiner g(nedigen) fraucn von Osterreich edclfrauen und
junkfrauen:
Orefin von Sanverden '); Jörg von Stauffenbergs fraw;
Spetin*); ein Nothafftin*); eine von Sletlcn; eine von Heffingen*);
dne von Retsadi*); eine von Westeretettcn"); eine von Ramslain;
ein Ramingerin; eine von Uttenheim; eine von Aw; eine vot
Höflingen; funff gurtl melde ^.
Meiner g(nedigen) frauen von Wirtenberg edelfrauen
und junkfrauen:
Margareth von SainShaim, hofmaisterin*); di vom Padi, auch
bofmaisterin; Hainz Zulhart/'-üi?/*); Slgmundt Güssen wittib**);
Hanns von Venningen frau**); herr Wilhalm von Zulhartz frau");
Ulrich von Welwart des jungem frau'"); ire junkfrau; ein
Vetzerin"); ein Homeckin"); ein Burckgraffin *•); ein Raben-
stainerin"); eine von Mcntringen **); ein Jegelfclderin und H
camcT] u nkf rauen.
I
«
Edelfrauen und junkfrauen in Bairn und der Pfaltz:
Herr Hainrich Nolhaffts frau»»), Barbara Notthafftin;
Margareth Nothafftin, junckfrau; Trislram Zengerin"); die Rott-
tauerin, junkfrau; Katherina Zengerin; Joc^ Waldauers frau");
Eberhart von Streitpergs frau--); Hannsen Romstetters frau**);
Eberharten Mistelbecken deß eitern frau-*); Christoff von Parspcrgs
frau**); Hannsen Plancken felsers frau, Anna Planckenfelserin, wH«
tibe; Notthafftin von Krinnenaw, witib; Kothafftin vom Weissenstain;
Jacob Kembnaterin ••); Ursl Pettendorfferin, witib; Christoff
Scharpffenbergerin"); Hanns Schlamerßdorfferin"). — Noch sind
vil mer mit dem von Aystat und Regenspurg und Mcrspurckh
>> S. oben S- *ti. t S- oben 5^ 4M. t S- oba S. 4M. f) S. «ten S- •
^ S. oben S. «M. ^ S. oben S. 4n.
f) Soviel 4ls Kinntertmien. Scbullx a. &. 0. (I. Hatbbd.) S- iTj.
•) S. oben S. ^!^- •) S. oben S. 454.
u> Vgl fiber du OeKbledit iler Oiu*en KIndIcr I. *U.
u> S oben S. 4;5.
u> Über Vilbdm v. Zolnhan vgl Qudlen n. Er. HI, i44: KMg 141.
■^ S, oben S. 4S4- **i S. oben S. 4». ■) S. oben S. 434. M) ^ a|,cB g,
n) Vgl. BAchDunn 1, 81, 96, Ulf., 164.
U> 5.obeiiS. 4». iq Vfl. Vestenricdcr t74. »} S. oben S- 43«. «)Sci
S. 4MI. <^ S. oben S. 4». ■) S oben S. 43». ■) 5^ oben S. 4M.
•^ Ober Christoph r. ranbere vgl. Qudlm n. Er. II, 3».
«> Vgl. oboi S. 419. 1} S. oben S. 4M. •» S. oben S. 4».
Quellm zur Ambergcr Hochzeit vcm 1474.
und Hennenberg und mit dem vom Leuchtenberg und andern
herm sonst vom adel hie gcwest, vil Parspcrger, Paulßdorffer,
Zcnger, Abspcrger, Retvitzer und ander vil, als NothaEften, Secken-
dorffer und andere.
L
Diese nachgeschriben sind im gese1Ien*ge9(ec}l gewesen
am ascherniittwoch:
Bairisch:
Mein Herr herzog Philips'); herzog Chrisloff von Baim');
graff WoIFgang von Schaunberg*); der von Bern*); Wolfgang
Fraunberger'*); grafE Crafft von Hohenlohe*); graff Bernhart foi. ufe.
von Eberstain'); der von Haideckh*); Herr Wilhalm von Mun-
chingen; herr Simon") von Palczhofen^"); Leonhart Kembnater");
Hanns von Tratt"); Hanns Kueparn"); Hanns von Sicking");
Seitz Toringer'*); Schonpuchler"); Schwarlzenstainer*'); Hohen-
rainer»*); Bodmaner"); Ahamer*"); herrMartinvom Wildcnstain");
Ludwig von Eib-); Moraltinger^'); Veit von Schaunberg-*); Paulß
von Bibrach"); Grunstetter; herr Hintschich Pflueg-"), Steiner-^;
herr Heinrich von Kronberg**); Hanns von Baden'").
Sachsisch:
Herzog Albrecht von Sachssen*"); Wilhalm, graff von Hennen-
berg*'); Reuß, herr zu Plauen**); Schenckh Jörg von Tauttenberg");
der von Sternberg"); herr Caspar**), Bernharf"*), Caspar'^ und
Hanns") von Schonberg; herr Hainrich Druchseß**); Hainrich
Starrschedel"); Christoff von Maltitz; Hanns Qruner*'); baide
1) S- oben S. M«. n S. oben 5 3M. •) S. oben S- 42«. *) S. oben S- 434f.
3} S eben S- 437. •> S- oben S- 4!?. ^ S. oben S. *Z9. ■> S. oben S- 434.
•) Tot: SlgraaiKlt. »^ S- oben S. 416. ■■} S. oben S. 419, U) S. »bcn S. 413.
«i> S. oben S. 429. ") S. oben S. 410. «^ S. oben S. 4«. «^ S. oben S. 4».
t7) S- oben S. 433. <») S. oben S. 4?!t. U) Te«; BwUmer. S. oben S. 4>3.
«) S. oben S. 433. n) S- oben S. 423. tt) S- oben S. 433.
•> Hbiu MoroltingcT. Weslcnrieder 113.
«•] S- oben S. *n. "f S. aben S 43!. ») S- oben 5. 425.
■> Vielleicht soll es helflen: Hinhschich Pfloeff RabcnrtHner (». oben S. 42S>; oder
•oUdunitderAugiburKltchcHofmeiner llAnniv. Stein (t.obenS.43S) gemeint tdn? Kauml
«> Vielteichl Ulrich von Kronberg. S. die Ocschlechtsurri z. ). Abschnitt bei
». OmptecU, Die v- Kronbeig (IBM); vul. Quellen u. Kt. II, 37, Amn. 1.
") S. die StainmtaFeL h. Kindler 1, 29.
»> S. oben S 396- ") S. oben S. 424. «) S. oben S. 424. ") S. oben S. 4«.
»«) S. oben S. *!4 ») S. oben S n:. i^ S. oben S. 431.
"} Wohl der ipäleTc üduiscb« UntermafKhall; i. v. Utns^n, Albrechl d. Be-
herzte 558; frJiutadt, Oesch- d, Oesdilechts v. SchJSnberg I A, ZU.
«) S. oben S. 431. ^ 5. obenS. 4S7. «) S. oben S. 43i. «) S. oben S. 432.
4JS ^■■■»■^iaii BadnKT.
M. US. Eiteunßdorff'); Oiiis vom Drat*); Eriuit Wedunaicr; Hanns
Tnicbscß'); Wühadm von Wolfbtuo«); Georg Marsduli^*);
jhan von Linß; Götz vom Endf^
Wirtcrobcrgisch:
Graff Hanns von Suncnbag^; berr ^loff von Riethaim*);
Fridericfa von Rhein«); Vdt^^ Ber") von Rediberg; Sigmund
von Wetwart>*); Bcrtfaolt vom Stein"); Philips Wetzl; Jacob von
Landaw"); Wilhalm von Recfabcfg»)L
I) Ted: Art»— ItJcf. S. obea S. 431. >) S- obca S- «31-
*) VieOckM idestiKJi ait dca m da Qmdkm m- Et- III, lU gtaammtea.
*i Wie o Kkäat. tnl er öxmA » da i«lTi<e*w Otent Iber (*- aidBle AnaO-
t WaU idotiKk ait dm bd Kfinic 119 mer dm «fchihchw Oefolc gCMUiiteB
OolianlÖ) Handtelk; vie der ebca pamte Wnhdm r. Wolfatcm md bimcIi andenr
«fcfcHKhe Adetice fv^. BciK 6bm S. 413, Abb. it zHiole **'fc™**-x> tchc^ er in
pairHrhfn Dient fetnlai n na, ■■ ■■![>* -^ bcfcfct an 147S acbea WUhelB v. Wolf-
«ia jarc Hanckilk ia katpiOziKln OcMcc (b. Wukaikdu 174).
■) S. oba & 431. ■) S. ob« S. 425. •) Text: Rcdmar S. obea S~ 4ZS.
^ S. obea S- 43S. ■) S. oba S- 434. n) S obea & 434. ^ Tat: Wcdvsit.
^ S- obea S- 434. M) S. oba S. 435. J*} S- obea S- 43«.
Reisetagebuch eines Dresdners
vom Jahre 1691.
Mitgeteilt von CONRAD ROOER.
In den von dem vormaligen Reichsgerichtsrat Conrad Robert
Rüger (t IS99) mit großer Sorgfalt gesammelten und bearbeiteten
.^Nachrichten über die Familie Rüger", einer bis in die Refor-
mation&zeU zurückreichenden ramitienchronik, die 1 899 ausschließ*
lieh für Familienangehörige als Handschrift gedruckt worden ist,
findet sich auf S. 35-50 ein Reisetagebuch eines Dresdners,
desRentkammerverwandten^), späteren Geheimen Kammerschreibers
Conrad Rüger über eine von ihm im Sommer 1691 ausgeführte
Reise von Dresden an den Rhein und zurück. Da der Inhalt
dieses Reisetagebuchs besonders in kulturgeschiditlicher Beziehung
auch für weitere Kreise von Interesse sein dürfte, so sei dasselbe
hier, mit einigen Frläuterungen versehen, zugänglich gemacht
Der Verfasser des Tagebuchs, Conrad Rüger =), war geboren
1667 zu Altenburg als Sohn des dortigen Buchdruckers Georg
Conrad Roger. Er besuchte die Lateinschule zu Altenburg, bezog
dann die Universität Leipzig, um die Rechte zu studieren, und
erwarb sich hier außer dem Titel irjuris utriusque consultus" ein
am 17. Mai \690 ausgestelltes Notarialsdiplom. Im Jahre 1691
kam er nach Dresden und fand hier, wie es scheint, zunächst
probeweise Anstellung bei der kursachsisclien Rentkammer*).
>> d. i. tili bd der kuraldisitcbdi Scntkimiiner Venrcndeter. IMaelbc befind s!di
nebst der Rtnirrei im SdilDU« zu Drnden. Über ihre OrsinisiÜoii vgl. Weck, die Hdupl-
(einng Dresden l&BO, S. 51.
») Vgl rum (olEciiden Nw'hrkhtcn Gbcr die Familie R. 5. i2f.
■> Die eigentliche ^nsleltung crfolglc erst auf der Reife. Die AnMclIungnirlninde.
•dcrCunmcT-Pflicht-Scbdn', Itt sui|;efertTgi im Hauptquartier n Seckenhdm in Baden am
K. Juli 1691. Danach erbicll Rügrr ah Rcnlkamtnervervindter .biß aulf Witdenbsiellen'
)fl.4£r.6pt. monatlich, &o«iedic Kost am Kaiuleiliwhe. Nachrkhienulierdie FamltleR. S. lt.
4
4i
Der damalige Kurfürst Johann Georg III. hatte sich, wie-
wohl er sich für seine bei der Befreiung Wiens 16S3 geleistete
tatkräftige Hilfe vom Wiener Hofe nicht gebührend belohnt sah,
dennoch während der Jahre 1 688 — 1 690 persönlich an dem
pfälzischen Kriege gegen Ludwig XIV. beteiligt und im Verein
mit der Reichsarmee der Verwüstung der Pfalz und der an-
grenzenden Länder, wie sie auf Anraten des französischen Kriegs-
ministers Louvois seit 1688 in der rücksichtslosesten Weise be-
trieben wurde, nach Kräften zu steuern gesucht'). Das Verhältnis
zum Wiener Hufe war auch in dieser Zeit nicht gut. hauptsächlidi
wegen der Winterquartiere in Franken und Schwaben, die die
kaiserlichen Truppen für sich in Anspruch nahmen, so daß die
Sachsen im Herbst 1639 und i690 jedesmal in die Heimat zu-
rückkehren mußten*). Gleichwohl folgte der Kurfürst einer im
Frühjahr »691 erneut an ihn ergangenen Aufforderung des Kaisers
Leopold und schloß mit ihm am 30. März t69i zu Torgau
einen Vertrag ab, wonach er sich gegen Zahlung von 300 000 Thir.
Subsidien und Gewährung von Winterquartieren im Mai mit
I200D Mann auf dem Rendezvous bei Heilbronn zu sein ver-
pflichtete. Die Führung erhielt zunächst, da der Kurfürst kränklich
war und im Frühjahr wie alljährlich eine Badekur in Teptitz
gebrauchte, der Fddmarschall von Schöning*), doch übernahm
Johann Georg ili. später persönlich, trotzdem ihm die Ärzte
dringend davon abrieten, das ihm vom Kaiser für den ganzen
Feldzug am Rhein übertragene Oberkommando auch über die
Reichs- und kaiserliche Armee. Die sächsischen Truppen trafen
am 13. Juni bei Heilbronn ein, überschritten den Neckar und
vereinigten sich Ende Juni mit den kaiserlichen, die unter dem
Oberbefehl des Grafen Caprara standen, bei Schwetzingen. Die
französische Armee befehligle der Marschall de Lorges. Bald
1) Mltcrr.piilhe, Ocschlchle des Kuntutes und KAnlsrdchi Sachten II, itT4.
S. 3}3f.: Schuster D Fnuicke, Onchlchte der SicbiiKben Armee I, uss.S. usf.; Erdnunaf-
dflrffer, DeatichcOctchichle (16«S- 1740) II. 1BQ3, S. 3f.; The^tium CuropAnitn X1V(1T03).
■) Vgt, hietöbcT beaanders fesia. Die »ntierlen Stortle (l«3i i69;). iftSfi. S. 9SI
■) t>ie«ef wir gerade djimils, am 9. April MOi, ans brin den burgl sehen tn siduisdir
Eiiniite QbcrKerreteii , vlhrcnd umgriieliri der bLihecige tÄchiitcbe rddoundiaU vtm
Flcmminc in brandenburgiscbe Diemte lunkktraL Sctiäoing, Moms Attoin von ScMnii^
l.eb«i und Krienstaten tSlT. S. 33).
indes entstanden Streitigkeiten zwischen Schöning und Caprara,
die jede tatkräftige Kriegführung vereitelten und die zu beseitigen
der kränkliche Kurfürst sich außer stände sah'). So verlief der
Pcldzug ziemlich ergebnislos. Der einzige Erfolg von Bedeutung
war der Anfang Juli angesichts des Feindes ausgeführte Über-
gang auf das linke Rheinufer bei Schaarhof in Baden. Da jedoch
auch die Franzosen den Rhein überschritten und nach Württem-
berg einzufallen drohten, so sahen sich die Verbündeten bald wieder
genötigt, auf das rechte Rheinufer in ihre früheren Stellungen
zurückzugehen. Nun brachen Seuchen aus, ein großer Teil des
Heeres erkrankte; auch der Kurfürst wurde vom Fieber ergriffen
und starb zu Tübingen am 12. September (691. Seine Leiche
wurde von hier nach Sachsen überführt und am 1 1. Dezember
im Dome zu Freiberg beigesetzt
Dies sind die Ereignisse, die das vorliegende Reisetagebuch
eingehender behandelt Danach ist der Verfasser desselben, da-
mals 23 Jahre alt, am 7. Mai 169« mit dem Kammerschreiber
Leißring von Dresden abgereist, am 1 9. Juni bei Heidelberg zum
Hauptquartier gestoßen und bei ihm bis zum t9. Juli verblieben.
Er berichtet also über die in diese Zeit fallenden kriegerischen
und sonstigen Ereignisse als Augenzeuge. Am genannten Tage
ist er erkrankt und hat 6 Wochen zu Heitbronn im Lazarett ge-
legen. Daher fehlen für diese Zeit die Tagebuchaufzeichnungen.
Sie beginnen erst wieder am 20. September, wo Rüger den
Auftrag erhalten hat, sich nach Tübingen zu begeben, um von
da die kurfürstliche Leiche mit in die Heimat zu geleiten. Am
25. Oktober 169t, nach mehr als fünfmonatiger Abwesenheit, ist
er wieder in Dresden eingetroffen.
Das Tagebuch, ein Oktavheft von 64 Seilen, ist betitelt:
Diarium Itinerarium ] conscriptum anno | 1691 | inciptt i ü'ih
6. Maj l a I Conrado Rügero [ Alten burgens. Misn. Auf einem
Umschlage, der ein Verzeichnis einiger wichtigere Ereignisse im
I) Ol« M!flhdH£keilen «reicfalcn schlidilich einen volch«n Ond. daß Capnn, Abef-
dia knnk, In Wien um seine Abbemfiin£ bat und dtewlbc auch erbielt. Klopp, Fall dn
H«u»« Stuart V. 187T, S. 39?. v.Anirth, Prirw liugen von Savoyen l, 18S8, S. 71. Sdtfliüng
wurde. wtH man Ihn Rchdincr Intrigiien ftirgert dm Wiener Hof bnchiild litte. Im nftditten
Jahre In Tepliiz verhiftei und bii Mi* aul dem Splclbcrgc bd Gr£nn getuiccn ccbaHen.
Vgl. hierüber Heibig, Neue« Archiv f. Odii. Ondi. XI, 3S3f.; Fetkr S. mj, i*6f.
442 Conrad Rüger.
Leben des Verfassers betreffender Papiere enüiält. wird es m
den Worten erwähnt: »6. Meine aufgezeichnete Reiße von Dreßdc
in Campagne anno 1 69 1 den 6. May." Der WorUaut ist folgende
Mit Gott d. 7. Maj 1691 als
Donnerstags aus Dreßden
s. i. ^^is Freyberg;
4 Meilen
bEBFreybfrg. j g g^^^^ geruhct. Ist eine weitläufige und irreguläre, m
vielen wQsten Häusern, zerrißenen doppelten Mauren und hal
Waßer und halb schlammichten Graben, tedoch noch feinem Rath*
Hause'), 5 Kirchen, nemlich: Thum, Pelers, Thomas, Frauen ua
Kloster Kirche*), da der Thuin das Churfürst). Begräbniß hat uni
2 Canlzeln neben einander, die einen Becher gleichet, hat ei
Lebrjunge gemacht, welchem der Meister nachmahls die Auge
ausgestochen halt, dafür ihmc naehgehents die rechte Hand at
gehauen worden'), auch 5 Thoren, Creutz, Edrischen, Thoma:
Petrischen und Meißnischen Thore*), mit wohlsclimeckenden doc
i) VielCach trifft der Reisend« noch uii die Spuren de« sajührigcn Kriegn. in de
bekanntlich luch Freiberg schwer zu Iddrn hitte. Das HXlut» am Obctmarlrt vardc jede
Itlh im AnUns des i!. jh. erbiut untl H70 erneuert, Möller, TheÄnim Freiberfreii'
chTotiicum [, 1653, S 13J; KrtniKh, Wandeninjm durch die Stidt Prelbcrg im Mlltelihe
Neue« Archiv I. uchs. Ocsch. XII, 13S.
>) Die Aufühlurii: ist ungenau. V)et •.Thatn- (mliil. luom ^ Don) IM dxsselbe v
die Fraocnkirchc, EincThomaskircfcc hat es fn Frcibcrg nicht grgebeii Vielleicht Itt dun
die alte DoMtiWrche fiemeint, wie e» jedenfatl* »citcr umcn bei Aufühlung der Tore i\
Thooiutor Donalstor heißen muß. Nur hat riich MÖIkr I, iis die DoiuliJiirdte scbnn j
»einer Zeil nicht melu rxlsJlerl. Onlerder ECloitnkirche iit jnienfills die 1890 sbgelnfei
alte ]akobikirche ni verstriim, die dem vonnaÜKm Maria Magdalcnen- Kloster inkorixirit
var. Nicht eeninnt lind unter rrclbeTt[s3lteren Kirchen die NIcoUlkIrche und die Ho«piti
kirche St^Johannis. Vgl. liber die KircbcnFrcibcrgs Neue tichs. KIrcheii£alerie(ffeiba£)i90
') In d» im Chore dr% fliiines enthalleiien l-ürMen^nifl Kind die ücliMwhrti FOrvl«
von Heinrich dem Frommen ft '**') l*'* Johnrn Oeoru IV, (f 1W<) tx-ifcsetit Von dl
t>cidcn Kanicin iit die eine die nicht melir benutzte Tulpen- oder TeuteUkaruel, auf di
es der Sage nach keinen J'rcdiger leidet Die an ihr angetiracliten Oestallen eines Uitijp
Manne« und ein« Juni[lings, der die Treppe aul seinem Rückni tri^;!, deulH man aU dt
Meitler, der dtc Kanzel rrhaut, und den Oewllcn, der Ihm dabei gelifillen hat. Die friln
abhanden gelcoiTRicnc rechte Haitd des Mciticrs Itt 1B6S von dem Didhaucr Müller cTEin
Verden Vielleicht hat dos Fehlen der Hindi /u der oben enrihnten Sa^e. die lieh übrige
in ähnlicher Oettall auch »onvl vielladi findet, den Anlal) tEegeben. Möller ervlhnl dii
selbe bei Beschreibung der Kanzel (I, SS} nodi nicht. Die andere Kanzel lielJ der ROrgc
nteiftler Schi'inlel>er I6IS erbauen. Hau- und Komidenkmiler des Kcr. Sachrcn III, X
Oerlach, Kleine Chronik von Fteibcfg 1897, S, 53
*i .EdriKhea* Tor !»| verschrieben für .Erbtsches* Tor, nach dem südlich vt
Freiberg felcKeneD Erbisdorf beiunnl. Vun den allen Torlflimen sieht jctil nnr noch (b
Donatstuma. Ennisch, a. a. O. S. n.
ReiseUgebuch eines Dresdners vom Jahre 1691.
kalt nalurten Biere begabte Stadt. Das Bierzeichen ist ein Trichter
auf einem erhabenen ausgeschnitzlen Holtze stehendt ').
Logirt bcy dem Creyß Cassirer ').
Den 9. M. durch Edern, welches der halbe W^ von Frey-
berg biß Cemnitz, und ein lumpicht mit vielen Tuchmacbern besezles
Städgen ist"), hatt einen geschickten sc. Baibier, der einem Bürger
ein gut Bauer{?) Haar schneiden kann, auch seine Kunst an mir,
welches ich ihm nicht dancke, bewiesen halt, nacher Cemnitz.
Welches regulärer und beßere Häuser als Freyberg hat, doch auch
noch vom Kriege her viel eingefallene*). Kirche, Rathauß und
Weinkeller stehen beysammen auf dem Marckte"), zwey Kirchen
sind noch vor denen Thorcn, hatt 4 Thore, dasjohannis, Kloster,
Nickels und Cemnilzer Thor"), hatt auch gedoppelte Mauren, nicht
gar wtchlige, der graben ist auch nur halb Waßer halb Schlamm.
Feine Berg Keller vor dem Thor. Drey Kegel auf einem Creutz
bedeut Bier. Logirt bei einem Bargen thänd 1er u. Tuchmacher
Crusio auf dem Marckte. Lichtenstein') ist Schöm burgisches
Qebieths, liegt 3 Meilen von Cemnitz und eine Meile von Zwickau,
ist ein gar fein Städgen, mit 2 Thoren, wie Edern, doch an ge-
bäudten beßer. Zwickau von Altenburg 4 Meilen, wie auch
1) wKili Rihirt*. d. f. von katkr Brschartnihrtt, vom vcrillrttn V«Tbum .natiirm*;
Orimm, Deatteh« WÖrtcrbueh Vit. <4Sf. D« Bicnridicn und die Beicbaflenhdt d« Bier«
I^ibt der Rcittndc bei den von ihm bcrührttn Orten fi&( rcgclmißis an. Dt« Draunahrung
sptcllc datnaU <m £r«erb«tfbicn eine grolle Rolte. V^L Stelnhaut«ii, Ocschichle der dcul-
(Chen KuUur i904, S. 390. Aurb auf dem Hau^r ttn Kllrtn Kügers in Altenhuri; mhlr die
Brauecrechtfelcetl und bildclc, wie e» schcini. einen erbchUchcn Teil ihrer Einnahme- Nadi-
rlchtcn über die Familie H. 5. 1''.
«) Die Naehlquaniete »ind gTÖfllcnldii iu( dm vier letctcn Seilen des Taccbudhs
nacticinandeT angezeben, «erden aber hier des beuvren ZuHinimenbanfs wegen Kleich bei
den einzelnen Ortwhaften etngefÜK«. Nur an wenig Orten [Nürnberg. Bniclc, Heidelbent,
DinkclibOhl) hat der Rdwndc In Qaslholcii iibemachlrt. sonst ist ^rr rrelst, wwdi er nicht
Im FrctcD lümpicrt bat, bei Schullehrcm, SchulthciSen, Börgenncitieni. Oemeindcbcimlen,
Kanneulen, HandverUm, Witwen uiw. ^ebtiebai, jedcnlalli weil gute Qoathöfc. namentlich
in klctoerai Orlm, noch recht selten waren, Sleinhauten S. i9t.
1 ■Cdem- Uten Form für Ödcran. Die Zahl der Tuch- und Zeiigweber betms
im Jahre i697 noch 161; doch war die Stadt im Kriege «ehr surtclteeguigen. Schumann.
Lexikon von Sachsen VII, 741
<) Auch Chemnitz wurde im IDjUirisen Ktvege vitderholt sdiwvr heltnEesnchl.
Noch 16<6 standet von 44! Hintern der inneren Stadt nur TS. vnA von Sii der VorstUte
varen Ui wQite Branditlttcn. Z61lneT. Oeschiditc der Stadt Chcinniu iB6a. S. .101 f.
*) Die Kirche am Markte i«t die JaVobilcirchc, nach der der Markt auch Jakobl-
nutkl htefl. Dicht neben ihr stand das alle Rathaus, 1496-KlSV erbaut, von dem sichtbare
Teile nicht mehr värhandm ^ind. Bau- n Ktinstdenkmälei des Kt;r. Sachsen VII, 26, 31.
•) Die beiden Kirchen vor den Toren sind d\c Nicolaikirrhc, t»9S neu erbaut, and
die Johanniskirche. Bau- und Kunitdenkniälcrdes Kct. Sachsen Vll. 3J(. Über dk 4 alten,
nach den Himmetsrich tunken gelichteten Tute vgl. Zöllner S. i*.
') Lichtni«lein, äladi in der Kreisha upimann sc hafi Zwickau, gdlÖfl tu doi Mge-
aannlm Schön burKischcn RezrfUinnchaflen. BAHBCi'flathe II, 43a.
S. 4.
4 Meilen
bilt Cemnit?,
allda den 10.
gemhct.
I
S. s.
d. «2. 1J. 14.
hier venogeo,
wte aoch I5.
von Gerau, ist eine feine und noch ziemlich feste Stadt, hatt ^^
der Stadl 2 feine Kirchen, die große und die kleine, ein wof"»**
gchauetes Rath Hauß, die Moritz Kirche ist vor der Stadt *^)'
2 Pforten und 4 Thore, das Trenck, Nieder, Frauen und Ober Thc^ *"•
liatt gedoppelte Mauern mit vielen Rundclen^ einen feinen grabe «^'
davon die Bürger sagen: der graben ist gemeine, die Fische ^
freßen die Raths Herren aJleine, vor den Trenck Thore flei^^^
s. 0. die Moldau, hat sehr wenig Fische, daran sind viel M&hle^4H
Pappier-j Schleif- Mahl- und Waickmühlen. Den 8. dieses ha- "■■
das Wetter in das Trenck -Thor geschlagen') und 2 ruchlo^^^
Soldaten beschädiget, der Schlag ist von vielen verständigen ac^-'
iniriret worden. Der gottes Acker vor den Frauen Thor ha ^*
keine Mauer, ist sonst schön angeleget"). Den t3. hij. kam Ih^^-
Churfürstl. Durchl. von Teplitz aus dem Bade um 9 Uhr früh-^*
in Zwickau an. Nachmittage um 5 Uhr kam Ihr. Chrfürst^^-
Durchlaucht von Brandenburg auch hier an, wartete ohngefeh^"^
eine Stundl und alsdann wieder fort nacher Stolberg, allda zl — ^
pernociiren. Folgenden Tag kamen beyde Durchl. Printze*) ■^■
s. ? Den 15. hij. bekäme ich ohngefehr des seel. Rector Daumen^^
Bibliothec zu sehen'), gleich da H. M. Green, Chi. Durchl. Hof^ — -"
prediger*), hineingeführt wurde, da waren unzehlige Bücher zwarjlT^j
wie auch rare, iedennoch mancher Edition wohl Sechs oder mchi:::^^^^
■) Die grofle KIrcbe lit die Marlenkirche, auch oben oder Fnii«nktrdic gentnnt^^^
die kleine ist «lip KalhanneiikiiThe, auch fiieUcrr Kcnannt. Die Morftriiirrhc. i675--i68i^^^
erriehfrt. wurde 1894 abgdragen und durch einen Neubau an anderer Stelle ersetzL D«^^**
Rathaus am Haupimirict tlxmmt aus dem Ende des 16. Jahrti. Nene tächt. KfrctacnKikrltf^^^
(Zwickau) 1902, S. 71, 107. 117; Bau- und Kunstdenkmller de« Kgr. Sachten XU, 80, 134. I34_— -
>) Du Trenck- oder Trinktor hat letnen Namen jedenfall» von der Viditriakc.
Ober die ehemalige Betestisung Zwickaus v^l- D^u- und KHnitdenkmätcr des Kj>r.
Sachie« Xtl, 78 f.
■) Der eintt zur MoHtzkIrche lehOrlce OotlesidieT ist »dt II94 sikularlileit
<] Die natbmalieen Kutifinlen Johann Uenrg )V. und Friedrid) Augiul I. d. Stuke.
Knrfßnt von Brnndeiiburs war damals Friedrich 111., ah Kfinig Fricdriefa I,; er bcrühne
Zwickau auf der Heise nach Karlsbad. Unrichtig ist es, wenn es bei Schuster and Prucke I,
119 bclDt. der Kurtätst von S^scn halle Dresden an S. Mai zugleich mit Mtoea Sfiban
veilai.«en. Audi nach dem l'hcatruni üuropaeun; XIV, 99 langten diiM enri elnea Tag
nach Ifareni Vater, der dircM von Teptitz kam, in Zwickau an.
!>] Christian Daum, berühmter Rektor v<)b Zwickau <t6i:-IMT). Sdnc rekUtalHge
BlUfoHlck von TMO Hämlen wurde vnm Zvickatier Stadtrat angekauft und der Kstadial-
blbllotheV ßberwicsen. Hcrtog. Ocschlchic des Zwiekauer Gymnasium» I849. S. M. 80.
"> Oeorg Oteeii, ^eh. ttlt ta Tremitbütlel in tiulslein, wurde I6S1 HoTprrdlgV
Johann Ocorffs III,, den er auf seinen Reisen und Fclditigen bc^äpdig begldtdc ZÜi
OberhoEpredlger besldll, starb er noch vor Antritt der neuen Stdlune im FcldUgcr am RbelB
am 33. Auffust 1691. J6cber, Odehneniraikon II (1750), S. U5i.
m
n
Retsetagebuch eines Dresdners vom Jahre 1691.
Das ^^^H
r Steuer- ^^^H
mahl. Schöne Berg-Keller giebts auch allhier in Zwickau.
Bier Zeichen sind drey Kegel auf einen hohen Stock.
Logirt bei einer Wittib in der Burggaßen, bey der
einnehmerin Färberin.
Durch Längefeld, welches der halbe Weg ist, heist ein d. i« mij
Städgen, hat aber keine Thore, sondern schöne Stadtmauern aus "^mo""
Wcidcnen Stecken zusammengemauret, nach Plauen, welches d 17 hj. g
eine bergigte, mit einer feinen Kirchen, schönen gebaute[n], hüt>- "J^^J^*
sehen RathHauße, schönen auf einen Berg liegenlen Schloße, F«»tm vo
ZclUei).
und auf dem Marckte noch ziemlichen, in andern gaßen aber
etzlichen zerrütteten Häusern beseeligte Stadt ist Hatt 5 Thor; s. i.
das Brücken, Hammer, Sirauer, Neudorffer und Straßberger Thor;
einem Orts gedoppelle, andern aber nur einfache Mauren u.
keinen Graben'). Beyweg fließt die Elster, durch aber ein
VVäßergen, die Siran genant, ergeusl sich manchmahl so, daß es
auch Häuser mit wegreißet. Nichts hatt mir da so wohl gefallen,
als der Archidiaconus Hr. M. Christian FeisteP), gebürtig von
Zwickau, hatt in Leipzig studieret. Weicher nicht bloß Iheo-
rethisch, wie viele, sondern recht practica predigt, darauf tringt
«nd von seinen Audrtorio haben will, hatt die Methode, wie Hr.
Ö. Spener*), nicht nur in Predigten, sondern auch in examinibus
^tr\ publicis qm privatis, correspondiret öffters mit ihn, habe bey
'hni etzliche Brieffe gezeiget bekommen, verfolgen ihn eben also,
^e Hrn D. Spener. Plauen, ql. non planum, vel et dictt(u)r ab
'} Die Ntbenlinic Sachsen - Zeit* mUUnd ifiSJ durch, dat Trstansrnt dr^ Kurfürsten
J**h«nn Oeorg [. N«ch don AuMtcrbcn det Linie ilit fiel das FGninituni Sadi«er>-Zdti,
**• dem Mich «kr vogrUindlschc Kreis gcliörtc. in die Ktirlande mrtlclt, Bötlgrr-FlJitlie II.
**9f. Lingefcld, jetzt LniKentdd im Vostluidc, lUmUnlerschicdcvon Lcngcteld im Eragebirse.
I] Die Kirche Ut die Johann! skirdic, ebenso vie das Rathaus nicli einem eroßeii
^•^nde von ISIS, neu «baut. [>« Schloll, im Volltimniide HndKhln. iX. i. Beri;lnlr, gr-
*'*'ini, »ir ein« Sin der Vögle von Wridi, der rtiemaligen Herren vun Ptaum, und vutde
*67o-i674 vom Herzog MoriK von Sachsen-Zdtt gunz neu auilgebiut. jctit lit e» Sitz
'**«• KeI. Uutd»bchörden. .bes«lip" = gesegnet, begabt Orimra 1. 16IJ. Vor der (rflheren
^«Iritigung der Stadt »ind nur noch güinge Teile vorhanden. Fiedler, Bcitrlge iiir Oe-
**:hiehte der Stadt Plaoen 1S76, S. i, 13f.: Bsd- und Kunst denhmlLer det K^. Saditen
^I. !0f.. 6«.
■> Christian Feustel, geb. I&56 in Zvicicau, war idl 1&SS Sladlprcdlgcr in Plauen.
"•■nn Superialendent In Wdda und zuletzt in Orimnu, wo er 1TI* (tarb. Kreyflig, Aibum
*er «r.^th. Odstli^hen im Kfir. Sachien 1898, S. 4M.
*) Philipp larob Spener, der bekannte Stifter de« PfHIamus, wtf 1U6-IMI Obcr-
'wfpndiger In Dresden. XPegen »rines Freimutes, mit dem er die IjBwUüehifrit de» Hofes
"l^d det Volkes ladeile, wurde er vielfach anc'felndel. Beim Kurfßrstcn Johann Qeorg MI.
BUK* Briefes wrcm in Ungnade gefallen, wurde er auf Aiitcftung des ticluiichen Hof« tHl
^"m Drcadm nach Berlin benilen. Bianckmeisler, S&clisisehe Klrchcngcschlchte 19061, s. jm_
I
Auen, adjedo PI, maßen es dabey viel Berge u. Auen gibt'). _ ^
Zwei Stunden von Plauen, liegt eine Stadt, Elßnitz genant, allwo <z»
s. 9. ein Kind mit einer großen Fontatige') und Pferdefüße, am m~~k-
anderen Fuße mit einem Modeschuhe gebühren worden. Das^zui
Bier Zeichen siehet aus, als wenn 2 Teller untereinander ge — ^
henket wären, und an einer Stangen zum Hause heraus. LogirlB — "M
bei einem Tuchmacher Nahmens Jehring in der Herren Gaßen_ .m~i
d. 18. Maj bis Hoff. 3 Meilen. Ist eine zum Virtel ab — ^
gebrande und auf einem Bergl liegende Stadt '). Matt vier»^ ^
Kirchen, die S. Lorentz, S. Michaelis, Kloster und Hospitalkirche ^J*
dazu Sechs Priester*). Allda ist auch ein feines Rath Hauß uncfc:^ i
noch ziemliche privalgebäute, hatt gutes, jedoch hitziges Bier — ^ß
ein grünes Reiß bedeutet das Bier, hatt eine sehr schlechte Mauer — ^ö
darauf viel gcbäude gesetzet, von Sloß-Pfördgen bis obern ThoÄr^
s. ip. ist die Mauer gedoppelt, das Schloß hat ein schlechtes Ansehen .*^
und dienet nicht viel. Hatt 2, das Ober und Unter Thor uniE:^
3 PfÖrdgen. Die Saale fleust vorbey"). Dieser Ort ist denr"*^
Markgrafen von Bayreuth*). Logtrt bei Adam Pohlands Kirschner^
Wittib ohnweit einer Kirche. Der Hr. Cammerschr. bey einenr^^
Kaufmann.
d. t9. bis Münchberg. 2 Meilen. Ist ein bergigt garstif
Nest, hatt 2 Thore, das obere und untere, eine Kirche, 3 Pfarre pp.^ —
heißet allsOj weil es vormahls gantz katholisch gewesen, führet*"^
>> Naive ElymoloE'c; H ^oll vvtil Abkürzurg van plurimi sein. Der Name Pia
iit jcdenfkUs slivischen Ursprunip tind bedeutet so viel »ic .Ploflort". Hey. Die ütvi
Siedclungen in Sachicn itV3, S. 3;?.
t> Prauenkopfputz. Per Name tührt her van der Herzn^etn von FonUngC» (IWI - 1681^, -^ \
einer Miticssc Ludvigs XtV., die itirrn auf der Jajrd vom Wind Kel&tlm Kopfpatz mt
einer Ober die Stirn hängenden Baiid»dilc1(e wieder befestlsl haben soil, w» dann M
vard. Ut itausse, Qrand dictionnalrc unirerscl Vtll, 578.
') Hol halle in den Hutoi teil kriegt) i und im 30 jähriger Kriege schwer zu leiden
{[eliabi; ludi IfiW, bevor tinjcr Keif«nder hin kaoi, wütete ein gioBer Brand. Bavaria,
Lande*- und Vollnlrunde dci Kjp. Bayern IM, i, S. SS9f. ; Qöbt, Oeogr. -histot. Handbndi
von Daycrii 1H9«. II. is;.
*) Die Kirchen &ind jetzt noch vorhanden, nur dient die Kloitcr- oder Dreitaltislaelti''
kifclie Kit Anlan2 dct 19. J all r hundert« profareii Zwecken. Tillnuno, Die Stadt Hof 1SU,
S. I3l, ; Meyer, Quellen mr Ocschichte von Hof MO*. S. X,
■) An Stelle (In IS23 Ust gnm nieder Kebruinlen alln Ralhaute« «cht jetlt ein
Neubau. Das Schloß •Rcpiiuhof", ehemals Sitz des Rcichtvogtci, der AiUfaniEtpiuikl der
Stadl, in seit einem Blande von \7*j versclivunden : auch von iler alten SudUnancf mit
Ihren I äntico und Toren sind nur noch geringe Reste voihanden, so die MichaellapfOfle.
Die beiden anderen Pforten hirKcn das Mflhl- und Badtürleln. Tillmann. S. 9-to.
■) Uanials Chrl»tiui Eins.t 1fiSS 1713. Die Burggrafen von Nfiraferg kauften Hot
isn von den V6gtcn von Wctd»: ISIO icam es ir Bayern. OöB II, US.
Rdsetagcbuch eines Dresdners vom Jahr» 1691.
einen Mönch in Stadt Wapen ober dem Thor^). Bir war gut,
grünes Reiß bedeutet es. logirt in der unteren Vorstadt bey
Neudeckers eines Schneiders Wittib, der Hr. Cammerschr. bei
einem Ziramennann. Zwischen diesen und folgenden liegt ein
Städgen nahmenll. Gefräß'), halt 2 Thor.
d. 20. Maj bis Bereneck 2 Meilen, den 21. hier geruhet.
Von rechts wegen solte es geschrieben werden BärenHeck, weil
es eben den Nahmen bekommen davon, daß zuvor, ehe die
Stadt an diesen Ort gebauet (hatt gestanden zuvor hinter dem
'ezten Schloße nach Mönchberg zu) die Bären allda gehecket, s. it.
derer es biß dato noch giebet um selbige Gegend'). Lieget
Zwischen großen hohen Bergen, hatt 2 Thore, schlechte Häuser,
■^och eine feine Kirche und sehr aEbers Rath Hauß*), was muß
an denen Hn. des Raths seyn? der bürgermeister heißt Philipp
'^Gger, sein Vater, Großvater und Anherr haben allda gewohnet
"^d sind auch da begraben worden, gehören allso mir gar nichts
^^rn Geschlecht nach an"). Zwey alte von den NQrnbergem
^*Jinierte schlößer nebst einer Cappellen giebl es da, iedes stehet
^Uf einem hohen Berge, doch eines höher als das andere, und
'^ ohngefehr 90 biß 100 Schritt von den lezten Sloß, biß zur
^-^ppellen, von der auch so viel biß zum andern Schloß welches
^^s nechsle an der Stadt ist. Föhren einen Bähren im Stadt
Wapen, ist der Thate wegen ein lustig Ort"). Dieses letztere
"Soll noch im Heydenthum erbauet worden seyn, hatt einen hohen s. u.
I) Mflnchberg, Bnirkucnbsbdt In Obcrfrankm, cnOtand aus eJnon verschollenen
Klosler. Infolge wiederholter Brinde und Kriege tltid fut alle Reite Sltcrcr Zdl verloren
pgangcn. Auch die Kirche stunnit aus neuerer ZeiL Oötz II, 191. ,Pftm- i«t der
Plural v»n Pfair, illere Form für Pliirier. Orimm VII, ifilB.
*) Jetil Oetre«, MarItU lecken In Obcrfranken^ nacb einem Brande von 1874 Eatl
itax tun Bufgrbaut. OÖti II, 112.
■) Diese Ableitung bckäTnpIt Hent«, Benieck, ein hlsloriseher Vermch 1790, S, 3f,:
jjeilützt aul die urkundliche Schreibung -Pemeck-.tChrl er Jen Namen zurück auf den ilaviKhen
Donnergott l'enjn. Das Sladivappcn icigt einen rotvcr([oldc1en Drackcnkopf mtl ausge-
idilacener roicr Zunge. Ol>c[ uidcrc ErkUnineen doi Namens (Beeren-Eck oder Omiz-Eck)
V|tt. Fdrtsch, Bernrck 1904, S ', Anmerkung.
<) [lie alle, aus dem M. Jatirlmnjctl sLamnimde Pfarrkirche vurde 1796 abfelragen
und an ihrer Stelle die jetiige DtcifdUlKkeiHltirflir eriichtct. Dis »Ite, sehr bescheidene
Rathaus vurde ^817 ah|i:ei>rochen, du jeuige stimml aus dem Jahre tBT«. FdrtKti S 33 f.;
^b«s* hier wolil in der älteren Bedeutung = einfjtrh, simplex. Orimm I. 30t.
») Auch der Verfattcr der Nachrichten ßtter die famiUc Roger hat eine Verwandi-
schall nicht nactiveiwn können, vgl. S. 5.
■) Intlg =3 anmutig, fmuidlichi Orimm VI, 1340. Tal ist ala MucaÜjuira gc-
bnncbt. Plural ,dfe ThaJe".
k
Thurm, worein keine Thüre führet, muß mit Leidem ereti^c
werden , nebst den Oebäude, welches zwar nur nidera sind, un
gedoppelte, an manchen Ort eingefallene Mauren, auch zweifache
graben, ist rund gebauet, hatt ein großes gewöEb unter dem Schloß
in welchen mir gar grausete '). Das andere Schloß auf der Seite
nach Mönchberg und die Capelle, welche zwischen den beyderr
Schlößern stehel, gehören dem Adelichen Oeschlechte von Wallen-
rod, maßen über der Capeilcn Thür stehet: Da man Zalt nac
Christi geburt M. CCCCLXXX Jar an Sanct Yurgen Abcn
durch Veit von Wallcnrod ist der erst Stein an dies
Capellen gelegt*).
Dieses sind die Wort und Buchstaben, bab es so herg
schrieben. Und hatten zwey Brüder von diesen geschlecht siclK-=ii
s. 13. vorgenommen, diese Capelle wieder aufzubauen, sonderlich, veimr il
sie angeleget wie die in gelobten Lande, da das hl. Grab dabe^ -=y
ist, der Erbauer ist darum 2 mahl nach Jerusalem gereißet un^^^
nach jenem dieses hier aufgebaut, erste ist der Ort, wo das Vor -k
die Andacht verrichtet, binden an den Altar dabey hinaus geh^cnt
eine Thflr ins hl. Grab, welches nach meiner Abmeßung in^^^*
wendig breil und lang ist, als breit: 6 Ellen und lang: 7 Elleif '»
2 und ein halb Virtel. Das Obere Schloß ist von schöne^^"
Werkstücken fast gantz erbaut, hatt schöne gewölbe, einen schönc^^""
Ercker, auf der Seiten nach Mönchsberg 2 Rundel, die gründe -**
s. u. auf beyden Ecken zu defendirenj Dreyfache Gräben auch au -^•^
dieser Seiten, durch den Felsen gehauen, und gedoppelte Mauren^*^i
eine Aufzi eh brücke, gedoppeltes Thor, die brücke ist abgefaulct^^'H
man muß an Felsen hinaufklettern, wenn man hineinwill'). Zuc ^
') Das äatt iltere Schloß widt im IJ.JihitiundCTt von Ulrich von Valtpot crtaM^**'"^
Im H.|«iirh. k&mcn SchloB und SUdt «n die BurKgnfm von Nürnberg und bildeten ä^^ "
bc«on<1em Amt. da* vom Burggrakn Jahuin IM. 1406 in die Wallenrod«. ein reichifreir^^;^^^'^^
Irinki&dici Addsgcschircht, flberlragcn viirde. Du Schlofi vurde U3l durch die HuMjtct^^^
xniliOrl und Itt seildem Rufne. Archiv 1. oberlräTufc. Orsdi. ias3, S. 16», FOrtsdi S, it— ^^"
•) Veit von Wallnirud war burEntäntchcr Amtmann von Bemecit >dt 1*48, Cf
rwelmal in Jeniulem, I4SS und i4S7. Er rrttaute nieh detn Mutter der OnbetUrebr ir
JcruMlem die Kapelle, deren Bjiu nach der Iniclinft am St. Oeorgub^nd (=iZ3. April) I«
an]{efaRKm. wurde; er begann auch den Dan der ubrrni Burj;, ipiier K(ihenbcnwGll|etisni(
Nach Vetla l'ode verkauften teine iciehttr 1404 liie Hurg an Albrecbt von Wlnbef£, Ami'
mann z<t Stein, der den Bau dcnclben rolkndetc, lie aber tchoti IMI an Mailc^ra:^
Priedrich den Alteren von Bayreuth verkaufte. Bald verfiel auch dine Bur£, und
Amtleute zogen in die Stadt hinab. Archiv f. Qberirink. Oadi. IBS3, S. t«9; Heut
S. 3*1. Förtsdi S. IT.
•) Der ZuxanK i»1 jHxt erleichtert durch dnen Utlzcmen Steg. Über dem To
ist eine Schnalle, das Wappen der Hcnen von Wallenrode, anscbradit- Ein die Oacfaklil
Reisetagebucb eines Dresdners vom Jahre I69t.
Unken Hand Deust die EIßnitz, heißl also so lange, biß unten
an der Brücke nach Bayreuth zu der weise Mayn darzu kömmt,
und denn so genennet wird^); der Mayn fleust durch Bayreuth,
dieses habe ich von ferne gesehen, daß erstl. eine Kirche mit
2 Thürmen und ein länglich gebauetes Schloli da ist, davon liegt
dreyvirtel Stundt ohngefehr auf einen hohen Berge fast vkfie eine
SchantK abgestochen die Sophien Burg, ist ein einzig Qebäu '). s. is.
Der Wallenrod, welcher diese Capellen erbauen laBen, muß
fUehr Witz gehabt haben als der, mit welchen ich in Bemeck
gesprochen, der mir davon Nachricht gäbe, maßen jener alles,
^e man sähe, fein geschickt angefangen, auch die Ruhestädt*
Wo dem Simoni des hl. Christi Creutz aufgetrungen wurden, ab-
gezeichnet und eine Marter dahingesezt, welche ein Hafner von
Prantzburg halt renoviren und repariren laßen, auch bey dem
Unteren Thor ohngefehr ein halb Virtel Stund die Schedelstidt
mitt einer Marter bemerket und durch die herumgesezten Steine,
deren ich, wo ich nicht im sehen geirret, fünffe gezehlt, die
Diener, so er mit zu Jerusalehm gehabt, verstanden hatwn will, s. n.
nach Bericht des gedachten Wallenrods*). Dieser, welcher einem
Schafknecht am iehnligsten, ja um Pfingsten rum dicke gewaickte
Skümpfe, entweder aus frost oder Unvermögen, und Schue, wie
bey mir die Kerle in der Scheune, welche mit dem eingelenckigen*)
Holtze den gantzen Tag sich regen, trüge, wohnete in Slädgen
bey dem bürgermeister und zehret vor sein Qeld, das muß der
rechte Hauswirth seyn!
Nicht weit von gedachter lezten Marler stehet eine Seile,
welche Voigtlandt von Francken scheidet. Bier wird angedeutet
dfeKS Oodilcchts behandelnd« VolksKhauKpirl itt im Sommer tVM in Bcmcck autgefjihn
vonkn. Im Heimatlandc lUrb das ac$ch1«cbt 1767 aas; ein Zvetc der Wallenrodt lam
»ha triUiidtig ntch rrcußen. Krnchlie. Adelslexflton IX, «ST; FArttch 5. IS, jr
>) Bemwli li*et zti beidai Seilen der ÖlschniU (Im TeMe Elßnflz), die lieh hier
mit dem Weiften Miitic vetcinigi 0/il» II, iio.
i> Die pro tc4tanti teil c hanpikirche Bayrrtithi In Im I! Jahrhundert erbaitt, eben»
das alte Schloß, jetzt Sitz der Lsndrtt^eh^rden. Die Sophlcnburg var 1666 von der Mark-
(lilln Erdmuthe Sophie anl dem Culmbersc erbaut «onlen. BivarU 111, i, S8T; Oöta II, 661.
■) Auf dem Wege von der Kapelle bh la einer Zleselliütle an der Mainbrftcke, der
•0 «dt lein »iiUte «ie der vüin RlehOiaut In Jerusalem bia zur ScAidelstStle, Heß Veit von
Valletirod ! Slulen oder Maitcm errichten. Erhalten hatte sich bli In neuere Zeil die
dTiile, tehr fein tearbeiCete. die bd Abtriffiins einer Pjppel lertrQmnicrT vurde. Dai mll
dann gotiKhm Spilidach versehene Kapital Ime 4 Da rxlell linken au! der Paation Chriiti,
dnwiler die Jahrei^ahl I4lt. Hcnize S- 13; f6rt9ch S. TT. Simon von KyreDC wurde,
«b er vom Fctrfe kam, ergriffen und muRte Jnui dai Kreuz nachtragoi nach Ev. Lncx» 33, M.
*) Oemelnl [it «ohl angelenktg. D. Red.
Archiv l«r KalturgcKtalditc VI. 39
J
durch ein griines Reiß. Logirt bey dem Bürgermeiste
Philipp Rügem.
s. 17. den 22. biß Creussen 2 Meilen. Dieses ist auf einer
Berge liegentes Slädgcn mit 2 Thorcn, untern u. obem, einei
feinen Kirchen und Rath Hauße, mag vor den 30 Jahr wehnenteir — 31
Kriege schöne Mauren und Schloß gehabt haben, von diesen sine
nur die rudera zu sehen, sonsten haben darauf gewohnet dit
grafen von Hohen Zollcm, aus welchen entsproßen das Hau^^Jl
Brandenburg, hatt auf der Seite beym Schloß einen sehr lustiger~^n
Thal'). Man findet da gut Bier, deßen Zeichen ist ein Trutenfu&^^
logirt bey einem Becken.
Soweit Bareilh. Folgendes Nüren bergisch.
den 23. biß fHilpoUstein 4 Meilen, d. 24. da geruhet
durch Schnabel Weide"), ein offen Fieckgen bei Begnit
weg, Ist ein feines Städgen, mit 2 Thoren, hübschen Kirchen u^ — *
Rath-Hauß, nach Hilpoltstein*), welches ein offnes Fleckger^^
ist, hatt nichts consi de rablers als ein alt Schloß, auf einer hohec^v^
S. 13. Klippen gelegen, und sehr gutes Bier.
logirt bey dem Hn. Schulmeister Kalben.
d. 25. Maj bis Eschenau 2. Meilen. Durch Greifen
berg, wäre ein Stadtgen mit 2 Thoren, feinen Marckt, darau ^^
viel hübsche Häuser, die Bürger sehen den groben Bauren sehv^ -''
ähnlich, habe nicht viel des Regens wegen in Augen bekommei -^
können*), Nach Eschenau*), welches nur ein offnes Reckger""^
und nichts zu raisonniren davon ist. Das Schlößchen aber, sc
auf einem bergl liegt, einen graben mit Waßer und Mauer unc
Aufzugbrücke hatt, auch schöne lichte Zimmer und feinen prospcc
in ein schönen grünen Thal, ist zu ästimiren.
Logirt bey dem Kramer Caspar Rauch.
1) CreuBcn in Obrrfrinltni ist die ältnlcSladt im eh«naligm Füntmlum Bsymlb
12SI wurie Burggraf Priwlrich von Nflmbcrg aus drm Hause Hohcrrolltm von Koend IV
damit bddint Jan de U'crth brannte H33 dk Stadt nieder. Dk urallc SUdUamrr mt-" **
dRi£ni Türmen und einem überbauicn Tore ist gtfiSicnlcils noch crballcn. Du Ttl bciB=:^^
chemsligm Sfhluvse ixl dit de-t nAnn M&inv C\ätz II, tfH; Havtiria IIE, I, S2S.
t Irizt Srfinabd«ld, Marlitncckcii in Obcrirankctl 06ti 11, »6.
)} Jetzt Hlltpolitrin, Mvklflcclccn In Oberiranken. mit einem hoch cfl^enKn, JeU«
zetBlAnm SchJoaac. Außerdeni gibt es rine Stadt Kilpollstcin inMilleltränksi. Qi^till, 13T,
«) Dk in Obcrlrankoi Rriri-oie SUdI heißt jet/l Orilcnl:«^ Adler, Oescfaidlte
Bnchrcibung äe% Stäülclicii^ (irüfnibcrg isso, S t7ü nmnt 3 Tore: das SdlV^msi-
Efloffildner im N., da« Pfafloi- o<lcr Hillpolttldncr im O. und du stell« OotdccrtDtf^
in S. Vgl. aucb Archiv f. obcrfr. Qetch. 1847, S. 38; Ofitz M. 136.
•} MarlclflKkcn in Mittelfraiikco. Odb II, 137.
leU^H
Rdsetagdiuch eines Dresdners vom Jahre IfiQt.
D. 26. Maj biß Nürenberg 3 Meilen. Nürenberg ist zwar
"•"Cymahl an der große Dreßden^), aber nicht das Virlel halb an
•^Cr Feste, hat einen Graben von ohngefähr 60 Schritt und feine
Mauren, die Festung liegt hoch, ist das beste darbey, daß man
^ie Stadt gantz übersehen kann. Appel v. Halla wird da oben s. is.
*üf einem holtzern Pferde, mit einem gantzen Harnisch angethan,
^ebst einem Stückgen, welches Er vor 300 Jahren soll mit sich
geführet haben (da zwar ans Schießen noch nicht gedacht ge-
wesen) gezeiget. Auf der Mauer nicht weit davon siehet man
die 2 hinter Eisen in Stein getreten, das lincke größer als das
rechte*), hat einen tiefen Brunn auch droben"), sonst nicht viel
köstliches, die Gemächer, da der Keyser logirt^ sollen so schöne
el>en nicht seyOj eine Kirche ist auch droben*). Die Stadtgebäude
sind ästimabel schön, die Begnitz fliest durch, hat 19 Kirchen,
^arzu 48 Geistliche, unter diesen Zwey Haubt Kirchen, als &
Lorentz und S. Sebald, welche 6 Altar, 2 Orgeln und eine
*^ontinuirlich brennende Lampe halt, Sebaldi Begräbnüfi stehet in
Einern hohen Meßingen Gehäuse allda verwahret. Die Kirchen s. so.
sind melslentheils alle finster und sehen alt Catholisch aus. Vor
Sebaldi Kirch henget ein gantz Silberns in Lebensgroß gemachtes
Crucifix, welches Sie in Krigs Zeiten schwartz angestrichen, damit
^ vor des Feindes Raub erhalten worden, nunmehro aber gantz
fleisch Färb gemahlet worden*). Das Rath Hauß ist der Saale,
•J N»d) Richter, VerfaMunfiSgcsch. der Süd! Drwdiin 1 {1885J, S. 197 hallr nirwlfn
^699 e\iK Finwiilmcr/ahl von 2129B, dir Nürnti«^ wird lür du fJ. Jh. nuf 4D-S0OOO bc<
t^chnet. JastTov, Di« VolIcuahJrn drutwhrr Städte zu Ende des Milklallen tse«, S. 157 f.
»> Da hier BwichteK bciiehl »ich auf dm i3Bi in Nürnberg hinerrichtclen Raob-
littrr rppclein van Gallingcu (urkundlich .EckcHn von Oailinfi"]- Schon vorher Hr^mal
Cefandcn, »iH rr tkh durdi Hnrr. kühlten Spniag mit leinrai Pitrd« über die Burginjue-r
Bereitet haben, daher das Sprichwon : .Die Nürnberger hingen krincn, «iehillen ihn denn.'
Dir Mufeiien sind jeiit noch in der SndtB:T»bniinaiicr heim fünfrcfcl|[cm Turme vortundm
Qnd h^tben vobl dLe auch andcrvärls in ihnllchcT Form berichtete Sage vcnnlii6l. Lottcr,
Ssgen der Slidt Nümbcig IS99, S. 148 f.; Prlnn, Nßrrbcrgcr Sagen u. Q»chichten M95,
S. 9S f. Daß er c(r .Stückgcn*. d. h ein kleines Qe«hflt7, bei iicli (fehabi habe, tul Iflr
leine Zeit nicht undenkbir.
") Der 33! hult tirir Brunnen Htfft beim Heiden hinne. Rte, NÄinbert i»i) (= Be-
rühmte Ku«Utüll<rn V), S. M
*) Richtiget 1 K*pc1len, dir Sl. Margarethcn- und die darüber selegene Kasier-
k«pelle Im Heidentnnnc und die SL Ottmars- oder Walpnrtiskapelle in der ehemaligen
Bfirssrafcnburg. Rix S. tt. 15.
■t Htervon «illen die Nümberger spoltveite .HerrgottKbvlrzer* genannt irorden
Win. D« CraciRx belindri »Ich auf der Weitsdte der äebaldnskirche tm Chor der L6(tcl-
holzkapelle. In Wahrheit *ar « von Bronec nnd bekain durdi WiIleniBE«einn&nie eine
ichvarze Patina. Et eilt all eine Stiftung der Familie Stark vom J. liB3. Hix S. 101;
Priem S. »47.
29*
GcmSdier und gewißlicb nxm gBaOhiten wegen wohl
Sonderlich ist diese Staidt zu rühmen der schönen
Springbrunnen wegen, da hst ein iedweder Bürger in seniai
Hause einen hatt auf dem Hcrrco Marckle stehet ein Kunsl und
Meisterstück, hatt um und um viel eiserne Ringe; drcbet sidi
aber nur einer hemm, und dieses ist ein Merdcmafal^. Vor den
Laver Thor ist ein überaus herlicbes Giefl Haus. Der Raih halt
ia Weid^ einen schönen Brunnen aufridilen zu taBen*). Dar*
innen sind überaus viel und kostfatre iMÜHeiL 6 Thore, Lner,
s. ». Frauen, Spital, Neue, Thirgitlner nad Festmigs Thor. 2 Pförtgea,
die Haller und werthhcimef Pforte*). In Stadtgraben geboi
«■eise Hirsche. Die gaßen sind mit lauter Sand Steinen gt-
pflasteit
Login bey dem Wirth in Weisen Ro& auf dem alten Hei^
martkte nicht weit von S. Eg)'di Kircfa^
D. 27. Maj bis Brück 2 Meäec. Brück ein offenes
Stidlgen, halt Tobadc Nahrui^ ziemlicfae Hiuser und fOrche, dis
Wetter hat von den Weiser die Nnmincr V zu z^-cico onlcr-
scfaiedenen mahlen bald nach etaaader «eggescfalagen^ hu
scböoe Wiesen, wdcbe gewS&erl werden vermöge der Schöpf
fftder, so aus der vorbcyflieBenten Bcgnitz gießen, die
'4
Schöpf- I
IStatt
wart. Dm Varnrnn bt dM Imtaiot. am r<
i ML
•nm Vom 4er
^ Vaöm Sr 0«k. der
«a >cmMck«M
_ ^ BciKk. Mirtl h
'^«iRte ata
Der Mr— ^ iit da-
Rfe & tSL
Nach
u. Ratze fält nein, behält den Nahmen dennoch^). Hat dreyericy
Herrschaft. Nürenberger, Bayreuth und Edelmännisch, diese
Anspachisch^).
Logirt bcy dem 3 Cronen Wirth Zacharia Oechem.
D- 28. Mai biß Langenzenn 2 Meilen, gehöret nach
Anspach, Hatt den Nahmen von dem vorbeyfließentem Fluße,
Welcher die Zenn heist, sich leichtllch ergeust, die Stadt ist auch
mehr lang als breit gebaut, halt eine Kirche und zwar gar eine
feine, hat! 3 Altar, in Creutzgange ist der Oelberg in Stein ge-
hauen, und noch viel Papistisches zu sehen.") Vor einem Jahre, $. «.
anno 90 remlich im Winter 3 Wochen vor Weinachten hatt
das Wetter in Thurm geschlagen, eine Klocke zersprengt, durch
3 Gewölbe und alsdann erst einen Jungen Nahmens Rügcrj
Welcher hat wollen lauten helffen, unter der Kirchthür erschlagen.
Dessen Vater ist ein Hopffenhandler, maßen sehr viel darum
gebauet wird, der Großvater, ein Rathherr allhier, der Aelter
Vater hatt auch hier gewohnet und häußliche Nahrung getrieben,
kann also nicht sehen, wo Er uns was, Bludfreundschafitswegen,
lugehörete*). Daß vor ohngefähr 4 Wochen ä dato sich 3 Weise
Creutze allhier haben sehen laßen eine Stunde lang am heitern,
klaren Himmel, bezeuget die gantze Stadt. Hatt einen mit Dreck
gefülten Graben und schlechte Mauer, worinnen 4 Thor, das
Obere und Untere, das Schreiber und Fluch Thor. Gut Bier.
Logirt bey dem Schwaben Becken.
L
') Statt BcenlU tnull et hdOen Rcfniu. an der Brück ti^. Dir Rlln hrißl jettt
K^cut Die Rfgnil», rin NcbcnfluH dei Main«, rniitriit am den bcidm Qu«IlflQ«>en d<r
• rtnldschm und sclivibischm Kr^jit, dir nach ihrer VcrnriEUiK Redrvi« heißen. Nich
AnfiLa.hinc der IVgnUz erhält der FIuH den Namen Regnld und mQndct untcrhtJb BauibrrK
In den Main. Qdti 1[, «SV.
f> Nach Bututachuh, OeoEr. lUtiit. Lcixikon von Fnnkcn I, liOl, 5. 44P vir die
g>I«irei Nümberetwh. die Zollsladl tuyinithisdi und die Fralsch (ar peinliche OerlcbUturkHt)
Qcudcritch vom Qnchlechl der Onidef, denrn 119t der Ort vrrkuitt «unJc. Vgl. auch
fallirndein, Orogr. Heschrdb. der Rtiditttadl Nänibert i"*< S. &t.
*) Langmtcnn, SladI (n MitttKntnkm, kara Im 11 Jahrhundert an dir BurKfrafcn
Von Nüntbcrit- Die Zenn, an deren rechtem Ufer n Hegl. ii1 ein linker Ncboifluß ia
l^ednili. Dir Kirche id mit einem KhCnen Hochiltarc und Oliifcnstem eeichmäckl; die
>«tziee Ausschmückung iit rum Teil von den KaiKm Wilhelm I. und U. gctiillel. Der
Kmzfcanji; Ibhrt von der KIrdie in ein ehcmalicH AuguilinctklMler. SiEhart, Qesctildilc
Oef bildenden Kflnile in Bayern 1SU, S. 479; UAti H, 3S9.
<} Auch mit dle«era Zweige der fimllic hJt der Vcrfaurr der Nachrichten über
4ie runllie Rükct eine Vrrrandtidutt nicht (atitdlen künnen, vkI. S. s Der Hopfoibau
i«t jetzt aoch für LangentenB von besonderer Wlchtigbclt. Ofltx II, Ut,
33 D. 29. Maj biß Ickelheim 4 Meilen. Durxii Marck
tErelbach, wo idi durch mein Außsieigen eine Mütze und Buch
verlohr, solches 2 Bauren gefunden, welche es auf meine Sach-
frage nicht gleich herausgeben wollen, endlich mußten und gute
Schläge davor bekamen, Und durch Lind, in welchen beyden
Orten ich damahls, als ich in der Erbschaffts\xrncfatung meines
Vaters wegen gegen Nürenberg avandrete, schon gewesen*),
Nach Ickelheim, welches ein Flecken nach Fränckischer Art isl,
Weitläuffig, 2 Thore, Zaun-Mauren, Bauer-Bür^;er, Juden, Ba)TCi-
thischer, Teutzschherrischer, Winlzheimisdier und Anspachiscber
Herschafft ist*).
Logirt bey dem goldgelbmeßingen Haart Schneider.
M- D. 30. Maj biß Rothenburg an der Tauber 3 Meilen.
Eine Freye Reichs Stadt D. 3i Maj u. l.Junii geruhet Diese
Ist eine nach alter Art gebauele Stadt, höltzem u. mehr lang aU
breit, doch von Natur feste, maßen von Seiten der Tauber es
eine schöne Höhe hati, auch feine Mauer und etzliche Thüren,
von Seiten nach Uffcnheim hatt es 2 graben, einen Wall und
gleichfalls statliche Mauer. Die Tauber ist kein starcker Ruß,
doch ergeust er sich bißweilen eiligst Da vor einem Jahr der
Frantzose davor rückctc mit ctzlich tausend! Mann, sezete sie steh
zur gegen Wehr und gaben auch keine Brandschatzung'); auf
beyden Seiten hatt es gleichfalls ohngefehr 2 Stunden davon ein
scbstgewasene u. V(er)haucnc Wehr, dabey allzeit einen Thurm und
Schlagebaume*). Das Regiment wird der äusere, welcher besteht
aus 40 Persohnen, und der innere Rath genannt, welcher besteht
>] Ober Markt- Prlbirh, Mirktneckcn in Mitlelfniiikni. und Und. i«t2t Untai.
Pfarrdori in dram Nihc, vg}. QMr II. «01 f. In bddm Orten «u der SchreTbcr da
TifcbKhs ichon dnmil grrom, »\t er fm Antme ie% Jahres t6M roa Mlnem Vater da
Anftrif erhalten hittc, nach Uffcnheim zu rciKn, nm eine dem Vater von dacr in
OvKmber t6«9 vcntottienen Schvesici Marie ClisabcUi vcnr. DOrr zncefalkne Etfaadnlt
dnzuzichen. Vgl. hieriibcf Nachrichten flb. d. Fam. R. S. «-39.
*} Ickelheim, Dorf In Mincllrmltcn. .Wintzheimitdier Hemdurft*. d. h. In B^
ftiue der Stadt Wlndsheim an der Aiich. die Kit iHi rcich«iDi mittelbar «ir. Difl TiOe
von Ickelhdm ihr lugehAiig «iicn, bezeugt auch Bundftcbuh 111, 5. VgL in AbrigGR
Götz II, *u, *11.
<> Der Überfall geKhah nicht .vor einem Jahr« t690, sondctn «or 3 Jahrea lU^.
•It Genenl Peiiqulfcre mit ISOO Mann vor Rothenburs erschien und 18 Ortschaften \n da
Umgebung niederbiatitile. Die Stadt selbtt vtirde Im leuun Augenblfck durch daa Cr
KheJnen kuisädislichcr Trappen (t*rrttt*. Wcigel, Rolhenburger Chronik 19(M, S. S«.
*) .5el»tKe»Mefl' -- sHi3sli;riracliim,na!urlich; V(rrJhaucnc'*'eht = VerhaB. Oenefait
laf die Rolhenburjter Lindwctar cxJcr landlicgc, von MJO »n errichlrt, ein licfar Oraben.
der ru beiden Seiten durch Iclieniligc Kcckm and Diumc. an 9 Stellen auch dDidl..Ife«(
gedeckt »ar. Bavaria III, 2. S, 1197; Weigel S. 1M.
Reisetagebuch eines Orcsdnera vom Jahre 1691.
^"s 16 PersoJincn'). Allda sind 7 Kirchen, aber darunter s. ts.]
^ Haubt Kirchen, als S. Jacob oder der Thum, weicher ein über-
^Us schön hoches Gewölb, Orgel und Altar hatt, auch schöne
'Pocken, ist anno U57 gebaut, hatt 2 Thürm wie Anspach
^nd Ehrnberg, nemlich gantz stelnern durchbrochen, daß dennoch
*^ein Regen hinein kann^, und die Spitalkirche"), übrige aber
3ls: Johanniter, dabey der Hof Calholisch*), Mönichskirch"}, auf
dem Milch Marckt eine Capelle^), unter dem Klingen Thor eine
^■Ite") und dergleichen vor dem Kufferzell Thor**). Ctzliche sind
Unbrauchbar. Zu den andern aber sind 9 Priester. 6 Thor,
als das Galgen- Röther- Spital- Kufferzell- Burg- und Kling-Thor»).
Den 3 t. Maj als den Ersten Pfingst-Feyertag, nach Hn. s. ».
Sebastian Kirchmayers Predigt"*), welcher gute res, aber böße,
garstige geslus hatt, machte ich mich nach UEfenheimr welches
2 Meilen hiervon, da fände ich alle gute Freunde in geseegneten
■) Der äuBcK Ril. bestehend aus 3i LlleiaMn und 9 Ocwerbtreibrndcn, repriMti-
ticrte die BQrgcrtchdft, der innere oder ehrbare Rat, bestehend aus S oberen Riten (Bürger-
'td steril olteclaitit und >1 urtertrn (Inn^e Bank) hamlhable die RegientnpEmlt. Wdsd,
S. 119, 230: Bundschuh IV, 6ii.
■} Die Jacobsktrclie vurde nicht erst \*iJ etliaul, sondern urhoti 1J7J begonnen
Und Mitte des I !. Jh. volletrdct, iaS!/S6 trtUurieii. Der HauptsHar im Oftchor, St. Llen-
hArd»- oder Zwölf- BotenalUt, wurde von dem berühmten Bßrjerroeister Topler und sdner
fr*u im t«. Jh. (reitiftel. Die TQnne, iSO Fuß hochi endlgcti in einer Pyramide ron
künstlich durch brocticner. verlcF&pflcr Stdnarbeil. Weigcl S. 1331.; Beiura, Altertümer
«Icr SUdt RoUieiibiiie 1941, S. 37.
*J Die Spitalkirche ist die zum allen jchadnlterhotpilaL Eehnrige Kirche zum heiligen
^3el9t, 130B vollendet, l!91 etnrueit. WeJgel S. I!5.
') OeiRcint ist die Johanniskirche, Ende de« 14. Jh. erbaut, <SD? der faithollschen
Oenieinde üljerwiewn, und daneben der JohMiniterhof, das HospUnl des Johann! tcrordeni,
'^vt>rin sich jdzl das ßerirkumt bdlndel. Weiset S. M*; BenKn S. 43.
^ Dl« iit die FrajirlsVanerkirche, (m tJ, Jh. erbaut, mit vielen Begribnisslitten
Vom landiitiigen Ade). Die Kirche diente eine Zeltlang piafan«n Zwecken, wurde abec
IS« dem gottesdicnsUichen QebriLiche wieder übergeben. Wdgel S. Mi.
*> Dies Ist die Marien ksjrclle, HO* in Stelle der alteii SyiLagoEe eoliltel. Der
A1ilchR)*rkt hieß auch KapeUenpUb. Weisel S. 140.
0 Die Kapelle unter dem Kllngenlor ist die St. Wollzane«- oder Schiterska pelle
aas dem Ende des 1S. Jahrhundertv Klingen heitien in der dortigen Gegend die steil Ins
~rftl fahrenden Schhichlen.
•) Das Tor heißt jctjt Koboltseller Tor Andere Schreibwelicn bd Wtigjü S. 274.
I>cr Natne wird newöhnüch von einem Einsiedler Kabelt abgeleitet, der sich dort nieder-
ließ, ist aber wahrtcbeinlich aus Jacobi celU verderbt; denn die Kobollzellcf Kapelle, die
^or dem Tore lag, gehörte znr Jocohabirehe. Sie wurde Im IS. Jh. ccbaiit, im Biuemkriege
acr»(Ört, IBiJ restauriert und der kilholi^chm Oefneindc überrirscn. Wdgcl S. 144.
») Die Tore sind jcui noch fast unverändert erhallen. Dx\ Oalgentor heiflt jcttt
"WÖrzburgerioT, Weigcl S 7.
" w) Protestartiwliei Theolog, geb. 1641 zu Uficfflhelm. gest. iTtw als Superintendoit
xn Rothenburg jöcber II, 209$. Mit Ihm wir Rilgcr rklleicht verwandt, da idn« Groß-
nutief, Elisabeth Roger, eine geb. Kirchnuycr war. Ihr Vater war Pfarrer m Equarhof«
--Itci Uffenheim (t Iii3i) Nachrichten über d. fam. R. S. lt.
45«
Coond Roger.
Wohlstands, blidx bey Hn Schwager Dürren*) biß den ersten
Juny. Mittags um I2 Uhr machte ich mich wiederum fort; als
ich nun auf den Berg bey den 3 Crcutzen vorbcy war, erhub
sich bey sonst stillen Wetter ein graußamer Wind, NB wird gt-
nannt eine Windbraut, stieB auf mich und das Pferd unau^
säglicher maßen Zu. so schre auch, daß das Pferd aus Furcht
und unvermulhen sich wohl 3 nuhl um einen Creiß herum-
S. tt. trehele und nicht weider fori woite, ich betete gleich; Jesus
Christus wohn mir bey elc und ^wmete das Pferd, so ging es
brausend und geschwind geraden Weges wieder fort nach roibea
Burg.
NE Wo die 3 Creutz stehen, sollen sidi drey brüder unt
einander aufgerieben haben.
logirt bey H. Döllingem, Weißgerbcm, der Hr. Caniroef-
schreiber bey Hn. Renneisen, einen Würtzkrimer.
den 2. Junij biß Kirchberg. 2 Meilen, gehört den Qi
von Hohenloh. Dieses ist ein auf einem hohen Felsen
legenes SUdgen mit einer Kirch, einem Thor und Mauer, das
Schloß ist des schönen Saales und galanten prospects wegen
würdig zu sehen. Unten weg fliest die Jax').
logiert be)- den Schulmeister, wird auf gut Kircbbergiscb
ein Furtzverbaßer genannt^.
d. 3. junij bis Kufferzell. 3 Meilen, durch lltißheiin,
ist Schwäbisch Hälliscfa, welches ein Fleckgen mit 2 Thoren und
einer Mauer ist'), NB bey dem Schulmeister nachzufragen va^|
wegen des zehn Affens(?) Eine Stundte ohngefehr davon iicg^
s.n. ein Dorf Qeißling genant^)» wobey der Kocher fleißt, ist noch
bcn .
amer-
1) Qcmdat itt Otoff SlqilHi Dilrr, Sohl da Oeoqc Otor, Btrfcn tmd V«
blckcn )a Uffenbetm. am 6aam tnta Ehe. In z«rito Ebc nrbdniete akk Oirr
mit dcf Vtienac&wcstcr R€scn, <leradb«n na der dte dbat (S- 4H,i) ovilute
henfitartr. Nadiilchim S. 3«.
^ KirdibCTK, im «ärttcntbercitdKa Jic'tkrdM, ccb&ne teil den I4. Jk. dm Onln
Hahnilnlw Dir Kircfac vurde uia neu fftuut. Diu Srtiiotl ituiUDl a« dm i&. Jb.
Om Kcr. WSrtlemtKiE, BnditeibuDf nach Kmarn, Obcfimtern uad Oandadea III. 19*6,
S IST .OalaBW prmpKrt- ^ Kfctec Aasaidit Du vid wlBbrairtte Modewort «galaat*
nrdilsgte icit i67« .aUmodc*. Orin» IV, i. i. S. liseff.
^ OtHsOoD- A*adnck; .rerfaaflci* » vrrvater, Vrrvaer.
^ •IWflMn* bt Kdcnfalli das irtzip Ikhoha in drr halLUdm Ebne, Mtt IHI
Ea Alleräfcaits der hricn Kridtntadt SctiviW*di-HaJL Kfr «'ftnrbg. tll. J6L
*) Jetzt OdSUnfcn, Do«f an der Ulnlanc der Bähkf in den Kockcr, acll tMi
ebcnUl* im Bcsib «oa Sehvibtxli-Hall. K^r. Vaftft»c. III. UJ.
ein zier
Rdsetagebuch eines Dresdners vom Jahre 1691. 457
ein ziemlicher Fluß. Nach Kufferzetl, NB hohenEohisch, welches
ein gantz offenes Fleckgen ist und im Grunde liegt Hatt eine
Kirche»).
logirt bey einem Becken.
d. 4. jun. biß Öhring. 2 Meilen, durch Keuensteln,
war ein recht feines Städtgen mit Mauer, 2 Thor und graben,
nebst schönen Schlößgen'), Nach öhring, ist eine noch ziem-
liche Stadt, von Wall, Mauer, graben und 3 Thoren, Ober, Unter
und Vorsladter Thor; das vorbeyfiüßende Wasser heist die Ohr,
davon die Stadt den Nahmen bekommen'). Hatt kein gar zu
feines Rath Hauß^ eine desto beßere Kirche aber, worinnen zu
befinden Graf Philips von Hohenloe Begrabnüß, woran alle seine
Schlachten in Marmor subtil gehauen, stehen. Bei welchen All-
zeit ein Hundj stehet, selbiger ist der Graf*). It. ein gräfl. Be- s. 29.
gräbnüß, das Altar ist so hoch gelegen wie zu Anspach. Der
Predigt Stuhl steht auf einem steinernen Manne, welcher ein
Hufeisen auf den Buckel hatt, dieses ist auch ein Merkniahl.
Unter dem Chor oder Altar ist ein ander gräfl. Begräbntiß, und
gleichet also an diesen beyden Stücken accurat Anspach; oben
auf dem Chor stehet ein holer Stein, in welchen die gefundenen
Gebcyne bey Erbauung vielleicht der Kirchen behalten werden*).
>) .KaHenell-, jettl Kupferecll. \m Tile der Kupfer. Dk Ktrche iM jeilciifalli di«
cvuiselischc, voimals zur heiligen Muix, TfOD rctlaurial. Kp. WOrtlbs. Ul, 474.
<) D« Nnirasiciner Schloß, im ^A. Jh. erbaut, gthM der runllle Hohenlohc;
•eit 155t benannte lidi eine Linie dertelben nich Ihm Es enihilt Jetzt vertvolle Hohen-
lohitche Altertamcr. Ker. Vürnbg. lU, 476.
s> Oehrin;, jelzt Orhrineen, Oberamtsstadl Im JftK*tkTeiK. Der Fluß, an den
CS lirgl, bdSl jetzi Ohm uhd. Aurahs). Die rficnltdic Bezclchnnng dci Ort» )tt viou
AurelJi, «craiu Odirinetn geworden isL Kjr. Württemberg IJI, 465.
•) Du RMhau». Anlang dn 16. Jh. erbsni, »urdeis« restauriert. DieStfftikJtche
St Peter und Paul aus dem 15. Jh. cnthilt viele interessante QrabdcnkmUer der Faniilie
Hohenlohe. Kim der »cbänitcn ist das de* Grafen Philipp vim Hohenlnhe (ISSO-IGU),
tia als Ffihrrr der holländischm Truppen m Vwelsirin in Hulland starb »nd dnsen Taten
io 5 Kochreliefs dareeslcllt sind. Neben Ihm steht, «le er abcrLebrnsgriMt, seine Cernohlin
Mwii, vor ihm sein Hund, der treue Begleiter auf Kineti Kriegizfigcn. Morgcnbl. t. fe-
bildete Stände 1HI9, S. Tl.
•> Der hlef erwihnie PTediglsmhl Im MlllHsrfiiff wurde 17« durch eine Roltoko.
IodkI, diese 1860 durch eine EntiKhe Kan/cl rr»el»t Die Trägerlipir von dem alten
Predlilstuhl. ein Bauer mit einem an einer Schnur auf dem Rficken hängenden Hufelsen
UDd einem Wcclt» tn der Drutilajche, sieht jet« noch in der KrypU unter dem Chor. In
leliteier befindet sich auch dai t loh enloJii sehe Ei^l>egribnis. Die Ähnlichkeit mit Aiispacli
bezieht sich vohl auf die durllze JuhannJsklrche, unter deren Chor sich seit 1&6O die Orvfl
der marIcfTi (Liehen Familie befindet. Unter dem .hc>ien Stein* Ist jedenfalls eine Jetrt u
der Sfidvand des Chors stehende Tumba. dnc schmucklose Kiste aus Sandstein. lu ver-
stellen, die bis 1711 in der Mitte des Oiott gestanden haben soll tu die nach der Tradition
k
Ihrer Vier dieser hohenlo&chen Linie haben ThetI an dieses
Stadt, vielleicht darum, daß sie desto eher durch gute gesammt9:J'^f|
Vorsorge erhalten werde. ^|
logirt bei einem Strumpffm acher.
s. 30. d. 5. Juny bis Heylbronn. 2'/s Meile. Still gelegen biS 5*i
I4ten inclusive, bey Weinsberg weg, welches von ferne zu judi- 5 fcll
ciren noch ein ziemliches Städtgen an Gebäuden war, Ohnwei ä-^»
davon liegt auf einem hohen Berge ein von Keyser Conradcz^ Mdti
zerstöretes Schloß. Dieses ist geschehen, als Hertzog Bernhard ti>'d
hinein geflüchtet, und nach jährlicher Belagerung mit accord t^"d
welcher zwischen dem Keyser und Weibern ist gcschlosscr-» ^2M
worden," solches überkommen. Der Accord ist gewesen, daß Si» x^it
dasjenige was Ihnen am liebsten, mit sich herausnehmen woltcn«rT»m(
welches der Keyser bewilliget, darauf die Hertzogin ihren Bern- «"»i-
hardt auf den Rücken getragen gebracht, nach dieser eine ied- Ä-*l-
wete ihren Mann auf solche Art, welche Treue den Keyser sc>-^3<*
s. 31. moviret, daß Er nicht nur den Hertzog restituirel, sondern aucÄ^==h
alle perdoniret hatt'). Haben darum die Weiber biß diesen Ta^-^^
noch das Privilegium prioritalis, maßen sie nicht nur dener^«" "^^
Männern oben an getrauet, sondern auch in solennen actibus, als M^&
lOrchen communion, ihnen allzeit vorangehen-). Nach Heil- Ä '"
bronn, hatt den Nahmen von einem Bronn, welcher ohnwei « — '*
der großen Kirche stehet, quillet durch 7 meßinge röhren und::» *^
in 24 Stunden 1500 Fuder, schmecket überaus lieblich, zerthcile^-^^**
das Scorbut und dämpfet innerliche Hitze, macht appetit zum *-""
Speise, sonderlich fnih getrunken, des Abends aber verhindert "^^
Er die aus dem Magen aufsteigende humores, treibt Stein untfc^ ■"'*
Harn, und führet die Gallen ab, hat noch viel unerforscht^^^*
die Oebfljrw du Bischof« Qebhard von Refen&buru, des Stiften dei Odiringer Chorticrtwi —
»fift», enthält. Ott llcrkrl dertclbcn ist niil dnigcn »nf Ihn und Minen Vater bcrügticfcqi* * » j
lilcjnlschcn Inschriften versehen. Briefliche Mitteilung des Hemi Deloms o. Stiftipredlgcn^ *
Maiuh in OehHnffcn. Wibel, Hohcn!ohifchc Kirchengeich. 1. li.
1} E» w»r nicht HcreoB Bcmturd. simdem Or«f WcK VI., den Kaiser Konrad IH- * zL
Mib bei Ellhofcn beilcjw. »orauf er atn 21. Dez. dl«*e* Jahrw die Burg Wdbenreu ef-^^^Tj
obcrtc Zerttört VUtde diewlbe erst im Bauernkriege ISIS- Ober di« QlsubvunliskAl^ 9'="'
det Sige ygt. Dillcnlus, XS'cinsbrra« Qironik IS60, S 16 (.
*i Von einen) lolchen Vorrecht der Ftaueii Ist in Weind>efie nicht» l>ekinnl. Di^^ ^-p(
FraOM CClKn In den LAnd]|;einein(len Schwabei» bei der Klrrfiencommunion überiuup* '*^S^
meist Torua; .oben anKctiaut* hüfll ledentalls so. daH bfim IiteiBiTulerlcErii der Mind^^^^ZT
der hheipillen die H«mf der Ina oben in Uegen kommt. Briefliche MiltdlimK dci Hen«""^
Pfinvn Siek in Wdnsbcrg.
Reiseiagebiicli eines Dresdners vom Jahre 1691.
Tugenden. Von dem Bronne wird gesagt^ daß er ferne von der
Stadt entspringe, durch ein gemauret Canal aber in die Stadt u.
zwar biß unter die Kirche geleitet würde').
Ist eine Kcyserliche freye Reichs Stadt, etwas feste, vordem s. m.
Siliner(!) Thor hatt es Sdiantzen, Basteien, worauf clzlichc Stückgen,
einen graben von ohngefehr 24 Schritten weit, gedoppelte
Mauern, darinnen 3 Thore als das Siliner(!), Ober und Brücken
Thor-); bey diesem Thore fJießt der Neckar und ist darum etwas
fest, die Brücke ist vor einem Jahr von den fahrenden grund
Eise aerstoßen und weggeföhret worden, es stehet davon nur
ein Joch noch, von der äußern IV^auer und diesem Thor hatt es
große Stücken mit weg geführet, jezo passiret alles über eine
Schiffbrücke, der Rath hat beschießen, das stehende Joch stehen
zu laßen und übrige Brücke mit Holz aufzubauen'). Auf der
Silmer Straßen ohnweJt dem Thor ist ein Hauß neben dem Zeug-
hause, darinne wohnen Franciscaner Mönche *), gleichfalls ist s. «.
auch hier ein Teutsch Hauß°), Catholisclie Kirche") und Nonnen
Kloster, darinnen sind 24 Nonnen'). Eine Kirche in der Silmer
gaßen haben die Frantzosen abgebrandl mit den Heu u. Vorralh,
welcher drauf gelegen, um den ankommenden Unsern nichts zu
I
1} Oer Brunnen ist der SIebenrohrbtunncti an der Kilian^kirchr, l!4t erbaul, ccit
183S allnählich versiegt, IBf^3 bodtlgl, 19A1 an der Südseite der Kirebe neu errichtet.
16W Helene er in H Stunden 1690 Fuder (1 Fuder- 7M Liter), 18J8 nur B96 Hektoliter
DGrr. Hdlbronncr Chronih i8W. S. i9f.; Kuttlcr, HeilbroTin 1859, S- 2B, Der Name
HeUt)ronn bedeutet nicht einen hellenden, sondern einen heiÜEcn Brunnen oder Brunnen
des Heils. Die Quellm tln Bruimetu Ixfindcn tidi, wie nruetdinj;» fcilKOtelJl ist. nicht
«eJI von drt r\tJi,Ilua%tel!lr. [)üii S. !
>) Von der eticmaligen lUrlicn BefcstigUDS durch J Tore und tu Türme sind nur
nuch der Bollweiltüturin, der Diebettunn und der Oützentucin vorbanden. Das .Sitinet
Thor* hrillt richtig Sülmerlor von der Uh»ehift Kcckar^ulm (unten .SiSmer Straßen')-
das Oherlor hieß «ich Pleincrtor vom Dorfe Cldn. Dürr S. 10
s) Die Htiitrlie war nicht vor rinern Jahre, sondern am 10 I eliruac denetben Johm
t69> beim Eifgang bit niif einen Boüen fortgefrihrt worden. Man baute zunächst im Man
eine Schiffbrücke, Im Mai dne zvcite, die nur 3 Wochen sland. (Abblldunx bddcr bd
Dürr S. Vi7} und im Novi-mber mit Benutrung d« allen steinernen FuSes des mittleren
Jocb» eine höl/enie Brücke, die bis IBO? iTliaJleii blieb üilrr S 2lß(.
*J Das Frtnilslaner- oder ßarfüBcrklostcr, von dem noch Teile des Krct«E«ngs
vorbanden *lnd, wurde t17L' eegTündel; jelat Meheiv Schuljtcbiudc an der Stelle. DQrr S. n
*) Das [Jeulictie Haus, KeüiGndct autil AnUni: de^ 13 Jh., ursprünglich Sit2 einer
Huiskommrnde, 1795—1808 einer i^ndkommendc der BaUd Franken, Ist sdt IS69 Oe-
richuhof. Dürr S Ii.
0} Dk kalhollschc tdnbt ttA die frfUiei« Deuttdiardnukirdie. tni In Buoclolil
lunSi^Bl. Dürr S. is,
»> Dk* Ist dfl» St. CUwnWosler, unprfnjtlieli im benachbnrtcn norfr Fldti, tl«
itadi Hrilbronn verkgt, I8ii aufgehoben : jetzt stehen Neubauten an derSklk. DArr S. 11.
b.
460
Conrad Rüger.
laßen'), lt. das Zeughauß in dieser gaßen, welches vor Zeiten
auch eine Kirche gewesen, haben Sie also mil Feuer minieren
wollen, ist aber mit Qberaus großer Bitten von Hn. geridit
Schreiber erhalten worden'), iedoch daß der Vorrath auf die gaßen
eilend geworffen und verbrandt würde, dieses hatt auch geschehen
müßen, darauf sind die S. fort, den andern Tag kämmt unser
Flemming u. findet solche schöne Sachen'), hatt aber femer nicbls
s. 34. tendiret. Die Mauren, große Kirche nebst den feinen Thurmc
haben Sie, die Frantzosen unter miniren und sprengen wolle),
hatt aber solches theils die Kürtze der Zeit, theils auch die
incapacität der Oerter verhindert, da ist nemtich die große Kirche
unten gantz wie auch der Thurm am Neckar im waßer gestanden,
daß also die Mine nicht cum effcctu hat angebracht werden
können*). Der Thurm am Obern und Brücken Thor ist mil
Wegnehmung der Londen') gerettet worden, iedennoch ist ein
stück Mauer am Neckar weggesprenget, da ein Stück Landen
vergeßen worden. Um die gantze Stadt herum sind auf den
Mauern halb Eiligte Säcke mit pulver gefOlt gelegt gewesen.
1 Hciiii>
roden ^H
)J Dies Ist die Franiiikancildrche tm Ksfainuilrt, im 14. Jh. crbut, nad von 4m
FnnzoMD, denen «ie a]« HniiiU£izln Enllrnl lutlr, am II. (11} I^^i- '&» RicdcTfvbnwiL
Die im (olgrndm ^''K'''^"' Par^lrllunif von der damaÜKni Bcsetxune Hrilbroma dncfc
die Priniojcn {7. Okt. bis 2i. D« t&se) «ttmnil im vc»cntlic^«l mil tJ«n von Dürr x» ia
HellbTonner Chronik (S Iiof) mliKdeilt^cn dnhd mischen Berichten übcrdn. Du Html*
luhen der InirsjchtJKlicn Arme« vcmilafite die Franzose;, nachdem ale die Stidt aH.
hirteste bcdrüclit und volliIindi£ anletmJDierl hatten, in det Nacht det tl-
nurhcm AbiuK, vobei n auf den Ruin dtr n^nttn Stadt abcnriien var. Aulter
Franriskanwklrehc brannten )edoch rar dni;:? HIusct ab, da viele Minen, baoodcr« i
der Killamkirche und um RalhnK. nicht lofciij^ und auch die Erlaubnit zum
gejtcbeti wurde. Vgl. auch jigo, Q<«]i. der Sudi Hdlbroiio 11. 18M, S- IM f.
Tji Das Zcugtiau« ist dtc alle NikolaikircVie, erbaut um DSO, In der Mit tSSt evan-
geliidier Qollculienst gehalten wurde. Später dimle aie alt Zeughant und wrde ent im
dem OnlteMli<ntlr lurückgeKctien Vim dn FArbJIte des Oerichtsarti reiben Mr dlcMlbe
crvlhnm die Mellbrnnnrr Bcriehle nkhts. t>ürr S. t«.
>> Am 13 Drr. kam zonärh«! Hn Vortrab von AOo sldt&ischeti Reiten) linier Obcnl
von Minckwltz; ihm fal|[im am It Dez General Flctnminc und Herzog ChrtSita Ml
Sachsen. Sie blieben bii lO Febr. 16B9 in der Stadt, die itidt von ihnen vld n
ktltr. Darr S. IM. Der Oenefa] Heinrich von nemminc (t63I-lTM), etti (>heJi
bckiiiiiten tlchiiichen Staatunlnitlen, stand von 1641 Mt iA9i in knrnch<i*efacn
Vfl. über Ihn Schönini; S 326 f.
<} DieKToßc Kirche ist die Klllanskirehc, IndcrZdl vom tl.bii i£. Jh. crtMBt, :
tUfi bis 1B9) cntniert. Dürr S. isf. Daß ile i6ii im Waiser |c««ndcn habe, ervihMn
die HellbronneT Berichte nicht. JedenlalU Vitinlt et lich nur um vonibeigehend« Itocb-
vuaeT handeln, da die Kirche nicht direkt am Neckar atrtil
^ .Loflde« (Wiler unten .Lande*) = Lunte. Das jedoilails nlederdeutache Ton
kam dunals erst auf; nlederllnd : .lonte-- Ortmm VI, tWT - Dx mit M Minen ver-
lehene Stadtmauer »tänte anUer beim Rrücken- onil Obertor aach beim SAImcrbir et»
Von den 10 Maoertfirmcn vnrden der Pneitaieckcr und der Koblentnrm sesprenfL Oftn
S. 113; Jign II. 3S91.
haben aber auch nicht geschadet, weil die minen nicht alle an- s. 3s.
gangen, worauf der min der gartzen Stadt gestanden. Annoch
sind 2 brauchbare Kirchen als die Spital*) und große Kirche,
diese ist gar eine feine lichte und mit einem schönen Altar ge-
zierete Kirche, vor welchen sie Jährlich nach Würtzburg, damit
die Catholischen nicht Melle darauf lesen, (.. ?) thir. geben müßcn*).
Bey dieser Kirchen an stehet ein recht schöner von bildhauem
aus lauter qvatern und ohne Dach^ doch spitzig gearbeiteter
Thurm, hatt 220 Staffeln biß an die höchste Seiger Schelle').
An dem Rath Hause ist das considerabelste die Uhr, an welcher
an beyden Seiten ein Engel stehet, der Zur Rechten schlägt so
viel mahl nieder, als die Klocke schlägt, nach dem letzten Schlage
wendet Er mit der lincken Hand den darinn habenden Sand
Seiger um. Der Engel zur lincken Hand bläßt ohngefchr s. 3&.
6 Minuten vor dem Schlage 3 mahl auf einer Posaune gantz
laut, unter den Zeiger stehen 2 Böcke, die so vielmahl zu-
sammen stoßen, als es schlägt. Unter diesen stehet ein Hahn,
der früh um 7, mittags um 1 1 und Abends um 3 Uhr mit
den Fliegein klalzschet und vememlich krehet*). Dieser (!) sind
gar liederlich und alle höltzern*); eine halbe Stunde von der
Stadt stehet auf einen hohen Berge eine Warte, auf welcher bey
iezigen Zeiten tag u. Nacht icmand wachet*).
logiret bey dem Spital Schreiber Hn. Fritzlin.
den 15. Jun. biß Winipffen. iVt Meile. Ist gleichfalls
eine Reichs Stadt, ist der Schlacht wegen, die im aojährigen
<) Die Spitalklrcbe tut heiligen KiUiarina und ElUabdh, Kit 1«38 znr Drrieinlf-
keil, *nrrf* un «bgebrochcn. JeW sldit die Poit an ihrer Stelle. Dßir S. M.
>] Der schfne HoIiKhnitzillar der lOltanskirche tamral von t49B. Der QlKbof
von Würiburtr bezog nach dncin Venrage von 'S« von die»r Kirche jUdlch soo n.
frinkisdi Mgriiaiintc Kanipeteniijeldcr. IS5S vurde Jie Summe im iSlachrn Bdrage ab-
KElüsr. Düii h. lü.
«J (1. i. UhtBlockc. Der 2JS Puß hohe Writtann dei WliansVirdie mirSt 1S23 bis
13» von Hant Schvcincr von Weinsbcff In Renaltunccformcn vollendet Dörr S. IS.
•) Da* Kilhaui itamint aut dem U. Jh.: iW7 bla i«J wurde cf unifaitend er-
nra«Tt. Die Kunstuhr rühn von luak Habrechl von Schafßiauwn. deinaelbcn, det IST«
die Ubr am Siradburgrr MCinslcr verfertigt hat, und seinem Oaellai MLch^ Müllef her.
KnttJer, Hritbrann I859, S. 36; Uiirt S. 21.
>> Ditw nicht sani Iclaren Worte beii^eti sich vohl auf die Klügel dei Hafaticf;
■Ucdcrtidi- |edcn(allt im älteren Sinne ^ Icidit von Oevichil; Orimm VI, 9*9. (.Dieser*
i«l >Jdwr venctirieben tQr: Die M^ier. Vgl. auch S. -tbr. D. Red.)
*} Hiermit Jri der lOS m hohe Wanberg oder Noidberg gemeint mit einem hohen
AanicbWunn, urtprönglkh eine rämlKhe Warte, )ctzl ein belttbler Aiuflugiort der Hdt-
bftmaer. Dflrr S. 9; Kutlier S. 41, 64.
Krige davor geschehen, in Historien berühmt, liegt hoch un» «~« M
Überaus schön lustig der gärten, Weinberge und Neckars wcgeir«"^»^
5.37. eine Viertel St. von der Stadt fä!t der Kocher und die ]a=-^^*
hinein'). Die Festung ist gar schlecht, halt zwar gedoppeH»* ■ -E'
Mauren und 2 Thorc, das Obere u. unter Thor, und an Seiten«-»^
wo der Neckar nicht fleuflt, auch Seen und Teiclie, welche einer»^» c
Stadtgraben bedeuten müßen und wohl könten zusammengestocher«^» *
werden, thut aber nichts, denn die darbey ligende hohe Berg»^^'S
ruinirten die gantze Stadt, welche ohne dem lauter Holt2-)C^ *
2 Kirchen, eine Lutherische, welche gar fein, sondert, ein sdiörm^^i
hoch und weit gefastes gewölb und 2 auf die Bohr Kirch» «~U
führende steinerne Treppen, welche gleich in die Höhe vor««:^»«
20 Stuffen und ohne Stitze und gewölb, dahero der Hertzog auEÄ-»Ji
Stuttgardt herausgeschickt, die Trepper von einander wollei»^»*
S. JB nehmen laßen, um zu sehen, wie Sie gefaßel und was sie hiell^^^ J'
welches aber die Hern Wimpffener in Gnaden abgeschlagen unGȀ~"0
keinesweges verstaltet'). An dem Altar ist das merkwürdigste^*-*
daß das Fegefeuer in Hoätz geschnitzet u. mit Farben ausge-^^-S*
macht in dem Altere <!), welches zwar mit einem Deckel ver-»'^*'
borgen gezeiget wird*). Von 30 jährigen Kriege her sind seh «^'h
viel verderbte Häuser noch da. Eine Catholische Kirche nebs^P*^^
dem Kloster ist in der Stadt, in welchen 6 dominicaner ode ^»■■*
I) Am «. Mtl IUI licKte Tllly bri Vtmpfen dbcr den Mirkfnifen Oeors rrMricf'
von Dadcn • Diirbch. Unvdt der Stadt niQndcn Kocher und J^ipt, 4 km vondnaadB
cntfrrnt. In den Nixkar. Hdd, OesctalchCe der Stadt Wlmpfcn 1S46, S I86f.
1) SIhd: das Zutimmmst^hcn der Seen und Teiche wQrde nichts nfitzen, denv
von den umliegendni hohen Bctgcn könnic die Stadt leicht in Brand e<:whotieD vetdi
1) VHe n-aneriiKhe Ptirrklrche, Ende de« tl. Jh. erbaut, ulchnet sich durch be^
sonders kühne SSulcnwülbonjpm au». .Bohrkirchr" =a Fmparkirche von nsSd bor— H6hr^'
Weiland. t>eutichet Wiörterbuch I t'«S'l. ^- +*'. Die strinemen, schHnbiir frei Khveben » *^^
den Treppen, »eiche auf dle»elbe hin»nflühreii , sind «ahrKhdnIicb mit {cnauer Bc--^^ '"'JJ
rechnunü de* Schwerpunble* durch eiserne Klainmem In der Mauer bcfestisiL Was hicf^:^? ■
vom Hcnog von Wfittl*-tnlwri> «ü}ilt wild, berichtet Held S. 76 in ([sju ähnlicher Vti)m '"^ ^ahi
vom KurfiäTsten Ksil Theodor von der Hai/; möglicher^d» bezicben sich beide Berichl^^ *^
auf den gleichen VorgBni;, Vgl. au(*i v. Lorenl, Wirnplen am Neckar 1170, 5. IM : ProkD- *"*
hluier, Oeachldite der R«ciisstadt Wlmpfen I87i>. S. ISO.
f) Die evangelische Kirche enthilt 3 Altire, den Hochaltar Im Chor und den Jetir :
Im nAtdllchen Seilenschlfle stehenden, schönen ivelHü gel Igen Quirinotaltsi. Beide um^^'
mit Hcd»ichiilt7erei«i und lirmnltm llukU^ilueii reich ver/iert. Die nkhl gani klar
Worte Im Texte b«ichen urh jedcnfnlh teils mif ein an der Hndivand hinler dem (Jiiirinnv-- — ^ ,l
allar befindlichem Oeinäldc des iünesten Ocrichts aus dem 16. Jh.. das nntcr der Kalk— ^^^^^
tünche wieder auf gefunden und 18W erneuert worden ist. (dU auf eiti jet« in der SaknsleP^^^^^
aufbewahrte* Korporalicnkästchen von 14B8 mll wertvollen allen OemiUden auf dem DetAc-' "^^^ ^..
und im Qrnnde. KnnsIdcnkmiLer Im ÜnuAhcnoictiiR] Heuen (Provinz Starkcnburg) ^C^^"^
189«, S. I4. «9, S6. 12.
Reisetagebtich eines Dresdner vom Jahre 169t.
weise Mönche sind*). Dnc Virtelstunde von der Stadl liegt
Wimpffen im Thal, welches nur so ein Kloster ist und sehr
viel Einkommen halt, sehr lustig am Neckar, von forne mit etz-
lichen großen Linden und schönen Waßer Kasten. Dieses Kloster
gehört in kein Stift, sondern dcpendirt alleine vom Pabst*).
logirt In der Schule^ grüße Dich gott Kirchberg, Danck
Dir gott Wimpfen.
den 16. Jun. bis Steinfurth 2 Meilen. 17. Still gelegen, s. ».,
Stcinfurth ist ein bloßes Dorff, gehört dem Churfürsten zu
Heidelberg, bekömmt aber daraus nicht mehr als den Zoll u.
Schätzung, Zinsen und dedmus krigt das Stift Sinlzheim, von
welchen die Pfarrer und Schuldiener besoldet und die Academia
Heidelberg etwas als Stipendia bekömmt, übriges wird dem Churf.
berechnet"). Sintzhelm ligt eine halbe Stund darvon, ist von den
Frantzosen fiö 1689 abgebrandt worden, anno 1674. d. 6. Junj
haben die Saxen mit den Frantzosen zwischen Steinf. und Sintzh.
geschlagen, aber das Feld räumen müßen und großen Schaden
erlitten*). Hierdurch fliest ein Bach namenll. Elsenk, hatt den
Nahmen von dem Dorffc, wo es her fliest*). In diesen Dorff
ist viererley religion, Lutherische, Calvinisclie, Catholische und
auch wiederläufferische, eine Virtel Stundt hier von sind auch s. 40.
quacker, welche aus Engelland sind zu diesen Edelmann kommen,
von Geschlecht ein Mistelitz*), ist nur ein einziger Hof, wird
1) Die katholische Pfarrkirche, InJh« zum Domini kaficrtloslcr gehSrls. »ai den
ij. Jh., im ts Jh. UTngebaul, rnthllt rbmtalls schöne HolHkulphircn tind OrabdcRkmiltr.
OuKlottCT, 1Z2S K«*ltflet< 1SO2 Obüliri^len, dinit jrtit Sdiulzwccknt. von Lorent S. »t,
344 f.; Kunstdenkm- in Hessen S. 89 f.
^ Dis Kloster in Wimpfen Im Tal. Hn Rittmtilt, ISO] BikuUH»lcrt, summl aus
•ehr frflher Zeil und lund antinelich uiilcr dem unmittelbaren Schutze d« KrichMtbcr-
hmptn- Kunttdenkm. in Heuen S. 1?B; Hriil S. *2l.
*) Du Sinal^diiicr älilt, unler ilasrn KeUllicher AdminitlMlioii du Dorf Strinfurt
stand, wutdc ums Jahr 1000 gr^'indd, MV6 in ein KQlIrKialttifl wrvandrit und tSD2 auf-
gehoben. VPiltidm^. Qcsdijchic der Aml&stidl Sinsheim I8S6; Krieger, Topogr, Wdnerbncti
des OroBheiTOKt- Badnt II, 1904, 5. iDBi.
«) Sln»heitn vurtle am 8. AaetifC iM9 durch Mar»cha!I Dans vollstindle nieder-
gjebrvtnt- WiUicIini S- ii. Die Sadiicn vircn in der Schlacht bei Sliiahriin, in der
Turcnne Aber Karl von Lothrm£en und Cajirara tlrgte, nur niil einigen KcJtcrregiinenleni
bctdlict. die bald danach, weil sie sehr gelitten hatten, lurückgenifcn wurden. Wlltieliiil
S. ni.; Schuster u fnncke I, SSf.
*| Die .Elsenk', letzt Elscnz. ist ein Unker Nebeniluß de« Neckar Du ^cich-
ntaaige, «eit 1806 badiKhe Dort 0»eni hai seinen Namen jedentalU von dem FLnsM
(Alisonlia), nicht irmgekekrt, wie es im Texte hdllL Kilcger I, SOI ; Das OroBhertgl. Baden,
geop. und hiU. dainesl. I98S, S. 813.
CAdclsfceiehlecbt dieses Namens war nicht aubiifindcit. Die hier erwähnte
; slamnil jedenfalh wie faM alle Oemdndcn In Dcntsehland von dem irischen
J
464
Connd Rflga-.
genannt der Bockshoff. Juden gibts in der Pfaltz sehr viel. Icl^r»'^
seufze hicrbey billich: Das arm verführte Volck, o gott, bekehr^X.-^ ')
logirt bey einem Schulmeister.
d. 18. Juny bis Hoffen. 2 Stunden.
Hoffen, andere Sagen Hofheim, ist ein Lutherisch Dort""« ^^
gehöret halb einen Baron fescher und ist keyserl. Lehn, halB Ä -*"
einem Singherrtl von Maintz und ist Darmstädter Lehn, di» i ^^^
Herschafft ist beyderseits Catholisch, das gantze Dorf abe
lutherisch').
logirt bey einen rothköpff igten Bauer.
Der Hr. Cammerschreiber aber und ich gingen cod. nacH^^:^-*
Heydelberg, welches eine ChurfÜrstl. Pfältzische residentz, ha-^s-"
die Savitz der mordbrennerischen Frantzosen auch ausgestandten«"«^
in der Stadt spuert man sehr wenig, außer das Rathhauß, welcher^»«
verbrandt, das vormahls kösthche Schloß aber ist gantz ruiniret*-;^»^
wie auch die Brücke über den Neckar, darum denn ietzt das Thot^^>*
S- *>■ zu ist, und also nur noch drey offen seyn^). Das Schloß li^;^^^
sehr hoch neben einen lustigen Castanien Walde, die Stadt abcr'^»"*'
gantz im Thal, kann sich vor allen ohne vor Bomben wahrenr*^
maßen es denn schöne Mauren, Außen Werke, Graben, WalHF^
Basteien und Schantzen hatt, auch mit Keyserl. Besatzung uno^~*^
Sttlcken verschen ist, ist 5 Stunden von Hoffheim, haben logir» Ä^
in goldenen Hirsch'), der Weg dahin ist sehr lustig, maßen laute -^»^
Obenltn '»imiitti Arno, der »ich 16S9 am Hofe de» KurfQrrtcn Kart Ludwäg von der Wal Ä.^"*
aufhielt. Auch WilHam Poin wrillc 1677 in DcnUchland- WcinaartHi, Die Rrrolutk.11^ ■«"*'^
kirxhrn Fjtglxad» 1B68, S. 4>0, 4IS.
1) .Hockthof- Ul eine volktlüp liehe ßen^nnung für dat Dort BocksdlBfl, tirx * _■
EiKTiztiau gclqpm ; es gehörle im Milteliller vcrechicdcnen AdeUmdilechtern und kam ilfr^^^^^
an Baden. Krieger 1, 129; Da» Oroßhcnoetuin Baden S. IM. Über die Juden vgl, LüwtnM ■— ■"
4tdn, Oesch, der Juden in der Kurpfali IB6S. S. toj. .
») .Hoffen', jeUl HoHenheim, kam IB06 an Baden. Krieitec I, IWJ; Das Oroft^*^^
henostum Baden S. ES?. >E«cheT* ist ein Kh«n«rrische« AdeNgeichlecht, Kreschke III
t^6- i.SingheTT-, wohl daswtbc »ic SJnRCT (stimmac aedi» cuitor), Ist der Titd etno de
fünf }*rlUtcn dei aui 1* Miti;l ledern bcvtrhenden Mxinter DomkaplIcU, Die Stellen *ii
mit besonderen £inkUnttai ausgcsuiict und vom Adel sehr becehrt Weni«, Der Dom v<
Midn> I, 1S17, S. 317.
■) .Sivibc* «Olli von nevltjes •> VUdhdt, PlQnderunK. Heidelberg mr yonmr*
2*. Oktober IMS bis t. Mine t«S9 von den Pnntoflcn betetit. BcL ihrem durdi das Vor-
rücken der Sichten und Bayern vcranlaltlen Abzug iprenglen sie dai Schloß, jedoch
ttllweiie; die weiler gehenden Zer^löniiigen rühren trat von t6M her. Die Stadt,
ZenlAinng M^lac filiemaminnt hatte, hlieh daniili bb auf die Neckarbrnrkc, dxi Ratbaaff
und }* Hiuaer verschont, wril vic in HciLbronn die Erlaubnli xnm L&ttfMn
wurde imd «eil die Dngoner M^lacs ilch bestechen ließen. SiLzer, OcKhIchle Hddd-
bergi <^S und iet9, Heidelberg tsri; Crdmanntdorffer D[, i4f.
*) Der goldene Hirsch, ein damals viel tmuchtcs Oasthaus, lag am Markte
wurde durch den Btand de& Kathantet stark l>eKhJUIiEt. Salier S. 3i.
Reisetagebuch eina Dresdners vom Jaiire 1691. 465
Weinberge auf der Seiten, auf dem Wege aber Nußbäume sind. Sind
gekommen bei Wießloch durch Nußloch bei Leimen*), einem Städgen
2 Stundt von Heydelberg weg, dahin. Blieben den 18. drinnen.
d. 19. Jun. biß Bruckhäuser Hof. i'/i Stundt. den
t9. aber ins Hauptqvartier nach dem Bruckhaußer Hoff^), ist gantz
verbrandt, sind nur etzliche Häuser^ alle aber biß auf eines, wo-
rinne der Churfürst logirte, abgcbrandt, wir und die gantz s. ♦if|
Hofsladt mußten campiren, da regnete es die gantze Nacht durchs
den 20ten aber wurde es besser. Den i9ten kam einer von
f'ranUosen, der überlief. Kurtz darauf noch 8. Stillgelegen den
2oten et 21sten.
Hoffen bis Bruckhäuser Hoff (6 Stunden, campiret. Den
^tsten tag in lauter Dreck).
d. 22. biß Schwetzing V4 Meile.
Stülager d. 23. 24. 25.
SchweUing ist ein Chur Pfälzisches Dorff, in welchen die
^rantzosen ein herlich schön Schloß, wird Schwanau genannt, ver-
Vjrandt und auch etzliche Häuser verwüstet haben, und alldort
liinder den Dorff ist ein wohlangelegtes Fasanenhauß, hundert
Schrit lang, auch so breit, ein Lusthauß drey geschoß hoch, unter
\velchen u. neben welchen der Fasanen behaltnüß, gänge und
t^änge waren, steht in der Mtttc, auch viereckigt gebaut, dieses
>iaben sie an drey ecken auf den mittelslocken verbrennen wollen,,
■wie noch zu sehen, ist aber nicht recht angangen^). Die Keyserl.
lind Sachs. Anneen haben sich vor diesen Dorf Conjungiret, bei s. «■
«Jenen Keyserl. stunden auch die KreißVölcker. den 22. hj. war
ihr Churfürstl. Durch!, nebst beyden Printzen, auch Offiziren in
Lager, da Zugleich gewesen ist der MarkOraf von Bayreuth,
I) fasl al!c Orte in der Umncbütie von Hddelberii bitten t68a/39 kIivct durch
<lie Franzosen zu kiden. Ein Turra in Lrimai heißt noch praiizaicnloch. Bei Wlnloch
«i^c Manticld 1633 über Tilly. OroßhcriOKtum Baden, S. BSa, 909; Krieger [I, 47. »S.
*] Von hier an lilnbl Killer, drr bl^cr mit dem Kamtnerschrribcr L.rUlrinK allein
gcreiil zu win tchdnt. bi» ru seiner Erkrankung beim Hauphnurticr. Der Mdcrtiof Bnidi-
hauten kam im ^€. Jihrh. als Ho[£ui an die IfurfürstL.-ptil tische Hoflaminer und scb&rt
Jetzt dem £rotincnogl. Hiuic VMta. Krieger 1, IQ}; üroOhcniogl. Dadcn S. 794.
*) Du Dort Schvcuineen wurde 1B33 xur Sudt erhoben. Da« Schlofi, audi
Schwaningen genannt, wohr&cheinliich im 16. Jahth. erbaut, diente Im 17. Jahrh. als Landsitz
für die KAngriilln von Drsenleld und sei« IMI lür die Gemahlin dn Kurfäntcn Kart,
Wllhclminc Emcstinc (t <7M). Sie i»t auch die Erbancrin dct FaunaUMUies. Das Schloß
wde 1689 von .M^Uc lerM&rt Stockte, Onindriß ein« Oetcb. der Stadt ScbweUinetn
S- 33f. .OÄnge* = Weideplätze^ ■h'ingc ^ KangpUtzc; «Fange so viel wie Falle,
B. Mamelange. Qrimm IV, i, 1, 13»; lU, lin.
Archiv ffflt Knloirgcscblchte. VI. 30
466
Conrad RQeer.
c
MargGraf von Baaden, Hertzog von Würtenberg, KcyscrI. General
Caprara, bey diesen thaten sie ein Trinckgen, dabcy die KajscrJ.
Stöcke 3 mahl gelöset worden und diese gantze Armee auch
3 Salven gaben*). Den 25. gingen obhochgemelte an den Rhein,
recognosciren mit 400 Mann comniandirten rcuthem, als dieses
die Frantzosen gesehen, haben sie von einer Schantze, welche
ohnweit Mannheim ist, etzliche canonen-Schüße gethan, aber um-
sonst, haben auch etzliche hundert über den Rhein setzen wollen,
5. 4«. sind aber von der Helffte wieder umgekehrct.
logirt in der Schule.
d. 26. Juny biß Seckeaheim, I Meiic. d. 27. Stillge-
legen. Seckenheim, ein Dorff, welches gehöret zur Chur F*fallz,
und ist halb Catholisch und halb Calvinisch, so, daß, wann frühe die
Catholisclien ihren Gottesdienst verrichtet, als dann erst die refor-
mirten ihren exerciren ')* Um die Kirche Ist eine leine Mauer
gewesen, welche die Bauern selbst haben einwcrffen müQen,
haben Sie anders ihre Kirche in salvo wißen wollen. Bey der
Neckarseil ist Sie gantz nieder und in Fluß geschmißen, auf der
Dorf-Seiten aber sind nur Stücke ausgebrochen worden, und
dieses haben (die) Frantzosen zu ihrem sonderlichen Nutzen gelhan,
maßen die Bauern sich hinter Mauer ziemlich haben defendiren
können. Dieses Dorf liegt 7 Stnndt von Philipp-Burg, 4 Stundt
von Speyer.
logirt bey Martin Frcycn.
s. 4s, d. 28. Juny biß Schaarhofen, 3 Stunden, d. 29. 30. et
julii t. 2. 3. stillgelegen. Schaarhoffen ohnweit Rheins (3 Virtel
St vom Rhein ein Calvinisch Churpfältzisches Dorff, aliwo las;
die gantze HoffStadt campiret und zwar bey sehr guten Wetter^,
*) Die .KrrißVölckH' sind die Tnippcn des frAnkiuhen und schvibitrhen Krriia
Nadi Schuster u. Frxncke 1, 119 rrfot^'le die Vereinigung der Sachten nnd Kailcrticka
cnt am H. Juni bei Sedcenhclm. Doch fibl auch dai Theitniin Europamn XIV, il. dB
weh die dreimaliEc Salvt und andere aus Anlafi der Veninigung gcacheheBe fmdcab^
MUgiinKen enrihnt, Srhweliinse« als Ort dei Vereinigung an. Ober den Mkrkgnfcn Mi
Baymilh und Caprara vgl. oben S- «41 n. *46. IJcr Markgnf von Baden war Ludwig WllWll
(i6'7-i707J, diKrder hcrvomgcnditen fcldhcmi seiner Zell; crübcmaliin i«W die flkn^
der Reichiamee. Henag von Wümembe^rg vir damals Eberhard Ludwig (I6T7 - ini). fati
1693 unter VArmundichaft »inn Otteims [*rinlrich Karl.
*) Das Dort Seckenheim, seil II03 tiadlscli, iiegl am Hnlien Nccicarufrr- Im 9 Jäa%.
war es im Hesilz des Klusten Lorsch. d«nn gchfirte es abwechselnd bald zo MaiRi. baM ni
Pfali; daher die venchJedcne Konfession. Krieger II. 9<6; das OroBbenogtum BadcnS-M
■) «Sdiaarhoffcn', jet» Schaarhol, badltches Dorf am rrchleii Neclt^nilcr, uiimi
Sacdliofen. Dicht dabei müudcl der Nediar in den Rhein., in dem hici eine Intel
Krlfgef II, Sil ; das Oraßtierioglum Baden S. 919.
4
war in diesen glQckl, daß allda eod. 5 frantzösische capitains
\ Lcutenant 1 Fähnrich und 2 g:cmeine Soldaten von den Frey-
willigen, auf gut teuzsch, den Schnapfhäncn bey Worms, als Sie
zun Nonnen ins Kloster, Sie zu besuchen, gehen wollen, ge-
haschct und als Kriegs Gefangene eingebracht und in einem
besonderen Zelt von Uns vcrhafJl. behalten worden'), d. 27. hij.
haben Sic Uns Meistere des Rheins gemacht, maßen Selbige ihre
vorlhei! haftiges (!) Poste auf der Inse! im Rhein, als wenige Qranatier
und etzliclie Tragoner drüber gesetzt, verlaßen und fortgangen,
von welchen Sie Uns entweder gar repelliren oder doch wohl
1000 M. u. mehr ruiniren können*). Gott Sey Danck vor dieses,
Er gebe inskünftige denen gerechten Waffen Sieg, vergeh Uns
unsere großen Sünden und laß die Straffe einmahl aufhören! s. 46.
d. 30 hij. sind ihrer s zum suspcndio, weil sie durchgangen,
condemnlret worden, von welchen sich aber ihrer 5 loß gespielet,
und also nur 3 erhencket worden.
den 2. July haben 80 Keyserl. Husaren und etzl. Sachs,
Tragoner etl. compagn. Franlzoscn getroffen, da 3 Husaren er-
schoßen, u. 2 plessirel, von denen Frantzosen aber an die 50
niedergemacht, 23 übel zugericht gefangen und ins keyserl. Haupt-
quartier zum Caprara gebracht, auch über 50 Pferde, obschon
etzliche wieder zur Armee gelauffen, zur Beute erhalten worden.
Die übrigen Frantzosen sind fort gegangen*).
Campirt bey guten Welter.
den 4tcn Jul, den 5. 6. 7. 8. 9. SliUlager. Ober den s, ".
>) ScbnttpIhJhnc odcrSchnspphlliTic enUprertcn den jdxijen Franctimtr». OHmni
IX, 1174.
■) Difl die Besetzung dci RheinBbergingt bd Schurhof am II. Jniil vor titb
KCganKen «i, Isi nicht recht vahncheinlkh, di die Vcrliündeten nach RQ£ers Hzenen An-
ptoOl ent tjn iB, Juni b\f^ tu ilinein Ihufe nx^citirlcl »ind. Dm Thealiuin Euti>|i. (XIV,
35), du dne Khr dnfehtndeSchlldrniing (EesdamallKcR Rhrlnüber^nKsmlhäU, vrr legt die
Beirtzuiig der Über|[U£Ule11e Klion >ut den :*. Juni (4. Juli). Man besetzte iiinlchil mit
24 *ul Kihnen übeigeseUten Qrentdieren die RÜeininKl, banle von da lus den Rniea
einer «on detr Fniiuii>en ^tijfrbfocheneii Hräcke eiiir Notbrüeke und ichlug dann eine von
.UAlni her bcißwch äffte Schiffbriickr. auf ilcr die Vrrbündctcn vom 3. bis 5. (i J. bis U,) Joll
mit ihrer Eeiuiiten Sireiunacht ilbcncfztcn. um bei t^rinkenthal ein fcslei Lager lu beliehen.
l>le FtiRiosen »uiihien iwac durch viedertiolle Ocfechte die Operationen der Alliierten i»
hindern. ^Logen sich iber b^ld auf Neustadt und Landau /urAck. V^l. auch die mil den
Tbcatr Europ. im Manien üliereitulimitiendRi Beriehte bei Jign, Europ HistoricBS II. tfö4,
S. I037f.: Qulocy, HlstoJrc miliiaiie de Louii IcOrand II. 17I6, S. »41 f.; Bcost Tcldzüp
Üa karüchi. Armee üOZ, S. 1)4 f.
t Dasselbe bcncbkt mil den gldcbcn Zahlenangaben zum 2. (tl ) Juli du Tbeafr.
Europaevai; der Überfall geKfaab bd Pricddtbdai. dncm plälziscben Dorfe in Bexlrka-
nnle Notsladt-
30'
468
Conrad ROger.
e
Rhein vermittelst einer Schifbrückc auf die Insel, davon die F.
von denen wenigen Oranalirem getrieben, und davon wieder über
eine feste Brücke, die über einen Arm von Rhein ist, auf feste Land
und nach Franckenthal, welche vormahls nebst Mannheim des
Churfürsten v. Pfaltz festeste Stadt und schönste mit gewesen, je»
aber gantz und gar, daß nicht 10 Häuser mehr stehen, verbrandl,
und die Festung destruiret ist'}, von denen Unseren aber wiedenin
ein wenig mit schantzen verwahret, wird der gantzen Armee
Proviant Hauß werden und wohl besetzt bleiben.') Vor
den Thor, da das Läger steht, hatt man 2 versenckte Stücken
gefunden. Hatte vormahls gedoppelte Gräben und Mauren ge-
habt; item einen canal durch die Stadt, auf holländische mode*J.
>yorms liegt 2 Stundt hiervon und ist noch greulicher verwüstet,
doch stehen noch 2 Nonnen Kloster und hausen ctzliche geringe
Häuser, ist gar nicht feste gewest*). Schaarhoffen biß Franckenthal
2 Meilen, campiret bey heisen Welter hinter der abgebrandten Siadt.
d. 10. Jul. d. 11. 12. 13. 14, 15. 16. 17. 18. 19.20.21.
22. Oerücket eine Stunde davon; eine halbe St von OGershdm.
campiret. Den 1 1 tn. wurde eine Spionin von denen Bauern
eingebracht, welche schon 3 Jahr mit dem Feinde gehauset. Den
I2tn. kamen über die 20 überläuffer, die teils nach Savoien
s. «. gingen, welche sagten^ daß der Feind eod. mittags gegen to Uhr
aus Neustadt in Landau gezogen, und sich sehr fürchteten und
versicherten, auch wenn die Teutschen sich höher hinauf zögen,
würden viel von dem Feinde übergehen, maßen den allbereHs
schon 6 Regimenter gen Brabant gangen als dcserters*), Uem
^ PnnlccRthal, *dl iSK mt bayriKhcn Pfali ttchirie. Seine Vmwutdlang indic
tIaupKcstune rührl von den Kuilüntcn Fritdridi iV. und Fricilrkh V., den WlnhrfcM^
hrr Am M. Srpt. I6S9 vurdr « durch die Praniown vollstünttig leftlört tind bikb ■•
bjf inn Ryivkkrr Frrrden. Qöt; il, »OH I ; Havaria rV, 2, TU
)> XHti dlcK AbsMt bH den VcrbflndHm bestanden hat. beieugt auch Qaincr H«
491: nils pvmtrenl d'abord i r^parcr Ict fortifintiom de cette place, itia qa'oi at 4t
quelqu? mauinis nant* Ils entswii mi posle paur ae nicitrc 1 awvtrl."
») Seil tSfil hatte »ich dnr KT^Bere Anahl (Ifichtiget Wa Honen! am ilien In Pratiktallnl
ansesicdcit. die Khr rur Hebung dci Orte» bcitniKcn. I>er S km tanee Frankenthaler Kliial>«-
btndel die Issiacta, dnen NebenfluQ dei Rheins, auf IriSrzereni Wcsc mit diesen). Qöti II, ML
*) Worms, seil Oktober IfcRB von den Franioscn bcsetil, wurde am )i. Mal tW.
dem I^iiiic^liIiL-n^ta)-.!^. '^I ^'"f in Asche ffelegl. Cs braiinien 964 Oebind? nieder. Die
beiden stehen gebliebenen NonitnikltWer waren d»» MarieftraOfuter fär Ci«(t raiawriim
und doi Nonnenkloster auf dem Berc« der Kaptudner. Außerdem blieben nur die St. Mera-
hardt- und St. Mictiaellikirche. * M&hl«n, 7 KIukt und 7 Schctitien der Speiio- Vontidt
erhallen, ßoo«, Oesch. der rheitii^chen Städtekullur IV, 1W1, S- 4«}f.
*i Db*T .OOenheim* == <:)]|;£;crslirlm r|tl. unten 5. 470, 4. Htether verleftai dieVer.
bBildelcn Ihr l.acer. Bei den E-'ranzoten herrschte £roner Mantel an LebcRSmlltdR, dilKl
die tahlrejchen Desertionen, "nieatr. Curo|i. a. a. O.
Rdsetagebudt eines Dresdners vom Jahre 1691.
469
daß Qcneral Düpel gefangen gen Paris geführet wordeHj weil Er
versehen, daß die Teutschen über den Pass beym Rhein kommen
wären, gleichfalls auch, daß der königliche Stats Sccretarius
Luvoieau gestorben ').
den iSten Jul. brachten die Schnapfhähne 25 Pferde und
gefangene, die andern niedergemacht, ist convoij gewesen bey
einem karen voll mundirung, welcher aus Strasburg ins Frant-
zösische Lager hatt gehen wollen'). Eod. tractirete der General
Feld -Marschall Schöning die beydcn Durch). Printze und elzl.
Cavallier, da Sie sich ziemlich lustig macheten. Printz Friedrich
kam mit einem Glaß Weine auf einem MaulEsel geritten, und ritte
um den Tisch herum, trunke es dem Feldmarschalte zu, der sich
dann auch auf den Esel sezte, und dann käme es an Graf Reisen
und Obristen Röbel, der stattlich vexircl wurde*), maßen ihn denn
der Esel herunter wurff und ein glaß, welches sehr schön ge-
schnitten, zerbrach, auch die Scherbe! aus dem Arme ziehen
muste. d. 1 6. Jul., als der Churprintz von Sachs, bey den Marg-
Orafcn von Bayreuth nebst noch anderen zu gaste war, ging Er
von da in des Caprara Zell, alwo der Printz von Neuburg*)
auch war, mit diesen entzweyete sich der Churprintz, und auch
so, daß dieser den Degen zog, und wenn der Hertzog von
Würtenberg nicht darein gefallen, selben gewiß, wo nicht gar,
jedennoch gefährl. würde gestochen haben'). Eod. Zur Nacht
ij Der SUiilitni nhtrr Lotivois, der HsupUnrtiftcT des pfllT.iichen Krieges, »tart)
finz pldtillch am vE. JoU 1(91. Mit dem Ocneral hDüpcI« ist der .Mir()uis d'Uielln
foncint. der Kanttn^ndiiit der luniAsI sehen Intariterte. Seine Verh«flun£ aui dem gleichen
Orundc beliebtet auch Jiütr, F;tiTup. HUIcrirut H, 19*0, vährrnd in den tonfliKen Hecichtcn
aber ihn nichts davon crrUint wird. Quincy tl, «O lührt lu sHner Ent&chuldiguns dte
Schv-cllung dn Rheins an. Jednfnll» muß er lich bald haben rech tf<:rt Igen künncr; denn
«r ert^einl Ii:i Winter t69i und in den folgenden Jahren vlcder als Komnunduil dn
dsaS. Am lt. Sept. IbSS übeieab er nsdi acbtir&chi£er tapferer Vei1cldl|;utti: die letlung
Maln^ na Karl von LoIhtinKcn. Spltcr Icilele er als bcvnllmäclilii;tcr -Minlslcr die Ver-
hajidluntren dc^ Utreclitcr Friedens. Nouvclle biogriphlc univenctlc VI, 233: Röusset,
HUloirc de LouvoU JV, 1372, S. 497.
*) Von einem iiiißluiigrnen Oberlall auf einen nacb Neustadt btstlniinten (raniß-
tiscben Canvol bcrlrhtet dai Ttiealr. Turop. lum 1, {n ) Juli,
•) l'nnt 1-iiedrifli ivi hricdrich Augiist, der jüngere Sohn Johann Oeorg» Itt. Mit
Oraf .Rrisen- ist Fcldm.irschalllcu>nan1 Oraf Heinrich VI. von RniH gemcim. F&hrcf einet
dienen Resimcnu; er fiel 1697 bei Zenia. Der Oberst von Röbd adchncte sich neben
dem KufpitRirn bcscmdcrs beim KhHnübergins aus, Indem er eine (ranrAsiicbe Sehanxe
beim Helmshül eroberte Theatr, Tuiop. XIV, 36. 107; SchiiiUrr a. Francice I, 114.
•) DtM ist iedetifatlü Karl Philipp von Pfali- Neu bürg, der jün][cre Bruder des
ixsleTendcn Kurfürslcn Johann Wilhelm von der Pfali: er vir nach dem Tlieatr. Europ.
an 16. tl^.MuH Im Laser anKtltumaien.
s) Über dieMn Aufirill und die vorher geschilderte IusIIkc St«ne beim Oriace bl
lonst nichts bdcannL Beide Vorlille sind JedoilalU bezeichnend für den Odtt, der in
Heere heirschw.
S. «.
S. 30.
470
Conrtd Rä£er.
war ein sehr großes und starckes Gewitter mit eischrecküt
Schlägen, hatt auch einen Obristlcutenant namentl. Wobeser'
ein wenig gestreiffet
d. I7ten Jul. Diesen zur Nacht sind lOOO zu Fufl und
etzliche Reuter vor das Schloß Hartenburg {welches wie man
ietzt höret nur ein Raubschloß ist, und nur Freywillige von
Frantzöslscher Seiten darinnen aus und eingehen) solches ein-
zunehmen commandirct worden, u. zwar zu dem Ende, damit
der March gen Neustadt unbesorglich seyn mögte; sontägs aber
als den t9. kamen die commandirten wieder, weil vor unrathsm
befunden worden, das Volck davor zu niiniren, weil es nicht
s. 51. mehr importirct').
d. 18. Jul. Den Sonnabend worden von den Scbnap-
hänen 2 gefangene als: ein Stabs- Apothecker und Cammer Diener
eingebracht Eod, ginge ich nebst Hn. Eiert hohorsten und Hn.
Cotten*) in das beyliegende Oggersheim*), da war wohl alles
verstöret, die Einwohner entlauffen, und an deßen statt der KeyscrL
Staab darinnen lag, doch wäre nichts verbrannt. An cincni
Hause, darinnen der Hertzog von Neuburg lag, stunde ein Büd
in Stein gehauen über dem Tlior, neben an auf einer Taffei
folgendes:
Religionis Vcterum
Oenn: tndjgfetum
ludido
Felix Anliquitas
Anno MDXX\'III
Enita Rcstituta*).
I) Pammenchcs Adeltseichlechl nach Knochkc IX, 594,
^ Ndch dem TlKaltum üufopaeum XIV. 37 waren bei dem mifituBgcneii Hj
auf du bei Nrustidt a. H. srlcKmc- SctalciH HartaiburK mir ISO FaSnoUixn nnd *»
■il Alton unter TahninE dn Majors von Braiid bddllf^. den der Obent Rdbold
SOO Rdteng untcritQIzte. Die tiiinenburK, \m n. Jihrh. von den Onfen von LtiDiain
ertitut und im 1&. Jshrti zu einer jtarkcn Fcittiiig umscbiut, war i MO -1691 von den Fna-
toten lie&dtl. 17^4 ubermaU vun ilinrn ein^enniicnien. wunlr iic nieder|[rbnnnt nnd td
tdtdem Ruine. Oenaiic BcKtirdbung bei Ebhard, DiedeclKhen Durgen Lfg.VII, i995> 5 UH.
I) Ein .Eiert Hohonf «urde am lO. ScpL i69* ili Hofbarbier KnrfQrst fricdridi
AlgutB in Pflicht genoinmen; Theodonis ColU war wie Rüger ReiiClummcrvervandter «nd
«urde mil ilim n'eichzrillg vetpHichld, Vgl. aber sie Nachrichten üb. d. Fam. K. S. *», Sl-
') r)2iCi'r^ti''i"i» SUdt in der bayriwlicn I'tuli, viirtle 1619 von den FntlXOMl
■iedergebrannt. Hier hielt sieh Schill« 1781 nach seiner Plpchl auf Götz II. SM.
>) Das Haui, an dem die Inicbrilt angebracht war, wu das Crtihaut lui goldenen
Krone. Da« dazu gehäiigc, IS2B auiccgrabenc Dild ttdite den Merkur vor, der anr Zat
der RAmefhetrwhalt in der ftudiilMren, vom Maodd belebten Oegnid beM)Bdcts verrtttt
wurde Widder, Verbuch einer geogr.-hlst. BcKhreibnng der Pf.ilz It, 1786, S. JST; Banrta
IV. 2, SM.
Reiselagebuch eines Dresdners vom Jahre 1691,
s. SJ.
d. 1 9. Jul. Als Sonntags besuchte Se. Churfl. Durchl- den s, s»
Hn. General Feld Marschall Schöning noch vor der Predigt,
welcher noch immer von dem neulichsten Schmause kranck ist;
als er wieder fortginge, sagte Er: Unser Feldmarechail liegt
drinnen und schreyet sehr.
Campirt bey abwechselten (!) Wetter und viel großen Gewittern.
Es hatt sich allhicr nicht wohl caniptret, maßen von das unge-
sunde Waßer und bodem verursachet, daß die meisten der Hoff
Stadt und großes theil der Armee kranck liegt, Weil nirgend hier
gut Waßer, sondern in Ermangelung deßen man gez^\'unge^
'worden, 3 Ellen tieff in die Erde zu graben und das zusammen-
selauffene Wasser zu suchen, welches man gebrauchte, und daher
viel Leute krank worden.
den 22. Jul. ging der Hr. Cammerschreiber Leißring auch
an einem hitzigen Fiber krank nacher Heydelberg, die Nacht
zuvor Hr. Cotla, und war ich also alleine mit der Cassa.
Multa propter morbum mihi ib(idem)
fc '. obvenientem desunt.
^^P Nach den 6 wöchentlichen Kranken Lager mußte von Heyl-
~T>ronn wieder zur Hoffstadt nach Schweigern, ein Dorff*), nach
diesen ginge den 20. Sept. von Schweigern gen Tübingen zu,
alwo die Churfl. leiche stundte, mit welcher ich gen DreSden
zu gehen befehliget.
den 20. Sept von Schweigern. Den 20. kamen wir biß
Stuttgart, welches die Wörlenbergische residentz ist, von schönen
Gebäuden und schön: Situation, wird aber in der Stadt sehr
unflätig gehalten des Mist's und Schwein Viehs wegen *).
den 22, hij. Sept. sc. käme ich in Tübingen an, 9 Meilen, s. ss.
wurde auch diesen tag vom Fieber wieder gcplaget und femer
noch nach abwecbselndte Tage. Tübingen hatt ein Schön Schloß
hoch auf einem Berge Uegendt mit 12 Stücken besetzt"). Die
I) Schvrigtm, SFJt tSM ru Bidm gth^rign Dorf Hier vCTFidigtc SdiAnlns im
Hupiquxrticr die licluischen Tnipp«i ffir Johuin Ocorj IV und fQhrK tie cUnn nach
Frukeo und Schwaben in die Wlnlrrquarti'rrcr. Ocuet U, 129; Krirgvi 11, 9Sli Qroß-
henogium Badat S. 9i7.
•I Stuttgart, RnLdtni <tH Cbcrhud dem Eilaufhten (f I32S), Im t). iiKt t«.J«hrb.
ii«f£n')flcrt und vetschiiiicit, lulle im üljährlcra Kriegr schww lu leiden e^^^t; dalier
wohl drr vennlirlmt«^ /usland Kirr- WüiOrmb. I, iMf.
•) SchloR HohentfibiigriJ, im 16. Jjhrh, von Henog Ulrich erbaut, cnlhäll jct«
dte URtrcniatsblbllothck und Hne Slemvirlc. Kgr. WSittemb. It, 568. Die Ldcbc des
S M.
!5. 26.
" ä
h
1
472 Conrad Rflger.
Stadi hatt fast lauter hölzerne HauBcr und lauter hochben^gte
gafien und Mist genug auf denselben, li^ in einem tieffm
Thal, doch in einem nicht so schönen, wie Sluttgardt, halt
zweyfache Mauren und aufziehe Brücken, d. 23. 24. 25. 26.
27. aldort verlogen.
den 28. Sept. bis Walddorff), 3 SL
logirt bey dem Schultheiß.
den 29, durch Nörtingen, eine ziemliche Stadt"), hä
Kirchheim weg, welches mauer und graben hatte"), nach
Schlicrbach, also 3'/» Meile, da ist nichts wunderlichs zu sehen,
6. 5«. als daß die Schwein Stall mit Schieffer gedeckt, war ein ziemttdi
Dorff*), logirten bei dem Pfarr Schultheiß.
d. 30. Sept. bis Wäschebeyern, 4 Slundt, welches ehf
Calholisches Dorff zwe)*crlcy gräfflichcr Herschafft, logirt beyro
Schulmeister ').
den 1. Octobr. biß Mechlingen, 5 SL, ist ein Do
hatt Viererley Herschafft*), musten durch Schwäbischen
OemQndt, war eine Catholische Stadt, mit 2 Mauren und
schönen Graben, auch auf zieh Brücken^). ^H
logirt bei einem Italiäncr. ^^
den 2. Oct. nach Hüttlingen, 4 St., ein Dorff, logirt bey
einem armen Drescher'). jH
KtiTfflittnt wtr in chonaUgoi collesium illuvtrT. dm fctdKoi Wllhclmitift vo er fc-
ttoibn *4i. lufgcbahn. Am ^8. Sepl. vnrde tic in fdalichcni ZB^e nnlct cbroxla
nihfne der Tübinger Ddiördm und BBrgenchift uit der Sudt *e££dfihrt. Vgl.
Europ. XIV, 991., -ro Üb« du LcbCfUcndc (In Kurfanlm, dir frlnlichr Obetfl
ieinti Leiche narli der Hdmal und die prurkvollc BriBrIrnng in Freibera ein tehr
sehmdn- BcTichl geip-bcn vird. Die dibd genannten AiirenUultssfaitioncD HiiniiMii
der Zdl nacti genau mit denen (n unieran Tagebuctie aberdn, dcsMii VafuMr als Hirf-
beamler zum Leiclicngefol(jt eehdrie.
1) Walddort liest im Schwanvaldkrcife, nordSitlich ron Tftbinccn. Das Kgt-
Württcitib, II, 583.
■) Nürtingtn, OberwntoUdl am Neckar im Schwarrwaldkreis« , bcrfllimt dardi
Kine Schulen, u. a. von Schrlling und Ilüldnlln bourhf. 1»* Kjcr. Vürttembers "• f^'-
■) Kin-Iiheim unter Teck, DrzJrksamtMladl im rJunaukm!«. Am i. Aofust 1<W
brannte fast die ganie SladI nieder. Das Kgr WfirltmibcrK IV, tst.
«) SchHerbach,evaaEdlsdi€sPf»rnlcwf ImDoMultrclae. UasKcr.WarttanbctglV,M5.
"i WiKhnibeuren, Dorf in Sdivarzvaldkrdie am VaSSx de» Hohenttaofcnt. Da»
Kgr. Warltefnb«T]E II. SM.
*) MßiicUnKen, kattiolltcho PUndorl Im Jagsikreise an der Rons. Dkl Kp.
Wflmemb. II l :3*.
r) Sc)i«äl>tirli Omßntl. OberamU*tadl im Scbvarrvaldkrdsc. bis I8*J frde Kdch**
■lUtt. Von drt ehemaligen BefestiKune stehen noch zvel Tor. and vier MaucnüfBie. Du
Sttdl lit noch jelzi varviegend kattaoliicii. Üu Kgr Wärttcmb. II, :it.
() tlfiliUngni. kalbf^JKhei riarrdori im Jagiücrdie. Das Kgt. Värttroib
den 3. Ocl. durch Elvangen, isl eine Frstl. Neuburgische s. sr.
Catholische Sladt'), Nach Dinkelspiel 6 Stundt, ist eine Reichs-
Stadt, ziemiich erbaut, halt aber nur eine Lutherische Kirche. Da
logirt im Gasthause, Plug genant-).
den 4ten allda Stilllager.
den Sien bfß Großen Rieth, 4 Stundt, ein Bischöff-
liches Catholisches Dorff*), logiert beim Schulmeister.
den 6. biß Windsbach, 5 Stundt, ein klein FJeckgen,
welches Anspachisch ist*), zuvor durch Eschenbach, ein Ca-
tholisch bisch öffliches Städtgen'). Logirt bey einem Fleischer.
den 7. Oct. bis Zirrndorff, 3 Meil, ein Anspachisches s. s».
Dorff), zuvor durch Schwabach, eine ziemlich feine Stadt mit
graben und Mauren '). Logirt bei dem Möller.
den 8. hier geruhet.
d. 9. biß Eschenau, vid. supr. p. 18.
liegt von hier 4 meilen.
d. 10. Oct. biß Hilpoldstein, vid. supr. p. 17. 2 Meli,
gingen durch Oräfenberg ein Städgen.
d. 1 1. geruhet allda.
d. 12. bis CreuDen, vid. p. 17. liegt von Hilpoldstein
4 Meilen. logirt beim Apotheker.
d. 13. biß Bärenheck, vid. p. 10. liegt von Creußen 2 Meilen, s. 59.
logirt in der Schule.
d. 14. biß Münchsbcrg. Mönchsberg li^ von Bärenheck
1) EMvangm, ObcramMsladt im Jigstkrctsc in der J«£sl. Die noch itizt fiil gmz
haUnllldie, hu lao} reichiuiimlltclbaK Slidt v«danlil itire BnIralnitK dmi hkr im 8 Jahrb.
gfSrflnrlctm Bcnrtliklincrklostrr, du 1*60 jn ein wvlttictm Stift umgrwtndril vurdc. Das
Kgr. Wartwtnbcrii. III. io2f.
*) Dinkrlsbütil, BrxiiksamlMtadl in MillFlfnnkra. Als prolKtanlisdir Plarrklrche
diente bh IM^, wo dnr n'Cuc crTictitcl vurdr, die Kirche dn Pträndnerspitals und Walwn-
hauio. Die Hauptlclrche der Stadt, die hier ijnnHnt iii »ein «chriiit. I«t die St. Oeorga-
kirche, die von l$33 biii 1643 dem proleiUn tischen Ootlesdicnsle eingeräumt war. dann aber
«ieder katbollich wurde. QfitK II, !Ozf. D» Oaslkaui mm Pflus, jetzt t'rlrathtita, las
in der mm Hothcnbuijcr Tnr führentlrn SlraRc; bis etwa iM! vurde darin (5ie {J3»twlrt-
•etaafi b«trid>cn. Nachrichten üb. d. Farn. R. S. 49, Anm. :;.
*) Orof^ried, PtarrdnrI in Milteirranken. OAtz Tt, 346.
*i Windsbach, Städtchen an der Reut im Bedtkunite Ansbach, Q&ti II, 301.
■) EKhenbach. Slailt In MittclfranketL Oöti 11. 366.
1 Zirndorf. MaiktHerkm in .Miltdtrankcn. Hier lajccn sich \ti2 Ttllenfteln
und Otistar Adolf mehrere Wochen gesenfibcr. Odtz II, 35i. Der Ldcheiuag tiniEcht
hier .NüniberK; dnin Zirndorf lieict eine SUinilr westlich davon, dai nichsle NaditqaaMjer
Cvhnuu dagegen mehrere Meilen nordötllidi.
1) Sctivabach, Bezirkaamtuladl in Miteellrukra. Q6lz II, 4M.
474
Coond Rüeer.
2 stsTcke Meilen, logirl bey einem Cnuner beym untern Tlior,
Zenckern.
d. 16. hij. biß Hoff, liegt von Möocbsberg 2 MeOeiL
supr p. 9. d. 17. da gerubeL
d. 1 S. Oelfinitz, liegt von Hoff 3 MdL ist an etzl. geUat
ein feines Städgen. hatt ein schön Rathbaus und 3 Thor'),
beym Fleischer.
d. 19. bis Ungefeldt liegt von ÖlBnütz 2 Meilen,
supra p. 7. logirt bei einen Cramer, »*elcher verständiger
als der Wirth und Oamcr zu Möncfisberg, der ein cigennüt
Degd war.
s.w. dL 20. biß Zwickau, liegt von Längefeld 2 Meilen.'
supr. p. S. logirt bey Georg Conraden in der Scbeer^
war ein alter Tuchmacher u. Ratbhcrr.
d. 21. Oct. biß StoIIberg. liegt von Zwickau 2 Meil '
l<^rl beym Tuchscherer.
d. 22. biß Cemnitz. liegt von StoIIberg 2 Meil. vid. supr^
p. 4. logirt bey einem Becken in der Johann isgaßen. ^H
d. 23. biß Edem. 2 Meilen, vid. supr. p. 4 pr. logirt b^^
einem Seiffensieder.
d. 24. biß Freyberg*), li^ von Edem 2 Meil. vid. pi.
logirt bey einem Kupffer-Sch miede.
d. 25. biß Dreßdcn. liegt von Freyberg 4 Meilen.
Hiermit schließt das Reisetagebuch. Enthält dasselbe auch
gerade nichts von hervorragender Bedeutung, so gibt es doch
manchen anziehenden Aufschluß aber die damaligen Zustände.
Auch erweisen sich seine Angaben, von einzelnen Irrtümern und
Ungenau igkeiten abgesehen, im ganzen, selbst in Kleinigkeiten,
als durchaus zuwrlässig, zumal wenn man berücksichtigt, daß
es sich doch nur um Tagebuchaufzeichnungen handelt*). Jeden*
4 Dm ÖlBilUrf fUthaa*. 16I6 ebant, vurdc Rh« t«n nm tfmtn kIipui
Biaadr Maticsiictil- Die drei Tore der ebeoute ituk bcfcstifta Sadt
4x% L'nln-- nnd das Ecertot. BaM. and KtnutdeaicnUer da Känigr. 'iwlMui IX. {
SciiDminn VII. lüt.
*t Hier in Frdber« bUeb Ac knfftnfltdK Lddw In der SAIoAkipclIe b«> n :
■■ lt. Da. im Dane arloicemkn BdMtnng itchm. Tbcitr. Earop. a. j. O.
*f MdglkhKiwm }at da ReiMtdc indi qk der im iT. Jjhrta. «orlundaiai .f
bidw facsHM. Das bekatralole denelben \ar> AUrtiit Zeilla sdufari slkidtav nhtlt
bcnafcwiEii n «ein- Vgl &bcr dtoe An Lileranr HkmcI, Zcittdir. fftr 1
gtsdk. liTI, 5. 407 f.
SM
:3
Rdsetagcbuch dncs Dresdacrs vom Jahre 1691.
felis kann man dem jungen Reisenden ein lebendiges Interesse
für das Gesehene, eine gute Beobachtungsgabe und einen ge-
wissen geschichtlichen Sinn nicht absprechen.
Nach seiner Rückkehr') blieb RQger in seinem Amte als
Rentkammerverwandter unter Johann Oeorg IV. und Friedrich
August 1. Zwischen 1697 und 1701 erhielt er den Titel und
Rang als Geheimer Kamm er seh reiber. Er gelangte bald eu ziem-
lichem Wohlstande, wie man daraus entnehmen kann, daß er
sich im Jahre 1700 einen eigenen Wagen für 125 Taler 14 Gr.
anschaffte, dessen er sich jedenfalls für die Reisen bediente, die
er auch weiterhin im Diensle des kursächsischen Hofes unter-
nahm. So war er 1697 mit Kurfürst Friedrich August in Wien,
1699 in Teplitz; auch in Warschau soll er wiederholt gewesen
sein. Im Jahre 1715 kaufte er von der Gräfin Christiane Char-
lotte von Flemming ein OnmdstOck an der Ecke der Schösser-
und Frauengasse in Dresden und errichtete hier einen ansehn-
lichen Neubau von vier Stockwerken mit acht Fenstern Front
nach der Schössergasse und elf Fenstern nach der Frauengasse*).
Außerdem erwarb er auch noch mehrere andere Grundstucke
und hinterließ bei seinem am 15. Mai 1735 erfolgten Tode ein
Barvermögen von über 25 000 Taler. Vermählt war er seit dem
10. Mai 1701 mit Citharine Hedwig Rachel, der jüngsten Tochter
des Hofjuweliers Moritz Rachel "). Eine ältere Schwester von ihr,
Anna Dorothea Rachel, war die Frau des berühmten Juweliers
Johann Melchior Dingünger, der mithin Rügers Schwager war.
Der älteste Sohn Rügers, der Gehe im Sekretär Moritz Konrad
Rüger [1703- 1740), ein vielseitig gebildeter Gelehrter, seit 1738
Unterbibliolhekar der Königlichen Bibliothek und des Münz-
kabinetts in Dresden, unterstützte Dinglinger vielfach bei seinen
Arbeiten mit seinen antiquarischen Kenntnissen*). Von dem
Kammerschreiber Rüger und seiner Frau sind noch zwei kleine
nur 2'/^ cm hohe Porzellanbildchen vorhanden, die bald vor oder
>) Vgl. tum folgenden Nachrichlen üb. d. Fam. R. S. 3i t.
*) Dis Haui, jelzl Nr. 4 der SdiöästrgasM, iit gmau budiriebcn bH Hasdie,
Uimtiidlidic Etnchccibuiit; Dresdens E, 1781, S. 307. Vgt. auA OurlitI, die Kunttdenkiiüler
Dresdeni, 3. Heft. t^oi. & jm.
■) Ober ihn vgl P Radid, Draänet Qcichtcblibiatter XIV (li»!], «t[,
•) 5pon»rl, Joh. Mrfiliitit DinElingcr I90J. S. »S. Richd. Dresdner Qesdiichh-
bUlter XlV.Mt.
I
476 Connd Rfiger.
•
nach der Hochzeit gemalt zu sein scheinen. Der Mann, in d>
Blüte der Jahre, von kräftiger Gesundheit, trägt eine Allonf
perücke, einen rötlichen Rock, blaue Weste und spitzenbesetzt z^Kc
Halstuch. Die Frau, eine zarte jugendliche Blondine, trägt ej— j
blaues Kleid, das gelockte Haar ist leicht gepudert und nn^^ni
einem blauen Bande geschmückt Auf der Rückseite des Fraue —^ti-
bildnisses stehen als Umrahmung zweier steh en^genstrecken(fl^3er
Hände die Worte: »Je weiter von einander, je näher beysammen — =i'.
Miszellen.
2u einer auf dem Schlosse in Königsberg gefeierten
Hochzeit, 1592.
Mitgeteilt von OUSTAV SOMMERFELDT.
^^F Auf Georg von Eichicht wurde von mir im Archiv für
r l<iilturgeschichte IV, 308, Anm. 1 aufmerksam gemacht mit Rück-
I ^icht darauf, daß er im Herzogtum Preußen während längerer
I Jahre die Amtshauptmannstelle zu Neuhausen bei Königsberg
I \crwaltct hat Er war ein Bruder des ebenda genannten Albrecht
■von Eichicht, Erbherrn auf Molsehnen bei Königsberg (nicht
Reisten) ')j und ist am 25. August 1602 zu Neuhausen als Amtshaupt-
mann gestorben. Seine Hochzeit mit Katharina von Sallet wurde am
16. April 1592 auf dem Schlosse zu Königsberg gefeiert, und
Markgraf Georg Friedrich von Ansbach-Hohenzoltern, der als
Vetter, gleichzeitig Vormund, des schwachsinnigen Herzogs Albrecht
Friedrich die Regicrungsgeschäfle bis zu seinem Tode versah*),
criieß ein Ausschreiben (Staatsarchiv zu Königsberg, Adelsarchiv
.von Eichicht"), durch das er unterm 15. März 1592 die an
der Eheschließung näher interessierten adligen Standespersonen
zur Teilnahme an der Feier einlud. Die kulturgeschichtliche
Bedeutung dieses Ausschreibens, aus dem wir insbesondere er-
sehen, daß Albrecht Friedrichs Gemahlin, die Herzogin von
Preußen Maria Eleonora,*) die Hochzeit für Katharina von Salle^
t) Albredii von CIcMcht, üa du Hofmdsirmiit In PreaScn bekleidete, slirt idi«.
Beritxcr von Pviticn vir Albrcchb Sdiwaccr. iJer Hotgcriclitint Albrcchl von Kreytzai,
«tnm ifeichlatb Im ArcMv tftr KnIlurKcachichtc IV, 3n. Crvibnung gctu ist Vfl. auch
J. Oallandl, Die von PJctiichl (Deutecbex Herald n, IMT, S. 151'IH>.
t] Ocorg Friedrich itirb >m i&. April I6D3. Hcnoc Albmchl Medrlcb am
H Auguil i&)S.
■> Sic ist un 13. Mai tui gcitorba].
478
Qustiv Soramerfeldt.
euer:
als ihre langjährige Kammerjungfer, selbst ausrichtete, mag dessen
nachstehende wörtliche Wiedergabe rechtfertigen:
»Hochtzeltbrieff an etzliche vom Adel, werden zu des Heubf
mans von Neuenhauß Oeorg Eychichten Hochtzeil gebethen, den
15- Martii 1592.* - >Oeorg Friderich. Edier lieber Getreuer!
Wir mögen Dir in Gnaden nicht verhalten, das mit gnedig
Vorbewust und Beliebung der hocfagebomen Fürstin, un:
freundlichen lieben Mumen, Tochter und Oefalterin, Fraweti
Mariae Leonorae, Marggräfin zu Brandenburg, getwmcr Hertzogin
zu Gülich, Cleve und Bergen') und in Preußen Hertzogin,
zwischen den erbarn, unserm Heubtman zum Neuenhaus und
lieben Gelreuen Georgen von Eychicht und dann vor hocher-
nandter Ihrer Liebden, der Hertzogin Camnierjungfrawen Catharina
von Sallet, eine christliche Ehe gesHefftet. Wann wir dann nun-
mehr endtsch Jossen, gedachte Personen uff den Sontag Jubilale,
welcher sein wird der sechzehcnde könfftiges Monats Aprilis,
nach dem alten Calendcr, christlicher Ordnung und Qebraud^J
nach alhie uff unserm Hause Königsberg einander treuen') ua^l
das eheliche Bej'lager halten zu lassen, ihme aber bey solchem
christlichen Werck und der hochzeitlichen Bewirthung auch Dich.
als der obberurten Ehepereonen verwandten Freundt, sambt Deiner
Hausfrawen und Kindern mit Gnaden gerne sehen wollen, so
Ist an Dich urser gnediges Begehren, Du wollest Dich sambt
ermelter Deiner Hausfrawen und Kindern uff ermelte Zeit nach
Mittag uff unserm Hause Königsberg an gewöhnlichem Orte ein- ^
stellen, dem chrisllichen Actu der Trauung beywohnen undH
nachmals die hochzeitlichen Ehren frcudfrölichen vollenden
helffen. Das gereicht uns zu gnedigstem Gefallen, und wir seindt
Dir mit Gnaden wol gewogen." — {Es folgt:) «Vorzcichnus
der Herren und verwandten Freunde, so wegen George
Eichicbt. Heuptman zu Neuhause, uff seine Hochtzeit zu bitler
Herr Wolff von Heydeck mit seiner Hausfrawen und Kindern^
die alte von Eppingen sambt ihren Söhnen; (^einholt von Eppingen
neben seiner Hausfrawen; Hans Pfersfelder von Karschau *)
<) Rictitig vitliDfhr Berg. *) d. i. träum.
*} KinchAu, Ou( und Amttbczlrk vcstUcb von Kteigtberg.
tlDÜS I
tle^l
lem^
•^mforderungssch reiben zu einer in Königsberg gefeierten HodizeiL 479
^^^nbt seiner Hausfrawen; Hans Albrecht Borck ') mit seiner Haus-
""^.wen und Kindern ; Albrecht von Creutzen ') mit seiner Haus-
rraw-en und Kindern; Dlttrich Packmohr mit seiner Hausfrawen
Und Kindern, auch seinem Brüdern Frlderich Packniohrn. -
Ludwich Rauter, WoITf von der Ölschnitz, diese bitten die Herr-
schatft vor sich selbst, und werden ihn Sonderheit verschrieben. -
<Z;um Uffwarten: junge Gesellen, 2 Kemmher'), Jorge Sallet.)-
W^egen der Jungfrawen Catharina von Sallet zu ircr Hochtzeit
zu bitten; Friderich und Christoph von Sallet, Gebrüdere, sampt
'Ten Hausfrawen; Friderich von Hausen mit seiner Hausfrawen
lind Kindern; Caspar von Hohndorff mit seiner Hausfrawen und
Kindern; HerrOerge Schenck*) mit seiner Hausfrawen und Kindern;
^V^ilhelm Schüeben mit seiner Hausfrawen und Kindern; Fabian
"Von Lehndorff'') zur Labappe mit seiner Hausfrawen und Kindern;
^stian von Lehndorff") zum Steinorf mit seiner Hausfrawen und
Kindern. - Friderich von Hohndorff mit seiner Hausfrawen, weil
*hr sehr kranck ist und nicht kommen wirt, bittet man extra-
^^rdinarie zu bitten, ingleichen auch Ludwich Rautem, Heuptman
^Li Brandenburg, und Wolff von der Ölschnitz, Heuptman zum
'"'ohenstein und Osterrode, als fürstliche Rethe, weldie man ohne
^as zu bitten pfleget."
i> ObCTjotuiiui Albrecht von Borcli s.ObctUrdlwheOeschichtiblätlcr ?, 1M7, S. J««.
•) Der oben genajinic HofeeriehUrat von Krcytten.
') EUmmerer.
<) GcDig Schmck rreitatir zu TauJmburE.
*) Fabian von Lchndorfl, Erbhcit auf Labab, Aratehauptmann zu Liütuilr 1599-1613.
*t Sebsftj«! von Lehndorff, Atntsbaiiplmann zn Otrtzho, t 16IO.
Besprechungen.
Arnold E. Ber^r, Die Kulturaufgaben der Refonrution. Einleitung
in eine Liitherbiographic. 2., durdigesehene und vermehrte Auflagt
Berlin, E. Hofmann & Co., 1908 (XI, 4S3 S.)
Es ist nicht gerade erfreuHdi, daß erst eine ganze Reihe von Jahren
nacl) der ersten eine rv-eite Aunage dieses Buches erscheinen konnte. Gute
ßüctier machen Indes ihren Weg oft langsam, aber sie machen ihn. V^r
begrüßen das Erscheinen der zweiten Auflage auch deshalb, weil es sich
um ciii M'irklich kiillnrgeschichtliches Werk handelt. Allmählich wäclist
doch die Zahl der ernsthaften und auf wissenschaftlicher Grundlage er-
richteten kulturgeschichtlichen Werke von Bedeutung erheblich an. und
mit ihnen wird auch das Bewußtsein von der Wichtigkeit und der
selbständigen Stellung der Kulturgeschichte selbst mehr und mehr durdi-
dringcn. Eine gewisse Erschwerung der Verbreitung des vorliegendoi
Werkes liegt darin, daß es, ursprünglich als das erste Buch einer Lutha-
biographic gedacht, auch bei seinem selt>ständigen Erscheinen den
Charakter der Einleitung zu jener Biographie, deren Abschluß B. übrigens
in sichere Aussicht stellt, bewahrt hat. So gipfeln auch jedesmal die
Hatiptahschnitle (vgl. S. 64, 101 nsw.) in Luther, wie dieser folgerichtig
überhaupt den Ausgangspunkt wie den Abschluß des Ganzen bildet (Vgl.
S. 5ff. und 342ff.) So kommt es auch, dal! für ein lediglich kultur-
geschichtliches Werk das vierte und letzte Kapitel: Das religiöse Leben
des Mittelalters doch wohl zu umfangreich ist Dieses steht eben durchaus
im Vordergrund (vgl. S. 201), Aber fiir uns kommt in Betracht, daß
das Buch gleichwohl über die religii^ Sphäre liinausgcht und durchns
kulturgeschichtlich gehallen ist. »Denn der Reformation", sagt Boger
(S. b), »kann unmöglich eine geschichtliche Betrachtung völlig geredit
werden, welche sich auf den religiösen Gesichtspunkt einschränkt, ohne
die ganze Breite des gesellschaftUchen Lebens am Ausgange des Mittel'
alters zum Hintergründe zu nehmen und auf der ganzen Unie die U»-
wandhmg aller Lebensgefühle nachzuweisen, welche mit den äußeren Oni-
nungen des gesellschaftlichen Daseins und den mit ihnen herkömralicli
verbundenen Ideen zusammenhängen mehr und mehr in einen unertttK*
i
liehen, die gesunde Einheit der persönliche]] Betätigung beständig durch-
Jffeuzenden Konnil-t geraten war." Und .die Menge der in dem Buch
verarbeiteten oder doch bcmhrtcn Talsachen" bringt es mit sich, daß B.
es mit einiger Beschränkung als -Einführung in das Studium der
mittelalterlichen Kullurgeschichle" bezeichnen kann. Dement-
sprechend hat er denn auch in dieser Auflage in dankenswerter Weise die
lilerarischen Nachweise angelegt, die ich besonders anerkennen möchte.
Diese Anmerkungen und Nachweise, die nach ursprünglicher Absicht erst
dem fertigen LiUher«.'crkc folgen sollten, sind also ebenso wie das gleichfalls
eigentlich erst für später geplante Register in dieser Auflage bereits den
»Kulturaufgaben- hinzugefügt, wodurch dn" Umfang derselben sehr ge-
wachsen ist. Dafür haben diese aber auch mehr den Charakter des
selbständigen Buches bekommen.
Nur wenig möchte ich zu dem trefflichen Buch noch bemerken.
Halten wir an jener Bcnutzbarkcit als Einführung in die mittelalterliche
Kult iiigeschic hie fest, so hat B. einen gewissen Mangel in dieser Beziehung
sogleich selbst hervorgehoben, daß sein Werk nämlich useiner eigentüm-
lichen Bestimmung nach die Entwicklungslinien der geistigen Kultur
natürlich viel stärker als die der materiellen betonen mußte-. Aber
mancher wird auch eine größere Berücksichtigung der Sittengeschichte
vermissen, deren Erscheinungen recht wohl in manchen Zusammenhängen
zu verwerten und zu beleuchten waren. Ganz stimme ich sodann mit B. über-
ein, wenn er als eine der beiden Qrundmächte jenes Zeitalters den Massen-
geist bezeichnet (S. 139, 1S3) und ihn des öfteren in seinen Wirkungen
nachweist. Vielleicht wäre aber hierfür ein Hinweis auf meine sonst
mehrfach von Berger zllierte Geschichte der deutschen Kultur, in der ich
in dem Kapitel: Das Hervortreten des Volkstums usw. »die gewallige
demokratische Strömung" seit dem Ende des t3. Jahrhunderts eingehend
dargestellt habe, am Platze gewesen. Dort habe ich auch (S. 29yff,) das
symptomatische Vordringen der Volkssprache im rechtlichen, geschäftlichen
und sonstigen Schriftverkehr genauer veriolgt. Diese wichtige Erscheinung
hebt mir Berger (S. 9ö und i-Iö) nicht eindringlicli genug hervor. Bei
der Darstellung der humanistischen Strömung wäre ein Blick auf die Art
und Weise, wie sie nach Deutschland kam. wohl angebracht gewesen. Vor
allem raußScn aber auch die Juristen als ihre anfänglichen Hauptträger
hingestellt und die Verbindung von Humanismus und Kanzlei betont
werden [vgl. meine Gesch. d. d. Kultur S. 4&9ff.). Nicht ganz geglückt
Scheint mir die Durchführung des von Berger tn Anknüpfung an Mac-
chiavelli aufgestellten »Gesetzes" der irRückkeiir zum Zeichen« zu sein.
Der Gedanke ist freilich der Beachtung und Prüfung wert.
Ich schließe mit dem Wunsche, daß das anzieheiidie und anregende
Buch in seiner neuen Gestalt einen noch größeren Leserkreis finden möge
als ihn bereits die erste Auflage gefunden hat
Georg Sieinhauscn.
Archiv tat Kulturznchkhle VI. 31
482 Boprediunsen.
UnftTil Hubrick, Deutsches Fürstentum und deutsches Verfaasnngs-
wcMn (Aus Natur und Oetstowett 80. Binddien). Leipzig, B. G. Teubner,
1905 (156 S.),
In ganz knapper und dabei recht übersieh tÜchcr und allgemein
verständlicher Perm gibt der Verfasser einen Überblick über den
Entvicklungsgang des deutschen Verfassungslebens von der tlt-
germanischen und fränkischen Zeit bis zur Errichtung des neuen
deutschen Reiches. Er geht dabei über die iltere Zeit schneller hinweg,
um t)ei der Geschichte des 19. Jahrhunderts ausführlicher verweilen ai
können, was man ebenso gutheißen muß wie die Tatsache, daß Hubrich
besondere Aufmerksamkeit den branden burgisch-preußischen VerhSltnissen
widmet. Die ruhig objektive Weise, in der Hubrich bei der DarsteUuns
der Verfassungs kämpfe des \9. Jahrhunderts Licht und Schatten verteilt,
ben'ihrt au Herordentlich angenehm. Von der landläufigen liberal isierenden
Auffassung weicht dabei die Darstellung allerdings mehrfach erfieblicta
ab. Das Bändchen wird sowohl für Anfänger zur Einführung wie auch
für Studierende zur Repetition und Ordnung vorher erworbener Kennt-
nisse sehr gute Dienste leisten können.
W. Bruchm&Iler.
Witbdm van Gnlik, Johannes Oroppcr (1503 bis 1559). Ein Beitrag
zur Kirchengeschtchte Deutschlands^, besonders der Rheinlande, im
16. Jahrhundert. Mit Benutzung ungednickter Quellen (Erläuterungen
und Ergänzungen zu Jansscns Geschichte des deutschen Volkes, heraus»
gegeben von Ludwig Pastor, V. Bd., i. u. 2. Heft,) Freiburg i. Br.,
Herdersclie Verlagshand tung, 1906 (XVI und 278 S.).
Bei einer für alle Äußerlichkeiten des Lebensganges bis in die
kleinsten Einzelheiten gehenden Darstellung bleibt uns der Verfasser
schließlich doch die innere Entwicklung eines so durchaus komplizierten
Charakters, wie es Johannes Oropprr offenbar war. schuldig. Mit großer
Schärfe wendet sich van Gulik an verschiedenen Stellen gegen die
Auffassung, als hätten Gropper, den anfangs vertrauten Diener des Kölner
Erzbischofs Hermann von Wied, den irenisch mild denkenden, zu einem
Ausgleich riieigendcn Vermittelungsthcologen, dem sein Biograph den
Hanptanteil an der Entstehung des Augsburger Interims zuschrciK
ii^endw'clche unbutercn pcniünlichcn Motive zu seiner späteren scharfen
Bekämpfung des Reformations Versuchs Hermanns v. Wied veranlaßt.
Wir wollen uns keineswegs diese von van Ouük bekämpfte Auffasting
zu eigen machen. Es wäre aber Sache van Quiiks gewesen, uns an der
Hand des reichlich vorhandenen und verwendeten Materials an Schriften
und Briefen Qroppers die innere Entwicklung und Wandlung Groppers
psychologisch zu erklären. Davon finden wir leider in der Biographie
keine Spur, sie bietet lediglich eine ermüdende, nücliteme Aneinander-
reihung von Tatsachen und Inhaltsangaben von Schriften etc. Befriedigt
Besprechungen. 453
schon nach dieser Seite hin die Arbeit durchaus nicht, so wirkt die Art
und Weise, in der van Qulik die reformatortsche Gegenseite in ihrem
Handeln fast ausächlicBlich durch Bosheit oder Beschränktheit geleitet
hinzustellen beliebt, erst recht unerfreulich. Diese Charalrterisierwngs-
versuche veranlassen uns, da van Gulik auch der Familie Groppers
ansführtich in einem besonderen Kapitel nur in lobendem Sinne gedenkt,
auf ein Aktenstück hinzuweisen, das J. Hansen aus den Kriminalakten
des Kölner Stadtarchivs im Korrespondenzblatt der Westdeutschen Zeit-
schrift (Jahrgang XVM, N. 10 u. II, S. 1 76 178) veröffentlicht hat, und
das Johannes Groppers Bruder, den päpstlichen Nuntius Kaspar, und
seinen Neffen Gottfried, den Scholastiktis an S. Gereon, deren auch
van Oulik ausführlicher gedenkt, in den engsten Beziehungen zu leicht-
fertigen Weibern und als Besucher übel berüchtigter Hadstuben erkennen
läßt. Die Veröffentlichung Hansens ist van Qulik schwerlich entgangen,
weshalb hat er sie unberücksichtigt gelassen, während er bei der
Gegenseite zum Teil ohne jede sachliche Begründung Schatten auf
Schatten häuft?
W. BruchmüHer.
Ernst Consenti BS, Alt-Berlin. Anno 1740. Mit 10 Abbildungen und
1 Plan. Berlin IW7, C A. Schwetschke & Sohn. (t90 S.)
.Bestenfalles-, sagtder Verfasser bescheiden, .habe ich das alte Berlin,
das 1740 gewesen, von ein paar Seiten gefaßt, aber nicht erschöpfend
geschildert, auch nicht so hell, als ich es wünschte, beleuchtet." Aber
wenn es sich in der Tat mehr um .einen Ausschnitt" handelt, so darf
die Arbeit des Verfassers gleichwohl als eine recht verdienstliche, dabei
sehr interessante und lesenswerte bezeichnet werden. Consentius hat die-
selbe durchaus auf die Quellen gegründet, deren wichtigste das Corpus
Constitution um Marchicarum oder Königl. Preuß. und Churf. Branden-
burgische . . . Ordnungen, Edlcta usw. und das Intetligenzblatt (Wöchent-
liche Berlinisciie Frag- und Anzeig ungs- Nach richten) sind. Cr sucht je-
doch auch die Zeit raOglicbst selbst sprechen zu lassen, indem er seine
Darstellung sehr reichlich mit zeitgenössischen Zitaten unter genauer
Festhaltung ihrer Reclitschrcibung und Interpunktion ausstattet. Consentius
beschränkt sich -auf das profane und bürgerliche Leben Berlins*, d. h.
in erster Linie auf das wirtschaftliche Leben. Dieses Leben war in außer-
ordentlicher Weise von dem Willen des Herrschers abhängig. Der König
•griff in alle Tragen des täglichen Lebens entscheidend ein", .beschrankte
den Willen der Untertanen selbst in ihren persönlichen Angelegenheiten",
aber er förderte auch „den Geschäftsmann und Bürger - wo dessen
Privatabsichten sich mit den angenommenen Staatsmaximen deckten -
bilfrekh'. Auf diese erst neuerdings mehr in Betracht gezogene Seite
legt Consentius besonderes Gewicht. Die Abschnitte, in denen C. uns
3r
J
in das .nach jeder Richliing hin geregtlte Leben* des Berlinere zu B^
ginn der friderizianischen Zeit einführt, sind die folgenden: fricdncl»-
stadt und Baiispckulation, Altstadt und Vorstädte, Die Wohnung, Dis
Gesinde, Vom Weine, Brot, Fleisch und Bier. Die Mode. Die bög^
gebenen Anmcrlningen enthalten namentlich Literaturnachweise.
Besonders hübsdie Zdt- oder Sittenbilder stellen u. a. die PaitJen:
•Straßenbild", -Das schone Haus", -Komfort«, .Der l^kai", -Der Koch',
■Der Torschreiber", -Materi allsten*, »Kochbuch", Das Gespräch zw«
Modedamen (13off.), «Tagewerk dies Kavaliers", -Modefarben" dar.
Eine löbliche äußere Eigentümlichkeit des Buches sei zum Schlu«
noch hervorgehoben, das nacliahniens<rerle breite Format, das mir fär du
Lesen äußerst angenehm erscheint.
Qeorg Steinhausen-
■4
Friedrich Meinecke. Wettbürgertum und Nationalstaat. Studien znr
QcncsLs des deutschen Nationalstaates. München und Berlin, Otdenbour^
190S (VI, 49.S S.J.
Etwa hundert Jalirc lang, von Herder, SchlÖzer, Blumenbad) it>>
hat man mit den Begriffen Rasse, Volk, Staat wie mit feststehenden Kalt
gorien operiert. Dann brachte die Enge des Raums fast plötzlidi d*"
Theoretikern zum Bewußtsein, wie diese Ideen sich berühren und stoß»
Es begann mit einem Male ein lebhafter Wetteifer, den eigentlichen Inhalt
dieser Worte zu erfassen und vor allem desjenigen, in welchem JoK
Berührungen sich am merkwürdigsten offenbarten: des Wortes .NatiflTial'
Staat". Meinecke, der für die reinen Theoretiker wenig Interesse hat "
anders nur, wenn ihre Lehre ins praktische Leben eingriff wie bei Biffl*
de Maistrc, Hallcr, Stahl - nennt von diesen Hrgründem des NationaKÄ'^
b^riffes nur Renan; es hätte sich vielleicht gelohnt, wenigstens im V(f*
üt>ergehen auch auf Rud. v. Raum er (Über Sprache, Volk und Staat, lWl:
Deutsche Versuche, Erlangen 1861, S. 66), J. E. Erdmann (Das NatSona-
litätsprinzip: Ernste Spiele, Berlin 1890, S. 206; von 1862), Heinrich
Leo (Nominalistische Oedankenspäne, Reden und Aufsätze, Halle iSMji
Zelkr (Über das Recht der Nationalität, 1870; Nationalität und Hui»-
nitit. 1S7ä; Vorträge und Abhandlungen II, Leipzig 1877,' S. 399 u.*iH
G. Rümclin (Über den Begriff des Volkes, 1872; jetzt wieder in d*
Kanzlerreden, 1 fibingen 19D2, S. 68) einzugehen. Lazarus hat in dt«*
bekannten Vortrag »'esenllich nur Renans voluntaristischen StandpunW
eingenommen, Langbchn (Rembrandt als Erzieher, S. 27J) kühn d**
Staat wieder einfach zum lebendigen, kCnstierischen Organismus des Vo)**"
Icbens gemadit. Aber Leo gibt nicht bloß (S. 6< f.) eine intcreBa""
Skizze des Staatsbegriffs, sondern auch (ebenda, femer S. 4S, 58, IftSw
eine realistische Unterscheidung der konkreten historischen Gebilde "'"
des abstrakten Begriffs, die sich wohl neben dem von M. gepriesenen ideiJö'
Realismus seines Antipoden Ranke sehen lassen kann.
Aber allen Theoretikern entglitt der Begriff; es ging Ihnen etra
wie gleichzeitig den Lehrern der Metrik, die sich mit heißem Bemühen
bestrebten, einen abstrakten BegHff des Verses festzustellen. Die Formen,
die der Volksgeist sich zum Ausdruck seines Lebens wählt, sind aber nur
aus diesem Leben heraus zu veratehcn. Doch aber dauerte es wieder über
dn Menschen alter, ehe man sich entschloß, an jene Begriffe historisch
heranzutreten, [m Grunde liat das erst Eduard Meyer gewagt, der
dabei mit eiserner Entschlossenheit die naive Anschauung umdrehte und
das «Volk" als Produkt des Staates ansah, wie allerdings aus der Doktrin
heraus (vgl. M. S. 239) schon Oerlach und die Schule Hallers getan halten.
So haben sich in der Erforschung der Nationalität die drei typischen
Stufen Comtes wiederholt: auf die naiv-mythologtsche folgt die spekulativ-
philosophische, der sich nun erst die empirisch-historische anschließt.
Diese aber wird durch Mcincckes glänzendes Werk auf einmal um
Riesenschritte gefördert.
Meinecke geht von dem historischen Problem des deutsdicn National-
staates aus. Für die Theorie Ist ja das irreguläre corpus et iantam non
moastro simt'le des Deutschen Reiches immer ein unschätzbar fnidilbares
Probierstück gewesen: „t/t autem hanc sea poiestatem seu iurisdicihnem
tot impiditam äissensionibus certo comtitaamus, age nataram ei'us dig-
nanäo penitias scruiemur" (Monzambano p. IM, cap. XV). Wie der ur-
sprüngliche Begriff des dculschers Volksstaates sich mit dem neuen des
französischen Staatsvolkes auseinanderzusetzen hatte, das bildet den eigent-
lichen Inhalt dieser eindringenden und geistreichen Arbeit, die in sicherer
Anlage vorschrcitet, nur einmal durch ein an sich interessantes, tnerfür
aber sekundäres Problem (die Oktroyierung der preußischen Verfassung)
eine Zeitlang aus dem V/ege gelockt.
Das Problem selbst ist ja uralt; es ist, wie alle Probleme, so alt
wie die Menschheil. Denn jedes Volk hat die Tendenz, sich auszudehnen.
und jeder Staat die, sich zusammenzuschließen; daher ist kein größerer
Staat je ein reiner Nationalstaat gewesen und kein größeres Volk in einen
Staatsrahraen gepreßt. Aber brennend wurde die Frage doch erst durch
das wunderbare Phänomen des neuen Fridericianischen Staates. In meinem
Aufsatz -Der Kampf um den Einzelnen- (Deutsche Charaktere S. 69f.)
habe ich darzulegen gesucht, wie viel Rätsel er auf einmal aufgab. Es
war ein Staat von so streng geschlossener Eigenart, wie nur je ein
Nationalstaat; und doch konnte er nicht als ein solcher bezeichnet werden,
denn seine Bevftlkerung war erstens nicht einheitlich, zweitens der des
ganzen Reiches im wesentlichen gleichartig und drittens erst in historischer
7jt\X, ja, unter den Augen der Mitlcbcnden zu einer Einheit geformt worden,
während der nationale Staat sich als »Liradel" betrachtet, der nie anders ^H
gtrwesen sei. (Nebenbei bemerkt, muß für jene . mechanische Staats- ^H
formung", die M. S. 1S9, 168 bei aller sonstigen Milde gegen die Praktiker ^H
mit Recht so energisch verurtciU. die große Tatsache dieses ..gemachten ^^
L j
Staates- als entschuldigender PrSzedenzfall angeführt werden. >)renn
BrandenbuTig und AUpreußen und Jülich-Clevc-BoK und Schlesien eins
werden kannten, durften die Diplomaten, die das netie Bayern zusammen-
schweißten, nicht ganz mit Unrecht Ahnliches erwarten; die Kontunini-
toren der Niedertande freilich nicht!
Hier also drängte sich vor das Auge des Betrachtenden das fetlv
hafte Problem eines individuellen Nationalstaals.
Ooethe und sein Lehrer Herder haben für ihn nichts übrig. Sk
wünsclien keine Mittelstufe zwischen dem Individuum und der Qesamtha;;
oder vielmehr, sie wünschen sie nur so, daß sie bestimmte Zwischenstufen
fest ausprägen soll. Für Qoethe insbesondere sind die Hellenen die
üUrpflanze" der Menschheit: sie bilden den Typus der Menschheil rdn
aus und besitzen eben darin ihre Eigenheit Diese Auffassung emcufft
Fidilc aber (wie M. sehr schön zeigt) in nationaler und zunehmend auch
in realpolitischer Beleuchtung: die Deutschen sind für ihn auf dem Vege,
die typische Nation zu werden. Aber auch die Romantiker gehen vßti
Herder und Qoethe aus, indem sie doch wesentlich nur mit den briden
Begriffen des Individuellen und des Universellen zu operieren wissen -
sei es, daß sie die Nation als Individuum erfassen lernen, oder daß itc
sie als eine Erzieherin zur Universalitäl ansehen; während dn tniov
Schüler Herders und Goethes, Wilhelm v. Humboldt als erster die Reditt
von Individuum, Staat und Menschheit abzugrenzen unternimmt, - frf*
lieh wesentlich doch, zumal vor der Katastrophe von Jena, vom Stuid-
punkt des Einzelnen. — Als den Mann aber, der den modernen Stuts-
begriff zuerst herausarbeitet, sieht M. Adam Müller an. „Alle diese fnidil-
baren Ideen Müllers gipfeln nun in dem Gedanken, daß das eigentliclic
Lebensprinzip der Staater die Nationalität sei" (S. Hl).
Aber eine reine Scheidung ist auch hiermit nicht erreicht Via-
mehr bildet den allerwichligslen Gewinn des Buches gerade der (im l*"
tonten Gegensatz zu Wohlwill) geführte Nachweis, wie nationale und
universalistische Gedanken und Tendenzen sich fortdauernd kreuzen (S. '!">
153,183, 223). Überraschend weist M. bei Stein, ja selbst bei Oneiiß«*"
gel^entlicb ein völliges Versinken der Nationalstaatsidec nach. Und d'*
neu aufsteigende Philosophie der Restauration und Reaktion hat volld"**
durchaus christlich-universalistischen Charakter, was denn etwa bd Leo-
pold v. Oerlachs Stellung zur irischen Bewegung (S. 258) oder zur Po!'"*
frage (vgl. Florencourts interessante Aufsätze in den Blättern für literarisd*
Unterhaltung 1847} zu merkwürdigen Dilemmas führt. Überhaupt ^
das Schillern zwischen christtich-allgemeiner Doktrin und preußisch-"*"
tionalem Gefühl von Marwitz (oder Tliadden) zu Gerlach, Stahl, Bisourdi
hin eine Reihe höchst merkwürdiger Schattierungen sidUbar werden, ^^
M. mit .Meisterhand analysiert. Es kommt noch eine an sich sdbst k**"
mopolitische Bewegung hinzu, auf die ich wiederholt hinge*' Jesco iw^'
die Abneigung gegen die leer gewordenen (oder leer Kheincnden) Ab-
straktionen, die den Gerlach (oder Leo a. a. O.) hilft: sie sdielten auf
die Abstraktionen des „Volkstums* gerade so heftig wie in Frankreich der
liberale Bastiat auf die des Staates. Einen höchst prägnanten Moment
hätte icfii hierbei gern erwähnt gefunden; den heftigen Ankampf des
Rationalisten Schön gegen Droysens nationale Schlagvortc (im Brief-
wechsel zwischen Pertz, Schön und Droysen). Hat doch Schön noch
eigens (1849) seine Flugschrift »Staat oder Nationalität- erEassen (kurz
vorher Albert Schott ober -Nationalität und Sprache', mir unbekannt).
Hier ist der Punkt des Weclisels: Schön hat noch die Auffassung, die
Qerlach wieder hat, und die dann wiederum Treitschke in setner Rezension
von Riehl gegen diesen Romantiker des Volkstums verficht.
Hegel, Ranke, Bismarck sind es dann nach M. (S. 274f.), die den
neuen Staatsgedanken klar und bestimmt auf seine historisch-empirische
Basis stellen — eine Drcihcit, deren Nennung den verstorbenen Ncrrlich
mit Jubel erföltt hStte, der besonders die Zusammenstellung von Hegel
und Bismarck nicht müde ward zu wiederholen. Sie erat erkennen näm-
lich den Entwicklungsgedanken im Wesen der Nationalität oder, wie M.
sich gern ausdrückt, die Pleonexie als Wesen des Staats. Mir scheint so-
gar, daß M. hier zu weit geht in seiner doch auch wieder dofctrinSrcn
.Auffassung. Die Meinung, daß das Wesen des Staates der Wille sei -
die Grundlage von. »Treitschkes -Politik* - oder, mit Nietzsche gesprochen,
der i.Wi!le zur Macht", bringt noch nicht notwendig das Verlangen un-
begrenzter Ausdehnung mit sich. Vielmehr gibt es doch Zustände, in
denen ein Staat, um Bismarcks eigenes Wort zu gebrauchen, «saturiert"
ist. Femer läßt Dillheys Axiom, daß die innere Politik lediglich eine
Funktion der äußeren sei, sich doch auch (wie jeder gute philosophische
Satz) umketiren: es gibt Zeiten, wo die Ausbildung des Staates nach innen
so notwendig ist, daß er nach außen ruhen muß, wie denn M.s schöne
SchEußausfühningen einen solchen Zustand für unser heutiges Deutschland
darstellen. Der unbegrenzte Staatsegoismus scheint mir ein Götze, dem
Hegel und Treitschke Altäre errichteten, gegen den aber die zunehmende
moralische Empfindung der Neueren sich wieder zu sträuben scheint -
womit eben wieder ein gewisses Anwachsen universalistischer Tendenzen
Hand in Hand geht: nennen wir sie humane oder auch christlidie
oder etiropäische.
Das zweite Buch ist mehr politische Geschichte, während das erste
mehr Entwicklungsgeschichte der Theorien war. Es schildert höchst an-
schaulich, wie der theoretisch noch immer nicht voll anerkannte preußische
Nationalstaat sich durchsetzt gegen alle krausen Gedanken, ihn durch
Auflösung .in Deutschland aufgehen zu lassen' (S. i^$, Anra. u. o.).
Übrigens wird der Verf., der gegen die Politik Friedrich Wilhelms IV.
^.264) mit äuIJcrstcr Milde das «nicht schelten, sondern begreifen" vor-
kehrt, den »Frankfurter Herren« (S. 377) hiertjd keineswegs gerecht, wie
denn auch der Verdicht uttramonUner Umtriebe bei den V'erfas5ung>>,
kämpfen {S. 4061.) kaum K^Ügend substantiiert ist. Aber die Tatsach
selbst werden glänzend vorgeführt, die allgemeineren Wandlungen
Anschauung <S. 265) so gut wie die Einzelheiten des Kampfes
Frankfurt und Berlin (S. i54) und die schließlich fast Gbeiraschend
fache Lösung des scheinbar unlösbaren Emblems der doppelten Votki^
Vertretung durch die Einrichtung des Bundesrates. Sollte sie übrigens v>
ausschließlich auf Bismarcks Rechnung zu setzen sein? .Begraben ist in
ewige Nacht der Erfinder großer Name z\\ oft."
Überhaupt bringt die straffe Konzentration auf das Thema — von
jener Oktroyierungsepisode abge^hen - natürlich Beschränkungen mit
sich. M. bemerkt selbst, daß der Einfluß der französischen Romantiker
genauer studiert werden müßte. Sie sind einen Augenblick lang Ji
Deutschland etwa in dem gleichen Maß Lieblingsschriftsteller gewesen
vor einigen Jahren iMaeterlinck; nicht nur Asmus^laudius hat „Da
et de ia virüi" übersetzt - sogar Rahel hat sich mit St Martin antei
voll beschäftigt. Sismondi hat auf Ranke Eintlnß geübt Wie aber dur
weg Ideologie und Erfolg (vgl. S. 471) sich durchwirkten, so hat natürüdl
auch der Oeschichtsverlauf in Europa auf die deutschen Doktrinäre ein-
gewirkt. Der Begriff der L^itimilät, den Savign>-s Jurisprudeni d
Wiener Kongreß lieferte, erhielt durch die spanischen Legitimitltsvi
dncn neuen Anstoß: Fürst Felix Lichnowsky seihst und Kürst Friedrich
Schwarzenberg aus dem Hause des Ministers haben die Waffen und die
Feder für diesen Begriff geführt Die englische ReformbewQgung bringt
den deutschen Reformern neuen Anstoß, und so trägt jede Erschütterung
der politischer Lage dazu bei, den sdsntologischen Apparat zu erschüttern,
der in DcutscE]I:]ind die Umwälzung von dem konservativ-bundestaglichen
zu dem liberal-bundesrätlichen Reidi ankündigt. ~ Es ist femer nienundem
besser als dem Verf. bekannt, wie jene Gegensätze, die er behandelt, sidi
mit anderen berühren, so dem der individualistischen und kollektivistischen
Weltanschauung; und wie aus diesen seil Rousseau brennenden Problemen
sicli fast eine Abneigung gegen den kosmopolitischen Staatskollektivismus
bildete: .Unter uns stehen seit einiger Zeit die Weltbürger nicht in dem
besten Geruch", sagt l7Sä ein Übersetzer von Goldonis Denkwürdigkeiten
{1, 383, Anm.}. Die französische Revolutionspropaganda hat ja überhaupt
vielfach auch eine spezifisch nationale Reaktion hervorgerufen.
So lißt Meineckes Werk, gerade weil es so tief angelegt ist. vieles
noch anklingen, was der Verf. selbst mit Recht nicht berßhrt hat In
dieser Energie der Konzentration bei ausgedehntester Kenntnis liegt ein
Hauptreiz des Buches, auch in stilistischer Hinsicht Die Wechselwirkungen
von Theorie und Praxis, allgemeiner Stimmimg und individuellem Wollen.
Tendenzen entgegengesetzter Art sind roch kaum je so meisterlich zum
Vortrag gebracht worden. Dem entspricht In dem Ton des W
""-,
^
Besprechimgrn.
c3Je Mischling von reiner Wissenschaftlichkeit mit warmem patriotischen
<jcfühl, die sich bei der Nennung Rankes und Bismarcks zu einem ge-
lieimen Schwung stdfjcrt, fast als beglückte den Verf. die Not, die soldic
Retler er2eugte: „0 felix pectatam, quod taiem tuUt näemptoremi"
Richard M. Meyer.
Wilhelm Martin Becker, Das erete halbe Jahrhundert der hessen-
darm5läUti»:ht:n Landesuniversitäl. Gießen, Alfr. Töpelmann, 1907 (VIII,
364 &).
Bcitrige zur Geschichte der Univereitälen Mainz und Gießen.
Hng. im Auftrage des Historischen Vereins für das Qroßhcrzopum
Hessen von Julius Reinhard Dieterich und Karl Bader. Gießen.
E. Roth t. Komm-, iqo7 (VIII, S32 S.)
Das Werk Beckers ist als Sonderabdruck aus der von der Univei^
sität Gießen .zur dritten Jahrhundertfeier- herausgegebenen FestschriFt
erschienen : es läßt den Wunsch aufkommen, daß von diesem Autor einmal
eine vollständige Geschichte der Universität Gießen geschrieben werden
möge. Hier handelt es sich um «die Entstehung und die Sturm- und
Drangperiode- der Universität, die mit der Entwicklung der Rivalität
der beiden Hessenlande (Kassel und Darmstadl) und mit ihrem kirchlich-
konfessionellen Aus- und Voneinander eng zusammenhängen. Wenn
also die Darstellung über das Gebiet der inneren Universitatsgeschichte
hinausführen mußte, so sind weiter jene politischen und konfessionellen
Veriiältnisse mit dem Schicksal und der Entwicklung der Universität all-
zusehr verknüpft, als daß es mit einer kurzen Abhandlung dieser Dinge
hitle getan sein können. Immerhin hätte hier vielleicht doch zum Teil
eine Beschränkung eintreten dürfen.
Um sich von Marburg zu emanzipieren, ward die gar nicht weit
von ihm gelegene Universität Gießen gegrändet, aber sie halte in diesen
ersten 50 Jahren »eine sprunghafte, von Schwierigkeiten aller Art ange-
ffillte Entwicklung" durchzumachen, und «erst seit 1650 kann man von
dneni normalen Veriauf der Universilätsgeschichte Gießens reden". Schon
die Überschriften der Abschnitte, in die Becker seinen Stoff teilt, illustrieren
den Wandel: die Entstehung: der Universität Q,; die Universität O. bis
zu ihrer Suspension im Jahre 1624; die Aufhebung der Universität Q.
und die Neuordnung der Universität Marburg; die Universität Marburg in
der Zeit ihrer Verwaltung durch die Darmstüdter Linie (1W4 1649); die
Universität Marbui^ im Hessenkrieg und die Wiedereröffnung der Landcs-
universität zu Gießen (1ö4S-16SO). Von kuUurgeschichttidiem Interesse
sind im wesentlichen der 2. und 4. Abschnitt, die uns die innere Ge-
schichte der Universität, .ihre Bestrebungen^ ihre Organisation, das Treiben
der Lehrenden und Lernenden, Arbeil und Feste, Frieden und Unfrieden
Innerhatb des gelehrten Gemeinwesens" vorführen. Die »ersten neunzehn
Jahre bilden dne der rühmlichsten Zdten in der älteren Geschichte der
k
490
Besprecbungen.
HodMcfanIr. Oeatfthlt im Kimpfe mit der nichbarlichcn
MaurHiuia, in steter Fühluns: mit den g^oBen sächsischen Univenil
und mit Tübingen, hat sich Gießen rssch dnen geachteten Namen unl
den deutschen hoben Schulen und weit über Deutschlands On
namentlich in den nordischen Landen emorben'. Die Schattensdl
waren die in Oteßen blühende StrciUuchi namentlich der Theologen
die Disziplinlougkdt der Studenten. SittengeschichUidb ist in di<
Tic in dem vierten Ab&chnitt, der die Marburger Zeit (1624 — 1649) be-
handelt, raancbertei ausdeni PrivalLeben der Professoren und dem Studcnten-
leben von Interesse. Hier väre manchmal eine größere Ausführlichkeit
erwünscht gewesen. (Vgl. Indessen Becker S. 2S9, Anm. 288 und hier
S. 491.) Das Ganze beruht auf ausgoichn testen Quellenstudien, die
steh vor allem auf ein teilweise zum erstenmal benutztes rödies
archivalisches Material stützen. Der Fleiß und die Sorgfalt des Verfassen
verdienen große Anerkennung, ebenso aber das Geschick der Verarbeitung
und die Klarheit der Darstellung.
Aus dem gleichen Anlaß wie die Festschrift mit Beckers und anderer
Arbeilen ist die Sammelschrift des Historischen Vereins für das Groß-
herzoglum Hessen, die zugleich als 5. Band der neuen Folge des Archivs
für hessische Geschichte ausgegeben wurde, erschienen. Als Beiträge zur
Geschichte der Universität Mainz enthält sie die Arbeiten von Gust. Bauch.
Aus der Geschichte des Mainzer Humanismus; Franz Falk: Jakob Weider,
der erste Rektor der Mainzer Hochschule (H7S-1483); Fritz Herrmann;
Die Mainzer Bursen .Zum Algesheimer" und »Zum Schenkenberg- und
ihre Statuten; Heinrich Scbrohe: Die Wiederbesetzung erledigter Pro-
fessuren; Wilh. Stieda: Wie man im 18. Jahrhundert an der Universiät
Mainz für die Ausbildung von Professoren der Kamcralwissenschaft sorgte.
Zur Geschichte der Stadt und Universität Gießen tragen bei die Ab-
bandlungeti von Gustav Freiherr Schenk zu Schweinsberg : All-Gießen;
Wilh. Diehl : Neue Beiträge zur Geschichte von Johann Balthasar Schuppius
in der zweiten Periode seiner Marburger Professorentätigkeil (1639 - 1646);
Martin Becker: Zur Geschichte des Pcnnalismus in Marburg und Oteßen;
Ludwig VoHz: Zwei Hesscn-Honiburgische Prinzen aEs Gießener Studenten
(1?22 — 1723); Kari Bader: ,Von tödlichem Ableben und solenner Be-
erdigung Rectoris Magnifici"; Erwin Preuschen: Symbola, aus alten
Gießener Stammbüchern; Karl Esselbom: Karl Ludwig Wilhelm von
Groiman in Gießen ; Julius Reinhard Dieterich : tun Gießencr Professor
als hessischer Staatsminister.
An dieser Stelle sei zunächst auf den umfangreichsten Beitrag
hingewiesen, den des um die Geschichte des Humanismus überhaupt
sehr verdienten Professors Bauch, der sein Hauptgebiet auch durch die
vieles Neue bietende Betrachtung des humanistischen Spezialgebietes von
Mainz, das übrigens in humanistischen Studien in Deutschtand etnea
Vorspning hatte, fördern moditc. — Den Sieg des Humanismus mit er-
*~ingen half die von Paris ausgehende und seit et»a 1450 in die südwest-
ct putschen Universitäten eindringende skotistiäch-reatislische Reaktion der
^^a antiqtia gegen den als via moderna herrschenden Okkami^mus. Wie
in Tübingen und Ingolstadt wurde auch in Mainz gleich bei der Uni-
■\^ersitätsgriind\mg diese via antiqiia zugelassen. Man hat auch hier die
Studenten je nach ihrer Richtung in verschiedenen Burscn untergebracht;
ds sind die beiden Bursen, mit denen sich der Beitrag Herrmanns be-
&<:häfligl und deren in ihrer Ausführlichkeit einzig dastehende Statuten,
<üe zugleich „eine vorzßgHche Quelle für die Kenntnis des studentischen
l—ebens zu Beginn der Neuzeit" sind, er abdruckt. - Kultur- und sitten-
geschichtlichen Charakters im engeren Sinne und deshalb an dieser Stelle
l3csonders zu erwähnen sind die Beicräge von Becker, Vottz, Bader
land Preuschen sowie zwei Beilagen zum Aufsatz Schenks zu Schweinsberg
<Ordnung der Trinkstube der Bu^gmannen zu Gießen, 1338, Aug. 1,
lind Verzeichnis des 1435 abgeliefcrlcn Inventars und Vorrats in der Burg
^u Gießen). Beckers Arbeit fiber den Pennahsmus stfitzt sich wieder
auf meist ungedrucktes Material: er weist mit Recht darauf hin, daß bei
aller Gleichheit im großen und ganzen die einzelnen Hochschulen indi-
"\riduelie Züge tragen. So treten in seiner Arbeit über das Pennalwesen
» Einzelzöge stärker hervor, die man bisher im Bild des Ganzen wenig
tieaditete. wie ja überhaupt die Erforschung dieser absonderlichen Kultur-
Erscheinung noch an vielen Punkten zu wünschen übrig läßt«. Der Bei-
trag von Voltz beruht auf Briefen und Rechnungen aus dem Darm-
Ätädter Archiv und bringt viele interessante Einzelheiten zur Bildungs- und
Sittengeschichte des frfihen achtzehnten Jahrhunderts. Besonders gelungen
erscheint mir die Arbeit Preuschens über die Stammbticheintragc und
%war deshalb, weil er uns nicht das gew6hnliche Nebeneinander einzelner
Hintrage gibt, sondern dieselben zur Illustration des Wandels des Geistes
der Zeit, des Urteils und des Geschmacks benutzt und die dafür cha-
rakteristischen Einträge aus dem Material anführt, resp. allgemeine Zöge
3US dem Gesamtmaterial gewinnt (Häufigkeit, später Seltenheit der reli-
^ösen Einträge, Prunken mit Gelehrsamkeit, Schlagworte der Aufklärung
tuv.). Im übrigen dürfen auch die hier nicht näher genannten Bei-
träge Anspruch auf Anerkennung erheben, und so verdient der heraus-
gebende Historische Verein für diese Gabe utiseren Dank.
Georg Steinhausen.
Ahs der Geschieht« der Universität Qreifswild. Festschrift zum
450 jährigen Jubiläum der Universität Greifswald, dargebracht von der
Gesellschaft für Pommersche Geschichte und Altertumskunde. Stettin,
Druck von Herrcke & Lebeling, IW6 (103 S.)
Die voriiegende Festschrift trägt in erster Linie kutturgeschicfal-
lichen Charakter. Der erste, von Martin Wehrmann herrührende Bei-
trag; Die Söhne des Herzogs
aiUt zu Greifsv-ald bringt nichts
Leben oder den Untenichtsbetrieb- in Qreifsvald, aber, abgesehen von
der an dieser Stelle nicht in Betracht kommenden Aufdeckung engerer
persönlicher Beziehungen der poraracrschen Füreten des Reformations-
zcitaltcrs zu der Univereitäl, itileresslerl uns vor allem das von Vt'chrmann
beigebrachte sittengeschichlUche Material, so ein für die Ixbenshaltung
bezeichnendes Gutachten (« ungefährliches Bedenken, welcher Gestalt m. gn.
junge Herrn zum Gripswalde möchten unterhalten werden"), so die den
sonst bekannten Fraiienbriefen der Zeit durchaus entsprechenden an*
ziehenden fünf Briefe der Herzogin Maria an den Prinzen Johann
Friedrich von t558 und 1SS9 sowie eine Verteidigungsepistel des Prinzen
selbst u. a. Audi die Mitteilungen über den ganz nach der Weise der latddH
nischen Schulen jener Zeit gestalteten Unterricht der Prinzen seien her-"
vorgehoben. — Kulturgeschichtlichen Wert hat auch der an zweiter Stelle
stehende Beitrag Otto Heinemanns: Studentische Verbindungen In
Greifswald bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Studie darf in
Parallele zu der in unserem Archiv {Bd. III) erschienenen Abhandlungs-
rcihe von A. Hofmeister: Kostocker Studentenleben vom IS. bis ins
19. Jahrhundert gestellt werden, die auch von Heinemann, freilich meist um
eine abweichende Entwicklung in Qr. festzustellen, mehrfach herangezogen
vird. Von allgemeinerem Interesse sind zunädist die Ausführungen
Heinemanns über das Auftreten und die Entwicklung der Ocposition und
des Pennalismiis in Orcifswald, der Hauptwert der Arbeit liegt aber
in den Ausführungen über die »deutsche GcscUschaft*, die man früher
f(ir eine gelehrte Gesellschaft ansah, die sich jedoch nach dem h'und ihrer
Salzungen als eine studentische Verbindung herausstellt. Die Betrachtung
dieser Satzungen (S. 60 ff.) verbindet Heinemann mit der Darstellung der
wegen der fast 1 70 jährigen Zugehörigkeit Oreifswalds zu Schweden «ganz
eigenartigen Entwicklung der studentischen Vereinigungen und Ver-
bindungen Greifswalds'. Nach 167S verliert sich fast jede Spur von
studcntisdicn Verbindungen in Orcifswald, dessen Universität ja auch zu-
letzt ganz darniederlag. Erst zu Beginn des w. Jahrhunderts gestaltet sich
das Verbindungswesen dem der übrigen deutschen Universitäten ent-
sprechend, worauf H. in einem Schlußabschnitt näher eingeht. — Eine Er-
gänzung dazu bietet der dritte Beitrag zur Festschrift, der von Edm.
Lange: Der Konflikt der .Allgemeinheit" und der Landsmannschaft
Pomerania in Greifswald im Sommerhalbjahr 1S2I. Der Hauptteil be-
steht in der Wirdergabe der lateinischen Aufzeichnungen des damaligen
Rektors Kannegiesser im Matrikelbiich der Universität, die L rail An-
merkungen versieht. irDer Einblick in das studentische Leben Oreifswalds
in jener Zeit, den man aus den Aktenstücken gewinnt, ist recht wenig
erfreulich.* Qeorg Stetnhausen.
Besprechungen.
A. Matthias, Gföchichte des deutschen Unterrichts. (Handbuch d«s
■«3 eutschen Unltrriclits an höheren Schulen herausgegeben von Adolf Matthias.
^:rster Band. Erster Teil.) .München 1907, C. H. Beck. (Vttl. 446 S.).
Vorliegendes Buch muß überall mit Freude begrfiHt werden. Oibt
^^ doch kaum ein Gebiet in der Kultur der Gegenwart, dem heutzutage
^^in weitgehenderes Interesse aus allen gebildeten Kreisen zugewendet wird,
j»Is das des deutschen Unlerrichts, D.i8 er dazu auserschen ist, auch im
Inöhercn Schulwesen des deutschen Volks die entscheidende Stelle einzu-
■ndiraen, unterliegt für der, der die Entwicklung im Unterrichlswesen der
>«tztcn Jahrzehnte verfolgt hat, keinem Zweifel. Nur gibt es immer noch
Ynanche Vorurteile zu beseitigen und Hindemisse zu übersenden, bis
<3icsc längst als notwendig erachtete Zielforderung der zentralen Stellung
cdes Deutschen auch in der Praxis tatsächlich überall erfüllt ist. Dies Ziel
•xrird durch das neue Werk des Verfassers der trefflichen .Prakttsclien
F'ädagogik" wesentlich näher gerückt. Indem er, ein gründlicher Kenner,
ciie Vc^gang^^nheit des deutschen Unterrichts aufmerksam durchwandert,
■x;ersticht er zugleich die Probleme für die Zukunft aufzurollen und zu
ihrer LÄsung anzuregen.
Mit Entschiedenheit betont Matthias den kulturhistorischen Wert
«iner Entwicklungsgeschichte des deutschen Unterrichts. -Kein anderer
TJnterricht", so heißt es, »gevt-ährt so sehr einen Einblick in den Geist
der Zeit, weil eben das Gebiet dieses Unterrichts und seine Grenzgebiete
so umfassend und mannigfach gestaltet sind." {S. 4.) Der Verfasser will
in seiner Betrachtung „bei den Vorfahren in die Schule gehen, um alte
■\feisheit an den Quellen zu schöpfen und aus ihnen neue Weisheit zu
stärken und zu mehren." (S. I,) Daraus ergibt es sich von selbst, daß
■wir CS hier nicht mit rein historischer oder chronologischer Darstellung
zu tun haben, sondern daß die Betrachtung eine -belehrende Richttmg*
laekommen und ein mehr „methodlscli wirksames Gepräge angenommen
liat" Der Verfasser will die Geschichte als eine -.Ratgeberin" oder
«Lehrmeisterin" in Anspnich nehmen.
Daß ein in diesem Sinne unternommenes Werk nicht den strengsten
Anfordenmgen der die Dinge als Selbstzweck betrachtenden reinen Wissen-
schaft genügen kann und will, liegt auf der Hand. Aus diesem Buch
spricht in erster Linie der warme Freund des deutschen Unterrichts, der
seine Entwicklung mit reger persönlicher Teilnahme verfolgt und jeden
Fortschritt mit unverhohlener Freude verzeichneL An die Stelle kühler
Objektivität tritt daher vielfach die Subjektivität, wenn es sich für den Ver-
fasser darum handelt, eine seinen Zwecken entsprechende Auswahl des Stoffs
zu treffen und Schlußfolgerungen nach höheren Gesichtspunkten im Hin-
blick auf die Gegenwart zu ziehen. Vieles in dem Werk trägt demnach
dnen „persönlichen Charakter", und so manche Darlegung ist nicht frei
von ^subjektiver Färbung", die der Verfasser in seiner schlichten und
bescheidenen Einleitung gern zugesteht
Auch auf eine gewiss .Lückenhaftigkeit- des Buchs möchte der
Verfasser gern selbst von vornherein aufmerksam machen. Er «eist
auf die Unzulänghchkeit der geschriebenen und gedruckten Quellen auf
diesem Gebiet hin, auf dem das Tüchtijj^tc häufig von bedeutenden
Lehrern geleistet worden sd, die durch das gesprochene und nicht über-
lieferte Wort gcv-allig in dem Kreis ihrer Tätigkeit gewirkt haben. Es
fehlen dem Verfasser vielfach die nötigen Vorarbeiten, und mit gewissem
Widerstreben geht er daran, das .ganze Große- zu schildern, ehe die
„kleinen und kleinsten geschichtlichen Voraussetzungen und füinzel Vorgänge"
klar gel^t sind. Diese noch fehlende Kleinarbeit hofft er aber gerade
durch die Darstellung des Großen, so unvollkommen es auch sein mag,
anzuregen, und es läßt sich mit einiger Sicherheit voraussagen, d,
diese Anregungen auf fruchtbaren Boden fallen vterdcn.
Besondere Schwierigkeiten ergaben sich aus der Mannigfaltigkei
und Fülle des Stoffs für die Anordnung. Indessen hat sidi der Verfasser
sehr geschickt mit dieser seiner Aufgabe abgefunden. Man xrird es ihm
Dank wissen, daß er sich an eine dnfachc chronologische Anordnung
nach Jahrhunderten gehalten und nicht versucht hat, seinen Stoff unter
■schematisch zusammenfassende Überschriften* oder unter ■allgemeine
Hauptideen- unterzuordnen. Von dem Suchen nach SchUgwörtern für
einzelne Kulturperioden, das er manchen neueren Kulturhistorikem nicht
mit Unrecht zum Vorwurf macht, hält «r sich frei und stärkt somit das
Vertrauen in die Sachlichkeit seines Buchs. Ebenso beifilh'g wird es
aufgenommen werden, daß der Verfasser die einzelnen Gebiete des
deutschen Unterrichts getrennt behandelt und somit für jedes eine ein-
gehende und übersichtliche Sondergeschichte geschrieben hat.
Was nun die Behandlung der Geschichte des deutschen Untem'dits
in den einzelnen Jahrhunderten betrifft, so werden die dem Mittelalter
und 16. Jahrhundert geltenden Ausführungen am meisten der ergänzenden
Einzelarbeit anderer Forscher bedürfen. Hier fehlt es dem Verfasser
mehrfach an dem nötigen Material, wenn er den deutschen Unterricht in
seinen ersten Anfängen und Wandlungen zu schildern bestrebt ist. Die
daraus entspringende gelegentliche Unsicherheit in der Behandlung der
Siteren Periode veriiert sich indessen mehr und mehr bei der Darstellung
der neueren Zeit. Für das 17. und 18. Jahrhundert zeigt der Verfasser be-
reits volle Beherrschung des Stoffs und bietet eine Reihe wertvoller und
gründlicher Betrachtungen. Je mehr er sich dann der Gegenwart nähert,
um so eindrucksvoller und ergebnisreicher wird die Behandlung. Die
Ausfühnmgen, die sich auf das 19. Jahrhundert beziehen, und besonders
die Würdigung der zeitgenössischen Arbeiten auf dem Gebiet des deut-
schen Unterrichts bilden den Glanzpunkt des Buchs.
Die Darstellungs weise ist stets reizvoll und nirgends trocken, sondern
vielfach durcli treffende, auch humorvolle Bemerkungen gewürzt, wie es
ein mit anderen Schriften desselben Verfassers vertrauter Leser
eit^
^*»ders erwarten wird. Nicht unerwähnt mögen die reichlichen und cin-
^f'Chenden Literaturan^ben bleiben, die jedem einzelnen Abschnitt bei-
-K^^geben sind und eine weitere Vertiefung in den Stoff wesentlich erleichtern.
So wird dies wertvolle Buch nach zwei Seiten hin reiche Pröchte
^t^gen: es wird eine Schar junger Arbeiter auf den Plan führen, die an
<iie Erforschung noch zahlreicher schwebender Einzrifragen gehen werden;
'Und viele Lehrer des Deutschen werden sich mit liefcrem Verständnis und
frischer Tatkraft der weiteren praktischen Ausgestaltung des deutschen
VJntcrrichls widmen. Kurt Levinsteln.
Eugen DGhren, Neue Forschungen über den Marquis de Sade imd
seine Zeit. Mit besonderer Berücksichtigung der Sexualphilosophie de
Sades auf Orund des neu entdeckten Original-Manuskripts seines Haupt*
Np-erkes »Die 120 Tage von Sodom." Berlin, Max Harrwitz, 190^
(XXXII u. 4S8 S.)
Das vorliegende Werk beruht zum großen Tcit auf ganz neu
erschlossenen Quellen. Es erwettert und ergänzt nicht nur die Er-
gebnisse der ersten Arbeit DDhrens (Berlin 1901), der inzwischen zahlreiche,
besonders französische Abhandlungen gefolgt sind, sondern bringt auch
so viel unera-artetes Tatsachenmaterial ans Lichtp daß das Bild des .divin
Marquis- ein völlig neues geworden ist.
Der erste selbständige Abschnitt {S. 1-272) wrsucht auf breiter
Qruiidlage und unter kritischer Würdigung der neuen archivalischcn
Ergebnisse eine Darstellung der Sittengeschichte im Frankreich des
18. Jahrhunderts, durch die die Erscheinung de Sades und seine
berüchtigten Romane erst recht veratändlich werden, linier den neu
erschlossenen Quellen seien hier besonders genannt die Veröffentlichungen
von geheimen Polizeiakten über die Bordelle (durch Gaston Capon 1902,
1905), die eine dokumentarische Geschichte der Pariser Sittenpolizei und
<lcr Luslhäuser darstellen, und einige vor kureem herausgegebene
zeitgenössisclie Bricfsamralungen, vor allem die Briefe Mirabcaus an
Seine Geliebte Sophie de Monnier (herausgegeben von Cottin 1903) und
an Julie Dauvcrs (herausgegeben von Mcunicr u. Lcloir 190$), Briefe, in
denen ä«'*'' Gedanke freisten Spielraum fand, und die auch die
eigentlidie Erotik in oft erschreckend realistischer Weise behandelten.
So wert^'oll die Aufdeckung solcher Briefe auch ist, so erscheint es doch
fraglich, ob sie und die sonst verwertete Menioirenüteralur als vollgültige
^ugen für die sexuellen Sitten des 1S. Jahrhunderts in Paris durchweg
anzusehen sein mögen. Wenigstens mag im Einzelnen manchmal auch
ein kräftiger Klatsch aus der Gesellschaft mit unterlaufen. Im Ganzen
aber ist wohl das richtige Bild gemalt, das Dühren nun von allen
Seiten beleuchtet: Die Liebe in der Aufklärungszeit, Geschichte der
Prostitution , Ausartungen des Oeschlechtslebens , Sittengeschichtlic
aus dem Theaterleben, die Erotik in Utaalur und Kunst usw.
Auf dem Boden dieser Zustände steht der Marquis de SadeT
Neue Beiträge zu seiner Lebensgeschichte leiten den zweiten Teil d^i
Buches ein (S. 273-465), die seine Familie, sein Jugend- und Getängn^^^
leben, seine schriftstellerische Tätigkeit, seinen Charakter und Qeist(^^
zustand umfassen. Wesentliche Aufschlüsse ergeben hier neu aufgefundene
Briefe von und ijber de Sade, Ent\cnjrfe und Handschriften von ihm, die
bisher überhaupt verborgen geblieben waren. Unter diesen hat der Verfasser
auch die allerwichtigste Schrift des Marquis entdeckt, das Original-
manuskript des in der Bastille geschriebenen, 1785 vollendeten Romans
■Les 120 jouni^ de Sodomc ou rfe»!c du Ubcrtinage-. Sade schrieb
ihn vier Jahre vor der Re\'olution, die also ohne Einfluß auf seine
eigenartigen Theorien war. In diesem Roiuan sind sie in gedrängter
Kürze in ein System gebracht^ in einer Weise, die als bewußte Absicht
de Sades die wissenschaftliche Erforschung aller nur denkbaren sexuellen
Verirrurgen verkündet. Hier gibt der Marquis in einer VoIlstÄndigkeit,
die von modernen Forechern wie von Krafft-Ebing nicht erreicht ist,
eine Übersicht dieser Verlrrungen in systematischer Folge, und er wird
damit der erste wissenschaftliche Systematiker der Psychopathia sexualis.
Die Feststellung und Begründung dieser Tatsache erscheint als
wesentliches Ergebnis der vorliegenden »neuen Forschungen«.
Dühren gibt eine genaue Analyse des Romans, betont hauj^
sächlich die anthropologische Betrachtung der Psychopathia sexualis in
de Sades Schriften und schlielU mit den soziologischen und politischen
Anschauungen dieses gewiß immer merkwürdigen Mannes. - Ich mufl
darauf verzichten, hier ins einzelne zu gehen, so sehr auch die Auf-
fassung und Darstellung des Verfassers dam verführen könnte. Das
Gesamtbild kommt kräftig zur Qeltung, die Fülle des einzelnen aber ist
so groß, daß das Buch Dfihrens fast als Nachschlagewerk für die sexuelle
Frage im Paris des 18. Jahrhunderts gelten kann.
Ernst Heinrich.
>
D. von Hansemann, Der Aberglaube in der Medizin und
Gefahr für Gesundheit und Leben (Aus Natur und Qeistcsv^^^
83. Bändchen). Leipzig, B- O. Tcubuer, 1905 (IV, 134 S.)-
Die für weite Kreise berechnete kleine Schrift ist aus sechs \'^' '*
trägen entstanden, die auf Veranlassung des Vereins für volkstümli
Kune von Berliner Hodischullehrern vom Verfasser gehalten wu
Sie stellt also die Absicht, volkstümlich aufklärend zu wirken, mit R
in den Vordergrund, und man kann im Ganzen Einteilung und Da
führung als zweckentsprechend bezeichnen. Im Einzelnen erscheint i
manches nicht genügend durchgearbeitet und einiges flüchtig hingcw
wie es bei Benutzung meist sekundärer Quellen teicht passieren kann.
Und die Richligkeit hifitorisclicr Tatsachen tnuß auch für eine volks-
tQcnliche Darstellung verlangt weiden. Es geht nicbl an, daß der Verfasser
z. B. sagt (S. 5): nSeit der Mitte des vorigen Jahrhunderts ist die
medizinische Beobachtung durch Erfindung zahlreicher zweckmäßiger
Instrumente und Untcrsucliungsmethoden gesichert worden, z, B. durch
das Mikroskop, die Auskultation und Perkussion (das ist das Behören
Und Beklopfen der Kranken) . . . . r Das Mikroskop ist Ende des
16. Jahrhunderts erfunden, die Perkussion ist zuerst von Auenbrugger in
einer berühmten Abhandlung 1 761 wissenschaftlich behandelt , die
Auskultation wurde nach dem Vorbilde Laennccs im ersten Viertel des
19. Jahrhunderts, wenigstens in Frankreich, als geläufige klinische
XJnteisuchungsmdhode angewandt.
Ernst Heinrich.
Crwldertin;.
Herr Prof. R. M. Mc>cr tn Bertin scheint bei seiner ausgebreiteten
Rezensiertätigkeit nicht mehr genügend Zeit zur aufmerksamen Lektüre
eines Buches zu finden, er glaubt annehmen zu dürfen, daß für ihn ein
flüchtiges Durchblättern des zu besprechenden Buches völlig ausreichend
Sei. Zu welchen Ergebnissen das föhrt, dafiir liefert die Besprechung
nieines Buches: .Goethe als Oeschichtsphilosoph und die geschichls-
philosophische Bewegung seiner Zeit- im Archiv fßr Kulturgeschichte. VI, 2,
S. 2-l8/2-<9 ergötzliche Belege. Ich halte mich für verpflichtet, doch weitere
Kreise darauf aufmerksam zu machen, damit man wisse, welcher Wert
«Jen Rezensionen des Herrn Meyer beizulegen ist, Mit Wissenschaft hat
^nc Rezension wie die meines Buches nichts mehr zu tun, sie ist ein
Produkt skrupelloser Viclschreiberei, (! D. Red.)
1. Herr Meyer behauptet: -,Auch eine Philosophie der Geschichte',
dies charakteristische Denkmal für Herders Entwicklung, wird gar nicht
erwähnt*
Auf S. 35-41 meiner Arbeil werden der junge Herder und seine
Srfiriften behandelt. S. 40 findet sich der Gedankengang von -Auch eine
Philosophie" angegeben, außerdem wird hingewiesen auf Suphan V, SU
und zum Überfluß noch zitiert: »Auch eine Philosophie der Geschichte"
von 1774.
Herr Meyer hat demnach mein Buch, wenigstens diesen Teil,
Oberhaupt nicht gelesen.
2. Herr Meyer behauptet: »Oberflächlich ist nach seinen eigenen
besseren Ausführungen (S. 43) der Salz, daß Goethe in dem .Brief des
Pastors zu •' ein .Aufzwingen von Meinungen' gewünscht habe (S. 44)."
Archiv tfir Kultur£Mchlchlc. VI.
32
496
Be^>rechungen.
Ich bitte in meiner Arbelt S. 44 im 2. Absatt gegen den ScfaluB
nichzulesen. Ich sage gerade das Gegenteil von dem aus, was ich nach
Herrn Meyer dort aussagen soll.
Die Bezeichnung .oberflächlich' reicht für diese Art Lektüre dt
doch wohl nicht mehr zu.
3. Herr Meyer behauptet, auf S. 25 g3be ich als Herders Meini
von der Qescliichte an: »Herder sehe als Ziel der Geschichte die
frelung von Vorurteilen an."
Auf S- 25 ist von Herder Oberhaupt nicht die Rede. Auf S
befindet sich als Apposition ein Ausspruch über die Römer, den Herr
Meyer auf S. 24 meiner Arbeit gefimdcn haben will. Wahrschemlii
meint Herr Meyer meine Ausführungen über Herder S, 71—77 meiner Arbef
Herr Meyer muß bei dem Hineinsehen in die Blätter wohl zu-
fällig auf diesen Satz gestoflcn sein und sich die Lektfire des übrigen
erspart haben. Es gehört sonst gan^ besondere Böswilligkeit dazu,
diesen Salz als meine Meinung Qber Herders Geschichtsauffassung
zuhalten. Nach der Lektüre meiner Ausführungen über Herder
Herr Meyer sagen milsscn: M.-QI, schließt sich der in der geschieht»*
philosophischen Literatur geläufigen Ansicht an. daß ein großer
spmch zwischen Anfang und Ende der Ideen besieht, ein M'iö
der hervorgerufen wird durch Kants Rezension der Ideen.
Nach diesen Proben der Kritik des Herrn Me>er überlasse ich
getrost dem Leser zu entscheiden, wessen Arbeit wenig gründlich ist und
Spuren der Hast an sich Irigt. Ich spreche aber weiter Herrn Meyer
jede Berechtigung ab, ein Urteil Sber meine Arbeit zu fällen. Das. was
ich mit meiner Arbeit wallte, ich stelle das ausdrücklich fest, hat Herr
Meyer gar nicht entdeckt. Wie sollte er das auch bei seiner Art der
Lektüre? Da mir von dem Herausgeber dieser Zeitschrift, Herrn Professor
Dr. Stetnhausen, nur ein beschränkter Raum zur Ers'iderung cinger5um!
werden kann, sage Ich kurz: Ich bezweckte nachzuweisen, wie Goethes
Auffassung der Wissenschaftsgeschichte der Gedanke eines Krctsverlaufes
in bestimmten, von ihm angegebenen Stufen zugrunde liegt, und wie
sich auf diesem Gedanken seine MaL z. G. d. Färb, aufbauen. Ferner
nebenbei, daR Goethe schon die Renaissance als die Geburtszeit
modernen Menschen erkannt habe.
Diesen Nadiweis versucht zu haben, betrachte idi als mein Verdienst
Bis heute liegt ein ähnlicher Versuch in der Qoethe-Uteratur nicht vor.
Wollte Herr Meyer mich ernsthaft kritisieren, so war seine Aufgabe, mir
die Unrichtigkeit dieser Ansicht aus Goethe nachzuweisen. Aber das
schenkte sich Herr Meyer. Ein Buch gründlich zu lesen, ist etwas mühe-
voll. Er pickt ein paar für das Ganze der Arbeit nebensScIi liehe Bc-
14
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Tier^i
Be^irechungen. 499
tncrkungen heraus und nennt das Rezension. Viellciclit setzt uns Herr
Meyer auf Qrund dieser Rezension einmal auseinander, was er unter der
peinlichen Gewissenhaftigkeit und strengen Wahrhaftigkeil versieht, die
für einen Universitätslehrer doppelle Pflicht sein sollten. (I D. Red.)
Wie es bei dieser S-ichlage mit den mir von Herrn Meyer emp-
fohlenen Büchern steht, auch das zu beurteilen, überlasse ich dem
kundigen und unparteiischen Leser. Hätte Herr Meyer mein Buch gelesen,
so würde er erkannt haben, wie eingehend ich mich mit Steiner beschäftig
habe, und was ich ihm verdanke. Katischer und Morris, sind mir so gut
bekannt wie Herrn Meyer. Unbekannt ist mir dagegen, was ich aus
ihren Arbeiten für meine Untersuchung verwerten sollte. Daß mir Herr
Meyer O. Lorenz so anpreist, erweckt in mir den bösen Verdacht, mit
dem Buch von Lorenz möge es Herrn Meyer gegangen sein wie mit dem
meinen: er hat es wohl nie gelesen. Ich habe es ausführlich für meine
Arbeit exzerpiert und gefunden: Lorenz legt Goethes politische An-
schauungen dar, es wird gezeigt, wie der .Meister" Karl August den
■fwlitischen Lehrling* Goethe erzieht. Lorenz hält dafür, bei Goethe
sei eigentlich die Ursprungsidce zum Fürstenbund zu suchen. Auch der
Exkurs im Anhang; Goethe als Historiker ist mir bekannt, den ich hier
nicht im einzelnen darlegen kann , der schließlich darauf hinausläuft,
Goethe als Vorläufer der Generaiionentheorie hinzustellen. Was das
alles mit meiner Arbeit zu tun hat. die grundsätzlich alle politische
Tätigkeit Goethes nicht beachtet, und der es nur auf seine historische
Weltanschauung ankommt, wcilä ich nicht. Vielleicht hat Herr Meyer
die Freundlichkeit und legt es dar.
Auf den Votwurf der «Baccalaureus-Methode, erst selbst den neuen
heraufführen zu wollen", zu antworten, lehne ich ab. Ein Mensch,
es ernst um die Wissenschaft islj winl Tag für Tag zu lebhaft daran
erinnert, was er Vorfahren und Mitslrebcnden schuldig ist, und erkennt
das dankbar an.
Zu den übrigen Ausstellungen des Herrn Meyer fasse ich mich
ganz kurz. Bis mir nicht das Gegenteil strikte nachgewiesen wird, bleibe
ich bei meinen »peremptorischen Aussprüchen" und -anfechtbaren Be-
hauptungen". Aufmcrkäme Leser verweise ich auf den Zusammenhang
meiner Darlegiingcn. Herr Meyer muß nicht glauben, durch sein: -Wie
kann man aber sagen- werde meine Behauptung falsch. In der Wissen-
schaft fordert man Beweise. Er bringe 8ie. Ich hatte für jede meiner
E^auptungen Gründe.
Richtig ist von allen Ausstellungen des Herrn Meyer nur eine:
der Name Cook ist falsch geschrieben. Aber selbst hier begegnet Herrn
Meyer noch ein MiOgeschick. Er findet die Schreibung ^durchgeführt-
auf S. 7J ^f." Dem ängstlichen Leser sei mitgeteilt, daß der Name
32'
Cook in der ganzen Arbeit nur zu-eimal sofort hintereinander auf zwe
folgenden Zeilen auf S. 73 vorkommt. Er m&ge sich also nicht die
machen, ihn auf den der S. "3 .folgenden* Seiten zu suchen. Üb:
denke ich über dergleichen Dinge «ie Ranke, S. M'., 53.54, S. &b2
Dr. Menke-GIückert.
sidi
I
Antwort Der Ton der voranstehenden Antilcrittlc bestätigt i •^adae
Anspielung :iuf den Baccatatireus im •Faust" so glänzend, daS^S ich
aus ästhetischen Gründen auch die beleidigendsten Ausdrücke nichl^K cnt-
bellten möchte. Sie treffen mich ja doch nicht; und den ein pa^^snnal
mit mehr Behagen als Witz wiederholten Satz, ich hätte sein Bud — ^ pr
nicht ordentlich gelesen, hat der Verf hoffentlich selbst nur yv/draa -^Ȋ(
gebraucht. Ich wäre übrigens auch bereit, ihm mein Exzerpt cnblatt vom
6. bis 10. November 1^07 vorzulegen und diesem noch einig« zit em-
nehnien, was ich Herrn M.-Ol. noch nicht angekreidet habe! r^f>^- — ^ e
genügt an dem, was ich heraushob und was dem Verf. Anlaß zu nno"
Antikritik gab. die meine Kritik an Ausdehnung schon so stark übe« — tnfff-
1. Herr M.-Gl. reißt eine Parenthese aus dem Kontext lierau^^. um
zu erweisen, icli halle S. 35- ■II seiner Arbeit nicht gelesen. Abr-"«" ich
bemerke zu S. 75 - S. 2S ist leider Druckfehler -, daß .Auch cin^^ Phi-
losophie" in diesem Zusammenhang notwendig zu crw-lhnen war; i^toran
Erwähnung an anderen Stellen nichts ändert.
2. Herr M.-Gl. sagt (S. -»3) über Goethes Dissertation: »Inn-^rlidi
bleibt dabei jedem Freiheit des Denkens und Meinens." Er fährt {^^- ^**
fort: .Wie anders er jetzt fiher religiöse Angelegenheiten und das Auf-
zwingen von Meinungen denkt, verrät der .Brief des Pastors zu
Herr M.-Gl. verrate nur, wie man diese beiden Stellen so grfindlich
soll, daß die zweite nicht dem »Brief des F*astors" einen Wunsch
Aufzwingen von Meinungen nadisagt!
3. »S. 25" ist, wie schon zu I. bemerkt, ein von mir überse'
Druckfehler. Es scheint, daß der Verf. seine Schrift wirklich wenige
kennt als ich; denn S. 75 unten steht: -Die Geschichte hat [nach He
Auffassung! als Ziel, den Menschen aufzuklären, ihn von Vorur
zu befreien."
4. Nach diesen drei glänzend mißlungenen Widerlegungen sp^™"'
Herr M.-Gl. mir jede Berechtigung ab, ein Urteil über seine ArbeS*' "
fällen. Denn - ich erwähne das nicht, was er als sein Hauptverc^'^"*'
ansieht, daß nämlich Goethe seine Periodizitätsidee auch auf dieWi^»'^''"
Khaftsiehre angewandt habe. Ich kann auch heute nicht Finden, '^»^
dieser Gedanke aus dem Buch als Leitende Idee hervortrete; im üb^i^
war auch vor Bouckcs ausgezeichnetem Werk allgemein bekannt, d!«Ä
Goethe die Polarität zur Orientierung auf allen Gebieten benutzt
ItSCT
nadi
nener
r gut
rden
leilen
Besprechungen. 501
5. Herr M.-G1. versichert nochmals, dafi er aus Ottokar Lorenz'
Buch nichts habe lernen können. Das scheint so; und es wird also auch
nichts helfen, wenn ich seiner - nun sagen wir tiefeinnigen Analyse
gegenüber ihn etwa auf S. 17 f. jenes Buches verweise. Wenn er aber
selbst erkennt, wie Lorenz im Anhang die Oeschichtsauffassung Goethes
mit seiner Naturanschauung in Zusammenhang bringt, so gehört wirklich
nicht wenig Eigensinn dazu, zu behaupten, dies habe mit seinem Thema
nichts zu tun.
6. Ich verzichte deshalb darauf, dem Herrn Verf. aus Kalfsdier und
Morris Stellen nachzuweisen, die er so wenig als die aus Steiner ver-
werteten zitieren würde. Ich überlasse ihn überhaupt nunmehr ganz der
Freude an sdner Heraufführung der neuen Tage und rufe ihm nur das
freundliche Abschiedswort zu: .Original, fohr* hin in deiner Pracht!«
Richard M. Meyer.
Kleine Mitteilungen und Referate.
In den Neuen Jahrbüchern für das klassisdie Altertum, Gcsdbictile
und deutsche Literatur (Jg. 11, Heft 7) sucht Eduard König Babyloniens
Einfluß auf die Kulturgeschichte gegenüber mannigfachen Utxf*
Schätzungen in die richtige Beleuchtung zxi stellen. In bezog auf d*
mehr oder weniger beharrenden Momente des äußeren Völkerdaseins, die
foi der Bnrältigiung der Natur durdi Bauten, Rechnungen und Messausin,
in der Verschönerung der Lebensverhältnisse durch Künste und in dff
staatlichen Ordnung der Menschenbeziehungen ihr« Sphäre besitw»'
hätten die Babylonier mehrfach grundlegend für die Kulturgesclrid>tt
gewirkt. Aber ihre Impulse hitien keine unbegrenzte Tragweite l)eseBCi
Ihnen seien vielmehr Strömungen aus anderen Quellpunkten (hauptsädt-
lich Indien, Ägypten, PhÖnicien- Patistina, Mykene- Hellas) entgep""
getreten, ja, diese hätten »ch zum Teil als natürlichere und tn ittro"
wesentlichsten Teil, der freiheitlicheren sozialen Ordnung, als hdhtr "
in der geistigeren R^on des Men$chenmesens - entsprungene enrioff-
Auch bezüglich der Momente der Gcisteskultur, die sich in der Venrirk-
Hdtung des Ideals der Qeschichtschreibung. in der Cr^ssung des or-
ganisch-psychologischen Lebens der Gesdiichte und in der Wdtc «*'
Höhe der Geschichtsanschauung ausprägen, h.ibe Babylonien nidit defl
wichtigsten Paktor in der Entwicklung der Menschheit gebildet.
Interesse \-erdient ein Aufsatz A. E. P. Weigalls in Btackvoods
MagazineO^^Juli): The temperament of ibe ancienl Egyptiats-
Nicbt üble Bemerkungen oilhält ferner der kurze Aufsatz '»'^
M. Hoernes in der Polttiscfa-antbrDpoiogiscfaen Revue (Js* ?• ^- ^'
über das keltische Temperament.
Die Geschichte der Kulturetnflässc fördert eine in den MisceU>^
di studi critid. pubblicati in onorc di Guido Mazzoni (Fircnzc 190^)
erschienene Fortsetzung früherer Studien von F. Picco: Appunti i»-
torno atU coltnra ittliins in Francis nel secolo XVII: Je*"
Chapelain {15S5-1674^
Zur lokalen Kulturgeschichte DeutsdiUods tncen bd die Va-
öffenüichungen vtm K. Berg. Arnswalde. Stadt und Kreis i«i
JOjlhrigen Kriege (Schriften des Vereitts f. Gesch. d. Neunart.
Heft 20); tiuffschmid, Ein französischer Reisebericht über
Heidelberg von 1664 (Neues Archiv f. d. Gesch. d. Stadt HeideH>erg,
Bd. 8, Heft 1}; Seitz, Reisebeschreibungen über das Bergische
X,and a. d. Ende des 18. Jahrhunderts (Zeitschrift des Bergischen
Geschieh tsverei ns, Bd. 40).
Mummenhoff haiidcEl im Jahresbericht des Vereins f. Gesch. d.
Stadt Nürnberg fijr 1<jOfi (erschienen 1907) über die Geschichte der
Juden in Nörnberg bis zu ihrer Vertreibung im Jahre 1449;
E. Meyer in der Monatsschrift für Qesch. u. Wissenschaft da Juden-
tums (Jg. 31, Heft 9/10) über die Literatur für und wider die
Juden in Schweden Jm Jahre 181S.
China und das achtzehnte Jahrhundert behandelt mit
gründlicher Kenntnis der oft rcdit trnllcgcnen Quellen Friedrich Andreae
in den vonBreysig» a.SchrnoJIer gewidmeten -Grundrissen und Bausteinen"
(Berlin, Bondt). Den vom Rokoko imGt^ensatzzur Feierlichkeit des Barocks
gepflegten intimeren Neigungen bot China die geeigneten dekorativen
Elemente in seinen Seidenstoffen, Lackwaren und dem Porzellan, während
seine Kunslanschauungen dem Sinn für das Bizarre entgegenkamen. Wie
in der Kunst, besonders der Architektur und Gartenkunst, die fremden
Motive selbständige Fortbildung fanden, diente chinesische Einkleidung
mit Vorliebe satirischen Darsteilungen der Uteratur. Dem Interesse der
Zeit für soziale und national ökonomische Probleme kamen die Nach-
richten über Chinas starke Be\ö]keriLnE, seinen intensiven Ackerbau, die
schützende Bauempolilik der Regierung, das natural Wirtschaft liehe Steuer-
system entgegen, deren idealisierte Auffassung mit Vorliebe zur Kritik
der heimischen Verhältnisse t>enutzt wurde. Ebenso mußten die Vertreter
des aufgeklärten Absolutismus geneigt sein, das patriarchalische Regiment
des cliinesischen Kaisers zu verherrlichen. Der wissenschaftlichen wie
der künstlerischen und literarischen Auffassung ist gemeinsam, daß sie
einzelne auffallende Elemente der fremden Kultur aufgreifen, um sie nach
ihrem Geschmack umzubilden, Dieser hauptsächlich auf den jesuitischen
Missionsberichten beruhenden BctmdUungsweise setzte sich in der zweiten
Hälfte des Jahrhunderts mit wachsender Stärke eine skeptische entgegen,
die ihren Ausgangspunkt von den Beobachtungen der Kaufleutc nahm
und, wie jene in Voltaire, so in Montesquieu ihren geistigen Höhepunkt
fand. Eist Herdem erschloß sich die Erkenntnis der Beschränkung na-
tionaJer Leistungen durch natüriiche Anlage. Wie der .^ufsalz die Reak-
tion auf ein fremdes Element nach verschiedenen Lebensgebieten verfolgt,
das ist eine wirklich kulturgeschichtliche Leistung, die heute - leider -
einen besonderen Hinweis verdient. G. Liebe.
In Boas Memorial Volume (New York 1 906) verbreitet sich R. Andrce
über die Schulterblatlschau (Scapulimantia), durch die man, in der
Regel bd Völkern mit Schafzucht, die Zukunft zu deuten suchte. Sie ist
p
bei mongolischen V'OIIcem entstanden, im Mittelalter für Byzanz und fOr
Tin}l belegt und heute noch in der Mongolei nachweisbar.
Einen nicht tinvichtigen Beitrag zur Oeistesgeschichte stritt der
Aufsatz von A. Roersch in der Revue g^^ate (T. 84, na 11): Lcs
humani&tes beiges de U Renaissance dar R. sieht den Humanis-
mus nicht als ilstienischen Import an, sondern als unvcrmctdlidie Reak-
tion gegen den Scholaslizismus.
Im Basler Jahrbuch für 1W8 handelt A. Brückner über die
Kirchen- und Schulvemllung von Klein-Hüningen seit de
Übergang an Basel (1()41).
A. Lechevalicr setzt in der Revue pcdagogique (1907, 15. Oktobeif
seine hier bereits ersrähnle Studie: L'^cole primaire sous l'ancien
regime fort, Rcuss in den Annales de l'EsI et du Nord (T. 4, no. 1)
seine ebenfalls hier verzeichnete Arbeit: Notes sur l'instructio;
primaire en Alsace pendant 1a r^volution.
In der Zeitschrift des Vereins für hamburgische Geschichte (Bd. 1
Heft 1) teilt A. Wohlvrill Jenaer Studentenbriefe von Johanne»
Versmann mit. ^H
Aus den Annales de la socift* d'archfolc^e de Bnixelles (T. XX^^
erwähnen wir die mit Abbildungen versehene Abhandlung M. Schvcis-
thats, La halle germanique et ^es transformations.
Bei der im Archiv für Anthropologie (N. F. Bd VII, Heft 1) v-
schiencnen Arbeit Emil Fischers über die Haar- und Kleider-
tracht vorgeschichtlicher Karpathen- und Balkan Völker-
schaften handelt es sich wesentlich um einen Teil der barbarischen
Völkerschaften von dem Tropäum zu AdamJtÜssi in der Dobrudscha.
Es sind dort Völker der unteren Donaugegcnd dargestellt (Bastamer.
Gelen usw.); eigcnllichc •Dakcr", wie wir sie von der Trajanssäule und
vom Obelisken in Stambul kennen, kommen nicht vor. Die (thrakische)
Tracht jener Völker, deren Hauptbestandteile im einzelnen dargelegt
werden, entspricht der heute bei dem ruminischen Bauer üblichen, ebenso
auch die Haartracht.
Kassels Aufsatz im Korrcspondcnzblatt der Deutschen Gesellschaft
für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte (Jg. 3S, Nr. 9|^2,
S. 152-59) Ober elsässische Trachten weist anderen Forsdiungca
auf diesem Gebiet entsprechend nach, daß die Volkstracht ein Ableger der
großen Mode, insonderheit der französischen Mode des 17. und ts. Jahr-
hunderts ist, daß sie ferner nicht unwandelbar, sondern in leichter An-
lehnung an die große Mode einem standigen Wechsel unterworfen ist
In anregender Weise handelt Ed. Heyck in Velhagen & Klasings
Monatsheften (Jg. 22, Heft 3) über die Herrenmode im 19. Jahr-
hundert: Frack und Zylinder, zwei zahm gewordene Re-
volutionäre.
Ludwig Andresen veröffentlicht in der Zeitschrift der Octd^
k.
Schaft für Schleswig- Holsteinische Geschichte (Bd. 37) eine Geschichte
des tondcrnschcn FaslnachtsRclages und des Schützenkorps.
Der auf dem Gebiet der Geschichte der Technik sehr tätige
F. M. f-'eldhaus erörtert in einein Aufsatz des Dalieim (1907, Nr. 31):
^...iind geschieht nichts Neues unter derSonne" unter Beifügung
von Abbildungen das wohl atich sonst von ihm behandelte Thema, daß
eine ganze Reihe von neueren Erfindungen bereits vor längerer Zeit ge-
macht seien, z. B. die des Unterseeboots (1 472). des Wariiilnftballons(1540),
des Automobilgesdiützcs (1760) usw.
Ad. Kluri bringt im Anzeiger fQr Schweizerische Altertiimskunde
(N. F. Bd. 9, Heft 4) geschichtliche Mitteilungen über die ersten Feuer-
spritzen in Bern (1521 -- 170S).
Aus der Zeitschrift des Vereins f. hamburg. Geschichte (Bd. 13.
Heft 1) sd hier Th. Schradcrs Beitrag: Zur Unehrlichkeit der
Leineweber ens-Ühnt.
Die Wissenschaftliche Beilage der Leipziger Zeitung (1907. Nr. 1) ent-
hält, wie noch nachträglich mitgeteilt sei, einen beachtenswerten Aufsatz
von Fr. Kaindl, Deutsche Handwerker und Handwerksbräuche
in Ungarn.
Aus den Melanges d'arch^ologie et d'histoire (t 27, no. 3/4J noderen
wir die Arbeit von L. Ponnelle: Le commerce de la premi&re
Sybarisi Sybam et Siris, rivaies commerciales.
Jan de Gocjes Abhandlung in der Internationalen Wochenschrift
(Jg, T, Nr. 36): Zum internationalen Handelsverkehr im Mittel-
alter benihi auf der Heranziehung arabisclier Quellen, insbesondere von
Sarakhsi's Krregsrecht und betont vor allem, wie friedlich sich verhältnis-
mäßig der Handelsverkehr christlicher Kaufleute im Gebiet des feindlichen
Islam vollzog.
In der Zeitschrift für Sclilcswig-Holsteinischc Geschichte (Bd. J7,
141-67) handelt A. Kiesselbach über Schleswig als Vermittlerin
des Handels zwischen Nordsee und Ostsee vom 9. bis tn d,
13. Jahrh.
Beiträge zur Geschichte der Vitalienbrüder betitelt sich
eine auf weitschichtigem Material beruhende Hallenser Dissertation von
Hans Chr. Cordscn. An dieser Stelle interessiert uns hauptsächlich
der Abschnitt: Die Bezeichnung «Vitalienbrüder" und TLikedeler" und
die [Beziehungen dieser Kaper zu den Piraten des Kanals und den Sold-
kompagnien des 109 jährigen Krieges. Mit Recht «ird die Herleilung der
Namen von dem angeblichen Zweck der Versorgung Stockholms mit
Lebensmitteln bestritten und die dem französischen \itailleur zukommende
Bedeutung: Fouragierer, dessen Bezeichmmg dann von den Söldnern auf
gewöhnlidie Räuber, auch auf Seeräuber überging, herangezogen.
Aus dem Anzeiger für schweizerische Geschichte (Jg. 39, Nr. 2)
notieren wir die Abhandlung R. Hoppelers: Zürcherische Handels-
I
In dem Archivio ddU R. Societii Romana di storia patria
fasc. 12) handelt G. Zippel über den Alaun von Tolfa und den
Handel damit. Die Ausbeutung des 1460 entdeckten Alauns n.-ihin als-
bald Pius 11. in die Hand, ein Monopol für den Alaunhandel sidicrle
dann Paul II. dem päpstlichen Stuhl.
In der Vlerteljahrsctirift für Sozial- und Wirtschaftsgescbichte
{Bd. 6, Meft 1) verfolgt Johannes Müller in seiner Abhandlung über
den Umfang und die Hauptrouten des Nürnberger Handch-
gebietes im Mittelalter, in der er sich zunächst mit der Festlegung
der Grenzen des Nürnberger Handelsgebieies um die Mitte des 15. Jahr-
hunderts beschäftigt, die von der HandeLswell Nürnbergs vor allen Ire-
quentierten Straßen, insbesondere die nach Südfrankrnch und Nord-
spanien, sodann die nach dem Hansagebiet und nach Polen führenden
Routen, in ihrem Verlauf genauer und führt mgieich die Tichligstoi
Träger dieses internationalen Handels Nürnbergs namentlich an. Di«
Darstellung Lehrt, vie gerade auch in der HerbcischoHung der Rohstoffe
für das heimische Oeu-erbe aus dem Osten, also der Förderung da
zweiten Faktors der wirtschaftlichen Blüte Altnümbergs, die dortigen Kauf*
leute ihren alte Konjunkturen der WcltvirtschafC schnell erfassenden Scharf-
sinn und ihre zätie Ausdauer bei Durdifütinins: ihrer Umemebmi
bewährten.
Auf der Oencalogia Imhofiana im Nürnberger Krdsarchiv,
lieh aber auf den im Orrmanischen Museum aufbeirahrten Kor
denzen des Ftiedrich Behaini VlI. und seines Sohnes Paul Behaim I. so-
wie auf einem Manual der Herren Adlcren (1552-56) beruht eine handds-
geschichtliche Studie, die Johannes Müller unter dem Titel: Endres
Imhof der Aeltere, ein Charakterbild aus der Zeit der Hochblüte des
Nürnberger Handels, in dem Unterhaltimgsblatl des Frinitischcn Kurier
(1908, Nr. 2, 4, 6) veröffentlicht. lir möchte damit von der Betriebsweise
des Handels der oberdeutschen Kauflcutc im Reform alionszeitalta ein
typisches Bild entwerfen. Das Gedeihen der Imhofs in dieser Zeil crklirt
sich daraus, daß sie, wie viele andere, unter Leitung des alleren Endro
von dem immer weniger einträglichen Warenhandel zu den kaum ris-
kanteren, aber gewinnbringenderen Geld- und Wechselgeschäften Ühff-
gingen, bei diesem Wechsel der Handelsart aber die Fehler der meistei
anderen oberdeutschen Handelshäuser, sich in zu gewagte Spdculationeo,
besonders mit Potentaten, einzulassen, vermieden.
In dem Anzeiger der Akademie der Wissenschaften in Krakin
(Phiiol. u. histor.-philos. Klasse, 1907, Nr. S/9) behandelt A. SzcUgovski
die Geschichte der Fastland-corapany in Polen unter der Re-
gierung Elisabeths.
Als Beitrag zur Geschichte der lübisdien Handelspolitik
und IS. Jahrhundert veröffentlicht £. Baa3ch in den Hansischen Ge-
sdiichtsblättern (I9i)7, Heft l, 109 -52) eine Abhandlung über die. Durch-
fuhr" in Lübeck.
Aus der Zeitschrift des Vereins für Hamburg. Gesch. (Bd. 13, Heft 1)
erwähnen vir die Beiträge von E. Baasdi, Weinakzise und Wein-
Handel in Hamburg und \*on H. Nirrnheim, Zur Geschichte der
hamburgischen Märkte.
An weiteren Beiträgen zur Handelsgeschichte seien aufgeführt die
Arbeiten von: Franz Forcher von Ainbach. Die alten Handels-
beziehungen des Murbodens mit dem Auslande (Zeitschrift des
Historischen Vereins f. Stetermark, Jg, 5, Heft 1/2) (es handelt sich um
die Geschichte der dortigen Hammer- und Sensenwerke und die Genea-
logie und Geschichte der alten, unter sich verschwägerten Sensenschmiede-
familien); Ph.Sagnac, L'industrie et le commercede ladrapcrie
en Krancc ä la fin du XVII' sicclc et au commencement du
XV 11 (es. (Revue d'histoirc moderne et contemporaine, t. 9, no. 1) (Gründe
des Niedergangs der Tuchindustrie und des Tuchhandels); P. v. Miller,
Der Transithandel Rußlands im 19. Jahrhundert (Jahrbücher f.
Naüonalökonomie u. Statistik, 3. Folge, Bd. 34, Heft 5).
In dem Bulletin du comife des travaux histor. (1907, 12S— 44)
veröffentlicht P. Boy£ eine Arbeit über Les postes, messageries et
voiturcs publiques cn Lorraine au XVIH* si^cle.
Einen populär gehaltenen Überblick stellt der .kulturhistorische
Aufsatz' von Brachmann: Antike Heilkunde in den Blättern für
Volksgcsundhettspflege (Jg. 7, Heft 12) dar.
Die Proceedings of the Society of Biblical Arch^ilogy (Vol. 50,
Nr. 2) enthalten einen Beitrag von R. C. Thompson: An Assyrian
Incantation against Rheumalism.
Beaditung verdient die Arbeit von Joh. Ilberg in den Neuen
Jahrbüchern f. d. klass. Altertum usv. (Jg. iO, Heft b) Über A. Cornelius
Celsus und die Medizin in Rom.
Wir erwähnen femer aus The Ninctcenth Century {1907, Dezember)
den Aufsatz von SC. Clair Baddeley: Aesculapins and his Heirs in
Christian Ronie-
Ein bei den alten orientalischen Völkern, AssjTem, Babyloniem usw.,
wie bei den Arabern, Türken, Chinesen u. a. verbreitetes, aber auch in den ger-
manischen Norden eingeführtes Volksh eil mittel behandelt Adolf Fonahn
in der Pharmacia, Tidskrift för kemi, farmad og therapi (1907, Nr. 3,6)
(Malurtcns Medicinskc Historie til og med Middelalderen). Es
handelt sich um die Mollenwun;.
Von kultui^eschichtlichem Interesse ist eine Arbeit Fr. Gröns in
der Tidsskrifl for den noiske lägeforening (1907, Nr. 3/8): Bidrag til
den norröne lägekunsts hlstorie: De äldste sygdomsforestil-
linger & hedendcmmens folkcmedicin.
Auf doon becsis ittO heonsccfebeaea Fagmrut eocs nUadbAai
AmsDOCMS des 11. jnik^ideA boBBoi zvcs vülut, tn derRsraicji
(t4B6) wflBeBflidWe Arbcsln Gr6ns: On nogle Biddelald«rli>r
lisenidler (Nr.6r^; Den istandske ligebocfradet I5.aarbiindr.
(Nr. 19 "20).
Die bb über das 12. jabHinndert mröüuuitifoIgmJt Vtrwaäaag
da Btlseakrantextrakts als N'arkottkani skii2iert Q. Klein p-
«chirtrffiHi ia der MiacL Medizm. Wochcaüuift 0907, Nr. ^L
Hirfchberg «eist die ABflUmmcen & Latrieis zurOcscUddeder
Brille ia den Mittethmsen zar Gesch. der Medizm nnd d. NatMrwaB»
■dnfteo (veL dieses Axddv 6^ 133) in jener Zettsdirift (6, 550) m ciMn
Brief an den Herausgeibcr scharf- rarück.
Witry teilt im Jan» (1906, 497—500) Medizinisches ans dem
(von ihm vor liogerer Zeit venNffentHditen) Statntenbucb der Stadt
Trier au dem 16. Jahrhundert mit
Das Jahrbuch f. d. Qcsdi. des HerTogtiuns CMdeobuTg (IS, 268/721
enthält einen Beitng von K- Willob: Pest ia Langfördeo 1667.
Greincr setzt in den Württembersiscfaen Vtertcliahrsbeften für
Landeseeschichte <N. F. Bd. t6, Heft 2/5) seine Geschichte des UIdct
Spitals im .Mittelalter fort.
Julian Marcuse beschäftigt ach in der Zeitschrift für phi-sikal
u. diätet. Therapie (Bd. It, Heft l) mit der Geschichte des Luft-
bades, das, schon frübcr in seinem Wert erkannt, im IS. Jahrfaundcn
öfter gegenüber der übermißigca Wx^seranvendung empfohlen vnide.
Alexander Duncker. Verlagsbucliliandlung, Berlia W. 57. <
REPETITDUmM DER DEUTSCHEH CESCHICBTE.
Au» einer Bcsprcchuag der i.BUtHcr f. höh. Schulwesen- über Band I,
1. Auflage:
.Die Verfasser «-olllen ei» Buch schaffen, das in aller Kürze den
Inhalt dessen wtcdcTcab, vas man /um historischen Staatsexamen nolvcndig
^ braucht .... Es kann kein 7.vcife\ sein, daB das Buch, vie es
K vorliegt, eine dankrHSwerte Leistung ist —
Dem Studierenden lat Wiederholung. dt>m Lrhrer aur Vor-
•* bereitung , dem Gescliichtsfreunde zur Belehrung kann es tearm
3 emPfohle-H wcrdni." Prof- Slrasshurger.
1
g
Mittelalter.
I iVll llt^lal ICr. jj^ jj Q^^j^ ^^*J ^, Brinkmann.
1 INHALT:
^ Vom Beginn der Völkerwanderung bis zum Tode Maximilians I.
- Die KreuzzQee.
^ Zur Verfassung«- und Territoriatgeschtchte.
Verfassung der Clcrraancr; während und nach der Völkcnrandcnina, - der
Merovingcrzeit, der KarolingerzeU. I.eges boiharonmi. Entstehung und
Enlvickluit^ des Ijelinswesens. Enlsiehung der Merzoglflmei. Ki^nlgsirahlea.
r>,i5 Städte»es«j. Der deutsche Orden in PreuRcn. Pattrleldung der
H, «rtiwei/w ridgenosscnschaft. Papstwahlcn. Das Mönchtum.
2 Tabellen znr Cntwiclilnng der bedeatetidsten Territortalstaaten.
- Bayern. ttrandrnl'iiri;. Hurcund. Kun'faU. Lothringeti. Österreich.
S SacltsetL. Schwaben (Württemberg, Baden).
\ Stammtafeln.
Karolinger. Die sUchsischen und salfschcn Herrscher. Hohemlaufen.
I Wdied. Habsburger. Lwscmburger.
Synchronistische Tabelle der Kaiser und Päpste.
Synchronistische Tabelle der deutschen, französischen und englischen Könige.
Bemerkungen zu den Quellen.
NEUZEIT.
Erste und zweite Auflage.
\ INHALT:
X. Deutsche Geschichte von der Reformation bis znm Jahre 1ä7l.
Brand enburgisch- Preußische Geschichte ins im Erwefhunj; der Preußischen
Brandenburgisch-Preußische Verfa&uinn- ond Verwaltungspeschichte.
Zur (Jeschichte f'rankreichs — tinglands der Niederlande,
Quellen und Darstellungen.
Qironologische Tabelle.
ARCHIV FÜR KULTURGESCHICHTE
VI. Band.
Heft -4.
Inhalt:
M
Srite
Quelle» zur Ainbcrgcr Hociueii von h71, herausgegeben von
Dr. Maxiimiian Buchnrr in München
Reisetage buch eines Dresdners vom Jahre lti9i, mitgeteilt von
Professor Dr. Conrad /^äger in Dresden
Mfs/cllen:
Aufforderungsschreihen zu einer auf dem Schlösse id
Königsberg gefeierten Mochzeiir 1592, mitgeteilt von
Dr. CJustav Sommer^eldt in Königstierg in Pr ^
Re-
4S3
481
Besprechungen:
BergcT, Die Kulttirsuf gaben der Reformation. 2. Aufl.
sprechen vom Herausgeber
Hubrich, Dtutschra Försicntum und \ Besprochen von
deutsches Verfassungswesen. • • ■ J V>r.W.BrucJtmüUer
vanGuIik,JohannesQropper(I5()3 - 1559) ' in Leipzig
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Aus der Qcschichle der Universität Ofetfs-
wald. Festschrift der Gesellschaft f.
pomm. Geschichte u. Altertumskunde
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DObren, Neue Forschungen Ober den
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Bremen *. . . ,
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in Berlin soo
Kleine Mitteilungen und Referate .uo
Besprochen vorn
Herausgeber
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493
Besprochen von
Dr. £>7ut/ Hfimrich
in Cassel
496
497
DrucV von Hu^o ^n^«Ai wt OrNm«^\i
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